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Die übrigen Arbeitszweige

Wenn wir bei der Schilderung des Fabriksystems uns länger aufzuhalten hatten, weil es eine ganz neue Schöpfung der industriellen Zeit ist, so werden wir uns bei den übrigen Arbeitern desto kürzer fassen können, indem hier entweder das, was von den industriellen Proletariern überhaupt, oder was vom Fabriksystem im besondern gesagt ist, ganz oder teilweise seine Anwendung findet. Wir werden also nur zu berichten haben, inwiefern namentlich das Fabriksystem bei den einzelnen Arbeitszweigen sich einzudrängen gewußt hat und was sich sonst Eigentümliches bei ihnen vorfindet.

Die vier Arbeitszweige, auf die sich das Fabrikgesetz erstreckt, bezwecken die Anfertigung von Stoffen zur Kleidung. Wir werden am besten tun, hier gleich diejenigen Arbeiter folgen zu lassen, welche ihr Material aus diesen Fabriken erhalten, und zwar zuerst die Strumpfwirker von Nottingham, Derby und Leicester. Über diese Arbeiter berichtet der Child. Empl. Rept., daß die lange Arbeitszeit (die durch niedrigen Lohn erzwungen wird) vereint mit der sitzenden Lebensart und der Anstrengung der Augen, welche aus der Natur der Arbeit selbst hervorgeht, gewöhnlich den Körper im allgemeinen kränklich und besonders die Augen schwach macht. Ohne sehr starkes Licht kann bei Abend nicht gearbeitet werden, und so wenden die Weber gewöhnlich Glaskugeln an, um das Licht zu konzentrieren, was die Augen sehr angreift. Im vierzigsten Jahre müssen fast alle eine Brille gebrauchen. Die Kinder, welche dabei mit Spulen und Nähen (Säumen) beschäftigt werden, leiden gewöhnlich an ihrer Gesundheit und Konstitution bedeutenden Schaden. Sie arbeiten vom sechsten, siebenten oder achten Jahre an in kleinen, dumpfigen Zimmern zehn bis zwölf Stunden. Viele werden bei der Arbeit ohnmächtig, zu schwach für die gewöhnlichste Hausarbeit und so kurzsichtig, daß sie schon während der Kindheit Brillen tragen müssen. Viele wurden von den Kommissären mit allen Symptomen skrofulöser Konstitution gefunden, und die Fabrikanten weigern sich meistens wegen der Schwäche der Mädchen, die so gearbeitet haben, sie in der Fabrik zu beschäftigen. Der Zustand dieser Kinder wird als ",ein Schandfleck für ein christliches Land" bezeichnet und der Wunsch nach gesetzlichem Schutz ausgesprochen (Grainger, Rept. App. Pt. 1, p. F. 16, ss. 132-142). Der Fabrikbericht setzt hinzu, daß die Strumpfwirker die am schlechtesten bezahlten Arbeiter in Leicester seien – sie verdienten 6 sh. und bei großer Anstrengung 7 sh. wöchentlich durch täglich sechzehn- bis achtzehnstündige Arbeit. Früher verdienten sie 20 bis 21 sh., aber die Einführung der vergrößerten Stühle habe ihr Geschäft verdorben, die große Majorität arbeite noch auf den älteren, einfachen Stühlen und konkurriere mühselig gegen den Fortschritt der Maschinerie. Also auch hier jeder Fortschritt ein Rückschritt für den Arbeiter! Aber trotz alledem, erzählt Kommissär Power, seien die Strumpfwirker stolz darauf, daß sie frei seien und keine Fabrikglocke hätten, die ihnen die Zeit zum Essen, Schlafen und Arbeiten zumesse. Die Lage dieser Arbeiterklasse ist in Beziehung auf den Lohn noch nicht besser als 1833, wo die Fabrikkommission die obigen Angaben machte – die Konkurrenz der sächsischen Strumpfwirker, die selbst kaum etwas zu beißen haben, sorgt dafür. Sie schlägt die Engländer auf fast allen fremden und in den geringen Qualitäten sogar im englischen Markt – muß es nicht eine Freude für den deutschen patriotischen Strumpfwirker sein, durch seinen Hunger die englischen Strumpfwirker auch brotlos zu machen, und wird er nicht zum größeren Ruhme der deutschen Industrie stolz und freudig forthungern, da doch Deutschlands Ehre es fordert, daß seine Schüssel nur halb voll sei? 0, es ist eine schöne Sache um die Konkurrenz und den "Wettlauf der Nationen"! Im "Morning Chronicle" – wieder ein liberales Blatt, das Blatt der Bourgeoisie par excellence – finden sich im Dezember 1843 einige Briefe von einem Strumpfwirker in Hinckley über die Lage seiner Arbeitsgenossen. Er berichtet unter andern von 50 Familien, zusammen 321 Personen, die von 109 Webstühlen lebten; jeder Webstuhl trug durchschnittlich 5 1/6 sh. ein, jede Familie verdiente durchschnittlich wöchentlich 11 sh. 4 Pence. Davon gingen ab für Hausmiete, Strumpfstuhlmiete, Kohlen, Licht, Seife, Nadeln zusammen 5 sh. 10 Pence, so daß für Nahrung auf jeden Kopf täglich 1 1/2 Pence – 15 Pfennige preußisch – übrigblieben, und für Kleidung gar nichts.

"Kein Auge", sagt der Strumpfwirker, "hat gesehen, kein Ohr gehört und kein Herz fassen können die Hälfte der Leiden, die diese armen Leute erdulden."

Betten fehlten ganz oder zur Hälfte, die Kinder liefen zerlumpt und barfuß umher; die Männer sagten mit Tränen in den Augen: "Wir haben lange, lange kein Fleisch gehabt, wir haben fast vergessen, wie es schmeckt" – und zuletzt arbeiteten einige des Sonntags, obwohl die öffentliche Meinung alles eher verzeiht als das und obwohl der rasselnde Lärm des Webstuhls in der ganzen Nachbarschaft gehört wird.

"Aber", sagte einer, "seht doch meine Kinder an und laßt das Fragen. Meine Armut zwingt mich dazu; ich kann und will meine Kinder nicht ewig um Brot schreien hören, ohne das letzte Mittel zu versuchen, durch das ich mir ehrlich Brot erwerben kann. Vorigen Montag stand ich um zwei Uhr auf und arbeitete bis beinahe Mitternacht, die übrigen Tage von sechs Uhr morgens bis zwischen elf und zwölf in der Nacht. Ich bin es leid, ich will mich nicht ins Grab bringen. Jetzt höre ich jeden Abend um zehn Uhr auf und hole die verlorne Zeit sonntags nach."

Der Lohn ist weder in Leicester noch in Derby und Nottingham gestiegen gegen 1833, und was das schlimmste ist, in Leicester herrscht das Trucksystem, wie schon früher gesagt, in großer Ausdehnung. Es ist daher auch nicht zu verwundern, daß die Wirker dieser Gegend an allen Arbeiterbewegungen sehr lebhaften Anteil genommen haben, und um so tätiger und wirksamer, da die Stühle selbst meistens von Männern in Bewegung gesetzt werden.

In derselben Gegend, wo die Strumpfwirker leben, ist auch der Hauptsitz der Spitzenfabrikation. In den genannten drei Grafschaften sind im ganzen 2 760 Spitzenmaschinen im Gange, während im übrigen Teile von England nur 786 existieren. Die Spitzenfabrikation ist durch eine streng durchgeführte Teilung der Arbeit sehr verwickelt geworden und hat eine Menge Zweige. Zuerst muß das Garn gespult werden, was von Mädchen von vierzehn Jahren aufwärts geschieht (winders); dann werden die Spulen von Knaben (threaders) vom achten Jahre aufwärts auf die Maschine gesetzt und der Faden durch feine Öffnungen, deren jede Maschine durchschnittlich 1 800 hat, eingefädelt und seiner Bestimmung entgegengeleitet; dann macht der Arbeiter die Spitzen, die wie ein breites Tuch aus der Maschine kommen und von ganz kleinen Kindern durch Herausziehen der verbindenden Fäden in ihre einzelnen Stücke zerlegt werden – dies heißt running oder drawing lace, und die Kinder selbst lace-runners. Dann werden die Spitzen zum Verkauf fertiggemacht. – Die winders wie die threaders haben keine bestimmte Arbeitszeit, da sie in Anspruch genommen werden, sobald die Spulen einer Maschine abgelaufen sind; und da die Arbeiter auch nachts weben, so können sie zu jeder Zeit in die Fabrik oder Arbeitsstube des Webers gerufen werden. Diese Unregelmäßigkeit der Beschäftigung, das häufige Nachtarbeiten, die unordentliche Lebensart, die daraus folgt, erzeugt eine Menge physischer und moralischer Übel, besonders regellosen und frühen geschlechtlichen Verkehr, worüber alle Zeugen einig sind. Die Arbeit selbst ist dem Auge sehr nachteilig; obwohl ein dauernder Nachteil bei den threaders nicht allgemein ausgemacht ist, so erzeugt sie doch Augenentzündungen und während des Einfädelns selbst Schmerzen, Tränenfluß, momentane Unklarheit des Gesichts etc. Bei den winders ist es aber ausgemacht, daß ihre Arbeit die Augen ernstlich angreift und außer den häufigen Entzündungen der Hornhaut auch den grauen und schwarzen Star nicht selten hervorbringt. Die Arbeit der Wirker selbst ist sehr schwer, da die Maschinen mit der Zeit immer breiter gemacht worden sind, so daß es jetzt fast nur solch gibt, die von drei Männern bearbeitet werden, von denen jeder nach vier Stunden den andern ablöst, so daß sie zusammen alle vierundzwanzig Stunden und jeder acht Stunden täglich arbeiten. Hieraus wird klar, weshalb die winders und threaders so oft nachts an die Arbeit müssen, damit die Maschine nicht zu lange stillstehe. Das Einfädeln der Spulen in 1 800 Öffnungen nimmt ohnehin drei Kindern zwei Stunden Zeit weg. Manche Maschinen werden auch durch Dampfkraft getrieben und dadurch die Arbeit der Männer verdrängt, und da der Ch. E. Rept. immer nur von "Spitzenfabriken" spricht, wohin die Kinder gerufen würden, so scheint hieraus zu folgen, daß neuerdings entweder die Arbeit der Wirker in große Fabriksäle verlegt oder die Anwendung der Dampfwirkerei ziemlich allgemein geworden ist. In beiden Fällen Fortschritt des Fabriksystems. Am ungesundesten ist aber die Arbeit der runners, die meist Kinder von sieben, ja fünf oder vier Jahren sind. Kommissär Grainger fand sogar ein Kind von zwei Jahren mit dieser Arbeit beschäftigt. Das Verfolgen eines und desselben Fadens, der aus einem künstlich verschlungenen Gewebe mit der Nadel herausgenommen wird ist dem Auge sehr schädlich, besonders wenn die Arbeit, wie dies gewöhnlich, vierzehn bis sechzehn Stunden fortgesetzt wird. Im gelindesten Fall tritt Kurzsichtigkeit in sehr hohem Grade, im schlimmsten, der oft genug vorkommt, unheilbare Erblindung durch den schwarzen Star ein. Außerdem aber werden die Kinder durch das fortwährende Krummsitzen schwächlich, engbrüstig und infolge schlechter Verdauung skrofulös; Störungen der Funktionen des Uterus bei Mädchen sind fast allgemein, und ebenso die Verkrümmung des Rückgrats, so daß "man die runners alle an ihrem Gange kennen kann". Dieselben Folgen hat sowohl für die Augen wie für die ganze Konstitution das Sticken der Spitzen. Die medizinischen Zeugen sind alle darüber einig, daß die Gesundheit aller beim Spitzenmachen beschäftigten Kinder bedeutend leidet, daß diese Kinder blaß, zart, schwach, zu klein für ihr Alter und weit seltener als andre fähig sind, einer Krankheit zu widerstehen. Ihre gewöhnlichen Übel sind: allgemeine Schwäche, häufige Ohnmachten, Schmerzen im Kopf, Seiten, Rücken und Hüften, Herzklopfen, Übelkeit, Erbrechen und Mangel an Appetit, Verkrümmung des Rückgrats, Skrofeln und Auszehrung. Besonders wird die Gesundheit des weiblichen Körpers fortwährend und tief untergraben; über Bleichsucht, schwere Geburten und Abortion wurde allgemein geklagt (Grainger, Report, durchgängig). Dazu berichtet derselbe Unterbeamte der Child. Empl. Comm., daß die Kinder sehr häufig schlecht und zerlumpt gekleidet seien und ungenügende Nahrung, meist nur Brot und Tee, oft monatelang kein Fleisch bekämen. Was den sittlichen Zustand derselben betrifft, so berichtet er:

"Alle Einwohner von Nottingham, Polizei, Geistlichkeit, Fabrikanten, Arbeiter und die Eltern der Kinder selbst sind der einhelligen Überzeugung, daß das gegenwärtige System der Arbeit eine höchst fruchtbare Quelle der Immoralität ist. Die threaders, meist Knaben, und die winders, meist Mädchen, werden zu gleicher Zeit in der Fabrik verlangt – oft mitten in der Nacht, und da ihre Eltern nicht wissen können, wie lange sie dort gebraucht werden, so haben sie die schönste Gelegenheit, ungehörige Verbindungen zu schließen und sich nach der Arbeit zusammen herumzutreiben. Das hat in keinem geringen Grade zu der Immoralität beigetragen, welche in Nottingham, laut der öffentlichen Stimme, in einer schrecklichen Ausdehnung existiert. Ohnehin wird die häusliche Ruhe und Bequemlichkeit der Familien, zu denen die Kinder und jungen Leute gehören, diesem höchst unnatürlichen Stand der Dinge gänzlich geopfert."

Ein anderer Zweig der Spitzenfabrikation, das Spitzenklöppeln, wird in den sonst ackerbauenden Grafschaften Northampton, Oxford, Bedford und Buckingham betrieben, und zwar meist von Kindern und jungen Leuten, die allgemein über schlechte Nahrung klagen und selten Fleisch zu essen bekommen. Die Arbeit selbst ist höchst ungesund. Die Kinder arbeiten in kleinen, schlecht ventilierten und dumpfigen Zimmern, stets sitzend und krumm gebeugt über das Klöppelkissen. Um den Körper in dieser anstrengenden Stellung zu unterstützen, tragen die Mädchen eine Schnürbrust mit hölzernem Blankscheit, das bei dem zarten Alter der meisten, in dem die Knochen noch sehr weich sind, und bei der gebückten Stellung das Brustbein und die Rippen gänzlich verrückt und allgemein Engbrüstigkeit veranlaßt. Die meisten sterben daher, nachdem sie infolge der sitzenden Arbeit und schlechten Atmosphäre eine Zeitlang an den schmerzlichsten (severest) Wirkungen schlechter Verdauung gelitten haben, an der Schwindsucht. Sie genießen fast gar keine Bildung, am wenigsten sittliche, lieben den Putz, und infolge von beidem ist ihr sittlicher Zustand sehr beklagenswert und Prostitution unter ihnen fast epidemisch (Ch. Empl. Comm., Burns, Report).

Das ist der Preis, um den die Gesellschaft den schönen Damen der Bourgeoisie das Vergnügen erkauft, Spitzen zu tragen – und ist es nicht ein sehr billiger Preis? Nur ein paar Tausend blinde Arbeiter, nur einige schwindsüchtige Proletariertöchter, nur eine sieche Generation der pöbelhaften Masse, die ihr Siechtum auf ihre gleich pöbelhaften Kinder und Kindeskinder vererben wird – was ist das alles? Nichts, gar nichts, unsere englische Bourgeoisie wird den Bericht der Regierungskommission gleichgültig beiseite legen und ihre Frauen und Töchter nach wie vor mit Spitzen schmücken. Es ist doch eine schöne Sache um die Gemütsruhe eines englischen Bourgeois!

Eine große Anzahl Arbeiter werden in Lancashire, Derbyshire und dem Westen von Schottland in den Kattundruckereien beschäftigt. In keiner Branche der englischen Industrie hat die Mechanik so glänzende Resultate hervorgebracht, aber auch in keiner hat sie den Arbeiter so gedrückt wie in dieser. Die Anwendung von dampfgetriebenen gravierten Zylindern, die Erfindung, mit solchen Zylindern vier bis sechs Farben zu gleicher Zeit zu drucken, hat die Handarbeit so vollkommen verdrängt, wie die Maschinen beim Spinnen und Weben der Baumwolle dies taten, und diese neuen Einrichtungen haben in den Druckereien noch viel mehr Arbeiter verdrängt, dies beim Anfertigen der Stoffe geschah. Ein Mann, von einem Kinde unterstützt, tut mit der Maschine die Arbeit, die früher von 200 Arbeitern mit der Hand getan werden mußte; eine einzige Maschine liefert jede Minute 28 Yards (80 Fuß) bedrucktes Tuch. Infolgedessen sind die Kattundrucker in einer sehr schlimmen Lage; die Grafschaften Lancaster, Derby und Chester lieferten (laut Petition der Drucker ans Unterhaus) im Jahre 1842 elf Millionen Stück gedruckten Kattun; von diesen wurden 100 000 durch Handarbeit allein, 900 000 teilweise durch Maschinen mit Nachhülfe von Handdruck und 10 Millionen allein durch Maschinerie mit von einer bis zu sechs Farben bedruckt. Da die Maschinen meist neueren Datums sind und noch stets verbessert werden, so ist die Zahl der Handdrucker viel zu groß für das disponible Arbeitsquantum, und natürlich sind viele – in der Petition wird gesagt, ein Viertel der ganzen Zahl – ganz brotlos, während die übrigen durchschnittlich nur einen oder zwei, höchstens drei Tage in der Woche beschäftigt sind und schlecht bezahlt werden. Leach behauptet von einer Druckerei (Deeply Dale, bei Bury in Lancashire), daß die Handdrucker dort durchschnittlich nicht mehr als 5 sh. verdienten (Stubb. Facts, p, 47), während er allerdings wohl weiß, daß die an den Maschinen Arbei- tenden ziemlich gut bezahlt werden. Die Druckereien sind also dem Fabriksystem vollständig beigetreten, aber ohne unter den diesem auferlegten gesetzlichen Beschränkungen zu stehen. Sie fabrizieren einen Modeartikel und haben daher keine regelmäßige Arbeitszeit. Haben sie wenig Aufträge, so arbeiten sie die halbe Zeit; tun sie mit einem Muster einen guten Treffer und geht das Geschäft flott, so wird bis zehn, zwölf Uhr, ja die ganze Nacht durch gearbeitet. In der Nähe meiner Wohnung bei Manchester war eine Druckerei, die manches Mal bis tief in der Nacht, wenn ich nach Hause kam, noch erleuchtet war, und ich habe oft gehört, daß dort die Kinder zuweilen so lange zu arbeiten hätten, daß sie auf den steinernen Treppen und im Vorhause in den Winkeln ein paar Augenblicke Ruhe und Schlaf zu erhaschen suchten. Ich weiß nicht juristisch gewiß, ob es wahr ist, sonst würde ich die Firma nennen. Der Bericht der Ch. E. Comm. ist hier sehr flüchtig, er berichtet bloß, daß in England wenigstens die Kinder meist ziemlich gut gekleidet und genährt sind (dies ist relativ, je nachdem ihre Eltern viel verdienen oder nicht), daß sie gar keine Bildung haben und moralisch wenig taugen. Wir brauchen bloß zu bedenken, daß diese Kinder unter dem Fabriksystem stehen, und können dann, auf das hierüber Gesagte weisend, weitergehen.

Von den übrigen, mit der Fabrikation von Kleiderstoffen beschäftigten Arbeitern bleibt uns wenig zu sagen; die Bleicher haben eine sehr ungesunde Arbeit, bei der sie fortwährend Chlor, einen der für die Lunge nachteiligsten Stoffe, einzuatmen haben; die Arbeit der Färber ist schon gesunder, in vielen Fällen sehr gesund, da sie Anstrengung des ganzen Körpers erfordert; wie diese Klassen bezahlt werden, darüber hört man wenig, und das ist Ursache genug zu dem Schluß, daß sie nicht unter dem Durchschnittslohn bekommen, weil sie sich sonst schon beschweren würden. Die Samtscherer, die bei dem großen Verbrauch von Baumwollensamt ziemlich zahlreich sind und sich auf 3 000 bis 4 000 belaufen, haben indirekt sehr hart durch den Einfluß des Fabriksystems gelitten. Die Ware, die früher mit Handwebstühlen gemacht wurde, war nicht ganz egal gewebt und erforderte eine geübte Hand im Aufschneiden der einzelnen Fadenreihen; seitdem sie mit mechanischen Stühlen gemacht, laufen die Reihen ganz egal, jeder Einschlagsfaden ist genau dem vorhergehenden parallel, und das Aufschneiden ist keine große Kunst mehr. Die durch Maschinerie brotlos gewordenen Arbeiter werfen sich auf das Samtscheren und drücken den Lohn durch ihre Konkurrenz; die Fabrikanten entdeckten, daß sie Weiber und Kinder zum Samtscheren gebrauchen konnten – und der Lohn sank auf den von Weibern und Kindern, während Hunderte von Männern verdrängt wurden, die Fabrikanten entdeckten, daß sie die Arbeit in ihrem Fabriklokal billiger tun lassen konnten als in der Werkstatt des Arbeiters, für die sie doch die Miete indirekt bezahlten; seitdem stehen die zu Scherzimmern eingerichteten niedrigen Oberstockwerke vieler Cottages leer oder werden als Wohnungen vermietet, während der Samtscherer die Freiheit der Wahl seiner Arbeitsstunden verloren hat und unter die Botmäßigkeit der Fabrikglocke gebracht ist. Mir ein sagt Samtscherer, der 45 Jahre alt sein mochte, er könne sich der Zeit erinnern, wo er für dieselbe Arbeit, die er jetzt für 1 d. die Yard tun müsse, 8 d. erhalten habe; allerdings könne er das egalere Gewebe rascher scheren als das frühere, aber er könne in der Stunde lange nicht das Doppelte von dem tun, was er früher in derselben Zeit getan – so daß sein Wochenlohn auf weniger als 1/4 seines früheren gesunken ist. Leach gibt (Stubb. F. p. 35) eine Liste der Löhne, die 1827 und 1843 für verschiedene Stoffe bezahlt wurden, woraus hervorgeht, daß die Artikel, welche 1827 4 d., 2 1/2 d., 2 3/4 d., 1 d. per Yard bezahlt wurden, im Jahre 1843 nur 1 1/2 d., 3/4 d., 1 d. und 3/8 d. per Yard Scherlohn erhielten. Das Verhältnis des durchschnittlichen wöchentlichen Verdienstes stellt sich nach Leach so: 1827 Pfd. St. 1-6-6 d., Pfd. St. 1-2-6 d., Pfd. St. 1~-~-, Pfd. St. 1-6-6 d., und für gleiche Waren 1843 Pfd. St. ~-10-6 d., Pfd. St. ~-7-6 d., Pfd. St. ~-6-8 d., Pfd. St. ~-10-~, und es gibt Hunderte von Arbeitern, die zu diesen letzten Lohnsätzen nicht einmal ankommen können. – Von den Handwebern der Baumwollenindustrie haben wir schon gesprochen; die übrigen Webestoffe werden fast ausschließlich durch Handweber verfertigt, die meist auf dieselbe Weise wie die Samtscherer durch Eindringen der durch Maschinen verdrängten Arbeiter gelitten haben, und außerdem, wie die Fabrikarbeiter, unter einem strengen Strafgesetz wegen schlechter Arbeit stehen. Nehmen wir die Seidenweber. Der Seidenfabrikant Brocklehurst, einer der bedeutendsten von ganz England, hat einem Parlamentskomitee Listen aus seinen Büchern vorgelegt, aus denen hervorgeht, daß er für dieselben Artikel, für die er 1821 30 sh., 14 sh., 3 1/2 sh., 3/4 sh., 1 1/12 sh., l0 sh. Lohn bezahlte, 1831 nur 9 sh., 7 1/2 sh., 2 1/4 sh., 1/3 sh., 1/2 sh., 6 1/4 sh. bezahlt, während doch hier keine Verbesserungen der Maschinerie eingetreten waren. Was H[er]r Brocklehurst aber tut, kann wohl als Norm für ganz England angenommen werden. Aus denselben Listen geht hervor, daß der Durchschnittsverdienst seiner Weber nach allen Abzügen 1821 wöchentlich 16 1/2 sh. und 1831 nur 6 sh. betrug. Seitdem ist der Lohn noch mehr gefallen – die Gewebe, die 1831 1/3sh. oder 4 Pence Weblohn per Yard brachten, bezahlen 1843 nur 2 1/2 Pence (es sind die single sarsnets [einfachen Taftgewebe]) – und eine große Anzahl von Webern auf dem Lande können sich nur Arbeit verschaffen, wenn sie diese Gewebe für 1 1/2 bis 2 Pence annehmen. Dazu kommt die willkürliche [ 1892) willkürlichste] Lohnverkürzung. Jeder Weber, der eine Kette holt, bekommt eine Karte dazu, worauf gewöhnlich steht: daß zu diesen oder jenen Tagesstunden die Arbeit angenommen wird, daß ein Weber, der krankheitshalber nicht arbeiten kann, dies innerhalb drei Tagen am Kontor muß anzeigen lassen, sonst gilt Krankheit für keine Entschuldigung; daß es nicht als genügende Entschuldigung angenommen wird, wenn der Weber sagt, er habe auf Garn für den Einschlag warten müssen, daß für gewisse Versehen an der Arbeit (wenn z.B. auf eine gewisse Lange des Stoffs mehr Einschlagsfäden kommen, als vorgeschrieben etc.) nicht weniger als der halbe Lohn abgezogen werden soll und daß, wenn der Stoff nicht in der bestimmten Zeit fertig ist, für jede Yard des aufgegebenen Stücks ein Penny deduziert wird. Die Lohnverkürzungen infolge dieser Karten sind so bedeutend, daß z.B. ein Mann, der zweimal wöchentlich nach Leigh in Lancashire kommt, um die Gewebe anzunehmen [ 1892) abzunehmen], seinem Fabrikanten mindestens fünfzehn Pfund (100 Taler preußisch) an Strafgeldern jedes Mal mitbringt. So sagt er selbst – und er gilt für einen der Tolerantesten. Früher wurden dergleichen Sachen durch Schiedsrichter entschieden, aber da die Arbeiter meist entlassen wurden, wenn sie darauf drangen, so ist dies jetzt ganz abgekommen, und der Fabrikant verfährt ganz willkürlich, ist Ankläger, Zeuge, Richter, Gesetzgeber und Vollstrecker, alles in einer Person. Und geht der Arbeiter zum Friedensrichter, so heißt es: Dadurch, daß Ihr die Karte annahmt, seid Ihr einen Kontrakt eingegangen, und den müßt Ihr jetzt erfüllen. Gerade wie bei den Fabrikarbeitern. Ohnehin läßt der Fabrikant den Arbeiter jedesmal ein Dokument unterzeichnen, worin dieser erklärt, er "willige in die gemachten Abzüge". Und sperrt er sich, so wissen gleich alle Fabrikanten der Stadt, daß er ein Mann ist, der, wie Leach sagt, der

"durch Karten verbrieften Ordnung und Gesetzlichkeit widerstrebt und die Frechheit hat, an der Weisheit derer zu zweifeln, die, wie er wissen müßte, doch seine Vorgesetzten in der Gesellschaft sind (Stubb. Facts, p. 37-40)

Natürlich, die Weber sind vollkommen frei, der Fabrikant zwingt sie ja nicht, seine Ketten und Karten zu nehmen, aber er sagt ihnen, wie Leach es in gutes Englisch übersetzt:

"Wollt ihr nicht in meiner Schmorpfanne gebraten werden, so könnt ihr auch geradezu ins Feuer spazieren" (if you don't like to be frizzled in my frying-pan, you can take a walk into the fire).

Die Seidenweber von London, in Spitalfields namentlich, haben seit geraumer Zeit periodisch im größten Elend gelebt, und daß sie auch jetzt noch mit ihrer Lege keine Ursache haben zufrieden zu sein, folgt daraus, daß sie einen höchst tätigen Anteil an allen englischen und namentlich Londoner Arbeiterbewegungen nehmen. Die unter ihnen herrschende Not war die Ursache des Fiebers, das im östlichen Teile von London ausbrach und die Kommission zur Untersuchung der sanitärischen Verhältnisse der Arbeiterklasse veranlaßte. Wie sehen aber aus dem jüngsten Bericht des Londoner Fieberhospitals daß dies Fieber noch immer fortwütet.

Nach den Kleiderstoffen sind vor allen andern die Metallwaren die wichtigste Klasse der durch die englische Industrie produzierten Artikel. Diese Fabrikation hat ihre Hauptsitze in Birmingham, wo feinere Metallwaren aller Art, in Sheffield, wo sämtliche Messerwaren, und Staffordshire, namentlich Wolverhampton, wo die gröberen Artikel, Schlösser, Nägel etc., gemacht werden. Fangen wir bei Schilderung der Lage der in diesen Industriezweigen beschäftigten Arbeiter mit Birmingham an. Die Einrichtung der Arbeit hat in Birmingham, wie überhaupt in den meisten Orten, wo Metalle verarbeitet werden, etwas von dem alten handwerksmäßigen Charakter behalten; die kleinen Meister bestehen noch fort und arbeiten mit ihren Lehrlingen entweder in der Werkstatt zu Hause oder, wo sie Dampfkraft gebrauchen, in großen Fabrikgebäuden, die in kleine, einzeln an die Meister vermietete Werkstätten eingeteilt und in allen Zimmern mit einem durch die Dampfmaschine bewegten Schaft versehen sind, durch den sich wiederum andere Maschinerie treiben läßt. Léon Faucher (Verfasser einer Reihe Artikel über englische Arbeiterverhältnisse in der "Revue des deux Mondes", die wenigstens Studium verraten und jedenfalls besser sind, als was bis jetzt sowohl Engländer wie Deutsche darüber geschrieben haben) bezeichnet dies Verhältnis im Gegensatz zu der großen Fabrikation von Lancashire und Yorkshire mit dem Namen der Démocratie industrielle und bemerkt, daß dies keine sehr günstigen Resultate auf die Lage der Meister wie der Gesellen habe. Diese Bemerkung ist ganz richtig, denn die vielen kleinen Meister, auf die sich der von der Konkurrenz geregelte, sonst von einem einzigen großen Fabrikanten absorbierte Gewinn verteilt, können nicht gut dabei bestehen. Die zentralisierende Tendenz des Kapitals hält sie niedergedrückt, für einen, der sich bereichert, werden zehn ruiniert und hundert durch den Druck des einen Reichen, der billiger verkaufen kann als sie, schlechter gestellt als vorher. Und in den Fällen, wo sie von vornherein gegen große Kapitalisten zu konkurrieren haben, versteht es sich von selbst, daß sie gegen diese Konkurrenz nur mühsam ankommen können. Die Lehrlinge haben es, wie wir sehen werden, bei den kleinen Meistern wenigstens ebenso schlecht als bei den Fabrikanten, nur mit dem Unterschiede, daß sie später selbst Meister werden und so eine gewisse Selbständigkeit erhalten – d. h., sie werden von der Bourgeoisie weniger direkt als in den Fabriken ausgebeutet. So sind diese kleinen Meister weder rechte Proletarier – da sie teilweise von der Arbeit der Lehrlinge leben und nicht die Arbeit selbst, sondern das fertige Produkt verkaufen – noch rechte Bourgeois, da es der Hauptsache nach immer ihre eigne Arbeit ist, die sie erhält. Diese eigentümliche, vermittelnde Stellung der Arbeiter von Birmingham ist schuld daran, daß sie sich sehr selten der englischen Arbeiterbewegung ganz und unverhohlen angeschlossen haben. Birmingham ist eine politisch-radikale, aber keine entschieden chartistische Stadt. Indes bestehen auch eine Menge größerer Fabriken für Rechnung von Kapitalisten, und in diesen herrscht das Fabriksystem vollkommen – die Teilung der Arbeit, die hier bis ins allereinzelnste (z.B. in der Nadelfabrikation) durchgeführt ist, sowie die Dampfkraft erlaubt die Beschäftigung einer großen Menge Weiber und Kinder, und wir finden hier (im Ch. E. Rept.) ganz dieselben Züge wieder, die uns der Fabrikbericht gab – Arbeit der Frauen bis zur Stunde der Niederkunft, Unfähigkeit, der Haushaltung vorzustehen, Vernachlässigung des Hauswesens und der Kinder, Gleichgültigkeit, ja Abneigung gegen das Familienleben, und Demoralisation – ferner Verdrängung der Männer von der Arbeit, fortwährende Maschinenverbesserung, frühe Emanzipation der Kinder, Männer, die von den Frauen und Kindern ernährt werden etc. etc. Die Kinder werden als halbverhungert und zerlumpt geschildert – die Hälfte soll nicht wissen, was satt werden heißt, viele leben den ganzen Tag von so viel Brot, als sie für einen Penny (10 Pf. preußisch) bekommen, oder erhalten vor dem Mittagessen keine Nahrung; ja, es kamen Beispiele vor, daß Kinder von 8 Uhr morgens bis 7 Uhr abends nichts zu essen bekamen. Die Kleidung sehr häufig kaum hinreichend, ihre Blöße zu bedecken; viele selbst im Winter barfuß. Daher sind sie alle klein und schwach für ihr Alter und entwickeln sich selten irgendwie kräftig; und wenn man bedenkt, daß bei diesen wenigen Mitteln zur Reproduktion der physischen Kräfte noch harte, lang anhaltende Arbeit in geschlossenen Räumen kommt, so wird man sich nicht darüber wundern, daß sich wenig erwachsene Leute in Birmingham finden, die für den Militärdienst passen.

"Die Arbeiter", sagt ein Rekrutierungsarzt, "sind klein, schmächtig und von sehr geringer Körperstärke – viele obendrein in Brust oder Rückgrat verwachsen."

Nach der Angabe eines rekrutierenden Unteroffiziers sind die Leute in Birmingham kleiner als irgendwo anders, meist 5 Fuß 4 bis 5 Zoll groß, und aus 613 angeworbenen Rekruten wurden nur 238 tauglich befunden. Was die Bildung betrifft, so wurde schon oben eine Reihe von Aussagen und Beispielen hierüber aus den Metallbezirken gegeben, auf die ich hier verweise; übrigens geht aus dem Ch. E. Rept. hervor, daß in Birmingham über die Hälfte der Kinder zwischen 5 und 15 Jahren keine Schule irgendeiner Art besuchen, daß die schulbesuchenden Kinder oft wechseln, so daß ihnen unmöglich irgendeine nachhaltige Bildung gegeben werden kann, und daß die Kinder alle sehr früh aus der Schule weggenommen und an die Arbeit gesetzt werden. Was für Lehrer dabei angewandt werden, geht ebenfalls aus diesem Bericht hervor; eine Lehrerin antwortete auf die Frage, ob sie auch Unterricht in der Moral gebe: Nein, für 3 Pence wöchentlich Schulgeld sei das nicht zu verlangen; mehrere andere verstanden selbst diese Frage nicht, und andere hielten dies durchaus nicht für einen Teil ihrer Pflicht. Eine Lehrerin sagte, Moral lehre sie nicht, aber sie bemühe sich, den Kindern gute Prinzipien beizubringen, und dabei machte sie einen derben Sprachschnitzer. In den Schulen selbst fand der Kommissär fortwährenden Lärm und Unordnung. Daher ist der sittliche Zustand der Kinder selbst im höchsten Grade beklagenswert; die Hälfte aller Verbrecher ist unter 15 Jahre alt, und in einem Jahre wurden allein 90 zehnjährige Verbrecher, unter denen 44 Kriminalfälle, verurteilt. Ungeregelter Geschlechtsverkehr scheint nach der Ansicht der Kommissäre fast allgemein und zwar schon in sehr jugendlichem Alter vorzukommen. (Grainger, Rept. et evid.)

In dem Eisendistrikt von Staffordshire sieht es noch schlimmer aus. Bei den groben Eisenwaren, die hier gemacht werden, ist weder viel Teilung der Arbeit (mit gewissen Ausnahmen) noch Dampfkraft und Maschinerie anzuwenden. Hier – in Wolverhampton, Willenhall, Bilston, Sedgeley, Wednesfield, Darlaston, Dudley, Walsall, Wednesbury etc. – gibt es daher weniger Fabriken, aber desto mehr kleine Schmieden, in denen die kleinen Meister einzeln mit einem oder mehreren Lehrlingen, die ihnen bis zum einundzwanzigsten Jahre dienstbar sind, arbeiten. Die kleinen Meister sind ungefähr in derselben Lage wie die von Birmingham, aber die Lehrlinge haben es meist weit schlechter. Sie bekommen fast nur das Fleisch von kranken, gefallenen Tieren oder faules Fleisch und faule Fische zu essen, desgleichen zu früh geworfene Kälber und auf der Eisenbahn erstickte Schweine. Und dies tun nicht nur kleine Meister, sondern auch größere Fabrikanten, die 30 bis 40 Lehrlinge haben. Dies scheint in Wolverhampton wirklich allgemein zu sein. Die natürliche Folge davon sind häufige Unterleibs- und andere Krankheiten. Dazu bekommen die Kinder meist nicht satt zu essen und haben selten andere Kleider als ihr Arbeitszeug, so daß sie schon deshalb nicht in die Sonntagsschule gehen. Die Wohnungen sind schlecht und schmutzig, oft in so hohem Grade, daß Krankheiten daraus entstehen, und trotz der sonst meistens gesunden Arbeit sind die Kinder deshalb klein, schlecht gewachsen, schwach und in vielen Fällen arg verkrüppelt. In Willenhall z.B. sind unzählige Leute, die von dem ewigen Feilen am Schraubstock einen Buckel und ein krummes Bein – das Hinterbein, hind-leg, wie sie's nennen – haben, so daß die Beine die Form eines K haben; dazu soll mindestens der dritte Teil der dortigen Arbeiter einen Bruch haben. Hier sowohl wie in Wolverhampton fanden sich zahllose Beispiele zurückgehaltener Pubertät sowohl bei Mädchen – auch diese arbeiten in den Schmieden! – als Knaben selbst bis zum neunzehnten Jahr. In Sedgeley und der Umgegend, wo fast nur Nägel geschmiedet werden, wohnen und arbeiten die Leute in erbärmlichen stallähnlichen Hütten, die an Schmutz ihresgleichen suchen. Mädchen und Knaben führen vom zehnten oder zwölften Jahre an den Hammer und gelten erst dann für voll ausgebildete Arbeiter, wenn sie tausend Nägel jeden Tag liefern. Für 1 200 Nägel ist der Lohn 5 3/4 Pence oder nicht ganz 5 Silbergroschen. Jeder Nagel bekommt 12 Schläge, und da der Hammer 1 1/4 Pfd. wiegt, so muß der Arbeiter l8 000 Pfd. heben, bis er diesen elenden Lohn verdient hat. Bei dieser schweren Arbeit und der ungenügenden Nahrung müssen die Kinder einen schlecht ausgebildeten, kleinen, schwachen Körper bekommen, wie dies auch durch die Angaben der Kommissäre bestätigt wird. Über den Stand der Bildung auch in diesem Distrikte sind oben schon Data gegeben worden. Die Bildung steht in diesem Bezirk wirklich unglaublich niedrig, die Hälfte aller Kinder besucht nicht einmal eine Sonntagsschule, und die andre Hälfte tut dies auch nur sehr unregelmäßig; sehr wenige im Vergleich mit andern Distrikten können lesen, und mit dem Schreiben ist's noch viel schlechter bestellt. Natürlich, denn zwischen dem siebenten und zehnten Jahre werden die Kinder an die Arbeit gestellt, gerade wenn sie eben fähig werden, eine Schule mit Nutzen zu besuchen, und die Sonntagsschullehrer – Schmiede oder Grubenleute – können oft kaum lesen und nicht einmal ihren Namen schreiben. Der moralische Zustand ist diesen Erziehungsmitteln entsprechend. In Willenhall, behauptet Kommissär Horne – und liefert reichliche Belege dazu -, existiert durchaus kein sittliches Gefühl unter den Arbeitern. Überhaupt fand er, daß die Kinder weder Pflichten gegen ihre Eltern kannten, noch Zuneigung für sie fühlten. Sie waren so wenig fähig zu überlegen, was sie sagten, so abgestumpft, so tierisch dumm, daß sie oft behaupteten, sie würden gut behandelt, es ginge ihnen vortrefflich, wenn sie zwölf bis vierzehn Stunden arbeiten mußten, in Lumpen gingen, nicht satt zu essen bekamen und geschlagen wurden, daß sie es einige Tage nachher noch fühlten. Sie wußten von keiner andern Lebensweise, als von morgens bis abends sich abzuplagen, bis man ihnen erlaubte aufzuhören, und verstanden nicht einmal die ihnen unerhörte Frage: ob sie müde seien (Horne, Rept. and evid.).

In Sheffield ist der Lohn besser und daher mit ihm auch die äußere Lage der Arbeiter. Dagegen sind hier einige Arbeitszweige wegen ihrer außerordentlich nachteiligen Wirkung auf die Gesundheit zu bemerken. Gewisse Operationen bedingen den fortwährenden Druck von Werkzeugen gegen die Brust und erzeugen häufig die Schwindsucht, andere, z.B. Feilenhauen, hindern die allgemeine Entwicklung des Körpers und bringen Unterleibsbeschwerden hervor; das Knochenschneiden (zu Messerheften) zieht Kopfschmerzen, Gallenübel und bei Mädchen, deren viele dabei beschäftigt sind, Bleichsucht nach sich. Bei weitem die ungesundeste Arbeit ist aber das Schleifen der Klingen und Gabeln, das, besonders wenn es auf trocknen Steinen geschieht, unfehlbar einen frühen Tod nach sich zieht. Die Ungesundheit dieser Arbeit liegt teils in der gebückten Stellung, bei der die Brust und der Magen gedrückt wird, besonders aber in der Menge scharfkantigen, metallischen Staubes, der beim Schleifen abspringt, die Atmosphäre füllt und notwendig eingeatmet wird. Die Trockenschleifer werden durchschnittlich kaum 35, die Naßschleifer selten über 45 Jahre alt. Dr. Knight in Sheffield sagt:

"Ich kann die Schädlichkeit dieser Beschäftigung nur dadurch einigermaßen deutlich machen, daß ich die stärksten Trinker unter den Schleifern für die langlebigsten unter ihnen erkläre, weil sie am meisten von ihrer Arbeit abwesend sind. Im ganzen sind etwa 2 500 Schleifer in Sheffield. Ungefähr 150 (30 Männer und 70 Knaben) sind Gabelschleifer – diese sterben zwischen dem 28. und 32. Lebensjahre: die Rasiermesserschleifer, die sowohl naß als trocken schleifen, sterben zwischen 40 und 45 Jahren, und die Tischmesserschleifer, die naß schleifen, sterben zwischen 40 und 50 Jahren."

Derselbe Arzt gibt folgende Schilderung des Verlaufs ihrer Krankheit, des sogenannten Schleifer-Asthma:

"Sie fangen ihre Arbeit gewöhnlich mit dem vierzehnten Jahre an, und wenn sie gute Konstitution haben, so spüren sie vor dem zwanzigsten Jahre selten viel Beschwerden. Dann fangen die Symptome ihrer eigentümlichen Krankheit an, sich zu zeigen; der Atem geht ihnen bei der geringsten Anstrengung, beim Treppen- oder Bergsteigen, gleich aus, sie halten die Schultern hoch, um die beständige und zunehmende Atemnot zu erleichtern, sie beugen sich nach vorn und scheinen überhaupt sich in der gedrückten Stellung, in der sie arbeiten, am behaglichsten zu fühlen; ihre Gesichtsfarbe wird schmutziggelb, ihre Gesichtszüge drücken Angst aus, sie klagen über Beklommenheit auf der Brust; ihre Stimme wird rauh und heiser, sie husten laut, wie wenn die Luft durch eine hölzerne Röhre getrieben würde. Von Zeit zu Zeit expektorieren sie bedeutende Quantitäten Staub, entweder mit Schleim vermengt oder in kugel- oder zylinderförmigen Massen mit einem dünnen Überzuge von Schleim. Blutspeien, Unfähigkeit zu liegen. Nachtschweiß, kolliquative Diarrhöe, ungewöhnliche Abmagerung mit allen gewöhnlichen Symptomen der Lungenschwindsucht raffen sie endlich hin, nachdem sie monate-, ja oft jahrelang gesiecht haben, unfähig, sich und die Ihrigen durch Arbeit zu ernähren [ 1845) irrtümlich: erniedrigen]. Ich muß hinzufügen, daß alle Versuche, die bis jetzt gemacht wurden, das Schleifer-Asthma zu verhindern oder zu heilen, gänzlich fehlgeschlagen sind."

Dies schrieb Knight vor zehn Jahren; seitdem hat sich die Zahl der Schleifer und die Wut der Krankheit vermehrt, man hat aber auch Versuche gemacht, durch verdeckte Schleifsteine und Ableitung des Staubes durch Zug der Krankheit zuvorzukommen. Diese sind wenigstens teilweise gelungen, aber die Schleifer selbst wollen ihre Anwendung nicht und haben sie sogar hier und da zerschlagen – weil sie glauben, daß dadurch mehr Arbeiter in ihr Geschäft kommen und ihren Lohn drücken wurden; sie sind für "ein kurzes Leben, aber ein lustiges". Dr. Knight hat oft Schleifern, die mit den ersten Symptomen des Asthma zu ihm kamen, gesagt: Ihr holt euch den Tod, wenn ihr wieder zurück zum Schleifstein geht. Aber es hat nie geholfen; wer einmal Schleifer war, der war auch verzweifelt, als ob er sich dem Teufel verkauft hätte. Die Bildung ist in Sheffield auf einer sehr niedrigen Stufe; ein Geistlicher, der sich viel mit der Statistik der Erziehung beschäftigt hatte, war der Ansicht, daß aus 16 500 Kindern der arbeitenden Klasse, die imstande seien, eine Schule zu besuchen, kaum 6 500 lesen könnten; dies kommt daher, daß die Kinder schon mit dem siebenten und allerspätestens mit dem zwölften Jahre aus der Schule genommen werden und daß die Schulmeister nichts taugen (einer von ihnen war ein überführter Dieb, der nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis kein anderes Mittel fand, sich zu ernähren, als – die Schulmeisterei!). Die Immoralität scheint in Sheffield unter der Jugend größer zu sein als irgendwo anders (man weiß freilich kaum, welcher Stadt man den Preis zuerkennen soll, und wenn man die Berichte liest, so glaubt man von jeder, sie verdiene ihn). Die jungen Leute liegen sonntags den ganzen Tag auf der Straße, werfen Geld auf oder hetzen Hunde aufeinander, gehen fleißig in die Branntweinschenken und sitzen dort mit ihren Schätzchen zusammen, bis sie spät abends paarweise einsame Promenaden machen. In einer Kneipe, die der Kommissar besuchte, saßen 40 bis 50 junge Leute beiderlei Geschlechts, fast alle unter 17 Jahren, jeder Junge bei seinem Mädel. Hier und da wurde Karten gespielt, in andern gesungen oder getanzt, überall getrunken. Dazwischen saßen erklärte Freudenmädchen von Profession. Kein Wunder also, daß, wie alle Zeugen aussagen, der frühe regellose Geschlechtsverkehr, jugendliche Prostitution, schon bei Individuen von 14 und 15 Jahren außerordentlich häufig in Sheffield ist. Verbrechen, und zwar von sehr wilder, verzweifelter Art, sind gang und gäbe; ein Jahr vor Ankunft des Kommissars wurde eine Bande, meist junger Leute, gefangengenommen, als sie eben im Begriff war, die Stadt in Brand zu stecken; sie waren mit Lanzen und Brennstoffen vollkommen equipiert. Wir werden später sehen, daß die Arbeiterbewegung in Sheffield denselben wilden Charakter hat (Symons, Rept. and evid.).

Außer diesen Hauptstapelplätzen der Metallverarbeitung gibt es noch Stecknadelfabriken in Warrington (Lancashire), wo ebenfalls unter den Arbeitern, besonders den Kindern, viel Elend, Immoralität und Unwissenheit herrscht, und eine Anzahl Nagelschmieden in der Gegend von Wigan (Lancashire) und im Osten von Schottland; die Berichte aus diesen letzteren Distrikten stimmen fast ganz mit denen aus Staffordshire überein. Es bleibt uns nun noch ein einziger Zweig dieser Industrie – die Maschinenfabrikation, die namentlich in den Fabrikdistrikten, besonders in Lancashire betrieben wird und bei der das Eigentümliche die Verfertigung von Maschinen durch Maschinen ist, wodurch den sonst verdrängten Arbeitern die letzte Zufluchtsstätte, die Beschäftigung bei der Fabrikation der Maschinen, durch welche sie brotlos wurden, wieder genommen wurde. Maschinen zum Hobeln und Bohren, Maschinen, die Schrauben, Räder, Schraubenmuttern usw. schneiden, mechanische Drehbänke haben auch hier eine Menge Arbeiter, die früher zu gutem Lohn regelmäßig beschäftigt waren, brotlos gemacht, und wer Lust hat, kann deren in Manchester eine Menge sehen.

Nördlich von dem Eisendistrikt von Staffordshire liegt ein industrieller Bezirk, zu dem wir uns jetzt wenden wollen: die Töpfereien (potteries), deren Hauptsitz die Gemeinde (borough) Stoke ist, welche die Ortschaften Henley, Burslem, Lane End, Lane Delph, Etruria, Coleridge, Langport, Tunstall, Golden Hill mit zusammen 60 000 Einwohnern umfaßt. Der Ch. E. Rept. berichtet hierüber: In einigen Zweigen dieser Fabrikation – von Steingut – haben die Kinder eine leichte Beschäftigung in warmen, luftigen Sälen; in andern dagegen wird von ihnen eine harte, anstrengende Arbeit verlangt, während sie weder hinreichende Nahrung noch gute Kleidung erhalten. Viele Kinder klagen: "Habe nicht genug zu essen, bekomme meist Kartoffeln und Salz, nie Fleisch, nie Brot, geh' nicht in die Schule, hab' keine Kleider nicht." – "Habe heute gar nichts zu Mittag gehabt, zu Hause haben sie nie ein Mittagessen, bekomme meist Kartoffeln und Salz, zuweilen Brot." – "Dies sind alle Kleider, die ich habe, kein Sonntagszeug zu Hause." Unter den Kindern, deren Arbeit besonders nachteilig ist, sind die mould-runners zu bemerken, die die fertig geformte Ware mit der Form in die Trockenstube zu tragen haben und nachher, wenn die erstere gehörig getrocknet ist, die leere Form zurückbringen. Sie müssen so den ganzen Tag unter einem für ihr Alter schweren Gewicht ab und zu gehen, und die hohe Temperatur, in der sie dies zu tun haben, vermehrt ihre Abmattung noch bedeutend. Diese Kinder sind, mit kaum einer einzigen Ausnahme, mager, blaß, schwächlich, klein und schlecht gewachsen; sie leiden fast alle an Magenübeln, Erbrechen, Mangel an Appetit, und viele von ihnen sterben an der Auszehrung. Fast ebenso schwächlich sind die Knaben, die mit dem Namen jiggers bezeichnet werden, nach dem Rad (jigger), das sie zu drehen haben. Am schädlichsten aber ist bei weitem die Arbeit derer, die die fertige Ware in eine Flüssigkeit, welche große Quantitäten Blei und häufig auch viel Arsenik enthält, eintauchen oder die frischeingetauchte Ware in die Hände zu nehmen haben. Die Hände und Kleider dieser Arbeiter – Männer und Kinder – sind immer naß von dieser Flüssigkeit, die Haut wird weich und löst sich bei dem fort währenden Anfassen rauher Gegenstände ab, so daß die Finger oft bluten und fortwährend in einem Zustande sind, der die Absorption dieser gefährlichen Stoffe im höchsten Grade begünstigt. Die Folgen davon sind heftige Schmerzen und ernstliche Krankheiten des Magens und der Eingeweide, hartnäckige Konstipation, Kolik, zuweilen Auszehrung und am allerhäufigsten Epilepsie bei Kindern. Bei Männern tritt gewöhnlich teilweise Lähmung der Handmuskeln, colica pictorum und Lähmung ganzer Glieder ein. Ein Zeuge erzählt, daß zwei Knaben, die mit ihm arbeiteten, bei der Arbeit in Krämpfen gestorben seien; ein anderer, der zwei Jahre als Knabe beim Eintauchen geholfen, erzählt, er habe anfangs heftige Unterleibsbeschwerden gehabt, dann einen Krampf, infolgedessen er zwei Monate bettlägerig war, seitdem Krämpfe immer häufiger, jetzt alle Tage, oft zehn bis zwanzig epileptische Anfälle an einem Tage. Seine rechte Seite sei gelähmt, und wie die Ärzte ihm sagten, werde er nie den Gebrauch seiner Glieder wiedererhalten. In einer Fabrik im Eintauchhause vier Männer, alle epileptisch und an heftiger Kolik leidend, und elf Knaben, von denen auch schon einige epileptisch. Kurz, diese fürchterliche Krankheit tritt infolge dieser Beschäftigung ganz allgemein ein, und auch das zum größeren Geldgewinn der Bourgeoisie! In den Zimmern, in denen das Steingut gescheuert wird, ist die Atmosphäre mit fein pulverisiertem Kieselstaub angefüllt, dessen Einatmung ebenso schädlich wirkt wie die des Stahlstaubes bei den Sheffielder Schleifern. Den Arbeitern geht der Atem aus, sie können nicht ruhig liegen, leiden an wunder Kehle, heftigem Husten und bekommen eine so leise Stimme, daß man sie kaum hören kann. Sie sterben auch alle an der Schwindsucht. In den potteries sollen verhältnismäßig viele Schulen sein, die den Kindern Gelegenheit zum Unterricht bieten, aber da sie so früh in die Fabriken geschickt werden und solange arbeiten müssen (meist zwölf und oft mehr Stunden); so sind sie nicht imstande, die Schulen zu benutzen, und daher konnten drei Viertel der vom Kommissär geprüften Kinder weder lesen noch schreiben, und der ganze Distrikt war in der tiefsten Unwissenheit. Kinder, die jahrelang Sonntagsschulen besucht haben, waren nicht imstande, einen Buchstaben vom andern zu unterscheiden, und im ganzen Distrikt steht außer der intellektuellen auch die sittliche und religiöse Bildung auf einer sehr niedrigen Stufe (Scriven, Rept. and evid.).

Auch in der Glasfabrikation kommen Arbeiten vor, die zwar Männern wenig zu schaden scheinen, aber dennoch von Kindern nicht ertragen werden können. Die harte Arbeit, die Unregelmäßigkeit der Arbeitszeit, das häufige Nachtarbeiten und besonders die große Hitze der Arbeitslokale (100 bis 130° Fahrenheit [ (1845) und (1892) irrtümlich: 300 bis 330° Fahrenheit]) erzeugen bei Kindern allgemeine Schwäche und Krankheit, schlechten Wuchs, und besonders Augenübel, Unterleibskrankheiten und bronchitische und rheumatische Affektionen. Viele Kinder sind blaß, haben rote, oft wochenlang erblindete Augen, leiden an heftiger Übelkeit, Erbrechen, Husten, Erkältungen und Rheumatismus. Bei dem Herausnehmen der Ware aus den Öfen müssen die Kinder häufig in eine solche Hitze hineingehen, daß ihnen die Bretter, auf denen sie stehen, unter den Füßen in Brand geraten. Die Glasbläser sterben meist früh an Schwäche und Brustleiden. (Leifchild, Rept. App.Pt. II, p. L2, ss. II, 12; Franks, Rept.App.Pt. II, K 7, s. 48; Tancred, Evid. App. Pt. II, p. i 76 etc., alle im Ch. E. Rept.).

Im allgemeinen bezeugt derselbe Bericht in allen Zweigen der Industrie das allmähliche, aber sichere Eindringen des Fabriksystems, das sich besonders durch die Beschäftigung von Weibern und Kindern zu erkennen gibt. Ich habe es nicht für nötig gehalten, überall die Fortschritte der Maschinerie und die Verdrängung der erwachsenen Männer weiterzuverfolgen. Wer mit dem Industriewesen einigermaßen bekannt ist, wird sich dies leicht selbst ergänzen können, während mir hier der Raum mangelt, diese bei Gelegenheit des Fabriksystems in ihren Resultaten entwickelte Seite des jetzigen Produktionssystems in ihren Einzelheiten zu verfolgen. Überall wendet man Maschinen an und vernichtet dadurch die letzte Spur der Unabhängigkeit des Arbeiters. Überall löst sich durch die Arbeit der Frau und der Kinder die Familie auf oder wird gar durch die Brotlosigkeit des Mannes auf den Kopf gestellt; überall liefert die Unvermeidlichkeit der Maschinerie dem großen Kapitalisten das Geschäft und mit ihm die Arbeiter in die Hände. Die Zentralisation des Besitzes schreitet unaufhaltsam vorwärts, die Trennung der Gesellschaft in große Kapitalisten und besitzlose Arbeiter wird täglich schärfer, die industrielle Entwicklung der Nation rückt mit Riesenschritten auf eine unausbleibliche Krisis los.

Ich erwähnte schon oben, daß in den Handwerken die Macht des Kapitals und mitunter auch die Teilung der Arbeit dasselbe Resultat herbeigeführt, die kleine Bourgeoisie verdrängt und an ihre Stelle große Kapitalisten und besitzlose Arbeiter gesetzt haben. Über diese Handwerker ist im Grunde wenig zu sagen, da alles, was auf sie Bezug hat, bereits da seine Stelle gefunden hat, wo von dem industriellen Proletariat im allgemeinen die Rede war; auch hat sich hier in der Art der Arbeit und ihrem Einflusse auf die Gesundheit seit dem Eintritt der industriellen Bewegung wenig verändert. Aber die Berührung mit den eigentlichen Industriearbeitern, der Druck der großen Kapitalisten, der viel fühlbarer wurde als der der kleinen Meister, zu denen der Geselle doch noch in einem persönlichen Verhältnisse stand, die Einflüsse großstädtischen Lebens und der fallende Lohn haben fast alle Handwerker zu tätigen Teilnehmern der Arbeiterbewegungen gemacht. Wir werden hierüber sogleich zu reden haben und wenden uns inzwischen zu einer Klasse der arbeitenden Bevölkerung von London, die wegen der außerordentlichen Barbarei, mit welcher sie von der Geldgier der Bourgeoisie ausgebeutet wird, besondere Beachtung verdient. Ich meine die Putzmacherinnen und Nähterinnen.

Es ist eigentümlich, daß gerade die Verfertigung derjenigen Artikel, welche zum Schmuck der Damen von der Bourgeoisie dienen, mit den traurigsten Folgen für die Gesundheit der dabei beschäftigten Arbeiter verknüpft ist. Wir sahen dies schon oben bei der Spitzenfabrikation und haben jetzt wieder die Putzmacherläden von London zum Beweise für diese Angabe. Diese Etablissements beschäftigen eine Menge junger Mädchen – es sollen ihrer im ganzen 15 000 sein -, welche im Hause wohnen und essen, meist vom Lande herkommen und so die vollständigen Sklaven der Brotherrschaft sind. Während der fashionablen Saison, die etwa vier Monate im Jahre dauert, sind selbst in den besten Etablissements die Arbeitsstunden täglich fünfzehn und, wenn dringende Geschäfte vorkommen, achtzehn; in den meisten Läden indes wird während dieser Zeit ohne alle feste Zeitbestimmung gearbeitet, so daß die Mädchen nie mehr als sechs, oft nur drei oder vier, ja zuweilen nur zwei Stunden in vierundzwanzig zur Ruhe und zum Schlaf frei haben und neunzehn bis zweiundzwanzig Stunden gearbeitet wird, wenn sie nicht, was oft genug vorkommt, die ganze Nacht durcharbeiten müssen! Die einzige Grenze, die ihrer Arbeit gesetzt wird, ist die positive physische Unfähigkeit, die Nadel auch nur eine Minute länger zu führen. Es kommen Fälle vor, wo diese hülflosen Geschöpfe neun Tage lang hintereinander nicht aus den Kleidern kamen und nur gelegentlich dann und wann ein paar Augenblicke auf einer Matratze ausruhen konnten, wo man ihnen das Essen kleingeschnitten vorsetzte, damit sie es in der kürzestmöglichen Zeit verschlucken könnten; kurz, diese unglücklichen Mädchen werden durch die moralische Sklavenpeitsche – die Drohung der Entlassung – in einer so anhaltenden und unablässigen Arbeit erhalten, wie sie kein starker Mann, geschweige denn zarte Mädchen von 14 bis 20 Jahren ertragen können. Dazu die dumpfige Luft der Arbeitszimmer und ebenfalls der Schlafsäle, die gebückte Stellung, die schlechte, schwerverdauliche Kost – alles das, aber vor allem die lange Arbeit und Absperrung von der freien Luft, erzeugt die traurigsten Resultate für die Gesundheit der Mädchen. Mattigkeit und Erschlaffung, Schwäche, Verlust des Appetits, Schmerzen in den Schultern, dem Rücken und den Hüften, besonders aber Kopfschmerzen treten sehr bald ein; dann Verkrümmung des Rückgrats, hohe, verwachsene Schultern, Abmagerung, geschwollene, fließende und schmerzhafte Augen, die bald kurzsichtig werden, Husten, Engbrüstigkeit und kurzer Atem sowie alle weiblichen Entwicklungskrankheiten. Die Augen leiden in vielen Fällen so stark, daß unheilbare Blindheit, gänzliche Desorganisation des Auges eintritt, und wenn das Gesicht gut genug bleibt, um eine Fortsetzung der Arbeit möglich zu machen, so endigt gewöhnlich die Schwindsucht das kurze, traurige Leben dieser Putzmacherinnen. Selbst bei denjenigen, die diese Arbeit früh genug verlassen, bleibt die körperliche Gesundheit für immer zerstört, die Kraft der Konstitution gebrochen; sie sind fortwährend, besonders in der Ehe, siech und schwächlich und bringen kränkliche Kinder zur Welt. Alle Ärzte, die von dem Kommissär (der Ch. Empl. Comm.) befragt wurden, äußerten sich einstimmig dahin, daß keine Lebensweise erfunden werden könne, die mehr als diese dahin ziele, die Gesundheit zu vernichten und einen frühen Tod herbeizuführen.

Mit derselben Grausamkeit, nur etwas mehr indirekt, werden die Nähterinnen überhaupt in London ausgebeutet. Die Mädchen, welche sich mit der Anfertigung von Schnürleibchen beschäftigen, haben eine harte, mühsame, das Auge anstrengende Arbeit, und was ist der Lohn, den sie bekommen? Ich weiß es nicht, aber das weiß ich, daß der Unternehmer, der Bürgschaft für das ihm überlieferte Material geben muß und die Arbeit an die einzelnen Nähterinnen verteilt, 1 1/2 Penny, 15 Pfennig preußisch, für das Stück erhält. Davon geht sein Nutzen noch ab, und der ist mindestens 1/2 Penny – höch- stens also 1 Penny geht in die Tasche des armen Mädchens. Die Mädchen, welche Halsbinden nähen, müssen sich zu sechzehnstündiger Arbeit verpflichten und erhalten wöchentlich 4 1/2 sh., 1 1/2 Taler preußisch, wofür sie etwa soviel kaufen können wie für 20 Silbergroschen in der teuersten Stadt Deutschlands (1). Am schlimmsten aber ergeht es denen, die Hemden nähen. Sie bekommen für ein gewöhnliches Hemd 1 2/2 Pence – früher bekamen sie 2 bis 3 Pence, aber seitdem das Armenhaus von St. Pancras, das von einer bourgeoisie-radikalen [ 1892) bourgeois-radikalen] Behörde verwaltet wird, anfing zu 1 1/2 Pence Arbeit zu übernehmen, mußten die armen Frauenzimmer es auch tun. Für feine, verzierte Hemden, die bei achtzehnstündiger Arbeit in einem Tage fertiggemacht werden können, wird 6 Pence, 5 Silbergroschen, bezahlt. Der Lohn dieser Nähterinnen beträgt hiernach und nach vielseitigen Aussagen von Arbeiterinnen und Übernehmern [1892) Unternehmers (offenbar Druckfehler)], bei sehr angestrengter, tief in die Nacht hinein fortgesetzter Arbeit wöchentlich 2 1/2 bis 3 Shilling! Und was dieser schändlichen Barbarei die Krone aufsetzt, ist, daß die Nähterinnen den Betrag der ihnen anvertrauten Materialien teilweise deponieren müssen, was sie natürlich nicht anders können, als wenn sie – wie dies auch die Eigentümer wissen – einen Teil derselben verpfänden und entweder mit Verlust einlösen, oder, wenn sie die Stoffe nicht auslösen können, vor das Friedensgericht wandern müssen, wie dies einer Nähterin im November 1843 geschah. Ein armes Mädchen, das in diesem Falle war und nicht wußte, was es anfangen sollte, ertränkte sich im August 1844 in einem Kanal. Diese Nähterinnen leben gewöhnlich in kleinen Dachstübchen im größten Elende, wo sich ihrer so viele in einem Zimmer zusammendrängen, als der Raum nur eben erlaubt, und wo im Winter meist die animalische Wärme der Anwesenden das einzige Heizungsmittel ist. Dort sitzen sie über ihre Arbeit gebückt und nähen von morgens vier oder fünf bis Mitternacht, verwüsten ihre Gesundheit in ein paar Jahren und bringen sich in ein frühes Grab, ohne sich auch nur die allerdringendsten Bedürfnisse verschaffen zu können

 

Das ist die Lage des englischen industriellen Proletariats. Überall, wohin wir uns wenden, finden wir dauerndes oder temporäres Elend, Krankheiten, die aus der Lage oder der Arbeit entstehen, Demoralisation; überall Vernichtung, langsame, aber sichere Untergrabung der menschlichen Natur in körperlicher wie geistiger Beziehung. Ist das ein Zustand, der dauern kann?

Dieser Zustand kann und wird nicht dauern. Die Arbeiter, die große Majorität des Volks, wollen es nicht. Sehen wir zu, was sie von diesem Zustande sagen.


Anmerkungen F. E.:

(1) Vgl. "Weekly Dispatch", 17. März 1844.

(2) Thomas Hood, der talentvollste aller jetzigen englischen Humoristen und, wie alle Humoristen, voll menschlichen Gefühle, aber ohne alle geistige Energie, veröffentlichte im Anfange des Jahres 1844, als das Elend der Nähterinnen alle Zeitungen füllte, ein schönes Gedicht: "The Song of the Shirt", das Lied vom Hemde, das manche mitleidige, aber nutzlose Träne den Augen der Bourgeoisietöchter entlockte. Ich habe nicht Raum genug, um es hier wiedergeben zu können; es stand ursprünglich im "Punch" und machte dann die Runde durch die Zeitungen. Da die Lage der Nähterinnen damals in allen Zeitungen besprochen wurde, sind spezielle Zitate überflüssig.


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