|
Ihr Ringe, drei Ringe, um Einen Finger,
und jeder ein toter, gebrochener Schwur,
und seid mir so heilig, ihr flimmernden Dinger,
seid mir ein treuer,
still wachsender, neuer,
einziger, willig gesprochener Schwur.
Was glühst du, Rubin, von versunkenen Stunden?
Was blickst du, Perle, so bleich im Gold?
Du Reif dazwischen, schlicht gewunden,
was scheinst du doch so scheu und hold?
Ach, immer die Treue treuwillig versprochen,
und immer treuwillig die Treue gebrochen;
so hat es das Leben, das Leben gewollt.
Ihr Ringe, drei Ringe, an meiner Linken,
und dennoch ein neuer, dämmernder Schwur . . .
O Sonne, du rote, was will dein Sinken,
aus Nebeln Winken?
o Gold, dein Blinken?
Du blasse Perle, wie war's doch nur? –
War wol ein Morgen frühlingsmild;
die alte Kirche stand voll Glanz.
Blaß flammte ums Erlöserbild
der Osterkerzen weißer Kranz.
Der Orgel Hallelujah quoll,
uns war das Herz von Gott so voll,
das Kinderherz, voll Bebens.
O Schwur des Glaubens! o Gebot:
Nun seid getreu bis in den Tod,
dann wird euch die Krone des Lebens,
die ewige Krone des Lebens.
Und mit der Mutter still durchs Feld,
wie glänzte weit, wie glänzte grün
und war ein Sonntag all die Welt;
die Weidenbüsche wollten blühn,
ein Zweiglein brach der Knabe.
Doch feierlich im leeren Land
als wie ein Kreuz die Mühle stand;
und sinnend weiter still feldein . . .
O Försterhaus am Eichenhain!
O Vater-Wort und -Gabe!
O Gartenzaun am Eichenhain!
da nahm mein Vater meine Hand
und legte einen Ring hinein,
der hatte einen schwarzen Stein,
drin eine goldne Krone stand,
und sprach zu seinem Sohne –
sein Auge blickte ein Gebot:
Nun sei getreu bis in den Tod,
dann wird dir die Krone zum Lohne,
des Lebens goldene Krone . . .
Ihr Ringe, drei Ringe, an meiner Linken,
und jeder ein neuer, ein toter Schwur;
was wird so zitternd euer Blinken?
O Sonnenscheiden, Sonnenwinken,
oh weite Flur!
Die Nebel reißen, wie blutende Wunden;
ich habe die Freiheit, die Freiheit gewollt.
O Sonnenblut; wie schwillt's im Gold!
Was glühst du, Rubin, von versunkenen Stunden?
Es war ein Mittag, frühlings
wild;
von der Bergeskrone, rot zuckend, kroch
die Wolkenschlange ins Gefild;
der Donner jagte von Joch zu Joch;
Sturm weinte das Dunkel, ein stürzendes Meer;
triefend schrieen die Bäume; und grell und spitz,
lang züngelnd, über uns, um uns her –
mein zitternd Mädchen, weißt du noch?
flocht flatternde Netze Blitz auf Blitz.
Und die Bäume bogen und schlugen sich,
blendend nieder flackte der breite Strahl
und umschlang im Taumel dich und mich
zerknatternd der fahle, steil glühende Wall;
und da lag im Taumel weh Brust an Brust,
jung hing und schauernd Mund an Mund,
sank Auge in Auge im Moose, und –
rauschend schluchzte der Regen in unsre Lust,
stumm lohte der feuergetaufte Bund . . .
Und empor! o standest du bleich und bang.
Und da hab ich den Donner des Himmels bedroht,
von der Faust mir peitschend das Wasser sprang,
durch die schreienden Bäume mein Lachen klang:
O lauter, mein Bruder, dein wild Gebot!
Und riß mir vom Finger den Knabenring:
Ich bin mir selbst mein Herr und Gott!
und nahm deine Hand, dran zitternd hing
im Blitzlicht funkelnd der rote Rubin,
und vom Himmel gebadet, vom Himmel umloht,
ich fühlte dich weinen, ich sah dich glühn,
schwur ich: Gieb her! sei treu! nimm hin . . .
Ihr Ringe, drei Ringe, um Einen Finger,
und jeder ein doppelt gebrochener Schwur.
Wie der Nebel raucht! und ein brennender Zwinger
umgittert die irrende Sonnenspur.
Ihr brechendes Auge grüßt das Gold,
ich habe freiwillig die Freiheit verschworen;
was glimmst du schlichter Reif so hold?
die Freiheit verschworen, die Freiheit verloren;
ich habe die Liebe, die Liebe gewollt.
Und es kam ein Abend, frühlingsmild;
bang steht, in Schleiern, bleich, die Braut.
Ernst rauschen die Geigen; herb duftend schwillt
der Myrte grünes, weißblühendes Kraut.
Und Ring um Ring; und Schweigen . . . nur
durchs Fenster flüsterte der Mai;
und nun will ich uns segnen, stolz und frei,
da horch, da horch: voll Bebens,
fromm die Stimmen der Freunde – o Lied, o Schwur,
o ihr rauschenden Geigen, o Gebot,
gelb zuckende Kerzen im Abendrot.
Nun sei getreu bis in den Tod,
dann wird dir die Krone des Lebens!
Da flocht ich ihr still vom Haupt den Kranz,
still küßte ich ihr dunkles Haar;
glutüberhaucht vom fernen Glanz
hielt ihre Hand ein Rosenpaar,
still zitterten die Blüten.
Und durch das schweigende Gemach
mein stammelnder Mund den Segen sprach,
und sprach – mir war das Herz so weit,
von Glauben weit und Seligkeit:
Nun will ich Dein sein alle Zeit,
Ein Leib, Eine Seele, in Glück und Leid
dein Gott, meine Welt, dich hüten.
Und draußen wiegte ein Lindenbaum
goldgrün sein jung Gefieder;
sanft verglühte der Rosen rot schwellender Saum,
und durch den Schimmer, den Duft, den Traum
rauschten die Geigen wieder.
Da gab sie mir an meine Hand,
an meine Rechte zurück mein Pfand,
den Ring mit der leuchtenden Krone, –
stumm glomm ihrer Augen bangselige Not:
Nun sei getreu bis in den Tod,
dann wird uns die Krone zum Lohne,
des Lebens heilige Krone . . .
Ihr Ringe, drei Ringe, an meiner Linken:
was blickst du, Perle. so trüb im Gold?
O Sonne, du müde, nun magst du sinken;
o schwere Pflicht, wie schienst du hold!
Gelb taucht ins Moor der letzte Funken,
durchs kahle Land der Nebel rollt;
ich habe die Wahrheit,
Klarheit gewollt;
ich war der Liebe so satt . . . so trunken!
Denn eine Nacht kam frühlingswild,
kam schwül. Ums Licht der Lampe lag,
vom lauten Regen dunstverhüllt,
das Dunkel dumpf und dufterfüllt;
hohl scholl und hart das Laubendach.
Es klang so einsam, was ich sprach
von meiner Liebe Ueberdruß;
es klang so bang, als ob ich log,
als ich mich flüsternd zu dir bog.
Und ich hielt deine Hand. Weißt du wol noch,
du blasse Andre; wolltest du's?
Wie war sie doch von Arbeit rauh!
wie saßest du so scheu und still
mit deinen Augen groß und grau,
als horchtest du dem Tropfentau,
der durch die Epheublätter fiel.
Und ich hielt deine Hand. Und es war so schwül.
Was ließest du es doch geschehn!
Ich wollte dir nur ins Auge sehn,
in diese Augen stolz und stumm;
Du aber – und wir sanken um;
die Epheublätter zitterten;
ich nahm dein einziges Eigentum.
Und vom Finger dein Ring, der flimmernde,
der in den kalten Sand gerollt;
im dumpfen Schatten schimmerte
trüb um den Perlenstern sein Gold.
Und da hast du trotzig aufgelacht,
von deinem Vater war auch er;
blaß langtest du ihn zu mir her,
aus deinen Augen sah die Nacht,
und du nahmst meine Hand – hohl scholl der Strom
des Regens über uns, und trüb
in dem schwarzen Stein die Krone glomm –
sprachst du: Leb wohl! vergiß! nimm; gieb . . .
Ihr Ringe, drei Ringe, und doch der neue,
aus scheuer Seele bang dämmernde Schwur?
Dahin der Glaube, dahin die Treue;
oh dunkle Flur!
Starr durch die nackten Pappeln schauen
die Sterne ins verhüllte Feld;
Wahrheit? – Im Moor die Nebel brauen;
laß ab! was willst du? Um dich Grauen,
und – voll von Sonnen steht die Welt!
Was willst du, Sehnsucht meiner Brust?
Sieh, eine Sonne ging zur Ruh,
nun schließ auch deine Augen du;
das Leben ist des Lebens Lust!
Hinein, hinein mit blinden Händen,
du hast noch nie das Ziel gewußt;
zehntausend Sterne, aller Enden,
zehntausend Sonnen stehn und spenden
dir ihre Strahlen in die Brust!
Dir in die Brust . . . was willst du, Schweigen,
du laute Sehnsucht, immer noch?
Und ich sehe die Krone, die eine, steigen –
ihr Ringe, drei Ringe, wie war es doch?
die Krone
steigen, die Krone
sinken,
zur Sonne sinken, die Sonne
winken:
Empor! nichts ist vergebens.
fest steht mein flammendes Gebot!
dem sei getreu bis in den Tod –
du trägst die Krone des Lebens,
die Schöpferkrone des Lebens . . .
|