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Wie das Münchener Wappenbild entstand.

A. D. 1157.

Der Lenzwind zieht durch's Thal! sein Weben geht durch den Wald und streicht über den Anger. Anders, fröhlicher rauschen die Wellen des Flusses und der Sonnschein glänzt lieblicher, denn vorher. Die Tannen haben helle Spitzen, die Buchen junge Blätter entfaltet, glänzend und licht wie durchsichtig Glas und im Moos heben die ersten Veilchen ihre duftenden Köpflein. Kennst du den Lenz? armer Städter, der zwischen den dicken, grauen Mauern kaum seinen Schimmer erspäht, der über dem ewiggleichen Ringen nach dem täglichen Brod vergessen hat, daß draußen Gottes Odem der alten Mutter Erde eine neue Gewandung schuf. Kennst du den Lenz? – Wer heut im Weichbild der alten Munichia sein Heim aufgeschlagen, der ahnt kaum, daß auf jenem Grund, wo nun das Rasseln der Lastwagen und des Marktes Getreib, endlosen Staub aufwirbelnd, einzig die Luft füllt, einstmals auch solch wonnig seliges Lenztreiben seinen Einzug gehalten; denn jene Zeit ist vergessen, lang ist sie dahin, Jahrhunderte lang; viel Wellen sind seitdem die Isar abwärts geflossen und Jene sind in's Grab gesunken, die ihrem Rauschen gelauscht. Das Wasser selber hat anderen Lauf genommen, denn zuvor, nur der Name ist geblieben, den damals Heinrich der Löwe, der Stadt Gründer ihr zu dauerndem Andenken verliehen und das Wappen: der schwarze Mönch im sonnigen Feld.

Wie es also gekommen, will ich schlicht und kurz erzählen.

Es war im Mai des Jahres 1157. Die Gegend, wo jetzt München steht, war tiefer, schier pfadloser Wald, nur das kleine Klösterlein Altheim lag mitten zwischen den Bäumen im traulichen Versteck. Es war ursprünglich zum Kloster Tegernsee gehörig, später nach Schäftlarn gegeben worden.

Jetzt im ersten Lenztreiben waren etliche Brüder in den Wald gegangen, Holz zu fällen, zu neuer Bedachung des Gotteshauses, das mannigfachen Schaden erlitten in stürmischer Winterzeit. Auf einer Lichtung zogen sie ihre Kutten ab und legten sie in's junge Gras, damit das lange Gewand nicht die rüstige Arbeit hindere.

Auf dem üppigen Waldboden wuchs zwischen Moos und niedrigem Blattwerk auch jenes zierliche Pflänzlein, das auf hochaufstrebendem Stengel seine feinen, weißen Blüthensterne dem Licht entgegen hält: der Waldmeister. Dort wo er dicht gedrängt am abhängigen Rain der Lichtung wucherte, kniete ein Mägdlein. Emsig pflückte sie in den mitgebrachten Korb das duftende Kraut. Als des Klosterfischers Tochter ward Regina mancher Auftrag der frommen Väter, bald mußte sie spinnen, bald nähen für den Hausbedarf der Mönche; heute aber war ihr das liebste Geschäft geworden, die Kräuter zu dem Maiwein zu sammeln, der alljährlich dem Convent Altheim's des Frühlings Wiederkehr mit fröhlichem Tranke verklärte. Darum lachten ihre blauen Augen und ihre rothen Lippen und die Arbeit ging ihr lustig von der Hand. Und über ihr sangen die kleinen Waldsänger von den Zweigen, aus der Ferne aber klang das Dröhnen fallender Stämme. Wer sie so erschaut hätte, möchte wohl einen Vergleich daran geknüpft haben zwischen Jugend und Lenzesherrlichkeit.

Mit einemmal hielt sie inne. In die Einsamkeit klang Hufgestampf und Rasseln von Wehr und Waffen, und wie Regina den Pfad gegen die Isar entlang spähte, gewahrte sie einen reisigen Zug, der sich mit Eile näherte. Erschrocken duckte sie sich in's hohe Gras, denn sie gedachte der oft gehörten Mahnung ihrer Mutter: »Wild sind die Rittersleute und froh mag eine sittsame Maid sein, ihrer rohen Hand entgehen zu können!« Aber schon im nächsten Augenblick erkannte sie die Unmöglichkeit, sich zu bergen; da ging ein wunderlicher Gedanke durch ihren Sinn. »Mönchsgewand schützt vor jeglicher Unbill,« dachte sie und fuhr in die nächstliegende Kutte. Freilich war ihr der schwarze Mantel allzu lang, aber sie hielt ihn geschickt empor; die weiten Aermel schlug sie um, wie sie solches oft von den Mönchen gesehen und die Kapuze zog sie über's Haar. Wie sie die Hände über der Brust gekreuzt, mochte Niemand die Verkleidung ahnen.

Der reisige Zug kam näher. Voran ritten zwei Herren in kampflicher Wehr. Der zur Rechten, eine stolze Gestalt mit hoher Stirn und großen funkelnden, schwarzen Augen, hatte die breiten Schultern von dunkeln Locken umwallt, über dem Kettenhemd den purpurnen Fürstenmantel mit edlem Rauchwerk verbrämt, auf dem Haupt die eiserne Helmkappe von güldener Krone umspannt; sein Gebahren gab schon von Weitem den fürstlichen Gebieter zu erkennen.

Der zur Linken war größer und schlanker, die lichteren Haare und der weichere Blick ließen auf mildere Gemüthsart schließen; um die Lippen aber lag ihm etwas, wie schweifende Sehnsucht und kindliche Sorglosigkeit. Auch er war gewappnet wie zum Streit, doch hatte er an goldfarbnem Bande eine kleine Handharfe über der Schulter hängen. Hinter den Beiden kamen berittene Dienstmannen und etliche, nur mit leichtem Jagdspieß bewaffnete Knechte zu Fuß.

Der Schwarze richtete sich im Sattel empor und that einen prüfenden Blick in die Runde: »Das mag der rechte Ort sein!« sprach er mit fester Stimme, dann sah er fragend nach dem unfernen Klösterlein: »Wie ist's hier geheißen?« Der Blonde schüttelte das Haupt: »Ich weiß es nicht, Herr Herzog, denn auch ich bin in dieser Gegend nie gewesen, dort aber steht ein Mönch«, er wies auf Regina, »der mag uns den besten Bescheid geben.« Dann schwang er sich behend vom Roß, warf ihm die Zügel über den Hals und schritt über den unebenen Boden leicht und flüchtig auf Regina zu: »Wollt Ihr mir sagen, ehrwürdiger Bruder, wie das Klösterlein sich nennt?«

Regina war zuerst schwer erschrocken ob der Anrede des wildfremden Mannes; wie sie aber seine helle Stimme vernahm, und ängstlich aufblickend seine freundlichen Augen erschaute, schwand ihr die Sorge und sie entgegnete: »Altheim heißet das Kloster und seine Mönche gehorchen der Regel St. Benedikts.«

Der Ritter nickte: »Gute Botschaft habet Ihr mir gesagt, und ich dank Euch dafür. Noch eins aber möcht' ich erkunden, kann Euer heilig Dach meinem Herrn, dem Herzog Heinrich, den sie den Löwen nennen, eine gastliche Herberge gewähren für etliche Nächte?«

Regina erschrak auf's Neue: theils ob der für sie nicht zu beantwortenden Frage, theils vor dem Namen des Herzogs. Unsicher gab sie die Erwiederung: »Nicht kann ich Euch entschiedene Antwort geben, denn ich selber habe noch keine Weihen empfangen, dennoch meine ich, daß dem Landesherrn die Pforte des Klosters sich nicht verschließen wird, wenn auch der Troß sich vielleicht mit unbedeckter Ruhestätte zufrieden geben muß.«

Der Junker nickte freundlich: »Ich dank Euch!« dann wollte er zum Herzog zurückkehren; doch wandte er sich nochmals: »Sind noch mehr solch' junger Mönche wie Ihr in dem Convent?« Mit Wohlgefallen sah er dabei in ihr rothwangig Gesicht.

»Ich bin der einzige!« entgegnete sie mit kaum verhaltenem Lachen. Da winkte er grüßend mit der Hand, schritt über die Wiese zurück und sagte dem Herzog die Kunde. Der berieth nicht lang, sondern spornte sein Thier der Pforte Altheim's entgegen.

Als die Fremden im Klosterhofthor verschwunden waren, streifte Regina das schwarze Mönchskleid wieder ab und lachenden Mundes sprach sie: »Sei bedankt, liebe Kutte, für den Dienst, den Du mir geleistet; an der Wiege hat dir wohl auch niemand gesungen, daß Du dereinst einem Weibe zu schützender Vermummung dienen solltest; nun es geschehen, bleib ich zeitlebens in Deiner Schuld.«

Dann schaute sie bedenklich in ihren Korb: »Nun wird das köstliche Labekraut andern Lippen zu Gute kommen, als denen es zugedacht war, doch mag's d'rum sein! Wenn die Gäste alle so fröhlich und bescheiden sind, wie der blonde Junker, so sei ihnen der duftende Trunk vergönnt!« Dann huschte auch sie nach dem Kloster, allwo sie bei einem Hinterpförtlein den gesuchten Einlaß fand.

Drei Tage schon lagerte Herzog Heinrich bei den Mönchen zu Altheim. Die größten Gemächer hatten sie ihm und seinem Reisegefährten gerüstet, der Troß war in die Heulager eingewiesen. In der großen Gastzelle saß der Herzog auf des Priors wurmstichigem Lehnstuhl, vor ihm stand sein Begleiter Reinfried.

»Der Bischof von Freising ist übermüthig worden,« sprach Heinrich harten Tones, »ich aber will ihn zwingen. In meinen Erblanden, wie in den Lehnsgauen lege ich den Zoll auf durchgehende Waaren nach meinem Gutdünken; nur Bischof Otto macht mir Schwierigkeit. Das alte Recht, auf seinem Gebiet den Zoll in seinen Säckel streichen zu dürfen, hält er mir entgegen. Ich aber will nicht, will mich nicht fügen in verjährten Brauch und Pfaffenspruch, vielmehr schalten nach eigenem Willen. Dennoch vermag ich ihn nicht zu überrennen; denn groß ist die Zahl seiner wehrhaften Dienstleute und widerwärtiger noch wäre mir, beim Volke für einen Verächter der Heiligen zu gelten. Darum hab' ich mir andern Ausweg ersonnen. Hier will ich eine Brücke über die Isar schlagen, und ein Zollhaus, eine Münzstätte und etliche Salzstädel erbauen, und dann in einer dunklen Nacht des Bischofs Zollhaus zu Oberföhring zerbrechen und seine Brücke zerstören – das wird die Reichenhaller Salzfuhrwerke auf mein Gebiet zwingen; und haben sie sich erst an den neuen Uebergang gewöhnt, dann werden sie wohl auch in Zukunft nimmer den Umweg durch Freisinger Land nehmen.« Der Herzog hielt inne und harrte auf Antwort.

Reinfried hatte zustimmend gelauscht, jetzt richtete er sich höher auf denn zuvor. »Gut ist der Plan ersonnen und nicht fürchte ich sein Mißlingen. Eines nur, mein' ich, habt' Ihr vergessen, hoher Herr: Die Burg! Wenn Ihr am Ort der neuen Siedelung keinen Sitz habet und nur in der Herberge rasten müsset, wird kein Anseh'n an Euerm Unternehmen haften. Weht aber Euer Banner vom stolzen Schlosse in die Luft, dann wagt wohl Keiner d'ran zu rühren.«

Der Herzog überlegte: »Klug ist Dein Wort und auch mir gefällt Deine Meinung, dennoch ist's ein schlimm Ding für mich, also Großes zu beginnen, weil anderes Geschäft mich wieder nach Regensburg ruft!«

»So lasset einen sicheren Mann hier, der Eure Gedanken kennt.«

Der Herzog sprang auf und durchmaß mit starken Schritten das Gemach, daß die alten Dielen ächzten: »Wer ist mir sicher!«

Reinfried sah traurig zu Boden: »Hat mein Herzog Keinen, dem er vertrauen kann, so ist er ein armer Fürst!«

Herzog Heinrich fuhr zornig herum, unter den zusammengezogenen Brauen sprühte ein Blitz nach dem kühnen Sprecher: »Wer wagt, mich arm zu schelten!« Wie er die großen Augen Reinfried's offen und ehrlich auf sich gerichtet sah, schwand ihm mählig der Unmuth: »Ein unbedachtes Wort hat in mein Ohr geklungen, dennoch will ich's verzeihen, denn in Redlichkeit bist Du mir zugethan. Jegliche Schuld wider den Herren aber heischt eine Buße. Auch Dich will ich mit einer solchen belegen. Meiden sollst Du meinen Hof; bis die Burg an der Isar ihre Zinnen in's Blaue reckt – magst Du der jungen Siedelung Leiter werden an meiner Statt.«

Reinfried beugte das Knie: »Gnädig seid Ihr mir allewege gewesen, heut' aber habet Ihr mir das Beste geschenkt, was ich jemals erhofft: Euer Vertrauen! Ich will mich deß würdig erweisen.« – – – – – –

Wenige Tage nach des Herzogs Abzug begann der Bau. Wo einst stiller Forst gewesen, da klang jetzt unaufhörlich Axt und Brechstange; auf der Rodung lag das Gras vertreten und fremd herzugewanderte Männer schleppten mühsam Steine, Holz und Sand bei, das begonnene Werk rasch zu fördern. Die Vöglein hatten sich tiefer in den Wald verzogen und auch vom Waldmeister war die letzte Spur geschwunden; die Mönche aber machten fröhliche Gesichter, denn selten war der Platz leer vor ihrem Schiebfenster, sie kochten die Suppe und verzapften das leichte Gerstenbier den Bauleuten für klingenden Dank.

Unter den staubbedeckten Gesellen stand Einer im schmucken Herrenwams, gebietend, aneifernd. Den ganzen Tag war Reinfried bei der Arbeit, prüfend, ordnend; sein klarer Blick flog in die entferntesten Ecken und seine helle Stimme übertönte die Hammerschläge. Ihm war keine Mühe zu viel, ganz und voll wollte er sein dem Herzog gegebenes Gelöbniß halten. Wenn aber der Feierabend gekommen war, dann saß er ab und zu im Refektorium bei den Mönchen, seinen Gastgebern; zuweilen auch mitten unter den Bauleuten, zumeist aber in dem breitästigen Gezweig einer Linde, die nächst dem Klösterlein ihr schattendes Blätterdach breitete. Dort oben hatte er schon am ersten Abend aus rohen Brettern ein Gerüst aufschlagen lassen, eine schmale Leiter führte dazu empor und dort verbrachte er am liebsten die Stunden seiner Ruhe. Dann schaute er sinnend über die waldige Anhöhe jenseits der Isar, auf das fröhlich gedeihende Werk zu seinen Füßen und am meisten und wohl nicht am unliebsten in das hohe, rundbogige Fenster des eppichumrankten Klosterthurms. Denn dort saß um jene Zeit Jungfräulein Regina; hatte er auch seit jener ersten Begegnung nimmer mit ihr gesprochen, so war er doch ihrer damaligen Verkappung auf der Spur, denn unter all' den Klerikern und Laienbrüdern Altheim's hatte keiner so lustige Augen und so rothen Mund, wie jener, der ihm zuerst den Platz gewiesen. Und dieselben lachenden Augen und frischen Lippen schauten allabendlich aus dem Thurmfenster in sein Baumgelaß und wenn er sein Glas hob und den rothen Bozner mit bedächtigem Zug einschlürfte, mochte sein Blick der lieblichen Nachbarin mehr künden, als die glänzendsten Trinksprüche an der Tafel des Herzog's.

In solch' gleichförmigem Gang schwand die Zeit. An einem Sonntag Nachmittag nun lehnte er wieder droben, da schritt Regina aus der Kirche ihrer Behausung zu. Wie sie am Fuß des alten Baumes vorüber kam, schlug sie sittig die Augen zu Boden, denn sie hatte Reinfried erschaut und wollte unbemerkt enteilen. Aber zu spät; von droben war sie erspäht worden. Wie sie eben unter dem Baum wegschlüpfen wollte, flog ein blühender Lindenzweig zu ihr nieder. Der fing sich in ihrem dichten Haar, und wie sie ihn daraus lösen wollte, rief Reinfried lachend von oben: »Besser steht Euch die Blüthenkrone noch, denn die Mönchskapuze!«

Da wollte Regina schnell ohne aufzusehen weiter eilen: ehe sie aber ein paar Schritte gethan hatte, vertrat ihr Reinfried, der von der Leiter herabgesprungen war, schnellfüßig den Weg. »Nicht also sollet Ihr mir entkommen,« sprach er, ihre Hand fassend.

»Was wollet Ihr?« frug sie angstvoll aufsehend. Er aber lächelte: »Die Stimme wollt' ich wieder hören, die Augen wieder sehen, die mich zuerst hier zurecht gewiesen.« Wie er aber die zunehmende Angst des Mägdleins gewahrte, gab er ihre Hand frei. »Nicht schrecken wollt' ich Euch, vielmehr Euer Vertrauen gewinnen, denn oftmals hab ich nach Euch ausgeschaut und mich auf die jetzige Stunde gefreut. Dennoch will ich Euch nicht halten wider Euren Willen.« Er trat ernst zurück und um seine Lippen zuckte es wie getäuschte Hoffnung.

Da schaute Regina muthiger zu ihm auf. »Ich war thöricht!«

Er aber lächelte wieder: »Holdselig seid Ihr, ob in Angst oder in frischem Muth. Mir aber dürfet Ihr vertrauen, denn ehrlich ist meine Meinung, und damit Ihr mich besser erkennen möget, will ich die nächste Feierstunde bei Euerm Vater zusprechen.« Er faßte noch einmal nach ihrer Hand und sie legte die ihre widerstandslos in die seine: »Auf Wiedersehn!« –

Seitdem stand der Lindenaltan leer und verlassen, denn Reinfried saß jeden Abend auf des Klosterfischer's Bank, tauschte mit dem Alten kluge Meinung, spähte auch nebenher fleißig nach Regina und wußte allzeit Neues und Fröhliches zu künden. Dann ließ Regina wohl die Hand mit der Spindel ruhen, denn so wie er wußte sonst Keiner zu erzählen. Sie sah die alten Sagen und Märchen ihrer Kinderzeit wieder erstehen: Im Erdgrund hämmerten die Zwerge, im Strom spielte der Nix, auf den blumigen Waldwiesen aber zogen die Elfen ihren Feenreigen und der Meister all' der Wunderpracht war Reinfried, auf dessen Wort sie auftauchten in bläulichem Mondenstrahl oder schimmernder Sonnengluth und mehr und mehr begann Regina ihre Gedanken an den schlanken Jüngling zu heften, bis sie ihm zuletzt alle ganz zu eigen geworden waren.

Um eben jene Zeit kam die Burg des Herzogs unter Dach, und wie des Burgvogt's Wohngelaß in Stand gesetzt war, und Reinfried auf Heinrich's Botschaft in die Stelle eingewiesen worden, da trat er eines Morgens mit feierlichem Gesicht in des Klosterfischers Behausung und da Regina ob der ungewöhnlichen Stunde verwundert aufsah, streckte er ihr die Hand entgegen: »Menn Zwei einander gut sind, dann singen's die Vögel, dann rauschen's die Wälder, und die Blumen blühn's, ja selber die Sonne legt ihnen zu Ehren ihr Festtagsgewand an – sie selber nur wollen's vor einander verhehlen, aber der Mond verlacht und der Wind verhöhnt sie und das eigene Auge verräth sie zuletzt.« Er sah sie innig an. »Ich dächte, auch wir zwei Beide hätten lang genug Versteckens mit einander gespielt.«

Erröthend barg sie das Antlitz in der Hand, er aber legte seinen Arm um ihre Schulter: »Worte nicht will ich fordern, nur hoffen mag ich, daß Du Dich nicht weigerst, wenn ich im Kreis Deiner Sippen Dich werbe als herzliebes Ehgemahl!«

Und wie sie auch darauf keine Erwiederung fand, da drückte er einen warmen Kuß auf ihre Stirn und streifte einen Goldreif an ihren Finger: »Also bind' ich Dein Schicksal an meines, immer und endlos wie der Ring!« – –

Wenige Wochen nachher ward großer Brautlauf in des Klosterfischer's Heimstätte gehalten; selbst der Herzog war gekommen, seinem getreuen Burgmann die Hochzeit auszurichten. Wie beim Festmahl die großen Becher und Kannen nach Väterweise geleert wurden, rief der Herzog gutlaunig den Bräutigam zu sich: »Wohl zufrieden bin ich mit Dir und Deinen Leistungen beim Burgbau gewesen, denn mit klugem Sinn hast Du mir bei dem kleinen ›Altheim‹ ein großes ›neues Heim‹ gegründet, darum mag ich Dir an Deinem Ehrentag eine Gnade gewähren. Erbitte Dir etwas; wenn ich's erfüllen kann, will ich's nicht weigern.«

Da flog ein Lächeln über Reinfried's junges Gesicht: »Für Eure Huld dank' ich Euch gebührend, Herr Herzog, denn nur meine Pflicht hab' ich gethan bei dem Baue. Dieweil Ihr mir aber sogar gnädig gesinnt seid, so wag' ich Euch eine Bitte vorzutragen: Noch hat die neue Niederlassung kein Wappenbild. Gewährt, daß ich es ihr erwählen darf nach eigenem Ermessen.«

Herzog Heinrich lachte: »Hast Du kein ander Begehren als dies, so macht mir die Hochzeitsspende wenig Sorge, doch muß ich gestehen, daß Du meine Neugier gewaltig angefacht hast.«

Reinfried's Blicke sprühten in frischer Lust: »So will ich Euch meinen Einfall künden. Wie der kindliche Mönch mir zuerst die Gegend gewiesen, so sollen ihn noch die spätern Geschlechter überkommen; auch seine lieben Augen sollen nicht vergessen sein und sein süßer Mund; und von güldenem Hintergrund herab mag er Jedem, der der Burg Frieden sucht, die richtige Weisung geben, wie er sie mir gab für alle Zeit.« Fröhlich winkte er nach Regina hinüber.

Da dämmerte in des Herzog's Gedanken eine Ahnung des richtigen Zusammenhangs und guter Dinge gab er seine Zustimmung. – – – – – – – –

So entstand der alten Munichia Wappenbild und aus diesem hernachmals ihr Name. Nach der Zerstörung der Föhringer Zollstätte war die Burg ansehnlich erweitert worden; unter Ludwig dem Strengen ward sie Residenz und Hauptstadt des bayerischen Landes und hat dies, ihr Vorrecht, zu wahren gewußt, bis auf den heutigen Tag. Sieben Jahrhunderte schon sind über die Stadt hingegangen; noch aber steht der schwarze Mönch im güldenen Wappen-Feld und winkt und grüßt lächelnd hernieder, als wolle er an das Altheimer Kloster gemahnen und an Regina, des Klosterfischers Töchterlein.


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