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Es war so weit gekommen, daß überall, wo ich mich in den Straßen von Rom blicken ließ, einzelne aus dem Volk still standen und in gebeugter, demütiger Stellung um meinen Segen baten. Mochte es sein, daß meine strengen Bußübungen, die ich fortsetzte, schon Aufsehen erregten, aber gewiß war es, daß meine fremdartige, wunderliche Erscheinung den lebhaften fantastischen Römern bald zu einer Legende werden mußte, und daß sie mich vielleicht, ohne daß ich es ahnte, zu dem Helden irgendeines frommen Märchens erhoben hatten. Oft weckten mich bange Seufzer und das Gemurmel leiser Gebete aus tiefer Betrachtung, in die ich, auf den Stufen des Altars liegend, versunken, und ich bemerkte dann, wie rings um mich her Andächtige knieten und meine Fürbitte zu erflehen schienen. So wie in jenem Kapuzinerkloster hörte ich hinter mir rufen: il Santo! – und schmerzhafte Dolchstiche fuhren durch meine Brust. Ich wollte Rom verlassen, doch wie erschrak ich, als der Prior des Klosters, in dem ich mich aufhielt, mir ankündigte, daß der Papst mich hätte zu sich gebieten lassen. Düstre Ahnungen stiegen in mir auf, daß vielleicht aufs neue die böse Macht in feindlichen Verkettungen mich festzubannen trachte, indessen faßte ich Mut und ging zur bestimmten Stunde nach dem Vatikan. Der Papst, ein wohlgebildeter Mann, noch in den Jahren der vollen Kraft, empfing mich, auf einem reich verzierten Lehnstuhl sitzend. Zwei wunderschöne geistlich gekleidete Knaben bedienten ihn mit Eiswasser und durchfächelten das Zimmer mit Reiherbüschen, um, da der Tag überheiß war, die Kühle zu erhalten. Demütig trat ich auf ihn zu und machte die gewöhnliche Kniebeugung. Er sah mich scharf an, der Blick hatte aber etwas Gutmütiges, und statt des strengen Ernstes, der sonst, wie ich aus der Ferne wahrzunehmen geglaubt, auf seinem Gesicht ruhte, ging ein sanftes Lächeln durch alle Züge. Er trug, woher ich käme, was mich nach Rom gebracht kurz das Gewöhnlichste über meine persönlichen Verhältnisse, und stand dann auf, indem er sprach: »Ich ließ Euch rufen, weil man mir von Eurer seltenen Frömmigkeit erzählt. – Warum, Mönch Medardus, treibst du deine Andachtsübungen öffentlich vor dem Volk in den besuchtesten Kirchen? – Gedenkst du zu erscheinen als ein Heiliger des Herrn und angebetet zu werden von dem fanatischen Pöbel, so greife in deine Brust und forsche wohl, wie der innerste Gedanke beschaffen, der dich so zu handeln treibt. – Bist du nicht rein vor dem Herrn und vor mir, seinem Statthalter, so nimmst du bald ein schmähliches Ende, Mönch Medardus!« – Diese Worte sprach der Papst mit starker, durchdringender Stimme, und wie treffende Blitze funkelte es aus seinen Augen. Nach langer Zeit zum erstenmal fühlte ich mich nicht der Sünde schuldig, der ich angeklagt wurde, und so mußte es wohl kommen, daß ich nicht allein meine Fassung behielt, sondern auch von dem Gedanken, daß meine Buße aus wahrer innerer Zerknirschung hervorgegangen, erhoben wurde und wie ein Begeisterter zu sprechen vermochte: »Ihr hochheiliger Statthalter des Herrn, wohl ist Euch die Kraft verliehen, in mein Inneres zu schauen; wohl mögt Ihr es wissen, daß zentnerschwer mich die unsägliche Last meiner Sünden zu Boden drückt, aber ebenso werdet Ihr die Wahrheit meiner Reue erkennen. Fern von mir ist der Gedanke schnöder Heuchelei, fern von mir jede ehrgeizige Absicht, das Volk zu täuschen auf versuchte Weise. Vergönnt es dem büßenden Mönch, o hochheiliger Herr, daß er in kurzen Worten sein verbrecherisches Leben, aber auch das, was er in der tiefsten Reue und Zerknirschung begonnen, Euch enthülle!« – So fing ich an und erzählte nun, ohne Namen zu nennen und so gedrängt als möglich, meinen ganzen Lebenslauf. Aufmerksamer und aufmerksamer wurde der Papst. Er setzte sich in den Lehnstuhl und stützte den Kopf in die Hand; er sah zur Erde nieder, dann fuhr er plötzlich in die Höhe; die Hände übereinandergeschlagen und mit dem rechten Fuß ausschreitend, als wolle er auf mich zutreten, starrte er mich an mit glühenden Augen. Als ich geendet, setzte er sich aufs neue. »Eure Geschichte, Mönch Medardus«, fing er an, »ist die verwunderlichste, die ich jemals vernommen. – Glaubt Ihr an die offenbare, sichtliche Einwirkung einer bösen Macht, die die Kirche Teufel nennt?« Ich wollte antworten, der Papst fuhr fort: »Glaubt Ihr, daß der Wein, den Ihr aus der Reliquienkammer stahlt und austrankst, Euch zu den Freveln trieb, die Ihr beginget?« – »Wie ein von giftigen Dünsten geschwängertes Wasser gab er Kraft dem bösen Keim, der in mir ruhte, daß er fortzuwuchern vermochte!« – Als ich dies erwidert, schwieg der Papst einige Augenblicke, dann fuhr er mit ernstem, in sich gekehrtem Blick fort: »Wie, wenn die Natur die Regel des körperlichen Organismus auch im geistigen befolgte, daß gleicher Keim nur Gleiches zu gebären vermag? ... Wenn Neigung und Wollen – wie die Kraft, die im Kern verschlossen, des hervorschießenden Baumes Blätter wieder grün färbt sich fortpflanzte von Vätern zu Vätern, alle Willkür aufhebend? ... Es gibt Familien von Mördern, von Räubern! ... Das wäre die Erbsünde, des frevelhaften Geschlechts ewiger, durch kein Sühnopfer vertilgbarer Fluch!« – »Muß der vom Sünder Geborne wieder sündigen, vermöge des vererbten Organismus. . ., dann gibt es keine Sünde«, so unterbrach ich den Papst. »Doch!« sprach er, »der ewige Geist schuf einen Riesen, der jenes blinde Tier, das in uns wütet, zu bändigen und in Fesseln zu schlagen vermag. Bewußtsein heißt dieser Riese, aus dessen Kampf mit dem Tier sich die Spontaneität erzeugt. Des Riesen Sieg ist die Tugend, der Sieg des Tieres die Sünde.« Der Papst schwieg einige Augenblicke, dann heiterte sein Blick sich auf, und er sprach mit sanfter Stimme: »Glaubt Ihr, Mönch Medardus, daß es für den Statthalter des Herrn schicklich sei, mit Euch über Tugend und Sünde zu vernünfteln?« – »Ihr habt, hochheiliger Herr«, erwiderte ich, »Euren Diener gewürdigt, Eure tiefe Ansicht des menschlichen Seins zu vernehmen, und wohl mag es Euch ziemen, über den Kampf zu sprechen, den Ihr längst, herrlich und glorreich siegend, geendet.« – »Du hast eine gute Meinung von mir, Bruder Medardus«, sprach der Papst, »oder glaubst du, daß die Tiara der Lorbeer sei, der mich als Helden und Sieger der Welt verkündet?« – »Es ist«, sprach ich, »wohl etwas Großes, König sein und herrschen über ein Volk. So im Leben hochgestellt, mag alles rings umher näher zusammengerückt, in jedem Verhältnis kommensurabler erscheinen, und eben durch die hohe Stellung sich die wunderbare Kraft des Überschauens entwickeln, die wie eine höhere Weihe sich kundtut in gebornen Fürsten.« – »Du meinst«, fiel der Papst ein, »daß selbst den Fürsten, die schwach an Verstande und Willen, doch eine gewisse wunderliche Sagazität beiwohne, die füglich für Weisheit geltend, der Menge zu imponieren vermag. Aber wie gehört das hieher?« – »Ich wollte«, fuhr ich fort, »von der Weihe der Fürsten reden, deren Reich von dieser Welt ist, und dann von der heiligen, göttlichen Weihe des Statthalters des Herrn. Auf geheimnisvolle Weise erleuchtet der Geist des Herrn die im Konklave verschlossenen hohen Priester. Getrennt, in einzelnen Gemächern frommer Betrachtung hingegeben, befruchtet der Strahl des Himmels das nach der Offenbarung sich sehnende Gemüt, und ein Name erschallt wie ein die ewige Macht lobpreisender Hymnus von den begeisterten Lippen. – Nur kundgetan in irdischer Sprache wird der Beschluß der ewigen Macht, die sich ihren würdigen Statthalter auf Erden erkor. und so, hochheiliger Herr, ist Eure Krone, im dreifachen Ringe das Mysterium Eures Herrn, des Herrn der Welten, verkündend, in der Tat der Lorbeer, der Euch als Helden und Sieger darstellt. – Nicht von dieser Welt ist Euer Reich, und doch seid Ihr berufen, zu herrschen über alle Reiche dieser Erde, die Glieder der unsichtbaren Kirche sammelnd unter der Fahne des Herrn! – Das weltliche Reich, das Euch beschieden, ist nur Euer in himmlischer Pracht blühender Thron.« – »Das gibst du zu«, unterbrach mich der Papst –, »das gibst du zu, Bruder Medardus, daß ich Ursache habe, mit diesem mir beschiedenen Thron zufrieden zu sein. Wohl ist meine blühende Roma geschmückt mit himmlischer Pracht, das wirst du auch wohl fühlen, Bruder Medardus, hast du deinen Blick nicht ganz dem Irdischen verschlossen ... Doch das glaub ich nicht ... Du bist ein wackrer Redner und hast mir zum Sinn gesprochen... Wir werden uns, merk ich, näher verständigen! ... Bleibe hier! ... In einigen Tagen bist du vielleicht Prior, und später könnt ich dich wohl gar zu meinem Beichtvater erwählen ... Gehe ... gebärde dich weniger närrisch in den Kirchen, zum Heiligen schwingst du dich nun einmal nicht hinauf – der Kalender ist vollzählig. Gehe.« – Des Papstes letzte Worte verwundenen mich ebenso wie sein ganzes Betragen überhaupt, das ganz dem Bilde widersprach, wie es sonst von dem Höchsten der christlichen Gemeinde, dem die Macht gegeben, zu binden und zu lösen, in meinem Innern aufgegangen war. Es war mir nicht zweifelhaft, daß er alles, was ich von der hohen Göttlichkeit seines Berufs gesprochen, für leere listige Schmeichelei gehalten hatte. Er ging von der Idee aus, daß ich mich hatte zum Heiligen aufschwingen wollen und daß ich, da er mir aus besondern Gründen den Weg dazu versperren mußte, nun gesonnen war, mir auf andere Weise Ansehn und Einfluß zu verschaffen. Auf dieses wollte er wieder aus besonderen mir unbekannten Gründen eingehen.
Ich beschloß – ohne daran zu denken, daß ich ja, ehe der Papst mich rufen ließ, Rom hatte verlassen wollen – meine Andachtsübungen fortzusetzen. Doch nur zu sehr im Innern fühlte ich mich bewegt, um wie sonst mein Gemüt ganz dem Himmlischen zuwenden zu können. Unwillkürlich dachte ich selbst im Gebet all mein früheres Leben; verblaßt war das Bild meiner Sünden, und nur das Glänzende der Laufbahn, die ich als Liebling eines Fürsten begonnen, als Beichtiger des Papstes fortsetzen und wer weiß auf welcher Höhe enden werde, stand grell leuchtend vor meines Geistes Augen. So kam es, daß ich, nicht weil es der Papst verboten. sondern unwillkürlich meine Andachtsübungen einstellte und statt dessen in den Straßen von Rom umherschlenderte. Als ich eines Tages über den Spanischen Platz ging, war ein Haufen Volks um den Kasten eines Puppenspielers versammelt. Ich vernahm Pulcinellas komisches Gequäke und das wiehernde Gelächter der Menge. Der erste Akt war geendet, man bereitete sich auf den zweiten vor. Die kleine Decke flog auf, der junge David erschien mit seiner Schleuder und dem Sack voll Kieselsteinen. Unter possierlichen Bewegungen versprach er, daß nunmehr der ungeschlachte Riese Goliath ganz gewiß erschlagen und Israel errettet werden solle. Es ließ sich ein dumpfes Rauschen und Brummen hören. Der Riese Goliath stieg empor mit einem ungeheuren Kopfe. – Wie erstaunte ich, als ich auf den ersten Blick in dem Goliathskopf den närrischen Belcampo erkannte. Dicht unter dem Kopf hatte er mittels einer besondern Vorrichtung einen kleinen Körper mit Ärmchen und Beinchen angebracht. seine eigenen Schultern und Arme aber durch eine Draperie versteckt, die wie Goliaths breit gefalteter Mantel anzusehen war. Goliath hielt mit den seltsamsten Grimassen und groteskem Schütteln des Zwergleibes eine stolze Rede, die David nur zuweilen durch ein feines Kichern unterbrach. Das Volk lachte unmäßig, und ich selbst, wunderlich angesprochen von der neuen fabelhaften Erscheinung Belcampos, ließ mich fortreißen und brach aus in das längst ungewohnte Lachen der innern kindischen Lust. – Ach, wie oft war sonst mein Lachen nur der konvulsivische Krampf der innern herzzerreißenden Qual. Dem Kampf mit dem Riesen ging eine lange Disputation voraus, und David bewies überaus künstlich und gelehrt, warum er den furchtbaren Gegner totschmeißen müsse und werde. Belcampo ließ alle Muskeln seines Gesichts wie knisternde Lauffeuer spielen, und dabei schlugen die Riesenärmchen nach dem kleiner als kleinen David, der geschickt unterzuducken wußte und dann hie und da, ja selbst aus Goliaths eigner Mantelfalte zum Vorschein kam. Endlich flog der Kiesel an Goliaths Haupt, er sank hin, und die Decke fiel. Ich lachte immer mehr, durch Belcampos tollen Genius gereizt, überlaut, da klopft jemand leise auf meine Schulter. Ein Abbate stand neben mir. »Es freut mich«, fing er an, »daß Ihr, mein ehrwürdiger Herr, nicht die Lust am Irdischen verloren habt. Beinahe traute ich Euch, nachdem ich Eure rnerkwürdige Andachtsübungen gesehen, nicht mehr zu, daß Ihr über solche Torheiten zu lachen vermöget.« Es war mir so, als der Abbate dieses sprach, als müßte ich mich meiner Lustigkeit schämen, und unwillkürlich sprach ich, was ich gleich darauf bereute, gesprochen zu haben. »Glaubt mir, mein Herr Abbate«, sagte ich, »daß dem, der in dem buntesten Wogenspiel des Lebens ein rüstiger Schwimmer war, nie die Kraft gebricht, aus dunkler Flut aufzutauchen und mutig sein Haupt zu erheben.« Der Abbate sah mich mit blitzenden Augen an. »Ei«, sprach er, »wie habt Ihr das Bild so gut erfunden und ausgeführt. Ich glaube Euch jetzt zu kennen ganz und gar und bewundere Euch aus tiefstem Grunde meiner Seele.«
»Ich weiß nicht, mein Herr, wie ein armer. büßender Mönch Eure Bewunderung zu erregen vermochte!«
»Vortrefflich, Ehrwürdigster! – Ihr fallt zurück in Eure Rolle! Ihr seid des Papstes Liebling?«
»Dem hochheiligen Statthalter des Herrn hat es gefallen, mich seines Blicks zu würdigen. – Ich habe ihn verehrt im Staube, wie es der Würde, die ihm die ewige Macht verlieh, als sie himmlisch reine Tugend bewährt fand in seinem Innern, geziemt.«
»Nun, du ganz würdiger Vasall an dem Thron des dreifach Gekrönten, du wirst tapfer tun, was deines Amtes ist! – Aber glaube mir, der jetzige Statthalter des Herrn ist ein Kleinod der Tugend gegen Alexander den Sechsten, und da magst du dich vielleicht doch verrechnet haben! – Doch – spiele deine Rolle – ausgespielt ist bald, was munter und lustig begann. – Lebt wohl, mein sehr ehrwürdiger Herr!«
Mit gellendem Hohngelächter sprang der Abbate von dannen, erstarrt blieb ich stehen. Hielt ich seine letzte Außerung mit meinen eignen Bemerkungen über den Papst zusammen, so mußte es mir wohl klar aufgehen, daß er keineswegs der nach dem Kampf mit dem Tier gekrönte Sieger war, für den ich ihn gehalten, und ebenso mußte ich auf entsetzliche Weise mich überzeugen, daß wenigstens dem eingeweihten Teil des Publikums meine Buße als ein heuchlerisches Bestreben erschienen war, mich auf diese oder jene Weise aufzuschwingen. Verwundet bis tief in das Innerste, kehrte ich in mein Kloster zurück und betete inbrünstig in der einsamen Kirche. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, und ich erkannte bald die Versuchung der finstern Macht, die mich aufs neue zu verstricken getrachtet hatte, aber auch zugleich meine sündige Schwachheit und die Strafe des Himmels. – Nur schnelle Flucht konnte mich retten. und ich beschloß mit dem frühesten Morgen mich auf den Weg zu machen. Schon war beinahe die Nacht eingebrochen, als die Hauptglocke des Klosters stark angezogen wurde. Bald darauf trat der Bruder Pförtner in meine Zelle und berichtete, daß ein seltsam gekleideter Mann durchaus begehre, mich zu sprechen. Ich ging nach dem Sprechzimmer, es war Belcampo, der nach seiner tollen Weise auf mich zusprang, bei den Armen mich packte und mich schnell in einen Winkel zog. »Medardus«, fing er leise und eilig an. »Medardus, du magst es nun anstellen, wie du willst, um dich zu verderben, die Narrheit ist hinter dir her auf den Flügeln des Westwindes – Südwindes oder auch Süd-Südwest oder sonst und packt dich, ragt auch nur noch ein Zipfel deiner Kutte hervor aus dem Abgrunde, und zieht dich herauf – o Medardus, erkenne das – erkenne, was Freundschaft ist, erkenne, was Liebe vermag, glaube an David und Jonathan, liebster Kapuziner!« – »Ich habe Sie als Goliath bewundert«, fiel ich dem Schwätzer in die Rede, »aber sagen Sie mir schnell, worauf es ankommt – was Sie zu mir hertreibt?« – »Was mich hertreibt'?" sprach Belcampo, »was mich hertreibt? – Wahnsinnige Liebe zu einem Kapuziner, dem ich einst den Kopf zurechtsetzte, der umherwarf mit blutiggoldenen Dukaten – der Umgang hatte mit scheußlichen Reventants – der, nachdem er was weniges gemordet hatte – die Schönste der Welt heiraten wollte, bürgerlicher- oder vielmehr adligerweise.« – »Halt ein«, rief ich, »halt ein, du grauenhafter Narr! Gebüßt habe ich schwer, was du mir vorwirfst im freveligen Mutwillen.« – »0 Herr«, fuhr Belcampo fort, »noch ist die Stelle so empfindlich, wo Euch die feindliche Macht tiefe Wunden schlug? – Ei, so ist Eure Heilung noch nicht vollbracht. Nun will ich sanft und ruhig sein wie ein frommes Kind, ich will mich bezähmen, ich will nicht mehr springen, weder körperlich noch geistig, und Euch, geliebter Kapuziner, bloß sagen, daß ich Euch hauptsächlich Eurer sublimen Tollheit halber so zärtlich liebe, und da es Oberhaupt nützlich ist, daß jedes tolle Prinzip so lange lebe und gedeihe auf Erden, als nur immer möglich, so rette ich dich aus jeder Todesgefahr, in die du mutwilligerweise dich begibst. In meinem Puppenkasten habe ich ein Gespräch belauscht, das dich betrifft. Der Papst will dich zum Prior des hiesigen Kapuzinerklosters und zu seinem Beichtiger erheben. Fliehe schnell, schnell fort von Rom, denn Dolche lauern auf dich. Ich kenne den Bravo, der dich ins Himmelreich spendieren soll. Du bist dem Dominikaner, der jetzt des Papstes Beichtiger ist, und seinem Anhange im Wege. – Morgen darfst du nicht mehr hier sein.« – Diese neue Begebenheit konnte ich gar gut mit den Äußerungen des unbekannten Abbates zusammenreimen; so betroffen war ich, daß ich kaum bemerkte, wie der possierliche Belcampo mich einmal über das andere an das Herz drückte und endlich mit seinen gewöhnlichen seltsamen Grimassen und Sprüngen Abschied nahm. –
Mitternacht mochte vorüber sein, als ich die äußere Pforte des Klosters öffnen und einen Wagen dumpf über das Pflaster des Hofes hereinrollen hörte. Bald darauf kam es den Gang herauf; man klopfte an meine Zelle, ich öffnete und erblickte den Pater Guardian, dem ein tief vermummter Mann mit einer Fackel folgte. »Bruder Medardus«, sprach der Guardian, »ein Sterbender verlangt in der Todesstunde Euern geistlichen Zuspruch und die Letzte Ölung. Tut, was Eures Amtes ist, und folgt diesem Mann, der Euch dorthin führen wird, wo man Eurer bedarf.« Mich überlief ein kalter Schauer, die Ahnung, daß man mich zum Tode führen wolle, regte sich in mir auf; doch durfte ich mich nicht weigern und folgte daher dem Vermummten, der den Schlag des Wagens öffnete und mich nötigte, einzusteigen. Im Wagen fand ich zwei Männer, die mich in ihre Mitte nahmen. Ich frug , wo man mich hinfuhren wolle – wer gerade von mir Zuspruch und Letzte Ölung verlange. – Keine Antwort! In tiefem Schweigen ging es fort durch mehrere Straßen. Ich glaubte an dem Klange wahrzunehmen. daß wir schon außerhalb Roms waren, doch bald vernahm ich deutlich, daß wir durch ein Tor und dann wieder durch gepflasterte Straßen fuhren. Endlich hielt der Wagen, und schnell wurden mir die Hände gebunden, und eine dicke Kappe fiel über mein Gesicht. »Euch soll nichts Böses widerfahren«, sprach eine rauhe Stimme, »nur schweigen müßt Ihr über alles. was Ihr sehen und hören werdet, sonst ist Euer augenblicklicher Tod gewiß.« – Man hob mich aus dem Wagen, Schlösser klirrten, und ein Tor dröhnte auf in schweren, ungefügigen Angeln. Man führte mich durch lange Gänge und endlich Treppen hinab – tiefer und tiefer. Der Schall der Tritte überzeugte mich, daß wir uns in Gewölben befanden, deren Bestimmung der durchdringende Totengeruch verriet. Endlich stand man still – die Hände wurden mir losgebunden, die Kappe mir vom Kopfe gezogen. Ich befand mich in einem geräumigen, von einer Ampel schwach beleuchteten Gewölbe, ein schwarz vermummter Mann, wahrscheinlich derselbe, der mich hergeführt hatte, stand neben mir, rings umher saßen auf niedrigen Bänken Dominikanermönche. Der grauenhafte Traum, den ich einst in dem Kerker träumte, kam mir in den Sinn, ich hielt meinen qualvollen Tod für gewiß, doch blieb ich gefaßt und betete inbrünstig im stillen, nicht um Rettung, sondern um ein seliges Ende. Nach einigen Minuten düstern ahnungsvollen Schweigens trat einer der Mönche auf mich zu und sprach mit dumpfer Stimme »Wir haben einen Eurer Ordensbrüder gerichtet, Medardus, das Urteil soll vollstreckt werden. Von Euch, einem heiligen Manne, erwartet er Absolution und Zuspruch im Tode! – Geht und tut, was Eures Amts ist.« Der Vermummte, welcher neben mir stand, faßte mich unter den Arm und führte mich weiter fort durch einen engen Gang in ein kleines Gewölbe. Hier lag in einem Winkel auf einem Strohlager ein bleiches, abgezehrtes, mit Lumpen behängtes Gerippe. Der Vermummte setzte die Lampe, die er mitgebracht, auf den steinernen Tisch in die Mitte des Gewölbes und entfernte sich. Ich nahte mich dem Gefangenen, er drehte sich mühsam nach mir um; ich erstarrte, als ich die ehrwürdigen Züge des frommen Cyrillus erkannte. Ein himmlisches verklärtes Lächeln überflog sein Gesicht. »So haben mich«, fing er mit matter Stimme an, »die entsetzlichen Diener der Hölle, welche hier hausen, doch nicht getäuscht. Durch sie erfuhr ich, daß du, mein lieber Bruder Medardus, dich in Rom befandest, und als ich mich so sehnte nach dir, weil ich großes Unrecht an dir verübt habe, da versprachen sie mir, sie wollten dich zu mir führen in der Todesstunde. Die ist nun wohl gekommen, und sie haben Wort gehalten.« Ich kniete nieder bei dem frommen, ehrwürdigen Greis, ich beschwor ihn. mir nur von allen Dingen zu sagen, wie es möglich gewesen sei, ihn einzukerkern, ihn zum Tode zu verdammen. »Mein lieber Bruder Medardus«, sprach Cyrill, »erst nachdem ich reuig bekannt, wie sündlich ich aus Irrtum an dir gehandelt, erst wenn du mich mit Gott versöhnt, darf ich von meinem Elend, von meinem irdischen Untergang zu dir reden! – Du weißt, daß ich und mit mir unser Kloster dich für den verruchtesten Sünder gehalten; die ungeheuersten Frevel hattest du (so glaubten wir) auf dein Haupt geladen, und ausgestoßen hatten wir dich aus aller Gemeinschaft. Und doch war es nur ein verhängnisvoller Augenblick. in dem der Teufel dir die Schlinge über den Hals warf und dich fortriß von der heiligen Stätte in das sündliche Weltleben. Dich um deinen Namen, um dein Kleid, um deine Gestalt betragend, beging ein teuflischer Heuchler jene Untaten, die dir beinahe den schmachvollen Tod des Mörders zugezogen hätten. Die ewige Macht hat es auf wunderbare Weise offenbart, daß du zwar leichtsinnig sündigtest, indem dein Trachten darauf ausging, dein Gelübde zu brechen, daß du aber rein bist von jenen entsetzlichen Freveln. Kehre zurück in unser Kloster, Leonardus, die Brüder werden dich, den verloren Geglaubten, mit Liebe und Freudigkeit aufnehmen. – 0 Medardus ... « – Der Greis, von Schwäche übermannt, sank in eine tiefe Ohnmacht. Ich widerstand der Spannung, die seine Worte, welche eine neue wunderbare Begebenheit zu verkünden schienen, in mir erregt hatten, und nur an ihn, an das Heil seiner Seele denkend, suchte ich, von allen anderen Hilfsmitteln entblößt, ihn dadurch ins Leben zurückzurufen, daß ich langsam und leise Kopf und Brust mit meiner rechten Hand anstrich, eine in unsern Klöstern übliche Art, Todkranke aus der Ohnmacht zu wecken. Cyrillus erholte sich bald und beichtete mir, er, der Fromme, dem freveligen Sünder! – Aber es war, als würde, indem ich den Greis, dessen höchste Vergehen nur in Zweifel bestanden, die ihm hie und da aufgestoßen, absolvierte, von der hohen ewigen Macht ein Geist des Himmels in mir entzündet, und als sei ich nur das Werkzeug, das körpergewordene Organ, dessen sich jene Macht bediene, um schön hienieden zu dem noch nicht entbundenen Menschen menschlich zu reden. Cyrillus hob den andachtsvollen Blick zum Himmel und sprach: »Oh, mein Bruder Medardus, wie haben mich deine Worte erquickt! Froh gehe ich dem Tode entgegen, den mir versuchte Bösewichter bereitet! Ich falle, ein Opfer der gräßlichsten Falschheit und Sünde, die den Thron des dreifach Gekrönten umgibt.« Ich vernahm dumpfe Tritte, die näher und näher kamen, die Schlüssel rasselten im Schloß der Tür. Cyrillus raffte sich mit Gewalt empor, erfaßte meine Hand und rief mir ins Ohr: »Kehre in unser Kloster zurück – Leonardus ist von allem unterrichtet, er weiß, wie ich sterbe – beschwöre ihn, über meinen Tod zu schweigen. – Wie bald hätte mich ermatteten Greis auch sonst der Tod ereilt – Lebe wohl, mein Bruder! – Bete für das Heil meiner Seele! – Ich werde bei euch sein, wenn ihr im Kloster mein Totenamt haltet. Gelobe mir, daß du hier über alles, was du erfahren, schweigen willst, denn du führst nur dein Verderben herbei und verwickelst unser Kloster in tausend schlimme Händel!« – Ich tat es, Vermummte waren hereingetreten, sie hoben den Greis aus dem Bette und schleppten ihn, der vor Mattigkeit nicht fortzuschreiten vermochte, durch den Gang nach dem Gewölbe, in dem ich früher gewesen. Auf den Wink der Vermummten war ich gefolgt, die Dominikaner hatten einen Kreis geschlossen, in den man den Greis brachte und auf ein Häufchen Erde, das man in der Mitte aufgeschüttet, niederknien hieß. Man hatte ihm ein Kruzifix in die Hand gegeben. Ich war, weil ich es meines Amtes hielt, mit in den Kreis getreten und betete laut. Ein Dominikaner ergriff mich beim Arm und zog mich beiseite. In dem Augenblick sah ich in der Hand eines Vermummten, der hinterwärts in den Kreis getreten, ein Schwert blitzen, und Cyrillus' blutiges Haupt rollte zu meinen Füßen hin. – Ich sank bewußtlos nieder. Als ich wieder zu mir selbst kam, befand ich mich in einem kleinen zellenartigen Zimmer. Ein Dominikaner trat auf mich zu und sprach mit hämischem Lächeln: »Ihr seid wohl recht erschrocken, mein Bruder, und solltet doch billig Euch erfreuen, da Ihr mit eignen Augen ein schönes Martyrium angeschaut habt. So muß man ja wohl es nennen, wenn ein Bruder aus Eurem Kloster den verdienten Tod empfängt, denn Ihr seid wohl alle samt und sonders Heilige?« – »Nicht Heilige sind wir«, sprach ich, »aber in unserm Kloster wurde noch nie ein Unschuldiger ermordet! – Entlaßt mich – ich habe mein Amt vollbracht mit Freudigkeit! – Der Geist des Verklärten wird mir nahe sein, wenn ich fallen sollte in die Hände verruchter Mörder!« – »Ich zweifle gar nicht«, sprach der Dominikaner, »daß der selige Bruder Cyrillus Euch in dergleichen Fällen beizustehen imstande sein wird, wollet aber doch, lieber Bruder, seine Hinrichtung nicht etwa einen Mord nennen! – Schwer hatte sich Cyrillus versündigt an dem Statthalter des Herrn, und dieser selbst war es, der seinen Tod befahl. – Doch er muß Euch ja wohl alles gebeichtet haben, unnütz ist es daher, mit Euch darüber zu sprechen, nehmt lieber dieses zur Stärkung und Erfrischung, Ihr seht ganz blaß und verstört aus.« Mit diesen Worten reichte mir der Dominikaner einen kristallenen Pokal, in dem ein dunkelroter, stark duftender Wein schäumte. Ich weiß nicht, welche Ahnung mich durchblitzte, als ich den Pokal an den Mund brachte. – Doch war es gewiß, daß ich denselben Wein roch, den mir einst Euphemie in jener verhängnisvollen Nacht kredenzte, und unwillkürlich, ohne deutlichen Gedanken, goß ich ihn aus in den linken Ärmel meines Habits, indem ich, wie ich von der Ampel geblendet, die linke Hand vor die Augen hielt. »Wohl bekomm es Euch«, rief der Dominikaner, indem er mich schnell zur Türe hinausschob. – Man warf mich in den Wagen, der zu meiner Verwunderung leer war, und zog mit mir von dannen. Die Schrecken der Nacht, die geistige Anspannung, der tiefe Schmerz über den unglücklichen Cyrill warfen mich in einen betäubten Zustand, so daß ich mich, ohne zu widerstehen, hingab, als man mich aus dem Wagen herausriß und ziemlich unsanft auf den Boden fallen ließ. Der Morgen brach an, und ich sah mich an der Pforte des Kapuzinerklosters liegen, dessen Glocke ich, als ich mich aufgerichtet hatte, anzog. Der Pförtner erschrak über mein bleiches, verstörtes Ansehen und mochte dem Prior die Art, wie ich zurückgekommen, gemeldet haben, denn gleich nach der Frühmesse trat dieser mit besorglichem Blick in meine Zelle. Auf sein Fragen erwiderte ich nur im allgemeinen, daß der Tod dessen, den ich absolvieren müssen, zu gräßlich gewesen sei, um mich nicht im Innersten aufzuregen, aber bald konnte ich vor dem wütenden Schmerz, den ich am linken Arme empfand, nicht weiter reden, ich schrie laut auf. Der Wundarzt des Klosters kam, man riß mir den fest am Fleisch klebenden Ärmel herab und fand den ganzen Arm wie von einer ätzenden Materie zerfleischt und zerfressen. – »Ich habe Wein trinken sollen – ich habe ihn in den Ärmel gegossen«, stöhnte ich, ohnmächtig von der entsetzlichen Qual! – »Ätzendes Gift war in dem Weine«, rief der Wundarzt und eilte, Mittel anzuwenden, die wenigstens bald den wütenden Schmerz linderten. Es gelang der Geschicklichkeit des Wundarztes und der sorglichen Pflege, die mir der Prior angedeihen ließ, den Arm, der erst abgenommen werden sollte, zu retten, aber bis auf den Knochen dorrte das Fleisch ein, und alle Kraft der Bewegung hatte der feindliche Schierlingstrank gebrochen. »Ich sehe nur zu deutlich«, sprach der Prior, »was es mit jener Begebenheit, die Euch um Euern Arm brachte, für eine Bewandtnis hat. Der fromme Bruder Cyrillus verschwand aus unserm Kloster und aus, Rom auf unbegreifliche Weise, und auch Ihr, lieber Bruder Medardus, werdet auf dieselbe Weise verlorengehen, wenn Ihr Rom nicht alsbald verlasset. Auf verschiedene verdächtige Weise erkundigte man sich nach Euch während der Zeit, als Ihr krank lagt, und nur meiner Wachsamkeit und der Einigkeit der frommgesinnten Brüder möget Ihr es verdanken, daß Euch der Mord nicht bis in Eure Zelle verfolgte. So wie Ihr Oberhaupt mir ein verwunderlicher Mann zu sein scheint, den überall verhängnisvolle Bande umschlingen, so seid Ihr auch seit der kurzen Zeit Eures Aufenthalts in Rom gewiß wider Euern Willen viel zu merkwürdig geworden, als daß es gewissen Personen nicht wünschenswert sein sollte, Euch aus dem Wege zu räumen. Kehrt zurück in Euer Vaterland, in Euer Kloster! – Friede sei mit Euch!« –
Ich fühlte wohl, daß, solange ich mich in Rom befände, mein Leben in steter Gefahr bleiben müsse, aber zu dem peinigenden Andenken an alle begangenen Frevel, das die strengste Buße nicht zu vertilgen vermocht, gesellte sich der körperliche empfindliche Schmerz des abwelkenden Armes, und so achtete ich ein qualvolles Dasein nicht, das ich durch einen schnell mir gegebenen Tod wie eine druckende Bürde fahren lassen konnte. Immer mehr gewöhnte ich mich an den Gedanken, eines gewaltsamen Todes zu sterben, und er schien mir bald sogar als ein glorreiches, durch meine strenge Buße erworbenes Märtyrertum. Ich sah mich selbst, wie ich zu den Pforten des Klosters hinausschritt, und wie eine finstere Gestalt mich schnell mit einem Dolch durchbohrte. Das Volk versammelte sich um den blutigen Leichnam – »Medardus – der fromme büßende Medardus ist ermordet!« – So rief man durch die Straßen, und dichter und dichter drängten sich die Menschen, laut wehklagend um den Entseelten. – Weiber knieten nieder und trockneten mit weißen Tüchern die Wunde, aus der das Blut hervorquoll. Da sieht eine das Kreuz an meinem Halse, laut schreit sie auf: »Er ist ein Märtyrer, ein Heiliger – seht hier das Zeichen des Herrn, das er am Halse trägt!« -da wirft sich alles auf die Knie. – Glücklich, der den Körper des Heiligen berühren, der nur sein Gewand erfassen kann! – Schnell ist eine Bahre gebracht, der Körper hinaufgelegt, mit Blumen gekränzt, und im Triumphzuge unter lautem Gesang und Gebet tragen ihn Jünglinge nach St. Peter! – So arbeitete meine Fantasie ein Gemälde aus, das meine Verherrlichung hienieden mit lebendigen Farben darstellte, und nicht gedenkend, nicht ahnend, wie der böse Geist des sündlichen Stolzes mich auf neue Weise zu verlocken trachtete, beschloß ich, nach meiner völligen Genesung in Rom zu bleiben, meine bisherige Lebensweise fortzusetzen und so entweder glorreich zu sterben oder, durch den Papst meinen Feinden entrissen, emporzusteigen zu hohen Würden der Kirche. – Meine starke lebenskräftige Natur ließ mich endlich den namenlosen Schmerz ertragen und widerstand der Einwirkung des höllischen Safts, der von außen her mein Inneres zerrütten wollte. Der Arzt versprach meine baldige Herstellung, und in der Tat empfand ich nur in den Augenblicken jenes Delirierens, das dem Einschlafen vorherzugehen pflegt, fieberhafte Anfälle, die mit kalten Schauern und fliegender Hitze wechselten. Gerade in diesen Augenblicken war es, als ich, ganz erfüllt von dem Bilde meines Martyriums, mich selbst, wie es schon oft geschehen', durch einen Dolchstich in der Brust ermordet schaute. Doch, statt daß ich mich sonst gewöhnlich auf dem Spanischen Platz niedergestreckt und bald von einer Menge Volks, die meine Heiligsprechung verbreitete" umgeben sah, lag ich einsam in einem Laubgange des Klostergartens in B. Statt des Blutes quoll ein ekelhafter farbloser Saft aus der weit aufklaffenden Wunde, und eine Stimme sprach: »Ist das Blut vom Märtyrer vergossen? – Doch ich will das unreine Wasser klären und färben, und dann wird das Feuer, welches über das Licht gesiegt, ihn krönen!« Ich war es, der dies gesprochen, als ich mich aber von meinem toten Selbst getrennt fühlte, merkte ich wohl, daß ich der wesenlose Gedanke meines Ichs sei, und bald erkannte ich mich als das in Äther schwimmende Rot. Ich schwang mich auf zu den leuchtenden Bergspitzen – ich wollte einziehn durch das Tor goldner Morgenwolken in die heimatliche Burg, aber Blitze durchkreuzten, gleich im Feuer auflodernden Schlangen, das Gewölbe des Himmels, und ich sank herab, ein feuchter, farbloser Nebel. » Ich – ich«, sprach der Gedanke, »ich bin es, der Eure Blumen – Euer Blut färbt – Blumen und Blut sind Euer Hochzeitsschmuck, den ich bereite!« – Sowie ich tiefer und tiefer niederfiel, erblickte ich die Leiche mit weit aufklaffender Wunde in der Brust, aus der jenes unreine Wasser in Strömen floß. Mein Hauch sollte das Wasser umwandeln in Blut, doch geschah es nicht, die Leiche richtete sich auf und starrte mich an mit hohlen gräßlichen Augen und heulte wie der Nordwind in tiefer Kluft: »Verblendeter, törichter Gedanke, kein Kampf zwischen Licht und Feuer, aber das Licht ist die Feuertaufe durch das Rot, das du zu vergiften trachtest.« – Die Leiche sank nieder; alle Blumen auf der Flur neigten verwelkt ihre Häupter, Menschen, bleichen Gespenstern ähnlich, warfen sich zur Erde, und ein tausendstimmiger trostloser Jammer stieg in die Lüfte: »0 Herr, Herr, ist so unermeßlich die Last unsrer Sünde, daß du Macht gibst dem Feinde, unseres Blutes Sühnopfer zu ertöten?« Stärker und stärker, wie des Meeres brausende Welle, schwoll die Klage! Der Gedanke wollte zerstäuben in dem gewaltigen Ton des trostlosen Jammers, da wurde ich wie durch einen elektrischen Schlag emporgerissen aus dem Traum. Die Turmglocke des Klosters schlug zwölf, ein blendendes Licht fiel aus den Fenstern der Kirche in meine Zelle. »Die Toten richten sich auf aus den Gräbern und halten Gottesdienst.« So sprach es in meinem Innern, und ich begann zu beten. Da vernahm ich ein leises Klopfen. Ich glaubte, irgendein Mönch wolle zu mir herein, aber mit tiefem Entsetzen hörte ich bald jenes grauenvolle Kichern und Lachen meines gespenstischen Doppelgängers, und es rief neckend und höhnend: – »Brüderchen ... Brüderchen ... Nun bin ich wieder bei dir ... die Wunde blutet ... die Wunde blutet ... rot ... rot ... Komm mit mir, Brüderchen Medardus! Komm mit mir!« – Ich wollte aufspringen vom Lager, aber das Grausen hatte seine Eisdecke über mich geworfen, und jede Bewegung, die ich versuchte, wurde zum innern Krampf, der die Muskeln zerschnitt. Nur der Gedanke blieb und war inbrünstiges Gebet: daß ich errettet werden möge von den dunklen Mächten, die aus der offenen Höllenpforte auf mich eindrangen. Es geschah, daß ich mein Gebet, nur im Innern gedacht, laut und vernehmlich hörte, wie es Herr wurde über das Klopfen und Kichern und unheimliche Geschwätz des furchtbaren Doppelgängers, aber zuletzt sich verlor in ein seltsames Summen, wie wenn der Südwind Schwärme feindlicher Insekten geweckt hat, die giftige Saugrüssel ansetzen an die blühende Saat. Zu jener trostlosen Klage der Menschen wurde das Summen, und meine Seele trug: »Ist das nicht der weissagende Traum, der sich auf deine blutende Wunde heilend und tröstend legen will?« – In dem Augenblick brach der Purpurschimmer des Abendrots durch den düstern, farblosen Nebel, aber in ihm erhob sich eine hohe Gestalt. – Es war Christus, aus jeder seiner Wunden perlte ein Tropfen Bluts, und wiedergegeben war der Erde das Rot, und der Menschen Jammer wurde ein jauchzender Hvmnus, denn das Rot war die Gnade des Herrn, die über ihnen aufgegangen! Nur Medardus' Blut floß noch farblos aus der Wunde, und er flehte inbrünstig: »Soll auf der ganzen weiten Erde ich, ich allein nur trostlos der ewigen Qual der Verdammnis preisgegeben bleiben?« Da regte es sich in den Büschen – eine Rose, von himmlischer Glut gefärbt, streckte ihr Haupt empor und schaute den Medardus an mit engelhaft mildem Lächeln, und süßer Duft umfing ihn, und der Duft war das wunderbare Leuchten des reinsten Frühlingsäthers. »Nicht das Feuer hat gesiegt, kein Kampf zwischen Licht und Feuer. – Feuer ist das Wort, das den Sündigen erleuchtet.« – Es war, als hätte die Rose diese Worte gesprochen, aber die Rose war ein holdes Frauenbild. – In weißem Gewand, Rosen in das dunkle Haar geflochten, trat sie mir entgegen. – »Aurelie«, schrie ich auf, aus dem Traume erwachend; ein wunderbarer Rosengeruch erfüllte die Zelle, und für Täuschung meiner aufgeregten Sinne mußt ich es wohl halten, als ich deutlich Aureliens Gestalt wahrzunehmen glaubte, wie sie mich mit ernsten Blicken anschaute und dann in den Strahlen des Morgens, die in die Zelle fielen, zu verduften schien. – Nun erkannte ich die Versuchung des Teufels und meine sündige Schwachheit. Ich eilte herab und betete inbrünstig am Altar der heiligen Rosalia. – Keine Kasteiung – keine Buße im Sinn des Klosters; aber als die Mittagssonne senkrecht ihre Strahlen herabschoß, war ich schon mehrere Stunden von Rom entfernt. – Nicht nur Cyrillus' Mahnung, sondern eine innere unwiderstehliche Sehnsucht nach der Heimat trieb mich fort auf demselben Pfade, den ich bis nach Rom durchwandert. Ohne es zu wollen, hatte ich, indem ich meinem Beruf entfliehen wollte, den geradesten Weg nach dem mir von dem Prior Leonardus bestimmten Ziel genommen.
Ich vermied die Residenz des Fürsten, nicht weil ich fürchtete, erkannt zu werden und aufs neue dem Kriminalgericht in die Hände zu fallen, aber wie konnte ich ohne herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten, wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem irdischen Glück zu trachten mich vermaß, dem ich Gottgeweihter ja entsagt hatte – ach, wo ich, dem ewigen reinen Geist der Liebe abgewandt, für des Lebens höchsten Lichtpunkt, in dem das Sinnliche und Übersinnliche in einer Flamme auflodert, den Moment der Befriedigung des irdischen Triebes nahm; wo mir die rege Fülle des Lebens, genährt von seinem eigenen üppigen Reichtum, als das Prinzip erschien, das sich kräftig auflehnen müsse gegen jenes Aufstreben nach dem Himmlischen, das ich nur unnatürliche Selbstverleugnung nennen konnte! Aber noch mehr! – Tief im Innern fühlte ich trotz der Erkräftigung, die mir durch unsträflichen Wandel, durch anhaltende schwere Buße werden sollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich zu bestehen, zu dem mich jene dunkle, grauenvolle Macht, deren Einwirkung ich nur zu oft, zu schrecklich gefühlt, unversehens aufreizen könne. – Aurelien wiedersehen! – Vielleicht in voller Anmut und Schönheit prangend! – Kennt ich das ertragen, ohne übermannt zu werden von dem Geist des Bösen, der wohl noch mit den Flammen der Hölle mein Blut aufkochte, daß es zischend und gärend durch die Adern strömte? – Wie oft erschien mir Aureliens Gestalt, aber wie oft regten sich dabei Gefühle in meinem Innersten, deren Sündhaftigkeit ich erkannte und mit aller Kraft des Willens vernichtete. Nur in dem Bewußtsein alles dessen, woraus die hellste Aufmerksamkeit auf mich selbst hervorging, und dem Gefühl meiner Ohnmacht, die mich den Kampf vermeiden hieß, glaubte ich die Wahrhaftigkeit meiner Buße zu erkennen, und tröstend war die Überzeugung, daß wenigstens der höllische Geist des Stolzes, die Vermessenheit, es aufzunehmen mit den dunklen Mächten, mich verlassen habe. Bald war ich im Gebirge, und eines Morgens tauchte aus dem Nebel des vor mir liegenden Tals ein Schloß auf, das ich, näherschreitend, wohl erkannte. Ich war auf dem Gute des Barons von F. Die Anlagen des Parks waren verwildert, die Gänge verwachsen und mit Unkraut bedeckt; auf dem sonst so schönen Rasenplatz vor dem Schloß weidete in dem hohen Gras Vieh – die Fenster des Schlosses hin und wieder zerbrochen – der Aufgang verfallen. Keine menschliche Seele ließ sich blicken. – Stumm und starr stand ich da in grauenvoller Einsamkeit. Ein leises Stöhnen drang aus einem noch ziemlich erhaltenen Boskett, und ich wurde einen alten eisgrauen Mann gewahr, der in dem Boskett saß und mich, unerachtet ich ihm nahe genug war, nicht wahrzunehmen schien. Als ich mich noch mehr näherte, vernahm ich die Worte: »Tot – tot sind sie alle, die ich liebte! – Ach, Aurelie! Aurelie – auch du! die letzte! – tot – tot für diese Welt!« Ich erkannte den alten Reinhold – angewurzelt blieb ich stehen. – »Aurelie tot? Nein, nein, du irrst, Alter, die hat die ewige Macht beschützt vor dem Messer des freveligen Mörders.« – So sprach ich, da fuhr der Alte, wie vom Blitze getroffen, zusammen und rief laut: »Wer ist hier? wer ist hier? Leopold! – Leopold!« – Ein Knabe sprang herbei; als er mich erblickte, neigte er sich tief und grüßte: »Laudetur Jesus Christus'« – »In omnia saecula saeculorum«, erwiderte ich, da raffte der Alte sich auf und rief noch stärker: »Wer ist hier? -wer ist hier?« – Nun sah ich, daß der Alte blind war. – »Ein ehrwürdiger Herr«, sprach der Knabe, »ein Geistlicher vom Orden der Kapuziner ist hier.« Da war es, als erfasse den Alten tiefes Grauen und Entsetzen, und er schrie: »Fort – fort – Knabe, führe mich fort – hinein – hinein – verschließ die Türen – Peter soll Wache halten – fort, fort, hinein!« Der Alte nahm alle Kraft zusammen, die ihm geblieben, um vor mir zu fliehen wie vor dem reißenden Tier. Verwundert erschrocken sah mich der Knabe an, doch der Alte, statt sich von ihm führen zu lassen, riß ihn fort, und bald waren sie durch die Tür verschwunden, die, wie ich hörte, fest verschlossen wurde. – Schnell floh ich fort von dem Schauplatz meiner höchsten Frevel, die bei diesem Auftritt lebendiger als jemals vor mir sich wiedergestalteten, und bald befand ich mich in dem tiefsten Dickicht. Ermüdet setzte ich mich an den Fuß eines Baumes in das Moos nieder; unweit davon war ein kleiner Hügel aufgeschüttet, auf welchem ein Kreuz stand. Als ich aus dem Schlaf, in den ich vor Ermattung gesunken, erwachte, saß ein alter Bauer neben mir, der alsbald, da er mich ermuntert sah, ehrerbietig seine Mütze abzog und im Ton der vollsten, ehrlichsten Gutmütigkeit sprach: »Ei, ihr seid wohl weit her gewandert, ehrwürdiger Herr, und recht müde geworden, denn sonst wäret Ihr hier an dem schauerlichen Plätzchen nicht in solch tiefen Schlaf gesunken. Oder Ihr wisset vielleicht gar nicht, was es mit diesem Orte hier für eine Bewandtnis hat?« – Ich versicherte, daß ich als fremder, von Italien hereingewanderter Pilger durchaus nicht von dem, was hier vorgefallen, unterrichtet sei. »Es geht«, sprach der Bauer, »Euch und Eure Ordensbrüder ganz besonders an, und ich muß gestehen, als ich Euch so sanft schlafend fand, setzte ich mich her, um jede etwaige Gefahr von Euch abzuwenden. Vor mehreren Jahren soll hier ein Kapuziner ermordet worden sein. So viel ist gewiß, daß ein Kapuziner zu der Zeit durch unser Dorf kam, und nachdem er übernachtet, dem Gebirge zuwanderte. An demselben Tage ging mein Nachbar den tiefen Talweg unterhalb des Teufelsgrundes hinab und hörte mit einemmal ein fernes durchdringendes Geschrei, welches ganz absonderlich in den Lüften verklang. Er will sogar, was mir aber unmöglich scheint, eine Gestalt von der Bergspitze herab in den Abgrund stürzen gesehen haben. So viel ist gewiß, daß wir alle im Dorfe. ohne zu wissen, warum, glaubten, der Kapuziner könne wohl herabgestürzt sein, und daß mehrere von uns hingingen und, soweit es nur möglich war, ohne das Leben aufs Spiel zu setzen, hinabstiegen, um wenigstens die Leiche des unglücklichen Menschen zu finden. Wir konnten aber nichts entdecken und lachten den Nachbar tüchtig aus, als er einmal, in der mondhellen Nacht auf dem Talweg heimkehrend, ganz voll Todesschrecken einen nackten Menschen aus dem Teufelsgrunde wollte emporsteigen gesehen haben. Das war nun pure Einbildung; aber später erfuhr man denn wohl, daß der Kapuziner, Gott weiß warum, hier von einem vornehmen Mann ermordet und der Leichnam in den Teufelsgrund geschleudert worden sei. Hier auf diesem Fleck muß der Mord geschehen sein, davon bin ich überzeugt, denn seht einmal, ehrwürdiger Herr, hier sitze ich einst und schaue so in Gedanken da den hohlen Baum neben uns an. Mit einemmal ist es mir, als hinge ein Stück dunkelbraunes Tuch zur Spalte heraus. Ich springe auf, ich gehe hin und ziehe einen ganz neuen Kapuzinerhabit heraus. An dem einen Ärmel klebte etwas Blut, und in einem Zipfel war der Name Medardus hineingezeichnet. Ich dachte, arm wie ich bin, ein gutes Werk zu tun, wenn ich den Habit verkaufe und für das gelöste Geld dem armen ehrwürdigen Herrn, der hier ermordet, ohne sich zum Tode vorzubereiten und seine Rechnung zu machen, Messen lesen ließe. So geschah es denn, daß ich das Kleid nach der Stadt trug, aber kein Trödler wollte es kaufen, und ein Kapuzinerkloster gab es nicht am Orte; endlich kam ein Mann, seiner Kleidung nach war's wohl ein Jäger oder ein Förster. der sagte, er brauche gerade solch einen Kapuzinerrock und bezahlte mir meinen Fund reichlich. Nun ließ ich von unserm Herr Pfarrer eine tüchtige Messe lesen und setzte, da im Teufelsgrunde kein Kreuz anzubringen war, hier eines zum Zeichen des schmählichen Todes des Herrn Kapuziners. Aber der selige Herr muß etwas viel über die Schnur gehauen haben, denn er soll hier noch zuweilen herumspuken, und so hat des Herrn Pfarrers Messe nicht viel geholfen. Darum bitte ich Euch, ehrwürdiger Herr, seid Ihr gesund heimgekehrt von Eurer Reise, so haltet ein Amt für das Heil der Seele Eures Ordensbruders Medardus. Versprecht mir das!« – »Ihr seid im Irrtum, mein guter Freund!« sprach ich, »der Kapuziner Medardus, der vor mehreren Jahren auf der Reise nach Italien durch Euer Dorf zog, ist nicht ermordet. Doch bedarf es keiner Seelenmesse für ihn, er lebt und kann noch arbeiten für sein ewiges Heil! – Ich bin selbst dieser Medardus!« – Mit diesen Worten schlug ich meine Kutte auseinander und zeigte ihm den in den Zipfel gestickten Namen Medardus. Kaum hatte der Bauer den Namen erblickt, als er erbleichte und mich voll Entsetzen anstarrte. Dann sprang er jählings auf und lief, lau t schreiend. in den Wald hinein. Es war klar, daß er mich für das umgehende Gespenst des ermordeten Medardus hielt, und vergeblich wurde mein Bestreben gewesen sein, ihm den Irrtum zu benehmen. – Die Abgeschiedenheit, die Stille des Orts, nur von dem dumpfen Brausen des nicht fernen Waldstroms unterbrochen, war auch ganz dazu geeignet, grauenvolle Bilder anzuregen; ich dachte an meinen gräßlichen Doppelgänger, und, angesteckt von dem Entsetzen des Bauers, fühlte ich mich im Innersten erbeben, da es mir war, als würde er aus diesem, aus jenem finstern Busch hervortreten. – Mich ermahnend, schritt ich weiter fort, und erst dann, als mich die grausige Idee des Gespenstes meines Ichs, für das mich der Bauer gehalten, verlassen, dachte ich daran, daß mir nun ja erklärt worden sei, wie der wahnsinnige Mönch zu dem Kapuzinerrock gekommen, den er mir auf der Flucht zurückließ und den ich unbezweifelt für den meinigen erkannte. Der Förster, bei dem er sich aufhielt und den er um ein neues Kleid angesprochen, hatte ihn in der Stadt von dem Bauer gekauft. Wie die verhängnisvolle Begebenheit am Teufelsgrunde auf merkwürdige Weise verstümmelt worden, das fiel tief in meine Seele, denn ich sah wohl, wie alle Umstände sich vereinigen mußten, um jene unheilbringende Verwechslung mit Viktorin herbeizuführen. Sehr wichtig schien mir des furchtsamen Nachbars wunderbare Vision, und ich sah mit Zuversicht noch deutlicherer Aufklärung entgegen, ohne zu ahnen, wo und wie ich sie erhalten würde.
Endlich, nach rastloser Wanderung mehrere Wochen hindurch, nahte ich mich der Heimat; mit klopfendem Herzen sah ich die Türme des Zisterzienser-Nonnenklosters vor mir aufsteigen. Ich kam in das Dorf, auf den freien Platz vor der Klosterkirche. Ein Hymnus, von Männerstimmen gesungen, klang aus der Ferne herüber. – Ein Kreuz wurde sichtbar – Mönche, paarweise wie in Prozession fortschreitend, hinter ihm. – Ach – ich erkannte meine Ordensbrüder, den greisen Leonardus, von einem jungen, mir unbekannten Bruder geführt, an ihrer Spitze. – Ohne mich zu bemerken, schritten sie singend bei mir vorüber und hinein durch die geöffnete Klosterpforte. Bald darauf zogen auf gleiche Weise die Dominikaner und Franziskaner aus B. herbei, fast verschlossene Kutschen fuhren hinein in den Klosterhof, es waren die Klaren Nonnen aus B. Alles ließ mich wahrnehmen, daß irgendein außerordentliches Fest gefeiert werden solle. Die Kirchentüren standen weit offen, ich trat hinein und bemerkte, wie alles sorgfältig gekehrt und gesäubert wurde. – Man schmückte den Hochaltar und die Nebenaltäre mit Blumengewinden, und ein Kirchendiener sprach viel von frisch aufgeblühten Rosen, die durchaus morgen in aller Frühe herbeigeschafft werden müßten, weil die Frau Äbtissin ausdrücklich befohlen habe, daß der Hochaltar mit Rosen verziert werden solle. – Entschlossen, nun gleich zu den Brüdern zu treten, ging ich, nachdem ich mich durch kräftiges Gebet gestärkt, in das Kloster und frug nach dem Prior Leonardus; die Pförtnerin führte mich in einen Saal, Leonardus saß im Lehnstuhl, von den Brüdern umgeben; laut weinend, im Innersten zerknirscht, keines Wortes mächtig, stürzte ich zu seinen Füßen. »Medardus!« – schrie er auf, und ein dumpfes Gemurmel lief durch die Reihe der Brüder: »Medardus – Bruder Medardus ist endlich wieder da!« – Man hob mich auf – die Brüder drückten mich an ihre Brust: »Dank den himmlischen Mächten, daß du errettet bist aus den Schlingen der arglistigen Welt – aber erzähle – erzähle, mein Bruder« – so riefen die Mönche durcheinander. Der Prior erhob sich, und auf seinen Wink folgte ich ihm in das Zimmer, welches ihm gewöhnlich bei dem Besuch des Klosters zum Aufenthalt diente. »Medardus«, fing er an, »du hast auf frevelige Weise dein Gelübde gebrochen; du hast, in dem du, anstatt die dir gegebenen Aufträge auszurichten, schändlich entflohst, das Kloster auf die unwürdigste Weise betrogen. Einmauern könnte ich dich lassen, wollte ich verfahren nach der Strenge des Klostergesetzes!« – »Richtet mich, mein ehrwürdiger Vater«, erwiderte ich, »richtet mich, wie das Gesetz es will; ach! mit Freuden werfe ich die Bürde eines elenden, qualvollen Lebens ab! – Ich fühl es wohl, daß die strengste Buße, der ich mich unterwarf, mir keinen Trost hienieden geben konnte!« – »Ermanne dich«, fuhr Leonardus fort, »der Prior hat mit dir gesprochen, jetzt kann der Freund, der Vater mit dir reden! – Auf wunderbare Weise bist du gerettet worden vom Tode, der dir in Rom drohte. – Nur Cyrillus fiel als Opfer ... « – »Ihr wißt also?« frug ich voll Staunen. »Alles«, erwiderte der Prior, »ich weiß, daß du dem Armen beistandest in der letzten Todesnot, und daß man dich mit dem vergifteten Wein, den man dir zum Labetrunk darbot, zu ermorden gedachte. Wahrscheinlich hast du, bewacht von den Argusaugen der Mönche, doch Gelegenheit gefunden, den Wein ganz zu verschütten, denn trankst du nur einen Tropfen, so warst du hin in Zeit von zehn Minuten.« – » 0, schaut her«, rief ich und zeigte, den Ärmel der Kutte aufstreifend, dem Prior meinen bis auf den Knochen eingeschrumpften Arm, indem ich erzählte, wie ich, Böses ahnend, den Wein in den Ärmel gegossen. Leonardus schauerte zurück vor dem häßlichen Anblick des mumienartigen Gliedes und sprach dumpf in sich hinein: »Gebüßt hast du, der du freveltest auf jegliche Weise; aber Cyrillus – du frommer Greis!« Ich sagte dem Prior, daß mir die eigentliche Ursache der heimlichen Hinrichtung des armen Cyrillus unbekannt geblieben. »Vielleicht«, sprach der Prior, »hättest du dasselbe Schicksal, wenn du wie Cyrillus als Bevollmächtigter unseres Klosters auftratst. Du weißt, daß die Ansprüche unsers Klosters Einkünfte des Kardinals ***, die er auf unrechtmäßige Weise zieht, vernichten; dies war die Ursache, warum der Kardinal mit des Papstes Beichtvater, den er bis jetzt angefeindet, plötzlich Freundschaft schloß und so sich in dem Dominikaner einen kräftigen Gegner gewann, den er dem Cyrillus entgegenstellen konnte. Der schlaue Mönch fand bald die Art heraus, wie Cyrill gestürzt werden konnte. Er führte ihn selbst ein bei dem Papst und wußte diesen den fremden Kapuziner so darzustellen, daß der Papst ihn wie eine merkwürdig Erscheinung bei sich aufnahm, und Cyrillus in die Reihe der Geistlichen trat, von denen er umgeben. Cyrillus mußte nun bald gewahr werden, wie der Statthalter des Herrn nur zu sehr sein Reich in dieser Welt und ihren Lüsten suche und finde; wie er einer heuchlerischen Brut zum Spielwerk diene, die ihn trotz des kräftigen Geistes, der sonst ihm einwohnte, den sie aber durch die verworrensten Mittel zu beugen wußte, zwischen Himmel und Hölle herumwerfe. Der fromme Mann, das war vorauszusehen, nahm großes Ärgernis daran und fühlte sich berufen, durch feurige Reden, wie der Geist sie ihm eingab, den Papst im Innersten zu erschüttern und seinen Geist von dem Irdischen abzulenken. Der Papst, wie es verweichlichte Gemüter pflegen, wurde in der Tat von des frommen Greises Worten ergriffen, und eben in diesem erregten Zustande wurde es dem Dominikaner leicht, auf geschickte Weise nach und nach den Schlag vorzubereiten, der den armen Cyrillus treffen sollte. Er berichtete dem Papst, daß es auf nicht Geringeres abgesehen sei, als auf eine heimliche Verschwörung, die ihn der Kirche als unwürdig der dreifachen Krone darstellen sollte; Cyrillus habe den Auftrag, ihn dahin zu bringen, daß er irgendeine öffentliche Bußübung vornehme, welche dann das Signal des förmlichen, unter den Kardinälen gärenden Aufstandes dienen würde. Jetzt fand der Papst in den salbungsvollen Reden unseres Bruders die versteckte Absicht leicht heraus, der Alte wurde ihm tief verhaßt, und um nur irgendeinen auffallenden Schritt zu vermeiden, litt er ihn noch in seiner Nähe. Als Cyrillus wieder einmal Gelegenheit fand, zu dem Papst ohne Zeugen zu sprechen, sagte er geradezu, daß der, der den Lüsten der Welt nicht ganz entsage, der nicht einen wahrhaft heiligen Wandel führe, ein unwürdiger Statthalter des Herrn und der Kirche eine Schmach und Verdammnis bringende Last sei, von der sie sich befreien müsse. Bald darauf, und zwar nachdem man Cyrillus aus den innern Kammern des Papstes treten gesehen, fand man das Eiswasser, welches der Papst zu trinken pflegte, vergiftet. Daß Cyrillus unschuldig war, darf ich dir, der du den frommen Greis gekannt hast, nicht versichern. Doch überzeugt war der Papst von seiner Schuld, und der Befehl, den fremden Mönch bei den Dominikanern heimlich hinzurichten, die Folge davon. Du warst in Rom eine auffallende Erscheinung; die Art, wie du dich gegen den Papst äußertest, vorzüglich die Erzählung deines Lebenslaufs, ließ ihn eine gewisse geistige Verwandtschaft zwischen ihm und dir finden; er glaubte, sich mit dir zu einem höhern Standpunkt erheben und in sündhaftem Vernünfteln über alle Tugend und Religion recht erlaben und erkräftigen zu können, um, wie ich wohl sagen mag, mit rechter Begeisterung für die Sünde zu sündigen. Deine Bußübungen waren ihm nur ein recht klug angelegtes heuchlerisches Bestreben, zum höheren Zweck zu gelangen. Er bewunderte dich und sonnte sich in den glänzenden, lobpreisenden Reden, die du ihm hieltst. So kam es, daß du, ehe der Dominikaner es ahnte, dich erhobst und der Rotte gefährlicher wurdest, als es Cyrillus jemals werden konnte. – Du merkst, Medardus, daß ich von deinem Beginnen in Rom genau unterrichtet bin; daß ich jedes Wort weiß, welches du mit dem Papst sprachst, und darin liegt weiter nichts Geheimnisvolles, wenn ich dir sage, daß das Kloster in der Nähe Sr. Heiligkeit einen Freund hat, der mir genau alles berichtete. Selbst als du mit dem Papst allein zu sein glaubtest, war er nahe genug, um jedes Wort zu verstehen. – Als du in dem Kapuzinerkloster, dessen Prior mir nahe verwandt ist, deine strengen Bußübungen begannst, hielt ich deine Reue für echt. Es war auch wohl dem so, aber in Rom erfaßte dich der böse Geist des sündhaften Hochmuts, dem du bei uns erlagst, aufs neue. Warum klagtest du dich gegen den Papst Verbrechen an, die du niemals begingst? – Warst du denn jemals auf dem Schlosse des Barons von F.?« – »Ach! mein ehrwürdiger Vater«, rief ich, von innerm Schmerz zermalmt, »das war ja der Ort meiner entsetzlichsten Frevel! – Das ist aber die härteste Strafe der ewigen unerforschlichen Macht, daß ich auf Erden nicht gereinigt erscheinen soll von der Sünde, die ich in wahnsinniger Verblendung beging! – Auch Euch, mein ehrwürdiger Vater, bin ich ein sündiger Heuchler?« – »In der Tat«, fuhr der Prior fort, »bin ich jetzt, da ich dich sehe und spreche, beinahe überzeugt, daß du nach deiner Buße der Lüge nicht mehr fähig warst, dann aber waltet noch ein mir bis jetzt unerklärliches Geheimnis ob. Bald nach deiner Flucht aus der Residenz (der Himmel wollte den Frevel nicht, den du zu begehen im Begriffe standest, er errettete die fromme Aurelie), bald nach deiner Flucht, sage ich, und nachdem der Mönch, den selbst Cyrillus für dich hielt, wie durch ein Wunder sich gerettet hatte, wurde es bekannt, daß nicht du, sondern der als Kapuziner verkappte Graf Viktorin auf dem Schlosse des Barons gewesen war. Briefe, die sich in Euphemiens Nachlaß fanden, hatten dies zwar schon früher kundgetan, man hielt aber Euphemien selbst für getäuscht, da Reinhold versicherte, er habe dich zu genau gekannt, um selbst bei deiner treuesten Ähnlichkeit mit Viktorin getäuscht zu werden. Euphemiens Verblendung blieb unbegreiflich. Da erschien plötzlich der Reitknecht des Grafen und erzählte, wie der Graf, der seit Monaten im Gebirge einsam gelebt und sich den Bart hatte wachsen lassen, ihm in dem Walde, und zwar bei dem sogenannten Teufelsgrunde, plötzlich als Kapuziner gekleidet erschienen sei. Obgleich er nicht gewußt, wo der Graf die Kleider hergenommen, so sei ihm doch die Verkleidung weiter nicht aufgefallen, da er von dem Anschlag des Grafen, im Schloß des Barons in Mönchshabit zu erscheinen, denselben ein ganzes Jahr zu tragen und so auch wohl noch höhere Dinge auszufahren unterrichtet gewesen. Geahnt habe er wohl, wo der Graf zum Kapuzinerrock gekommen sei, da er den Tag vorher gesagt, wie er einen Kapuziner im Dorfe gesehen und von ihm, wandere er durch den Wald, seinen Rock auf diese oder jene Weise zu bekommen hoffe. Gesehen habe er den Kapuziner nicht, wohl aber einen Schrei gehört, bald darauf sei auch im Dorf von einem im Walde ermordeten Kapuziner die Rede gewesen. Zu genau habe er seinen Herrn gekannt, zu viel mit ihm noch auf der Flucht aus dem Schloß gesprochen, als daß hier eine Verwechslung stattfinden könne. – Diese Aussage des Reitknechts entkräftete Reinholds Meinung, und nur Viktorins gänzliches Verschwinden blieb unbegreiflich. Die Fürstin stellte die Hypothese auf, daß der vergebliche Herr von Krczynski aus Kwiezciczewo eben der Graf Viktorin gewesen sei, und stützte sich auf seine merkwürdige, ganz auffallende Ähnlichkeit mit Francesko, an dessen Schuld längst niemand zweifelte, sowie auf Motion, die ihr jedesmal sein Anblick verursacht habe. Viele traten ihr bei und wollten, im Grunde genommen, viel gräflichen Anstand an jenem Abenteurer bemerkt haben, den man lächerlicherweise für den verkappten Mönch gehalten. Die Erzählung des Försters von dem wahnsinnigen Mönch, der im Walde hauste und zuletzt von ihm aufgenommen wurde, fand nun auch ihren Zusammenhang mit der Untat Viktorins, sobald man nur einige Umstände als wahr voraussetzte. – Ein Bruder des Klosters, in dem Medardus gewesen, hatte den wahnsinnigen Mönch ausdrücklich für den Medardus erkannt, er mußte es also wohl sein. Viktorin hatte ihn in den Abgrund gestürzt; durch irgendeinen Zufall, der gar nicht unerhört sein durfte, wurde er errettet. Aus der Betäubung erwacht, aber schwer am Kopfe verwundet, gelang es ihm, aus dem Grabe heraufzukriechen. Der Schmerz der Wunde, Hunger und Durst machten ihn wahnsinnig – rasend! – So lief er durch das Gebirge, vielleicht von einem mitleidigen Bauern hin und wieder gespeist und mit Lumpen behangen, bis er in die Gegend der Försterwohnung kam. Zwei Dinge blieben hier aber unerklärbar, nämlich wie Medardus eine solche Strecke aus dem Gebirge laufen konnte, ohne angehalten zu werden, und wie er, selbst in den von Ärzten bezeugten Augenblicken des vollkommensten ruhigsten Bewußtseins, sich zu Untaten bekennen konnte, die er nie begangen. Die, welche die Wahrscheinlichkeit jenes Zusammenhangs der Sache verteidigten, bemerkten, daß man ja von den Schicksalen des aus dem Teufelsgrunde erretteten Medardus gar nichts wisse; es sei ja möglich, daß sein Wahnsinn erst ausgebrochen, als er auf der Pilgerreise in der Gegend der Försterwohnung sich befand. Was aber das Zugeständnis der Verbrechen, deren er beschuldigt, belange, so sei eben daraus anzunehmen, daß er niemals geheilt gewesen, sondern, anscheinend bei Verstande, doch immer wahnsinnig geblieben wäre. Daß er die ihm angeschuldigten Mordtaten wirklich begangen, dieser Gedanke habe sich zur fixen Idee umgestaltet. – Der Kriminalrichter, auf dessen Sagazität man sehr baute, sprach, als man ihn um seine Meinung frug: >Der vergebliche Herr von Krczynski war kein Pole und auch kein Graf, der Graf Viktorin gewiß nicht, aber unschuldig auch keineswegs – der Mönch blieb wahnsinnig und unzurechnungsfähig in jedem Fall, deshalb das Kriminalgericht auch nur auf seine Einsperrung als Sicherheitsmaßregel erkennen konnte.< Dieses Urteil durfte der Fürst nicht hören, denn er war es allein, der, tief ergriffen von den Freveln auf dem Schloß des Barons, jene von dem Kriminalgericht in Vorschlag gebrachte Einsperrung in die Strafe des Schwerts umwandelte. – Wie aber alles in diesem elenden vergänglichen Leben, sei es Begebenheit oder Tat. noch so ungeheuer im ersten Augenblick erscheinend, sehr bald Glanz und Farbe verliere, so geschah es auch, daß das, was in der Residenz und vorzüglich am Hofe Schauer und Entsetzen erregt hatte, herabsank bis zur ärgerlichen Klatscherei. Jene Hypothese, daß Aureliens entflohener Bräutigam Graf Viktorin gewesen, brachte die Geschichte der Italienerin in frisches Andenken, selbst die früher nicht Unterrichteten wurden von denen, die nun nicht mehr schweigen zu dürfen glaubten, aufgeklärt, und jeder, der den Medardus gesehen, fand es natürlich, daß seine Gesichtszüge vollkommen denen des Grafen Viktorin glichen, da sie Söhne eines Vaters waren. Der Leibarzt war überzeugt, daß die Sache sich so verhalten mußte, und sprach zum Fürsten: >Wir wollen froh sein, gnädigster Herr, daß beide unheimliche Gesellen fort sind, und es bei der ersten vergeblich gebliebenen Verfolgung bewenden lassen.< – Dieser Meinung trat der Fürst aus dem Grunde seines Herzens bei, denn er fühlte wohl, wie der doppelte Medardus ihn von einem Mißgriff zum andern verleitet hatte. >Die Sache wird geheimnisvoll bleiben<, sagte der Fürst, >wir wollen nicht mehr an dem Schleier zupfen, den ein wunderbares Geschick wohltätig darübergeworfen hat. < – »Nur Aurelie ... « – »Aurelie«, unterbrach ich den Prior mit Heftigkeit, »um Gott, mein ehrwürdiger Vater, sagt mir, wie ward es mit Aurelien?« – »Ei, Bruder Medardus«, sprach der Prior sanft lächelnd, »noch ist das gefährliche Feuer in deinem Innern nicht verdampft? – Noch lodert die Flamme empor bei leiser Berührung? – So bist du noch nicht frei von den sündlichen Trieben, denen du dich hingabst. Und ich soll der Wahrheit deiner Buße trauen; ich soll überzeugt sein, daß der Geist der Lüge dich ganz verlassen? – Wisse, Medardus, daß ich deine Reue für wahrhaft nur dann anerkennen würde, wenn du jene Frevel, deren du dich anklagst, wirklich begingst. Denn nur in diesem Fall könnt ich glauben, daß jene Untaten so dein Inneres zerrütteten, daß du, meiner Lehren, alles dessen, was ich dir über äußere und innere Buße sagte, uneingedenk, wie der Schiffbrüchige nach dem leichten unsichern Brett, nach jenen trügerischen Mitteln, dein Verbrechen zu sühnen, haschtest, die dich nicht allein einem verworfenen Papst, sondern jedem wahrhaft frommen Mann als einen eitlen Gaukler erscheinen ließen. – Sage, Medardus, war deine Andacht, deine Erhebung zu der ewigen Macht ganz makellos, wenn du Aurelien gedenken mußtest?« – Ich schlug, im Innern vernichtet, die Augen nieder. »Du bist aufrichtig, Medardus«, fuhr der Prior fort, »dein Schweigen sagt mir alles. – Ich wußte mit der vollsten Überzeugung, daß du es warst, der in der Residenz die Rolle eines polnischen Edelmannes spielte und die Baronesse Aurelie heiraten wollte. Ich hatte den Weg, den du genommen, ziemlich genau verfolgt, ein seltsamer Mensch (er nannte sich den Haarkünstler Belcampo), den du zuletzt in Rom sahst, gab mir Nachrichten; ich war überzeugt, daß du auf versuchte Weise Hermogen und Euphemien mordetest, und um so gräßlicher war es mir, daß du Aurelien so in Teufelsbanden verstricken wolltest. Ich hätte dich verderben können, doch weit entfernt, mich zum Rächeramt erkoren zu glauben, überließ ich dich und dein Schicksal der ewigen Macht des Himmels. Du bist erhalten worden auf wunderbare Weise, und schon dieses überzeugt mich, daß dein irdischer Untergang noch nicht beschlossen war. Höre, welches besonderen Umstandes halber ich später glauben mußte, daß es in der Tat Graf Viktorin war, der als Kapuziner auf dem Schloß des Barons von F. erschien! – Nicht gar zu lange ist es her, als Bruder Sebastianus, der Pförtner, durch ein Ächzen und Stöhnen, das den Seufzern eines Sterbenden glich, geweckt wurde. Der Morgen war schon angebrochen, er stand auf, öffnete die Klosterpforte und fand einen Menschen, der dicht vor derselben, halb erstarrt vor Kälte, lag und mühsam die Worte herausbrachte, er sei Medardus, der aus unserm Kloster entflohene Mönch. – Sebastianus meldete mir ganz erschrocken, was sich unten zugetragen; ich stieg mit den Brüdern hinab, wir brachten den ohnmächtigen Mann in das Refektorium. Trotz des bis zum Grausen entstellten Gesichts des Mannes glaubten wir doch deine Züge zu erkennen, und mehrere meinten, daß wohl nur die veränderte Tracht den wohlbekannten Medardus so fremdartig darstelle. Er hatte Bart und Tonsur, dazu aber eine weltliche Kleidung, die zwar ganz verdorben und zerrissen war, der man aber noch die ursprüngliche Zierlichkeit ansah. Er trug seidene Strümpfe, auf einem Schuh noch eine goldene Schnalle, eine weiße Atlasweste ... « – »Einen kastanienbraunen Rock von dem feinsten Tuch«, fiel ich ein, »zierlich genähte Wäsche – einen einfachen goldenen Ring am Finger.« – »Allerdings«, sprach Leonardus erstaunt, »aber wie kannst du ... « – »Ach es war ja der Anzug, wie ich ihn an jenem verhängnisvollen Hochzeitstage trug!« – Der Doppelgänger stand mir vor Augen. – Nein, es war nicht der wesenlose entsetzliche Teufel des Wahnsinns, der hinter mir herrannte, der, wie ein mich bis ins Innerste zerfleischendes Untier, aufhockte auf meinen Schultern; es war der entflohene wahnsinnige Mönch, der mich verfolgte, der endlich, als ich in tiefer Ohnmacht dalag, meine Kleider nahm und mir die Kutte überwarf. Er war es, der an der Klosterpforte lag, mich – mich selbst auf schauderhafte Weise darstellend! – Ich bat den Prior, nur fortzufahren in seiner Erzählung, da die Ahnung der Wahrheit, wie es sich mit mir auf die wunderbarste, geheimnisvollste Weise zugetragen, in mir aufdämmere. – »Nicht lange dauerte es«, erzählte der Prior weiter, »als sich bei dem Mann die deutlichsten, unzweifelhaftesten Spuren des unheilbaren Wahnsinns zeigten, und unerachtet, wie gesagt, die Züge seines Gesichts den deinigen auf das genaueste glichen, unerachtet er fortwährend rief: >Ich bin Medardus, der entlaufene Mönch, ich will Buße tun bei euch< – so war doch bald jeder von uns überzeugt, daß es eine fixe Idee des Fremden sei, sich für dich zu halten. Wir zogen ihm das Kleid der Kapuziner an, wir führten ihn in die Kirche, er mußte die gewöhnlichen Andachtsübungen vornehmen, und wie er dies zu tun sich bemühte, merkten wir bald, daß er niemals in einem Kloster gewesen sein könne. Es mußte mir wohl die Idee kommen: >Wie, wenn dies der aus der Residenz entsprungene Mönch, wie, wenn dieser Mönch Viktorin wäre?< – Die Geschichte, die der Wahnsinnige ehemals dem Förster aufgetischt hatte, war mir bekanntgeworden, indessen fand ich, daß alle Umstände, das Auffinden und Austrinken des Teufelselixiers, die Vision in dem Kerker, kurz der ganze Aufenthalt im Kloster, wohl die durch eine auf seltsame psychische Weise einwirkende Individualität erzeugte Ausgeburt des erkrankten Geistes sein könne. Merkwürdig war es in dieser Hinsicht, daß der Mönch in bösen Augenblicken immer geschrien hatte, er sei Graf und gebietender Herr! – Ich beschloß, den fremden Mann der Irrenanstalt zu St. Getreu zu übergeben, weil ich hoffen durfte, daß, wäre Wiederherstellung möglich, sie gewiß dem Direktor jener Anstalt, einem in jede Abnormität des menschlichen Organismus tief eindringenden, genialen Arzte, gelingen werde. Des Fremden Genesen mußte das geheimnisvolle Spiel der unbekannten Mächte wenigstens zum Teil enthüllen. –Es kam nicht dazu. In der dritten Nacht weckte mich die Glocke, die, wie du weißt, angezogen wird, sobald jemand im Krankenzimmer meines Beistandes bedarf. Ich trat hinein, man sagte mir, der Fremde habe eifrig nach mir verlangt, und es scheine, als habe ihn der Wahnsinn gänzlich verlassen, wahrscheinlich wolle er beichten; denn er sei so schwach, daß er die Nacht wohl nicht überleben werde. >Verzeiht<, fing der Fremde an, als ich ihm mit frommen Worten zugesprochen, >verzeiht, ehrwürdiger Herr, daß ich Euch täuschen zu wollen nicht vermag. Ich bin nicht der Mönch Medardus, der Eurem Kloster entfloh. Den Grafen Viktorin seht Ihr vor Euch ... Fürst sollte er heißen, denn aus fürstlichem Hause ist er entsprossen, und ich rate Euch, dies zu beachten, da sonst mein Zorn Euch treffen könnte.< – Sei er auch Fürst, erwiderte ich, so wäre dies in unsern Mauern und in seiner jetzigen Lage ohne alle Bedeutung, und es schiene mir besser zu sein, wenn er sich abwende von dem Irdischen und in Demut erwarte, was die ewige Macht über ihn verhängt habe. – Er sah mich starr an, ihm schienen die Sinne zu vergehen, man gab ihm stärkende Tropfen, er erholte sich bald und sprach: >Es ist mir so, als müsse ich bald sterben und vorher mein Herz erleichtern. Ihr habt Macht über mich, denn so sehr Ihr Euch auch verstellen möget, merke ich doch wohl, daß Ihr der heilige Antonius seid und am besten wisset, was für Unheil Eure Elixiere angerichtet. Ich hatte wohl Großes im Sinne, als ich beschloß, mich als ein geistlicher Herr darzustellen mit großem Barte und brauner Kutte. Aber als ich so recht mit mir zu Rate ging, war es, als träten die heimlichsten Gedanken aus meinem Innern heraus und verpuppten sich zu einem körperlichen Wesen, das recht greulich, doch mein Ich war. Dies zweite Ich hatte grimmige Kraft und schleuderte mich, als aus dem schwarzen Gestein des tiefen Abgrundes zwischen sprudelndem, schaumigem Gewässer die Prinzessin schneeweiß hervortrat, hinab. Die Prinzessin fing mich auf in ihren Armen und wusch meine Wunden aus, daß ich bald keinen Schmerz mehr fühlte. Mönch war ich nun freilich geworden, aber das Ich meiner Gedanken war stärker und trieb mich, daß ich die Prinzessin, die mich errettet und die ich sehr liebte, samt ihrem Bruder ermorden mußte. Man warf mich in den Kerker, aber Ihr wißt selbst, heiliger Antonius, auf welche Weise Ihr, nachdem ich Euren verfluchten Trank gesoffen, mich entführtet durch die Lüfte. Der grüne Waldkönig nahm mich schlecht auf, unerachtet er doch meine Fürstlichkeit kannte; das Ich meiner Gedanken erschien bei ihm –, rückte mir allerlei Häßliches vor und wollte, weil wir doch alles zusammen getan, in Gemeinschaft mit mir bleiben. Das geschah auch, aber bald, als wir davonliefen, weil man uns den Kopf abschlagen wollte, haben wir uns doch entzweit. Als das lächerliche Ich indessen immer und ewig genährt sein wollte von meinem Gedanken, schmiß ich es nieder, prügelte es derb ab und nahm ihm seinen Rock.< – So weit waren die Reden des Unglücklichen einigermaßen verständlich, dann verlor er sich in das unsinnige alberne Gewäsch des höchsten Wahnsinns. Eine Stunde später, als das Frühamt eingeläutet wurde, fuhr er mit einem durchdringenden entsetzlichen Schrei auf und sank, wie es uns schien, tot nieder. Ich ließ ihn nach der Totenkammer bringen, er sollte in unserm Garten an geweihter Stätte begraben werden, du kannst dir aber wohl unser Erstaunen, unsern Schreck denken, als die Leiche, da wir sie hinaustragen und einsargen wollten, spurlos verschwunden war. Alles Nachforschen blieb vergebens, und ich mußte darauf verzichten, jemals Näheres, Verständlicheres über den rätselhaften Zusammenhang der Begebenheiten, in die du mit dem Grafen verwickelt wurdest, zu erfahren. Indessen, hielt ich alle mir über die Vorfälle im Schloß bekanntgewordenen Umstände mit jenen verworrenen, durch Wahnsinn entstellten Reden zusammen, so konnte ich kaum daran zweifeln, daß der Verstorbene wirklich Graf Viktorin war. Er hatte, wie der Reitknecht andeutete, irgendeinen pilgernden Kapuziner im Gebirge ermordet und ihm das Kleid genommen, um seinen Anschlag im Schloß des Barons auszufahren. Wie er vielleicht es gar nicht im Sinn hatte, endete der begonnene Frevel mit dem Mord Euphemiens und Hermogens. Vielleicht war er schon wahnsinnig, wie Reinhold es behauptet, oder er wurde es dann auf der Flucht, gequält von Gewissensbissen. Das Kleid, welches er trug, und die Ermordung des Mönchs gestaltete sich in ihm zur fixen Idee, daß er wirklich ein Mönch und sein Ich zerspaltet sei in zwei sich feindliche Wesen. Nur die Periode von der Flucht aus dem Schloß bis zur Ankunft bei dem Förster bleibt dunkel, sowie es unerklärlich ist, wie sich die Erzählung von seinem Aufenthalt im Kloster und der Ort seiner Rettung aus dem Kerker in ihm bildete. Daß äußere Motive stattfinden mußten, leidet gar keinen Zweifel, aber höchst merkwürdig ist es, daß diese Erzählung dein Schicksal, wiewohl verstümmelt, darstellt. Nur die Zeit der Ankunft des Mönchs bei dem Förster, wie dieser sie angibt, will gar nicht mit Reinholds Angabe des Tages, wann Viktorin aus dem Schloß entfloh, zusammenstimmen. Nach der Behauptung des Försters mußte sich der wahnsinnige Viktorin gleich haben im Walde blicken lassen, nachdem er auf dem Schloß des Barons angekommen.« – »Haltet ein«, unterbrach ich den Prior, »haltet ein, mein ehrwürdiger Vater, jede Hoffnung der Last meiner Sünden unerachtet, nach der Langmut des Herrn noch Gnade und ewige Seligkeit zu erringen, soll aus meiner Seele schwinden; in trostloser Verzweiflung, mich selbst und mein Leben verfluchend, will ich sterben, wenn ich nicht in tiefster Reue und Zerknirschung Euch alles, was sich mit mir begab, seitdem ich das Kloster verließ, getreulich offenbaren will, wie ich es in heiliger Beichte tat.« Der Prior geriet in das höchste Erstaunen, als ich ihm nun mein ganzes Leben mit aller nur möglichen Umständlichkeit enthüllte. – »Ich muß dir glauben«, sprach der Prior, als ich geendet, »ich muß dir glauben, Bruder Medardus, denn alle Zeichen wahrer Reue entdeckte ich, als du redetest. – Wer vermag das Geheimnis zu enthüllen, das die geistige Verwandtschaft zweier Brüder, Söhne eines verbrecherischen Vaters, und selbst in Verbrechen befangen, bildete. – Es ist gewiß, daß Viktorin auf wunderbare Weise errettet wurde aus dem Abgrunde, in den du ihn stürztest, daß er der wahnsinnige Mönch war, den der Förster aufnahm, der dich als dein Doppelgänger verfolgte und hier im Kloster starb. Er diente der dunklen Macht, die in dein Leben eingriff, nur zum Spiel –, nicht dein Genosse war er, nur das untergeordnete Wesen, welches dir in den Weg gestellt wurde, damit das lichte Ziel, das ich dir vielleicht auftun konnte, deinem Blick verhüllt bleibe. Ach, Bruder Medardus, noch geht der Teufel rastlos auf Erden umher und bietet den Menschen seine Elixiere dar! – Wer hat dieses oder jenes seiner höllischen Getränke nicht einmal schmackhaft gefunden; aber das ist der Wille des Himmels, daß der Mensch der bösen Wirkung des augenblicklichen Leichtsinns sich bewußt werde und aus diesem klaren Bewußtsein die Kraft schöpfe, ihr zu widerstehen. Darin offenbart sich die Macht des Herrn, daß, so wie das Leben der Natur durch das Gift, das sittlich gute Prinzip in ihr erst durch das Böse bedingt wird. – Ich darf zu dir zu sprechen, Medardus, da ich weiß, daß du mich nicht mißverstehest. Gehe jetzt zu den Brüdern.« –
In dem Augenblick erfaßte mich wie ein jäher, alle Nerven und Pulse durchzuckender Schmerz die Sehnsucht der höchsten Liebe: »Aurelie – ach, Aurelie!« rief ich laut. Der Prior stand auf und sprach in sehr ernstem Ton: »Du hast wahrscheinlich die Zubereitungen zu einem großen Fest in dem Kloster bemerkt? – Aurelie wird morgen eingekleidet und erhält den Klosternamen Rosalia.« – Erstarrt – lautlos blieb ich vor dem Prior stehen. »Geh zu den Brüdern!« rief er beinahe zornig, und ohne deutliches Bewußtsein stieg ich hinab in das Refektorium, wo die Brüder versammelt waren. Man bestürmte mich aufs neue mit Fragen, aber nicht fähig war ich, auch nur ein einziges Wort über mein Leben zu sagen; alle Bilder der Vergangenheit verdunkelten sich in mir, und nur Aureliens Lichtgestalt trat mir glänzend entgegen. Unter dem Vorwand einer Andachtsübung verließ ich die Brüder und begab mich nach der Kapelle, die an dem äußersten Ende des weitläufigen Klostergartens lag. Hier wollte ich beten, aber das kleinste Geräusch, das linde Säuseln des Laubganges riß mich empor aus frommer Betrachtung. »Sie ist es ... sie kommt ... ich werde sie wiedersehen« – so rief es in mir, und mein Herz bebte vor Angst und Entzücken. Es war mir, als höre ich ein leises Gespräch. Ich raffte mich auf, ich trat aus der Kapelle, und siehe, langsamen Schrittes, nicht fern von mir, wandelten zwei Nonnen, in ihrer Mitte eine Novizin. – Ach, es war gewiß Aurelie – mich überfiel ein krampfhaftes Zittern – mein Atem stockte – ich wollte vorschreiten, aber keines Schrittes mächtig, sank ich zu Boden. Die Nonnen, mit ihnen die Novize verschwanden im Gebüsch. Welch ein Tag! – Welch eine Nacht! Immer nur Aurelie und Aurelie – kein anderes Bild – kein anderer Gedanke fand Raum in meinem Innern. –
Sowie die ersten Strahlen des Morgens aufgingen, verkündeten die Glocken des Klosters das Fest der Einkleidung Aureliens, und bald darauf versammelten sich die Brüder in einem großen Saal die Äbtissin trat, von zwei Schwestern begleitet, herein. – Unschreiblich ist das Gefühl, das mich durchdrang, als ich die wiedersah, die meinen Vater so innig liebte, und unerachtet er durch Freveltaten ein Bündnis, das ihm das höchste Erdenglück erwerben mußte, gewaltsam zerriß, doch die Neigung, die ihr Glück zerstört hatte, auf den Sohn übertrug. Zur Tugend, zur Frömmigkeit wollte sie diesen Sohn aufziehen, aber dem Vater gleich, häufte er Frevel und vernichtete so jede Hoffnung der frommen Pflegemutter, die in der Tugend des Sohnes Trost für des sündigen Vaters Verderbnis finden wollte. – Niedergesenkten Hauptes, den Blick zur Erde gerichtet, hörte ich die kurze Rede an, worin die Äbtissin nochmals der versammelten Geistlichkeit Aureliens Eintritt in das Kloster anzeigte und sie aufforderte, eifrig zu beten in dem entscheidenden Augenblick des Gelübdes, damit der Erbfeind nicht Macht haben möge, sinneverwirrendes Spiel zu treiben zur Qual der frommen Jungfrau. »Schwer«, sprach die Äbtissin, »schwer waren die Prüfungen, die die Jungfrau zu überstehen hatte. Der Feind wollte sie verlocken zum Bösen, und alles, was die List der Hölle vermag, wandte er an, sie zu betören, daß sie, ohne Böses zu ahnen, sündige und dann, aus dem Traum erwachend, untergehe in Schmach und Verzweiflung. Doch die ewige Macht beschützte das Himmelskind, und mag denn der Feind auch noch heute es versuchen, ihr verderblich zu nahen, ihr Sieg über ihn wird desto glorreicher sein. Betet – betet, meine Brüder, nicht darum, daß die Christusbraut nicht wanke, denn fest und standhaft ist ihr dem Himmlischen ganz zugewandter Sinn, sondern daß kein irdisches Unheil die fromme Handlung unterbreche. – Eine Bangigkeit hat sich meines Gemüts bemächtigt, der ich nicht zu widerstehen vermag!« –
Es war klar, daß die Äbtissin mich – mich allein den Teufel der Versuchung nannte, daß sie meine Ankunft mit der Einkleidung Aureliens in bezug, daß sie vielleicht in mir die Absicht irgendeiner Greueltat voraussetzte. Das Gefühl der Wahrheit meiner Reue, meiner Buße, der Überzeugung, daß mein Sinn geändert worden, richtete mich empor. Die Äbtissin würdigte mich nicht eines Blickes; tief im Innersten gekränkt, regte sich in mir jener bittere, verhöhnende Haß, wie ich ihn sonst in der Residenz bei dem Anblick der Fürstin gefühlt, und statt daß ich, ehe die Äbtissin jene Worte sprach, mich hätte vor ihr niederwerfen mögen in den Staub, wollte ich keck und kühn vor sie hintreten und sprechen: »Warst du denn immer solch ein überirdisches Weib, daß die Lust der Erde dir nicht aufging? ... Als du meinen Vater sahst, verwahrtest du denn immer dich so, daß der Gedanke der Sünde nicht Raum fand? ... Ei, sage doch, ob selbst dann, als schon die Inful und der Stab dich schmeckten, in unbewachten Augenblicken meines Vaters Bild nicht Sehnsucht nach irdischer Lust in dir aufregte? ... Was empfandest du denn, Stolze, als du den Sohn des Geliebten an dein Herz drucktest und den Namen des Verlorenen, war er gleich ein freveliger Sünder, so schmerzvoll riefst? – Hast du jemals gekämpft mit der dunklen Macht wie ich? – Kannst du dich eines wahren Sieges erfreuen, wenn kein harter Kampf vorherging'? – Fühlst du dich selbst so stark, daß du den verachtest, der dem mächtigen Feinde erlag und sich dennoch erhob in tiefer Reue und Buße?« – Die plötzliche Änderung meiner Gedanken, die Umwandlung des Büßenden in den, der stolz auf den bestandenen Kampf fest einschreitet in das wiedergewonnene Leben, muß selbst im Äußern sichtlich gewesen sein. Denn der neben mir stehende Bruder trug: »Was ist dir, Medardus, warum wirfst du solche sonderbare zürnende Blicke auf die hochheilige Frau?« – »Ja«, erwiderte ich halblaut, »wohl mag es eine hochheilige Frau sein, denn sie stand immer so hoch, daß das Profane sie nicht erreichen konnte, doch kommt sie mir jetzt nicht sowohl wie eine christliche, sondern wie eine heidnische Priesterin vor, die sich bereitet, mit gezücktem Messer das Menschenopfer zu vollbringen.« Ich weiß selbst nicht, wie ich dazu kam, die letzten Worte, die außer meiner Ideenreihe lagen, zu sprechen, aber mit ihnen drängten sich im bunten Gewirr Bilder durcheinander, die nur im Entsetzlichsten sich zu einen schienen. – Aurelie sollte auf immer die Welt verlassen, sie sollte, wie ich, durch ein Gelübde, das mir jetzt nur als Ausgeburt des religiösen Wahnsinns schien, dem Irdischen entsagen? – So wie ehemals, als ich, dem Satan verkauft, in Sünde und Frevel den höchsten, strahlendsten Lichtpunkt des Lebens zu schauen wähnte, dachte ich jetzt daran, daß beide, ich und Aurelie, im Leben, sei es auch nur durch den einzigen Moment des höchsten irdischen Genusses, vereint und dann als der unterirdischen Macht Geweihte sterben müßten. – Ja, wie ein gräßlicher Unhold, wie der Satan selbst ging der Gedanke des Mordes mir durch die Seele! – Ach, ich Verblendeter gewahrte nicht, daß in dem Moment, als ich der Äbtissin Worte auf mich deutete, ich preisgegeben war der vielleicht härtesten Prüfung, daß der Satan Macht bekommen über mich und mich verlocken wollte zu dem Entsetzlichsten, das ich noch begangen! Der Bruder, zu dem ich gesprochen, sah mich erschrocken an: »Um Jesus und der heiligen Jungfrau willen, was sagt Ihr da!« so sprach er; ich schaute nach der Äbtissin, die im Begriff stand, den Saal zu verlassen, ihr Blick fiel auf mich, totenbleich starrte sie mich an, sie wankte, die Nonnen mußte sie unterstützen. Es war mir, als lispele sie die Worte: »0 all ihr Heiligen, meine Ahnung.« Bald darauf wurde der Prior Leonardus zu ihr gerufen. Schon läuteten aufs neue alle Glocken des Klosters, und dazwischen tönten die donnernden Töne der Orgel, die Weihgesänge der im Chor versammelten Schwestern, durch die Lüfte, als der Prior wieder in den Saal trat. Nun begaben sich die Brüder der verschiedenen Orden in feierlichem Zuge nach der Kirche, die von Menschen beinahe so überfüllt war, als sonst am Tage des heiligen Bernardus. An einer Seite des mit duftenden Rosen geschmückten Hochaltars waren erhöhte Sitze für die Geistlichkeit angebracht der Tribüne gegenüber, auf welcher die Kapelle des Bischofs die Musik des Amts, welches er selbst hielt, ausführte. Leonardus rief mich an seine Seite, und ich bemerkte, daß er ängstlich über mich wachte; die kleinste Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit; er hielt mich an, fortwährend aus meinem Brevier zu beten. Die Klaren Nonnen versammelten sich in dem mit einem niedrigen Gitter eingeschlossenen Platz dicht vor dem Hochaltar, der entscheidende Augenblick kam; aus dem Innern des Klosters, durch die Gittertüre hinter dem Altar führten die Zisterzienser-Nonnen Aurelien herbei. – Ein Geflüster rauschte durch die Menge, als sie sichtbar geworden, die Orgel schwieg, und der einfache Hymnus der Nonnen erklang in wunderbaren, tief ins Innerste dringenden Akkorden. Noch hatte ich keinen Blick aufgeschlagen; von einer furchtbaren Angst ergriffen, zuckte ich krampfhaft zusammen, so daß mein Brevier zur Erde fiel. Ich bückte mich darnach, es aufzuheben, aber ein plötzlicher Schwindel hätte mich von dem hohen Sitz herabgestürzt, wenn Leonardus mich nicht faßte und festhielt. »Was ist dir, Medardus«, sprach der Prior leise, »du befindest dich in seltsamer Bewegung, widerstehe dem bösen Feinde, der dich treibt.« Ich faßte mich mit aller Gewalt zusammen, ich schaute auf und erblickte Aurelien, vor dem Hochaltar kniend. 0 Herr des Himmels, in hoher Schönheit und Anmut strahlte sie mehr als je! Sie war bräutlich – ach, ebenso wie an jenem verhängnisvollen Tage, da sie mein werden sollte, gekleidet. Blühende Myrten und Rosen im künstlich geflochtenen Haar. Die Andacht, das Feierliche des Moments hatte ihre Wangen höher gefärbt, und in dem zum Himmel gerichteten Blick lag der volle Ausdruck himmlischer Lust. Was waren jene Augenblicke, als ich Aurelien zum erstenmal, als ich sie am Hofe des Fürsten sah, gegen dieses Wiedersehen. Rasender als jemals flammte in mir die Glut der Liebe – der wilden Begier auf – »0 Gott – Oh, all ihr Heiligen! Laßt mich nicht wahnsinnig werden, nur nicht wahnsinnig – rettet mich, rettet mich von dieser Pein der Hölle – nur nicht wahnsinnig laßt mich werden – denn das Entsetzliche muß ich sonst tun und meine Seele preisgeben der ewigen Verdammnis!« – So betete ich im Innern, denn ich fühlte, wie immer mehr und mehr der böse Geist über mich Herr werden wollte. – Es war mir, als habe Aurelie teil an dem Frevel, den ich nur beging, als sei das Gelübde, das sie zu leisten gedachte, in ihren Gedanken nur der feierliche Schwur, vor dem Altar des Herrn mein zu sein. Nicht die Christusbraut, des Mönchs, der sein Gelübde brach, ein verbrecherisches Weib sah ich in ihr. – Sie mit aller Inbrunst der wütenden Begier umarmen und dann ihr den Tod geben – der Gedanke erfaßte mich unwiderstehlich. Der böse Geist trieb mich wilder und wilder – schon wollte ich schreien: »Haltet ein, verblendete Toren! Nicht die von irdischem Triebe reine Jungfrau, die Braut des Mönchs wollt ihr erheben zur Himmelsbraut!« – mich hinabstürzen unter die Nonnen, sie herausreißen – ich faßte in die Kutte, ich suchte nach dem Messer, da war die Zeremonie so weit gediehen, daß Aurelie anfing, das Gelübde zu sprechen. – Als ich ihre Stimme hörte, war es, als bräche milder Mondesglanz durch die schwarzen, von wildem Sturm gejagten Wetterwolken. Licht wurde es in mir, und ich erkannte den bösen Geist, dem ich mit aller Gewalt widerstand. – Jedes Wort Aureliens gab mir neue Kraft, und im heißen Kampf wurde ich bald Sieger. Entflohen war jeder schwarze Gedanke des Frevels, jede Regung der irdischen Begier. – Aurelie war die fromme Himmelsbraut, deren Gebet mich retten konnte von ewiger Schmach und Verderbnis. – Ihr Gelübde war mein Trost, meine Hoffnung, und hell ging in mir die Heiterkeit des Himmels auf. Leonardus, den ich nun erst wieder bemerkte, schien die Änderung in meinem Innern wahrzunehmen, denn mit sanfter Stimme sprach er: »Du hast dem Feinde widerstanden, mein Sohn! Das war wohl die letzte schwere Prüfung, die dir die ewige Macht auferlegt!« –
Das Gelübde war gesprochen; während eines Wechselgesanges, den die Klaren Schwestern anstimmten, wollte man Aurelien das Nonnengewand anlegen. Schon hatte man die Myrten und Rosen aus dem Haar geflochten, schon stand man im Begriff, die herabfallenden Locken abzuschneiden, als ein Getümmel in der Kirche entstand – ich sah, wie die Menschen auseinandergedrängt und zu Boden geworfen wurden; – näher und näher wirbelte der Tumult. – Mit rasender Gebärde – mit wildem, entsetzlichem Blick drängte sich ein halbnackter Mensch (die Lumpen eines Kapuzinerrocks hingen ihm um den Leib), alles um sich her mit geballten Fäusten niederstoßend, durch die Menge. – Ich erkannte meinen gräßlichen Doppelgänger, aber in demselben Moment, als ich, Entsetzliches ahnend. hinabspringen und mich ihm entgegenwerfen wollte, hatte der wahnsinnige Unhold die Galerie, die den Platz des Hochaltars einschloß, übersprungen. Die Nonnen stoben schreiend auseinander; die Äbtissin hatte Aurelien fest in ihre Arme eingeschlossen. – »Ha ha ha! –« kreischte der Rasende mit gehender Stimme, »wollt ihr mir die Prinzessin rauben? – Ha ha ha! – Die Prinzessin ist mein Bräutchen, mein Bräutchen« und damit riß er Aurelien empor und stieß ihr das Messer, das er hochgeschwungen in der Hand hielt, bis an das Heft in die Brust, daß des Blutes Springquell hoch emporspritzte. »Juchhe – Juch, Juch – nun hab ich mein Bräutchen, nun hab ich die Prinzessin gewonnen!« – So schrie der Rasende auf und sprang hinter den Hochaltar, durch die Gittertüre fort in die Klostergänge. Voll Entsetzen kreischten die Nonnen auf. – »Mord – Mord am Altar des Herrn«, schrie das Volk, nach dem Hochaltar stürmend. »Besetzt die Ausgänge des 'Klosters, daß der Mörder nicht entkomme«, rief Leonardus mit lauter Stimme, und das Volk stürzte hinaus, und wer von den Mönchen rüstig war, ergriff die im Winkel stehenden Prozessionsstäbe und setzte dem Unhold nach durch die Gänge des Klosters. Alles war die Tat eines Augenblicks; bald kniete ich neben Aurelie, die Nonnen hatten mit weißen Tüchern die Wunde, so gut es gehen wollte, verbunden und standen der ohnmächtigen Äbtissin bei. Eine starke Stimme sprach neben mir: »Sancta Rosalia, ora pro nobis«, und alle, die noch in der Kirche geblieben, riefen laut: »Ein Mirakel – ein Mirakel, ja, sie ist eine Märtyrerin. – Sancta Rosalia, ora pro nobis.« – Ich schaute auf. – Der alte Maler stand neben mir, aber ernst und mild, so wie er mir im Kerker erschien. – Ein irdischer Schmerz über Aureliens Tod, kein Entsetzen über die Erscheinung des Malers konnte mich fassen, denn in meiner Seele dämmerte es auf.' wie nun die rätselhaften Schlingen, die die dunkle Macht geknüpft, sich lösten.
»Mirakel, Mirakel!« schrie das Volk immerfort, »seht ihr wohl den alten Mann im violetten Mantel? – der ist aus dem Bilde des Hochaltars herabgestiegen – ich habe es gesehen – ich auch – ich auch«, riefen mehrere Stimmen durcheinander, und nun stürzte alles auf die Knie nieder, und das verworrene Getümmel verbrauste und ging über in ein von heftigem Schluchzen und Weinen unterbrochenes Gemurmel des Gebets. Die Äbtissin erwachte aus der Ohnmacht und sprach mit dem herzzerschneidenden Ton des tiefen, gewaltigen Schmerzes: »Aurelie! – Mein Kind – meine fromme Tochter! – Ewiger Gott – es ist dein Ratschluß!« – Man hatte eine mit Polstern und Decken belegte Bahre herbeigebracht. Als man Aurelien hinaufhob, seufzte sie tief und schlug die Augen auf. Der Maler stand hinter ihrem Haupte, auf das er seine Hand gelegt. Er war anzusehen wie ein mächtiger Heiliger, und alle, selbst die Äbtissin, schienen von wunderbarer scheuer Ehrfurcht durchdrungen. – Ich kniete beinahe dicht an der Seite der Bahre, Aureliens Blick fiel auf mich, da erfaßte mich tiefer Jammer über der Heiligen schmerzliches Märtyrertum. Keines Wortes mächtig, war es nur ein dumpfer Schrei, den ich ausstieß. Da sprach Aurelie sanft und leise: »Was klagest du über die, welche von der ewigen Macht des Himmels gewürdigt wurde, von der Erde zu scheiden in dem Augenblick, als sie die Nichtigkeit alles Irdischen erkannt, als die unendliche Sehnsucht nach dem Reich der ewigen Freude und Seligkeit ihre Brust erfüllte?« – Ich war aufgestanden, ich war dicht an die Bahre getreten. »Aurelie«, sprach ich –, »heilige Jungfrau! Nur einen einzigen Augenblick senke deinen Blick herab aus den hohen Regionen, sonst muß ich vergehen, in – meine Seele, mein innerstes Gemüt zerrüttenden, verderbenden Zweifeln. – Aurelie! verachtest du den Frevler, der, wie der böse Feind selbst, in dein Leben trat? – Ach, schwer hat er gebüßt – aber er weiß es wohl, daß alle Buße seiner Sünden Maß nicht mindert – Aurelie! bist du versöhnt im Tode?« – Wie von Engelsfittichen berührt, lächelte Aurelie und schloß die Augen. »Oh, Heiland der Welt – heilige Jungfrau – so bleibe ich zurück, ohne Trost der Verzweiflung hingegeben! 0 Rettung! Rettung von höllischem Verderben!« So betete ich inbrünstig, da schlug Aurelie noch einmal die Augen auf und sprach: »Medardus – nachgegeben hast du der bösen Macht! Aber blieb ich denn rein von der Sünde, als ich irdisches Glück zu erlangen hoffte in meiner verbrecherischen Liebe? – Ein besonderer Ratschluß des Ewigen hatte uns bestimmt, schwere Verbrechen unseres freveligen Stammes zu sühnen, und so vereinigte uns das Band der Liebe, die nur über den Sternen thront und die nichts gemein hat mit irdischer Lust. Aber dem listigen Feinde gelang es, die tiefe Bedeutung unserer Liebe uns zu verhallen, ja uns auf entsetzliche Weise zu verlocken, daß wir das Himmlische nur deuten konnten auf irdische Weise. – Ach! War ich es denn nicht, die dir ihre Liebe bekannte im Beichtstuhl, aber statt den Gedanken der ewigen Liebe in dir zu entzünden, die höllische Glut der Lust in dir entflammte, welche du, da sie dich verzehren wollte, durch Verbrechen zu löschen gedachtest? Fasse Mut, Medardus! Der wahnsinnige Tor, den der böse Feind verlockt hat zu glauben, er sei du und müsse vollbringen, was du begonnen, war das Werkzeug des Himmels, durch das sein Ratschluß vollendet wurde. Fasse Mut, Medardus – bald, bald ... « Aurelie, die das letzte schon mit geschlossenen Augen und hörbarer Anstrengung gesprochen, wurde ohnmächtig, doch der Tod konnte sie noch nicht erfassen. »Hat sie Euch gebeichtet, ehrwürdiger Herr? Hat sie Euch gebeichtet?« so frugen mich neugierig die Nonnen. »Mitnichten«, erwiderte ich, »nicht ich, sie hat meine Seele mit himmlischem Trost erfüllt. « – »Wohl dir, Medardus, bald ist deine Prüfungszeit beendet – und wohl mir dann!« Es war der Maler, der diese Worte sprach. Ich trat auf ihn zu: »So verlaßt mich nicht, wunderbarer Mann.« – Ich weiß selbst nicht, wie meine Sinne, indem ich weitersprechen wollte, auf seltsame Weise betäubt worden; ich geriet in einen Zustand zwischen Wachen und Träumen, aus dem mich ein lautes Rufen und Schreien erweckte. Ich sah den Maler nicht mehr. Bauern – Bürgersleute – Soldaten waren in die Kirche gedrungen und verlangten durchaus, daß ihnen erlaubt werden solle, das ganze Kloster zu durchsuchen, um den Mörder Aureliens, der noch im Kloster sein müsse, aufzufinden. Die Äbtissin, mit Recht Unordnungen befürchtend, verweigerte dies, aber ihres Ansehens unerachtet. vermochte sie nicht die erhitzten Gemüter zu beschwichtigen. Man warf ihr vor, daß sie aus kleinlicher Furcht den Mörder verhehle, weil er ein Mönch sei, und immer heftiger tobend, schien das Volk sich zum Stürmen des Klosters aufzuregen. Da bestieg Leonardus die Kanzel und sagte dem Volk nach einigen kräftigen Worten über die Entweihung heiliger Stätten, daß der Mörder keineswegs ein Mönch, sondern ein Wahnsinniger sei, den er im Kloster zur Pflege aufgenommen, den er, als er tot geschienen, im Ordenshabit nach der Totenkammer bringen lassen, der aber aus dem todähnlichen Zustande erwacht und entsprungen sei. Wäre er noch im Kloster, so würden es ihm die getroffenen Maßregeln unmöglich machen, zu entspringen. Das Volk beruhigte sich und verlangte nur, daß Aurelie nicht durch die Gänge, sondern über den Hof in feierlicher Prozession nach dem Kloster gebracht werden solle. Dies geschah. Die verschüchterten Nonnen hoben die Bahre auf, die man mit Rosen bekränzt hatte. Auch Aurelie war, wie vorher, mit Myrten und Rosen geschmeckt. Dicht hinter der Bahre, über welche vier Nonnen den Baldachin trugen, schritt die Äbtissin, von zwei Nonnen unterstützt, die übrigen folgten mit den Klaren Schwestern, dann die Brüder der verschiedenen Orden, ihnen schloß sich das Volk an, und so bewegte sich der Zug durch die Kirche. Die Schwester, welche die Orgel spielte, mußte sich auf den Chor begeben haben, denn sowie der Zug in der Mitte der Kirche war, ertönten dumpf und schauerlich tiefe Orgeltöne vom Chor herab. Aber siehe, da richtete sich Aurelie langsam auf und hob die Hände betend zum Himmel, und aufs neue stürzte alles Volk auf die Knie nieder und rief: »Sancta Rosalia, ora pro nobis.« – So wurde das wahr, was ich, als ich Aurelien zum erstenmal sah, in satanischer Verblendung nur frevelig heuchelnd verkündet.
Als die Nonnen in dem untern Saal des Klosters die Bahre niedersetzten, als Schwestern und Brüder betend im Kreis umherstanden, sank Aurelie mit einem tiefen Seufzer der Äbtissin, die neben ihr kniete, in die Arme. – Sie war tot! – Das Volk wich nicht von der Klosterpforte, und als nun die Glocken den irdischen Untergang der frommen Jungfrau verkündeten, brach alles aus in Schluchzen und Jammergeschrei. – Viele taten das Gelübde, bis zu Aureliens Exequien in dem Dorf zu bleiben und erst nach denselben in die Heimat zurückzufahren, während der Zeit aber strenge zu fasten. Das Gerücht von der entsetzlichen Untat und von dem Martyrium der Braut des Himmels verbreitete sich schnell, und so geschah es, daß Aureliens Exequien, die nach vier Tagen begangen wurden, einem hohen, die Verklärung einer Heiligen feiernden Jubeltest glichen. Denn schon tags vorher war die Wiese vor dem Kloster, wie sonst am Bernardustage, mit Menschen bedeckt, die, sich auf den Boden lagernd, den Morgen erwarteten. Nur statt des frohen Getümmels hörte man fromme Seufzer und ein dumpfes Murmeln. – Von Mund zu Mund ging die Erzählung von der entsetzlichen Tat am Hochaltar der Kirche, und brach einmal eine laute Stimme hervor, so geschah es in Verwünschungen des Mörders, der spurlos verschwunden blieb. Von tieferer Einwirkung auf das Heil meiner Seele waren wohl diese vier Tage, die ich meistens einsam in der Kapelle des Gartens zubrachte, als die lange strenge Buß im Kapuzinerkloster bei Rom. Aureliens letzte Worte hatten mir das Geheimnis meiner Sünden erschlossen, und ich erkannte, daß ich, ausgerüstet mit aller Kraft der Tugend und Frömmigkeit, doch wie ein mutloser Feigling dem Satan, der den verbrecherischen Stamm zu hegen trachtete, daß er fort und fort gedeihe, nicht zu widerstehen vermochte. Gering war der Keim des Bösen in mir, als ich des Konzertmeisters Schwester sah, als der frevelige Stolz in mir erwachte, aber da spielte mir der Satan jenes Elixier in die Hände, das mein Blut wie ein verdammtes Gift in Gärung setzte. Nicht achtete ich des unbekannten Malers, des Priors, der Äbtissin ernste Mahnung. – Aureliens Erscheinung am Beichtstuhl vollendete den Verbrecher. Wie eine physische Krankheit von jenem Gift erzeugt, brach die Sünde hervor. Wie konnte der dem Satan Ergebene das Band erkennen, das die Macht des Himmels als Symbol der ewigen Liebe um mich und Aurelien geschlungen? Schadenfroh fesselte mich der Satan an einen Verruchten, in dessen Sein mein Ich eindringen, so wie er geistig auf mich einwirken mußte. Seinen scheinbaren Tod, vielleicht das leere Blendwerk des Teufels, mußte ich mir zuschreiben. Die Tat machte mich vertraut mit dem Gedanken des Mordes, der dem teuflischen Trug folgte. So war der in verruchter Sünde erzeugte Bruder das vom Teufel beseelte Prinzip, das mich in die abscheuliebsten Frevel stürzte und mich mit den gräßlichsten Oualen umhertrieb. Bis dahin, als Aurelie nach dem Ratschluß der ewigen Macht ihr Gelübde sprach, war mein Inneres nicht rein von der Sünde; bis dahin hatte der Feind Macht über mich, aber die wunderbare innere Ruhe, die wie von oben herabstrahlende Heiterkeit, die über mich kam, als Aurelie die letzten Worte gesprochen, überzeugte mich, daß Aureliens Tod die Verheißung der Sühne sei. – Als in dem feierlichen Requiem der Chor die Worte sang: »Confutatis maledictis flammis acribus addictis«, fühlte ich mich erbeben, aber bei dem »Voca me cum benedictis« war es mir, als sähe ich in himmlischer Sonnenklarheit Aurelien, wie sie erst auf mich niederblickte und dann ihr von einem strahlenden Sternenring umgebenes Haupt zum höchsten Wesen erhob, um für das ewige Heil meiner Seele zu bitten! – »Oro supplex et acclinis cor contritum quasi cinis!« – Nieder sank ich in den Staub, aber wie wenig glich mein inneres Gefühl, mein demütiges Flehen jener leidenschaftlichen Zerknirschung, jenen grausamen, wilden Bußübungen im Kapuzinerkloster. Erst jetzt war mein Geist fähig, das Wahre von dem Falschen zu unterscheiden, und bei diesem klaren Bewußtsein mußte jede neue Prüfung des Feindes wirkungslos bleiben. – Nicht Aureliens Tod, sondern nur die als gräßlich und entsetzlich erscheinende Art desselben hatte mich in den ersten Augenblicken so tief erschüttert; aber wie bald erkannte ich, daß die Gunst der ewigen Macht sie das Höchste bestehen ließ! – Das Martyrium der geprüften, entsündigten Christusbraut! – War sie denn für mich untergegangen? Nein! Jetzt erst, nachdem sie der Erde voller Qual entrückt, wurde sie mir der reine Strahl der ewigen Liebe, der in meiner Brust aufglühte. Ja! Aureliens Tod war das Weihfest jener Liebe, die, wie Aurelie sprach, nur über den Sternen thront und nichts gemein hat mit dem Irdischen. – Diese Gedanken erhoben mich über mein irdisches Selbst, und so waren wohl jene Tage im Zisterzienserkloster die wahrhaft seligsten meines Lebens.
Nach der Exportation, welche am folgenden Morgen stattfand, wollte Leonardus mit den Brüdern nach der Stadt zurückkehren; die Äbtissin ließ mich, als schon der Zug beginnen sollte, zu sich rufen. Ich fand sie allein in ihrem Zimmer, sie war in der höchsten Bewegung, die Tränen stürzten ihr aus den Augen. >Alles – alles weiß ich jetzt, mein Sohn Medardus! Ja, ich nenne dich so wieder, denn überstanden hast du die Prüfungen, die über dich Unglücklichen, Bedauernswürdigen ergingen! Ach. Medardus, nur sie, nur sie, die am Throne Gottes unsere Fürsprecherin sein mag, ist rein von der Sünde. Stand ich nicht am Rande des Abgrundes, als ich, von dem Gedanken an irdische Lust erfüllt, dem Mörder mich verkaufen wollte? – Und doch – Sohn Medardus! – verbrecherische Tränen hab' ich geweint in einsamer Zelle, deines Vaters gedenkend! – Gehe, Sohn Medardus! Jeder Zweifel, daß ich vielleicht zur mir selbst anzurechnenden Schuld in dir den freveligsten Sünder erzog, ist aus meiner Seele verschwunden.« –
Leonardus, der gewiß der Äbtissin alles enthüllt hatte, was ihr aus meinem Leben noch unbekannt geblieben, bewies mir durch sein Betragen, daß auch er mir verziehen und dem Höchsten anheimgestellt hatte., wie ich vor seinem Richterstuhl bestehen werde. Die alte Ordnung des Klosters war geblieben, und ich trat in die Reihe der Brüder ein wie sonst. Leonardus sprach eines Tages zu mir: »Ich möchte dir, Bruder Medardus, wohl noch eine Bußübung aufgeben.« Demütig frug ich, worin sie bestehen solle. »Du magst«, erwiderte der Prior, »die Geschichte deines Lebens genau aufschreiben. Keinen der merkwürdigen Vorfälle, auch selbst der unbedeutenderen, vorzüglich nichts, was dir im bunten Weltleben widerfuhr, darfst du auslassen. Die Fantasie wird dich wirklich in die Welt zurückführen, du wirst alles Grauenvolle, Possenhafte, Schauerliche und Lustige noch einmal fühlen, ja es ist möglich, daß du im Moment Aurelien anders, nicht als die Nonne Rosalia, die das Märtyrertum bestand, erblickst; aber hat der Geist des Bösen dich ganz verlassen, hast du dich ganz vom Irdischen abgewendet, so wirst du wie ein höheres Prinzip über alles schweben, und so wird jener Eindruck keine Spur hinterlassen.« Ich tat, wie der Prior geboten. Ach! – Wohl geschah es so, wie er es ausgesprochen! – Schmerz und Wonne, Grauen und Lust – Entsetzen und Entzücken stürmten in meinem Innern, als ich mein Leben schrieb. – Du, der du einst diese Blätter liest, ich sprach zu dir und von der Liebe höchster Sonnenzeit, als Aureliens Bild mir im regen Leben aufging! – Es gibt Höheres als irdische Lust, die meistens nur Verderben bereitet dem leichtsinnigen, blödsinnigen Menschen, und das ist jene höchste Sonnenzeit, wenn, fern von dem Gedanken freveliger Begier, die Geliebte wie ein Himmelsstrahl alles Höhere, alles, was aus dem Reich der Liebe segensvoll herabkommt auf den armen Menschen, in deiner Brust entzündet. – Dieser Gedanke hat mich erquickt, wenn bei der Erinnerung an die herrlichsten Momente, die mir die Welt gab, heiße Tränen den Augen entstürzten und alle längst verharschten Wunden aufs neue bluteten.
Ich weiß, daß vielleicht noch im Tode der Widersacher Macht haben wird, den sündigen Mönch zu quälen, aber standhaft, ja mit inbrünstiger Sehnsucht erwarte ich den Augenblick, der mich der Erde entrückt, denn es ist der Augenblick der Erfüllung alles dessen, was mir Aurelie, ach! die heilige Rosalia selbst, im Tode verheilen. Bitte – bitte für mich, o heilige Jungfrau, in der dunklen Stunde, daß die Macht der Hölle, der ich so oft erlegen, mich nicht bezwinge und hinabreiße in den Pfuhl ewiger Verderbnis!
In der Nacht vom dritten auf den vierten September Jahres 17** hat sich viel Wunderbares in unserm Kloster ereignet. Es mochte wohl um Mitternacht sein, als ich in der neben der meinigen liegenden Zelle des Bruders Medardus ein seltsames Kichern und Lachen und währenddessen ein dumpfes, klägliches Ächzen vernahm. Mir war es, als höre ich deutlich von einer sehr häßlichen, widerwärtigen Stimme die Worte sprechen: »Komm mit mir, Brüderchen Medardus, wir wollen die Braut suchen.« Ich stand auf und wollte mich zum Bruder Medardus begeben, da überfiel mich aber ein besonderes Grauen, so daß ich wie von dem Frost eines Fiebers ganz gewaltig durch alle Glieder geschüttelt wurde; ich ging demnach, statt in des Medardus Zelle, zum Prior Leonardus, weckte ihn nicht ohne Mühe und erzählte ihm, was ich vernommen. Der Prior erschrak sehr, sprang auf und sagte, ich solle geweihte Kerzen holen und wir sollten uns beide dann zum Bruder Medardus begeben. Ich tat, wie mir geheißen, zündete die Kerzen an der Lampe des Muttergottesbildes auf dem Gange an, und wir stiegen die Treppe hinauf. So sehr wir aber auch horchen mochten, die abscheuliche Stimme, die ich vernommen, ließ sich nicht wieder hören. Statt dessen hörten wir leise, liebliche Glockenklänge, und es war so, als verbreite sich ein feiner Rosenduft. Wir traten näher, da öffnete sich die Türe der Zelle, und ein wunderlicher großer Mann mit weißem, krausem Bart, in einem violetten Mantel, schritt heraus; ich war sehr erschrocken, denn ich wußte wohl, daß der Mann ein drohendes Gespenst sein mußte, da die Klosterpforten fest verschlossen waren, mithin kein Fremder eindringen konnte; aber Leonardus schaute ihn keck an, jedoch ohne ein Wort zu sagen. »Die Stunde der Erfüllung ist nicht mehr fern«, sprach die Gestalt sehr dumpf und feierlich und verschwand in dem dunklen Gange, so daß meine Bangigkeit noch stärker wurde und ich schier hätte die Kerze aus der zitternden Hand fallen lassen mögen. Aber der Prior, der ob seiner Frömmigkeit und Stärke im Glauben nach Gespenstern nicht viel trägt, faßte mich beim Arm und sagte: »Nun wollen wir in die Zelle des Bruders Medardus treten.« Das geschah denn auch. Wir fanden den Bruder, der schon seit einiger Zeit sehr schwach geworden, im Sterben, der Tod hatte ihm die Zunge gebunden, er röchelte nur noch was Weniges. Leonardus blieb bei ihm, und ich weckte die Brüder, indem ich die Glocke stark anzog und mit lauter Stimme rief: »Steht auf! – Steht auf! – Der Bruder Medardus liegt im Tode!« Sie standen auch wirklich auf, so daß nicht ein einziger fehlte, als wir mit angebrannten Kerzen uns zu dem sterbenden Bruder begaben. Alle, auch ich, der ich dem Grauen endlich widerstanden, überließen uns vieler Betrübnis. Wir trugen den Bruder Medardus auf einer Bahre nach der Klosterkirche und setzten sie vor dem Hochaltar nieder. Da erholte er sich zu unserem Erstaunen und fing an zu sprechen, so daß Leonardus selbst sogleich nach vollendeter Beichte und Absolution die Letzte Ölung vornahm. Nachher begaben wir uns, während Leonardus unten blieb und immerfort mit dem Bruder Medardus redete, in den Chor und sangen die gewöhnlichen Totengesänge für das Heil der Seele des sterbenden Bruders. Gerade als die Glocke des Klosters den andern Tag, nämlich am fünften September des Jahres 17**, mittags zwölf schlug, verschied Bruder Medardus in des Priors Armen. Wir bemerkten, daß es Tag und Stunde war, in der voriges Jahr die Nonne Rosalia auf entsetzliche Weise, gleich nachdem sie das Gelübde abgelegt, ermordet wurde. Bei dem Requiem und der Exportation hat sich noch folgendes ereignet. Bei dem Requiem nämlich verbreitete sich ein sehr starker Rosenduft, und wir bemerkten, daß an dem schönen Bilde der heiligen Rosalia, das von einem sehr alten unbekannten italienischen Maler verfertigt sein soll und das unser Kloster von den Kapuzinern in der Gegend von Rom für erkleckliches Geld erkaufte, so daß sie nur eine Kopie des Bildes behielten, ein Strauß der schönsten, in dieser Jahreszeit seltenen Rosen befestigt war. Der Bruder Pförtner sagte, daß am frühen Morgen ein zerlumpter, sehr elend aussehender Bettler, von uns unbemerkt, hinaufgestiegen und den Strauß an das Bild geheftet habe. Derselbe Bettler fand sich bei der Exportation ein und drängte sich unter die Brüder. Wir wollten ihn zurückweisen, als aber der Prior Leonardus ihn scharf angeblickt hatte, befahl er, ihn unter uns zu leiden. Er nahm ihn als Laienbruder im Kloster auf; wir nannten ihn Bruder Peter, da er im Leben Peter Schönfeld geheißen, und gönnten ihm den stolzen Namen, weil er überaus still und gutmütig war, wenig sprach und nur zuweilen sehr possierlich lachte, welches, da es gar nichts Sündliches hatte, uns sehr ergötzte. Der Prior Leonardus sprach einmal, des Peters Licht sei im Dampf der Narrheit verlöscht, in die sich in seinem Innern die Ironie des Lebens umgestaltet. Wir verstanden alle nicht, was der gelehrte Leonardus damit sagen wollte, merkten aber wohl, da er mit ein Laienbruder Peter längst bekannt sein müsse. So habe ich den Blättern, die des Bruders Medardi Leben enthalten sollen, die ich aber nicht gelesen, die Umstände seines Todes sehr genau und nicht ohne Mühe ad majorem dei gloriam hinzugefügt. Friede und Ruhe dem entschlafenen Bruder Medardus, der Herr des Himmels lasse ihn dereinst fröhlich auferstehen und nehme ihn auf in den Chor heiliger Männer, da er sehr fromm gestorben.