Gustaf af Geijerstam
Das Buch vom Brüderchen
Gustaf af Geijerstam

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Achtes Kapitel

Diese Erinnerung habe ich schon vor Jahren aufgezeichnet. Ich wußte damals nicht, daß ich einst einen anderen und größeren Kampf mit meiner Frau kämpfen würde, einen Kampf, nach dessen Beendigung ich einsam dastehen sollte, und doch nicht einsam, niedergebeugt, aber doch nicht ohne Hoffnung.

Jetzt sehe ich uns auf der höchsten Klippe vor unserem weißen, traulichen Hause sitzen. In einer Pracht, die stets neu ist, die Abend für Abend wechselt, versinkt die Sonne ins Meer, und zwischen uns sitzt Sven. Er ist bloßfüßig und braun, und weil es gegen Abend kühl wird, steckt er seine kleinen Füße unter Mamas Kleid. Er bettelt, so lange aufbleiben zu dürfen, als die Sonne zu sehen ist. Staunend folgen seine Augen dem letzten flammenden Schimmer der Sonne, die in dem ruhig wogenden Meer verschwindet. Er sitzt da, das Kinn in die Hand gestützt, als dächte er an etwas Ernstes, das er nicht in Worte kleiden kann. Und als er endlich weiß, daß er zu Bett gehen muß, hängt er sich an Papas Hals und bittet, daß ich ihn trage.

Mit meiner leichten Bürde auf den Armen steige ich sachte über die Klippen, und als ich wiederkehre, sehe ich gegen den Himmel die dunkle Silhouette der Gestalt meiner Frau. Sie sitzt, wie Sven eben saß, und ihre Augen suchen den Punkt, wo die Sonne unterging und die Flammen der Abendröte erloschen sind.

 


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