Emanuel Geibel
Vermischte Gedichte
Emanuel Geibel

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Fausts Jugendgesang.

Durch Klippen, die im Frühroth baden,
Durch schwarzer Thäler Einsamkeit
Hinzieh' ich auf entlegnen Pfaden,
Und Geister nur sind mein Geleit.
Mein Herz, das im Gewühl verdorrte,
Hier fühlt sich's heimatlich erwacht,
Die Wildniß lehrt mich ernste Worte
Und Räthsel deutet mir die Nacht.

Und du, o Sturm, wenn laut im Grimme
Dein Tosen durch die Klüfte bricht,
Mir ist's, wie eines Bruders Stimme,
Die Mut und Kraft in's Herz mir spricht:
Ihr Wogen, die zuthal ihr brauset,
Ihr Fichten an des Sturzes Rand,
Ich weiß es was ihr schäumt und sauset,
Denn ich, auch ich bin euch verwandt.

Tränkst du nicht mich auch, Mutter Erde,
Mit deiner Milch aus heil'ger Brust?
Erziehst du, daß gestählt ich werde,
Mich nicht durch Kampf zu jeder Lust?
Neigst du den Blick, den stralend hellen,
Nicht, Vater Aether, zu mir her,
Und zeigst mir meine Spielgesellen
In Berg und Luft, in Wald und Meer?

Den Geyer seh' ich einsam schweben,
Und mein Gedanke holt ihn ein,
Der Wolke Dunstbild seh' ich weben,
Und ihr verhaltner Groll ist mein.
Und wenn erlöst dann in den Schlünden
Der Donner springt von Hang zu Hang,
Dann jauchzt's in meiner Seele Gründen,
Und meine Brust wird voll Gesang,

O Blitzeslodern, Felsenkühle,
O Sturm und Waldnacht nehmt mich hin,
Und wie ich ganz mich euer fühle,
Gebt Liebesantwort meinem Sinn.

In euern Füllen untergehen
Laßt dieses Herzens Einzelschlag,
Bis ich von eures Odems Wehen
Mein eigen Lied nicht scheiden mag.


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