Johann Fischart
Das glückhafte Schiff
Johann Fischart

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Einleitung.

Die Begebenheit, welche dem Gedichte den Stoff gab, ist eine der schönsten die unsere Vorwelt aufzuweisen hat. Sie ist so ganz dem alten deutschen Volksgeiste angemessen, daß wer sie ohne Bezeichnung des Orts, meinetwegen in Kolumbien erzählen hörte, und ihm lebte ein treues Bild unserer Vorväter in der Seele, daß er sie auf den ersten Blick für eine deutsche erkennen müßte. – Biederkeit, Treuherzigkeit, fromme Einfalt (man verstehe dieses Wort in dem Sinne, wie es Luther gebrauchte; leider kennen wir die hohe Bedeutung nicht mehr), harmlose Fröhligkeit, ist der Charakter des einstigen deutschen Volksgeistes. – Die Brust war voll, darum strömte sie so reich im Gesange. – Ein solcher Geist mußte die Helden dieser Begebenheit beseelen. –

Schon seit geraumen Zeit hatte zwischen Straßburg und Zürich ein sehr freundschaftliches Verhältniß statt gefunden, welches durch gegenseitige Hülfe in Kriegsangelegenheiten immer fester und fester begründet wurde. Man besuchte sich gegenseitig an Festlichkeiten, übte sich in den Waffen, schmauste und zechte mit einander, drückte sich die Hand, und wanderte seiner Heimath wieder zu.

76 Wahrscheinlich war nun in der letzten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts dieses brüderliche Verhältniß von Seiten Straßburgs, vielleicht durch religiöse Angelegenheiten veranlaßt, etwas loser geworden: da faßten die edlen Zürcher den Entschluß, den alten treuen Freunden bei erster Gelegenheit eine Probe ihrer noch freundlichen Gesinnung zu geben, und wie die Züricher noch immer Leute von Entschlossenheit und Ausdauer seien, um im Fall der Noth den Straßburger Freunden schnelle Hülfe zu leisten.

Die Gelegenheit fand sich bald. Straßburg schrieb auf den 21sten Juni des 1576. Jahrs ein großes Hauptschießen aus, theils, wie es jährlich der Fall war, seine Bürger in den Waffen zu üben, theils sich auf eine harmlose Weise zu belustigen.

Die Zürcher rüsten demnach ihren Brei an, schiffen (wie das Weitere das Gedicht enthält) in einem Tage den Weg von 30 deutschen Meilen, geben an Ort und Stelle den noch warmen Hirsebrei ihren Freunden zum Besten, und erinnern sie, wie nahe Nachbaren sie wären, wie man zu Zürich kochen und in Straßburg essen könnte, und daß man daher eben so schnell den lieben Freunden im Fall der Noth Hülfe leisten könnte und würde. Man gedenkt mit Freuden der früheren Zeiten, wie das ihre Vorväter immer so gehalten, ißt, trinkt, freut sich mit dem 77 Fröhlichen, trauert mit dem Trauernden, besieht mit einander, was sehenswerth, und die freundlichen Gäste, um recht zu zeigen, wie sie nur gekommen, ihre Gewogenheit zu bewähren, ziehen nach etlichen Tagen, noch lange vor Beendigung der Lustbarkeiten, mit Sang und Klang, mit Herolden, von tausend Bezeugungen des Dankes, der innigsten Freundschaft begleitet, fröhlichen Muthes wieder heim. – –

Ist diese Begebenheit nicht unendlich komisch und rührend zugleich?

 

Kurze Uebersicht der in den Anmerkungen angezogenen Werke.

 


 


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