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I. | |
Mein Gott hat mir gesagt: »Sohn, man muß Mein sein! Mein!
Sieh meine durchbohrte Brust, mein strahlend, blutend Herz und meine wunden Füße, die Magdalenens Schmerz mit Thränen wusch; und siehst, siehst die große Pein meiner Arm und Hände durch deine Sündenschuld, siehst das Kreuz, die Nägel, und siehst und fühlst und glühst, daß diese bittre Welt des Fleisches Nichts versüßt, als Mein Fleisch und mein Blut, mein Wort und meine Huld. War ich nicht dein, mein Sohn, dein bis in den Tod?
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II. | |
Und ich –: Herr! du sagtest meine ganze Seele.
Ja. ich will zu dir, Herr, suche und finde nicht. Du, dessen Liebe lodert wie aller Sonnen Licht: ich Dein sein, Dein? ich Wurm im Staub und voller Fehle! 151 Du Friedensborn, den alle Kreatur erlechzet, ach, Einen Blick nur träufle in meinen Gram und Wahn! Darf ich denn wagen, Herr, nur deiner Spur zu nahn, ich, der auf eklen Knieen hier vor dir kriecht und ächzet? Und dennoch such'ich dich, taste, tappe nach dir,
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III. | |
»Man muß, muß mein sein! Ja: ich bin, bin der Kuß
der Welten, bin der Odem, bin dieser Mund, du lieber Kranker, von dem du stammelst, der glühende; und dies Fieber, das deine Nächte schüttelt, bin Alles Ich! man muß nur wagen, mein zu sein! Ja: meine Liebe, die zu Höhen lodert, wo dein armes Ziegenseelchen nicht hinklimmt, wird dich, wie der Adler ein Rotkehlchen, empor zu Himmeln tragen, oh, Himmeln, die – oh sieh, sieh meine helle Nacht, du weinend Auge du
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IV. | |
– Herr, Herr, zuviel! ich wag's nicht. Ich Dein? Wer? ich, und Dein?
Nein nein, nur zagen darf ich, doch wagen – nein! ich bebe! 152 ich will's nicht, ich bin unwert! Ich Dein? du, Kelch und Rebe, du aller Heiligen Herz, du liebreich Brot und Wein, du, aller Gnadenwinde ungeheure Rose, du Eifrer Israels, du lichter Falter, dem nur die junge Blume der Unschuld angenehm: und ich soll Dein zu sein vermögen? ich lichtlose Schlacke, ich Frevler, Dein? Herr, bist du rasend?! Ich
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V. | |
»Drum muß man mein sein! Ich bin's, der in dir rast,
bin der neue Adam, der den alten frißt, dein Hunger und dein Mannah; und meine Liebe ist so strömender, je näher du der Quelle nahst. Ein strömend Feuer ist sie, drin all dein brünstig Blut auf immer sich verzehrt und wie ein Duft verdampft, und ist die Sündflut, deren schwangere Wut zerstampft Jedweden schlimmen Keim und all die trübe Brut, die Ich gesät, daß einst mein Kreuz so heller strahle
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VI. | |
– Herr! Herr! ich fürchte mich. Mein Herz zittert und zagt.
Ich seh, ich fühl's: man muß, muß Dein sein. Aber wie, wie, Gott mein Gott, dein werden? du Richter, dessen Knie selbst der Gerechte kaum anzurühren wagt. Ja, wie? Denn sieh, es wankt der Grund, darinnen hier mein Herz sein Grab sich grub, und über mich wie Glut fühl ich herniederstürzen des Firmamentes Flut und rufe: Herr! wo führt ein Weg von Dir zu mir?! Reich mir die Hand, mein Leben, daß dieses Fleisches Weh
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VII. | |
»So möglich, wie gewiß. O komm, o siehe, welch
Entzücken deiner harrt! Laß ab von deinem Harme und deinem Trotz! komm, sinke in meine offnen Arme, gleichwie der Glühwurm in den erblühten Lilienkelch. Komm und verdien es dir! Komm an mein Ohr, schütt aus all deine Niedrigkeit mit deinem höchsten Mute; sag Alles, Sohn – frei, schlicht und ohne Stolz im Blute; reich mir der Reue blassen, schmachtenden Blumenstrauß! Dann tritt an meinen Tisch, einfältiglich; da soll
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»Dann geh und glaube fromm, demütig an das Urwort
der Liebe, allwodurch ich dein Leib-und-Seel ich bin; und kehre ja, mein Sohn, sehr oft von Neuem in mein Haus ein, meinen Wein dort zu kosten und den Schwur dort zu leisten auf mein Brot, ohn welches all dein Streben nur ein Verrat vor mir; und bitte mich, wie Brauch, mich, Vater Sohn und Geist, und meine Mutter auch, daß du das Lämmlein werdest, das stumm versprützt sein Leben, daß du das Kindlein werdest, bekleidet mit dem Linnen
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»Und um zu lohnen deinen Eifer in diesen Pflichten,
die also süß, daß ihre Wonnen unsäglich sind, will ich dich schmecken lassen schon auf Erden, Kind, den Vorschmack Meines Friedens: meine dunkellichten geheimen Nächte, wo der Geist sich meinen Söhnen aufthut und vom ew'gen Kelch der Verheißung trinkt, wo hoch vom heil'gen Himmel der fromme Vollmond winkt und aus der rosigen Finsternis die Engelchöre tönen, verkündend die Entrückung empor zu Meinem Lichte,
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VIII. | |
– Ach! Herr! wie wird mir! siehe, weinend vor Deine Füße
stürz'ich, schluchzend und jauchzend; deine Stimme macht mir wohl und weh! mein Auge weint, meine Seele lacht! und all das Weh, das Wohl hat all die selbe Süße! Aus Thränen jubl'ich, Herr; aus meinem Rausche wecken mich Hörnerrufe, Waffen winken auf klirrender Au, funkelnde Schilde, und drüber Engel in Weiß und Blau, und dieser Hörnerruf füllt mich mit Wut und Schrecken! Den Taumel fühl'ich, fühle das Graun der Auserwählten!
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VIII. | |
»So, armes Herz, so recht!« 156 |