Gustav Falke
Der Mann im Nebel
Gustav Falke

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24.

Das Klavier aus Hamburg war gekommen. Den ganzen Tag hatten sie musiziert. Abends musste Helga noch einmal singen, Griegs »Ich liebe dich!« Er konnte dieses Lied immer und immer wieder hören.

Ihm klang noch diese leidenschaftliche Melodie im Ohr, als sie Seite an Seite durch die Abenddünen gingen, um noch einen letzten Blick auf die See zu werfen.

Und hier bat er sie, es noch einmal zu singen.

»Bitte! Hier in den Dünen, von den Dünen herab. Da oben, aufs Meer hinaus. Sehen Sie, wie die Sterne funkeln. Die See hat sich vom Mond einen silbernen Gürtel geliehen.«

»Es ist schön.«

Sie stiegen langsam auf den höchsten Kamm.

»Hier,« bat er.

Helga lächelte.

Sie stand im vollen Mondlicht und sang. Er hatte sich zu ihren Füssen geworfen und sah aufs Meer hinaus.

Wie das klang. Wie sie sang. Diese Sehnsucht, dieses heisse, heisse Herzblut:

Ich liebe dich!

Er hatte ihre Kniee umschlungen, richtete sich auf.

Sie stand zitternd, wollte wehren.

Aber er umschlang sie, riss sie an sich, küsste sie. Seine ganze Leidenschaft wachte auf. Und sie, überrascht, überwältigt, unter der Glut seiner Küsse, ward schwach, widerstandslos. War doch auch ihre Seele bewegt, unter dem Einfluss des Liedes, noch im Wellengang der Griegschen Rhythmen. Zwei fremde Kreise trafen sich, zitterten aneinander, einten sich.

Und sie küssten sich, umschlangen sich in einem seltsamen Rausch, der wie eine grosse, meerestiefe Musik ihr Blut und ihre Seele in Wallung brachte.

Angesichts der keuschen, silbernen Mondnacht erglühten sie aneinander und küssten sich.

Die Wellen rauschten leise an den Strand, breiteten die weissen Arme aus und betteten sich zum Schlaf, zum Sterben; kamen, küssten den Strand und starben, küssten und starben.


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