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Die Tochter eines Großbauern aus einem der ing-Dörfer, die an der Grenze des Gäubodens liegen, wo das Aitrachtal in die weite Donauebene übergeht, war in ein Frauenkloster eingetreten und sollte nun die feierliche Profeß ablegen. Dazu waren Vater und Bruder eingeladen, die Mutter waltete schon lange nicht mehr auf Erden. Beide wollten der Einladung Folge leisten, aber weil es ihnen doch rätlicher erschien, bei der kirchlichen Feier und in dem Verkehre mit den Klosterschwestern einen geeigneten Führer zu haben, luden sie sich wieder den Pfarrherrn dazu ein, der auch gern zusagte.
Nachdem sie doch vor und nach der Bahnfahrt Straubing-Kelheim ein Fuhrwerk gebraucht hätten, wenn sie nicht im Festgewande die staubige Straße wandern wollten und zudem gerade keine drängenden Feldarbeiten zu bewältigen waren, spannte der Hofbauer einfach seine jungen Bräunln vor die neue Chaise und kutschierte Pfarrherrn und Vater dem Wanderziele zu.
Mit allerhand weisen Gesprächen über alles, was eben den Landwirt am meisten interessiert, wenn er neue Gegenden, neue Dörfer sieht, über Bodenwert und Bauernhöfe, über Saatenstand und Graswuchs kamen sie nach etlichen Rastestationen gegen Abend in die Nähe von Neuessing im Altmühltale. Unten in dem engen Tale braute bereits der Nebel und überzog mit seinem grauen Schleier die Wiesengründe längs des Kanals, auf den Höhen aber lag noch der letzte Schimmer der scheidenden Sonne und dazu leuchtete der Mondenschein mit seiner fast vollen Scheibe milde hinein in das Grün des Mischwaldes aus Buchen und Nadelholz und ließ die Jurakalkfelsen in ihrem weißlichen Widerscheine um so mehr davon abstechen. Das war nun ein Bild für den Pfarrherrn, so mildeschön und naturherrlich, daß er sich nicht satt daran sehen konnte, denn »daheim«, wo er schon lange wirkte, da gab es ja nichts anderes als fast nur schnurebenes Land, weit und breit nur Ackerfeld neben dem schmalen Wiesensaume längs der Aitrach, aber keinen Wald; der lag stundenweit ferne.
»Schaut nur, schaut!« konnte er sich nicht enthalten zu sagen, »diese gewaltigen, gerade abstürzenden Felswände und die Häuser daran, hingeklebt fast geradeso wie unsere Schwalbennester daheim und da oben noch die Trümmer einer alten Ritterburg und da drüben der schöne Wald und mitten zwischen drinnen wieder Felsbrocken von wunderlichster Art. Schön ist's, wunderschön!« »Schön?« fragte da langgedehnt sein Reisegenosse. »Na! schön konns da nöt sein, auf dena Stoanbrocken wachst ja koan Woaz.«