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Das erste Scheibchen – – – ich kann nicht grade sagen, dass es sehr weh tat.

Vor manchen Jahren sollte ich in einer kleinen Stadt im Staate Nebraska einen Vortrag halten; ich musste mit einer Kleinbahn fahren und kam am späten Nachmittage dort an, ausgehungert, ausgedörrt und völlig verschmutzt. Ich hatte im Hotel keine Zeit zu verlieren, musste mich schleunigst waschen und umziehn; dann rief ich, als ich aus dem Bade heraus kam, nach einem Glase Bier.

Aber der Kellner zuckte die Achseln, Bier gäbe es nicht, aber wenn ich durchaus etwas zu trinken haben wolle, müsse ich zum Arzt schicken und mir ein Rezept geben lassen, dann könne ich in der Apotheke was bekommen. Freilich gäbe es ja noch andere Möglichkeiten – und da er als Ire ein Menschenfreund sei und ein Deutschenfreund dazu, auch gerne alles für mich tun wolle, was er nur könne, wenn er auf strengste Verschwiegenheit bei mir rechnen könne, so wolle er mir anvertraun, dass ich heute abend, wenn – –

Ich hatte keine Zeit ihn anzuhören, musste zu meinem Vortrag. Während der Pause kamen ein halbes Dutzend der Herrn des Klubs, der mich zum Sprechen eingeladen hatte, ins Künstlerzimmer; ich fragte sie, was das denn für eine verwünschte Stadt sei, in der es nichts zu trinken gäbe?

»Local-Option!« rief der Herr Vorsitzende. »Seit einem halben Jahre haben wir uns nach dem Gemeindebestimmungsrecht gegen Alkohol entschieden! Aber warten Sie nur!«

Er zog einen hübschen silbernen Operngucker aus der Tasche und schraubte ihn auf. An der einen Seite kam ein kleiner Silberbecher zum Vorschein, an der andern ein Fläschchen.

»Bester Kentucky Whisky!« lud er mich ein.

»Schade,« sagte ich, »nie vor dem Abendessen! Ich hätte schon lieber einen Schluck Sherry gehabt.«

»Wie Sie befehlen!« meinte er, sich an seine Freunde wendend. »Was für Genüsse habt Ihr da?«

Wie auf Kommando flogen die Hände der Herren Vorstandsmitglieder in die Taschen und zogen ebenfalls silberne Operngucker heraus. Alle waren gleich; nur der Aufenthaltsort war verschieden: der eine zog die Hosentasche, der andere die Brusttasche vor, auch hinten die Schwalbenschwanztasche schien sehr beliebt. Der eine Herr hatte Sherry, der zweite Genever, der dritte alten Portwein; ein rothaariger früherer Seekapitän aus Wismar brachte gar echten alten »Magerfleisch« zum Vorschein.

»Drink man, min Jong,« riet er mir, »wat beteres gifft et nich up de ganze Welt!«

»Gemeindebestimmungsrecht!« lachte der Präsident. »Das heisst bei uns: jeder kann bestimmen, was er will und so auf seine Fasson selig werden!«

Freilich muss ich sagen, dass das nur eitel Gerede war; die toleranten Herren dieser intoleranten Stadt gaben sich vielmehr redlichste Mühe, jeder für seine eigene Fasson Proselyten zu machen und brachten es bald fertig, dass ich in dieser Nacht auf alle nur mögliche Weise – selig wurde.

Meine erste Trockenlegung in U.S.A. missglückte in dieser Stadt gründlich.


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