Ludwig Ganghofer
Der Dorfapostel
Ludwig Ganghofer

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Siebentes Kapitel

Im Waldhof herrschte die richtige Sonntagsstille. Das ganze Gesinde war ausgeflogen und nur Roman daheimgeblieben – um das Haus zu hüten, wie er sagte.

Erregt, immer an seiner Pfeife hantierend, die nicht brennen wollte, hatte er sich ans Fenster gesetzt und guckte auf die Straße hinaus. Er wartete auf die Julei. Sie muß doch kommen! Wenn sie ihn nur ein ganz klein wenig liebhat, kann sie den Tag nicht vorbeigehen lassen, ohne ihm die Kränkung abzubitten. Aber da draußen auf der Straße ging eins ums andere vorüber: Burschen und Mädchen, die lustig schwatzten, Bäuerinnen, die ihren Heimgart suchten, Bauern, die zur Gemeindeversammlung gingen. Nur die Julei wollte nicht kommen.

Roman nahm den Kopf zwischen die Hände und begann zu grübeln. Jedes Wörtlein, das zwischen ihm und Julei gefallen, wollte er aus der Erinnerung herausklauben. Ob er nicht selbst der Schuldige war? Ob er nicht selbst ein Wort zuviel gesagt und die Julei ohne Grund gereizt hatte? Er sann und grübelte. Da sprang es ihm plötzlich aus der Erinnerung heraus, daß er, als er mit Julei vom Mädel der Häuslschusterin gesprochen, nicht ›Lisbeth‹, sondern ›Ilsabeth‹ gesagt hatte. Und gleich fiel dem Roman auch etwas anderes ein. Er hörte den Hanspeter predigen: »Ilsabeth sagt ihr Mutter zu ihr, und die Namen, die aus der Lieb kommen, sind allweil die besten!« Roman machte ein Gesicht, als hätte diese Erinnerung ihn beleidigt. »Jetzt dös is gar dumm!« Er rannte auf die Straße hinaus, weil er eine von den Nachbarinnen des Staudamerhofes kommen sah. »He! Du! Hast d' Julei und ihr Mutter net gsehn?«

Das Weibl schüttelte den Kopf. »Seit Mittag nimmer! Warum denn?«

»Ich mein' halt, sie müßten bald zum Rosenkranz kommen.«

»Da därfst aber lang warten!« Denn die Staudamerin wäre mit ihrer Julei hiuübergegangen ins Nachbardorf, um ihren Vetter zu besuchen. So erzählte das Weibl. Und wackelte die Straße hinauf.

Vor dem Kirchhof mußte sich die Alte durch das Gedräng der Bauern schieben, die in dichtem Kreis, an die hundert Köpfe, den Bürgermeister umstanden, der in öffentlicher Gemeindeversammlung eine Schrift verlas. Als der Waldhofer fertig war, ging eine murmelnde Bewegung über die Köpfe hin, und die hundert silberbetroddelten Hüte drehten sich durcheinander wie große, glitzernde Schwarzkäfer. Dann hörte man wieder die Stimme des Bürgermeisters: »Paßts auf, Leut! Jetzt hab ich noch an Antrag, den der Häuslschusterin ihr Nachbar gmacht hat.« Als der Waldhofer den Namen der Häuslschusterin nannte, erhob sich wirres Schreien und Gelächter. Jeder streckte sich, um besser zu hören. Nur die alte Bäuerin war nicht neugierig; die arbeitete mit beiden Ellbogen, um den Friedhof zu gewinnen. Und da bekam sie einen Anblick zu genießen, als wäre die Welt an ihrem Ende nicht mit Brettern vernagelt, sondern mit ledernen Hosen gepflastert. Denn auf der Friedhofmauer saßen, alle mit dem Rücken gegen den Kirchhof, an die dreißig Burschen in langer Reihe nebeneinander und ließen die Beine über die Mauer hinaus gegen die Straße baumeln. Sie hatten im Rat der Gemeinde noch keine Stimme; aber hören wollten sie und über die Weisheit der Alten ihre schlechten Witze machen; es waren die übermütigen ›Dorfloder‹, die überall dabeisein mußten, wo es etwas zu lachen und zu spötteln gab. Und da kamen sie bei keiner anderen Gelegenheit so gut auf ihre lustige Rechnung wie hier. Bei aller Politik des Dorflebens, die da unter freiem Himmel verhandelt wurde, bildeten sie den komischen Chorus, über dessen lachende Kritik sich die Alten manchmal das schönste Grün und Blau an die Nase ärgerten. Zuweilen rief ihnen wohl von den ›hausgesessenen‹ Bauern einer verdrießlich zu: »Jetzt nehmts a bißl Verstand an, Buben, und halts enkere Schnäbel!« Aber schließlich war es ihr ›altes Recht‹, hier auf der Mauer zu sitzen; und jeder von den Bauern, die jetzt im langen Sonntagsrock auf der Straße um den Bürgermeister standen, hatte selbst vor Jahren als ›Lediger‹ in der kurzen Joppe dort oben auf der Mauer gesessen und den eigenen Vater geärgert.

Just von der heutigen Versammlung schienen sich die Buben etwas Besonderes zu erwarten. Das merkte man an ihrem Getuschel, mit dem sie die Köpfe zusammensteckten. Für ihre gespannte Erwartung schien der Name der Häuslschusterin ein bedeutungsvolles Wort zu sein. Denn der Waldhofer hatte diesen Namen kaum genannt, als der Staudamerknecht über die Reihe hinrief: »Buben, lusts auf, es kommt!« Da hörte er eine grüßende Stimme: »Gottslieben Nammittag!« Es war die Stimme des Peter Johannes Zdazilek, der vom Pfarrhof kam, mit den Sesseltrümmern unter dem Arm. Dem Staudamer-Mickei gab's einen Riß. Hurtig drehte er das Gesicht und rief dem Hanspeter zu: »He, du, Ratzenspeck, da geh her! Da verhandeln s' ebbes, dös kunnt dich verintressieren!«

Hanspeter tat, als hätte er den Zuruf nicht gehört, und ging in aller Ruhe seines Weges. Er mochte wohl denken: da sind viele beisammen, da springt die Schlechtigkeit vom einen auf den andern. Und dem Pfarrer hatte er's in die Hand versprochen, daß er das Evangelium seiner Liebe eine Woche lang in der eigenen Brust verschließen wollte.

Draußen auf der Straße hatte sich der schwatzende Lärm der Bauern ein wenig gedämpft, und deutlich konnte man über alle Köpfe weg die Stimme des Bürgermeisters hören: »An Georgi lauft der Häuslschusterin ihr Mietzeit ab. Und da soll die Gmein bschließen, ob man ihr 's Häusl wieder laßt aufs nächste Jahr. Meintwegen kunnt sie's bhalten. Aber –«

Als Hanspeter das hörte, verfärbte sich sein häßliches Gesicht, und er streckte das dicke Köpfl aus den Schultern heraus.

»Aber da is jetzt an Antrag von ihrem Nachber da, der 's Häusl haben möcht.«

»Wird schon wissen, warum!« klang eine lachende Stimme von der Mauer. »Söllene Nachberschaft hat man net gern.«

Und eine zweite Stimme: »Hat man den Teufel gar so knapp vor die Füß, da kunntst ihm leicht auf'n Schweif treten. Gelt, Nachber?«

Ein wirrer Lärm erhob sich. Und der Nachbar der Häuslschusterin rief: »Ja, Buben, habts recht! Ich will mei' Ruh haben in der Nachberschaft. Ich bin Gmeinbürger und zahl meine Steuern. Ich hab 's Fürrecht gegen fremde Leut.« Er schraubte die Stimme, damit nur ja die ganze Gemeinde den Trumpf seiner Weisheit hören möchte. »Und wann's drauf ankommt, zahl ich fünf Markln mehrer fürs Häusl.«

Ein altes Bäuerlein nahm den Hut ab. »Fünf Markln hin oder her, deswegen sollt man zwei arme Weiberleut net um Dach und Ofen bringen.«

Zu dieser Meinung nickte der Waldhofer und rief dem Nachbar der Häuslschusterin zu: »Geh, laß dich net aufhetzen! 's Häusl hat ja kein' Nutzen für dich. Was tust denn damit?«

»Was ich tu damit, is mei' Sach!« kreischte der Nachbar. »Ich zahl. Und 's ander geht enk nix an. Ich zahl! Ich zahl!«

Aus dem Kreis der Bauern klang eine harte, trockene Stimme. »Wer besser zahlt, hat 's bessere Recht!« Es war der Bachbauer, bei dem der Hanspeter als Senn gedient hatte. »Ich bin dafür, daß man der Häuslschusterin für Georgi aufsagt.«

Mit nickenden Köpfen stimmte schon die Hälfte der Bauern diesem Antrag zu, als sich eine dünn pfeifende Stimme vernehmen ließ: »Müßt man aber d' Häuslschusterin erst noch fragen, ob s' net ebba mehrer gibt als der Nachber. Geld is Geld. Was geht's mich denn an, wo's herkommt.«

Da kam die lebendige Mauer, die den Bürgermeister umstand, ins Drängen und Wanken. »Laßts mich eini!« rief Hanspeter mit erwürgter Stimme. »Um Christi Lieb, ihr guten Leutln, laßts mich eini! Ich hab ebbes z'reden mit der Gmein!« Was seine bittenden Worte nicht erreichten, brachten seine schiebenden Ellbogen fertig: die schwarze Mauer tat sich auf, wie einst der Fels vor dem Stab des Moses.

Als die Bauern den Hanspeter sahen, fingen die meisten zu lachen an. Ein paar andere schimpften: »Was will denn der? Was hat denn der zum mitreden in der Gmein?« Auf der Kirchhofmauer rief der Staudamer-Mickei: »Jetzt, Buben, jetzt wird's lustig! Jetzt hebt er zum predigen an!« Er sprang von der Mauer auf die Straße hinunter und drängte sich in den Kreis der Bauern, um dem erwarteten Evangelium recht nah zu sein. Mit Lachen taten es ihm die anderen Burschen nach. Aus dem heiteren Lärm, der den Hanspeter umdrängte, konnte man alle seine Spitznamen hören: buckleter Apostel, böhmischer Peterl, Katzenfleck und Ratzenspeck, verliebte Christenheit, Tröpf-Hannes, Lieb'einand und Züngerl-Wehdam.

Mit kreidebleichem Gesicht hatte sich Hanspeter bis zum Bürgermeister durchgearbeitet. Dem alten Waldhofer schien inmitten dieses lärmenden Auftritts nicht sonderlich behaglich zu sein. Schon ein paarmal hatte er die Hand erhoben, um Ruhe zu gebieten. Und als nun Hanspeter vor ihm stand, brummte er ihn ärgerlich an: »Was machst mir denn da für Gschichten? Schau, daß d' heimkommst, statt daß d' mir d' Leut narrisch machst!« Über den hundert Köpfen wurde es plötzlich mäuschenstille – nicht, weil der Bürgermeister Ruhe geboten hatte, sondern weil sie alle neugierig waren, was der bucklige Apostel predigen würde.

Hanspeter drückte mit zitterndem Arm die Holzteile des geknickten Sessels an seine Brust. »Waldhofer!« Als aus dem doppelten Menschen heraus diese kleine, schmächtige Knabenstimme kam, lachten schon wieder alle. »Waldhofer! Geld is Geld, hat grad einer gsagt. Und wann's der Gmein nix verschlagt, wo's herkommt, dös Geld – und wann 's meinig net schlechter is, als wie ander Leut ihr Geld –« Dem Hanspeter wurde das Reden so hart, als wäre ihm jedes Wort an die Zunge gewachsen, von der es sein Wille mit Gewalt erst losreißen mußte. »Und wann's schon sein muß, daß der Häuslschusterin aufgsagt wird, so tät ich mich selm ums Häusl bewerben. Fufzg Markln tät ich bieten. 's Geld hab ich daheim, dös kunnt ich heut noch zahlen.«

Auf einen richtigen Bauer wirkt nichts in der Welt so komisch, als wenn ein Mensch sein Geld ohne Zweck in den Wind wirft. Drum brach, als Hanspeter seinen Antrag gestellt hatte, in der hundertköpfigen Korona ein schallendes Gelächter aus. Und der Bachbauer schrie: »Der geht ja mit'm Geld um, als ob's mei' Rührmilli wär!«

Nur der Waldhofer machte ein verdrießliches Gesicht. »Was fallt dir denn da jetzt ein? Du ewiger Narr, du guter! Mußt dich denn allweil von die andern ausnutzen lassen? Daß du 's Häusl für dich selber net haben willst, dös denk ich mir eh! Hast ja bei mir daheim dei' Liegerstatt. Mach, daß d' weiter kommst!«

In Hanspeters bleichem Gesicht erschienen brennrote Flecke und seine Stimme bekam den Klang eines zähen Eigensinns. »So sag ich halt, wie der Nannimai ihr Nachbar sagt: ich zahl, ich zahl! Und mehrer Geld, hat einer gsagt, is mehrer Recht. Daß so ebbes wahr wär, hätt ich nie net glaubt. Jetzt hab ich's lernen müssen.«

Von den Gemeinderäten wollte der eine das Angebot ernst nehmen, ein anderer versuchte den Preis noch zu steigern. Und von der Mauer herüber rief eine lustige Stimme: »Paßts auf, der Lieb'einand heirat d' Häuslschusterin! Da treiben sie 's Hexen in der Kumpanei!« Wieder brach das Gelächter los. Nur ein einziger unter den hundert Bauern war nicht zum Lachen aufgelegt: der Nachbar der Häuslschusterin. Wütend schrie er den Bürgermeister an: »Ich hab an Antrag gmacht. Über mein' Antrag muß abgstimmt werden. Ich zahl meine Steuern. Mein Recht will ich haben! Und d' Ruh in der Nachberschaft! Söllene Sachen? Ah na! Da hab ich schon lieber den Herrgott auf'm Buckel, als wie den Teufel am Gnack.«

»Herrgott? Du?« keuchte Hanspeter. »Du traust dir noch ›Herrgott‹ sagen? Tut dich dös heilig Wörtl net dersticken?«

Die dem buckligen Apostel zunächst standen, sahen ihm verwundert in das veränderte Gesicht – so verwundert, als wäre ein lammfrommes und geduldiges Arbeitsroß aus unerklärlichen Gründen plötzlich scheu geworden, so daß man sich vor seinen Hufen in acht zu nehmen hatte.

Dem Nachbar der Häuslschusterin blieb im ersten Augenblick die Widerrede in der Kehle stecken. »So einer! Wie der sich aufspielt!« Er wandte sich zum Bürgermeister. »Die Gmein soll abstimmen. Die Muschen, die zwei, die müssen fort aus'm Dorf.« Nun wandte er sich wieder zum Hanspeter. »Was der sich verlaubt in der Gmein! So a Legwickl, so a böhmischer, mit dem uns d' Mutter die Kirch verschandelt hat!«

Hanspeter hob seine Faust. Und ließ sie wieder sinken. »Du mußt kei' Mutter net ghabt haben. Sonst kunnst net so von der meinigen reden. Oder bist du von dieselbigen einer gwesen, die meiner Mutter d' Haustür zugsperrt haben? Du Christ!« Er sprach dieses Wort, wie man einen Faustschlag austeilt.

»Jetzt geht's an!« schrie der Staudamerknecht. »›Christ‹ hat er gsagt, und d' ›Lieb‹ kommt nach. In eim Schnaufer bringt er so a doppeltes Wörtl so a zaachs net aussi.«

Einer der lachenden Burschen klopfte den Hanspeter wohlwollend auf die Schulter. »Recht hast, Peterl! Tu predigen! Der hat's verdient. Der weiß nix von der Lieb, sei' Alte hat's mit eim andern.«

Während der Nachbar der Häuslschusterin, erbost durch diesen üblen Scherz, zu schimpfen begann, schien Hanspeter plötzlich ruhig geworden. Er drückte die Holzteile des geknickten Sessels an seine Brust, sah mit Kummer über die lachenden Gesichter hin und nickte. »Sie sind halt, d' Leut, wie s' sein müssen, hat er gsagt!« Er wandte sich dem scheltenden Nachbar zu. »Vergeltsgott, Herr Vetter! Gut gnagelte Schuh haben S' an. Mein Herz hat's spüren müssen. Bleiben S' mir an anders Mal net gar solang droben!« Dazu konnte Hanspeter lachen – ein Lachen, wie wenn Glas zersplittert.

Aber sein ruhiges Wort ging unter in dem Lärm, der ihn umdrängte. »No, was is denn?« kreischte der Staudamer-Mickei. »Aussi mit die heiligen Tön! Heut brauchen wir's wieder amal. Keiner von uns hat d' Lieb.«

Dieser Spott brachte Hanspeters schwer erkämpfte Ruhe wieder ins Wanken. In seinen blauen Augen flammte ein Zornblitz auf. »Gelt, tu mich net spötteln, du! Wann einer 's Predigen braucht, bist du's!«

»Recht hast! Ich bin der erst, der die Muschen, die zwei, mit Haselnußstecken aussistampert zum Ort.«

»Du –«

Erschrocken duckte sich Mickei, als er diese klobige Faust sich erheben sah.

Doch wieder zwang sich Hanspeter zur Ruhe. »Sag, was d' willst! Heut hab ich's dem guten Herrn Pfarr in d' Hand verlobt, daß ich stad bin.« Er hob den Arm. »He, Leut!« Um den Lärm zu übertönen, wollte er Kraft in seine Stimme legen; doch sie klang nur dünner noch, schneidend und schrill. »Eins, Leut, eins muß ich sagen!« Sein schwerer Körper streckte sich. »Tuts mir der Nannimai nix an! Tuts dem guten Weibl nix Unrechts nachreden! Es is alls net wahr. Die Klafter hat ihr a Christenmensch aus Erbarmnis gschenkt. Und ich, Leut, ich bin's gewesen, der ihr die Klafter kleingmacht hat in der Nacht. Mich hat der Wachter gsehen. Und ich, Leut, ich bin doch gwiß kein Teufel net. Gelt, na?«

»Kunnt schon sein, daß d' einer bist!« klang eine heitere Stimme aus dem Kreis der Verblüfften. »Einer von die dummen Teufel, weißt!« Unter dem Gelächter, das dieser Zuruf weckte, zog ein halbwüchsiger Bursch, der bei der Sache seinen Privatjux haben wollte, dem Hanspeter das Sitzbrett des geknickten Sessels unter dem Arm hervor und schlug es ihm auf den breiten Rücken, daß es klatschte.

Zum erstenmal in seinem Leben verstand der Hanspeter keinen ›Spaß‹. Das Gesicht von Zornröte übergossen, wandte er sich und führte einen Schlag mit der Faust. Freilich, als er den schmächtigen Buben sah, hielt er im halben Streich noch inne. Aber da schrien sie schon mit allen Stimmen durcheinander: »Abwehren! Abwehren! Raufen und zuschlagen will er auch noch, der! Abwehren! Abwehren!«

Das ist ein Wort, das in der Sprache des Volkes einen ganz wunderlichen Sinn umschließt. Abwehren – das bedeutet im Dorf, daß zwanzig über einen herfallen, wie Bienen über einen Käfer, der zu ihrem Honig will.

Unter wirrem Gedränge wuchs ein ganzer Wald von erhobenen Fäusten gegen den Hanspeter an. Die Sessellehne und die geknickten Stuhlbeine rissen sie ihm unter dem Arm hervor und begannen damit auf Hanspeters Kopf und Rücken loszutrommeln. Erschrocken rief der Bürgermeister: »Malefizbuben! Wollts Fried halten oder net?« Aber das ›Abwehren‹ war bereits im schönsten Gang, und man hörte klatschende Schläge und das Keuchen des einen, auf den sie niederfielen. Um die Würde des Gemeinderates zu wahren, blieb dem Waldhofer nichts anderes übrig, als die Versammlung für geschlossen zu erklären und davonzuwandern, weil er mit solchen ›Unsinnigkeiten‹ nichts zu schaffen haben wollte. Jeder Kluge tat es ihm nach und machte flinke Beine.

Im Knäuel der ›Abwehrenden‹, die sich rings um den Hanspeter balgten, wurde noch immer gelacht, so daß es den Anschein hatte, als wäre das gar keine Rauferei, sondern eine lustige Hetze, die man sich auf Kosten des buckligen Apostels und zu Ehren des Sonntags erlaubte. Wer untätig aus sicherer Entfernung zusah, lachte mit. Droben im Kirchhof bei der Mauer, die von den Jungen verlassen war, sammelten sich jetzt die Alten und guckten schmunzelnd auf das lärmende Schlachtbild nieder, das die Straße füllte. Die Weiber, die zur Kirche wollten, blieben stehen und fingen zu schelten an. Schreiend kamen die Schulbuben gelaufen, und um ihr bescheidenes Teilchen an dieser Feiertagsfreude der Burschen mitzugenießen, ballten sie den schmutzigen, halbzerschmolzenen Schnee zu Klumpen und begannen aus geschütztem Hinterhalt den Schwarm der ›Abwehrenden‹ zu bombardieren.

Hanspeter, auf den die ›abwehrenden‹ Fäuste niederhämmerten, schlug noch nicht zurück. Doch er begann mit den Armen zu rudern wie ein ungelenker Schwimmer – und da purzelte bald zur Linken, bald zur Rechten ein Bursch in den Schnee. Wütend sprangen die Gestürzten auf, schimpften und fluchten, als wäre ihnen bitteres Unrecht geschehen, und schlugen in heißem Zorn auf den Hanspeter ein. Der begann sich jetzt seiner Haut zu wehren, und von seinem ersten Streich getroffen, taumelte einer der Burschen mit blutender Nase gegen die Kirchenmauer. Da merkten die lachenden Zuschauer, daß sich der Jux in bösen Ernst verwandelte. Die Alten auf der Mauer fingen zu schreien an, erschrocken rannten die Schulbuben davon, einige Weiber liefen kreischend auf die Raufenden zu, rissen ein paar von den Burschen an den Joppen zurück und schlugen mit den Rosenkränzen auf die brennenden Köpfe los – um abzuwehren! Dazu begannen die drei Glocken des Kirchturms die Nachmittagsandacht einzuläuten. Die hallenden Klänge schwebten friedlich in den milden Wintertag hinaus. Und aus dem reinen Blau lachte die Sonne, als hätte sie ihre Freude an der schönen Erde und ihren guten Menschen.

Erst als die Glocken schwiegen, hörte man wieder das Geschrei der Raufenden und das Gezeter der Weiber und Bauern. Aus allen Nachbarhäusern kamen die Leute gelaufen; alle Kirchgänger, die den Lärm vernahmen, fingen zu rennen an. Auch der hochwürdige Herr Felician Horadam, der, von Kathrin vor die Schwelle des Pfarrhofes geleitet, just den Weg zur Sakristei antreten wollte, hörte den kreischenden Spektakel. »Jesus Maria! Da raufen s' schon wieder, die verflixten Buben!«

Er wollte lange Schritte machen; aber Kathrin faßte ihn am Talar: »Hochwürden! Ich bitt Ihnen um Gottswillen, tun S' Ihnen da net einimischen!«

»Laß aus!« befahl Herr Felician und eilte über den Friedhof hin, daß hinter ihm der schwarze Talar mit wehenden Falten rauschte.

Weiber kamen ihm entgegengelaufen und kreischten: »Herr Pfarr, Herr Pfarr, sie derschlagen anand!«

Als er zur Mauer kam und das böse Bild auf der Straße sah, besann er sich nicht lange, ließ sich über die Mauer hinuntergleiten und drängte sich in den Knäuel der Raufenden. »Wollts Ruh geben, ihr gottvergessenen Buben! Ruh geben! Gleich auf der Stell!« Das Wort des Pfarrers wirkte, und der Knäuel der Streitenden löste sich. Während einer mit blutendem Gesicht, ein zweiter ohne Hut und mit zerrauftem Haar, ein dritter mit hinkendem Fuß und zerrissener Hose sich beiseitedrückte, blieb Hanspeter allein auf dem Schlachtfeld. Er atmete schwer, die Joppe hing in Fetzen von ihm nieder, sein Gesicht war bleich und rotfleckig, Mund und Ohren blutig gekratzt, und seine Augen starrten wie die Augen eines gehetzten Wildes. Bekümmert betrachtete ihn der Pfarrer. Und er schien es gleich zu erraten: der Hanspeter ist der Schuldige nicht! »Wer hat angefangen?« fragte Herr Felician scharf. Alles blieb still. »Wer hat angefangen?«

»Der Hanspeter!« rief der Staudamer-Mickei. Und ein Dutzend andere riefen es ihm nach: »Der Hanspeter! Der Hanspeter!«

Das Gesicht des Pfarrers wurde rot. »Das ist nicht wahr! Wer hat angefangen?« Jenes weißhaarige Bäuerlein, das in der Gemeindeversammlung der Meinung gewesen, man sollte nicht wegen fünf Mark zwei arme Weibsleute um Dach und Ofen bringen, erzählte dem Pfarrer, wie der böse Handel begonnen hätte. Da schien sich der abgeklärte, geduldige Herr Felician Horadam plötzlich wieder in das ›gewalttätige Hitzköpfl‹ zu verwandeln, das er nach seinem eigenen Bekenntnis ›vor dreißig Jahren‹ gewesen. Sein rundlicher Körper streckte sich, und mit schallender Stimme begann er den Burschen seine Meinung so gründlich zu sagen, daß sie ihn mit scheuen Augen anguckten. Jetzt hatten sie die Predigt, die ihnen der Hanspeter nicht halten wollte. Es war eine Predigt, so kräftig, wie Herr Felician seit langen Jahren keine mehr gehalten hatte. Und weil er schon im Zuge war, bekamen sie auch gleich zu hören, was ihnen der Pfarrer erst am nächsten Sonntag von der Kanzel herunter hatte sagen wollen: daß es, ›vom christlichen Standpunkt aus betrachtet‹, eine grobe Sünde und, ›mit ein bisserl Menschenverstand angesehen‹, ein kindischer Unsinn wäre, an Hexen zu glauben, und daß, wer so üble Gerüchte ausstreue, wie sie über die Altenöderin in Umlauf kämen, entweder ein dummer Mensch sein müsse, oder ein schlechter.

»Ui, sakra«, zischelte von den Burschen einer, »heut redt er Wörtln, als hätten s' zwei Fäust, die ein' bei die Ohren packen!« Und ein zweiter hetzte: »Dös braucht man sich doch net gfallen z'lassen!« Und ein dritter stieß den Staudamer-Mickei mit dem Ellbogen an: »Jetzt zeig, daß d' Schneid hast!« Mickei, aus dessen käsigem Gesicht die Augen mit lauernder Unruh blickten, lachte vor sich hin: »Ja! Heut spielt er sich a bißl gar keck auf!«

Herr Felician hörte diesen tuschelnden Kommentar seiner Predigt nicht. Doch er schien den Widerspruch zu fühlen, der um ihn her in der Luft lag. Aber das schüchterte ihn nicht ein; im Gegenteil; er schloß seine Standrede mit so derben Worten, daß sie die Goldwaage schwerlich passiert hätten. Und das Amen seiner Predigt lautete: »So, ihr Lackln, ihr unchristlichen, jetzt kann sich's jeder hinter d' Ohren schreiben, was ich euch gsagt hab! Hoffentlich hilft's was. Oder es müßt schon Hopfen und Malz an euch verloren sein.«

In das Schweigen, das diesen Worten folgte, klang eine Stimme, grob und frech: »He! Buben! Müssen wir uns auf der Gassen so ebbes bieten lassen? Aus die Schulstrümpf, mein' ich, wären wir lang schon aussigwachsen.«

Herr Felician, mit dunkelrotem Gesichte, hob sich auf die Fußspitzen. »Wer hat da was zu sagen?«

»Geh, tun S' Ihnen net so aufblasen, Herr Pfarr! In der Kirch drin können S' predigen, solang S' mögen. Aber auf der Gassen is einer wie der ander. Da gibt's kein' Pfarr.«

Ein wirrer Lärm erhob sich. Die Burschen hielten es mit dem Staudamer-Mickei, der seine ›Schneid‹ gezeigt hatte, während die Weiber Partei für den Pfarrer nahmen. Nur ein einziger blieb stumm – der Hanspeter. Er versuchte zu Herrn Felician hin einen Schritt zu machen; doch wie ein Trunkener taumelte er zurück und mußte sich, um nicht zu stürzen, an die Friedhofmauer lehnen.

Droben über dem Rand der Mauer war mit verstörtem Gesicht die Jungfer Kathrin erschienen. In Sorge um ihren geistlichen Herrn kreischte sie: »Herr Pfarr, der Rosenkranz – Herr Pfarr, der Rosenkranz –«

»Ja, ja, Kathrin, hast recht!« rief Herr Felician. Alle Glut seines humanen Eifers, aber auch aller Zorn schien plötzlich verkühlt in ihm. Einen ruhigen Blick noch warf er auf den Staudamer-Knecht und nickte vor sich hin. »So so, der Mickei? Ah freilich, der hat's nötig!« Dann hob er die Hände, um die lärmenden Weiber zu beschwichtigen. »Lassen wir's gut sein! Gehen wir lieber hinein und reden wir mit unserm Herrgott! Kommts, Leutln, der Rosenkranz fangt an! Komm, Peterl, in der Kirch drin is dei' Heimat, da drin bist sicher!« Herr Felician schürzte den Talar und watete durch die Schneepfützen zum Tor des Friedhofes. Ein schwatzender Trupp von Weibern schob sich hinter dem Pfarrer her, während der lärmende Schwarm der Burschen, geführt vom Staudamer-Mickei, hinüberzog in das nahe Wirtshaus. Hanspeter, der sich mit kalkweißem Gesicht an die Mauer lehnte, hatte die Hand gestreckt, als wollte er sie dem Pfarrer reichen. So stand er eine Weile, dann fiel ihm der Arm herunter. Seufzend tat er die Lider zu, ein Wanken kam über seine schwere Gestalt, und aus dem Mundwinkel sickerte ihm ein roter Tropfen. Jetzt brach er lautlos zusammen, kollerte ein Stücklein über den nassen Schnee, und so blieb er liegen.

Niemand kümmerte sich um ihn. Nur ein paar Schulkinder standen scheu erschrocken um den Hanspeter her. »Da schau!« stotterte ein fünfjähriges Dirnlein und deutete auf das Blut, das unter Hanspeters Hüfte hervorsickerte und in dem nassen Schnee zerfloß.

»Jetzt muß er sterben, der Batzenweckerl!« erklärte ein kleines Bürschl mit altklugem Gesicht. »Gradso is der Simmerl daglegen, den unser Stierl derstoßen hat.«

Das Dirnlein machte im Schnee ein Hockerl und sah dem Hanspeter in das entfärbte Gesicht. »Meinst, Pepperl, daß er schon tot sein tut?«

»Aber gwiß! Der lebt schon lang nimmer.«

Da sah das Dirnlein auf der Straße zwei verspätete Kirchgängerinnen daherkommen: die Altenöderin mit ihrem Mädel. »D' Häuslschusterin kommt, die muß den Ratzenspeckerl wieder lebendig hexen.« Wie getrieben von einer Angst, die es selber nur halb verstand, begann das Dirnlein der Altenöderin entgegenzulaufen. »Häuslschusterin!« Zitternd klammerte sich das Kind an den Rock der alten Frau.

Verwundert sah Mutter Nannimai auf das Dirnlein nieder. Denn daß die Kinder ihr entgegenliefen, das war sie nicht gewöhnt; die pflegten vor ihr davonzurennen, sich hinter die Stauden zu stecken und zu singen: »Zwei mal zwei macht sechs sechs sechs, soviel macht's bei der Hex Hex Hex!« Und da kam nun eines und klammerte sich an ihren Rock, als möcht es um eine Wohltat betteln. Mutter Nannimai legte dem Dirnlein die Hand auf das zausige Köpfl. »Was magst denn, Kinderl?«

»Bitt schön, Häuslschusterin, tu den Ratzenspeckerl wieder lebendig hexen!«

Da hatte Lisbeth den regungslosen Schläfer im blutigen Schnee bereits erblickt. »Jesus Maria!« stammelte sie, zu Tod erschrocken. Sie begann zu laufen, warf sich neben Hanspeter auf die Knie, rüttelte ihn an der Schulter und schrie wie von Sinnen: »Mutter, Mutter, Mutter!«

Als die Altenöderin herbeigehumpelt kam, hatte Lisbeth schon den Kopf des Bewußtlosen auf ihre zitternden Arme gehoben. Und da lagen sie nun alle beide auf den Knien und mühten sich vergebens, den schweren Körper des Ohnmächtigen aufzurichten. Die Altenöderin rieb ihm das Gesicht mit Schnee und fühlte nach seinem Herzen. Das schlug wie ein schwerer, müder Hammer. »Er lebt, er lebt! Tummel dich, Kindl, und lauf! Schau um Leut, daß wir ihn heimbringen!«

Lisbeth rannte zum nächsten Haus. Und da sah sie den jungen Waldhofer die Straße heraufkommen. Die Arme streckend, mit ersticktem Laut, eilte sie ihm entgegen.

Diesen tonlosen Schrei hatte Roman nicht gehört. Das Gesicht geneigt, kam er langsam gegangen, wie einer, der in allen Gliedern die Ermüdung nach schwerer Arbeit spürt. So müd hatte ihn das Warten auf die Julei gemacht. Und so versunken war er in seine grübelnden Gedanken, daß er zusammenschrak, als Lisbeth seine Hand umklammerte. Was sie stammelte, schien er nicht zu hören; er sah ihr nur immer in das vom Schreck verstörte Gesicht. Erst die Stimme der Altenöderin weckte ihn aus diesem tauben Schauen. »Waldhofer«, schrie sie, »Waldhofer, um Christi willen, komm her, komm her!«

Nun sah er den Hanspeter, dessen Kopf die Altenöderin auf ihren Armen hielt. Ohne Lisbeths Hand zu lassen, fing Roman zu laufen an und riß das Mädel mit sich fort.

»Da, Waldhofer, schau! Den Hanspeter haben s' derschlagen!«

Roman brauchte nur einen Augenblick, um allen Schreck von sich abzuwerfen. Er jammerte nicht, sondern wußte gleich, was zu tun war. »Zuerst muß er heim!« Eins von den Kindern hieß er zum Doktor laufen: der sollte gleich in den Waldhof kommen. Dann eilte er in das Gehöft des nächsten Hauses und brachte einen Schubkarren.

Den schweren Körper des Bewußtlosen diesen halben Fuß hoch auf den Karren zu heben, das war harte Arbeit. Keuchend halfen die drei zusammen. Roman und Lisbeth verschlangen die Hände, und so schoben sie dem Hanspeter ihre fest aneinandergefesselten Arme wie Traggurten unter den Rücken.

»Gott sei Dank!« sagten sie alle drei, als der Bewußtlose auf dem Karren ruhte.

Damit sein Kopf nicht auf den harten Stangen liegen sollte, riß Lisbeth ihr Wolltuch und ihren Spenzer herunter – Roman gab seine Joppe dazu – und das alles, zu einem Kissen geballt, schoben sie unter Hanspeters Nacken. Und damit seine Arme nicht vom Karren niedergleiten konnten und im Schnee schleifen, faßte Lisbeth die eine und ihre Mutter die andere von Hanspeters Händen. Roman hob den Karren und begann zu schieben. Unter der Last dieses doppelten Menschen und in dem klebrigen Schnee ging das plumpe Rad nur langsam vorwärts. So brachten sie ihn heim und sprachen kein Wort dabei. Und dennoch war es kein ›stiller Zug‹. Denn die Glocken läuteten, alle drei, weil just im Rosenkranz Herr Felician Horadam seinen ›Andächtigen in Christo‹ den Segen erteilte. Lisbeth und Mutter Nannimai, während sie dem Karren zu beiden Seiten gingen, sahen nur immer den Hanspeter an; Roman aber schien neben seiner Sorge um den gemarterten Apostel noch eine andere zu spüren. Lisbeth hatte doch ihr Tuch und ihren Spenzer für den Hanspeter hergegeben, und nun zauste ihr der Wind das dünne Linnen, das bald in Falten pluderte, bald wieder glatt sich anschmiegte an den schlanken, linden Mädchenkörper. Ihre nackten Arme und der entblößte Nacken begannen sich in der frischen Luft zu röten. »Lisbeth? Tust net frieren?« Sie schüttelte den Kopf.

Als der Karren um die Ecke der Straße verschwunden war, standen die Kinder noch immer unter dem Geläut der Glocken bei der Kirchhofmauer und guckten auf die roten Flecke im Schnee. Da kam vom Wirtshaus her ein Gendarm gelaufen, der den Helm zurechtsetzte und die Säbelkuppel enger schnallte. Die Kinder wollten Reißaus nehmen, doch als sie dieses energische »Halt!« vernahmen, blieben sie zitternd stehen.

Die Brauen aufgezogen, mit sachkundigen Blicken, musterte der Herr Gendarm das Bild des Schlachtfeldes. »Aaah, da haben wir s' ja schon, die Korpes dilekti!« In Wichtigkeit und Eifer sammelte er verschiedene Fundstücke zu einem Häuflein: eine Stuhllehne, ein Sitzbrett, einen Hut und drei geknickte Sesselbeine. »Ohne Stuhlfuß, natürlich, kann's bei uns net abgehn!« philosophierte er.

Mit einem Zollstab, den er hinten aus der Hose hervornahm, maß er die Blutspuren im Schnee und die Länge aller Fußstapfen, die rings um die roten Flecke her zu erkennen waren. Dann begann er mit strenger Stimme eine Frage um die andere an die Kinder zu stellen, und was die kleinen, zitternden Schächer zu bekennen wußten, notierte er mit langem Bleistift in sein Taschenbuch.


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