Friedrich Gerstäcker
Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas
Friedrich Gerstäcker

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6.
Landleben im Westen.

Das Dampfboot schäumte und zischte durch die am Vorderteile hoch aufspritzenden Fluten, und das Land flog, wie durch Zaubergewalt getrieben, an beiden Seiten vorüber. Es war ein eigenes, sonderbares Gefühl, das mich ergriff, und fast kam es mir vor, als sei ich neugeboren und fliege einer fremden, wilden Welt entgegen. Anfangs weckten freilich diese Bilder nur dunkle Erinnerungen in mir; je weiter wir aber zogen, desto deutlicher wurden sie, und zuletzt hätte ich jedem grünen, gewaltigen Baume, der die Ufer des schönen Ohiostromes zierte, wie einem alten Bekannten zunicken und ihn fragen mögen, ob er mich wohl noch kenne.

Mein Reisegefährte Uhl, ein junger Berliner, den ich in Cincinnati kennen gelernt und lieb gewonnen hatte, und der, wie ich ein großer Jagdliebhaber, Arkansas gern kennen lernen wollte, schien meine Gefühle nicht zu teilen und hatte sich behaglich über eine geräucherte Zunge und Brot und Whisky hergemacht, Gegenstände, denen er mit nicht unbedeutendem Appetite zusprach. Wir waren erst einige Meilen gefahren, als es schon dunkelte, und ermüdet von den vielen Geschäften, die ich den Tag über gehabt hatte, warf ich mich bald aufs Lager, auf ein weiches, warmes Büffelfell.

Das Leben und Treiben an Bord eines Dampfbootes ist an und für sich, eine kurze Zeit beobachtet, recht interessant, aber das fortwährende Klappern und Stöhnen der Maschine, das Rauschen der Räder ermüdet endlich, und nur das schnelle Vorbeischießen des Bootes an den Ufern gewährt noch einige Abwechselung.

Am 17. Mai liefen wir in den Mississippi, den ich fast wie einen alten, lange nicht gesehenen, aber doch heiß ersehnten Freund begrüßte. Die Amerikaner haben eine Sage, daß, wer einmal an seinen Ufern gewesen, dorthin immer und immer wieder zurückkehren müsse, und es hat wirklich etwas für sich. Die Sehnsucht nach dem Mississippi hat mich bis auf den heutigen Tag noch nicht verlassen.

Schon an den Fluten kann man übrigens erkennen, wo der Ohio sich mit dem »Vater der Wasser« vermischt, denn jener ist klar und hell, dieser aber trüb und schlammig. Eine ziemliche Strecke weit laufen beide nebeneinander hin, der Mississippi mehr und mehr in den Ohio eindringend, und dieser, scheu zurückweichend, als tue es ihm leid, seine klaren Fluten mit dem Schmutze, den jener aus Missouri herabführt, zu beflecken.

Am 18. Mai landete endlich der Commerce etwa fünf Uhr nachmittags zu Memphis in Tennessee. Wir ließen uns sogleich an das andere Ufer nach Arkansas übersetzen und sprangen in dem ersehnten Staate froh an Land.

Nach der viertägigen Wasserfahrt wehte uns eine balsamisch-frische Luft aus dem grünen Walde entgegen, und noch mehr würden wir diese genossen haben, hätten uns nicht die Lasten, die wir zu tragen hatten, ein wenig zu sehr gedrückt. Außer einer mit allen nur möglichen Dingen gefüllten und sehr schweren Jagdtasche trug ich nämlich noch ein großes Büffelfell und Uhl eine schwere Decke und einen Vorrat von Pulver und Blei. Doch waren wir unermüdet und frisch bei Kräften und beschlossen, obgleich es schon zu dämmern anfing, denselben Abend noch unsern Marsch anzutreten und dazu die kühle Nachtluft zu benutzen, da es die Sonne von Arkansas in der Mittagszeit etwas zu gut meint. Beim schönsten Mondschein marschierten wir also noch ungefähr 5 Meilen und legten uns dann in seinem Silberschimmer nieder, waren aber bald genötigt, ein Feuer anzumachen, um die Moskitos zu vertreiben, die wirklich peinigend wurden.

Der andere Morgen fand uns erquickt und gestärkt, aber hungrig wie Löwen. Wir brachen auf, in der Hoffnung, einen Hirsch zu treffen, den wir als gute Beute erklären könnten; doch war jetzt nicht die rechte Jahreszeit zur Jagd, und wir waren deshalb sehr froh, als wir endlich ein Haus fanden, in dem wir uns mit Speck und Maisbrot sättigten.

Was wir in Hinsicht auf Wild hörten, war eben nicht sehr erbaulich, denn fast alles sollte in die dunkelsten Dickichte und Schilfbrüche geflüchtet sein, Ruhe vor den Fliegen und Moskitos zu haben, die in den hiesigen Sümpfen den armen Tieren furchtbar zusetzen. Doch was half es, wir konnten es nun einmal nicht ändern und wanderten ruhig weiter.

Die Leute hatten vollkommen recht, wir sahen nicht einen Hirsch, nicht einmal eine Fährte auf der Straße; ein armes Rebhuhn, das uns nach Gewohnheit der amerikanischen Rebhühner neugierig von einem Baume herab anschaute, war unsere einzige Jagdbeute. Nachmittags umzog sich der Himmel mit dunkeln Wolken, was uns übrigens nur erwünscht war, denn es wurde dadurch kühler.

Diesen Abend sahen wir das erste Wild – einen Truthahn. Er wollte über die Straße und blieb, als er uns sah, stehen. Uhl schoß mit der Büchse nach ihm, fehlte aber, und der Truthahn nahm die Kugel für einen Reisepaß.

Mit Dunkelwerden fing es an tüchtig zu regnen, und wir waren sehr froh, ein altes, von seinen Bewohnern verlassenes Haus zu finden, in dem wir uns wenigstens trocken halten konnten. Wir machten ein gutes Feuer im Kamin an und wuschen, da der Regen einen Augenblick aufhörte, einige Wäsche im vorbeiströmenden Bache, die am flackernden Feuer bald trocknete. Wir brieten jetzt, denn unser Hunger ließ sich nicht länger abweisen, das geschossene Rebhuhn in unserem eisernen Kugellöffel, bestreuten es in Ermangelung von Salz mit Pulver und verzehrten es mit dem wehmütigen Gedanken: für zwei Mann einen Vogel.

Der andere Morgen brachte besseres Wetter, aber eine sehr schlechte Straße mit sich, die der Regen fast ganz verdorben hatte, doch erreichten wir wenige Meilen von unserem Nachtlager ein Haus, worin wir wenigstens unsern Magen wieder befriedigen konnten.

Da der Weg furchtbar schlecht war, beschlossen wir, unsere Sachen hier für einige Zeit liegen zu lassen und erst ein wenig zu jagen. Das Wild schien aber wie ausgestorben zu sein, und vergebens durchzogen wir den Wald in allen Richtungen. Außer einigen Truthühnern sahen wir nichts, und diese waren so scheu, daß wir sie nicht zum Schuß bekommen konnten. Wir gingen denselben Abend auf den Anstand, sahen aber ebenfalls nichts und kehrten matt und müde zum Haus zurück.

Noch größeres Unglück erwartete mich am nächsten Tage, denn, unsern Weg fortsetzend, fanden wir eine ganz frische Bärenfährte und folgten ihr eifrig; da aber der Wald zu dicht war und unser Gepäck uns am Vordringen hinderte, mußten wir die Jagd aufgeben. Ich wollte jetzt, zur Straße zurückkehrend, über ein Loch springen, das ein umgestürzter Baum mit der Wurzel gerissen hatte, blieb aber mit dem linken Fuße in einer der unzähligen Schlingpflanzen, die den Boden bedeckten, hängen, stürzte und brach den Kolben meiner Büchse ab, mir noch dazu mit dem unteren Teil desselben die Lippe durchschlagend, wodurch mehrere Zähne in einen höchst unsichern Zustand versetzt wurden. Ich band mit meinem Schnupftuch die Büchse, so gut es gehen wollte, zusammen, und ärgerlich und verstimmt setzten wir unsern Weg fort.

Um zehn Uhr morgens, da die Sonne anfing, ihre glühenden Strahlen heißer auf uns herabzuschießen, als uns gerade wünschenswert schien, beschlossen wir die Hitze des Tages ein wenig vorüber zu lassen und in dem nächsten Hause einzukehren. Eine alte Witwe bewohnte es mit ihren Söhnen, von denen ich den einen eifrig beschäftigt fand, an dem nahe dabei vorüberfließenden Wasser zu angeln. Sobald er aber den Haken einwarf, zog er ihn auch schon wieder, mit einem Fang beladen, heraus. Der glückliche Fischer reizte meine Neugierde; ich ging zu ihm, zu sehen, was er eigentlich fange, traute aber kaum meinen Augen, als ich fand, daß es Krebse waren, die er in so ununterbrochener Reihenfolge zutage förderte.

Krebse sind von je meine Lieblingsspeise gewesen, und ich hatte sie seit Jahren nicht gegessen. Schnell holte ich deshalb aus meinem Jagdranzen kleine Fischhaken, und in einer halben Stunde hatten Uhl, zwei kleine Knaben und ich einen halben Eimer voll erbeutet.

Die alte Frau schaute uns verwundert zu, als wir einen Kessel herbeischleppten, ihn mit Wasser füllten und unsere Beute mit etwas Salz hineinwarfen; sie hatte immer geglaubt, man brauche diese Tiere bloß zur Lockspeise für Fische; daß man sie selber essen könne, war ihr noch gar nicht eingefallen. Bald schimmerten uns die roten Nasen der gut gekochten Krebse freundlich entgegen, und wir ließen uns eben nicht nötigen, zuzulangen. Das Essen wäre nun der geringste Spaß gewesen, aber die Gesichter der alten und jungen Amerikaner zu sehen, die unter Ekel und Lachen um uns her saßen, erhöhte den Reiz unserer Mahlzeit, denn nie hätten sich die guten Leute träumen lassen, daß man die ekelhaften, rückwärts kriechenden Tiere mit solchem Appetit verzehren könne.

Recht freundlichen Abschied nahmen wir von den Leuten und wanderten, als die Bäume schon lange Schatten warfen, weiter gen Westen, bis wir ungefähr um zehn Uhr eine Art See – den sogenannten blackfish-lake – erreichten, an dessen anderes Ufer wir hinüber mußten. Zwar war ein Haus am Ufer, in dem der Fährmann wohnte, doch schien schon alles im Bette zu sein; wir zündeten daher unser Feuer am Rande des Sees an und schliefen, in unsere Decken gewickelt, trotz der uns wütend und singend umschwärmenden Moskitos ruhig bis zum nächsten Morgen. Am 22. Mai waren wir mit Tagesgrauen munter, und wer wäre das nicht, der in einem südlichen Klima im Freien, umschwärmt von Moskitos, schläft, die mit der ersten Morgendämmerung frische Kräfte gesammelt haben und ihre Angriffe wütend erneuern. Wir weckten den Fährmann, der uns indes eine kleine Sumpfpartie in unerwünschte Aussicht stellte, ja sogar behauptete, wir würden mit unserem Gepäck nicht hindurchkommen. Das Wort impossible hatte ich aber schon zu oft, und zwar bei Dingen, die doch nachher möglich gemacht wurden, gehört, als daß ich mich dadurch hätte sollen abschrecken lassen; doch graute mir ein wenig vor dem Sumpfe, der 10 Meilen lang sein sollte. Für unsern Hunger konnten wir nur mit vielen Bitten und gegen hohe Bezahlung ein Stück Brot von dem Manne bekommen, der, wie er behauptete, selbst nichts hatte.

Blackfish-lake ist ein wüst und trüb aussehender, viele Meilen langer und nur einige hundert Schritt breiter See, dessen Wasser wie schwarzer Kaffee aussieht und der durch die dunkeln, darüber hingebeugten Zypressen ein schauerliches, düsteres Aussehen erhält. Er soll übrigens, wie alle diese Sümpfe, von Schlangen und Ungeziefer wimmeln. Auf der andern Seite angekommen, hatten wir nicht lange nötig, uns nach dem Sumpfe umzusehen; er zeigte sich sofort unseren Augen.

Nun ist zwar das ganze Land, durch das wir bis jetzt gekommen waren, ebensolcher Sumpf, aber bis hierher führte eine breite Fahrstraße, die den Staat Arkansas – von Memphis in Tennessee bis nach Batesville – in einer fast schnurgeraden Linie von Ost nach West durchschnitt. Der Weg durch den Wald an der andern Seite vom Blackfish-lake war aber noch nicht einmal ganz ausgehauen, viel weniger erhöht, und lag in seinem vollen Urzustande vor uns. Wir traten jetzt in das Heiligtum des Urwaldes – gerechter Gott, welch ein Marsch, und welch ein Wald! – Eine Last von etwa siebzig Pfund auf den Schultern, grundlosen Schlamm unter den Füßen, die Sonne höher und höher steigend, eine in dem tiefen, warmen Grunde fast erstickende Hitze – das war unsere beneidenswerte Lage. Kaum eine Viertelmeile konnten wir uns durch Schlamm und Dornen hindurcharbeiten, und erschöpft sanken wir wieder nieder, ein wenig auszuruhen. Aber auch diese Ruhe war Pein, denn kein Lüftchen wehte den Ermatteten Kühlung zu, und in demselben Augenblicke, in dem wir den Fuß anhielten, bedeckten uns Tausende von Moskitos – Gott weiß, woher sie alle kamen –, unseren glühenden Adern das erhitzte Blut tropfenweise abzuzapfen. Das Wasser, das uns erquicken sollte, war lauwarm, und aus schmutzigen, mit ekelhaftem Schlamm bedeckten Pfützen mußten wir es mit Schilfhalmen heraussaugen.

Verließen wir den etwas betretenen, aber dadurch um so schlammigeren Weg und gingen gerade durch den Wald, so blieben wir fast bei jedem Schritte in den unzähligen Dornen und Schlingpflanzen hängen, die sich uns oft in fast undurchdringlichen Knäueln entgegendrängten. Wir verzagten jedoch trotzdem nicht und wanderten und ruhten, so gut wir konnten.

Eben waren wir wieder einmal ermattet niedergesunken, als wir die Schläge einer Axt hörten. Das war ein himmlischer Klang für unser Ohr; augenblicklich wurde unser Gepäck abgeworfen, und Uhl ging dem Schalle nach, zu sehen, welches unglückliche Menschenkind beabsichtige, sich in diesem Sumpfe niederzulassen.

Bald kam er zurück und rief mir zu, die Last wieder aufzunehmen und mitzukommen, denn er hätte scharmante Leute gefunden. Beide arbeiteten wir uns nun durch das an manchen Stellen fast undurchdringliche Dickicht zu den Fremden durch.

Es war eine Familie aus Tennessee, die hier Halt gemacht hatte, ihr Mittagsmahl zu verzehren. Sie bestand aus dem alten Tennessier, einer großen, kräftig gebauten Gestalt, der das Alter nur hier und da einige Furchen eingegraben hatte, seiner Frau, einer noch rüstigen Matrone, zwei Knaben von zehn bis fünfzehn und drei Töchtern von sieben bis zwölf Jahren. Zwei Stiere und ein Pferd weideten ruhig um sie herum. Zwei große Hunde waren unter den beiden Wagen, einem Lastwagen und einem leichten Fuhrwerk zum Fortschaffen der Frau und der Kinder, angebunden und erwarteten mit sehnsuchtsvollen Blicken ihr Mittagsbrot, indem sie sich, so weit es ihnen der Strick erlaubte, zu dem auf einem etwas trockenen Platze ausgebreiteten Tischtuch hinpreßten.

Maisbrot, Butter, Schweinefleisch, Käse und Kaffee machten die Bestandteile des Mahles aus, und nach einigen freundlichen Begrüßungen und herzlichen Einladungen von seiten des Alten waren wir bald alle im Kreise auf türkische Manier umhergelagert. Die Moskitos abzuhalten, hatten die Kinder ringsumher Feuer angezündet und faules Holz, an dem kein Mangel war, darauf gelegt, so, daß dichter Rauch über uns hinwegzog und die Quälgeister, die diesen nicht vertragen können, uns ziemlich in Ruhe ließen. Uhl und ich machten denn auch unserer deutschen Abkunft keine Schande, und unsere Schuld war es nicht, wenn noch etwas von den Lebensmitteln übrig blieb.

Als der größte Teil derselben verzehrt war, machten wir uns wieder auf den Weg, nahmen herzlichen Abschied von den gastfreien Leuten, und bald bewiesen Fußspuren, die 18 bis 24 Zoll tief in den dünnen Schlamm eingedrückt waren und in denen sich hinter uns das trübe Wasser wieder sammelte, daß erst kürzlich deutsche Stiefel darin gesteckt hatten.

Endlich, als sich die Sonne schon hinter die Bäume senkte und nur noch als ein roter Glutball am Horizonte erschien, sahen wir es lichter und offener durch die Bäume scheinen. Mit der äußersten Anstrengung unserer Kräfte erreichten wir den freien Platz und fanden mit einem Jubelruf das Ziel unserer Schlammwanderung, ein kleines Blockhaus, vor uns.

Wir beschlossen nun, hier auf jeden Fall einen kleinen Halt zu machen, um auszuruhen und uns unsere Kleider zu reinigen und zu waschen.

Am andern Morgen, den 23. Mai, erwachte ich von einem unausstehlichen Jucken im Gesicht und an der rechten Schulter und fand zu meinem nicht geringen Erstaunen, daß beide Teile ganz mit kleinen Bläschen dicht besetzt und etwas angeschwollen waren. Ein Amerikaner, der nur wenige hundert Schritt von dort wohnte und wahrscheinlich zum Hause gekommen war, uns zu sehen, klärte mich bald über die Ursache meiner Schmerzen auf. Der Sumpf ist nämlich überall mit Schlingpflanzen und kleinen Gewächsen bedeckt, von denen ein großer Teil giftig und mit einem milchweißen Safte gefüllt ist. Nun hatte ich wahrscheinlich eine von ihnen abgebrochen und den Saft an mich gerieben. Ruhe und Kühlung sollten die besten Heilmittel dafür sein. Ich überließ mich also denselben, nachdem ich vorher die geschwollenen Stellen mit Schweinsfett etwas eingerieben hatte, um das Gift zu töten. Sonderbar muß ich ausgesehen haben mit dem angeschwollenen, mit kleinen Blasen bedeckten und mit Schweinsfett eingeriebenen, glänzenden Gesicht. Uhl wollte sich tot darüber lachen.

Denselben Abend trafen dort einige Maultiertreiber von Texas ein, die nicht weit vom Hause ihr Lager aufschlugen. Es waren drei Weiße und zwei Cherokesen. Der eine der beiden Indianer sprach ziemlich gut Englisch, und ich unterhielt mich lange mit ihm. Er hatte sich ganz die Sitten der Weißen angeeignet, schien aber die »bleichen Gesichter« eben nicht besonders zu lieben.

Erst spät ging ich zu Bett und träumte von Indianern und Büffeljagden.

Den nächsten Tag mußten wir meiner Giftgeschwulst wegen liegen bleiben, und da ich mich ruhig verhielt, so hatte sie gegen Abend schon bedeutend abgenommen. Das Gepäck aber, welches wir bis jetzt geschleppt hatten, wurde uns nun doch zu schwer, und wir beschlossen, einen Teil desselben bei diesen Leuten zu lassen, um erst zu sehen, was eigentlich aus uns werden würde. Keiner von uns hatte sich nämlich einen bestimmten Plan gemacht; unser beiderseitiger Wunsch war nur der gewesen, ins Freie, in den Wald zu kommen, wobei wie wir gar nicht unrichtig geschlossen hatten, sich das andere schon von selbst finden würde.

Als wir nun am zweiten Tage, um ein Bedeutendes erleichtert und mit frischen Kräften, ausmarschierten, kamen wir nach einer mehrere Meilen langen Tour zu einem Schmied, der mir glücklicherweise meinen Gewehrkolben wieder in stand setzen konnte, denn sonst hätte ich gar nicht schießen können. Dies geschah auf Mr. Strongs Plantage, wo sich die Wege nach Batesville und Little Rock teilen. Wir waren noch unschlüssig, welchen der beiden Wege wir einschlagen sollten, als wir hörten, daß viel mehr Wild an dem Wege nach Batesville als an dem nach Little Rock sei. Dies gab den Ausschlag. Wir warteten daher nur die Kühle des Abends ab, unsern Marsch fortzusetzen.

Während der Schmied noch an meinem Kolben arbeitete, kam auch der alte Tennessier mit seiner Familie aus dem Sumpfe an. Drei Tage und drei Nächte hatten sie damit zugebracht, die 10 Meilen zurückzulegen, und mir bleibt es noch jetzt ein Rätsel, wie sie überhaupt durchgekommen sind.

Am 26. Mai abends endlich, nachdem wir uns vorher reichlich an Brombeeren, von denen viele am Wege wuchsen, gelabt hatten, kamen wir zu einem Hause, das einem Manne namens St. gehörte, und beschlossen, daselbst zu übernachten. Wir fanden bessere Leute, als wir erwartet hatten und ließen uns nach dem Essen in ein langes Gespräch mit unserem Wirte ein. Hier erfuhren wir übrigens zu unserem nicht geringen Schrecken, daß, im Fall wir nicht 28 Meilen zu schwimmen vermöchten, an ein Weitergehen nicht zu denken sei, denn der ganze Sumpf zwischen hier und Whiteriver sei unter Wasser gesetzt. Uhl und ich sahen uns mit etwas langen Gesichtern an, denn was jetzt? Aber St. war freundlich genug uns anzubieten, bei ihm zu bleiben, bis der Sumpf etwas ausgetrocknet sei. Das würde höchstens bis Mitte Juli dauern, und das Wild, welches wir unter der Zeit schössen, würde ihn reichlich für die uns gewährte Kost bezahlen.

Das war natürlich Wasser auf unsere Mühle, und schon am nächsten Morgen, ehe wir noch recht zu Atem gekommen waren, zogen wir mit dem Alten, einem eifrigen Bärenjäger, und seinen sieben Hunden hinaus in den Wald.

Aber was für ein Wald! Man denke sich einen Urwald ja nicht etwa wie unsere deutschen Wälder, mit geraden, schlanken Bäumen, den Boden wie gefegt – nein, Sumpf und Dornen, Schlingpflanzen, wilde Weinreben, übereinander gestürzte und ganz oder halb verfaulte Bäume, kleine natürliche, tiefe und schlammige Kanäle, Buschwerk, in das man kaum mit einem Messer hineinstechen kann, zum Übermaß der Wonne das Ganze mit Moskitos und einer kleinen Art Mücken, die knats genannt werden, gefüllt, der Schlangen, die hier und da um den Rand der Wasser herumliegen, gar nicht zu gedenken. Dies alles erst bildet einen amerikanischen Urwald, und in einem solchen fingen wir an zu jagen.

Ein paar Stunden mochten wir herumgelaufen sein, als die Hunde plötzlich einen jungen Bären aus seinem Lager aufjagten, und wild ging die Hetze jetzt hinterher. Nicht lange aber hatten wir ihn verfolgt, als die Hunde am Ufer des Flusses l'Anguille, oder, wie sie es dort aussprechen, Langie, hielten und furchtbar heulten. Weder Schmeicheln, noch Drohen konnte sie bewegen, hindurchzuschwimmen, und St. meinte, daß, wenn einer von uns hinüberschwämme, sie auf jeden Fall folgen und drüben die Fährte wieder aufnehmen würden. Er konnte nicht schwimmen, und da Uhl nicht wollte, warf ich meine Kleider ab und sprang ins Wasser. Der Fluß, der im Sommer sehr seicht ist und kaum zu fließen scheint, war um diese Jahreszeit ungeheuer angeschwollen und weit über die Ufer getreten. Als ich nun ein Stück hineingeschwommen war, fing St. an die Hunde zu hetzen, und bald hörte ich sie sich heulend ins Wasser stürzen und mir folgen. Ich schwamm langsam mit langen Zügen und war ungefähr in der Mitte der Flut, als ich zwei der Hunde dicht hinter mir hörte und St. unterdessen am Ufer die anderen noch immer mehr anfeuerte, als hetze er sie auf einen Bären. Die beiden hinter mir heulten vor Wut, und wie ein Blitz durchzuckte mich der Gedanke: »wenn sie dich nun faßten?« Sobald es nur einem von ihnen einfiel, mich zu packen, hätte ich die ganze Meute auf dem Halse gehabt, und ihnen völlig fremd, im Wasser von den Bestien ergriffen, wäre ich gewiß verloren gewesen. Jetzt fing ich an, auszustreichen, und zwar so stark und schnell ich konnte, das andere Ufer zu erreichen. Ich arbeitete mit übermenschlicher Anstrengung, denn hier galt es das Leben, und näher und näher kam ich dem ersehnten Lande; aber auch die aufgereizten Tiere schwammen schnell, schneller als ich, und schon hörte ich das Schnauben des einen dicht hinter mir, als ich endlich Grund unter den Füßen fühlte. Im Nu war ich auf dem Trocknen, freilich mit den Hunden, nun war indessen keine Gefahr mehr vorhanden, denn sie fingen an sorgfältig zu suchen und kümmerten sich nicht weiter um mich. Der Bär hatte aber entweder den Strom benutzt und war mit demselben ein Stück hinuntergeschwommen, oder der Boden war zu naß, kurz, sie konnten die Fährte nicht wiederfinden. Wir versuchten unser Glück noch an einem andern Orte, doch mit nicht besserem Erfolg, und ermüdet und mißmutig kehrten wir gegen Abend nach St.s Hause zurück.

Unsere Wirte schienen, wenigstens den äußeren Gebräuchen nach, gar fromm und gottesfürchtig zu sein, denn jeden Abend hielt St. ein sehr langes Gebet, dann knieten alle nieder, lehnten die Stirne auf den Stuhl und beteten noch einmal, worauf noch gesungen wurde. Es waren Methodisten. Wir gingen diesen Abend früh zu Bett, denn wir waren alle sehr müde, so daß ich mir die Leute, mit denen ich zusammenwohnen sollte, nicht einmal recht angesehen hatte. Zum Frühstück wurden wir geweckt, und nachdem wir es eingenommen, schlenderten wir ein wenig um das Haus und im Felde herum, uns alles anzusehen.

St. war ein Mann in den vierziger Jahren, mit klarem Auge und freier, offener Stirn; er gefiel mir beim ersten Anblick. Seine Frau, eine geborene Irländerin, behandelte uns ebenfalls artig und freundlich und war, wie es mir damals schien und ich auch später fand, eine tüchtige Wirtschafterin; versteht sich, im amerikanischen Sinne des Wortes. Kinder hatten sie nicht. Im Hause selbst aber wohnte noch ein anderes Wesen.

Es war dies die Duodezausgabe eines irischen Schusters oder, wie er stets behauptete »Schulmeisters«, denn das sollte seiner Aussage nach seine frühere Beschäftigung gewesen sein, jetzt aber machte er Schuhe. St. hatte nämlich eine Quantität Leder gekauft, und der Ire verarbeitete es, wofür ihm jener monatlich etwas Gewisses bezahlte. Er hatte rotes Haar, war etwas pockennarbig, fünf Fuß hoch, sonst aber stark und kräftig gebaut und mochte etwa in den fünfziger Jahren sein. Aber nur sehr ungern sprach er von seinem Alter, denn er wollte noch für sehr jung gelten, und St., der überhaupt gern seinen Spaß mit ihm hatte, sagte uns lachend, daß wir ihn nächsten Sonntag in seinem Staate sehen würden, wo er in die Nachbarschaft gehe, einer jungen Witwe den Hof zu machen.

Das Haus war ein aus Stämmen aufgeführtes, roh behauenes, doppeltes Gebäude, d. h. es standen zwei einstöckige Häuser nebeneinander, aber unter einem Dache, mit einem Zwischenraume in der Mitte, der, an der Nord- und Südseite offen, im Sommer einen herrlich kühlen Platz zum Sitzen oder Schlafen bot. Wie alle Blockhäuser dieser Art, war es mit kurzen, vier Fuß langen, roh aufgespaltenen Brettern gedeckt und hatte keine Fenster, wohl aber in jedem Hause einen tüchtigen, aus Lehm ausgeführten Kamin.

Vor dem Hause befand sich das Feld, ungefähr fünf Acker Land, das mit Welschkorn bepflanzt war, ein kleines Stück ausgenommen, auf dem Weizen stand. Südwestlich vom Hause lagen die Pferdeställe, die St. haben mußte, da er Reisende beherbergte. Sonst ist es eigentlich in Arkansas nicht Sitte, sich viel mit Ställen einzulassen. Ein großer, hoch eingefenzter Platz, den sie »lot« nennen, und in welchem mehrere roh ausgehauene Baumstämme als Krippen für die Pferde angebracht waren, umgab die Ställe. Daneben erhoben sich kleine, ebenfalls aus Baumstämmen aufgeführte Häuser, den geernteten Mais darin aufzubewahren. Ein paar hundert Schritt vom Haus stand eine sogenannte Pferdemühle, die St. selber gebaut hatte. Auf dieser wurde alles zu eigenem Bedarf gebrauchte Getreide gemahlen und zum Drehen des Steins ein Pferd verwandt.

Eine Viertelstunde rückwärts vom Hause lag noch ein etwa fünf Acker großes Feld, auf dem ebenfalls Mais stand, doch dies verbarg der Wald, und es konnte vom Hause aus nicht gesehen werden. Gleich hinter dem Doppelgebäude floß der Fluß Anguille vorbei. Zum Hauptgebäude gehörte weiter nichts, als ein kleines Häuschen, das gleich dahinter stand und als Rauchhaus benutzt wurde, sowie ein 32 Fuß tiefer Brunnen, der sich dicht am Wohngebäude befand.

Wir beschäftigten uns jetzt nur mit Jagen und zogen, die Büchse auf der Schulter, den ganzen Tag im Holze herum; da wir jedoch mit dem Walde nicht recht bekannt waren, fiel unsere Jagd gewöhnlich schlecht aus, wenn uns nicht manchmal zufällig ein Stück Wild in die Hände lief.

St. hatte seit mehreren Tagen davon geredet, einen Baum umzuhauen, in dem er einen Stock wilder Bienen entdeckt hatte, doch war bis jetzt immer etwas dazwischen gekommen; am 1. Juni aber machten wir den schon seit einiger Zeit besprochenen Ausflug und brachen mit Tagesanbruch dahin auf. Unsere Gesellschaft bestand aus vier Personen, St., dessen Schwager M'O., Uhl und mir. Die beiden Amerikaner hatten Äxte mitgenommen, Uhl und ich jeder einen Eimer, den Honig, den wir zu finden hofften, hinein zu tun. Wir gingen nach einer etwa 3 Meilen entfernten kleinen Prärie, und fanden dort bald den von St. entdeckten und bezeichneten Baum.

Es ist in den amerikanischen Wäldern nämlich Sitte, daß ein Jäger, der einen Baum mit wilden Bienen findet, und gerade keine Zeit oder Lust hat, denselben sogleich umzuhauen, nur seinen Namen, oder, wenn er nicht schreiben kann (wie es mit St. der Fall war), sein Zeichen in den Baum schneidet. Findet nun ein anderer zufällig einen solchen mit einem Namen oder Zeichen versehenen Baum, so geht er ruhig seines Weges und überläßt denselben dem ersten Finder.

St.s Baum war eine abgestorbene Roteiche und stand am Rande der kleinen Prärie. Die beiden Äxte, von kräftigen, geschickten Händen geführt, brachten den ohnehin schon gebrechlichen Baum bald zum Schwanken, und krachend stürzte er nieder. Auf St.s Angabe hatte ich inzwischen ein Feuer angemacht, bedeckte es mit faulem Holze und schob es auf ein großes Stück Rinde, so daß ein dicker, schwarzer Qualm daraus hervorstieg. Sobald der Baum stürzte, hielt ich das Rindenstück mit dem darauf qualmenden faulen Holze gerade unter die Öffnung, durch welche die Bienen aus- und einflogen. Vom Rauch betäubt, stiegen diese hoch in die Luft, und nicht eine einzige stach mich, obgleich viele um mich herumflogen und sich auf meine Kleider setzten. Unsere Mühe blieb nicht unbelohnt, denn wir fanden einen ziemlich dicken Ast gefüllt mit Honig, von dem wir, soviel wir nur vertragen konnten, aßen und den übrigen mit nach Hause nahmen.

St. hatte Gefallen an uns gefunden, denn er forderte uns auf, ganz bei ihm zu bleiben und sein Vieh, das frei im Walde herumlief (er hatte ungefähr zweihundert Stück Rindvieh), etwas zusammen zu halten und acht darauf zu geben, wobei wir fortwährend die Büchse auf der Schulter haben und jagen konnten. Da dies nun ziemlich mit unseren Plänen übereinstimmte, so überlegten wir uns die Sache ernstlich und machten am nächsten Montage, den 3. Juni, mit St. folgenden merkwürdigen Kontrakt.

Wir sollten, wie schon gesagt, die Aufsicht über St.s Vieh übernehmen, demselben in der schon vorerwähnten kleinen Prärie, wo wir unser Lager aufzuschlagen gedachten, dann und wann Salz geben und, indem wir es häufig zur Salzfütterung zusammentrieben, dasselbe an die Prärie zu gewöhnen suchen. Dafür sollten wir den dritten Teil des Nutzens, also jedesmal das dritte Kalb, als Eigentum bekommen, und St. verpflichtete sich außerdem noch, uns mit Schweinefleisch, Mehl, Kaffee, Zucker und Salz zu versehen, sowie, sobald er Zeit haben würde, ein Häuschen in der Prärie aufzurichten, in welchem wir unsere Junggesellenwirtschaft führen könnten.

So weit war alles gut, die Schlußklausel setzte aber dem Ganzen die Krone auf – der irische Schulmeister hatte diesen Kontrakt verfertigt und bildete sich nicht wenig darauf ein. In dieser hieß es wörtlich: »Keiner der beiden Teile sei verbunden, dem obigen Kontrakte Folge zu leisten, im Fall er glauben würde, sein Glück anderswo oder auf andere Weise besser zu machen«, was natürlicherweise uns allen überließ, zu tun und zu lassen, was wir für gut fänden.

Diese inhaltschwere Schrift wurde von beiden Teilen unterzeichnet – St. unterzeichnete sie im wahren Sinne des Wortes, denn er machte bloß sein Kreuz darunter – und dann sorgfältig aufbewahrt, d. h. St. schloß das Dokument in den Geldkasten, und der Irländer steckte sich eine Abschrift davon in die Rocktasche, wahrscheinlich um damit der Witwe gegenüber prahlen zu können. Wir aber schulterten unsere Büchsen und zogen fröhlich in den Wald hinein, uns unser neues Terrain ein wenig anzusehen.

Da wir nun unsern Vertrag mit dem Alten gemacht und uns entschlossen hatten, eine Zeitlang wenigstens in den Sümpfen zu bleiben, waren wir natürlich auch genötigt, unsere Sachen, die wir diesseits des Blackfish-lake zurückgelassen, an unsern neuen Aufenthaltsort zu holen, und St. bot mir freundlich eins von seinen Pferden an, um sie auf demselben fortzuschaffen. Die Pferde aber, die er hatte, liefen wild im Walde umher und mußten erst eingefangen werden; so machten wir uns denn, ich nach der einen, Uhl nach der andern Richtung auf den Weg, dieselben aufzusuchen und eins davon herbeizuschaffen.

Vergeblich bemühten wir uns indes den ganzen Tag; wir konnten keine Spur von ihnen finden und erneuerten am nächsten Morgen unsere Anstrengungen.

Ich war an diesem Tag auf einem kleinen Fußpfade fortgeschlendert, fand aber bald, daß er sich fast alle hundert Schritt bald da- bald dorthin teilte und auch wirklich nichts weiter als einer der unzähligen Kuh- und Hirschwege war, die den Wald nach allen nur erdenklichen Richtungen durchkreuzten, verließ also denselben und schlug einen geraden Kurs ein, gleichgültig dagegen, wohin ich kam, wenn ich nur die Pferde fand. An Verirren dachte ich gar nicht, denn das Wetter war warm und ein Nachtquartier unter den grünen Bäumen, angenehmer als in der dumpfen Stube. Das Land nahm aber, als ich weiter fortschritt, eine andere Beschaffenheit an, als um St.s Farm herum; ich hatte jetzt den Sumpf verlassen und befand mich auf hügeligem Boden, wo ich wieder einmal Nadelholz, nach dem ich mich so lange gesehnt hatte, zu sehen bekam. Wider Erwarten erreichte ich auch vor Dunkelwerden eine Farm.

Vergebens erkundigte ich mich hier nach den Pferden: keiner hatte sie gesehen, und auf meine Frage, wie weit ich von St.s entfernt sei, bekam ich die tröstliche Antwort: »Ungefähr elf gute Meilen«. Das war auf jeden Fall für diesen Abend zu viel, und die Leute luden mich freundlich ein, die Nacht bei ihnen zuzubringen.

Ich stellte Flinte und Mütze in die Ecke und saß bald mit ein paar lieben alten Leuten in der milden, freundlichen Abendluft vor der Tür der Hütte.

Wir unterhielten uns sehr gut, und schon versprach ich mir einen recht angenehmen Abend, denn unter diesen westlichen Bewohnern der Staaten findet man oft vortreffliche Menschen, als sich leise, aber sicher eine schwarze Gewitterwolke am Himmel meines stillen Friedens zusammenzog.

Wir hatten noch nicht lange gesessen, als ein großer, sehr feierlich und ehrbar aussehender Mann ins Zimmer trat, mich ernst-freundlich grüßte und sich wenige Schritte von uns entfernt niedersetzte. Er holte ein kleines Buch aus der Tasche und begann darin zu blättern, aber plötzlich, ehe ich mich etwas Bösen versah, stimmte er einen so furchtbar donnernden Kirchengesang an, daß mir Hören und Sehen verging. Ich war wahrlich ganz verblüfft und schaute einen nach dem andern im Kreise an, die Auflösung dieser langen, in einen braunen Rock eingeknöpften Scharade auf den Gesichtern der Anwesenden zu finden, doch sie sahen alle sehr ernst und andächtig zur Erde nieder, und lauter und dröhnender erklang die Stimme des Gewaltigen. Der gute Mann schien übrigens auch das Ende seines Gesanges verloren zu haben, denn schon wurde es dunkel und kühl, und immer noch schrie er durch die stille Abendluft in immer höheren Tönen, bis ihm endlich, Gott sei Dank, die Stimme versagte und er erschöpft schweigen mußte. Die anderen hatten ihm in ehrfurchtsvoller Stille zugehört, und auch mir blieb weiter nichts übrig als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Ich glaubte übrigens auch, die Sache sei nun abgetan, hatte mich aber dabei schön geirrt, denn es sollte jetzt, wie ich gar bald fand, erst recht losgehen, und Männer und Frauen kamen noch herbei, unter anderen auch einige recht hübsche Mädchen, die ich in dieser Wildnis am allerwenigsten vermutet hätte.

Die Luft war unterdessen kühl und feucht geworden, und wir gingen in das Haus, das jetzt durch lange Bänke wie eine Schulstube hergerichtet war. Die Sache erklärte sich mir nun: ich war in eine Betversammlung der Methodisten geraten und mußte jetzt aushalten. Der dürre Mann mit der schrecklichen Stimme holte auch ohne weiteres sein kleines Buch wieder vor, das ich erst lieb gewonnen, als er's in die Tasche steckte, und las zwei Zeilen aus einem geistlichen Liede laut vor, worauf alle aufstanden, ihm den Rücken zukehrten und dieselben sangen. Da dies alle taten, war kein Grund für mich vorhanden, ihm mein Rückteil vorzuenthalten, zum Singen aber konnte mich keiner bringen, die Töne blieben mir in der Kehle stecken.

Dem Gesange schien wieder das Ende zu fehlen, doch fand es sich endlich, nachdem man ungefähr anderthalb Stunden danach geschrien hatte. Dadurch war ich aber um nichts gebessert, denn jetzt kam erst das Tollste. Alle fielen auf die Knie und legten die Nase auf dieselbe Stelle, auf der sie vor wenig Momenten noch gesessen hatten. Weder meine Knie noch meine Nase waren nun allerdings gewohnt, sich als Unterlage gebrauchen zu lassen, doch fand ich mich hier einmal unter den Wölfen, und hatte ich vorhin geschwiegen, so heulte ich jetzt wenigstens mit. Ein langes Gebet, in dem der liebe Gott auf eine fürchterliche Weise gequält wurde, der andächtigen Gemeinde, mich mitgerechnet, Gutes zu tun, folgte nun, und er wurde noch außerdem ersucht, ihre schwachen Bemühungen, ihm zu gefallen, – das nannten diese Leute schwache Bemühungen – wohlwollend aufzunehmen. Dabei schilderten sie sich selbst, als solche Sünder und nichtswürdige Menschen, daß sie, wenigstens der bescheidenen Rede nach, alle wenigstens das Hängen verdient hätten. Hierauf sangen oder heulten wir wieder und ich diesmal so kläglich, daß mich mein Nachbar mehrere Male besorgt ansah. Es geschah dies jedoch nicht aus Andacht, sondern aus Verzweiflung, und zur Belohnung dafür durfte ich auch nachher noch einmal anderthalb Stunden lang knien.

Alles war jetzt beendet, und der Prediger ging im Kreise herum, jedem Bruder und jeder Schwester – so nennen sie sich – die Hand reichend. Er kam auch zu mir, und ich drückte sie ihm wirklich dankbar, daß er endlich aufgehört hatte. Die Versammlung ging nun auseinander, und ich schlief sanft bis zum nächsten Morgen.

Mit dem Frührot trat ich meinen Heimweg an und kam nachmittags nach St.s, wo ich Uhl schon fand, der glücklicher als ich im Suchen gewesen war und eins der Pferde gebracht hatte.

Am 8. Juni ritt ich nun wieder in den Blackfish-lake-Sumpf zurück, holte von Hamiltons die dort zurückgelassenen Sachen, lud sie aufs Pferd und trat noch den nämlichem Abend meinen Rückweg wieder an.

Unserer Einrichtung stand nun weiter nichts entgegen, und schon am andern Morgen fingen wir an, unser Haus zu bauen, d. h. wir rissen ein altes Blockhaus ein, das 3 Meilen von unserem Platze entfernt stand, luden die Stämme auf einen Wagen und schafften sie an Ort und Stelle, wo wir sie dann bequem zum neuen Hause wieder aufrichten konnten.

Die Kunst, ein Haus zu bauen, ist übrigens in den Wäldern von Amerika sehr einfach. Zuerst werden schwache Bäume, Eichen- oder sonst gutes Holz, gefällt und zu gleicher Länge gehauen. Dann wird der Grund gelegt. Zwei starke Stämme, in der richtigen Entfernung, kommen, miteinander parallel laufend, auf die Erde. Auf die Enden derselben, so daß sie ein Viereck einschließen, werden nun zwei andere gelegt, und damit sie festliegen und sich nicht bewegen oder rutschen, wird in den obern Stamm eine Kerbe, in den untern aber ein sogenannter Sattel gehauen, was die Stämme nicht allein festhält, sondern auch die Spalten verringert, die natürlich zwischen den aufeinandergelegten Balken entstehen müssen. Auf diese Art entsteht, wenn das Haus aus rohen Stämmen aufgeführt wird, ein Viereck, das weder Aus- noch Eingang hat, bis die Tür, oder wenigstens das Loch dazu mit der Axt von außen hineingehauen wird. Da wir indessen bloß ein altes Haus wieder aufrichteten, so paßten die Klötze alle aufeinander und die Tür und der Kamin waren schon ausgeschnitten. Das Dach wird dann darauf gedeckt und nach Schweizer Art mit etwas Schwerem belegt, damit der Wind die dünnen, leichten Bretter, aus denen es besteht, nicht herunterwehen kann. Da aber mehr Holz vorhanden ist als Steine, so haut man lange, schwere Stangen oder junge Bäume ab und hebt sie oben darauf, die dann, durch Querhölzer unterstützt, ziemlich fest liegen und »weight-poles« genannt werden. Obgleich die Hitze drückend war, so rückte doch unsere Arbeit schnell vor, und am Dienstag Abend hatten wir unser Haus bis auf den Kamin schon fix und fertig. Für den Sommer brauchten wir keinen und unterließen diese Arbeit um so lieber, da sie schmutzig und unangenehm ist und man sie gern vermeidet, wenn es nicht unumgänglich notwendig ist.

Mittwoch Morgen, den 10. Juni, fingen wir an, das Haus einzufenzen, damit die Kühe uns nicht in die Stube laufen könnten; auch wollten wir eine Umzäunung aufrichten, um die jüngsten und noch draußen frei herumlaufendem Kälber hineinzutun, damit die Kühe regelmäßig nach Hause kämen und dann gemolken werden könnten.

Die Fenzen werden auf sehr einfache Art gemacht, lassen sich aber freilich im deutschen Vaterlande nicht gut anwenden, da sie zu viel Holz kosten. Schwarz- und Roteichen oder Hickory, eine Art sehr zähes Nußholz, werden gefällt, in 10 bis 11 Fuß lange Klötze gehauen und diese gespalten und von einander gerissen, bis sie in lauter 4–7 Zoll starke Stangen verwandelt sind. Das Holz spaltet sich leicht, da man nur das beste dazu nimmt, und wird dann im Zickzack um den einzufenzenden Ort gelegt, wobei immer ein Ende auf das der vorhergelegten Stange kommt, bis die Fenz so hoch wird, daß weder Kühe noch Pferde hinüberspringen können. Diese Arbeit war hart, die Hitze drückend, und ein stechender Kopfschmerz peinigte mich fürchterlich, dabei jagte mir ein starkes Fieber das Blut stürmisch durch die Adern; doch da meine Hilfe notwendig war, so wollte ich nicht zurückstehen und arbeitete scharf und anhaltend, bis sich plötzlich alles vor meinen Augen zu drehen schien, dunkel wurde, und ich ohnmächtig niederstürzte. Ich erholte mich jedoch bald, legte mich ein wenig unter einen Baum in den Schatten, um auszuruhen, und setzte dann meine Arbeit bis zum Abend fort.

Am andern Morgen ließ St. seinen Weizen binden, und da ich mich wieder vollkommen wohl fühlte, gingen wir beide nach seinem Hause und halfen ihm. Ich mochte aber kaum eine halbe Stunde im Felde gewesen sein, als mich, trotz der brennenden Sonnenhitze, ein ganz sonderbares Frösteln mit Übelkeit und Kopfschmerz anwandelte; dabei wurden mir die Lippen und Nägel blau, kurz ich hatte das kalte Fieber in bester Form. Ich mußte ins Haus gehen und mich zu Bett legen und befand mich am Nachmittag etwas besser. St.s wollten mich jetzt nicht wieder hinaus in unser Häuschen lassen, sondern sagten mir, daß ich bei ihnen bleiben sollte, bis ich wiederhergestellt wäre, damit ich wenigstens nicht ohne menschliche Hilfe sei.

Am zweiten und dritten Tage kam das Fieber ebenso stark wieder, und ich wurde sehr matt und schwach dabei.

Am dritten Tage, am Sonnabend, hatte ich mich ungefähr um zwei Uhr nachmittags wieder etwas erholt und ging an die Mühle, wo St. gerade mahlte, um ein wenig zu helfen und mir Bewegung zu machen, als zwei Fremde, ein Mann und eine Frau, die Straße heraufkamen. Mit Entsetzen erkannte ich aber in der Figur des Mannes den langen Methodistenbeter wieder, der mich vor wenigen Tagen so gepeinigt hatte, und fürchtete nicht ohne Ursache eine Wiederholung der Betversammlung, die auch wahrlich nicht ausblieb.

Mit einem vielsagenden, wichtigen Gesichte, das ungefähr ausdrücken sollte: »Siehst Du, da bin ich wieder, jetzt freu' Dich,« ritt er an mir vorüber, und noch war es nicht dunkel, als auch schon seine gellende Stimme heilige Lieder durch den stillen Wald schmetterte, so daß die Eulen erstaunt in ihrem Nachtrufe einhielten und den sonderbaren Tönen lauschten.

Uhl, dem ich die vorige Versammlung ziemlich gut beschrieben hatte, schlich sich nun zwar mit mir, so gut es gehen wollte, in das andere Haus, wir wurden aber entdeckt und zum »prayer-meeting« (Bet-Versammlung) eingeladen.

Da nun wohl niemand im lieben Deutschland solch einer Versammlung je beigewohnt hat und auch, wie ich es allen meinen Freunden und selbst, um Kohlen auf ihr Haupt zu sammeln, meinen Feinden wünschen will, nie beiwohnen wird, so möchte es gut sein, hier eine kurze Beschreibung derselben zu geben, insofern sie nämlich von der schon früher beschriebenen verschieden war. In der vorigen Versammlung wurde nämlich bloß gebetet, in dieser aber auch gepredigt.

Der Raum, in dem sich die Leute versammelt hatten, meistens Nachbarn, die 10 bis 12 Meilen weit hergekommen waren, die Predigt mit anzuhören, denn in der Gegend, wo St. wohnte, standen fast gar keine Häuser, war eigentlich zu eng, sie alle zu fassen, doch hatten sie sich, so gut es gehen wollte, auf Kisten, Betten, Tischen und Stühlen an den Wänden hin postiert, so daß in der Mitte ein freier Raum für den Prediger blieb, der vor dem Kamin stand und um den die ganze Gesellschaft, ungefähr zwanzig Personen an der Zahl, einen Halbkreis bildete.

Mit monotoner Stimme las der Braune – er hatte wieder den erschrecklich langen braunen Rock an – ein Kapitel aus der Bibel und stand dann zum Singen auf, was ihm die ganze Gemeinde, wie bei der früheren Versammlung, nachmachte, und wobei sie ihm den Rücken zukehrte. Sobald er zwei Zeilen gelesen hatte, stimmte er den Gesang an, in welchen dann alle sogleich einfielen. Er hatte das Lied einige Töne höher angefangen, als er gewöhnlich hinauf konnte, und ich schielte, wenn er so recht dünn zu singen anfing, manchmal über die Schulter des vor mir Sitzenden hinüber. Die Gesichter, die er schnitt, wenn er mit verdrehten Augen dastand und keinen Ton mehr aus der Kehle bringen konnte, waren zu prachtvoll. Dann wurde wieder gekniet und gebetet, und nun kam die eigentliche Predigt.

Der Lange, der den rechten Arm wie einen Windmühlenflügel gebrauchte, unter den linken hatte er die Bibel geklemmt, fing jetzt mit dem schlechtesten Vortrag von der Welt an, eine Rede zu halten, die zwar sehr lang, aber auch unter aller Kritik war. Der untere Teil des linken Armes wollte ebenfalls gestikulieren, und obgleich der obere das dicke Buch hielt, so ging er doch wie ein Hackemesser herauf und hinunter, während der rechte in steter Gefahr war, aus dem Achselgelenke geschleudert zu werden. Während ich nun in stiller Ruhe dasaß und meinen Betrachtungen über den mit den Armen peitschenden Schreier nachging, schlug auf einmal ein Herz und Mark erschütternder Schrei an mein Ohr. Erschrocken blickte ich auf die Seite, von der er kam, und hatte den krassen Anblick einer vom Geiste besessenen Frau, die aufgesprungen war und schrie, jauchzte, heulte, sprang, tobte und, mit den Händen zusammenschlagend, rief: »Oh – Looord – glory, glory, glory, happy, happy, glory«, bis sie endlich erschöpft und bewußtlos zu Boden sank. Der Anblick der armen verblendeten Geschöpfe ist wirklich schrecklich, wenn sie mit starrblickenden Augen in der Stube herumspringen – wenn man nur eben ganz genau wüßte, daß sie nicht baren Unsinn trieben und nicht sich, sondern andere zum besten hielten. Die Frau war endlich beruhigt, die Predigt beendigt, und ein Gesang sollte den Schluß bilden. Wir standen wieder auf, hatten aber kaum den Rücken gewandt und zwei Verse gesungen, als der Spektakel von neuem losging und eine junge Witwe, die ungefähr ihre hundertundachtzig Pfund wiegen mochte, zu springen anfing, daß das ganze Haus dröhnte; dies war die Angebetete des Schuhmachers. Als sie eine Weile gesprungen war und zu schwanken begann, stand er schon bereit, um sie in seinen Armen aufzufangen; zum guten Glück aber war er klein und untersetzt gebaut, er hätte den Ruck sonst nicht ausgehalten.

Die Methodisten glauben, daß dieser Zustand von Gott gesandt wird, und daß die auf solche Weise vom Geiste Besessenen sich unendlich glücklich fühlen und auch dereinst, wenn sie in den Himmel kommen, vor Freude und Seligkeit recht springen und jauchzen (shout) können. – O wie schön muß es da sein, besonders wenn der Lange mit seinem braunen Rocke dabei ist! Nun, der Glaube macht selig. Ich dankte Gott auf meine Art, als alles glücklich vorbei war und die Versammlung ein Ende hatte. In der Nacht aber träumte ich schreckliche Geschichten von dem langen Priester, der sich mir auf die Brust gesetzt hatte und mich mit aller Gewalt zum Methodisten bekehren wollte, wobei er mir die Backen streichelte und dazu sang.

Der nächste Tag war ein Sonntag, und da es ein allgemeiner Sabbat war, so bekam ich auch kein kaltes Fieber.

Gegen Mittag fingen die Hunde auf einmal an, um das Feld herumzujagen, und St. behauptete, daß ihr Hin- und Herrennen, wobei sie immer wieder auf einen Fleck zurückkamen, niemand anderem als einem Fuchse gelten könnte. Ich eilte, so schnell ich konnte, dem Walplatze zu und versuchte, dem gehetzten Tiere in den Weg zu kommen, um es mit meiner Büchse näher bekannt zu machen, es wollte mir aber nie zum Schuß kommen, bis ich plötzlich alle Hunde ein fürchterliches Geheul erheben hörte. Ich wußte, daß jetzt der Fuchs gestellt war, und erwartete, ihn in einer Höhle zu finden; wer beschreibt aber mein Erstaunen, als ich zum Platze hinlief und Reinecken auf einem kleinen Baume sitzen sah, von dem er ganz gemütlich die unten sehnsüchtig seiner harrenden Hunde betrachtete. Ich war so erstaunt, daß ich fast zu schießen vergaß, doch ließ ich ihm bald einige Bockschrote durch den Leib sausen; er fiel aber nicht, sondern blieb oben in dem Bäumchen, wo er sich zwischen ein paar Äste hineingeklemmt hatte, hängen, was mir, des Felles wegen, sehr lieb war, denn wäre er herunter und zwischen die Hunde gestürzt, hätten ihn diese jedenfalls zerrissen. Wie ich später erfahren habe, ist das Klettern das gewöhnliche Hilfsmittel des Fuchses in äußerster Not, und auch dann kann er nur auf kleine, besonders schrägstehende Bäume, und zwar nie höher als l0–12 Fuß hinaufkommen, wo er sich zwischen ein paar Äste klemmt und hängen bleibt. Die Füchse leben hier, in den Sümpfen wenigstens, in hohlen Bäumen.

Als ich nach Hause kam, war ich nicht wenig erstaunt, unsern kleinen Schulmeister im höchsten Staat zu finden. Er war schneeweiß angezogen, trug ein paar weiße Beinkleider, ein schneeweißes Hemd und eine ebensolche Jacke, nebst einem weißen Halstuch; auf dem Kopfe einen hellgelben, fast weißen Strohhut und an den Füßen ein Paar außerordentlich blanke Schuhe. Zwar stach nun gegen dieses Kleid der Unschuld das etwas sehr rote Gesicht und die, wenn es irgend möglich war, noch rötere Nase bedeutend ab, auch ließen die dicken, angeschwollenen, blauroten Hände noch etwas zu wünschen übrig; aber er schien in seinem Gott vergnügt zu sein, stieg bedächtig über die Fenz und verschwand im dunkeln Walde wie ein Sonnenstrahl – St. meinte schmunzelnd, er ginge »courten«.

Am 20. Juni beendigten wir unsere Fenz; am 21. wurde der Stubenboden gelegt, und am 22. war endlich das große Werk vollendet.

Wir gingen am Nachmittag noch einmal zu St.s, um unsere Sachen abzuholen, und ich sprang gegen Abend, da es sehr warm war, in den kleinen, hinter dem Hofe vorbeiführenden Fluß und nahm ein erquickendes Bad, mußte aber schon am nächsten Tage dafür büßen, da mich wieder ein Fieberanfall schüttelte. Dieser wiederholte sich dann am folgenden Morgen so stark, daß ich zu meinem nicht geringen Verdruß zu Hause bleiben mußte, als St., Uhl und M'O. am 26. Juni auf die Büffeljagd ritten.

Ich brachte zwei langweilige Tage im Bette zu, fühlte mich aber am dritten etwas besser und schlenderte langsam mit der Flinte am Flusse hinauf, wo möglich ein paar junge Enten zu schießen.

Fast am Hause wieder angelangt, fand ich eine ganz frische Bärenfährte. Der alte Bursche war, seit ich dort vorbeigegangen, durch den Fluß geschwommen, doch hatten die Büffeljäger alle Hunde mitgenommen, und ich war zu schwach, ihn allein zu verfolgen.

Denselben Abend kamen die Jäger wieder zurück, und zwar ohne Büffel, von denen sie nur die Spuren gefunden. Uhl hatte ein Doe geschossen; das war die ganze Beute, die gemacht worden war.

Am 2. Juli endlich sattelten wir morgens und ritten nach einer elf Meilen entfernten Farm, um einige zwanzig Stück Ochsen und Kühe, die St. gekauft hatte, nach unserer Prärie zu treiben. In der Dämmerung kamen wir erst an Ort und Stelle an und fanden den Mann, mit dem wir unsere Geschäfte abzumachen hatten, zu Hause. Dun, so hieß er, war eine dicke, behagliche Gestalt, mit kupferroter Nase, die ihrem Aushängeschild auch keine Schande machte, denn bald prangte eine Flasche Whisky in all ihrer funkelnden Herrlichkeit auf dem Tische. St. durfte als Methodist keinen Branntwein trinken und kostete ihn nur einige Male; dafür ließen wir anderen ihn uns desto besser schmecken. Wir lachten und erzählten den Abend viel, gingen auch spät zu Bett. Wahrhaft überraschte mich am andern Morgen der herrliche Anblick, den ich von Duns Hause aus genoß. Wir hatten dort die Hügel wieder betreten, und das Wohngebäude lag gerade auf dem östlichen derselben, der sich noch eine Strecke in den Sumpf hineinzog, so daß er wie eine Halbinsel in das niedere Land hinausragte, das jetzt mit einem dichten, schneeweißen Nebel so bedeckt war, daß auch nicht die Spitze eines Baumes gesehen werden konnte. Wie ein Ozean von Milch lag es dort und dehnte sich in unabsehbarer Weite nach Ost, Nord und Süd, und der glühende Feuerball der Sonne, der sich, wie es schien, gerade durch den dicken Schaum heraufarbeitete, goß einen rosenroten Glanz darüber. Ich schaute in der Tat umher, ob ich nicht ein fernes Segel erspähen könnte, so ähnlich war es der ungeheuern Meeresfläche, nur milder und freundlicher lag es dort in stiller Ruhe. Erst als die Sonne höher stieg, verfloß der Nebel und senkte sich. Hier und da kam jetzt die Spitze eines riesigen Baumes zum Vorschein, und nach kurzer Zeit hatte der weiße Schaumozean einem grünen Blättermeere Platz gemacht, das sich, nicht durch irgendeinen Hügel oder auch nur eine merkliche Erhöhung unterbrochen, die ausgenommen, auf welcher wir uns befanden, über den ganzen Horizont ausbreitete. Der Anblick war ergreifend, und ich stand lange in stummes Anschauen verloren.

Nach dem Frühstück brachten wir unsere Rinder zusammen und trieben sie durch Dornen, Schlingpflanzen, Sümpfe, Schilfdickichte, Bäche und Wälder nach Hause. Rindvieh aber, das vielleicht noch nie unter der leitenden Zucht der Menschen gestanden hat, durch dichten, verwachsenen Wald zu schaffen, ist die schwerste Arbeit, die man sich denken kann, und wer noch nie in seinem Leben geflucht hat, der lernt es dabei sicher. Das Viehtreiben gehörte aber jetzt mit zu unserem Geschäfte, und wir taten es gern. Nach furchtbarem Hetzen und Umherjagen bekamen wir die Tiere endlich in unsere Umzäunung in der Prärie, fingen sie mit dem Lasso, brannten ihnen St.s Zeichen auf und ließen sie dann bis zum nächsten Morgen zufrieden. Da es schon dunkel wurde, so ließ sich für diesen Abend weiter nichts vornehmen; wir breiteten daher mein Büffelfell auf die Erde, deckten uns mit Uhls Decke zu und waren bald sanft und selig entschlafen.

An dem nächsten Morgen, dem 4. Juli, dem denkwürdigen Tage amerikanischer Freiheit, fingen wir an, uns ein wenig bequemer einzurichten, machten ein paar rohe Bänke und befestigten an den Wänden Bretter, um unsere Sachen darauf in Ordnung hinzulegen.

Da wir nur sehr wenig Geschirr besaßen, so war die Kocherei besonders schwierig, doch hatte uns St. mit allen nötigen Eßwaren reichlich versorgt, und wir litten wenigstens keine Not.

Bald war alles instand gesetzt und hiermit unsere Junggesellenwirtschaft förmlich eingerichtet. Von dem neuen Vieh hatten wir die Kälber zurückbehalten, ihre Mütter aber wieder in Freiheit gesetzt, da diese sich nie weit von ihren Jungen entfernen. Von den anderen hatten wir nur einige der wildesten einbehalten und die übrigen laufen lassen, die sich auch auf der Prärie ganz wohl zu befinden schienen, besonders da wir ihnen täglich etwas Salz hinstreuten, das sie leidenschaftlich gern auflecken. Überhaupt gaben wir jeden Abend dem Rindvieh, das sich auf der Prärie sehen ließ, reichlich Salz, um es dadurch in der Gegend zu halten und an einen bestimmten Platz zu gewöhnen. Am Tage zogen wir mit der Büchse im Walde umher und jagten.

Am 8. Juli schoß ich ein Hirschkalb. Das Wildbret war delikat, und wir hatten eine außergewöhnlich große Portion davon zu uns genommen, als Uhl sich über Kopfweh und Übelkeit beklagte. Schon am andern Tage fühlte er sich sehr unwohl, und gegen Mittag hielt das kalte Fieber bei ihm seinen Einzug. Ich pflegte ihn, so gut ich konnte; doch hatten wir in unserer Einsamkeit wenig, was einen Kranken hätte erquicken können.

Am 10. Juli gegen Abend fühlte er sich etwas besser und verlangte nach einigen Brombeeren. Ich nahm eine blecherne Schüssel und ging an einen 70–80 Schritt vom Hause entfernten Ort, wo diese in Unmasse wuchsen. Es war hier früher einmal Feld gewesen, und um die alten, umgestürzten Bäume herum wucherten dichte Brombeerhecken. Ich hatte an dem äußersten Rande eines großen, dichten Busches, der mit den herrlichsten, reifsten Beeren behangen war, herumgepflückt und schon ein paarmal sich etwas in demselben regen hören, es aber, da alle Kühe und Kälber nahe bei mir waren, wenig beachtet; ich glaubte, es wäre vielleicht ein Kalb. Da öffnete sich plötzlich dicht neben mir der Busch, und ein großer starker Wolf trat langsam daraus hervor. Er sah ruhig zu mir auf und schien auch nicht die mindeste Furcht vor mir zu haben, ja nicht einmal recht zu wissen, ob er sich ruhig sollte wegtreiben lassen oder nicht. Schon hob ich den Fuß, denn ich hatte keine Waffen bei mir, ihm mit dem schweren Wasserstiefel einen Tritt an den Hals zu versetzen, sobald es ihm gar einfiel, mich anzugreifen, als er sich doch eines Bessern besann und langsam dem Dickicht zuschritt, das den nächsten kleinen Bach begrenzte. Sowie er im Gebüsch war, sprang ich ins Haus, riß die Büchse vom Haken und folgte seiner Spur; er war aber zu schnell für mich gewesen und hatte sich empfohlen.

Am 11. Juli war Uhl so weit wiederhergestellt, daß er zu St.s hinuntergehen konnte, dort etwas bessere Pflege zu erhalten, und eine kurze Zeitlang blieb ich in meiner Einsiedelei allein, befand mich aber recht behaglich dabei, bekümmerte mich um keinen Menschen, sah nach meinen Schutzbefohlenen, gab ihnen Salz, ging auf die Jagd und schoß junge Truthühner, die jetzt gerade flügge wurden.

Abends, wenn alles still und ruhig war, setzte ich mich vor die Tür zu meinem flackernden Feuer hin, spielte meine Zither und war sehr froh, wenn ich gar keinen Menschen zu sehen bekam. Ich verlebte dort einige recht vergnügte Tage.

Am 17. Juli ging ich wieder einmal zu St.s, um zu sehen, wie sich Uhl befinde, und dann auch etwas Mehl und Kaffee für mich mitzunehmen. Uhl war von seinem Fieber befreit und wieder ziemlich munter geworden, obgleich er sich noch sehr schwach fühlte.

Zwar hatte ich die Absicht, gleich nach meinem Hause zurückzukehren, doch bedurfte St. meiner, und ich blieb daher bei ihm. Da machte uns St. den Vorschlag, den Sommer und Herbst unser Lager nach Westen zu, an dem Brushylake aufzuschlagen, weil dort besseres Viehfutter sei und die Kühe, einmal dahin getrieben, den Platz gar nicht wieder verlassen würden. Im Winter könnten wir dann wieder nach der Prärie zurückkehren. Ich war hiermit wohl zufrieden, da es noch dazu am Brushylake, ungefähr 6 Meilen von St.s, mehr Wald gab. Nur Uhls Herstellung mußten wir abwarten, diesen Plan in Ausführung zu bringen.

Am 22. Juli fühlte er sich ziemlich wohl, und wir beiden nebst einem langbeinigen Kentuckier, der sich dort eingefunden hatte, gingen nach dem Platze hinaus, uns die Gegend vorläufig anzusehen und einen Fleck aufzusuchen, auf dem wir später unser Lager aufschlagen konnten.

Die Nacht war, einige Moskitos abgerechnet, sehr schön, und bald flackerte ein helles, wärmendes Feuer empor. Der Amerikaner Jim hatte aber eine ungeheure Furcht vor Schlangen, deren es eine Unmasse dort gab, und wollte sich gar nicht zufrieden geben. Immer fing er wieder eine andere Geschichte von diesem oder jenem an, der nachts von einer Schlange gebissen worden war. Ich ließ ihn zuletzt erzählen und lehnte mich zurück, um einzuschlafen.

Halb wachend noch horchte ich den Schlangengeschichten, bis mich endlich die Müdigkeit ermannte und Morpheus mich sanft in die Arme nahm; aber die Schlangen verließen mich trotzdem nicht, immer größer und länger wurden sie, und mir war es zuletzt, als ob ich eine gewaltig bös aussehende gerade auf mich zukommen sähe, die mir unter das linke Knie kröche und sich dort niederlegte. Dabei fühlte ich immer noch ihre Bewegung in der Kniekehle, wie sie sich mehr und mehr zusammenknäulte, als wenn sie noch nicht bequem genug läge. Ich erwachte und lag einen Augenblick still. Jim erzählte noch immer dem aufmerksam lauschenden Uhl eine von seinen furchtbaren Geschichten. Da fühlte ich deutlich, daß sich etwas unter meiner linken Kniekehle rühre, und an weiter nichts denkend, weiter nichts hörend, vermutete ich auch nichts anderes als eine Schlange. Langsam aufstehen konnte ich nicht; denn hätte ich mich bewegt, vielleicht gar die Schlange gedrückt, hätte sie mich gewiß gebissen. So wagte ich es denn kurz und schnell und sprang mit einem raschen Satz in die Höhe und zugleich von meinem Platze hinweg. Kaum sahen die beiden anderen, Kopf und Hirn von allen möglichen Ungetümen voll, mich so schnell aufspringen, als sie, wie aus der Kanone geschossen, meinem Beispiel folgten und mit einem Satz im Dickicht waren.

Ich hatte unterdessen den Fleck, wo ich die Schlange vermutete, betrachtet, und siehe da, es war ein kleiner grüner Schößling, der dort, ungefähr 8–9 Zoll hoch, herauswuchs und sich unter meinem Knie gebogen hatte. Wir lachten herzlich über unser schnelles Aufspringen und waren bald alle fest und sanft eingeschlafen.

Am nächsten Morgen suchten wir also nach einem passenden Platz zur Ansiedelung, fanden auch mehrere Stellen, die sich vortrefflich dazu eigneten. Die ganze Gegend, den Sumpf und die Moskitos abgerechnet, ließ auch für das, was wir von ihr wollten, nichts zu wünschen übrig. Auf dem Rückweg schoß ich einen Hirsch, und wir langten, mit Wildbret schwer beladen, bei St. an.

Wir hatten die ganze Zeit nur Maisbrot gegessen, weil St. zwar Weizen mahlen, aber nicht beuteln konnte: da aber solcher in einem Feimen im Felde stand, so wurde beschlossen, diesen in die etwa 14–15 Meilen entfernte Mühle zu schicken. Der Weizen war freilich noch in Garben, und keine Scheune, kein Dreschflegel, keine Reinigungsmaschine, kurz nichts da, um denselben rein und sauber, wie es sich gehörte, aus dem Stroh herauszubringen. Da wurde denn auf echt arkansanische Art verfahren. Das Wetter war nämlich hell und trocken und der Weg, der gerade vor dem Hause vorbeiführte, hart wie Stein, aber staubig. Auf diesem Wege wurde jetzt ein Platz, ungefähr 30 Fuß im Durchmesser, eingefenzt und dann so sauber gefegt, als es irgend möglich war. Nun wurden die Garben aufgebunden und darin im Kreise herumgelegt, und zwar so, daß sich zwei Garben immer einander entgegenlagen, die eine mit der Strohseite nach außen, die andere mit ihr nach innen und die Ähren aufeinander. Als dies geschehen war, ritten wir sechs Pferde hinein und mit diesen fortwährend auf dem Getreide herum, wobei zwei Männer das Zusammengetretene immer wieder frisch aufschüttelten. Ein kleiner Junge war mit einem Korbe angestellt, etwa herunterfallende Gegenstände darin aufzufangen. War dies alles durchgeritten, dann kam die interessante Arbeit des Siebens.

Ich hatte wahrscheinlich wieder ein wenig zu hart gearbeitet, denn ich bekam zum zweitenmal das kalte Fieber, mußte mich niederlegen und konnte erst in der Dämmerung, wo ich mich etwas wohler fühlte, wieder aufstehen. Diesen Abend kam ein Freund von St., oder Nachbar, wie er sich nannte – er wohnte ungefähr 25 Meilen von dem Orte, wo wir waren; aber weder Haus noch Straße lag zwischen uns und ihm. Er hieß Jim Bahrens und hatte, wie mir St. heimlich zuflüsterte, den Spitznamen »Lügen-Bahrens«. Vor ihm hätte sich Münchhausen verstecken müssen. Er war indessen interessant und gesprächig, und wir amüsierten uns herrlich. Unter anderem erzählte er mir auch, daß er nur ein kleines Stückchen Land habe, daß aber kein fetterer und fruchtbarerer Boden auf der ganzen Welt existiere, als auf seinem Eigentume. »By God«, sagte er, »ich kann dort alles ziehen, alles wächst, alles gedeiht, nur Kornbohnen nicht« – die Kornbohne ist eine gewöhnliche Gartenbohne, die mit welschem Korn gepflanzt wird und an diesem sich hinaufschlängelt –, »die will nicht fortkommen, denn der Mais wächst bei mir so schnell, daß er die Bohnen mit der Wurzel aus der Erde hebt.«

Er erzählte noch vieles andere und lud uns ein, ihn einmal zu besuchen. Dabei schwor er, daß er jeden Tag im Durchschnitt ungefähr 1000 Pfund Fleisch erlegen könne, da er gerade mitten unter den Büffeln wohne, und wildes Rindvieh dort in Unmassen wäre, die Hirsche nicht einmal gerechnet. Wir alle versprachen zu kommen, schon der Merkwürdigkeit wegen.

Am 1. August morgens sagte mir Uhl, daß er fort wolle und daß ihm das Leben hier nicht mehr gefalle. Aufrichtig gestanden wurde mir selbst ein wenig bange, wenn ich, der ich selbst matt war, daß ich kaum fortkommen konnte, die vielen kranken Leute um mich herum sah; ich wollte ihn also nicht überreden, seinen Entschluß zu ändern.

Wir teilten unsere Sachen, da wir jetzt alles gemeinschaftlich gehabt hatten, und noch an demselben Tage marschierte er gen Westen und ließ mich allein und ebenfalls fieberkrank zurück.

Am 3. August fühlte ich mich etwas besser und beschloß, an demselben Nachmittage mit in die Mühle zu fahren, um doch wenigstens den Leuten, denen ich nicht stets krank zur Last liegen mochte, etwas zu helfen. Vorher sollte der Weizen, den wir wollten mahlen lassen, gereinigt werden.

Das war nun ohne Maschine eine gar mißliche Sache, aber auch hier wußten die schlauen Amerikaner sich zu helfen, und zwar auf folgende Weise. Zwei starke, kräftige Männer nahmen eine wollene Decke und faßten sie an den vier Zipfeln an. Ein dritter stellte sich auf einen Stuhl und hatte ein feines Sieb, mit dem Weizen gefüllt, der gereinigt werden sollte, in der Hand. Dies hob er so hoch empor, als er hinaufreichen konnte, und schüttete es dann ganz langsam und bedächtig, immer nur ein klein wenig auf einmal, aus, während die beiden andern mit der Decke dicht vor ihm standen und durch heftiges Schütteln und Schnellen so viel Wind als möglich machten. Durch diesen Wind wurde das Leichtere fortgeblasen, während das schwere Getreide gerade niederfiel und gleich in Säcke gefüllt ward. Zwar reinigte dies Verfahren den Weizen nicht so vollkommen wie bei uns, und gar viel Schmutz und Staub blieb noch darin sitzen, doch erreichte es ziemlich gut seinen Zweck. Wir wurden noch früh genug fertig, gegen zwei Uhr nachmittags fortfahren zu können, und erreichten mit Dunkelwerden die Mühle. Für diesen Abend war nun nicht mehr an Mahlen zu denken, wir machten daher ein Feuer an, bereiteten, was wir zu braten hatten, und legten uns dann in den Wagen, bis Tagesanbruch zu schlafen, um dann gleich unsere Arbeit beginnen zu können. Es war ein herrlicher Abend, die Sterne schauten so mild und freundlich zu uns hernieder, die Winde wehten so sanft und lau durch die grünen Zweige, daß wir noch nicht an Schlafen dachten und zu schwatzen anfingen. Meine beiden Begleiter waren Amerikaner und der eine von ihnen ein sehr eifriger Methodist; da war denn nichts natürlicher, als daß wir uns erst über die Sterne, dann über den Himmel, hierauf über Religion unterhielten und, da wir beide sehr verschiedene Ansichten hatten, bald in ein eifriges Disputieren gerieten.

Der liebe Gott, über den wir eigentlich stritten, hörte uns ganz ruhig bis um Mitternacht an, dann schien ihm aber doch die Sache etwas zu langweilig zu werden. Er schickte einen kleinen Wind, der blies ein paar dunkle Wolken zusammen, und die gossen über beide streitenden Parteien plötzlich eine solche Masse überflüssigen Wassers aus, daß wir Himmel und Hölle vergaßen und in größter Eile das Getreide und uns selbst ins Trockne brachten.

Am nächsten Tage mahlten wir unsern Weizen, welche Arbeit übrigens sehr langsam von statten ging, da die Mühle durch Ochsen getrieben wurde und diese es sich so bequem als möglich machten; doch erreichten wir St.s Haus noch denselben Abend wieder.

Die Jahreszeit war jetzt so weit vorgerückt, daß die Blätter des Welschkorns abgestreift werden konnten, um den Winter hindurch als Futter zu dienen. Das Welschkorn oder der Mais ist ungefähr von derselben Art, von der wir hier manchmal etwas in Gärten ziehen, nur mit dem Unterschied, daß es in Amerika, besonders im Süden, außerordentlich groß und stark wird. Ich habe es bis 11 und 12 Fuß hoch gesehen, bei welcher Höhe es dann 1–3 Kolben trägt. Es gibt verschiedene Arten, doch wird das weiße lieber zum Brot, das gelbe dagegen, weil es mehr Zuckerstoff enthält, zum Viehfutter oder zum Whiskybrennen genommen. Nachdem das Land im Frühjahr gut geackert ist, wird der Mais gepflanzt, d. h. es werden durch das ganze Feld 4 Fuß auseinander liegende Furchen gezogen und diese dann mit ebenfalls 4 Fuß voneinander liegenden gekreuzt. In den Stellen nun, wo sich die Furchen durchschneiden, also sowohl 4 Fuß nach der einen als 4 Fuß nach der andern Seite, werden drei, vier, höchstens fünf Körner Mais mit der Hand hineingeworfen, wozu noch gewöhnlich eine Reihe um die andere eine Bohne oder ein Kürbiskern kommt; die Saat wird darauf mit der Hacke leicht zugedeckt.

Ist der junge Mais ungefähr 6 Zoll, so geht der Farmer wieder mit dem Pfluge in den Acker, um das Land zwischen den Reihen etwas locker zu machen und Erde an die junge Pflanze anzuwerfen, damit der Wind die schwache Wurzel nicht ausreiße. Ist dies geschehen und die Pflanze noch etwas größer gewachsen, so wird aufs neue gepflügt; und zwar diesmal die langen Furchen wieder gekreuzt, und so gewöhnlich dreimal, ja oft viermal, worauf dann noch die Hacke die Erde an den jetzt höher und höher steigenden Mais heranziehen muß, damit kleine Hügel jeden Stock umgeben. Ist der Mais 5–6 Fuß hoch, so breiten sich seine Blätter so sehr nach allen Seiten aus, daß das Pflügen zwischen ihnen von selbst aufhört.

Das viele Ackern bezweckt aber nicht allein, die Erde soviel als möglich locker zu machen, sondern auch das in jenen Gegenden gar stark wachsende Unkraut niederzuhalten, das sonst bald das Wachstum der Pflanze unterdrücken würde.

Anfang Juli ist, besonders in den südlicheren Staaten, der Mais so weit reif, daß die Blätter völlig ausgewachsen sind, und diese werden nun, gewöhnlich bis unter die Kolben oder so hoch, als man bequem hinaufreichen kann, abgestreift, getrocknet und nachher in Bündel gebunden und aufbewahrt. Der Farmer muß aber sehr beständiges Wetter zu dieser Arbeit abwarten; denn sind die Blätter erst einmal ziemlich dürr und durchnäßt sie dann ein guter Regen, so hilft kein zweites Trocknen, sie faulen ohne Rettung oder werden wenigstens so schlecht, daß man es nicht wagen darf, sie einem Pferde als Futter zu geben.

In dieser Jahreszeit sind nun die Kolben ausgewachsen, haben aber noch nicht ihre nötige Härte erlangt, sondern die Körner sind milchig. In diesem Zustande ist der Mais, in Wasser abgekocht und mit Butter gegessen, sehr delikat und schmeckt, wenn die weichen Körner vom holzigen Kolben abgeschnitten und in Fett geschmort werden, fast wie junge grüne Erbsen.

Die abgestreiften und gedörrten Blätter nennt man »fodder«, und diese sind ein vorzügliches Nahrungsmittel für Pferde und Schafe; doch gibt sich der Farmer, besonders im Süden, nicht gern damit ab, es sei denn, er habe Sklaven, die die Arbeit verrichten; denn da das Einsammeln bloß in einer gewissen Jahreszeit geschehen kann und bei ganz klarem, schönem Wetter vorgenommen werden muß, so ist man dabei den brennenden Sonnenstrahlen fortwährend ausgesetzt, was höchst unangenehm und schädlich ist.

Sind die Blätter abgestreift, so läßt man den Mais bis in den Herbst stehen, um ihn, wenn er vollkommen trocken ist, in die Scheune zu schaffen; will man ihn länger im Felde lassen, was oft geschieht, so daß er bis zum nächsten Februar auf dem Stocke bleibt, so muß der Kolben umgeknickt werden, weil die Raben und Spechte gern oben hineinhacken, wodurch sich dann Wasser in den Hülsen sammelt und die Kolben anfaulen. Wird im Frühjahr wieder gepflügt, so werden die harten Stöcke entweder mit Hacken klein geschlagen, um unterpflügt und als Dünger benutzt zu werden, oder ausgerissen, auf Haufen geworfen und verbrannt.

Am 15. August erhielt ich einen Brief von Uhl, in welchem er mir schrieb, daß er am kleinen Redriver bei meinen alten Bekannten, den Rheinbayern, sei und dort mit dem Polen Turowski in Kompanie getreten wäre, um Ackerbau zu treiben.

Nun hatte ich die alten Rheinbayern noch in viel zu gutem Andenken, um nicht eine kleine Fußreise zu machen, sie einmal wieder zu sehen; darum rüstete ich mich, als wir unser »fodder« in Sicherheit gebracht hatten, zum Abmarsch und wanderte am 20. August morgens, mit meiner Büchse auf der Schulter und einem von St.s Hunden an der Seite, durch den von glühenden Sonnenstrahlen und der warmen Jahreszeit ausgetrockneten Sumpf.

Die Luft war in dem mit allen möglichen Schlingpflanzen und Büschen dicht verwachsenen Walde so schwül, daß sich kein Lüftchen regte, doch marschierte ich tapfer darauf los und erreichte mit einbrechender Dunkelheit den 22 Meilen von St.s entfernten Whiteriver, an dessen Ufer ich übernachtete.

Mit Tagesanbruch ließ ich mich übersetzen und hatte nun noch 40 Meilen bis zum kleinen Redriver. Die Gegend am südlichen Ufer des Whiteriver ist wohl eine der fruchtbarsten in Amerika und wird der ungeheuren Fettigkeit des Landes wegen »oiltrove bottom« genannt. Viele behaupten, daß das Land desselben besser sei, als der »American bottom«, St.-Louis gegenüber, und ich bin selbst dieser Meinung. Die Ackererde ist Gott weiß wie tief und fast schwarz, der Boden schwer und lehmig, doch auch mit Sand etwas gemischt, und bringt alles, was man ihm anvertraut, im Überflusse hervor. Mais 60–70 Bushel auf den Acker, und Kürbisse, die ein Mann nicht aufheben konnte, habe ich dort auf den Feldern liegen sehen. Die Bäume sind in diesem Flußtale ungeheuer dick, denn ich habe Sassafrasstämme von 5–6 Fuß im Durchmesser gefunden. Besonders wächst hier ein kleiner Baum in ungeheurer Anzahl, den sie Papao oder Pawpaw nennen, und der eine Frucht trägt, die etwa 4–5 Zoll lang und 2–2½ Zoll dick wird. Sie hat ein weichliches, widerlich süßes Fleisch und eine Menge sehr ölreicher Kerne. Obgleich manche Menschen diese Frucht leidenschaftlich gern essen, so macht sich der Amerikaner doch im ganzen nicht viel daraus, und auch mir wollte sie nicht behagen. Der Baum, der sie trägt, wird nicht sehr stark, hat eine ungemein zähe Rinde, die man als Bast benutzt und von der häufig Stricke gedreht werden, leichtes, zerbrechliches Holz und Blätter, die denen der wilden Kastanie ähnlich sind. Das Tal des Whiteriver ist mit diesen kleinen Bäumen und dem dichten amerikanischen Schilfe so durchwachsen, daß es, besonders nahe am Flusse, undurchdringliche Dickichte bildet, die der liebste Aufenthalt der Bären sind.

Diese Frucht war bis jetzt gar nicht benutzt worden, da selbst die Schweine sie nicht genießen wollten; erst ganz kürzlich hatte ein Branntweinbrenner mit Namen Magnus den Versuch gemacht, sie zu brennen, und einen so vorzüglichen Branntwein daraus erhalten, daß er nicht einen Tropfen davon verkaufen wollte, sondern darauf schwor, ihn selber zu trinken.

Ich hatte am Morgen, um keine Zeit zu versäumen, nicht gefrühstückt und fühlte, nachdem ich ungefähr 6 Meilen marschiert war, einen ganz anständigen Appetit.

Mich nach einem Hause umschauend, erspähte ich eins etwa 100 Schritt von der Straße ab. Die Tür stand offen, und ich bemerkte, wie der Tisch gedeckt war und die Inwohnenden sich eben zum Frühstück niedersetzen wollten. Eine bessere Gelegenheit konnte ich mir nicht wünschen; ich sprang über die Fenz und fragte einen wohlbeleibten, doch sehr bleich aussehenden Mann, ob ich hier für Geld und gute Worte etwas zu essen bekommen könnte.

Die Antwort fiel bejahend aus, und schnell saß ich am Tische. Welschkornbrot, Kaffee und Speck, das gewöhnliche Frühstück in jenen Gegenden, war darauf ausgebreitet, und ich hatte eben recht herzhaft zugelangt, als mich der Mann, der an meiner Seite saß und mich schon ein paar Augenblicke recht wehmütig-freundlich angeschaut hatte, fragte, ob ich wohl schon in meinem Leben jemanden gesehen hätte, der das böse Wesen oder die fallende Sucht bekäme.

Nun ist diese Frage wohl nirgends auf der weiten Gotteswelt schlechter angebracht, als wenn sich eben ein hungriger Mensch zum Frühstück hinsetzt. Ich gab ihm daher ein sehr kurzes »yes, Sir« zur Antwort und hoffte damit die Sache erledigt zu haben. »Nun,« fuhr aber jener fort, »so erschrecken Sie nicht, wenn ich es vielleicht beim Frühstück hier bekommen sollte; es faßt mich manchmal sehr rasch.«

Hätte mir jemand gesagt, daß das Fleisch, das vor mir auf dem Tische stand, nicht von einem Schweine, sondern von einem Neger sei, so hätte mir das unmöglich den Appetit schneller vertreiben können, als es diese ruhige Bemerkung tat. Ich blickte den Mann erstaunt an; er sah sehr bleich und ernsthaft und gar nicht wie ein Spaßmacher aus; ich blickte die Frau an, sie war ebenfalls auffallend bleich und fast durchsichtig; ich betrachtete die Kinder, und auch diese hatten eine Leichenfarbe, doch waren sie mehr schmutzig als durchsichtig. Da schluckte ich aus Verzweiflung eine Tasse Kaffee hinunter, reichte meinem Hunde, der neben mir stand und diese Bemerkung wahrscheinlich nicht gehört hatte, oder sich nichts daraus machte, das Brot, das auf meinem Teller lag, und das er mit einem wahren Heißhunger verschlang, bezahlte meinen Vierteldollar, den gewöhnlichen Preis für ein Frühstück, und machte mich, zwar nicht gesättigt, doch satt, wieder auf den Weg. Noch eine Strecke lang behielt ich die breite Straße, die nach Batesville führte, bei und schlug dann einen andern, auch ziemlich betretenen Weg durch den Wald ein. Diesen verfolgte ich, da ich kein Nachtlager in einem Haus bekommen konnte, bis es vollkommen dunkel wurde, und erreichte einen ziemlich hohen, scharf zu Tal laufenden Hügelkamm. Dort machte ich mir ein Feuer an und schlief die Nacht, eine kurze Zeit abgerechnet, in der mich einmal ein Panther besuchte, vortrefflich.

Durch den vortägigen Marsch ermüdet, erwachte ich aber erst am nächsten Morgen, als es schon lichter Tag geworden war, und vor mir, zu meinen Füßen ausgebreitet, lag jetzt ein so schönes Panorama, wie ich es selten gesehen habe. Ein waldiges Meer dehnte sich vor mir, vom dunkelsten Grün gerade unter mir, in den Schattierungen, so weit das Auge reichen konnte, bis zum lichtesten Hellblau aus, während sich dazwischen durch der Little Redriver in lieblichen Krümmungen hinschlängelte und nur mit einem leichten Nebelstreifen, der gerade über dem Fluß in den Baumwipfeln hing, seine Bahn bezeichnete. Im fernen Westen und Südwesten erhoben sich blaue Gebirgsmassen, die mit ihren eckigen Kanten scharf gegen den Morgenhimmel abstachen. Kleine, mit hellgrünen Fichten bedeckte Hügel ragten aus der dunkleren Masse der Eichen hervor und glichen Inseln, die in dem dunkeln Grün, das sie umgab, schwammen. Die Sonne zeigte sich jetzt auf den Wipfeln der Bäume, und aus dem Tale stiegen hier und da dünne, blaue Dünste empor, die sich über dem Waldmeer leicht kräuselten und dann in reine Luft zerflossen. Sie verrieten ebenso viele, im dunkeln Schatten versteckte Wohnungen.

Neugestärkt durch den Schlaf, stieg ich jetzt rasch den Hügel hinunter, fand ein Kanoe, das mich auf die andere Seite des Flusses brachte, und bald leuchtete mir die freundliche, bekannte Wohnung meiner Rheinbayern im Scheine der Morgensonne entgegen. Fast war mir's, als sei hier meine Heimat, und ich wäre lange, lange von ihr fortgewesen; alle meine Lieben müßten mir jetzt jauchzend entgegenkommen, und – ach über die Träume!

Hilger bewillkommnete mich herzlich mit freundlichem Händedruck, ebenso seine Frau,, und ich fühlte mich gleich wieder wohl und heimisch bei den lieben Leuten. Auch hatten mich die Kinder in der langen Zeit keineswegs vergessen und kamen mir jubelnd und lachend und springend entgegen.

Hilger hatte seine Lage in den zwei Jahren, in welchen ich ihn nicht gesehen, sehr verbessert. Er hatte ein paar Pferde, viel Rindvieh und Schweine, eigenes Land, das er bebaute, und lebte unabhängig und froh im Kreise seiner Familie, die sich, seitdem ich nicht dagewesen, um einen kleinen Prinzen vermehrt.

Seine beiden Söhne, von dreizehn bis fünfzehn Jahren, waren ein paar nette Jungen geworden, und er wie sie arbeiteten hart, um ordentlich und ehrlich durch die Welt zu kommen.

Nachmittags kam auch Uhl hin; er war ein paar Meilen von dort bei H. v. G. gewesen und sah bleich und elend aus; er hatte noch das Fieber im höchsten Grade.

Hier blieb ich nun wieder eine kurze Zeit unter Deutschen, konnte in meiner Muttersprache nach Herzenslust plaudern und lebte wie ein Mensch. Hier wuchsen auch Pfirsiche und Wassermelonen im Überfluß, die für mich ein lange entbehrter Leckerbissen waren.

Am andern Tage ging ich den Fluß hinunter zu H. v. G., der die Fähre am kleinen Redriver hielt, und bei dem ich schon vor zwei Jahren einmal übernachtet hatte. Auch er empfing mich herzlich und gastfreundlich. H. v. G. war ein ziemlich eifriger Jäger und sehr guter Schütze und betrieb besonders die Feuerjagd mit gutem Glück, wobei Hirsche und anderes Wild bei dem Scheine einer Kienfackel geschossen werden. Er hatte große Übung darin erlangt und schoß oft drei bis vier Hirsche in einer Nacht. Den einen Abend, an dem ich mit ihm hinausging, erlegte er einen herrlichen Bock und traf ihn, obgleich er den Körper nur in dem ungewissen Schein der Fackel sehen konnte, gerade durch das Herz.

Ich versuchte diese Art Jagd dort selbst, doch hatte ich, da sie mir noch etwas Neues war und ich die Sache doch erst wirklich praktisch lernen mußte, wenig Glück. Wir sahen am ersten Abend auch die Augen von drei Wölfen, doch scheuten diese das Feuer und kamen nicht nahe heran.

Hinsichtlich meiner Gesundheit noch nicht ganz sattelfest, war ich eines Tages auf die Jagd gegangen und durch einen schnell hereinbrechenden Regen total naß geworden; infolge davon bekam ich wieder das kalte Fieber und mußte ein paar Tage liegen bleiben.

Da ich gerade bei H. v. G.'s Hause war, als mich das Fieber packte, lud er mich freundlich ein, bei ihm zu bleiben, bis mir wohler sein würde. Dankbar nahm ich das Anerbieten an und erholte mich in wenigen Tagen, worauf ich herzlich Abschied von allen meinen dortigen Freunden nahm, um wieder in meine Sümpfe zurückzukehren.

Am 4. September setzte ich über den Whiteriver und wanderte dem kleinen Cashriver zu.

Nicht weit vom ersten Flusse ist eine Brennerei, wo Maiswhisky gebrannt, jedoch wenig verkauft wird, da die drei jungen Leute, welche die Brennerei in Kompanie haben, ungefähr gerade so viel erzeugen, wie sie selbst verbrauchen.

Auf der anderen Seite des Cashriver, der so seicht war, daß ich über einen umgestürzten Baum an das andere Ufer gelangen konnte, blieb ich die Nacht, und zwar, da es zu regnen anfing, bei einem Manne namens Harriet, der dicht am Ufer desselben wohnte.

Wir hatten unser sehr einfaches Nachtmahl eben beendigt und saßen gemütlich an einem hell flackernden Feuer, das lustig im Kamin knisterte, als mich mein Wirt ein paarmal von der Seite ansah, sich räusperte, seinen Stuhl mir ein wenig näher rückte, seinen Kautabak im Munde herumdrehte, ausspuckte und mich dann plötzlich fragte, wie sich der König von Spanien befinde.

Ich sah ihn jetzt meinerseits an, denn da ich den guten Mann weiter nicht kannte, so glaubte ich anfangs, er wolle mich ein wenig aufziehen, merkte aber bald, daß es ihm schrecklicher Ernst sei, und ging nun ebenso darauf ein. Ich versicherte ihm ganz ruhig, daß nach den letzten Nachrichten, die ich von seiner Majestät erhalten, sich Hochdieselben bedeutend erkältet hätten. Er bedauerte das sehr und ging jetzt auf alle Kaiser und Könige Europas über.

Weiß der liebe Gott, wo der alte Mann einmal ein altes Buch über unsere Monarchen und Reiche gefunden und gelesen hatte, mir kam es aber vor, als hätte er all' diese Nachrichten in sein Gehirn getan und dann tüchtig geschüttelt, so daß alles, wie Kraut und Rüben durcheinander liegend, auch wieder wie Kraut und Rüben zum Vorschein kam.

Unter dem Könige von Spanien verstand er, wie ich nachher merkte, Gustav Adolf, den österreichischen Franz setzte er auf Frankreichs Thron, England bekam einen alten römischen Kaiser, und Deutschland verschenkte er an Louis Philipp. Glücklicherweise haben die Europäer damals von dieser Umwälzung nichts gewußt, es hätte sonst wahrscheinlich Mord und Totschlag gegeben.

Mir machten seine wilden Phantasien ungemeinen Spaß, und ich versäumte nicht, ihn durch Querfragen manchmal aus dem Texte zu bringen. Dabei sprach er selbst gar fleißig der Whiskyflasche zu, die er auch mir sehr oft darreichte, ich tat ihm jedoch nur anfangs Bescheid und brachte sie nachher bloß zum Schein an den Mund.

Je mehr er sich dabei dem Boden der Flasche näherte, desto toller und bunter tanzten die Gewaltigen Europas aus einem Königreich ins andere, und eben als er noch einige Bemerkungen über Rußland, das durch unsere vereinten Bemühungen zur Republik geworden war, hinzufügte und über dieselben nachdachte, senkte sich sein Haupt und kaum hatte sein Kinn die Brust berührt, als er auch schon laut zu schnarchen anfing.

Seine Frau, eine gute, unschuldige Seele, die im Walde aufgezogen war, hatte uns mit Bewunderung zugehört und, als ich mich umwandte, mein Lager zu suchen, den Mund noch halb geöffnet.

Bald versetzten mich bunte Traumbilder in die teure Heimat, und wenn auch nicht in die fürstlichen Paläste, die ich eben verlassen hatte, doch zu lieben, teuern Gestalten.

Am 5. September kam ich wieder zu St.s und gestattete dort meinem von den wiederholten Fiebern geschwächten Körper die nötige Ruhe.

Am 9. September hielt St. seine Welschkornernte, die bis zum 11. dauerte, wobei ich ebenfalls tätig war. Die Kolben werden bloß von den Stöcken abgerissen, auf einen Wagen geworfen und dann in den für sie bestimmten Verschlag gebracht.

Als wir diese Arbeit beendigt hatten, nahmen wir eine andere vor, nämlich ungefähr einen halben Acker Land klar oder urbar zu machen, um weiße Rüben darauf zu säen.

Der westliche Ansiedler und besonders der in den südwestlichen Staaten, arbeitet nicht gern viel. Gewöhnlich läßt er sich in jenen wilden Gegenden mehr der Viehzucht und der Jagd als des Ackerbaues wegen nieder und übernimmt daher die harte Arbeit des Bäumefällens und Landurbarmachens nur höchst ungern. Um sich dies nun soviel als möglich zu erleichtern und sein Feld stets zu vergrößern, befreit er gewöhnlich jeden Herbst ein kleines Stück Boden von dem daraufstehenden Buschwerk und Baumwuchs und sät in das nur flüchtig mit dem Pfluge aufgerissene Land weiße Rüben, sogenannte turnips, die in neuem Boden am besten gedeihen. Im nächsten Jahre wird dann das urbar gemachte Stück mit zum Felde genommen und unter eine Fenz gebracht. Das Urbarmachen des dortigen Landes unterscheidet sich aber sehr von den Ausrodungen in unserer Heimat. Will der Amerikaner eine gewisse Strecke Waldes zu Feld verwandeln, so beginnt er damit, die stärksten und schlanksten Eichen herauszusuchen, die er zu Fenzstangen spaltet, um sein Land damit einzuzäunen. Diese fällt er und haut mit der Axt, wie schon vorerwähnt, Klötze von 10½–11 Fuß Länge, und zwar so hoch am Stamme hinauf, als er denkt, daß sich das Holz gut spalten läßt. Hat er so viel Klötze, als er zu brauchen glaubt, so wird das Oberholz zusammengehackt und in große Haufen geworfen. Nun werden alle jungen und schwachen Bäume, wenigstens die, die unter 1½ Fuß im Durchmesser haben, etwa 1–1½ Fuß über der Erde ab- und in beliebige Längen gehauen und dann die größeren getötet, d. h. es wird mit der Axt die Rinde rund um den Stamm herum durchgeschlagen, wodurch er in kurzer Zeit abstirbt.

Mit einer starken, schweren Hacke werden nun die Wurzeln der kleineren Büsche und Stauden ausgerodet und die Stämme, die nicht zu Fenzriegeln gebraucht werden sollen, mit Hilfe der Nachbarn, die der Farmer zu diesem Zwecke einlädt, auf Haufen gerollt und angezündet; ebenso das Buschwerk und Oberholz, das schon früher aufeinander geworfen wurde.

Ist das Land auf diese Art von allem, was bequem hinweggeschafft werden kann, gereinigt worden, so wird es eingefenzt und dann mit der Pflugschar aufgerissen. Das Pflügen aber in solch neuem Lande ist eine furchtbar anstrengende Arbeit und schüttelt den Pflügenden tüchtig zusammen, der den Pflug der vielen Wurzeln wegen stets emporheben und wieder in den Boden einlassen muß und fortwährend den im Wege stehenden Stümpfen auszuweichen hat. Diese Stümpfe, die den Feldern ein ganz eigentümliches Aussehen geben, bleiben stehen, bis sie verfaulen, was gewöhnlich in einem Zeitraume von sechs bis zehn Jahren geschieht.

Die durch das Durchhacken der Rinde getöteten Bäume werden mit der Zeit faul und stürzen, besonders im Frühjahr und Herbst, von den Äquinoktialstürmen geschüttelt, in die Felder, oft in das schon aufgeschossene Welschkorn, und der Farmer hat dann nicht wenig Mühe, sie aus dem Wege zu schaffen.

Der amerikanische Pflug ist der vielen Wurzeln und Hindernisse wegen, die er zu bekämpfen hat, von dem unsrigen sehr verschieden. Er hat keine Räder, und es bleibt ganz der Willkür des Pflügers, der ihn auf diese Art leicht um die Baumstümpfe herumheben und auf der anderen Seite derselben wieder einsetzen kann, überlassen, zu bestimmen wie tief oder flach er gehen soll. Das Tiefer- und Flachergehen desselben wird nur dadurch etwas geleitet, daß das Pferd kurz oder lang angespannt wird, zu welchem Zwecke der Balken mehrere Löcher hat.

Der Boden um St.s Farm herum war da, wo er im Winter nicht durch den Regen und die anschwellenden Flüsse überschwemmt wurde, äußerst fruchtbar und verlangte wenig Arbeit. Besonders herrliche Eichen wuchsen darauf, ebenso der schwarze und weiße Walnußbaum (hickory) und der Sassafras, der, obgleich er das ganze Land wie ein dichtes Buschwerk bedeckte, doch auch in sehr starken Bäumen vorkam. Durch den Wald rankten sich Unmassen verschiedenartiger Schlingpflanzen, besonders viel dornige, doch auch sehr viel wilder Wein. Davon gibt es drei Arten. Die erste bilden die sogenannten »summergrapes« oder Sommerweintrauben, die im Juli reif werden, blau aussehen und unseren Trauben sehr ähneln, nur daß sie kleiner und säuerlicher sind. Die zweite sind die »wintergrapes« oder Wintertrauben, die erst ordentlich reif werden, wenn sie ein Frost berührt hat. Sie sind blau, haben aber korinthenartige Beeren und kleine Trauben. Die dritte, unstreitig die beste Art, sind die »muscadines« oder Muskatellerbeeren. Diese wachsen nicht in Trauben, sondern wie die Kirschen, höchstens vier bis fünf an einem Stengel, sind blau und haben eine sehr dicke Schale, aber einen äußerst angenehmen Geschmack; übrigens sollen sie, etwas stark genossen, das Fieber herbeiführen und ich stimme ganz dieser Meinung bei, denn sie waren sicher die Ursache, daß ich es abermals bekam. Sie werden im September reif und, wenn sie abfallen, begierig von den Schweinen, Bären, Waschbären, Opossums und Truthühnern aufgesucht. Da, wo wir arbeiteten, wuchs eine große Menge dieser Beeren, und ich aß sehr viele davon.

Da wir die letzten Tage recht fleißig gewesen waren, so beschloß ich, wenigstens einen Tag zu rasten und zu dem 12 Meilen entfernten Büchsenschmied zu reiten, etwas an meinem Gewehre ausbessern zu lassen. Als ich aber am andern Morgen erwachte, peinigte mich ein fürchterlicher Kopfschmerz; ich raffte mich jedoch auf und ritt fort, um durch die freie Luft den Schmerz zu vertreiben. Aber noch keine Meile war ich durch die frische Morgenluft getrabt, als mich ein solcher Schwindel erfaßte, daß ich mich kaum auf dem Pferde halten konnte. Ich galoppierte, so schnell dasselbe laufen konnte, zurück und kroch, von dem kalten Fieber gefaßt, zitternd vor Frost unter mein Büffelfell; aber das Fieber kroch mit darunter, und zuerst unter gewaltigem Schütteln, nachher unter fürchterlicher Hitze verbrachte ich den Tag und die darauffolgende Nacht.

Der andere Morgen fand mich noch elender, und zwar so krank, daß ich wirklich glaubte, mein letztes Stündchen habe geschlagen.

Ich hatte von Cincinatti etwas Medizin mitgebracht und nahm ein Brechmittel, das jedoch auch nicht zu helfen schien; das Fieber, das sich jetzt aus einem kalten in ein hitziges verwandelt hatte, wuchs mit jeder Stunde, und in der Nacht vom 16. auf den 17. September fing ich an zu phantasieren.

Einen Arzt konnten St.s nicht bekommen, da der nächste einige 20 Meilen entfernt wohnte und selten zu Hause war. Dieser Umstand rettete mir wahrscheinlich das Leben; denn wäre ich einem von diesen amerikanischen Quecksilberhelden in die Hände geraten, hätte ich mich nur getrost zu einer seligen Abfahrt bereit machen können.

St. hatte Pillen von einem Manne namens J. Sappington im Hause und gab mir einige davon; ich weiß nicht, ob die Pillen so kräftig waren, oder ob meine gute Natur siegte, aber am 18. September fühlte ich mich wohler, konnte am Hause herumgehen und nach viertägigem Fasten endlich wieder etwas genießen; doch behielt ich noch lange eine furchtbare Mattigkeit in den Gliedern. Dankbar muß ich aber jetzt noch der freundlichen Teilnahme gedenken, mit der die Amerikaner den Fremden pflegten und behandelten.

Nach meinem Sinne war es indessen nicht, in dem Sumpfe krank zu liegen, denn erst kurz vorher hatte ich einige Geschichten von Begräbnissen gehört, die es fast außer allem Zweifel ließen, daß die armen Teufel, die man tot geglaubt, lebendig begraben worden waren. Mrs. St. erzählte mir besonders von einem, der am St. Francisriver gestorben wäre, und zwar auf einem so sumpfigen, feuchten Boden, daß ihn sein Kamerad – sie waren auf der Jagd – ins Kanoe gelegt und zu dem Platze, den St.s damals bewohnten, hinuntergebracht hätte, wo wenigstens trockenes Land zu einem Grabe war. In den südlichen Ländern werden nicht so viele Umstände mit den Leichnamen gemacht, wie in den nördlicheren, da schon das warme Wetter nicht erlaubt, die Verstorbenen einen der heißen Tage hindurch über der Erde zu lassen. So grub auch der Jäger, gleich nachdem er gelandet war, mit Hilfe einiger dort Wohnenden ein Grab und legte die Leiche hinein. Mrs. St. versicherte mir aber, sie habe nie einen so sonderbaren Leichnam gesehen; der Tote sei noch ganz gelenkig und fast noch warm gewesen, als sie ihn in seine Gruft gelegt hätten, und habe sogar rote Backen gehabt, doch – bald bedeckte ihn die kühle Erde, und es wurde nicht weiter davon gesprochen.

Am 29. September war ich wieder ziemlich wohl und half St.s das Welschkorn von dem andern Felde einernten, was mir, da mich dabei wieder ein Regenschauer erwischte, nicht besonders gut bekam.

Am 1. Oktober kam ein alter Mann von Tennessee mit seinem Sohne in den Sumpf, um Vieh zu kaufen. Wir sattelten die Pferde, die Kühe im Walde zusammenzutreiben, denn in dieser Jahreszeit, wo das Futter überall im Überflusse steht, hält sich das Rindvieh an keinem bestimmten Platze auf und ist heute hier, morgen da.

Für Viehweide kann es keine bessere Gegend auf der ganzen Welt geben, als diese Sümpfe. Im Sommer füllt fast kniehoher »peavine« (eine Art rankiger Klee) den Wald, dazu das schönste Gras, wilder Hafer und wilder Roggen; im Winter sind die immergrünen Schilfbrüche oder Rohrdickichte die wahren Weideplätze für Rindvieh und Hirsche, und außerdem wächst auch noch sogenanntes »Wintergras« in vielen Teilen des Sumpfes.

Durch Dorn- und Schlingpflanzen, Schilf und Wald und fast undurchdringliche Sassafras-Dickichte brachen wir, konnten aber keine Klaue finden und kehrten unverrichteter Sache wieder heim. Richtig hatte ich auch am nächsten Morgen das Fieber wieder und mußte mich mehrere Tage niederlegen, doch bekam ich diesmal Gesellschaft, denn der junge Fremde bezahlte ebenfalls seinen Tribut an die Sumpfluft. Er wurde krank, und zwar den zweiten Tag so arg, daß wir alle sein Ende erwarteten; doch genas er nach und nach wieder.

Am 7. Oktober ritt ich, um mir etwas Bewegung zu machen, nach den 12 Meilen entfernten Ansiedelungen. Schon fing es an, dunkel zu werden, als ich das Haus einer Mrs. Lane erreichte, die mich, da ich sehr elend und abgezehrt aussah, freundlich einlud, die Nacht in ihrem Hause zu bleiben. Mrs. Lane könnte wohl als ein Musterbild der Amerikanerinnen aufgestellt werden. Sie war sehr einfach, aber höchst geschmackvoll gekleidet, und alles im Hause, das sie nur mit ihren zwei Töchtern, ein paar wunderhübschen Mädchen, bewohnte, war so reinlich und nett, wie man es sich nur wünschen konnte. Sie lauschten alle mit Vergnügen den Erzählungen aus dem weiten, fernen Europa, wie es da drüben die Leute trieben, wie die Gewaltigen so stolz, wie die Armen so gedrückt und verachtet seien, und welche Pracht und welches Elend besonders in den großen Städten herrschte; dann auch, wie es so schön in der Heimat sei, welch geselliges Leben dort walte, und wie viele gute Menschen da wohnen. Da schüttelten sie oft die Köpfe und meinten, es müsse gar kurios jenseits des großen Wassers aussehen.

Erst spät legte ich mich, in meine wollene Decke gewickelt, am flackernden Kaminfeuer nieder und schlief sanft und süß.

Am nächsten Morgen erwachte ich mit stechendem Kopfschmerz und Frösteln in allen Gliedern und fühlte meinen alten Feind nahen, doch half hier kein Zögern; mit vor Kälte zitternden Händen schnallte ich meinen Sattelgurt fest und ging ins Haus, um Abschied zu nehmen. Die guten Leute hatten schon ein paar Tassen heißen Kaffee für mich fertig, doch konnte dieser das Fieber wohl etwas aufhalten, aber nicht vertreiben.

Ich mußte noch in die 3 Meilen entfernte Schmiede, um dort etwas auszurichten, und drehte dann den Kopf meines Pferdes nach dem Hause des altem Dun. Wie ich dorthin gekommen bin, weiß ich nicht, ich erinnere mich nur noch dunkel eines stechenden Kopfschmerzes und einer fürchterlichen Mattigkeit, und daß ich oft auf dem Halse des Pferdes lag, so daß das geduldige Tier stehen blieb und erst weiter schritt, wenn ich mich wieder aufrichtete. Duns Haus war ungefähr drei Meilen von der Schmiede entfernt, und zum Tode erschöpft, rutschte ich dort mehr vom Pferde herunter, als daß ich abstieg.

Der alte Mann sah bald, was mir fehlte; er brachte mir ein Glas und eine mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Flasche, aus der ich einen recht herzhaften Schluck tat; die Bitterkeit der Mischung schnitt mir aber so durch die Eingeweide, daß ich entsetzt fragte, was denn zum Teufel das für Zeug sei. Lächelnd sah er meinem Gesichterschneiden zu und antwortete, daß dies etwas ganz Neues, von ihm selbst Erfundenes sei, Bärengalle mit Whisky, und er war nicht wenig stolz auf seine Arznei. Ich schlief diese Nacht ziemlich gut und kam am nächsten Tage zu St.s zurück.

Leid tat es mir, an diesem Abend nicht in der rechten Stimmung gewesen zu sein, denn der alte Dun war nicht allein ein herzensguter, sondern auch durch seine trockenen Erzählungen ein höchst belustigender Mann. Er wohnte zwischen lauter Stockmethodisten, von denen er die komischsten Geschichten erzählt; doch schmerzte mich mein Kopf zu sehr, als daß ich ihm hätte lange zuhören können. Eine Erzählung nur machte mich trotz meiner Schmerzen herzlich lachen.

Ein kleiner, dicker irischer Methodistenprediger war vor kurzer Zeit unfern von Duns Hause gewesen und hatte dort ungeheure Sensation unter der christlichen Gemeinde erregt. Nach Beendigung der gewöhnlichen Sing- und Gebetformeln hatte er sich mit beiden Händen auf einen vor ihm stehenden Tisch gestützt und zu predigen angefangen. Hitziger und eifriger wurde er in seiner Rede, glühender und gewaltiger in seinen Zitationen, die er mit donnernder Faust auf dem Tische begleitete. Endlich, seiner Gefühle kaum noch Meister, wie er um sich herum eine Menge Frauenzimmer durch seine gesegneten Bemühungen, vom heiligen Geiste befallen sah, daß sie rasend und tobend ihr »glory, glory« heulten, sprang er plötzlich mit beiden Knien auf den Tisch und fuhr, mit den Armen in der Luft herumgreifend, wütend in seiner Predigt fort, bis auch ihn endlich der heilige Geist erfaßte. Mit verdrehten Augen schrie er ein paarmal, schnappte nach Luft und fiel endlich mit der Nase platt auf den Tisch, worauf er sogleich von der über seine Andacht mit Bewunderung erfüllten Gemeinde in das Haus getragen wurde.

Dun erzählte: »Ich hatte ihn bei einem Beine, als wir ihn hineinschleppten, und da ich wußte, daß sich der Satan bloß verstellte, kniff ich ihn so stark ich konnte, ein paarmal in die Waden. Er zuckte mit dem Beine und schnitt fürchterliche Gesichter, ließ sich aber nicht irre machen, und wir legten ihn aufs Bett, wo er nach einer Weile wieder zu sich kam.«

Müde und matt ritt ich am nächsten Tage heim und war wieder auf eine kurze Zeit elend und krank, doch erholte ich mich bis zum 18. Oktober ziemlich.

Am Abende dieses Tages kam St. von Strongs zurück, wo er ein paar Negerkinder gekauft hatte. Er führte sie auf einem Pferde, das nebenher ging. Das eine von ihnen war ein pechschwarzer Knabe, ungefähr fünfzehn Jahre alt, mit einer echt äthiopischen Gesichtsbildung. Als dieser in das Haus trat, musterte er jeden der Anwesenden scharf mit seinen weißen, rollenden Augen und sah dann gleichgültig im Zimmer umher, sich die herumstehenden Gegenstände betrachtend, als ginge ihn die Sache eigentlich nichts an. Das zweite war noch ein junges Mädchen von höchstens elf Jahren, das aber wohl schon harte Arbeit verrichtet hatte. Ihm traten, als es die vielen fremden Leute sah, zwei große Tränen in die dunklen Augen. Das kleine Mädchen war, von seinen Eltern getrennt, verkauft worden und sah sie vielleicht nie wieder; es stand ein Bild unterdrückten Schmerzes da. Der Knabe war von einem der östlichen Staaten, von Maryland, über See nach New-Orleans und von dort hierher geschafft worden. Er hatte wohl gehört, daß er einen sehr guten neuen Herrn bekommen habe, und das war ihm genug; »das andere,« schien sein Gesicht zu sagen, »wird sich schon finden«.

Die Sklaverei, der Schandfleck der nordamerikanischen Freistaaten, wird noch einst die Ursache ihrer Auflösung, wenigstens der Trennung der nördlichen Staaten von den südlichen sein, denn jene eifern dagegen, diese verteidigen sie, und einmal müssen sich die Folgen dieses unseligen Zwistes zeigen.

Am nächsten Sonntag kehrten zwei Fremde bei St. ein, die obgleich von verschiedenen Weltgegenden kommend, sich doch einander gut zu kennen schienen, denn sie flüsterten viel zusammen. Nach dem Essen, als wir mit ihnen in dem zweiten Hause, das zum Schlafzimmer diente, zusammen waren, fingen sie an, sich zu unterhalten und über künftige Pläne zu beraten, die in nichts geringerem bestanden, als, in Gemeinschaft im Lande umherreisend, eine Spielbank zu halten, und zwar so, daß sie, indem sie einander nicht zu kennen schienen, sich auf diese Art besser in die Hände spielen konnten. Ihre Absicht schien hauptsächlich die zu sein, zu den Indianern, besonders zu den Cherokesen zu gehen, da sie glaubten, jene armen Teufel leichter betrügen zu können als Weiße.

Die beiden Schurken mußten sich aber doch nicht haben verständigen können, denn am nächsten Morgen zog jeder für sich seine Straße, und Johnson, der eine von ihnen, der nach Memphis ging, hing St. noch eine falsche Fünf-Dollar-Note auf, was diesen, als er es später entdeckte, nicht wenig ärgerte. Ich wollte denselben Tag den Weg reiten, den der andere machte, und dieser, als er mein Pferd gesattelt sah, meinte ganz munter, das wäre ja recht schön, da hätte er Gesellschaft; ich bemerkte aber ganz trocken: »Ich reite mit keinem Schurken.« Bei dem Worte »Schurke« fuhr er auf und griff an seine Seite, wo er wahrscheinlich sein Messer und seine Pistolen hatte, ich nahm aber ruhig meine Büchse von der Schulter. Er biß die Lippen zusammen und ritt in starkem Trabe fort.

Ich folgte ihm nach einer Weile, am Cashriver einige Hunde abzuholen, die St. gehörten und die wir gern beim Hause haben wollten, doch bekam ich ihn nicht mehr zu sehen.

Dieses schlechte Volk, das aus Spielern, Säufern, Mördern und Dieben besteht, hatte sich damals in großer Anzahl nach Arkansas gezogen, da es eher die schlichten Jäger des noch jungen Staates, als die abgefeimten Konsorten in den älteren Ansiedelungen glaubte übervorteilen zu können. Arkansas besonders war dadurch in der ganzen Union zu einem so schlechten Rufe gekommen, als ob alle seine Bewohner aus solchem Gesindel beständen und bis an die Zähne mit Pistolen und Bowiekneifen, einer Art großer, schwerer Messer mit 9 bis 12 Zoll langen und 3 bis 4 Zoll breiten Klingen, bewaffnet gingen. Dem ist aber nicht so, denn ich habe den Staat nach allen Richtungen hin durchkreuzt und ebenso ehrliche und rechtliche Leute darin gefunden wie in irgend einem anderen Teile der Union.

Am Abend des 24. Oktobers kamen zwei kleine, doch schwer beladene Wagen, jeder mit einem Pferd bespannt, angerollt, die allerlei Kurz- und Ausschnittwaren, Hüte, Schuhe, Pulver und Blei, selbst Gewehre mit sich führten, um den Farmern solche Sachen zuzubringen, die diesen am nützlichsten sind. Die Preise, die diese Händler oder pedlars, wie sie die Amerikaner nennen, für ihre Waren fordern und bekommen, sind ungeheuer, daher auch die meisten von ihnen ihr Glück dabei machen. St. kaufte nur einige Kleinigkeiten.

St. hatte indessen teils an den Tennesseer, teils an andere neue Ansiedler, einen großen Teil seines Rindviehes verkauft und beschlossen, seine bisherige Besitzung ebenfalls zu verhandeln und in den oiltrove bottom am Whiteriver zu ziehen. Die Amerikaner sind einmal ein rastloses, wanderlustiges Volk und können es nicht lange auf einer Stelle aushalten. Westlich, immer weiter westlich geht ihr Drang, und Anhänglichkeit und Liebe zu stiller Häuslichkeit kennen sie gar nicht.

Unser Vertrag hatte sich durch Uhls Entfernung und mein fortwährendes Kranksein von selbst aufgelöst und wurde gar nicht mehr erwähnt. Anstalten zum Ausziehen oder »moving« wurden jetzt gemacht, und St. war schon am Whiteriver gewesen, hatte einen Platz gekauft und alle Vorbereitungen getroffen. Es fehlte nur noch zu den drei Gespannen, die wir brauchten, an zwei Stieren, und da der Weg weich und sumpfig war, wurde beschlossen, noch ein drittes Paar Stiere einzufangen. Wir zogen deshalb noch einmal in den Wald und trieben zwei ganz wilde Tiere in die Einfriedigung. Dort angekommen, warfen wir ihnen eine Schlinge um die Hörner und banden sie an einen Baum. Mit furchtbarer Anstrengung versuchten sie allerdings loszukommen und rissen mit aller Gewalt an den ledernen Seilen; diese waren aber zu stark für sie, und in vergeblicher Wut stürzten sie nieder und brüllten. So blieben sie den Nachmittag und die Nacht bis zum nächsten Morgen, ohne Futter und ohne einen Trunk Wassers, ihren Durst zu löschen.

Um neun Uhr ungefähr, kurz vorher, ehe wir fortfuhren, wurden sie, jeder einzeln, zu einem alten starken Zugochsen ins Joch getan und eingespannt. Die Peitsche knallte, der Ruf erscholl, und halb von den gewaltigen Hieben, die auf sie herabregneten getrieben, halb von dem starken Mitarbeiter gezogen, gingen sie nach vier- oder fünfstündiger vergeblicher Widersetzlichkeit so gut, als ob sie ihr Leben lang nichts anderes getan hätten als Lastwagen gezogen.

Das Ochsenjoch in Amerika ist ebenfalls von dem bei uns gebräuchlichen sehr verschieden, aber ungemein praktisch. Es besteht aus einem einzigen Stück- oder Querbalken von leichtem gebogenen Holze, der auf dem Nacken beider nebeneinander ziehender Tiere liegt und durch Holzklammern an dem Halse derselben befestigt ist. In der Mitte dieses Balkens ist ein Ring angebracht, in den die Kette, mit welcher sie irgend einen Gegenstand fortbewegen sollen, eingehakt wird. Auf diese Art ziehen sie einzig und allein mit dem Nacken.

Nur langsam rollte der schwere Wagen auf dem von dem starken Herbstregen äußerst schmutzig und schlammig gewordenen Wege hin, und erst am 4. November morgens erreichten wir den Whiteriver, an dessen Ufer wir bis gegen Abend warten mußten, ehe wir überfahren konnten. Heftiger Wind machte es nämlich gefahrvoll, sich mit dem kleinen Boote und dem hohen Wagen dem unruhigen, vom Sturme gepeitschten Flusse anzuvertrauen.

Der Whiteriver ist unstreitig der schönste Strom von Arkansas, und sein klares, stilles Wasser sticht gegen die reißenden schlammigen Fluten des Mississippi und des Redriver freundlich ab; nur nach der Mündung zu sind seine Ufer niedrig und von ungeheuern Sümpfen umgeben, während er weiter hinauf von malerischen Hügeln eingeschlossen sein soll. Er ergießt sich mit einem Arme in den Arkansas, mit dem anderen in den Mississippi und entspringt in den Ozarkgebirgen, in der nordwestlichen Ecke des Staates, wo, wie mir gesagt wurde, eine ganz ausgezeichnete Jagd ist.

Die früher etwas kalte, trockene Luft hatte sich, sobald der Wind nachließ, in einen naßkalten Nebel verwandelt, der zuletzt in recht ordentlichen Regen ausartete, und wir waren sehr froh, daß wir noch das Haus eines freien Negers erreichen konnten, der dort eine Art Wirtshaus hielt. Fröhliches Lachen tönte uns aus der erleuchteten Stube, in der ein hoch aufloderndes Feuer flackerte, entgegen, und gar behaglich schien uns nach dem Unwetter draußen die Glut im Kamine, um die drei höchst joviale Burschen erzählend und lachend versammelt waren. In der einen Stubenecke lehnten drei lange amerikanische Büchsen, an denen die Kugeltaschen hingen, und zeigten an, daß, wenn das muntere Kleeblatt auch nicht aus Jägern bestand, sie doch wenigstens auf die Jagd wollten. Vor ihnen auf dem Tische stand eine halbgeleerte Flasche, und nach kurzem Gespräch erfuhr ich, daß der kleine dicke Mann, der mit den selig glänzenden Augen und der roten Nase sich so stillvergnügt an eine Ecke des Kamins lehnte und fortwährend mit der Whiskyflasche liebäugelte, der Branntweinbrenner Magnus sei, der mit zwei Freunden in eben den Sumpf, woher wir kamen, hineinwollte, um auf die Büffeljagd zu gehen. Der Kleine trank mir indessen tapfer zu und fing an, durch seine Drolligkeit mich bald sehr zu amüsieren.

Er lebte und webte nur in den noch zu erlegenden Büffeln. Er schwor bei nichts anderem als bei Büffeln, wettete um nichts als um Büffelfelle, taxierte alles nach dem Werte derselben und zerquälte sich nur einer Sache wegen das bißchen Verstand, das ihm der Whisky noch gelassen hatte, darum nämlich, wie er alle Büffel, die er zu erlegen gedachte, am vorteilhaftesten befördern könne. Umsonst versuchte ich ihm eine schwache Idee von den fast undurchdringlichen Sümpfen beizubringen, wie schwer es sei, die wenigen Büffel dort aufzufinden, und wenn aufgefunden, wie unmöglich, etwas von ihnen, selbst nur die Haut, mit hinwegzunehmen, seine Gesichtszüge blieben sich gleich, verklärt und freundlich wie vorher. Als ich aber mit meinen Warnungen fertig war, reichte er mir mit vor innerer Wonne strahlendem Antlitz die Flasche, aus der ich nur zum Schein Bescheid tat, und versicherte mir mit vor Rührung bebender Stimme, daß er fest entschlossen sei, alles, selbst das Leben zu wagen, um nur wenigstens einen Büffel zu erlegen, und daß, da sein Leben einmal eingesetzt sei, ein paar unbedeutende Sumpflöchlein und Dornen auf keinen Fall in Betracht gezogen werden könnten. Seine Stimme wurde dabei immer weicher und zärtlicher, und als es ihm gar noch einfiel, daß er Familienvater sei, überschritt seine Rührung alle Grenzen. Eine heftige Tränenflut entstürzte seinen Augen, und ehe ich nur eine Ahnung davon bekam, hatte sich mir die kleine runde Gestalt um den Hals gelegt. Die Rührung weniger als das bedeutende Gewicht des Dicken preßte mir einen tiefen Seufzer aus, den er unglücklicherweise für Mitgefühl gehalten haben muß, denn er drückte mich mit solcher Heftigkeit an sein klopfendes Herz, daß mir Hören und Sehen verging. Seine beiden Freunde, die mäßiger als er vom süßen Safte gekostet hatten, sprangen endlich zu meiner Hilfe herbei und versuchten, mich aus seiner Umklammerung herauszulösen. Das war aber nicht so leicht, wie sie vielleicht vermutet hatten, denn wie eine Kette hing er an mir und schrie: »Laßt mich gehen, er ist mein Freund, er will mich retten.« Endlich befreite ich mich von ihm durch eine rasche Wendung, und seine Begleiter zogen ihn nun aus und brachten ihn zu Bett, wobei er aber nicht ermangelte, heftig mit den kurzen Armen und Beinen um sich zu stoßen und zu schlagen, und sie einmal über das andere »nichtswürdige Büffelhunde« nannte. Noch lange weinte und ächzte er, darauf war er eine kurze Zeit ruhig, und zuletzt schnarchte er laut.

Ich sah ihn am andern Morgen nicht wieder, da wir, um unsere Reise fortzusetzen, sehr früh aufbrachen, doch bedauerte ich ihn wegen seines ohne Zweifel folgenden Katzenjammers.

Wir kamen gegen Mittag zu St.s neuer Farm, wo eben die früheren Bewohner derselben beschäftigt waren, ihre Habseligkeiten aufzuladen und damit fortzuziehen.

Nachmittags verschwanden sie und hinterließen als zarte Rückerinnerung einen Schmutz im Hause, der ans Unglaubliche grenzte.

Als wir unsern Wagen abgeladen und die Sachen unter Dach und Fach gebracht hatten, fuhr St. mit den beiden Treibern wieder in den Sumpf zurück, eine zweite Ladung zu holen, und ich blieb allein.

Das kleine Häuschen lag mitten im dichten Walde an einem sechs bis sieben Acker großen Felde, von wahrhaft herrlichen Bäumen umgeben. Ich hatte aber nicht mehr viel Zeit, an diesem Abend die Naturschönheiten zu bewundern, denn durch das Abladen und Wegschaffen unserer Gerätschaften war der Tag auf Sturmesflügeln entflohen und die Sonne schon untergegangen, ehe ich Holz genug aus dem Walde zusammengeschleppt hatte, um während der Nacht ein gutes Feuer zu unterhalten. Meine Vorbereitungen zum Essen waren dabei ebenfalls bald getroffen, denn mein ganzer Vorrat an Lebensmitteln bestand aus etwas Maismehl, trockenem Hirschfleische und wildem Honig.

Dunkel, tiefes Dunkel lag jetzt auf der schlummernden Erde, und alten Erinnerungen und Bildern nachgebend zog ich den einzigen Stuhl, der im Hause war, zum flackernden Feuer, holte meine Zither hervor und vertrieb mit den sanften, klagenden Tönen derselben das böse Heimweh, das wohl oft in stillen, einsamen Stunden das Herz peinigen und quälen will. Zuletzt übermannte mich die Müdigkeit, ich warf mich nahe am Feuer auf mein Büffelfell, und bald tanzten bunte Traumbilder in tollem Treiben an mir vorüber.

Der kleine, dicke Branntweinbrenner saß ganz gemütlich mit mir und meinen Lieben bei Leipzig im Kuchengarten und erzählte uns von den Beschwerden und Gefahren, die er auf der Büffeljagd ausgestanden habe, wobei ihm besonders meine Mutter ganz aufmerksam und andächtig zuhörte. Noch viele andere liebe Gestalten saßen daneben um den großen Tisch herum, jede mit ihrer Portion Kaffee vor sich, als plötzlich ein heftiges Klopfen an der Tür uns unterbrach und wir entsetzt aufsprangen, zu sehen, was es denn gebe. Nur der kleine Branntweinbrenner blieb ruhig sitzen und erklärte lachend, wir möchten uns ja nicht ängstigen, es sei ein zahmer Büffel, den er an der Tür angebunden habe. Aber stärker und stärker wurde das Pochen, und ich sprang erschreckt in die Höhe. Das Feuer war niedergebrannt und schwarze Nacht umgab mich, nur das wiederholte, stärker und stärker werdende Klopfen erweckte mich endlich, und ich eilte an die Tür, sie zu öffnen.

Der Klopfende war einer der Wagenführer, der mich denselben Tag verlassen hatte und jetzt mit vor Fieberfrost klappernden Zähnen zu mir hereintrat.

Schnell schürte ich das Feuer wieder an, daß es hoch aufloderte, und sah mich dann nach meinem Kranken um, der matt und totenbleich auf den Stuhl niedergesunken war und mir mit schwacher Stimme versicherte, daß er sterbenskrank sei.

Ich hatte glücklicherweise etwas Kaffee im Haus, von dem ich ihm ein paar Tassen kochte, die der Patient so heiß als möglich hinuntertrank. Durch diese erquickt, warf er sich auf das Fell und schlief bald ein. Am nächsten Morgen befand er sich etwas besser, und wir vertrieben uns die Zeit, so gut es gehen wollte, bis St. mit seiner zweiten Fuhre kommen würde. Zu tun hatte ich weiter nichts, als Holz genug zum Feuern herbeizuschaffen und dann und wann einen Truthahn zu schießen, damit unsere Lebensmittel ausreichten. Endlich nach Verlauf einer ganzen Woche, in deren letzten Tagen wir nur von Truthühnern und aus einem benachbarten Feld geholten Kürbissen lebten, kamen St.s mit ihren übrigen Sachen, Kühen, Pferden, Schweinen, Gänsen, Hühnern, Katzen und Hunden glücklich an, und es kam Leben in die stille Farm.

Nun ging's an ein Einrichten, und Leben kam in die noch vor kurzer Zeit so ruhige Wirtschaft. Der Arbeit war kein Ende und die Folge davon wieder das Fieber, das in diesem unglücklichen Lande an mich gebannt zu sein schien. Ich ermannte mich zwar wieder, aber erst am 20. November fühlte ich mich stark genug, ein Pferd zu besteigen und wieder einmal hinauszuziehen in die freie Gottesnatur, die frische Luft mit unsäglicher Wonne einatmend. Ich hatte die Büchse auf der Schulter und ritt wohl 4–5 Meilen in den stillen Wald hinein.

Diese Sümpfe und nassen Landstrecken verwirklichen alles, was sich der Europäer unter Urwald denkt, denn das Hügelland und überhaupt der höher gelegene trockene Boden bietet selten oder nie jenes dichte Gewühl von Unterholz und Schlinggewächsen. Dort haben besonders diese aber auch gar keine Zeit, so zu wuchern, denn Jäger wie Viehzüchter zünden alljährlich das den Boden reichlich bedeckende dürre Laub an, für Wild und Vieh bald wieder frisch aufkeimendes junges Gras zu haben. Das Feuer verzehrt dann das dürre Laub und tötet die Schlinggewächse und das junge Buschwerk, ohne den alten, starken Stämmen viel zu schaden, und der Wald wird dadurch licht und offen. Außerdem werden in hohem und nicht so kräftigem Lande die Bäume auch nicht so stark und hoch wie in den Niederungen. Im Sumpfe jedoch, wo der auch selbst im Sommer feuchte Boden das Anzünden von selbst verbietet, erreichen die Bäume oft eine ungeheure Stärke und Höhe – ich habe deren bis 7, 8 und 9 Fuß im Durchmesser gefunden, – und Unterholz und Schlingpflanzen wuchern da ebenfalls nach Herzenslust.

Gegen Abend sah ich einen jungen Bock, der einsam und bedächtig durch den Wald schritt. Ich war vom Pferde gestiegen, das ruhig grasend auf dem Flecke stehen blieb, und schlich ein Stück näher zu ihm. Arglos kam er heran, bis er das scharrende Pferde bemerkte; dann hielt er, warf den schönen Kopf in die Höhe und schnob; aber zischend fuhr ihm mein Blei zwischen die Rippen, und er brach zusammen. Bei meiner Mattigkeit brauchte ich einige Zeit, ehe ich das, wenn auch nicht sehr starke Tier auf mein Pferd werfen konnte, doch gelang es mir endlich, und ich ritt langsam heimwärts, denn die Sonne sah schon glutrot aus und ich hatte noch mehrere Meilen zurückzulegen.

Gerade vor Einbruch der Nacht schoß ich mit dem andern Rohre einen Truthahn, und da es jetzt schon anfing dunkel zu werden und ich mich dicht am Hause befand, lud ich nicht wieder. Ich hatte meine Büchse lange nicht gereinigt und wollte sie am nächsten Morgen einmal auswaschen.

Der Mond ging jetzt mit voller Scheibe auf und sandte sein freundliches Silberlicht durch die dunkeln Schatten der Bäume, mir dadurch die Richtung zeigend, die ich zu nehmen hatte. Eine kurze Strecke war ich auf solche Art langsam mit meinem schwerbeladenen Pferde durch den dichten Wald geritten, als ich einen kleinen Kuhpfad erreichte, der nach dem Hause zulief. Gleich darauf hörte ich die Glocken der Kühe läuten und Hunde bellen, und mein Pferd wieherte fröhlich dem ersehnten Futter entgegen, das es stets erwartete, wenn es gearbeitet hatte. Plötzlich hörte ich es zur Rechten in den Büschen rauschen. Ich hielt, und dicht vor mir brach eine Herde Schweine in wilder Eile über den Fußweg. Schon wollte ich weiter reiten, als ich es wieder in den dürren Blättern rascheln hörte und auf einmal einer der größten Bären der Sümpfe, nicht 6 Schritt von dem Kopfe meines Pferdes entfernt, vor mir im Wege stand. Er schien meine im ungewissen Mondlichte stehende Figur neugierig zu betrachten, da er den Wind von mir nicht bekommen konnte, und hob leise witternd den Kopf. Mein Gewehr war nicht geladen, und schon durchzuckte mich der Gedanke, den Kampf mit dem Messer zu versuchen, doch wollte ich erst versuchen, ob ich es nicht möglich machen könnte, ihm etwas Blei zuzuschicken. Ich stellte den Kolben der Büchse auf den linken, im Steigbügel ruhenden Fuß, ließ so viel Pulver, als ich ungefähr nötig glaubte, in den Lauf fallen, und stieß eine schnell in ein Stück Papier gewickelte Kugel darauf. So weit war ich fertig, ohne daß sich der Bär auch nur gerührt hätte, und wollte eben ein Zündhütchen aufsetzen, als mein Pferd, das bis jetzt, äußerst aufmerksam zwar, aber doch auch unbeweglich, den Bären betrachtet hatte, die Bekanntschaft desselben etwas mehr in der Nähe machen wollte und schnobernd einen Schritt vorwärts tat. Meister Braun mochte aber nun Lunte riechen, denn mit einem Satze war er im Gebüsch, und ich hörte, wie er nach einigen Sprüngen wieder still stand. Unter der Zeit hatte ich das Zündhütchen aufgesetzt, glitt leise vom Pferde herunter und schlich dem Bären im Dickicht nach, um ihn womöglich noch zum Schuß zu bekommen.

Zwanzig Schritt mochte ich ungefähr so leise, als es mir das dürre Laub gestattete, vorwärts gekrochen sein, als ich anhielt, um zu lauschen; ich konnte aber nicht das geringste hören oder sehen und war doch fest überzeugt, der Bär könne keine zehn Schritt mehr von mir entfernt sein, denn in dem trockenen Laube hätte ich sein weiteres Fortspringen jedenfalls hören müssen. Leise hob ich eben wieder den Fuß, noch ein paar Schritte vorwärts zu tun, wo mir die Wurzel eines umgestürzten Baumes die weitere Aussicht versperrte. Hinter der konnte er recht gut stehen, und das dürre Laub raschelte eben wieder kaum hörbar unter meinen Schuhen, als mir die vermutete Wurzel plötzlich ins Gesicht kam und der Bär, der hier dicht vor mir gestanden und jede meiner Bewegungen beobachtet hatte, brummend und schnaubend das Weite suchte. Ehe ich mich von meiner Überraschung – ja ich darf wohl sagen von meinem Schreck – erholen und die Büchse angreifen konnte, war er mit wenigen langen Sätzen im Waldesdunkel verschwunden. Mißmutig suchte ich mein Pferd wieder auf, das ich an derselben Stelle, wo ich es verlassen hatte, trotz seiner Last ruhig grasend fand, und ritt mit zwei sehr guten Vorsätzen dem nur noch wenige hundert Schritt entfernten Hause zu: erstlich nie wieder einen Schritt mit ungeladener Flinte zu gehen, und zweitens morgen womöglich den alten Burschen dennoch aufzufinden.

Am 22. November war ich trotz des kalten und unfreundlichen Wetters mit einem Nachbar früh zur Bärenjagd gerüstet, und mit elf Hunden zogen wir, freudiger Hoffnung voll, in den Wald.

Die amerikanische Bärenhetze ist aber sehr von unseren deutschen Jagden verschieden.

Die Art der Jagd richtete sich freilich ganz nach der Jahreszeit und den verschiedenen Beschäftigungen des Bären. Da es jetzt Spätherbst, fast Winter war, konnte er nicht gebirscht, sondern mußte gehetzt werden.

Auf guten, schnellfüßigen Pferden ziehen die Jäger mit acht oder mehr Hunden, oft nur mit drei bis vier, in die dichtesten, unwegsamsten Plätze der Waldung, da diese der Lieblingsaufenthalt der Bären sind.

Langsam reiten sie durch Dornen und Schlingpflanzen, bis die Hunde, die überall in geschäftiger Eile herumsuchen, einen der schwarzen Burschen aus dem Lager aufjagen oder eine frische Fährte finden, der sie dann bellend und heulend folgen. Sobald sich der Jäger überzeugt hat, daß die Hetze wirklich einem Bären gilt – oft fahren junge Hunde eine Zeitlang hinter einem Hirsch, oder gar hinter einem Kaninchen oder Fuchs her –, so setzt er dem Pferde die Hacken in die Seiten und nun geht's in wildem Galopp durch die dichtesten, beim ersten Anblick undurchdringlich scheinenden Dickichte, in denen gar häufig der Jäger, auf den Hals des Pferdes niedergebeugt, dasselbe seiner eigenen Willkür überlassen muß, um nicht durch die unzähligen dornigen Schlingpflanzen und Weinreben aus dem Sattel gerissen zu werden. Nach welcher Seite sich das Geheul der Hunde zieht, nach der fliegt das Pferd, und sind mehrere Jäger beieinander, so wird die Hetze bald zum Wettlaufe, wer zuerst das verfolgte Tier erreichen wird. Ist der Bär fett, so hält er das Laufen nicht lange aus, sondern sucht sich entweder einen Baum, auf den er mit vieler Gewandtheit hinaufklettert, oder stellt sich, wenn ihn die Hunde gar zu sehr drängen. Sind Hunde genug zugegen, um den Kampf gut fortsetzen zu können, dann beginnt die wahre Lust der Jäger, das Gefecht. Sind nur wenige Hunde vorhanden und ist der Bär mager und groß, so wendet er sich zum Kampf, schlägt sie zurück und setzt seinen Weg fort. Sitzt der Bär aber erst einmal oben im Baume, und haben ihn die Hunde umstellt, dann kann der Jäger ruhig heranschleichen und seine Kugel der sich auf ihrer Höhe sicher träumenden Bestie zusenden, die dann im Herunterstürzen einen so dröhnenden Fall tut, daß man es oft eine volle englische Meile weit hört.

Wir waren ungefähr eine Stunde ruhig fortgeritten, als die Hunde einen furchtbaren Skandal erhoben, und fort ging's über Stock und Block. Sie waren dem Bär gerade auf den Fersen, und wie Gottes Zorn flog die Meute hinterher. Das Pferd, das ich ritt, hatte eine solche Jagd schon einige Male mitgemacht, und ich brauchte weiter nichts zu tun, als es ein wenig zu spornen und die Schlingpflanzen abzuwehren, und in vollem Galopp sauste es den Hunden nach. Aber schwächer und entfernter wurde das Bellen derselben, denn der Wald war so fürchterlich verwachsen und so toll lagen die von Sturm und Altersschwäche niedergeworfenen Bäume übereinander her, daß in dem fortwährenden Darüberhinwegspringen mein Pferd und ich selbst mehrere Male in den Schlingpflanzen hängen blieben und furchtbar hinstürzten. Einmal besonders glaubte ich nicht, daß ich einen ganzen Knochen im Leibe behalten hätte, doch rafften wir uns immer wieder auf.

Meinen Kameraden hatte ich längst aus den Augen verloren, mir schien es aber, als ob sich die Jagd mehr links drehte; ich horchte, und richtig – links wandte sich der gejagte Bär dem Flusse zu. Kam er bis zu diesem, war er gerettet; die Hunde wären ihm in dem kalten Wasser schwerlich nachgeschwommen, und auch wir hätten auf jeden Fall an dem Ufer, an welchem wir uns gerade befanden, bleiben müssen. Ich änderte daher schnell meine Richtung, um ihm den Weg abzuschneiden, und kam glücklicherweise bald in einen der kleinen, unzähligen Kuhwege, die den Wald nach allen Seiten hin durchkreuzten. Von Dornen nicht mehr aufgehalten, berührte das Pferd kaum den Boden und eilte mit mir im Fluge dem näher kommenden Jagen entgegen. Plötzlich sprang es mit schnaubenden Nüstern zur Seite, und aus dem Dickicht brach das verfolgte Tier. Sobald es das Pferd erblickte, stutzte es einen Augenblick unter tiefem Brummen. Ich hatte mich gleich nach dem ersten Seitensprunge meines Ponys aus dem Sattel geschwungen, und in demselben Augenblick, als der Bär hielt, sauste ihm auch meine Kugel auf kaum 30 Schritt ins Schulterblatt. Die Hunde waren indessen dicht herangekommen, und der Verwundete raffte seine letzten Kräfte zusammen, der wütenden Meute zu entgehen; doch die zerschmetterte Schulter verhinderte ihn am schnellen Laufen, und bald umsprangen ihn die Bracken mit lautem Heulen. Gleich darauf stürzten die anderen, derberen Hunde, eine Mischung von Bracken und Doggen, hinzu, und nun begann ein grimmiges Gefecht, denn der Bär konnte nicht mehr klettern und kämpfte, auf den Hinterbeinen stehend, mit der rechten Tatze für sein Leben. Einen zweiten Schuß konnte ich nicht wagen, da er rings von Hunden umhangen war und ich keinen derselben der Gefahr aussetzen mochte, von der Kugel getroffen zu werden. Mit dem langen Jagdmesser sprang ich nun hinzu und stieß dem immer matter werdenden, aber sich noch mit fürchterlicher Wut verteidigenden Tiere – allerdings etwas vorsichtig und von hinten – den kalten Stahl gerade hinter der Schulter ins Herz. Bald darauf verendete er unter den wütenden Bissen der Hunde. Jetzt kam auch mein Jagdgefährte, zum Tode matt, von Dornen fast zerrissen, das Pferd mit weißem Schaume bedeckt, auf dem Kampfplatze an. Es ärgerte ihn nicht wenig, zu spät gekommen zu sein, um am Gefechte teilzunehmen, doch half er mir wenigstens den Bär aufbrechen und abstreifen, und da jeder von uns einen Sack unter dem Sattel liegen hatte, teilten wir das Fleisch in zwei Hälften und ritten langsam heim. Das Fleisch des erlegten Wildes wird unter den Jägern stets gleichmäßig verteilt, das Fell gehört aber dem, der das Wild erlegt oder zuerst angeschossen hat.

Das Wetter wurde jetzt mit jedem Tage rauher und unbehaglicher, und der kalte Nord pfiff gar anmutige Weisen durch die dürren entlaubten Äste der Riesenbäume. Da drängt sich denn alles an die warmen Kaminfeuer, und besonders fühlt der Europäer eine große Sehnsucht nach den warmen Stuben und heißen Öfen Europas. Durch die amerikanischen Blockhäuser zieht der Wind, wo es ihm gerade beliebt, und da diese noch dazu die liebenswürdige Eigenschaft haben, ohne Fenster zu sein, so muß den ganzen lieben langen Tag die Stubentür, die zugleich Haustür ist, offenstehen, um nur das nötige Licht hereinzulassen. Da läßt sich's wohl denken, daß trotz des ungeheuren Feuers im Kamine stets eine sehr gemäßigte Temperatur im Zimmer herrscht. Zu diesem allen hatten wir nichts als Bärenfleisch zu essen, und das des Tages dreimal. Da zog ich denn meinen warmen Flanellrock an – die Männer tragen hier sehr häufig Überröcke aus weißem, rotem, grünem oder blauem Flanell –, nahm die Büchse auf die Schulter und beschloß, einen Truthahn zu schießen. Freudig jauchzend sprangen die Hunde mit.

Truthühner mit Hunden zu hetzen, ist aber wohl eine der interessantesten und bequemsten Jagden in der Welt. Sobald die Hunde einen Gang derselben aufgefunden haben, rennen sie mit wildem Bellen hinter ihnen her. Obgleich nun der Truthahn sehr schnell läuft, so würde ihn doch der Hund bald einholen. Um diesem nun zu entgehen, fliegt er schwerfällig in die nächsten Bäume, jedoch meistens in die höchsten Wipfel derselben, und schaut von seinem erhabenen Standpunkte aus neugierig auf die den Baum unten heulend und bellend umspringenden Hunde herab.

Nun aber muß der Jäger es recht geschickt anfangen, sich an den umherspähenden Truthahn hinanzuschleichen, der, wenn er den Menschen entdeckt, eilig sein Heil wieder in der Flucht sucht. Die beste Art, ihn zu täuschen, ist die, soviel Geräusch als möglich zu machen und den Truthahn oder den ganzen Gang derselben im Kreise zu umziehen und dabei so laut wie möglich mit Bellen und Rufen durch die Büsche zu brechen. Das dumme Tier lauscht dann den fremden Tönen, und nahe genug herangekommen, muß der Jäger nur schnell hinter einen Baum springen, wo dann ein gutes Auge und eine feste Hand dazu gehören, den Vogel aus den oft 130 bis 140 Fuß hohen Bäumen mit der Kugel herunterzuholen; Schrot würde dort gar nicht hinaufreichen. Doch braucht er nicht tödlich getroffen zu sein, es genügt, ihm einen Flügel zu zerschießen, und unfehlbar tötet ihn dann im Fallen das eigene Gewicht. Ein für den Schützen gar sehr belohnendes Gefühl ist es, den Truthahn zu sehen, wie er beim Empfang der Kugel auf seiner sicher geglaubten Höhe zusammenzuckt, sich umwendet und dann mit schwerem Falle zur Erde stürzt.

Eine Truthenne wiegt 9 bis 12, auch wohl 14 Pfund, ein alter Truthahn aber 16 bis 20, ja oft 22 Pfund.

Ich schoß an diesem Tage drei und kehrte schwerbeladen nach St.s Hause zurück.

Am 1. Dezember kamen die letzten Sachen, die St. noch am l'Anguille zurückgelassen hatte, und mit ihnen für mich wieder das schädliche Fieber. Jetzt wurde mir aber doch die Sache zu bunt, und ich nahm mir fest vor, den ungesunden Landstrich zu verlassen und in die Hügel zu ziehen. Was half mir die Jagd hier, wenn ich alle Augenblicke wieder das Bett hüten mußte und zuletzt so schwach wurde, daß ich wirklich kaum noch auf den Füßen stehen konnte. Schon am 4. Dezember führte ich meinen Plan aus.

Meine Doppelbüchse gefiel aber dem alten St. gar sehr, denn schon mehrere Male hatte er mir einen Tausch angeboten, der überhaupt eine Leidenschaft der Amerikaner ist. Sie vertauschen alles, was sie haben, Landgüter, Pferde, Vieh, Gewehre, Kleider, selbst die Stiefel und Hemden, die sie tragen, oder sind auch sonst ebenso willig, alles, was sie besitzen, zu verkaufen. Da St. selbst eine sehr gute, lange, wenn auch sehr unansehnliche, noch mit Feuerschloß versehene Büchse hatte, wie sie Cooper bei dem alten Hawkeye schildert, so wurden wir bald handelseinig, wobei ich natürlich noch ein gutes Aufgeld empfing, und so zog ich am 4. Dezember mit frohem Mute den nicht sehr fernen Bergen zu. Aber wohl merkte ich, daß ich nicht mehr die alte Kraft besaß. Meine Sehnen wollten nicht mehr wie vor zwei Jahren aushalten, wo ich das Wort »müde« nur dem Namen nach kannte; das häufige Fieber hatte mir meine besten Kräfte entwandt. Mit aller nur möglichen Anstrengung vermochte ich den ersten Tag kaum 20 Meilen zu marschieren; am zweiten machten mir schon 13 zu schaffen, und zum Tode matt kam ich gegen Abend bei G. v. G. am Little Redriver an.

Bis zum 9. Dezember blieb ich bei ihm und ging dann zu meinen alten Rheinbayern hinüber, um zu sehen, ob sich diese wohl befänden. Dort verlebte ich wieder einige recht angenehme Wochen, half dem Alten arbeiten, wo ich konnte, oder ging auf die Jagd und schoß Truthühner, von denen sich eine große Menge dort herum aufhielt, und wurde wirklich von den guten Leuten wie ihr eigenes Kind behandelt und gepflegt.

Aber das ruhelose Sehnen und Jagen, das mich von allen Plätzen, die mir bis jetzt lieb und teuer gewesen waren, hinweggetrieben hatte, ließ mich auch hier nicht ruhen. Ich wollte fort, fort, nur weiter, wieder an einen andern Ort, denn durch die lange Ruhe und das freundliche Stillleben der Familie hing ich zu trüben Gedanken nach. Diesem wollte ich entgehen und beschloß, obschon ich mein Lehrgeld in den Sümpfen hinlänglich bezahlt hatte, wieder in dieselben zurückzukehren. War ja doch auch des kalten Wetters wegen die Gefahr, das Fieber wieder zu bekommen, nicht mehr so groß.

Hilgers baten mich wirklich freundschaftlich, noch länger bei ihnen zu bleiben; doch meine alte Wanderlust siegte, und ich nahm herzlichen Abschied von ihnen. Die Kinder wollten mich freilich gar nicht fortlassen, und das kleine dreijährige Mädchen konnte ich nicht anders beruhigen, als daß ich ihr sagte, sie solle mit mir gehen. Wirklich setzte das kleine Ding das Hütchen auf und ging an meiner Hand wohl eine Viertelmeile mit, wo sie dann der Bruder mit Gewalt zurücktragen mußte. Auch mir wurde es feucht in den Augen, als das Kind noch von weitem die Händchen nach mir ausstreckte und meinen Namen rief. Fort – fort – ich hatte ja keine Ruhe, und so kam ich denn am 25. Januar abends schon wieder zur Bay de view, einem kleinen, L'Anguille und Cashrive gleichlaufenden und zwischen diesen beiden liegenden Flüßchen, wo ich mein Lager an einem der sich hier häufig findenden indianischen Grabhügel aufschlug und am andern Morgen schon zu jagen anfing. Da es Hirsche und wilde Truthühner genug dort herum gab, fehlte es mir nicht an Lebensmitteln, doch stak mir wie dem kleinen Branntweinbrenner die Büffeljagd im Kopfe, und ich wandte mich am 27. Januar den Fluß hinunter.

Einsam zog ich jetzt durch die öden, von keiner menschlichen Seele belebten Wälder, die Spur des flüchtigen Wildes verfolgend, und lag dann abends auch wieder einsam und allein, meinen trüben Gedanken nachhängend, am knisternden Feuer. Ich hatte mich jetzt an das Waldleben so ziemlich gewöhnt und brauchte selten meinen Kompaß; denn in dem sumpfigen, ebenen Lande, wo die ungeheuren geraden Bäume stehen, kann sich der Jäger leicht, wenn er nur seine Aufmerksamkeit darauf wendet, nach dem Moose der Bäume richten, das fast stets an der Nord-Nordwestseite der Stämme viel dichter und häufiger ist als an der Südseite. Doch fing es an etwas zu frieren, und da der Sumpf überall oft knietief mit Wasser bedeckt war, machte ich, fortwährend durch das dünne Eis brechend, solch lautes Geräusch, daß ich alles Wild, in dessen Nähe ich kam, unfehlbar damit verscheuchen mußte.

Am 28. und 29. Januar war ich nicht zum Schuß gekommen und lebte von den Überresten eines Truthahns und von ein paar Kolben Welschkorn, die ich in der Jagdtasche stecken hatte. Am 30. Januar war auch dies zu Ende, etwas von dem Mais ausgenommen, das ich röstete und mit großem Appetit verzehrte. Freilich diente es nur dazu, meinen Hunger noch mehr zu erwecken, und ich fing ernstlich an, die zarten Stengel des Sassafras zu kauen, um wenigstens etwas in den Magen zu bekommen.

Mein Gepäck belästigte mich nicht sehr; mein Büffelfell hatte ich mir am Whiteriver gegen eine wollene Decke eingetauscht, und im Jagdranzen trug ich nur ein Hemd, ein Paar sehr wehmütig aussehende Socken nebst einem Stückchen Blei. Das war die ganze Last; am meisten aber hinderte mich auf dem Marsche die Zither, die ich über die Schulter hängen hatte, doch entschädigte sie mich wieder, wenn ich abends am Lagerfeuer von des Tages Last und Mühe ausruhte, und ich konnte es nie über mich gewinnen, sie im Stiche zu lassen.

Gegen Abend, als ich mich vom wütendsten Hunger gepeinigt nach einem trockenen Lagerplatze umsah, merkte ich, daß die Luft mit jedem Augenblick bedeutend kälter würde. Ich machte schnell ein gutes Feuer an und warf mich matt an demselben nieder. Es fror jetzt ernstlich, und seelenvergnügt war ich, als es später auch noch zu schneien anfing. Ich kauerte mich zusammen, so gut es gehen wollte, und schlief bald ein. In der Nacht weckte mich das fürchterliche Geheul der Wölfe, die wahrscheinlich ebensolches Jagdglück gehabt hatten wie ich, wobei ich mir auf alle nur mögliche Weise gratulierte, wenn sie nur halb so vielen Hunger hätten. Mehrere Male in der Nacht sprang ich auf, schüttelte den Schnee von mir und schürte mein Feuer wieder an, das fast ganz erloschen war, und immer noch schneite es und war bitterkalt. Mit gewaltigen Stücken Holz, die ich am Abend vorher zum Lager geschleppt hatte, unterhielt ich mein Feuer in einer behaglichen Glut, und bald waren Wölfe und Schnee vergessen und ich selbst sanft wieder eingeschlafen.

Ein vom Schnee schwerbeladener, herunterbrechender Ast weckte mich endlich, und die Decke von den Augen reißend, erblindete ich fast von den leuchtenden Sonnenstrahlen, die die blendendweiße Fläche zurückwarf, wurde aber auch sogleich völlig munter, denn die lockere, dünne Masse, die mir von der Decke herunter auf den Hals fiel, war gar zu kalt. Der Schnee war mir gerade recht; ich rieb mir Gesicht und Hände damit, bis sie glühten, und brauchte, da ich nicht nötig hatte, mir ein Frühstück zu kochen, nur sehr kurze Zeit dazu, um fertig gerüstet meine Jagd anzutreten. Wohl war ich etwas matt von dem langen Fasten, doch hatte mich auch die gute Nachtruhe und die neu erweckte Hoffnung sehr gestärkt. Ich verlor daher keinen Augenblick, meinem peinigenden Hunger abzuhelfen, und zog unter den schwerbeladenen Ästen der Bäume hinweg aufs Geratewohl in den Wald hinein. Den Abend vorher hatte ich dicht an meinem Lagerplatze einen Overcup-Eichbaum gefunden, der fast ganz runde, ziemlich süße, genießbare Eicheln trägt, und mir einige derselben gesammelt, die ich jetzt mit wahrem Heißhunger verschlang, um meinem Magen doch wenigstens eine kleine Beschäftigung zu geben.

Die Overcup-Eiche wird zu einem sehr starken Baume, wächst aber nur in nassem Boden, hat kleine Blätter und eine Frucht, an der die äußere rauhe Decke, die an unseren Eicheln bloß dicht am Stiele, in Form eines kleinen Tassenschälchens, den untern Teil desselben bedeckt, fast ganz über sie weggeht und nur oben an der Spitze eine kleine Öffnung läßt, wovon sie auch den Namen Überbecher-Eiche hat. Die Eichel ist das Lieblingsfutter des Bären.

Noch nicht weit war ich von meinem Lager abgegangen, als ich auf die Fährte eines alten Bockes kam, der hier kurze Zeit vorher durchgegangen war, und still und schnell folgte ich ihm in dem an 6 Zoll tiefen Schnee. Ich fand die Stellen, wo er sich mehrmals behaglich niedergetan hatte, doch behielt er im ganzen seine Richtung bei, und zwar in so raschem Gang, daß ich wohl an drei Stunden der von anderen oft gekreuzten Spur gefolgt war, ohne ihn auch nur ein einziges Mal in Sicht zu bekommen. Die Spur ging jetzt in ein ziemlich dichtes Gebüsch hinein und hier, als ich gerade mit Armen, Beinen und Gewehr in den nichtswürdigen stacheligen Schlinggewächsen – den sogenannten greenbiars – hing, sah ich ihn plötzlich dicht vor mir stehen und meinem Arbeiten neugierig zuschauen. Natürlich war er, ehe ich mich wieder frei machen konnte, schon in langen Sätzen entflohen und außer Schußweite.

Von neuem nahm ich jetzt seine Spur wieder auf und bekam Gelegenheit, die gewaltigen Sprünge zu bewundern, die er im ersten Anlauf gemacht hatte.

Im dritten Sprunge war er über ein etwa 8–9 Fuß hohes Gebüsch weggesetzt und hatte von da, wo er absprang, bis zu der Stelle, wo er die Erde zuerst wieder berührte, eine Strecke von 20 Fuß überflogen. Bald fand ich, daß er wieder ruhig fortgeschritten war, und meine Schritte verdoppelnd, folgte ich schnell und vorsichtig.

Etwa hundert Schritt vor mir sah ich ihn zum zweitenmal in einem Dickicht stehen, und da er sich nach mir umschaute und ich nicht hoffen durfte, näher an ihn heran zu kommen, so nahm ich die Büchse herauf, zielte bedächtig und drückte ab. Beim Knall zuckte er zusammen und floh, zur Seite springend, in wilder Eile durch die dicken Büsche. Er war mir nun gewiß genug, und ruhig lud ich wieder und ging zum Platze, wo er gestanden hatte.

Der Schnee war dort überall gerötet, und ein breiter Streifen großer dunkler Tropfen bezeichnete den Weg, den der Flüchtling genommen hatte.

Da ich vom scharfen Gehen ermüdet war und auch dem verwundeten Tiere Zeit lassen wollte, krank zu werden, setzte ich mich ruhig auf einen alten umgestürzten Baumstamm.

Nach einer halben Stunde ungefähr folgte ich der Fährte; der Hirsch hatte aber unglücklicherweise den kleinen Fluß aufgesucht, um seine brennende Wunde zu kühlen, war hindurchgeschwommen und lag am andern Ufer verendet im Schnee, den er rund um sich her rot gefärbt hatte. Wäre ich nicht halb verhungert gewesen, hätte ich nie daran gedacht, mich ins kalte Wasser zu wagen, aber die Not überwand jede Bedenklichkeit. Mit einem Endchen Seil, das ich bei mir hatte, befestigte ich zwei Stücke faules Holz aneinander, da dieses am besten auf dem Wasser schwimmt, legte meine Büchse, Zither, Decke und mein Jagdhemd darauf, tat dann noch Pulverhorn, Tasche und das andere Hemd hinzu, und stieg in das eiskalte Wasser. Hosen und Leggins behielt ich an, denn diese waren schon feucht, da ich am Morgen bereits mehrere kleine fließende Wasser hatte durchwaten müssen. Als ich erst einmal im Wasser stand, duckte ich mich schnell unter bis an den Kopf, und schwamm dann in kurzer Zeit, das kleine Floß vor mir herstoßend, an das andere Ufer.

Vor Frost klappernd, zündete ich ein Feuer an, was keine geringen Schwierigkeiten hatte, da alles von Schnee bedeckt war; doch half mir da mein Tomahawk. Ich trocknete mich nun wieder, wobei ich einige Stücke Fleisch auf die Kohlen legte und sie noch halb roh verzehrte, meinen wirklich wütenden Hunger zu befriedigen.

Das Verfolgen des Wildes und das kalte Bad hatten mich ermattet, und ich warf mich beim Feuer nieder, um auszuruhen, doch mochte ich wohl meine Kräfte zu sehr angestrengt haben, denn gar bald fühlte ich das kalte Fieber meinen Körper schütteln. Das Frieren dauerte wohl zwei Stunden, und ich glaubte, es nie so heftig gehabt zu haben; dann suchte mich die glühendste Hitze heim und ließ mich Schnee und Eis umher vergessen. Erst gegen Abend fühlte ich mich etwas besser, doch war ich zu matt, um weiter gehen zu können, räumte den Schnee um mich herum weg, machte eine Schutzwehr davon, den Wind von mir abzuhalten, und schlief, nachdem ich mir noch einen guten Holzvorrat herbeigesucht hatte, die Nacht sanft und süß. Merkwürdigerweise war dies das letzte Mal, daß ich das kalte Fieber in Amerika bekam.

Den nächsten Tag, obgleich wieder wohl, war ich doch noch sehr schwach und blieb bis gegen Abend am warmen Feuer hingestreckt, von meinem Wildbret zehrend, liegen.

Gegen Abend, mehr um mir Bewegung zu machen und »etwas an die frische Luft zu kommen«, als um zu jagen, ging ich fort, doch kehrte ich, obgleich ich marschfertig war, noch einmal zu meinem alten Lager zurück und brach am dritten Tage endlich in südlicher Richtung auf, um die so heiß ersehnten Büffel zu finden.

Der Wald war in dieser Gegend wahrhaft großartig, die gewaltigen Riesenstämme, größtenteils 60–80 Fuß vom Boden gerade emporsteigend, ehe sie auszweigten, boten mit den schneebedeckten Wipfeln einen wundervollen Anblick. Es hatte zu schneien aufgehört, und eine heilige Stille herrschte rings umher, die nur dann und wann durch das Herunterbrechen irgendeines zu schwer mit Schnee beladenen Astes oder das heisere Krächzen eines Raben unterbrochen wurde. Es ließ sich auch sehr gut marschieren; lange schmale Streifen hohen Landes liefen zwischen den zahlreichen Bächen und dem überschwemmten Boden der Niederung hin, und auf diesem standen die meisten Schlingpflanzen und Dornen; da es aber jetzt stark gefroren und geschneit hatte, so hielt ich mich fortwährend auf dem Eis und wanderte so leicht und ungehindert wie auf einer geebneten Landstraße darauf fort, denn der Schnee hinderte mich wenig, da ich damals noch meine alten deutschen Wasserstiefel trug. Mehrere Male kreuzte ich auch die Spur von Wölfen, sah mich jedoch nicht einmal danach um, denn ich würde keinen Wolf geschossen haben, selbst wenn er mich darum gebeten hätte, weil ich Pulver und Blei mehr zusammenhalten mußte. In einer Gegend, wo man seine Munition nicht wieder ersetzen kann, geht man haushälterisch damit um; ich verließ mich daher auch auf meine Stücken Hirschwildbret und zog an ein paar Völkern Truthühner ruhig vorüber, wobei diese ebenfalls sehr wenig Notiz von mir zu nehmen schienen.

Nach einigen Stunden vorsichtigen Birschens jedoch, wobei ich immer noch nicht die stille Hoffnung aufgab, einem alten Bären zu begegnen, der seine Winterwohnung einmal verlassen haben konnte, obgleich dazu eigentlich wenig Hoffnung war, erreichte ich plötzlich einen Platz, wo in der vorigen Nacht etwa zwanzig Büffel gelagert haben mußten. Die Betten waren vom Schnee entblößt, die Zweige der Büsche ringsum abgenagt, und die Fährten sahen noch so frisch aus, als ob sie eben erst der weißen Schneedecke eingepreßt worden wären.

Das war alles, was ich wollte – Büffel – und welche Fährten fand ich? Ein alter Bulle vor allem mußte ein besonders starker Bursche sein. Natürlich hoffte ich die Herde, die meiner Ansicht nach nicht weit gewandert sein konnte, in kurzer Zeit beim Äsen zu erwischen, und schnell, aber so geräuschlos als möglich folgte ich den breit ausgetretenen Fährten eine Strecke am Fluß hinunter und dann wieder westlich von diesem ab, als ob sie nach ihrem gewöhnlichen Sammelplatz, den Cashsümpfen, hinüber gewollt hätten; auf einmal aber änderte sich ihre ganze Richtung, und sie waren wieder nordwestlich hinaufgerannt, und zwar diesmal, wie es schien, in wilder Eile.

Erst konnte ich mir dieses schnelle Wenden nicht erklären, fand aber bald die Auflösung in einer Masse Wolfsfährten, die wahrscheinlich die Herde, in der Hoffnung, ein Junges zu fangen, angefallen und zerstreut hatten, obgleich sich der Büffel sonst nicht besonders vor dem Wolf fürchtet. Jetzt ging auch für mich ein viel beschwerlicherer Marsch an, denn da sich die schweren Tiere vereinzelt hatten, mußte ich mir selbst meinen Weg hinter ihnen her bahnen. Unglücklicherweise war ein Schilfdickicht von ihnen durchbrochen worden und die Verfolgung daher erschrecklich beschwerlich gemacht, denn nichts ist dem Bärenjäger hinderlicher als eben diese Schilf- oder Rohrbrüche, in die sich besonders der Bär augenblicklich flüchtet und nur zu oft dadurch gerettet wird; denn wer einen solchen Bruch nie gesehen hat, kann sich unmöglich einen richtigen Begriff davon machen. Das Schilf selbst ist hart wie Holz, wird bis 1½ und 2 Zoll im Durchmesser stark, oft 30 und 40 Fuß hoch, steht auch in dem fruchtbaren, sumpfigen Tallande so dicht, daß man sich kaum dazwischen hindurchdrängen kann. Ein Fortschreiten in diesen Dickichten wird aber nur zu häufig durch die Unmasse dorniger Schlingpflanzen, die mit einem festen Gewebe ganze Strecken eng verbinden, fast unmöglich gemacht, wenn der Jäger sich nicht, in der Rechten das schwere, breite Jagdmesser, Bahn haut; kommt er aber zu einem in diesem Gewirr umgestürzten Baum, und die umgestürzten Bäume liegen nicht etwa selten darin, so ist an ein Weiterdringen in gerader Richtung gar nicht zu denken. Junge Bäume, Schlingpflanzen, Rohr und Dornen bilden dann eine Masse, durch die man sich nicht einmal Bahn hauen kann, und man muß den Platz umgehen.

Wie langsam aber in einem solchen Schilfbruch ein Vorrücken möglich ist, habe ich einst im Mississippital erfahren, wo ich drei Stunden zu einer Strecke von etwa 500 Schritt brauchte. Hier ging es jedoch besser; die Büffel hatten mir wenigstens etwas Bahn gebrochen, und mit dem Messer nachhelfend, folgte ich ziemlich rasch. Der Tag war aber auch jetzt sehr weit vorgerückt, und die hereinbrechende Dämmerung überraschte mich keineswegs angenehm. Das Schilf wollte gar kein Ende nehmen; wenn ich daher auch, beim hellen Schein des Schnees, der Spur in der Nacht hätte folgen wollen, so wäre dies schon wegen des dicken Rohres nicht möglich gewesen, das, nach allen Richtungen hinausstehend, die ganze Aufmerksamkeit des Hindurchdringenden am hellen Tage in Anspruch nahm, indem man sich bei jedem Schritt die Augen aus dem Kopfe stoßen konnte; daher zündete ich ein Feuer an, was mit Hilfe des Tomahawks und etwas trockenen Schwammes sehr bald gelang, reinigte einen Platz vom Schnee und hatte mich bald behaglich genug eingerichtet.

Ich lag gerade auf einer kleinen Erhöhung, mitten im Schilf, so daß ich gegen den kalten Nordwind einigermaßen geschützt war; der Platz hatte aber das Unangenehme, auch nicht die mindeste Aussicht zu gewähren. Nicht zwei Schritt weit konnte ich sehen und fühlte mich durch die Nähe des Dickichts, von dem ich förmlich umschlossen lag, beengt. Die Sache ließ sich jedoch nicht ändern, eine offene Stelle auszuhauen, dazu fühlte ich mich zu ermüdet, Wirtshäuser waren auch nicht in der Nähe, also machte ich gute Miene zum bösen Spiel und bekümmerte mich mehr um mein Feuer als um das Dickicht.

Weil ich doch noch nicht recht schläfrig war, holte ich, nachdem ich mein frugales Abendbrot verzehrt hatte, den Kompaß vor, und denselben gerade in eine der Büffelfährten an meiner Seite stellend, vertrieb ich mir damit die Zeit, zu raten, auf welchem ganz genauen Strich nun die Heimat läge, und dabei zu überlegen, wie mich hier, von diesem Punkt aus, das Abweichen eines 32stel Zolles zur Rechten oder Linken entweder in die Wüste Sahara oder nach Sibirien hinaufbringen könnte. Diesem Gedanken gesellten sich andere zu – was sie jetzt wohl zu Hause trieben, ob sie auch an mich hierher dächten, und noch viele, viele Dinge –, so daß ich endlich vom vielen Denken müde wurde und einnicken wollte. Da krachte ein kleiner Zweig – dicht neben mir. Zwar war der Laut gedämpft – der Zweig mußte unter dem Schnee gelegen haben – ich hatte es aber deutlich gehört und hob schnell den Kopf, um wenigstens den kleinen Raum, in dem ich lag, übersehen zu können; auch war ich in der Richtung noch ungewiß, instinktartig hatte ich aber das Messer aus der Scheide gezogen.

Eine Weile blieb alles ruhig, und ich konnte das Schlagen meines Herzens hören. Da krachte es wieder, ganz nahe. Was es auch immer sein mochte, es konnte sich keine zwölf Fuß von mir befinden. Deutlich vernahm ich auch jetzt die leisen Schritte im Schnee, wie das Tier trapp – trapp – trapp – trapp mich langsam umschlich. O, wie ich mir damals einen Hund wünschte!

Eine Zeitlang schien es still zu stehen, dann hörte ich es wieder in der andern Richtung, deutlicher noch als vorher. All' meine Sinne waren aber jetzt auf das peinlichste gespannt, denn jeden Augenblick erwartete ich irgendeine Bestie, ob Panther oder Wolf konnte ich nicht wissen, aus dem Dunkel hervorblinzeln und mich anschnüffeln zu sehen. In dieser angenehmen Hoffnung hatte ich nun freilich den Hahn der Büchse aufgezogen, aber auch diesmal starb das Geräusch hinweg, und das frühere lautlose Schweigen herrschte.

Aus allem Vorhergegangenen mußte ich nun nach wohl stundenlangem Harren vermuten, daß mich mein Nachtbesuch verlassen habe, doch war ich zu aufgeregt, um gleich einschlafen zu können, und blieb noch lange wachend liegen, indem ich einen vor mir stehenden Baum betrachtete, der ein gar eigentümliches Aussehen hatte. Es war ein ungeheurer Sassafrasstamm, der, von einem dichten Gewebe von Schlingpflanzen umgeben, seiner Äste und Zweige beraubt, wie eine riesenmäßige Säule gegen den dunklen Nachthimmel emporstarrte. Eine hohe, breite Schneekappe krönte den Gipfel. Im Sommer, wenn die Schlingpflanzen ihre grünen Blätter bekommen, sehen diese Baumleichen herrlich aus, denn dann ist von der alten, vertrockneten Rinde auch nicht die Spur mehr zu erkennen, und nur die grüne, lebendige Säule steht wie ein Denkmal vergangener Zeiten da, wo noch der Indianer die Wildnis durchzog, die jetzt sein Grab umschließt. – Ich schlief bald darauf ein, und der Morgenruf der Eulen weckte mich erst wieder.

Vor allen Dingen untersuchte ich aber jetzt, wer mein nächtlicher Besuch gewesen war, und fand auch dicht am Lager, einmal sogar bis auf drei Schritt, die Spuren eines ziemlich starken Wolfes, was mich um so mehr befremdete, da der Wolf sonst sehr menschenscheu ist und einem Lager selten gern naht. – Später übrigens habe ich oft Beweise vom Gegenteil erhalten, denn einmal, zwei Jahre darauf, holte mir eine solche Bestie das Jagdmesser fort, das dicht neben mir lag, und zerkaute den schweißigen Griff; ich hatte erst an demselben Nachmittag einen Hirsch damit aufgebrochen.

Mit neuen Kräften verfolgte ich nun die jetzt wieder vereinigten Fährten, die an manchen Stellen, wo kein besonderes Futter sie aus der Bahn lockte, eine förmliche Straße bildeten; aber wie ich auch spähte, immer noch konnte ich nicht das ersehnte Wild selbst entdecken, hundertmal wohl ließ mich ein niederbrechender Ast oder ein aufgescheuchter Hirsch ihre Nähe hoffen, stets sah ich mich aber getäuscht. Meine einzige Hoffnung blieb jetzt, als die Sonne wieder blutigrot am Horizont verschwand, die Nacht; der Wald war offener als am vorigen Abend, ich gedachte daher, meinen Weg fortzusetzen, da die Büffel auf keinen Fall nach einbrechender Dämmerung weiter wandern würden. Das wäre auch recht gut gegangen, denn hell genug leuchtete der Schnee, um die Fährten zu verfolgen; wieder aber stellte sich mir ein solch unglückseliges Schilfdickicht in den Weg, dazu umwölkte sich der Himmel, und ich wurde aufs neue gezwungen »beizulegen«.

Mein Nachtlager war ausgezeichnet, denn durch einen umgestürzten Stamm gegen den kalten Luftzug geschützt, bei einem herrlichen Feuer, an dem ein ansehnliches Stück Hirschwildbret schmorte, hätte ich mich sehr wohl fühlen können, aber – aber – die aufsteigenden Wolken machten mich besorgt, dazu wurde es merklich wärmer, und mir bangte vor Tauwetter. Ich war viele Meilen in den Sumpf eingedrungen und die ganze Zeit nur auf Eis marschiert, durfte daher wenig trockenen Boden hoffen, wenn diese Schneemasse jetzt flüssig werden sollte. Doch was konnte ich tun? Ich mußte es abwarten, hüllte mich also in meine Decke und schlief bald ein. Die Sonne mochte aber schon lange aufgegangen sein, als ich endlich erwachte und zu meinem Entsetzen das, was für mich das Schrecklichste war, bestätigt fand – es regnete, und die Luft war mild und warm wie im Mai. – O, wie ich mich jetzt nach einem tüchtigen Nordostwind sehnte!

Mit welchen Gefühlen ich übrigens meine nasse Decke zusammenrollte und mich marschfertig machte, läßt sich denken; dabei kamen mir bedeutend starke Gedanken an Umkehren und Büffel Büffel sein lassen; die Fährten aber sahen gar zu lockend aus, noch blieb mir die Hoffnung, sie einholen zu können, ja sogar die Wahrscheinlichkeit war vorhanden, daß sie bei solchem Wetter nicht weiter ziehen, sondern ruhig äsen würden; fest entschlossen also, da es jetzt doch auf eine Meile mehr oder weniger nicht ankam, folgte ich von neuem den Fährten und trotzte dem Himmel, der mir eine Wolke voll Wassers nach der andern auf den Pelz goß. Die Büffel schienen auch ganz in der Nähe zu sein; in den Fährten stand das schlammige Wasser, das ihre Tritte aufgerührt hatten, Losung sogar, die ich fand, war noch warm – ich mußte sie finden. – Da kam es mir plötzlich vor, als ob der liebe Gott alle Zapfen aus den Schleusen dort oben herausgezogen habe; es regnete nicht mehr, es wasserfallte, und der Erdboden glich einer ungeheuern Eislimonade, nur fehlten Zucker und Zitronen.

Es ist jedoch ein eigenes Ding um das Menschenherz; vor kleinen Beschwerden und Gefahren bebt es zurück. Stürmt aber alles wild und toll darauf ein, kommt ein Schlag nach dem andern: dann wird es verstockt und störrisch wie ein wilder Stier, macht die Augen zu und rennt blindlings gegen alles an, was sich ihm in den Weg stellt.

Etwas besser macht' ich's doch, die Bäume umging ich; aber so verbittert hatte mich dieser für mich wahrhaft fürchterliche Witterungswechsel gemacht, daß ich das äußerste zu wagen beschloß. Der ganze Wald stand unter Wasser, d. h. unter geschmolzenem Schnee, und ich mußte jetzt schon auf das höhere, mit Dornen und Schlingpflanzen bewachsene Land, da sich erstlich die Büffel hierher gewandt hatten und dann auch das Gehen auf dem Eise fast zur Unmöglichkeit wurde, indem es unter dem Schnee geschmolzen, wenigstens weich geworden war und beim zweiten oder dritten Schritt stets einbrach. Noch konnte ich die Fährten erkennen und folgte, oft bis an den Gürtel im Wasser, dem Wild – ich war gegen alles gleichgültig geworden und hatte nur den einen Gedanken noch: Büffel – ich wollte Büffel sehen – ich wollte einen schießen und wäre dann mit dem größtmöglichen Vergnügen gestorben, um nur nicht wieder den ganzen Weg, den ich gekommen war, zurückmachen zu müssen.

Da wurde der Wald plötzlich licht, und nach wenigen hundert Schritten dehnte sich eine weite, öde Fläche vor mir aus. Es war ein See – wenigstens jetzt. Er konnte aber nicht gefroren gewesen sein; denn es lag nur eine dünne Decke geschmolzenen Schnees auf der Oberfläche, und hier – hier waren die Büffel hindurch. Deutlich konnte ich die langen, dunklen Streifen erkennen, die sich querdurch zum andern Ufer zogen; vergebens aber spähte ich nach den Tieren selbst. – Eine rätselhafte Wanderlust trieb sie vorwärts, und ich unglückseliges Menschenkind hatte gerade diesen Zeitpunkt wählen müssen, um Jagd auf sie zu machen; doch das Überlegen brachte mich nicht weiter. Auf einem etwas trockenen Fleck band ich alle meine Habseligkeiten in die Decke zusammen, nahm diese auf die Schulter und – folgte den Fährten.

Noch jetzt, wenn ich an diese Jagd zurückdenke, kann ich nicht anders glauben, als daß ich damals einen gelinden Anfall von Wahnsinn haben mußte; denn wenn ich die Büffel wirklich überholte, so konnte ich höchstens ein paar Pfund Fleisch und vielleicht ein Horn als Siegeszeichen mitnehmen; ich fühlte aber jetzt nur den einen Trieb in mir, hatte nur das eine Ziel im Auge und fand mich sehr bald bis unter die Arme im Schneewasser, mitten im See. Als mir das Wasser über die Brust stieg, verging mir der Atem; doch war der Boden glücklicherweise fest, nicht schlammig, wie ich im Anfang gefürchtet hatte, und ich erreichte das andere Ufer – oder, besser gesagt, das höhere Land, denn von Ufer war keine Rede, – ohne unterwegs erstarrt zu sein. Hier fand ich das Wasser doch wenigstens nur knietief und atmete etwas freier. Zu meiner großen Verwunderung schien es aber Abend zu werden, und kaum konnte es, wie ich wenigstens glaubte, Mittagszeit sein. Sollten wir eine Sonnenfinsternis haben? dacht' ich einmal. – Das war möglich; aber immer dunkler wurde es, immer stiller im Wald. – In der Ferne ließ sich ein einzelner Wolf hören. – Es war kein Zweifel mehr, die Nacht brach schon wieder herein, und noch ist es mir unbegreiflich, wie mir die Zeit an jenem Tage entschwunden sein konnte.

Der Regen, der am Nachmittag etwas nachgelassen hatte, fing wieder an zu gießen, und als ich mich, mit gerade wenig freundlichen Gefühlen, nach einem Platze zum Lager umsah, regnete es, wie man sagt, Bindfaden. Trotzdem gab ich die Fährten nicht auf. An Feuermachen war jedoch gar nicht zu denken; auf dem trockensten Platze, den ich finden konnte, stand das Wasser 1½ bis 2 Zoll, und jedermann wird eingestehen müssen, daß das immer noch feucht war; ich kauerte, mich daher unter einen halb umgestürzten, schräg liegenden Baumstamm nieder, der wenigstens die fürchterlichsten Regengüsse von mir abhielt, obgleich ich auch schon bessere Dächer, als er war, gesehen habe, und versuchte zu schlafen. – Zu schlafen? Ja, wenn ich das einen Versuch nennen will, daß ich einige Male die Augen zumachte; an wirkliches Schlafen war aber natürlich unter solchen Verhältnissen nicht zu denken. Zwar trug ich noch ein Stück gebratenes Hirschwildbret bei mir, fühlte aber nicht den mindesten Appetit, es zu verzehren, und erwartete sehnend und vor Frost schüttelnd den anbrechenden Morgen.

Mitternacht mochte es sein, als ich, seit der Dämmerung, die ersten Wölfe wieder hörte. Sie schienen ganz in der Nähe zu sein und heulten jämmerlich. Die armen Bestien mochten wohl auch nasse Füße haben. So gleichgültig war ich aber gegen ihre Nachbarschaft, so abgestumpft gegen jede nur erdenkliche Gefahr geworden, daß ich es nicht einmal der Mühe wert hielt, das Messer aus der Scheide zu ziehen, sondern ruhig sitzen blieb und abwartete, was sie tun würden; denn schon der Gedanke, mich zu bewegen, war gräßlich. Es mochten sechs oder sieben Wölfe sein – so viel verschiedene Solosänger konnte ich wenigstens unterscheiden, und ich erinnere mich sogar noch recht deutlich, daß ich einmal gelacht habe, als ein junger Wolf mit einer besonders dünnen Stimme so gar klägliche Töne ausstieß. Immer näher kamen sie aber, und da es nicht anders möglich sein konnte, als daß sie mich wittern mußten, denn der Wolf wittert, wie bekannt, ungemein scharf, so begreife ich eigentlich jetzt noch nicht, was sie, wenn es nicht ihre grenzenlose Feigheit war, abhielt, über mich herzufallen, da ich ihre dunklen Gestalten deutlich erkennen konnte, wie sie im Wasser hin und her wateten.

Weil mir ihre Nähe aber doch jetzt fast etwas zu freundschaftlich wurde, beschloß ich, der Sache auf einmal ein Ende zu machen, nahm die Büchse an die Backen, zielte auf den größten Körper und drückte ab. – Ja, ich hatte gut drücken – es war alles naß geworden. Da blieb mir denn weiter nichts übrig, ich lehnte die Büchse neben mich und schloß die Augen. Die ganze Sache um mich her kam mir so ekelhaft und fatal vor, daß ich sie gar nicht mehr sehen mochte.

Endlich brach der so heiß ersehnte Morgen an; aber wie! – Grau und feucht. Der Regen hatte freilich nachgelassen, doch schien das Wetter noch viel wärmer geworden zu sein. Der Schnee war jetzt vollkommen geschmolzen und der ganze Wald eine flüssige Masse, in der jede Fußspur zusammenlief. Die Büffelfährten existierten nur noch in der Erinnerung. Da stand ich nun mit meiner Büffeljagd – Gott weiß, wie viele Meilen von irgendeiner menschlichen Wohnung entfernt, in einem Walde, in dem sich ein Frosch hätte erkälten müssen, mit einem Stückchen kalten, gebratenen Hirschfleisch und einer Büchse, die nicht losgehen wollte; ich verzehrte jedoch vor allen Dingen das Fleisch, wobei ich Pulver statt Salz gebrauchen mußte und stand dann auf, um meine Marschroute für diesen Tag zu beschließen.

Wie ich damals alles ausgehalten habe, ist mir jetzt noch ein Rätsel; naß zum Ausringen, die ganze Nacht im Schneewasser gekrümmt unter einem Baumstamm gesessen, von Wölfen umheult, fühlte ich mich jetzt so wohl und kräftig, als ob ich in einem warmen Bette geschlafen hätte, nur waren mir die Kniegelenke etwas steif.

Wenn ich aber auch zu meiner Zeit ein so eifriger Jäger gewesen bin, wie sich selten einer findet, so hatte meine Jagdlust durch die letzten Begebenheiten dennoch einen bedeutenden Stoß erhalten. Ich sehnte mich nach Menschen – nach Brot, nach Bergen; denn ohne Berge konnte ich mir gar keine Erlösung aus dieser Wasserwüste denken. Schnell faßte ich daher meinen Entschluß. – Ich hatte mein möglichstes getan, hatte bis auf den letzten Augenblick ausgeharrt und brauchte mir nichts vorzuwerfen; den Büffeln sagte ich also mit einem halb traurigen, halb ärgerlichen Blicke nach Südwesten Lebewohl und schlug die gerade Richtung nach Nordost ein, um an den St.-Francisfluß, an die breite Fahrstraße zu kommen und von dort den Mississippi zu erreichen, auf dem ich in den Ohio und auf diesem nach Cincinnnati zurückkehren wollte.

Meiner Lust nach dem Urwald war für eine Zeitlang genügt, und ich kann mit gutem Gewissen fragen, wer hätte den Wald unter solchen Umständen nicht satt bekommen? Das »Sattbekommen« allein half mir aber noch nicht heraus, und der vor mir liegende Weg erfüllte mich mit Grausen und Schauder. – Tagelang mußte ich noch in dem kalten Wasser fortwaten, und eine einzige Nacht Frost konnte meinen Untergang herbeiführen, denn wenn sich jetzt auf dem Wasser eine dünne, scharfe Eisrinde sammelte, so wär' ich verloren gewesen. Glücklicherweise blieb es aber warm, und ich trat meinen Marsch, wenn auch nicht mit Singen und Jubeln, aber doch mit dem festen Entschluß an, alles, auch das Schlimmste, ohne Murren zu ertragen.

Unmöglich wäre es jedoch, den Weg zu beschreiben, den ich zu durchwandern hatte. Nur wenige Streifen trockenen Landes fand ich und hielt auf dem ersten, um meine Büchse wieder instand zu setzen. Dann aber durch Sumpf und Moor, durch Fluß und seegleiche Wasserstrecken meine Bahn verfolgend, oft bis unter die Arme im Eiswasser – einige Male mußte ich sogar schwimmen –, erreichte ich gegen Abend einen hohen indianischen Grabhügel und erquickte mich in dieser Nacht wieder bei einem lodernden Feuer und einem am Spieße steckenden Truthahn, den ich, wenige hundert Schritt von meinem Lager, von einem Baume heruntergeschossen hatte.

Am andern Morgen schlug ich neugestärkt meine Nordostrichtung wieder ein und erstaunte nicht wenig, als ich ungefähr um neun Uhr morgens plötzlich Rauch witterte und gleich darauf ein noch nicht ganz niedergebranntes Feuer vor mir sah.

Das niedergedrückte Laub an der Windseite desselben verriet deutlich, daß ein einzelner Jäger dort gelagert hatte; auch waren vier Hunde mit dem Unbekannten, die sich ihre Betten neben ihm gemacht hatten. Etwa 20 Schritt vom Feuer lag etwas Welschkorn auf der Erde, und die Zeichen am Baume, wo ein Pferd angebunden gewesen war, wie die Spuren seiner Zähne in der Baumrinde ließen sich nicht verkennen.

Wie es schien, hatte der Jäger vor kaum einer Stunde seinen Weg fortgesetzt, und da noch der Tau und Frost des kalten Morgens auf den Blättern lag, so war seine Spur, die nach Südost führte, leicht zu finden. Ich hatte sie erst eine kurze Strecke verfolgt, als ich einen Schuß gerade vor mir, obschon in ziemlicher Entfernung, hörte. So schnell wie möglich folgte ich dem Schalle und kam gerade an Ort und Stelle, als der Schütze sein Pferd wieder besteigen wollte, seine Jagd fortzusetzen. Ein aufgebrochener Hirsch hing an einem jungen Baume, und vier Hunde sprangen bellend gegen mich heran.

Der Jäger war ein Mann mit Namen Pearce, der hier im Sumpfe wohnte, und den ich ziemlich gut kannte. Wir beide begrüßten uns herzlich und waren gegenseitig froh, uns zufällig getroffen zu haben. Er versicherte mir, daß ihm nichts so viel Spaß mache, als mir begegnet zu sein, denn er war, wie er sagte, gerade im Begriff, nach einem Baume hinzugehen, den er vor einigen Tagen gefunden, und worin sich unstreitig ein Bär aufhalten müsse, denn eine Menge Zeichen wären ringsherum, die es fast außer allen Zweifel setzten.

Den Hirsch hatte er auf seinem Wege geschossen und dort aufgehangen, um auf dem Rückwege das Beste davon mitzunehmen und die Hunde mit dem übrigen zu füttern.

Mit Freuden nahm ich seinen Vorschlag, ihn zu begleiten, an; meinen Entschluß, nicht mehr zu jagen, hatte ich schon fast vergessen oder doch aufgeschoben, und mit verdoppelten Schritten eilten wir dem Brushy-Lake zu, den wir gar bald erreichten. Hier waren wir allerdings, wie P. fand, nachdem er sich ein wenig orientiert hatte, zu viel südlich gekommen und daher genötigt, wieder eine Strecke stromauf zu gehen. Wir lagerten aber, da wir beide müde waren, sehr früh an diesem Nachmittag auf einem trockenen, etwas höher gelegenen Stück Land.

Nur wenige Schritte von unserem Lager stand ein Sassafrasbaum, dessen Rinde, etwa 7 Fuß vom Boden, ganz zerbissen und zerkratzt war.

Ich hatte schon lange gelegen und ihn beim Scheine des hell auflodernden Feuers betrachtet, als mich P. fragte, ob ich wohl wisse, warum der Bär, so hoch wie er nur reichen könne, die Rinde auf solche Art zerkaue. Auf meine Verneinung erzählte er mir folgendes: Der Bär, wenn er im August der Fährte der Bärin nachgeht, streckt sich auf seinem Wege an einem oder vielleicht auch an mehreren Bäumen, am liebsten Sassafras oder Fichte, in die Höhe und beißt, so daß seine Hintertatzen noch auf der Erde stehen, so hoch, als er irgend beißen kann, in den Baum, kratzt mit den Tatzen, so hoch er kratzen kann, und setzt dann seinen Weg weiter fort. Nimmt ein anderer Bär die Fährte desselben Weibchens auf und findet diese Zeichen, so richtet er sich ebenfalls am Baume in die Höhe und versucht dasselbe Experiment. Kann er nun höher einbeißen und hinaufkratzen oder wenigstens ebenso hoch wie sein Vorgänger, dann folgt er der Fährte und versucht den Kampf; kann er aber das nicht, dann geht er ruhig seiner Wege, um eine andere Spur aufzusuchen.

Die Sache schien mir etwas zweifelhaft, doch ließ sich nicht leicht etwas dagegen einwenden, da ich selber sehr häufig diese Merkmale an den Bäumen gefunden habe und wirklich oft von zwei verschiedenen Bären; doch wer kann da sagen, was der Bär eigentlich denkt, wenn er dies tut. Wir schliefen die Nacht sehr gut, und die Sonne stand schon hoch am Himmel, ehe wir wieder marschfertig waren.

Es mochte zehn Uhr morgens sein, als P. mir plötzlich eine dicke Zypresse zeigte, die dicht am Ufer des kleinen Flusses stand, und versicherte, daß in dieser der Bär stecke. Der Baum mochte über 4 Fuß im Durchmesser haben, und in der Rinde waren deutliche Spuren von den Klauen des Bären eingedrückt; wir rüsteten uns daher bald zu unserem Vorhaben.

P. hatte erst den Schläfer durch Rauch heraustreiben wollen, doch da dies nur zu oft sehr viel Zeit wegnehmen soll und wir jetzt zu zweien waren, machten wir uns daran, den Baum, der noch dazu unten fast ganz hohl war, mit unseren Tomahawks auszuhauen. Wir brachten das Pferd in sichere Entfernung, und bald erklang der Wald von wiederholten Schlägen unserer kleinen Äxte. Da es schon zwei Uhr sein konnte und der Baum noch immer stand, fing es an, den Hunden langweilig zu werden, weshalb sie sich zerstreut hatten und um uns herum nach Kaninchen und Waschbären jagten.

Wir hatten eine Weile ausgeruht, ein paar Bissen gegessen und eben wieder unsere Arbeit begonnen, als Pearce plötzlich ausrief: Look out, the bear!

Schon beim ersten Worte hatte ich zur Büchse gegriffen. Wie ein Blitzstrahl fuhr der Bär jetzt am Baume herunter, und das Gewehr auf ihn abdrücken, es wegwerfen und mit dem Messer auf ihn zuspringen, war bei uns beiden das Werk eines Augenblicks; doch schlangengleich schlüpfte die Bestie zwischen uns durch, und beinahe wären wir mit unseren gezückten Messern gegen einander gerannt. Keiner wußte, daß der andere geschossen hatte, so zu gleicher Zeit waren die Schüsse gefallen.

Der Bär, aus seinem Winterschlafe eben aufgewacht und so gegen alle Gesetze der Höflichkeit behandelt, wußte nicht recht, wie ihm geschah; doch die vom Schusse herbeigelockten Hunde nötigten ihn bald, Fersengeld zu geben. Pearce hatte sich aufs Pferd geworfen und galoppierte nach, und ich, die Büchse zurücklassend, folgte mit dem Messer in der Hand, so schnell mich meine Beine tragen wollten. Nur eine kurze Strecke lief das von unseren Kugeln schwer verwundete Tier und erstieg, als es fand, daß es den näher kommenden Hunden nicht mehr entgehen konnte, einen Baum. Pearce, der die leere Büchse mit aufs Pferd genommen hatte, sprang herunter und lud, und ich kam gerade noch zu rechter Zeit zu sehen, wie der Bär, von einer sicheren Kugel durchbohrt, hoch aufsprang, sich wendete, mit beiden Tatzen noch einen Augenblick am Stamme sich festhielt und dann mit schwerem Fall herunterstürzte.

Da es schon zu spät am Tage war, noch weiter zu wandern, schlugen wir da, wo ich meine Büchse gelassen hatte, und wo noch einige von P.s Sachen lagen, fröhlich unser Lager auf, schleppten Holz zum prasselnden Feuer und bereiteten ein vorzügliches Abendessen. Da P. schon mehrere Tage im Walde war, so hatten wir morgens seinen letzten Kaffee getrunken. Ich riß deshalb eine Sassafraswurzel aus, schnitt sie klein, warf sie in unsere Becher und hatte bald einen ziemlich guten Tee fertig, um wenigstens etwas Heißes zu haben, mit dem wir das Fleisch hinunterspülen konnten.

Nachdem wir uns so gelabt und neu gestärkt, wickelten wir uns in unsere Decken und schwatzten noch ein wenig zusammen.

P. erzählte mir auch etwas Näheres über den Winterschlaf der Bären.

Diese suchen sich im Herbst gegen Dezember einen Baum aus, in dem sie überwintern wollen, und kratzen und reinigen ihn dann inwendig so gut wie nur irgend möglich. Ist dies geschehen, so klettern sie um Weihnachten oder Neujahr, wenn die kalte Jahreszeit beginnt, hinauf und steigen mit dem Hinterteil zuerst in ihre neue Wohnung hinab. Bis gegen Ende Februar rühren und regen sie sich nun nicht, wenn sie nicht von einem Jäger durch die äußeren Kennzeichen am Baume aufgefunden und mit der Axt oder durch Feuer aus ihren Winterquartieren vertrieben werden. Mitte März aber, oft schon im Februar, verläßt Braun häufig sein Lager, um Wasser zu trinken, geht jedoch stets wieder zurück, bis das Wetter milder wird und er dann wie gewöhnlich seine Nahrung aufsucht. Viele Bären überwintern auch gar nicht in hohlen Bäumen und beißen sich nur in den dicken Röhrichten oder Schilfbrüchen eine Masse Rohr um, aus dem sie sich ein dichtes, festes Lager bereiten.

Von dort, wo wir lagen, bis zum nächsten Hause, hatte ich ungefähr noch 10 Meilen gegen Nordosten zu machen und war dann auch durch den schlimmsten Sumpf. So zeigt sich mir denn endlich einmal die Hoffnung, wieder auf festem Boden zu wandern und nicht mehr wie eine Amphibie bald im Wasser und bald in der Erde oder vielmehr im Schlamme zu stecken.

Wir hatten einige Stunden vortrefflich geschlafen, als plötzlich, nur wenige Schritte von uns entfernt, ein ungeheures Krachen, als wenn Himmel und Erde bersten wollte, uns blitzschnell auf die Beine brachte. Der Baum, den wir gestern fast umgehackt und dann nicht weiter beachtet hatten, war von dem sich erhebenden Winde umgestürzt. Eben dieser Wind aber bewirkte unsere Rettung, denn er warf den Baum auf die unserem Lager entgegengesetzte Richtung, sonst hätten wir unsern Leichtsinn schwer büßen können. Jetzt war er glücklicherweise von uns abwärts und gerade über den Brushy-Lake gefallen und bildete für mich am nächsten Morgen keine üble Brücke. Die Hunde zogen gleich beim ersten Krachen die Schwänze ein und empfahlen sich. Wir lachten noch eine Weile über unser schnelles Aufspringen und legten uns dann wieder ruhig nieder.

Als es tagte, waren wir beide gerüstet. Pearce packte sein Bärenfleisch aufs Pferd, und ich selber wanderte, herzlichen Abschied von ihm nehmend, nach Nordosten. Nach dreistündigem Marschieren, fast immer bis an die Knie, oft bis an den Gürtel im Wasser, erreichte ich endlich die breite Straße, die nach Memphis führt, und zog nun östlich.

Nachmittags kam ich an St.s alte Farm und ging noch eine halbe Meile weiter, um bei M'O. zu übernachten. Ich freute mich schon den ganzen Weg auf ein warmes Bett und ein Lager in einem Hause unter Menschen.

M'O. nahm mich herzlich auf und tat alles, um mir es so behaglich wie möglich zu machen. Seine Frau kam erst später, da sie in die Nachbarschaft geritten war, um ein paar Witwen zu besuchen.

Es ist merkwürdig, wie viele Witwen sich in diesem Sumpfe aufhalten; wo man hinkommt, findet man eine Witwe, und ich bin fest überzeugt, der alte »Weller« in den Pickwickiern würde sich hier höchst unglücklich gefühlt haben. Das Klima muß außer allem Zweifel in jener Gegend gesünder für das weibliche Geschlecht sein, denn der Mann stirbt fast immer zuerst – vielleicht aber auch nur deshalb, weil er der Sumpfnässe mehr ausgesetzt ist und größere Strapazen zu ertragen hat als die Frau.

Wir saßen am flackernden Kaminfeuer und erzählten uns eben ein paar Geschichten, als sich auf einmal die Tür, der ich den Rücken zugedreht hatte, verdunkelte; ich wandte mich um, den neuen Ankömmling zu sehen, und sprang entsetzt auf, – denn – es war der lange Methodistenprediger. Allmächtiger Gott, so nahe dem Entrinnen – nur noch eine Nacht, und ich wäre aus seinem Bereich gewesen –, und dennoch ereilte mich die lange Gestalt wieder. Mit zwei Schritten war er bei mir, reichte mir die Hand, und kraftlos sank ich in meinen Stuhl zurück. M'O. ging hinaus, sein Pferd zu besorgen, und er selber verlor indessen keine Zeit, mir mit gar erbaulicher Stimme die Vorteile eines religiösen Lebenswandels auseinanderzusetzen. Da erwachte aber in mir der Geist des Widerspruches, und wir begannen eine ernsthafte Debatte, bei der es nicht an mir lag, wenn er nicht erfuhr, was ich eigentlich über die Schreierei dachte.

M'O. kam jetzt herein und nahm des Langen Partei, aber ich hielt stand. Endlich kam auch noch die Frau und schlug sich zu meinen Feinden, ich behauptete aber immer noch meine Stelle; doch hätten die drei Alliierten auf jeden Fall meine Festung nach kurzer Zeit ausgehungert und zur Übergabe gezwungen, wenn nicht eine Negerin, als es gerade anfing dunkel zu werden, zu meiner Hilfe mit dem Abendessen angerückt gekommen wäre.

Vor dem Essen hielt der Schreckliche ein wahrhaft Entsetzen erregendes, langes Tischgebet, so daß selbst die fromme Frau vom Hause anfing, für ihre Speisen besorgt zu werden und unruhig auf dem Stuhle hin- und herrückte. Doch auch dies endigte, und wir fielen nun wie Werwölfe über das Nachtmahl her.

Als wir nach dem Essen wieder am Kamin saßen, plagte M'O. der Böse, daß er den Langen bat, er möchte doch etwas singen, aber beinahe wäre ich diesem um den Hals gefallen, als er mit trauriger Miene versicherte, er hätte sein Buch vergessen, es stecke im braunen Rock zu Hause. – Ich sah den braunen Rock mit dem schmalen Kragen und den langen Schößen, den abgetragenen Knöpfen und dem dunkelbraunen Flicken am linken Ellbogen ordentlich am Nagel hängen. – Meine Freude währte aber nicht lange, denn er versprach M'O., er wolle sein Bestes versuchen, ihm ein Lied auswendig vorzusingen.

Es mochte sechs Uhr sein, als er mit bald schmetternder, bald näselnder Stimme, nachdem er in drei verschiedenen Tonarten erst probiert und in der ersten zu tief, in den beiden anderen bedeutend zu hoch angefangen hatte, das schöne Lied: »It is the old ship, oh Zion, Hallelujah« begann.

Es schlug auf der hölzernen Wanduhr sieben, es schlug acht, es war halb neun, und noch immer hatte das unselige Lied kein Ende, von dem er jeden Vers dreimal wiederholte, und Gott weiß, wie viele es hatte, als er plötzlich aufhörte und ruhig zu M'O. sagte, daß dies alle die Verse wären, die er von diesem Liede auswendig wüßte. Nachdem der Mensch fast drei Stunden gesungen hatte, sagte er, er wisse die Verse nicht alle.

Wir waren sehr müde geworden, und als der Braune nur erst einmal Ruhe gab, schliefen wir bald ein. Mit Sonnenaufgang wanderte ich neugestärkt dem St.-Francisriver zu und erreichte Strongs Post office noch vor Sonnenuntergang.

Das war nun zwar ein Postamt; aber der Deutsche darf um Gottes willen kein solches Postamt darunter verstehen, wie sie sich selbst in den kleinsten Städten Deutschlands finden.

In den weitläufigen, sehr wenig angebauten westlichen Staaten würde der Verkehr durch Briefe fast unmöglich sein, wären nicht hier und da Farmer, welche die Stelle eines Postmeisters übernähmen. Diese sind nun in allen Countys verteilt und haben, da der Briefwechsel unbedeutend ist, nicht sehr viel zu tun. Ein reitender Bote durchzieht zu Pferde das Land eine bestimmte Strecke weit, ein ledernes, mit Eisen beschlagenes und mit einem großen Vorhängeschloß versehenes Felleisen mit sich führend, und gewisse Stationen sind angenommen, in denen er übernachtet. So geht z. B. ein sogenannter »mail rider« von Memphis in Tennessee ab, der die Briefe für Little Rock und Batesville mit sich führt. Dieser reitet bis zu Strongs Plantage, etwa 40 Meilen, und nimmt von dort aus wieder die Briefe nach Memphis mit zurück; von Strongs aber gehen zwei andere Postillone, einer nach Batesville, ein anderer nach Little Rock.

Die Vereinigten Staaten geben nun für eine gewisse Vergütung das ganze Postwesen in einem bestimmten Bezirk an irgendeine Privatperson, die sich darum bewirbt. Diese bekommt jährlich ihr gesetzliches Gehalt und muß zu bestimmten Tagen die Briefe an ihre Adressen befördern. Wie dann der, der den Kontrakt gemacht hat, das besorgt, ist ganz gleichgültig, ob er zu Fuß oder zu Pferde oder durch einen Wagen geschieht, wenn es nur besorgt wird. Strong hatte einen solchen Vertrag abgeschlossen, und man sagte, daß er sich sehr gut dabei stände. Andere kleine Posthalter aber, die vielleicht nahe an einem Countysitz oder einer kleinen Ansiedelung wohnen, haben weiter gar keinen Nutzen davon, als die Ehre und freie Beförderung der eigenen Briefe. Der Farmer, der dies übernimmt, muß einen Schwur leisten, daß er alles ehrlich und redlich besorgen will, und bekommt dann einen Schlüssel zum Brief-Felleisen, öffnet dasselbe, wenn es zu seinem Hause kommt, nimmt die für seinen Bezirk bestimmten Briefe, die sich dann jeder selbst abholen muß, heraus, tut die abzusendenden hinein, schließt zu und hat so seiner Pflicht Genüge geleistet.

Sehr oft aber wird mit diesen Felleisen äußerst nachlässig umgegangen, und ich habe selbst gesehen, daß das, welches zwischen Strongs und Batesville hin- und herging, an der Seite, wo es mit Eisen beschlagen, ganz aufgerissen war, so daß der Mailrider in meiner Gegenwart eine ganze Hand voll Briefe herausnahm, mir zeigte und wieder hineinsteckte.

Bei Strongs fand ich einen Brief an mich aus Cincinnati, worin mir Vogel schrieb, daß nach und nach drei Briefe von Deutschland für mich angekommen seien und ich doch bald hinaufkommen möchte.

Der nächste Tag schon fand mich auf der andern Seite des St.-Francisriver, wo ich dann wieder dieselbe Sumpfstrecke durchwanderte, die Uhl und ich vor etwa neun Monaten mit solchen Mühseligkeiten und Beschwerden durchzogen hatten. Zwar war auch jetzt der Weg noch sehr schlammig und beschwerlich zu durchwandern, doch in keinem Vergleich mit dem damaligen Zustande.

Etwas nach Dunkelwerden erreichte ich den See, und auf mein Rufen kam der Fährmann, der mich ans andere Ufer brachte.

Ein anderer Fährmann als der frühere wohnte jetzt auf dem Platz, und ich beschloß, da der Himmel etwas verdächtig aussah, die Nacht in seinem Hause zuzubringen. Er war ein junger Mann und lebte mit einem kleinen Negerknaben allein; vor dem Hause war aber Gesellschaft genug, denn an der Stelle, auf der Uhl und ich damals die Nacht zugebracht hatten, lagerten jetzt drei Familien, die nach Texas ziehen wollten.

Als wir uns eben zum Schlafengehen anschickten, kam ein alter Mann ins Haus und sagte dem Wirt, er sei nicht ganz wohl und möchte daher gern unter Dach und Fach schlafen. Nach erhaltener Erlaubnis breitete er seine Decke am Feuer aus und setzte sich noch eine Weile auf dieselbe, mit beiden Armen sein linkes Knie umfassend und starr in die Flamme sehend.

Der Negerjunge, der sich in einer Ecke des Kamins niedergekauert hatte, betrachtete den Alten aufmerksam, ohne daß dieser weiter Notiz von ihm genommen hätte, bis er sich plötzlich gegen ihn wandte und zu ihm sagte: »Höre, lieber Junge, ich habe nachts immer böse Träume, die mich arg peinigen, möchtest Du mich wohl recht tüchtig schütteln, wenn ich zu reden und mit den Händen umherzuschlagen anfinge?« Der Junge nickte, während das Weiße in seinen Augen sich noch um ein Bedeutendes zu vergrößern schien. »Aber,« fuhr der Alte fort, »ich habe einen sehr festen Schlaf, und Du mußt mich derb schütteln.« Der Junge nickte stärker. »Recht stark, verstehst Du? Wenn Du es tust, will ich Dir einen bit (etwa 5 Groschen) geben.« Der Junge grinste jetzt so fürchterlich, sein großes Maul von einem Ohr bis zum andern ziehend, und nickte dabei so schrecklich, daß ich wirklich Angst hatte, der obere Teil seines Kopfes würde abfliegen.

Der Alte fiel nun auf seine Decke zurück, und der Junge blieb wie ein Tiger auf der Lauer liegen. Vergebens wälzte ich mich auf meinem Lager umher, ich konnte nicht einschlafen, und mochte wohl etwa anderthalb Stunden in einem halb träumenden, halb wachenden Zustande gelegen haben, als ich plötzlich ein tiefes Stöhnen hörte. Ich dachte augenblicklich an den Alten und die Abmachung, die er mit dem Negerjungen getroffen hatte, und wandte mich zu ihm hin, zu sehen, ob dieser etwa eingeschlafen war. Der aber kniete wie die der Maus harrende Katze zusammengekauert in der Ecke, den Schlafenden mit ordentlich peinlicher Aufmerksamkeit anstarrend. Der Mann lag allerdings wieder eine kurze Zeit ruhig, endlich aber bewegte er sich wieder, stieß ein paar abgebrochene Laute hervor und hob einen Arm in die Höhe. Darauf hatte der schwarze Wärter nur gepaßt; mit einem Satze hatte er den Schlafenden bei der Schulter gepackt, und ihn mit aller nur möglichen Gewalt schüttelnd, rief er: »Master, Master, open your eyes, open your eyes! damn' you, open your eyes! Master!

Der also Gerüttelte erwachte endlich und wollte sich mit einem »thank you« (dank' Euch) auf die andere Seite legen, aber so leicht kam er nicht davon. »Master, Master – o Master!« rief der Kleine, ihn heftiger schüttelnd wie vorher. »Ich sage Dir, ich wache,« rief der Alte, »Du schüttelst mir ja die Seele aus dem Leibe!« Damit versuchte er aufs neue einzuschlafen; aber der Schwarze war auch jetzt noch nicht zufrieden. »Oh Master! Master!« rief er und verdoppelte seine Anstrengung an der Schulter des Alten. »Hell and damnation,« rief dieser jetzt aus, »why in the name of the devil na you shake me, when I am wide awake?«Hölle und Verdammnis! Warum in des Teufels Namen schüttelst Du mich, wenn ich wache? Der Kleine war, von den drohenden Gesichtszügen des Alten erschreckt, aufgesprungen und sagte zitternd: »I – I – I want that bit!«

Der Alte, auf der Decke aufrecht sitzend, der Junge, den ängstlichen Trotz in den dunklen Zügen – die Gruppe war zu komisch und ich mußte laut lachen; die beiden vereinigten sich jedoch später, und ich schlief bald darauf ein.

Der nächste Tag fand mich wieder früh auf dem Marsche, und ich erreichte am 11. abends das wohnlich aussehende Farmhaus eines, wie die großen Baumwollen- und Maisfelder zeigten, wohlhabenden Pflanzers, warf, als ich auf meine Frage um Nachtquartier eine freundlich bejahende Antwort erhielt, Büchse und Ranzen in die Ecke und mich selbst auf einen bequemen, weichen Stuhl ans Feuer.

Der Deutsche muß aber ja nicht glauben, daß die Frage nach Nachtquartier, die man an den begangenen Straßen Amerikas tun muß, sich auf irgend etwas Gastfreundliches beziehe. Der Fremde, der eine betretene Straße entlang zieht und in einem Hause übernachten will, mag sich stets darauf gefaßt machen, zu bezahlen, was für Abendessen, Schlafen und Frühstück gewöhnlich einen halben Dollar beträgt, da mag dann das Essen und Lager so gut oder so schlecht sein wie es will, der Preis bleibt sich fast immer gleich. Nur bei Strongs mußte ich einen ganzen Dollar bezahlen, was jedoch überteuert war.

Dort natürlich, wo keine Verbindungsstraßen durchgehen, und wo der Landmann auch nicht darauf eingerichtet ist, Fremde zu beherbergen, läßt er sich das, was er hat, nicht bezahlen. Daher kommt es, daß in ganz Arkansas, wo, außer in kleinen Städten, fast jeder Farmer Reisende beherbergt. Der Preis, ein Pferd über Nacht zu füttern, richtet sich aber nach der Gegend und nach dem Maisertrage. Im Sumpfe betrug er 50 Cents (½ Dollar), im oiltrove bottom hingegen nur 25, da dort außerordentlich viel Mais gebaut wurde. Im Süden steigt er noch höher, im Nordosten hingegen ist er bedeutend billiger.

Wie ich beim Eintritt in das Haus gewahrte, waren auch Damen dort, jedoch in einem andern Teile. Ich war in einem Zimmer allein. Als es zu dämmern anfing, holte ich meine Zither hervor und begann mir selber etwas vorzuspielen.

Ein Negerjunge, den der Klang der Saiten ins Zimmer gelockt hatte, lief bald wieder hinaus, wahrscheinlich um seiner Mistreß zu sagen, was für ein kurioses Instrument da drüben in der Stube sei. – Damen sind unbestritten neugierig, und so währte es auch gar nicht lange, daß sie mich zu sich hinüber bitten ließ, das neue Instrument zu sehen. Freilich ließ mein Kostüm manches zu wünschen übrig, um es selbst den geringsten Ansprüchen gegenüber für eine Damengesellschaft passend zu finden. Die letzte Sumpfpartie hatte ebenfalls nicht dazu beigetragen, meine Toilette zu verbessern. Das Jagdhemd, das ich jetzt zehn Monate trug, war von Wetter, Dornen und Wasser arg mitgenommen, und meine Wäsche bestand gegenwärtig noch aus einem einzigen Hemd, das ich jedesmal, wenn es schmutzig war, in kaltem Wasser auswaschen mußte. Jeder aber, der das selber schon einmal mit durchgemacht hat, weiß, wie schwer Truthahn- und besonders Bärenschweiß ohne Seife mit kaltem Wasser aus der Wäsche geht.

Das war mein Anzug; ich dachte aber, wenn er für mich schon so lange gut genug gewesen wäre, würde er auch einmal ein paar Stunden für die Damen gut sein können, ging also frisch mit meiner Zither hinüber, wurde sehr freundlich von ihnen empfangen und fing an zu spielen.

Die Amerikaner haben im ganzen wenig Sinn für unsere ruhige, gefühlvolle Musik; sie sind ein Volk, das schnell lebt, alles schnell treibt und daher auch schnelle Musik wünscht. Wenn sie daher ein Lied hören, zu dem sie nicht den Takt von einem ihrer »reels oder hornpipes« schlagen können, so sagen sie: »Das verstehen wir nicht«. Eine Ausnahme macht hiervon jedoch ein großer Teil der gebildeteren Klasse, und zu dieser gehörte glücklicherweise mein Publikum.

Die jüngere Dame war die Frau vom Hause, noch ein sehr junges, liebes Weibchen, das freilich etwas blaß aussah; aber ich möchte auch wissen, wie ein menschliches Wesen in diesen nichtswürdigen Sümpfen wohnen könnte, ohne blaß auszusehen. Die ältere, eine recht freundliche, ehrwürdige Matrone, schien nur zum Besuch gekommen zu sein. Sie waren höchst einfach, aber geschmackvoll gekleidet, was überhaupt den Amerikanerinnen bis zu den niedrigsten Klassen eigen ist, und die ganze Umgebung war wie in einem Puppenstübchen, nett und reinlich. – Ich paßte ganz allerliebst da hinein.

Das neue, noch nie gesehene Instrument gefiel ihnen ungemein, und aufmerksam lauschten sie den sanften, stillen Weisen der deutschen und schottischen Lieder, ja sie konnten von Musik gar nicht genug hören, und es war elf Uhr, ehe ich mich aufs Lager warf. Die junge Frau hatte auch ein Pianoforte, spielte aber erst zu kurze Zeit, um es schon zur Vollkommenheit gebracht zu haben.

Ich verlebte bei diesen lieben Leuten seit langer Zeit wieder einmal einen angenehmen Abend in gebildeter Gesellschaft und werde die gastfreundliche, herzliche Aufnahme der Familie Collins nie vergessen.

Ich hatte von hier aus nur noch 13 englische Meilen bis Memphis, dabei gute Straße und stand nachmittags zwei Uhr abermals an den Fluten des Mississippi. Die Fähre brachte mich über den Strom nach Tennessee; hinter mir lag Arkansas, und zum zweitenmal kehrte ich aus dem wilden Waldleben in ein zivilisierteres, wer weiß ob glücklicheres, zurück.

In Memphis angekommen, war indessen meine Barschaft so herabgeschmolzen, daß ich, da ich mir doch einige Kleider anschaffen mußte, genötigt war, Arbeit zu suchen; hier übrigens, meinem gefaßten Vorsatz getreu, verkaufte ich auch meine Büchse und war wirklich fest entschlossen, nie wieder auf die Jagd zu gehen. Ich hatte das Leben gründlich satt bekommen.

Memphis war damals noch ein ziemlich kleines Städtchen, das auf dem an dieser Stelle ungeheuer hohen und schroffen Ufer des Mississippi liegt und wegen der Steilheit des Ufers vom Flusse aus gar nicht gesehen werden kann. Die Dampfboote landen daher an sogenannten »Wharftboats«, alten, ausgedienten Dampfbooten, die zu diesem Zweck dort befestigt sind, für Memphis bestimmte Fracht einzunehmen, oder abgehende zu verabfolgen. Es wird übrigens in späteren Zeiten ohne Zweifel ein bedeutender Ort werden, da das Innere des Landes stark angebaut und Memphis der einzige Verbindungsort sowohl mit den nördlichen als südlichen Staaten ist. Es liegt an der Mündung des Wolfriver in den Mississippi.

Leider waren damals die Zeiten gerade sehr schlecht, und ich konnte keine andere Beschäftigung bekommen, als Klafterholz zu hauen. Das war aber für meinen geschwächten Körper und meine mit der Axt ungeübte Hand keine Kleinigkeit; doch ist die Not eine sehr gute Lehrmeisterin.

Eine halbe Stunde von der Stadt, wo ein Kaufmann, der auch eine Sägemühle hatte, ein Stück Land besaß, hieb ich für diesen Klafterholz und bekam dafür die Kost und ½ Dollar für die Klafter. Die Klafter oder »cord«, wie sie es dort nennen, ist 8 Fuß lang, 4 Fuß hoch und 4 Fuß tief.

Obgleich meine Arbeit und zwar im Anfange sehr langsam von statten ging, fand ich mich doch bald hinein und konnte später im Durchschnitt wenigstens eine Klafter auf den Tag rechnen, die ich fällte, spaltete und aufsetzte. Amerikaner, die gut mit der Axt umzugehen wissen, setzen aber zwei auf, und es ist in Amerika ziemlich fest angenommen, daß ein tüchtiger Arbeiter mit der Axt gerade so viel fertig bringt wie zwei Mann mit der Säge.

Etwas über vierzehn Tage arbeitete ich so hart, wie nur ein Mensch arbeiten kann, dann aber beschloß ich, nach Cincinnati hinauf zu gehen, um erstens meine Briefe zu holen, dann auch wohl dort andere Arbeit zu finden, vor allen Dingen aber meinen Körper in ein gesünderes Klima zu schaffen, um endlich einmal wieder zu Kräften zu kommen, und – Berge zu sehen.

Den Akkord hatte ich mit dem Eigentümer des Holzes vorher fest bestimmt und jetzt von ihm das Geld für achtzehn aufgestellte Klafter zu fordern. Der Bursche war aber ein echter Yankee und wollte sich jetzt um das Bezahlen herumdrücken. Einen ganzen Tag trieb ich mich in der Stadt herum und konnte kein Geld von ihm bekommen, und jeden Augenblick erwartete ich ein von unten heraufkommendes Dampfboot, auf dem ich dann Passage nach Cincinnati genommen hätte. Da ich nicht mehr arbeitete und mich wieder selber beköstigen mußte, wäre mir dann auch weiter gar nichts übrig geblieben, als in ein teures Gasthaus zu gehen und einen Teil des sauer verdienten Geldes wenigstens wieder zu verzehren. Dahin wollte ich es aber nicht kommen lassen und beschloß, wenn sich der reiche Amerikaner nicht schämte, mir mein ehrlich verdientes Geld vorzuenthalten, mich auch nicht zu schämen und es ihm jedenfalls abzuessen. Am nächsten Morgen ging ich deshalb mit Sack und Pack zu ihm, stellte meine Sachen zu ihm ins Haus und erklärte ihm, daß ich kein Geld weiter habe und jedenfalls so lange bei ihm bleiben müsse, bis er mich bezahle.

Das half. Als er merkte, daß ich Ernst machte, hatte er auf einmal Geld und zahlte mich noch an demselben Morgen aus. Da er übrigens sah, daß ich gern rasch fort wollte und wohl vermuten mochte, ich kenne die tausenderlei Banknoten nicht alle, betrog er mich doch noch um drei Dollars, indem er mir einige falsche gab. An demselben Nachmittage kam das Dampfboot Persian stromauf, und ich schiffte mich auf ihm nach Cincinnati ein.



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