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Was bezweckt (in der Meinung der Antifeministen) die Natur mit dem Weibe?
Hauptzweck: Kindergebären.Von allem, was sich auf die Frau als Mutter bezieht, wird in einem zweiten Teil dieses Buches die Rede sein.
Nebenzweck: Ehe, einschließlich der Hauswirtschaft.
Der Antifeminist ist der Meinung, daß Ehe und Berufstätigkeit sich ausschließen, daß die letztere das Glück der ersteren untergräbt.
Das Glück der Ehe hängt zum Teil von der Wahl ab, die das Mädchen trifft.
Gewiß, aus Liebe werden viele Ehen geschlossen, um der Versorgung willen aber noch mehr. Nichts wäre ungerechter als den jungen Mädchen daraus einen Vorwurf machen zu wollen. Hält Hunger und Liebe das Weltgetriebe zusammen, so kommt zuerst der Hunger und dann die Liebe. Die Frauen sind keine Asceten. Und die Ehe schließt oder schloß bisher alle Lebensfreuden des Weibes – inklusive der Mutterschaft – ein.
Unaufhörlich wird der Jungfrau Ehe und Mutterschaft als der höchste, ja der einzige Beruf des Weibes gepriesen. Nichts ist natürlicher, als daß sie, um dieses höchsten und einzigen Berufes teilhaftig zu werden, alle Hebel in Bewegung setzt, und zwar diejenigen Hebel, die erfahrungsmäßig den Erfolg – die Eroberung des Mannes – verbürgen. Es sind all die kleinen Listen und Künste der Toilette, der Koketterie, der erotischen Anreize. Der etwaigen Unbeholfenheit der jungen Tochter hilft die erfahrene Mutter nach.
Der Moralist gerät in Harnisch – mit Recht. Hören wir ihn, und zwar aus dem Munde eines Ethikers vom reinsten Wasser, eines Mannes, der allwinterlich wie das Mädchen aus der Fremde nach Berlin kommt, wo er eine große begeisterte Schar schöner Seelen um sich sammelt, die nach Glauben, Liebe und Idealität dürsten, und die er durch Vorträge (zu denen selten ein Platz zu haben ist) von irgend etwas zu irgend etwas erlöst.
In der Broschüre des Dr. Johannes Müller, die mir vorliegt, erlöst er das Weib aus der Gefahr in die Grube zu fallen, die die Frauenbewegung ihr gräbt. Er gebietet dabei über eine Fülle von Gefühlen, die noch warm vom Herzblut rauchen.
Dieser Seelencharmeur verlangt bei der Eheschließung »Vorsicht, Gewissenhaftigkeit, die Prüfung der Empfindung nach Echtheit und Tiefe des Zusammenklangs der Arten nach Echtheit und Harmonie«.
Sehr schön (besonders in Versen – siehe Schiller), aber – ist die Jugend schnell fertig mit dem Wort – mit dem Verlieben ist sie noch schneller fertig, weil sie eben Jugend ist. Wo die Natur selbst ein furioso anstimmt, nutzt es nicht ihr ein piano vorzuschreiben.
»Wenn eine Frau – fährt er fort – den Mann durch ihr Äußeres zu fangen und zu fesseln sucht, prostituiert sie sich und ihre Liebe ... Die Ehe wird nur durch die Unmittelbarkeit der Liebe geheiligt. Dient sie anderen Zwecken, so ist sie eine Gemeinheit.«
Sehr ethisch, aber – das Weib wird aufhören, den Mann durch ihr Äußeres fesseln zu wollen, von dem Augenblick an, wo er sich durch ihre Seelenschönheit fesseln lässt. Die Frauen machen eben aus der Not – ein Laster.
Übrigens die Ansichten auf diesem Gebiete divergieren erheblich. Lesen wir nicht in gepriesenen Schriften, daß Schönheit die Mission des Weibes sei? (Und niemals noch stand in Parenthese: Schönheit der Seele.)
Als Phryne wegen unsittlichen Lebenswandels verurteilt werden sollte, enthüllte sie ihre Schönheit, und die Richter sprachen sie frei.
»Liebe«, sagt Tasso, »ist das Begehren der Schönheit.«
Und Mantegazza, der merkwürdigerweise für einen feinen Psychologen gilt, gibt zwar zu, daß unter Umständen, durch Eigenschaften des Herzens veredelt, auch wohl mittelmäßige Formen Leidenschaften erwecken könnten, aber »eine solche Liebe wäre schon keine ganz natürliche mehr«.
Plato, zweifellos ein Adelsmensch, war der Meinung, daß der alleinige Zweck der Ehe die Fortpflanzung sei, und er schlug sogar, um edlere Menschenarten zu erzeugen, eine Zuchtwahl vor. Die Liebe der Seele, nach ihm die platonische genannt, übt ihren Zauber jenseits der Fortpflanzung des Menschengeschlechts.
Es ist noch nicht allzu lange her, da scheint man den Ehetrieb des Mannes direkt an die Damentoilette und des damit bewirkten Zaubers geknüpft zu haben.
Im Jahre 1779 wurde folgende Akte im englischen Parlament eingebracht: »Alle Weibsleute ohne Unterschied des Alters, Ranges oder Standes, gleichviel ob Jungfrau oder Witwe, welche nach dem Erlaß dieser Akte irgend einen der männlichen Untertanen Sr. Majestät in verräterischer oder betrügerischer Weise durch Schminke, Salben, Schönheitswasser, Reifröcke, Hackenschuhe, gepolsterte Hüften u.s.w. zum Eingehen einer Heirat verlocken, machen sich der Strafe schuldig, die das Gesetz über das Vergehen der Zauberei verhängt hat, und soll eine solche Heirat nach Überführung des betreffenden Frauenzimmers für null und nichtig erklärt werden.«
Mit dieser Sache ist es wie mit dem Duell. Alle Welt verdammt es. Verweigert aber der Offizier – mag es auch aus ethischen Gründen sein – das Duell, so ist es aus mit ihm.
Alle Welt verwirft die Kokette und kann nicht genug die Zurückhaltung, die Bescheidenheit und Häuslichkeit der Frau rühmen. Wird aus dem jungen Mädchen aber – weil es ihr nicht gelungen ist, einen Mann zu captivieren – eine alte Jungfer, so zählt sie in der Gesellschaft, wo man sich nicht langweilt, nicht mehr mit.
Voll moralischer Glut beschwört der Ethiker vom reinsten Wasser die Frauen, sich den modernen Emanzipationsideen zu verschließen und zu den alten Pflichten zurückzukehren.
Ja – ist denn die Liebe der Jungfrau als ausschlaggebendes Ehemotiv nicht beinahe eine moderne Idee? Seit wann ist sie denn wirksam? Mußten nicht bis an die Schwelle des 19. Jahrhunderts die jungen Mädchen bei der Eheschließung dem Willen der Eltern sich beugen? Gehörte nicht gerade dieser Gehorsam zu ihren Pflichten?
Und sie hätten sich um dieser Pflichterfüllung willen seit Jahrtausenden im Schmutz der Gemeinheit aufgehalten? Ach, wohl eher oft im Tal der Tränen.
Ich muß immer etwas trübe lächeln, wenn ich mit solcher ethischen Inbrunst die Liebe als des Ehebundes einzig würdiges Motiv preisen höre. Und es bedarf doch nur einer geringen Lebenserfahrung, um zu erkennen, daß diese Liebe zwischen Jüngling und Jungfrau fast immer dem Naturtrieb im Bunde mit dem Zufall ihr Dasein verdankt.
Der Pfeife des Rattenfängers von Hameln gleichen die jungen Verliebtheiten. Sie lockt – wohin? Man weiß es nicht, ob auf einen Dornenweg, ob in ein Land, wo die Sonne nicht untergeht.
Der Dr. Johannes in seiner subtilen, ethischen Keuschheit ist freilich der Ansicht – eine von vielen geteilte -, daß des Weibes Liebe zum Manne nur aus der unbewußten Liebe zum Kinde stamme. Aber – aber, da wählen doch viele Frauen im Interesse ihrer Kinder recht unzweckmäßig den Erzeuger dieser Kinder.
Die moralische Unzulässigkeit des Ehemotivs der Versorgung ist außer Frage. Es fällt bei der erwerbenden Frau fort. Sie braucht nicht um der Versorgung willen zu heiraten, da sie sich selbst versorgen kann, sie braucht sich nicht mehr mit fremden Federn – mit der sozialen Stellung ihres Gatten – zu schmücken, da sie imstande ist, aus eigener Kraft eine Stellung zu erringen.
Ferner: die Frau, die sich einem Berufe widmet, wird in der Regel später als das Haustöchterchen heiraten, um die Studien und Vorarbeiten, die ihr Beruf heischt, zu Ende zu führen. Daß spätere Eheschließungen mit gereifterer Intelligenz, dem gefestigteren Charakter, der kräftigeren Physis des jungen Mädchens die Ehe günstig beeinflussen werden, unterliegt keinem Zweifel. Ihr freierer Verkehr mit den jungen Männern, sei es auf der Universität, in Ateliers, Bureaus, Werkstätten (gemeinschaftlicher Unterricht von Knaben und Mädchen in den Schulen müßte ihn einleiten) würde ihre eine Männerkenntnis vermitteln, die dem Haustöchterchen versagt bleibt.
Und dieser freie, von geistigen oder Berufsinteressen unterstützte Verkehr würde die Beziehungen der Geschlechter, die bisher fast ausschließlich auf geschlechtlicher Basis ruhten, um ein neues und schönes Element – das der Kameradschaft – bereichern.
Alle Züricher Studentinnen, die ich je Gelegenheit hatte zu sprechen, dachten mit Entzücken an ihre Universitätsjahre zurück. Und immer war ein wesentliches Moment dieser schönen Freude die gemüt- und geistanregende Kameradschaft mit den Studenten.
Es geschieht nicht selten, daß man die immer sinkende Ziffer der Eheschließungen in bürgerlichen Kreisen auf die weiblichen Emanzipationsbestrebungen zurückführt. Die mannigfaltigen Gründe dieser Erscheinung zu erörtern, würde hier zu weit führen. Nur darauf möchte ich hinweisen, daß bei der Eheschließung die finanzielle Frage von größtem Gewicht ist. Ein Reichstagsmitglied tat kürzlich den Ausspruch: »Der jetzige Zolltarif wäre der Nährvater der Ehelosigkeit.«
Wohlhabenderen Mädchen steht die Ehe immer offen. Daß sie aus eigenem Willen ledig bleiben, gehört zu den Ausnahmen. Die unverheiratet gebliebenen sind die mitgiftlosen Mädchen. Ein Witzbold gab auf die Frage: »Wie beseitigt man die alten Jungfern?« die Antwort: »Mit Gift.« Verwunderlich ist es nicht, daß der Mann bei den sich immer steigernden Lebensansprüchen zaudert, die großen Kosten eines Haushaltes zu tragen, in einer Zeit, wo aller Komfort und alle Annehmlichkeiten des Hausstandes ihm auch außer dem Hause geboten werden.
Und aus den Kindern scheint er sich ja nicht viel zu machen; während die Mütterlichkeit bis zum Überdruß in den Himmel – in den siebenten Himmel – erhoben wird, ist von der Vaterschaft kaum die Rede.
Ist die Frau in einem Berufe tätig, so erzielt sie Einnahmen, die gleichbedeutend mit einer Mitgift sind, ja sie bedeuten mehr, denn in vielen Fällen stellen sie eine von Jahr zu Jahr sich steigernde Rente dar. Damit beseitigt die erwerbende Frau ein Haupthindernis – das finanzielle – für die Eheschließung.
Der Dr. Johannes belehrt uns nicht nur darüber, aus welcher Gesinnung heraus das junge Mädchen zu wählen, sondern auch auf wen ihre Wahl zu fallen hat, nämlich: auf einen Helden. Denn »Ihre Natur ist auf Abhängigkeit angelegt ... Sie will sich unterwerfen, beherrscht sein. Es gibt keine ursprüngliche Liebe der Frau ohne Enthusiasmus und Respekt, ohne die Empfindung seiner Überlegenheit ... Nur wenn eine Frau im Manne den Helden fühlt und von der Wollust bedingungsloser Unterwerfung berauscht wird, kann sie mit der ganzen Tiefe und Glut lieben, deren ein Weib fähig ist.« Und er preist »das süße Glück des Weibes, im Manne den Helden gefunden zu haben, dem es hörig und treu ergeben sein darf«. (Ob mit diesem Heldenanspruch an den Gatten die Ehelosigkeit nicht grauenhafte Dimensionen annehmen müßte?)
Er schildert die schauerlichen Verheerungen, die aus dem Weibe, das einen Schwächling heiratet, ein unfruchtbares, hohles häßliches Zerrbild machen würde. Sie kann sogar Frauenrechtlerin, wenn nicht Schlimmeres werden ... Jedenfalls Leidensgestalten (die keine Helden fanden), denen die Seligkeit der Selbstunterwerfung unter den Mann versagt ist ... Es bleibt dabei, die Stellung des Weibes zum Manne ist Abhängigkeit, Ergebenheit, Gehorsam.
Griseldis rediviva! Die Raudenteleins lachen.
Und wo bleibt die Schwiegermutter? Wie, hinter diesem süßen, hörigen Weibchen lauert latent schon die Arge? Könnte man die Schwiegermütter nicht auch zur Hörigkeit anhalten?
»Daß es so ist,« sagt er, »sieht man daraus, daß der Mann, der ein solches Weib gefunden, etwas so Köstliches, Wunderbares, beinahe Überirdisches in ihr erblickt« ...
Aber – aber – durch ihre Gattenanbetung erscheint sie beinahe überirdisch? Was und wie muß dann freilich der angebetete Gegenstand selbst sein? Ein Herrgöttlein mindestens. Die Adamsrippe ist dauerhaft. Sie spukt noch immer als Symbolikum in den Gehirnen der Menschen.
Man sagt mir, daß dieser glühendste Apologet der Ehe erst ganz kürzlich, schon im Schwabenalter, geheiratet habe, und daß er nicht etwa so ein Lämmchen auf der Weide seines Herrn erkoren, nein – eine Künstlerin.
Aber das glaube ich nicht.
Übrigens steht der Seelencharmeur mit seiner Verherrlichung des hörigen Weibes nicht allein. Erlauchte Geister sekundieren ihm. So der französische Dichterphilosoph Michelet. Der echten und rechten Gattin legt er die Worte in den Mund: » ce que tu crois, je le crois, ton peuple sera mon peuple et ton dieu sera mon dieu.«
Und Mantegazza bläst fortissimo in dasselbe Horn : « Der Mann, welcher auf die Herrschaft verzichtet, ist ein Löwe, der sich die Mähne abschneiden läßt, ein geschorener Simson, eine mildere Form des Eunuchen. »
Und Nietzsche: »Das Glück des Mannes: ich will! Das Glück des Weibes: er will!«
Ein braver Herrenrechtler wirft die Frage auf: wie sollte es auch werden, wenn in einer Ehe, wo es keine Über- und keine Unterordnung, also kein Gebieten und Gehorchen gibt, Meinungsverschiedenheiten auftreten? Und er meint, daß hier ein unlösbares Rätsel vorläge.
Eine lebenslängliche Gemeinschaft zweier Menschen ist in der Tat ohne Meinungsverschiedenheiten undenkbar und auch wohl kaum wünschenswert. Ein gemütlicher Pastor, dessen Intelligenz sicher nicht im entferntesten an den Scharfsinn des Herrenrechtlers heranreicht, löste dieses Rätsel gelegentlich der Trauung meines Dienstmädchens sehr einfach. »Vertragt Euch!« sagte er zu dem Brautpaar. »Wir können nicht alle egal sein. Eins muß sich in das andere schicken.«
Ja, gegenseitiges Nachgeben in Liebe und Güte, nicht Befehle, überbrücken noch am ehesten die Gegensätze. Die gewalttätige Unterdrückung ihrer Äußerungen aber erzeugt Feindseligkeit, hinterlistigen, tückischen Kampf, erzeugt die innere Auflösung der Ehe, die doch nicht weniger verhängnisvoll ist als die äußere.
Von Mannes wegen soll der Gatte in der Ehe entscheiden; aber auch von Gotteswegen? Müßte nicht, um der Heiligkeit der Ehe willen, die selbst von unsern polygamsten Gegnern so begeistert proklamiert wird, der bessere, edlere Teil den Ausschlag geben? Ist das immer der Mann? Kommt es wirklich nur darauf an, daß der Mann herrsche, gleichviel, ob sie ein Tugendspiegel und er ein »Sündenknüppel« ist?
Vielleicht ließen sich auch bei ehelichen Uneinigkeiten, wenn keiner der Gatten Herrenrechte übt, als höhere Instanz, als friedenstiftendes Element, die gemeinsamen Interessen der Eheleute ansprechen, mögen dabei die Kinder oder die häusliche Behaglichkeit, das Liebesleben oder einfach die Erkenntnis des Miteinanderauskommenmüssens im Vordergrund stehen.
Warum untersucht der Ethiker vom reinsten Wasser nicht, wie dieses Verhältnis der absoluten Über- und Unterordnung auf Mann und Frau wirkt? ob ethisierend und veredelnd, oder – anders?
Das wäre ein eigenes Kapitel in der Geschichte der Ehe.
In einer Staatsform, wo vor einem unumschränkten Souverän die Untertanen im Staub liegen, dürfte ein solches Verhältnis Herrscher und Beherrschte gleichmäßig entadeln, den Aufstieg des Volkes hemmend. Greift ein absoluter Herrscher zu stark in die Persönlichkeitssphäre der einzelnen Untertanen ein, so empfinden die Beherrschten den Druck als unleidlich, und der Grund zu Revolutionen ist gelegt.
Fordert ein despotischer Eheherr die ganze Persönlichkeit der Frau für sich und sein Behagen, so daß sie gewissermaßen von der Ehe aufgesogen wird, so fühlt sie sich als Sklavin, mit dem Drang, Ketten zu brechen, ein Drang, der sich leicht als Ehebruch oder Scheidung entladet.
Ihr Glück ist: »Er will.« Hm!
Es ist ohne weiteres zuzugeben, daß eine Ehe, in der er ein Bösewicht ist, glücklicher ausfallen wird, wenn sie seine Teufeleien mitmacht, als wenn sie sich tugendhaft ihnen entgegenstemmt.
Gott weiß, wie sich diese Echotheorie vereinen läßt mit jener anderen Auffassung, der wir ausnahmslos bei allen Antifeministen begegnen, und die das Weib als ein geistig und seelisch vom Mann völlig verschiedenes Wesen hinstellt.
Selbstverständlich schenkt uns auch dieser Herrenmensch nicht die ewige Wahrheit, daß die Frau dadurch (durch ihre Hörigkeit) keineswegs unter den Mann gestellt werde. Im Gegenteil: sie erhebt sich damit erst zur Höhe ihrer menschlichen Bestimmung.
Kommen wir zur Ehe selbst. Was fürchten unsere Gegner für das Glück der Ehe von Seiten der berufstätigen Frau?
Erstens: die Vernachlässigung der Hauswirtschaft, und damit den Verlust der häuslichen Behaglichkeit.
Es ist Pflicht der Frau, dem Manne die häusliche Behaglichkeit zu schaffen. Sauberkeit, Ordnung, Pünktlichkeit, Geschmack gehören selbstverständlich dazu. Die Krone aber der häuslichen Behaglichkeit für den Mann ist – wenn wir offen sein wollen – die Küche, die gute Küche notabene.
Beiläufig sei hier erwähnt, daß im alten Griechenland das Kochen Sache der Sklaven war; in vornehmen Häusern übernahmen sie auch die Hausrechnungen.
Aha! ruft der Antifeminist, da habt Ihr’s! Darum fehlte in jenem gelobten Lande hochfeinster Kultur der ehelichen Gemeinschaft die Herzlichkeit und Intimität, das starke Band der Küche zwischen ihm und ihr war gelöst.
Bereitet denn die deutsche Hausfrau die Mahlzeiten selbst?
Selten.
Das tut die Köchin oder das Mädchen für Alles.
Der Hausfrau liegt es ob, für eine gut kochende Köchin zu sorgen.
Aber die Köchinnen, ungelernt wie sie sind (mit Ausnahme der Perfekten, die nur für Millionäre zu haben sind), kochen in der Regel eine schöne Naht zusammen, wodurch sie nur allzu häufig den Erisapfel in die besten Ehen werfen.
Ja aber – wäre denn diesem unhaltbaren Zustand, daß die Köchinnen nicht kochen können, nicht endlich einmal ein Ziel zu setzen – durch Kochschulen?
Freilich, da kommt nun wieder ein ganz großer Geist, natürlich der Nietzsche, und sagt: »Das Weib versteht nicht, was die Speise bedeutet. Und sie will Köchin sein?« (will sie es denn?) Er wirft ihr Gedanken- und Vernunftlosigkeit im Küchendepartement vor.
Also – mulier taceat nicht nur in der Kirche und Gemeinde, auch in der Küche.
Also – Weib hinaus aus der Küche!
Ei Mann – so koche du, und gib dafür dem Weib Sitz und Stimme im Reichstag, was du um so eher kannst, da derselbe Nietzsche doch sagt, daß die Beschäftigung mit Politik nur kleiner Geister Angelegenheit sei.
Bei der Frage der häuslichen Behaglichkeit scheinen zweierlei naheliegende Gedanken noch nicht aufgetaucht zu sein.
Einmal, daß die Frau, der man eine so große Nervensensibilität nachsagt, der häuslichen Behaglichkeit noch mehr bedarf als der Mann. Was ihr also etwa an Pflichtgefühl dem Manne gegenüber abgehen möchte, würde sie aus einem ganz egoistischen Bedürfnis, um ihrer selbst willen leisten. Fehlt ihr aber der Sinn für Ordnung, Schönheit u.s.w., nun, so wird sie, ob berufstätig oder nicht, zur Schaffung häuslicher Behaglichkeit nicht qualifiziert sein.
Zweitens: Liegt nicht der Gedanke nah, daß der Mann ein ziemlich ebenso wichtiger Faktor für die häusliche Behaglichkeit ist als die Frau?
Ich will nicht davon reden, daß auch seine Unordnung, Unpünktlichkeit u.s.w. einigermaßen ins Gewicht fällt; ist er aber ein rauhbeiniger, verdrießlicher, despotischer Herr, so infiziert er das Familienheim, trotz aller Mühwaltungen der Frau, mit Unbehagen, und die Insassen fühlen sich wie Delinquenten, immer einer Abstrafung gewärtig.
Wie selbst wissenschaftlich hochstehende Männer, die schon durch ihr Spezialfach – die Nationalökonomie – zum Studium der Frauenfrage berufen wären – diese Frage behandeln – davon ein Beispiel.
In der Schrift eines berühmten (vielleicht ist er auch nur ziemlich berühmt) freisinnigen Professors der Nationalökonomie heißt es: (nachdem er vorausgeschickt hat, daß jede Frau, die nicht Mutter und Hausfrau wird, ihren Beruf, in dem sie das Höchste leistet, verfehlt hat). »Jede Frau, die eine schlechte Hausfrau und Mutter wird, schädigt wirtschaftlich und sittlich die Nation viel mehr, als sie ihr nützt, wenn sie die trefflichste Ärztin, Geschäftsfrau oder sonst was wird.«
Was gehört dazu, um eine treffliche Ärztin zu sein?
Ich meine: außer den selbstverständlichen Fachkenntnissen viel Intelligenz, edle Menschlichkeit, psychologischer Feinblick und unbeirrbare Gewissenhaftigkeit. Daß sie diese Eigenschaften als Ärztin derart konsumieren sollte, daß ihr für Haushalt und Mutterschaft nichts davon bleibt, glaube ich nicht.
Der ziemlich berühmte Nationalökonom scheint anzunehmen, daß alle berufstüchtigen Frauen schlechte Haushälterinnen, die Nurhausfrauen dagegen treffliche Wirtschafterinnen und Mütter sein werden.
Hätte er die Frage mit der Vorsicht und Gewissenhaftigkeit behandelt, die ihr gebührt, er würde im realen Leben Umschau gehalten haben, und es hätte ihm nicht entgehen können, daß bei den erwerbenden Hausfrauen nicht weniger gute Haushaltungen zu finden sind als bei den Nurhausfrauen. Auf die Selbsteinschätzung der letzteren hin seine Urteile zu fällen, ist doch nicht angängig.
Gewiß, es giebt auch unglückliche Ehen, in denen die Frau erwirbt. Daraus den Schluß ziehen zu wollen, daß bei der Berufstätigkeit der Frau das Familienglück zu Grunde gehen müsse, wäre ebenso absurd, als wollte man behaupten, weil unter den berufslosen Gattinnen miserable Hausfrauen vorkommen, wäre die Berufslosigkeit der Frau mit der Ehe unvereinbar.
Es ist gleichgültig, ob die Frau selbst alles tut und immer hinter den Dienstboten her ist, oder ob sie mit Verstand und Umsicht ihre Hausgehilfinnen zu wählen, sie zu ihren Pflichten anzuhalten und zu disziplinieren versteht. Selbst der orthodoxeste unserer Gegner, der feurige Johannes, sagt an einer Stelle seiner Broschüre: »Die höchste Kunst wird auch im Frauenberuf sein, andere für sich arbeiten zu lassen, als ob man es selbst täte.«
Die Haushaltungsfrage ist wesentlich eine Dienstbotenfrage, und die Dienstbotenfrage ist wiederum eine Frage des Charakters und der Klugheit der Frau.
Der ökonomische Wert des Frauenerwerbs in der Ehe wird von unseren Gegnern bestritten.
»Was macht denn – ruft der ziemlich berühmte Nationalökonom – die Arbeit, die heut noch in der Familie geschieht, billig und gut? Daß sie mit Liebe für Mann und Kind, für das eigenste Interesse erfolgt ... Nun soll, was bisher in der Familie getan wurde, in Lohnarbeit für Fremde verwandelt werden.«
Billig! Ja, wenn die Hausfrau anstatt der Lohnarbeiterin das Geld in den Hals zu werfen (die Arme braucht es vielleicht so nötig für ihre hungrigen Kinder) selbst bügelt, näht u.s.w.
Ebenso gut? Ob die Liebe für Mann und Kind Schulung und Übung ersetzt? Und ob die Handgeschicklichkeit, die die Natur dieser oder jener Hausfrau vielleicht versagte, sich intuitiv bei ihr einstellt aus Liebe für Mann und Kind, so daß sie nun die Lohnarbeiterin, die ohne Liebe am Werk ist, übertrifft?!
Billig und gut, weil es für ihr eigenstes Interesse ist? Wie aber, wenn die Frau in einem einträglichen Beruf arbeitet, und sie weiß: mit dem Geld, das du erwirbst, kannst du deinen Sohn studieren, deine künstlerisch begabte Tochter in einem Meister-Atelier ausbilden lassen – würde die Frau nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Zugleich für ihr eigenstes persönliches Interesse und für das ihrer Kinder arbeiten?
»Die Frau, fährt der gelehrte Herr fort, pflegt und erzieht die Kinder, sie waltet in Küche, Keller und Kammer, sie reinigt und flickt, führt den kleinen Kampf gegen Staub und Verderbnis ... sie kann mit demselben Einkommen das Doppelte schaffen, wenn sie ihr Budget richtig einzuteilen, wenn sie mit Waren- und Menschenkenntnis einzukaufen versteht« u.s.w.
Gewiß, das Einkommen des Mannes kann von der Frau schlecht oder gut eingeteilt und angewendet werden. Schlecht, wenn sie unordentlich, vergnügungssüchtig oder dumm ist. Daß sich diese Eigenschaften bei der erwerbenden Frau häufiger finden sollten als bei der keines Broterwerbes Beflissenen ist nicht einleuchtend.
Von Waren- und Menschenkenntnis soll die zweckmäßige Verwendung des Einkommens abhängen?
Menschenkenntnis, die braucht man wirklich zum Einkaufen nicht. Die böseste Händlerin in den Markthallen kann die auserlesensten Gänse oder Hasen feilbieten. Und wenn selbst ihr böser Charakter die Güte ihrer Aale oder ihres Kohls ungünstig beeinflussen sollte, ich kann mir die Holde doch nicht so oft zum Kaffee in mein Haus einladen, bis ich mir die Gewissheit über ihren Charakter verschafft habe.
Und Warenkenntnis?
Kenntnis welcher Waren? Aller – die der Haushalt und das Leben mit sich bringt?
Ach!
Geschäftslokalkenntnis, die braucht sie. Die besten Quellen für Lebensmittel z.B. sind leicht zu erfahren, und dahin schicke ich meine – Köchin. Von größerem Nutzen als Warenkenntnis wäre die feine Zunge der Hausfrau. Daß eine durch Studium ausgebildete Intelligenz die Geschmacksnerven abstumpfen sollte, ist wenig glaubhaft.
Ich gebe aber zu, daß Menschenkenntnis der Frau im Haushalt wünschenswert ist, nicht für den Einkauf, aber bei der Auswahl und vor allem bei der Behandlung und Disziplinierung der Hausgehilfinnen. Aber auch die Menschenkenntnis scheint mir mehr auf Erfahrung und Verstand zu beruhen als auf Liebe für Mann und Kind.
»Die Gattin – heißt es weiter -, die dem Mann das Mahl bereitet, (Gott gebe, daß sie gut kocht) ihm abends die Stirne glättet, (Gott gebe, daß ihre Hand von der vielen Hausarbeit sich nicht zu rauh für das zärtliche Geschäft erweise) wird dienend zur Glück spendenden Herrscherin ... sie weiß, daß in ihrem kleinen Reich Anfang und Ende alles menschlichen Strebens liegt.«
Sollte hier nicht der ziemlich berühmte Nationalökonom den Kreis alles menschlichen Strebens ein wenig zu eng gezogen haben?
Ich möchte mir eine bescheidene Frage erlauben: Womit beschäftigt denn nun diese reizende, flickende, reinigende, abstaubende, das Mahl bereitende Hausfrau ihre Dienstboten? Und noch eine andere indiskretere Frage: Sollte etwa die Gemahlin des Professors nicht reinigen, nicht flicken, nicht das Mahl bereiten (im allgemeinen pflegen die Gemahlinnen angesehener Professoren es nicht zu tun) – warum schreibt er es denn? Es hat ihn ja niemand gezwungen, sich mit der Frauenfrage zu beschäftigen. Oder – tut die Gemahlin das alles, dann hat sie ihm den Aufsatz wohl souffliert?
Meine nörgelnden Widerlegungen wären kleinlich? Ein gediegener Wissenschafter, der einmal nebenher – wahrscheinlich in der Schonzeit seines Geistes – ein paar Streiflichter auf die Frauenfrage fallen läßt, brauche ja nicht jedes Wort auf die Goldwage zu legen.
Ja, das soll er allerdings, ehe er für die größere Hälfte des Menschengeschlechts eine Zwangsbestimmung dekretiert.
Entgleisungen der Logik wie die angeführten, ein solches Pausieren der männlichen Intelligenz ist eine Kennzeichnung, wie selbst hochverdiente Gelehrte sich ernster wissenschaftlicher Methoden entschlagen, wo es sich um die quantité négligeable – um die Frauen handelt.
Dieses eifernde Vorschreiben dessen, was die Frau für das häusliche Behagen des Mannes zu tun hat, erinnert es nicht an die Sitte eines wilden Stammes, der Kukis, bei denen der Arzt die Arzneien einnehmen mußte, die er den Kranken verschrieb. Die Folge: er verschrieb fast immer Eßwaren.
O Antifeminist, - laß dir keine grauen Haare wachsen. So lange der Mann das hörige ergebene Weibchen will und braucht, wird er es finden. Erst, wenn er es nicht mehr mag, stirbt es aus. Auch im Reich der Psyche herrscht das ökonomische Gesetz von Angebot und Nachfrage.
Aber nicht nur die Vernachlässigung der Wirtschaft fürchtet man von der erwerbenden Ehefrau, auch daß sie ihrer Weiblichkeit und ihrer zärtlichen Gefühle sich entäußern werde.
Man scheint sich die Sache im Bild einer Wage vorzustellen. In der einen Schale liegen Weiblichkeit und Gefühle, in der andern die Intelligenzkräfte, und je mehr nun die Schale mit den Intelligenzkräften steigt, je mehr sinkt die andre mit den Gefühlen. Darum – fort mit dem weiblichen Intellektualismus!
Lauschen wir wieder der Wortmusik des Hymnensängers der Ehe, des Dr. Johannes, um zu erfahren, wie die Gattin durch echte Weiblichkeit das Glück der Ehe zu bewerkstelligen hat.
Er denkt sehr groß von den Eheleistungen seines hörigen Weibes. Sie beschafft dem Gatten – und »das ist ihr eigentlicher Beruf – den Rückhalt und den unerschöpflichen Kräftefond für den Kampf ums Dasein durch das geordnete lebensvolle Heim.«
Eine schöne Aufgabe! Ja, aber wenn man nur nicht Bände mit den Aussprüchen anderer Antifeministen – allerberühmteste Namen sind darunter – füllen könnte, die ganz im Gegensatz zum Dr. Johannes, die Frauen als die Parasiten hinstellen, die dem Mann das Mark aussaugen, um nur den jederzeit naheliegenden Nietzsche zu zitieren: »Vielleicht wachsen unsere Bäume nicht so hoch wegen des Efeus und der Weinreben (die weiblichen Schmarotzer) daran.«
Und der Möbius hat sogar ihrem physiologischen Schwachsinn eine ganze Broschüre gewidmet, und wurde darob in einer vornehmen freisinnigen Zeitung als einer der feinsten Frauenkenner gepriesen.
Da ist wirklich nicht abzusehen, wie solche Jammerschatten der Schöpfung dem herrlichen Gebilde des Mannes den unerschöpflichen Kräftefond beschaffen sollen. Täte da das Gebilde nicht am Ende doch besser, selber für die Unerschöpflichkeit seines Kräftefonds zu sorgen?
Der Dr. Johannes nennt »die gegenseitige Befruchtung und Förderung in der Ehe unvergleichlich.«
Ja, wenn sie sich eben fördern und befruchten. So recht kann ich mir die Befruchtung des Mannes durch seine Echomadame nicht vorstellen.
Das Eingehen des weiblichen Charms – so fürchtet man – würde den Heiratstrieb des Mannes auf den Aussterbeetat setzen. Dieser Charm aber (dem der Mann unterliegt), steht ja mit der Ethik auf gespanntem Fuß. Zwar wünscht der Mann, so sagt er, ein bescheidenes, häusliches, sparsames, küchenverständiges Eheweib. Er wünscht, daß sie alle diejenigen Eigenschaften habe, die ihm die Behaglichkeit des Hauses und keine zu große Gefahr für seinen Geldbeutel zu verbürgen scheint.
Aber – wohlgemerkt: dieses Ideal gilt nur für seine eigene Frau. Wie sollte ihn auch die Einfachheit, Häuslichkeit, Kochkunst, Sparsamkeit anderer Frauen interessieren? In Betreff der übrigen Frauenwelt haben die Männer im großen und ganzen einen übereinstimmenden Geschmack.
Welchen?
Die Rautendelein lachen sich ins Fäustchen.
Das Ewig-Weibliche, das die Männer hinan- oder – hinabzieht, ist ein erotischer Charm. Folgendes diene als Beweis: Wenn die Jungfrau 25 oder 26 Jahre alt geworden ist, ohne den männlichen Versorger gefunden zu haben, steht die Familie diesem Malheur betrübt und beinahe hoffnungslos gegenüber. Und doch ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, dieses Mädchen in ihrem 26. Jahre reicher an Seelen- und Gemütskraft, stärker an Intelligenz, tüchtiger als Gebärerin, als sie es in ihrem 17. oder 18. Jahre war.
Ja – aber – der Maienblüte ihres sinnlichen Zaubers fehlt die erste Taufrische.
Wir erfahren auch, wie die Gattin nicht sein darf, wenn die Ehe in den Glückshafen einlaufen soll.
Sie hat sich der höheren Bildung zu enthalten, andernfalls ist es mit Förderung und Befruchtung aus.
»Ihre außerordentliche geistige Eigenart, wodurch sie Mann und Kind wärmend und bildend (ohne Bildung) umschließen kann, besteht in der Unmittelbarkeit ihrer Empfindung, in ihrem genial (Gott sei Dank, endlich das Wort »genial«, auf das ich schon lange wartete) intuitiven Verständnis, das alles aber zerstört die gelehrte Bildung.«
Dieser Satz wäre nicht besonders aufregend. Als beweiskräftig aber für seine Ansicht führt er die Worte einer Kaiserin an (wo sie gesprochen oder geschrieben worden sind, erfahren wir nicht): »Je weniger die Frauen lernen, desto wertvoller sind sie. Dann wissen sie alles aus sich selbst heraus. Was sie lernen, lenkt sie eigentlich nur ab auf einen Abweg ihres Innern, sie verlernen dadurch ein Stück ihres selbst, um anstatt dessen Grammatik oder Logik sich unvollkommen anzueignen. Auch als Mütter würden sie wohltätiger wirken, wenn sie wie die Bäume wären, frei von jeder Fessel und Verkümmerung unter dem offenen Himmel. Sie sollen den Männern nicht in ihren Geschäften helfen, ihnen nicht Gedanken und Ratschläge soufflieren, sondern sie sollen durch ihre bloße Nähe Gedanken und Entschlüsse in den Männern wachrufen und reifen lassen, die diese dann aus sich selbst zu schöpfen haben.«
Nun – solche alles Wissens unkundige Frauen gibt es sicher, und wir brauchen sie nicht einmal unter den Indianern oder Feuerländern zu suchen. Wir finden sie schon im preußischen Staat in Wreschen und Umgegend, wo die Frauen die Mutter Maria und den lieben Gott für – polnisch redende Herrschaften halten. Sehen Sie, Herr Dr. Johannes, für diese Unbildung hat man sie ins Gefängnis gesperrt. Ob man den Schulmeister, der ihnen diesen hohen Charm der Weiblichkeit bewahrte, belobigte, weiß ich nicht.
»Wehe, ruft der feine Psychologe Mantegazza, dem Weibe, das mehr weiß als der Mann. Er will stets der Lehrer, aber nicht der Schüler sein.« Der pädagogische Ehegatte ist mir noch gar nicht so massenhaft aufgestoßen.
Und um einen ganz Modernen anzuführen (ich habe immer einen Professor bei der Hand, das heißt einen in den Geisteswissenschaften bewanderten): Auf dem deutschen Ärztetag äußerte der Professor Penzoldt: »Wir brauchen keine gebildeten und halbgebildeten Frauen, sondern geistig und körperlich gesunde Frauen,« und daran anknüpfend fand er, daß überhaupt »an der Sucht nach Höherem unsere gesellschaftlichen Zustände kranken.«
Ja, aber die von mir citierten Kollegen und Gesinnungsgenossen des Professors – die er nicht desavouieren wird – bestreiten ja mit aller Energie die körperliche Gesundheit des Weibes, des gebildeten wie des ungebildeten, und halten das Weib als solches für ein krankes Produkt der Schöpfung.
Nehmen wir aber einmal an, daß Unbildung und Gesundheit nebst Gebärtüchtigkeit in einem Kausalnexus ständen, nicht eine merkwürdige physiologische Anschauung eines Arztes, daß die Kinder nur die durch Unbildung konservierte Kräftigkeit der Mutter erben würden, während der durch Gehirnarbeit entkräftete Vater (oder wirkt Gehirnarbeit auf den Mann muskelstärkend?) nicht schwer ins Gewicht zu fallen scheint? Erinnert an die Anekdote von einem sehr häßlichen, aber sehr gescheiten Gelehrten, der eine ebenso schöne wie dumme Frau heiratete in der Voraussicht, daß sein Sohn nun die Schönheit der Mutter und den Geist des Vaters erben würde.
Es kam umgekehrt. Das Kind wurde so häßlich wie der Vater und so dumm wie die Mutter.
Noch einige Kuriositäten – nicht etwa Schalkhaftigkeiten – in betreff der Argumente, mit denen man die Erwerbssperre über die verheiratete Frau verhängen zu müssen glaubt, möchte ich der Vergessenheit entreißen.
Ein Professor Hottinger, dessen Intelligenz und Gründlichkeit im »Reichsboten« gepriesen wird, erklärt in einer öffentlichen Versammlung, daß der Zweck dieser Versammlung in erster Linie seine Antwort auf die unwürdige Behandlung sei, die ihm in einer Frauenversammlung zu teil geworden sei. Sogar ein Ordnungsruf sei ihm nicht erspart geblieben. »Da hat sich doch mein Inneres umgedreht.« Der Anblick muß schrecklich gewesen sein.Wir entnehmen diese Notiz einer Nummer des »Reichsboten«.
Feuilletonisten schreiben gern, weil es zeitgemäß ist, zürnende Artikel gegen die Dekadenz des Zeitalters, wobei ihnen dann unter den dekadenten Erscheinungen die Frauenemanzipation fast von selbst in die Feder läuft.
Ein sehr beliebter Feuilletonist findet, ganz wie der ziemlich berühmte Nationalökonom, daß die häuslichen Verrichtungen und Pflichten der Frau – zu denen er die leichten Arbeiten im Hause, wie: Nähen, Bügeln u.s.w. rechnet – sicher viel mehr einbringen würden als irgend ein Beruf.
Als irgend ein Beruf.
Ich will absehen von dem Gehalt eines Ministers oder eines geschickten Bankiers, aber – eine Scheuerfrau z.B., die schluckt – außer der Beköstigung – ihre zwei Mark täglich.
Daß die Gattin, neben ihren vielen andern, teils idealen, teils weniger idealen Pflichten – durch häusliche Kleinarbeit mehr als eine Mark täglich verdienen sollte (ich rechne in die Tasche unserer Gegner), wird wohl nur in Aufsätzen gegen die Frauenbewegung geglaubt.
Der sehr beliebte Feuilletonist erläutert seine Ansicht durch ein Beispiel: »Die Frau erhält eine Stellung an einer Zeitung, das entführt sie dem Hause. Dienstboten müssen angenommen werden, welche das Haus in schreckliche Verfassung bringen.« (Wenn das der »Vorwärts« wüßte, daß die Dienstboten so schrecklich sind.) »Der Toilettenaufwand der früher einfachen Frau wird immer größer – sie ist das ihrem Beruf schuldig – und so gehen die Einkünfte wieder in den Wind.«
Endlich einmal etwas Neues in der Frauenfrage. Die Anstellung an einer Zeitung erfordert von seiten der Frau Toilettenaufwand. Da sieht man wieder recht, wie grundverschieden Mann und Weib von einander sind. Das Weib putzt sich für die Redaktionsgeschäfte, während die männlichen Redakteure – selbst die feinsten Chefredakteure vornehmster Zeitungen – in älteren Hausröcken die Redaktionsgeschäfte zu besorgen pflegen.
In der Stadtverordnetenversammlung einer preußischen Mittelstadt sprach sich der erste Bürgermeister entschieden gegen die Errichtung einer weiblichen Fortbildungsschule aus. Und seine Gründe? »Würde den Mädchen Gelegenheit geboten, sich in einer gewerblichen Fortbildungsschule auszubilden, so würde damit der ohnehin herrschende Dienstbotenmangel noch viel mehr gesteigert werden.« – (Menschenliebe schwach.)
In einer Reichstagssitzung sprach ein Erwählter des Volkes sein lebhaftes Bedauern darüber aus, »daß man so viele Frauen anstelle, da doch ein Mangel an Männern nicht vorhanden sei«.
Erinnert an jenes Hausbesitzers Gebet an seinen Heiligen: »O heiliger Sankt Florian, verschon’ mein Haus, zünd’s andere an.«
Als in einer Magistrats- oder Stadtverordnetenversammlung von Mädchengymnasien die Rede war, hielt ein hervorragendes Mitglied der illustren Versammlung eine begeisterte Rede gegen diesen gymnasialen Unsinn, die in den Worten gipfelte: »Sollen wir Männer uns etwa selber die Strümpfe stopfen und den Kaffee kochen?«
Nun – nun! Sollte die Stopfmaschine noch nicht erfunden sein, so ist ihre Erfindung nur eine Frage der Zeit, und wer verbürgt der hervorragenden Magistratsperson, daß nicht Männer diese Maschine bedienen werden?
Und was das Kaffeekochen betrifft, warum soll er sich denn den Kaffee nicht selber kochen? Eine große Anzahl junger lediger Herren tun es ja. Auf den englischen Universitäten Oxford und Cambridge ist es selbstverständlich, daß die jungen Leute – zum größten Teile sind sie reich oder vornehm – sich den Tee selbst bereiten, auch wenn sie Teegesellschaften geben.
Bei Gott, ich glaube nicht, daß, wenn der Herr seinen Kaffee selber kochte, dem Staat und der Gesellschaft viel von seiner geschätzten Arbeitskraft verloren gehen würde! Und dann – ein Trost bleibt der des Kaffeekochens so abholden Magistratsperson: die berufstätige Gattin wird wohl auch nicht, ohne vorher Kaffee zu trinken, ihrem Berufe nachgehen, und da käme es ihr gewiß nicht darauf an, für den lieben Mann ein Täßchen mitaufzubrühen. Übrigens in den meisten Haushaltungen besorgen die Köchinnen den Kaffee.
Ein angesehener Professor in Rostock wirft die Frage auf: »Was hätten denn die Frauen von ihrer Studienzeit? Auf die Familienfreuden müßten sie verzichten. (Sie denken nicht daran – wenn auch nicht alle den Ehrgeiz hegen werden, gleich jener berühmten pythagoräischen Philosophin neun Kinder zur Welt zu bringen.) Das deutsche Studentenleben könnten sie aus naheliegenden Gründen nicht mitmachen und auskosten, Streitigkeiten könnten von ihnen mit der Klinge in der Faust nicht ausgefochten werden. Sie müssen also eine Art Lernautomat werden. Unter allen Umständen würde der Frau eins der wichtigsten Bildungsmittel (das Studentenleben) entgehen.«
Ich vermißte hinter diesem professoralen Tiefsinn ein begeistertes dreifaches Salamanderreiben, erstens – auf den Saufzwang, zweitens – auf die reizenden Paukschmisse, die schmücken indem sie entstellen, und drittens – auf eine Erotik, gegen die meine Feder sich sträubt.
An allem Schönen und Fruchtbaren im Studentenleben kann die Frau im vollsten Maße teilnehmen.
Ein Abgeordneter des Centrums wünschte, daß man nur große Frauen (er gab genau das Maß an) bei Staatsanstellungen berücksichtige, da diese Frauen sich schwer verheirateten. Nietzsche wiederum bezeichnet die kleinen Frauen als Neutra, als drittes Geschlecht (also auch schwer unter die Haube zu bringen). Ha! welche Lust, eine Mittelgroße zu sein!
Der Chor der Antifeministen dekretiert: So muß es sein. Sie sagen aber nicht, wie es so sein kann. All ihrer Schriften und Reden Refrain ist: »Die Frau gehört ins Haus.«
Was würdet Ihr Leute zu einem Arzt sagen, der dem kranken Proletarier verordnete: Trink starken Wein, iß feines Fleisch, atme Bergluft oder – stirb!
Ein ähnlicher weltgeschichtlicher Spott liegt in dem dröhnenden Zuruf an die Millionen von Frauen, die von keinem Mann ernährt werden können: Ihr gehört ins Haus.
Wohlan – so laßt der Rede die Tat folgen und tut den ersten – und wäre es auch nur ein schüchterner Schritt, um der unversorgten Frau das Haus – und wäre es auch nur ein freundliches möbliertes Stübchen – zu verschaffen.
Petitioniert an den Reichstag. Fordert wie der kühne Denker und Philosoph Eduard von Hartmann es schon vor Euch getan hat, - daß der Staat sämtlichen unversorgten Frauen mit einer Pension unter die Arme greife.
Haben Statistiker auch herausgebracht, daß selbst bei einer Minimalpension (wobei der Magen nur sehr flüchtig mit in Anschlag gebracht wurde) die Sache dem Staat 2 ½ Milliarden kosten würde – was tut’s! Wo es sich, Ihr Antifeministen, um die Realisierung Eures Menschheitsideals handelt, werdet ihr gern und tief, sehr tief in Euren Geldbeutel greifen.
Oder nicht?
Es ist schier unerträglich, daß man die Frauen fort und fort in eine Zwangsjacke des Glücks stecken will. Es kann einem dabei das melancholische Lied in die Ohren klingen: »Wo du nicht bist, ist dein Glück«.
Entweder: wir sind vernunftlose Halbtiere, die man irgendwo fest anbindet, damit sie keinen Schaden anrichten, oder wir sind vernunftbegabte nennenswerte Menschen, nun – so sind wir Selbstbestimmer, Selbstwisser unseres Glücks und unserer Lebensziele.
Es gibt hohe und höchste Herrschaften – Frauen, die nie an einen Beruf, nie an Emanzipation gedacht haben, und die sich doch aller häuslichen Verrichtungen enthalten. Sie pflegen ihre kleinen Kinder nicht selbst, sie bewachen nicht die Speisekammer und führen nicht den kleinen Krieg gegen Staub und Verderbnis. Und man sperrt ihnen deshalb nicht die Throne und nicht die Männerherzen, und sie werden mit nichten niedriger eingeschätzt als die Nurhausfrauen.
Mehr Stolz, ihr Frauen! Wie ist es nur möglich, daß ihr euch nicht aufbäumt gegen die Verachtung, die euch noch immer trifft.
Auch heute noch? Ja, auch heute noch. Der stehende Glückwunsch bei Eheschließungen in Italien lautet noch immer: » Salute e figli maschi« (Gesundheit und männliche Kinder). Die Väter sind noch immer enttäuscht, wenn ihr Erstgeborenes ein Mädchen ist.
Selbst die Sozialisten, die die völlige Gleichberechtigung der Geschlechter proklamieren, stehen dieser Emanzipation nicht sympathisch gegenüber. Mir liegt die Broschüre eines englischen Sozialisten vor, der Front gegen die Frauenbewegung macht. Bebel ist der erste, der die Emanzipation der Frau in sein Programm aufgenommen hat. Für Marx, Engels, Lassalle existierte die Frauenfrage nicht.
Mehr Stolz – ihr Frauen! Der Stolze kann mißfallen, aber man verachtet ihn nicht. Nur auf den Nacken, der sich beugt, tritt der Fuß des vermeintlichen Herrn.
Es ist die Majorität, die auch heut noch in der Frauenbewegung kaum etwas anderes sieht und von ihr erwartet als die Entlastung der Gesellschaft von den weiblichen Parasiten, die keinen männlichen Versorger finden. »Alte Jungfern aller Länder vereinigt euch« ist das Motto, das ein witziger Gegner den Frauen für ihr Freiheitsmanifest empfiehlt.
Darin aber haben unsere Gegner recht, daß die Frauenemanzipation an der heutigen Form der Ehe rüttelt. Sie rüttelt daran, aber nicht im Sinn- und Hinblick auf eine schranken- und zügellose Erotik, vielmehr um der Ethisierung, der Verfeinerung unserer groben Ehe willen. Was ihr an Gemeinem, Sklavenhaftem, Notgedrungenem anhaftet, will sie davon ablösen.
Schatten vom Geist des Hetärentums, und von dem der indischen Witwenverbrennung gehen noch immer in unserer Kultur um. Die geistige und ökonomische Erhebung der Frau ist der Hahnenschrei, der diese Gespenster bannen soll.
Das Ende der Zwangsehe wird der Anfang einer neuen höheren, sittlicheren Gemeinschaft zwischen Mann und Frau sein.
Die Frommen und Konservativen im Lande brauchen sich aber nicht zu entsetzen. Keine Petition an den Reichstag um Schließung der Standesämter, um den Umsturz der Traualtäre oder sonstige Plötzlichkeiten sind geplant. Wir wissen es: Neue Ideen müssen erst in das Gesamtgefühl der Majorität eindringen, ehe die Einzelnen sie ungestraft im realen Leben verwirklichen können.
Von Gefühlen, sagt man, wird das Weib beherrscht. Nur das Weib? Mir scheint, es gilt von der ganzen Menschheit.
Denken wir uns eine starkgeistige Frau, die unsere heutige Ehe für eine überlebte, ethisch widerwärtige Institution hält. Müßte sie nicht konsequenterweise den freien Liebesbund, den etwa ihre Tochter mit dem Mann ihrer Wahl zu schließen gewillt ist, segnen?
Aber nein. In den weitaus meisten Fällen wird sie einem solchen Bund entgegenarbeiten, in der begreiflichen Zärtlichkeit, die die Tochter vor der Tragik eines Schicksals bewahren möchte, das diejenigen ereilt, die im Konflikt mit dem eigenen Denken und den Gefühlen ihrer Zeit sich auf die Seite des Denkens stellen, und ihre Lebensführung dieser intellektuellen Erkenntnis anpassen wollten. Der Weg vom Erkennen zur Tat geht über gefährliche Klüfte. Wer möchte ein Curtius sein!
Revolutionen werden nicht mit Rosenwasser gemacht. Es braucht aber nicht gerade Blut zu sein. Die Zeit ist die größte Revolutionärin; nur schreitet ihr eherner Schritt langsam, langsam aufwärts.
Und das ist die tiefe Tragik der Vorausdenkenden, daß sie ihre Zeit nie erleben, das heißt, sie kommt erst, wenn sie gegangen sind.
Die Antifeministen halten die allmählich sich entbindenden, der Dekadence heilend entgegenwirkenden Intelligenzkräfte der Frau für eine Art geistiger Brunnenvergiftung, und sie schlügen die Rädelsführerinnen am liebsten – wenigstens mundtot. Hülfe ihnen nichts. Die Welt ist ein Riesenphonograph. Ideen, die einmal hineingesprochen, bleiben unauslöschlich darin haften. Sie klingen wieder, klingen wieder.
Die französische Revolution emanzipierte den dritten Stand, die sozialistische Revolution unseres Zeitalters gilt dem vierten Stand, dem Proletariat. Die Revolution der Frauen will die Emanzipation der größeren Hälfte des Menschengeschlechts. Die Zeit selbst hat sie nach den Wehen eines Jahrhunderts, da sie nun geburtsreif geworden, aus ihrem Schoß entbunden.
Der Kampf gegen diese Ideen ist ein Todeskampf. Die Geister in der Luft kämpfen mit, aber – für uns.