Daniel Defoe
Oberst Hannes
Daniel Defoe

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Ich lebte nun ganz zurückgezogen. Denn ich wußte, daß sie Schulden gemacht hatte, die ich bezahlen sollte, allein ich hatte mich an einen Ort begeben, wo ich nicht aufzufinden war. Denn es war nötig, daß ich dort verweilte, bis die virginische Flotte ankam, bei welcher ich wenigstens 300 Fässer Tabak hatte, die ausreichen sollten, um alle Löcher zuzustopfen. Denn die Verschwendung, der ich drei Jahre mit dieser Frau ausgesetzt gewesen war, hatte mich recht weit heruntergebracht, so daß ich kaum noch soviel besaß, wie ihr eingebrachtes Gut betrug, welches sich nicht einmal auf 100 Pfund Sterling belief.

Allein die Verdrießlichkeiten, die mich bei dieser unglücklichen Heirat betrafen, waren noch nicht zu Ende. Denn nachdem ich drei Monate von ihr getrennt gewesen war, auch ihren Wechsel über 30 Pfund verweigert hatte, wobei ich meine erste Wohnung geändert hatte, so daß ich mich wirklich sicher genug glaubte, nicht ausgeforscht zu werden, so kam dennoch eines Tages ein wohlgekleideter Herr zu mir in meine Wohnung und wurde hereingelassen, ehe ich etwas davon erfahren hatte, denn sonst würde ich ihm keinen Zutritt gewährt haben. Man hatte ihn in eine Nebenstube geführt, und ich kam in Schlafrock und Pantoffeln zu ihm. Als ich eintrat, nannte er mich vertraulich bei meinem Namen, wie wenn wir schon zwanzig Jahre bekannt gewesen, zog eine Brieftasche heraus und zeigte mir einen Wechsel, den meine Frau auf mich gezogen hatte, welches eben der Wechsel über 30 Pfund war, den ich vorher schon anzunehmen verweigert hatte.

Mein Herr, sprach ich, dieser Wechsel ist mir schon einmal vorgelegt worden, und ich habe schon dazumal, meine Antwort darauf gegeben.

Eine Antwort? Mein Herr, sprach er auf eine spöttische und trotzige Art, ich verstehe nicht, was ihr mit einer Antwort sagen wollt. Die Angelegenheit besteht nicht in einer Frage, sondern in einem Wechsel, der zu bezahlen ist.

Wohl recht, mein Herr, sagte ich, es ist ein Wechsel, das weiß ich sehr gut und habe dieserhalb meine Antwort schon darauf gegeben.

Mein lieber Herr, versetzte er sehr hochmütig, eure Antwort? Es bedarf keiner Antwort auf einen Wechsel, ein Wechsel wird bezahlt aber nicht beantwortet. Man sagt, daß ihr ein Kaufmann seid, mein Herr, und Kaufleute pflegen ihre Wechsel stets zur rechten Zeit einzulösen.

Ich fing gleichfalls an ein wenig ungehalten zu werden, denn ich fand, daß der Kerl ein wenig naseweis tat, und davon war ich kein Freund. Daher sagte ich: Ich sehe, mein Herr, daß ihr nicht gewohnt seid Wechsel zu präsentieren. Ein Wechsel wird immer erst präsentiert, und diese Präsentierung bedeutet soviel wie eine Frage, ob ich den Wechsel annehmen und bezahlen will oder nicht, und wenn ich nun Ja oder Nein sage, so ist es die Antwort darauf. Wenn der Wechsel aber angenommen ist, alsdann ist freilich keine weitere Antwort erforderlich als die Bezahlung, wenn er fällig wird. Wenn sich der Herr deswegen erkundigen will, so wird er hören, daß dies hier der Brauch ist, welchen alle Kauf- und Handelsleute, auf welche Wechsel gezogen werden, zu beobachten pflegen.

Laßt es genug sein, sprach er, was steht im Wege, die 30 Pfund Sterling auf den Wechsel zu bezahlen, den ich in meinen Händen habe?

Es steht nur dieses im Wege, mein Herr, sagte ich, daß ich der Person, die mir den Wechsel präsentierte, gesagt habe, daß ich den Wechsel nicht einlösen würde.

Nicht bezahlen? sprach er, aber ihr werdet ihn bezahlen und müßt ihn bezahlen!

Diejenige, die den Wechsel auf mich ausstellte, hatte kein Recht dazu, und folglich werde ich auch keinen Wechsel, den sie auf mich ausgestellt hat, bezahlen, des könnt ihr versichert sein.

Darauf fuhr er mich recht hochmütig an und sagte: Mein Herr, diejenige, die diesen Wechsel ausgestellt hat, ist eine Person, die viel zuviel Ehrgefühl besitzt, als daß sie ohne Ursache einen Wechsel unterschreiben sollte, und es ist eine Beschimpfung für sie, wenn ihr sie dessen beschuldigt, weshalb ich deswegen besonders Genugtuung von euch verlange. Aber vorerst bezahlt den Wechsel. Den Wechsel müht ihr bezahlen, da hilft euch alles nichts.

Ich war ebenso kurz angebunden und sagte ihm: Ich beschimpfe niemanden, mein Herr, ich kenne die Person vielleicht ebensogut wie ihr, und was ich von ihr gesagt habe, ist keine Beschimpfung. Denn ich sage es noch einmal, sie hatte kein Recht, einen Wechsel auf mich auszustellen, weil ich ihr nichts schuldig bin.

Ich will nicht die Flüche und Schwüre zu Papier bringen, mit denen er seine Rede ausstattete. Aber er sagte mir, er wolle mir zu erkennen geben, daß sie Freunde hätte, die ihr beistünden: Ich hätte nicht rechtschaffen an ihr gehandelt, das wollte er mir schon beweisen und ihr zum Recht verhelfen, ich sollte ihm aber vorerst den Wechsel bezahlen.

Ich antwortete ihm kurz, daß ich den Wechsel nicht bezahlen würde und zwar weder diesen noch irgendeinen andern, den sie auf mich ziehen würde.

Hiermit trat er zur Tür, schloß sie ab und schwur bei Himmel und Hölle, er wolle mich zwingen, den Wechsel zu bezahlen, ehe wir voneinander schieden, und legte seine Hand an seinen Degen, zog ihn aber noch nicht heraus.

Ich gestehe, daß ich hierüber nicht wenig erschrak. Denn ich hatte keinen Degen. Und wenn ich auch einen gehabt hätte, so hätte ich doch nicht damit umzugehen gewußt. Denn obgleich ich viele artige Künste gelernt hatte, die mich zu einem Kavalier zu machen vermöchten, so hatte ich doch auf die Hauptsache, wie ich nämlich den Degen führen sollte, was allerorts üblich zu sein pflegt, gänzlich vergessen. In Wahrheit, ich war in dergleichen Kämpfen völlig ungeübt. Daher war ich so bestürzt, als er die Tür abschloß, daß ich nicht wußte, was ich anfangen oder antworten sollte.

Jedoch die Leute im Hause, die uns ziemlich laut reden hörten, kamen an die Tür und machten Lärm, um mir dadurch zu erkennen zu geben, daß sie zur Hand wären. Und als einer von den Dienern an die Tür faßte und fand, daß sie verschlossen war, rief er mir zu: Um Gottes willen, Herr, macht die Tür auf, was gibt es denn? Sollen wir den Viertelsmeister holen? Ich gab zwar keine Antwort, aber faßte doch Mut. Ich saß ganz gelassen auf einem Stuhl und sagte nur: Mein Herr, dies ist nicht der Weg, um mich zur Bezahlung des Wechsels zu veranlassen, ihr tätet besser daran, euch ruhig zu verhalten und eure Genugtuung auf andere Weise zu suchen.

Er verstand dies so, als ob ich ihm eine Verständigung anbieten wollte, was mir jedoch ganz fern lag, sondern ich meinte damit nur, daß er besser daran tun würde, die Sache auf gerichtlichem Wege auszutragen.

Von ganzem Herzen, sprach er, man sagt, ihr seiet ein Edelmann und heißet euch Oberst, und wenn ihr ein Edelmann seid, so nehme ich eure Herausforderung willig an, und wenn ihr mit mir hinausgehen wollt, so will ich es gegen die völlige Bezahlung des Wechsels annehmen, und wir wollen die Sache beilegen, wie es Edelleuten gebührt.

Ich will euch nicht herausfordern, mein Herr, ich meinte nur, daß dies nicht der Weg sei, mich zur Bezahlung eines Wechsels, den ich nicht angenommen hatte, zu nötigen, und daß ihr besser daran tätet mich zu verklagen und die Sache dem Gericht zu übergeben.

Recht hin, Recht her, sprach er, das Kavaliersrecht ist mein Recht. Mit einem Wort, Herr, ihr sollt bezahlen oder euch mit mir schlagen! Worauf er alsbald, als ob er sich geirrt hätte, sagte: Nein! ihr sollt euch schlagen und mich auch bezahlen. Denn ich will ihre Ehre verteidigen! Und fügte seiner Rede noch ein paar Verwünschungen hinzu.

Dieser Wortwechsel befreite mich indes von dem Eisenfresser. Denn eben bei Aussprechung der Worte »mit mir schlagen, denn ich will ihre Ehre verteidigen« hatte die Magd den Hausverwalter mit drei oder vier Nachbarn zum Beistand hereingebracht.

Er hörte sie hereinkommen und geriet einigermaßen darüber in Wut und fragte mich, ob ich ihm statt der Bezahlung den Pöbel auf den Hals hetzen wollte, dabei legte er die Hand an seinen Degen und sagte, wenn sich jemand unterstünde hereinzukommen, so wolle er mir im nächsten Augenblicke den Degen in den Leib rennen, auf daß er es dann mit weniger Leuten zu tun hätte.

Ich antwortete ihm, er wisse wohl, daß ich nicht um Hilfe gerufen hätte, da ich angenommen, daß es ihm um das, was er gesagt, nicht ernst wäre. Und wenn es jemand unternähme hereinzukommen, so geschehe es aus keiner andern Ursache, als um das Unglück zu verhüten, womit er gedroht hätte und dem gegenüber ich, wie er wohl sähe, wehrlos wäre.

Hierauf rief der Viertelsmeister und gebot uns allen beiden in des Königs Namen, die Tür zu öffnen. Ich saß auf einem Stuhl und wollte von demselben aufstehen. Da machte er eine Bewegung, als ob er blank ziehen wollte, worauf ich mich wieder niedersetzte. Und weil die Tür nicht geöffnet wurde, stieß der Amtmann mit seinem Fuße dagegen und kam herein.

Was soll dies bedeuten, sprach mein Kavalier, was wollt ihr hier?

Mein Herr, sprach der Viertelsmeister, ihr werdet sehen, was ich verlange. Ich bin dazu berufen Frieden zu halten. Nun bin ich von den Leuten des Hauses herbeigeholt worden, weil sie fürchteten, es könnte ein Unglück geschehen, dem wollte ich vorbeugen.

Was für ein Unglück haben sie befürchtet?

Ich glaube, sagte der Viertelsmeister, daß sie besorgen, ihr möchtet euch miteinander schlagen.

Wenn sie diesen Kerl hier besser gekannt hätten, sprach er, so würden sie euch nicht herbeigerufen haben. Es ist keine Gefahr, daß er sich schlägt, sie heißen ihn wohl Oberst, und ich möchte wünschen, daß er einer wäre, er ist aber zu einer feigen Memme geboren. Er schlägt sich wohl nicht leicht, denn er kann keinen Degen sehen; wenn er ein rechtschaffener Kerl wäre, so würde er mit mir hinausgegangen sein, allein er hält nicht viel von der Tapferkeit. Wenn sie ihn gekannt hätten wie ich, so würden sie euch nichts vom Schlagen gesagt haben. Ich versichere euch, Herr Amtmann, er ist ein verzagter Kerl und ein verzagter Kerl ist ebensoviel wert wie ein Feigling. Hiermit trat er vor mich hin und schimpfte mir recht derb ins Gesicht, lachte und spottete meiner aufs schrecklichste, als ob ich der feigste Kerl von der Welt wäre.

Es mochte wohl etwas daran sein, was er sagte, und er mochte in diesem Punkte nicht so ganz Unrecht haben. Allein ich war nun ein Verzagter, der verzweifelt war, und ein solcher ist dann einer von den schlimmsten in der Welt, wenn man mit ihm anbindet. Denn da ich in Wut geraten war, fuhr ich ihm ins Gesicht, kriegte ihn um den Leib zu fassen und warf ihn gar säuberlich auf den Rücken, und wenn nicht der Viertelsmeister dazwischen gekommen wäre und mich zurückgehalten hätte, so würde ich ihn gewiß mit den Füßen zu Tode gestampft haben. Denn mein Blut kochte nunmehr sozusagen hochauf, und die Leute im Hause gerieten in Furcht, daß ich ihm den Rest geben würde, obgleich ich doch nicht die geringste Waffe in der Hand hatte.

Der Viertelsmeister tadelte meine Hitze, allein ich sagte zu ihm: Herr Viertelsmeister, meint ihr nicht, daß ich allzusehr gereizt worden bin? Wer kann dergleichen Beschimpfung ertragen? Ich verlange zu wissen, wer dieser Kerl ist und wer ihn hierher gesandt hat.

Ich bin ein Kavalier, rief dieser, und komme mit einem Wechsel und will Geld von ihm haben, er aber weigert sich zu zahlen.

Gut, sagte der Viertelsmeister sehr weise, dies geht mich nichts an. Ich bin kein Richter, der solche Sachen zu untersuchen hat. Machet dies untereinander selbst aus, legt aber keine Hand aneinander, das ist das einzige, was ich von euch verlange. Und deshalb, mein Herr, sprach der Viertelsmeister zu ihm, wenn ich euch raten soll, so würdet ihr gut daran tun, es jetzt dabei bewenden zu lassen, und ginget in Frieden von hier fort, da er den Wechsel doch nicht bezahlen will, und lasset das Gericht zwischen euch entscheiden.

Der andere stieß noch viele ungereimte Reden wegen des Wechsels aus und bestand auf Zahlung, da der Wechsel von meiner eigenen Frau ausgestellt worden wäre. Ich sagte nun im Zorn darauf: Ja, von einer Hure ist er ausgestellt worden! Er sagte mir hierauf, ich dürfte ihm an einem andern Orte nicht so kommen. Ich antwortete, ich wollte sie öffentlich vor aller Welt für eine Hure erklären und sie vor allen Leuten zu schanden machen. Wir zankten uns so beinahe eine halbe Stunde herum. Denn des Viertelsmeisters Gegenwart machte mich beherzt, weil ich wohl wußte, daß er uns vom Schlagen abhalten würde, wozu ich gar wenig Lust hatte.

Ich wurde aber dieses seltsamen Vorfalls wegen recht von Herzen bekümmert, um so mehr weil man mein Quartier ausgekundschaftet hatte, welches ich doch so ängstlich zu verbergen gesucht hatte. Deswegen entschloß ich mich, es am andern Tage zu wechseln. Den ganzen Tag über hielt ich mich im Hause und ging nicht hinaus bis zum Abend, gedachte dann aber nicht wieder zurückzukehren.

Als ich bis in die Gnadenkirchstraße gekommen war, wurde ich gewahr, daß mir ein Kerl mit einem Beine und zwei Krücken nachgehumpelt kam – das andere trug er auf dem Polster eines Stelzfußes – und um ein Almosen bettelte. Weil ich ihm aber nichts geben wollte, folgte mir der Kerl immer weiter nach, bis ich in einen Hof kam, wo ich ihn etwas hart anfuhr und zu ihm sagte: Ich habe nichts für euch, quält mich doch nicht so! Bei diesen Worten schlug er mir mit seiner Krücke eines hinter die Ohren, daß ich zu Boden fiel.

Weil ich nun von dem derben Schlage ganz betäubt war, wußte ich nicht, wie mir geschah, als ich aber wieder ein wenig zu mir kam, fand ich, daß ich an verschiedenen Stellen meines Körpers heftig verwundet, meine Nase aufgeschlitzt, eins von meinen Ohren fast abgeschnitten war und eine große Schramme auf einer meiner Schläfen, wie auch einen Stich, der aber nicht so gefährlich war, in meinem Leibe hatte.

Wer außer dem Krüppel, der mir eines mit seiner Krücke gegeben, dabei gewesen oder mich verwundet hatte, bekam ich nicht zu wissen und weiß es auch heute noch nicht. Ich lag eine gute Weile auf der Erde und blutete, bis ich wieder zu mir kam und um Hilfe rufen konnte. Als nun die Leute herbeikamen, führten mich einige wieder zurück in mein Quartier, wo ich länger als zwei Monate zubrachte, ehe ich wieder imstande war auszugehen. Und dann fürchtete ich, es stünden an allen Ecken Spitzbuben, die auf eine Gelegenheit lauerten, mir den Kopf noch einmal mit der vorigen Lauge zu waschen. Dies machte mich so unruhig, daß ich den Entschluß faßte, um mich von dieser Gefahr zu befreien, entweder hinüber nach Frankreich oder gar nach Virginien zu gehen, damit ich solchen Schelmen und Meuchelmördern aus dem Weg wäre. Denn so oft ich hier ausging, war ich allemal in Lebensgefahr. Gleichwie ich vorher nur des Abends ausging, um dadurch verborgen zu bleiben, so ging ich jetzt niemals aus als am hellen Tage und niemals ohne etliche Begleiter, die meine Leibwache bilden mußten.

Allein ich muß hier meiner Frau die gebührende Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß dies keineswegs auf ihr Anstiften geschehen war. Denn als sie gehört hatte, was mir begegnet war, schrieb sie mir einen Brief, in dem sie mir viel geziemender als sonst ihre Art war begegnete. Sie gab mir die Versicherung, daß es ihr sehr leid täte, daß mir so übel mitgespielt worden sei, und zwar um so mehr, da es, wie sie erfahren hatte, nach der Präsentierung ihres Wechsels geschah. Sie hoffe, fügte sie hinzu, daß ich sie bei allen ihren schlimmen Neigungen in keinem so harten Verdacht haben könnte, daß ich glauben könne, es sei mit ihrem Wissen und mit ihrer Einwilligung geschehen, noch viel weniger auf ihr Anstiften. Sie hätte gegen solche Dinge einen Abscheu und beteuerte hoch und heilig, wenn sie auch nur im geringsten wissen oder nur mutmaßen könnte, wer die Schelme gewesen seien, sie mir solche selbst entdecken wollte. Sie teilte mir hierbei den Namen desjenigen mit, dem sie den Wechsel gegeben hatte, und stellte mir anheim, ihn zu veranlassen, den Kerl, der mir den Wechsel überbracht und mir so ungebührlich begegnet sei, anzuzeigen. Wobei sie wünschte, daß ich es herausbringen möchte, damit er mit der größten Strenge des Gesetzes bestraft würde.

Dies gefiel mir so von meiner Frau, daß ich sie wahrhaftig wieder angenommen haben würde, wenn sie hierauf selbst zu mir gekommen wäre und mich besucht hätte. Allein sie ließ es bei der Höflichkeit noch eines zweiten Briefes an mich bewenden, worin sie mich ersuchte, ihr so oft wie möglich Nachricht von mir zu geben, wie es mir ginge, und fügte die Versicherung hinzu, daß es ihr zur besonderen Zufriedenheit gereichen würde zu hören, daß ich wieder völlig genesen sei, und gleichzeitig zu erfahren, daß der Täter zu Tyburn gehangen worden wäre.

Sie ließ noch etliche Worte mit einfließen, welche, wie ich sie verstand, ihre Bekümmernis über unsere Trennung und ihre noch bestehende Hochachtung gegen mich zu erkennen gaben, aber worin sie nichts von einer etwaigen Wiederkehr verlauten ließ. Darauf führte sie einige Gründe an, mit denen sie mich zur Bezahlung ihrer Wechsel bewegen wollte, indem sie mich daran erinnerte, daß sie mir ein ansehnliches Vermögen eingebracht und jetzt doch nicht soviel hätte, als sie zu ihrem nötigsten Unterhalt gebrauchte, was sie sehr strenge von mir gegen sie gehandelt fände.

Ich gab ihr eine Antwort auf diesen Brief, obwohl ich den ersten unbeantwortet gelassen hatte, und tat ihr kund, wie übel mir mitgespielt worden, vermeldete ihr auch zugleich, daß ich der Versicherung ihres Briefes gar gerne glauben wolle, daß sie nichts darum gewußt hätte, und daß ich sie keineswegs für einen so boshaften Charakter hielte, der so leichtfertig an mir handeln könnte, da ich sie weder beleidigt noch Gewalt gegen sie angewendet hätte und auch nicht die Ursache unserer Trennung gewesen sei. Was ihre Wechsel beträfe, so dürfte ihr nicht unbekannt sein, wie sehr mich ihre verschwenderische Lebensart herunter- und mein Vermögen auf die Neige gebracht hätte, und wenn es länger so fortgegangen wäre, so würde ich dadurch in das äußerste Verderben gelangt sein. Zumal sie in den drei Jahren viel mehr verbraucht, als sie eingebracht hätte, sie wäre auch nicht willens gewesen ihre reichliche Haushaltung einzuschränken und sparsamer zu leben, trotzdem ich sie aufs sanftmütigste darum gebeten und ihr vorgestellt hätte, daß ich solche große Unkosten nicht aushalten könnte. So hätte sie denn lieber ihr Hauswesen verlassen und sei von mir gegangen, anstatt sich in gehörigen Schranken halten zu wollen. Ich hätte ihr gegenüber nie Gewalt sondern nur Bitten und ernstliche Ermahnungen angewendet, indem ich ihr vorgestellt hätte, daß diese Lebensführung uns endlich an den Bettelstab bringen müßte. Jedoch, wenn sie ihren Wechsel widerrufen wollte, so würde ich ihr 30 Pfund Sterling schicken und sie, soweit mein Vermögen es erlaubte, und wenn sie sich in gebührenden Schranken hielte, keine Not leiden lassen. Ich könne ihr aber nicht verschweigen, daß ich schlimme Nachrichten über sie erhalten hätte: daß sie Gemeinschaft mit einem übelbeleumdeten Kerl hätte, den ich ihr mit Namen nannte. Es käme mir zwar schwer an, dergleichen Dinge von ihr zu glauben und um solcher Nachrede ein Ende zu machen und ihre Ehre wiederherzustellen, ließe ich sie wissen, daß ich trotz allem, was ich von ihr gehört, dennoch willig und bereit wäre, sie wieder anzunehmen und alles, was zwischen uns gewesen sei, zu vergeben und zu vergessen, wenn sie sich nur entschließen wollte, ohne Zwang in den engen Grenzen meines Vermögens mit mir zu leben und mir mit derselben Güte, Liebe und Zärtlichkeit zu begegnen, wie ich ihr jederzeit entgegengekommen wäre und auch ferner begegnen wollte. Falls sie sich aber jetzt weigerte, so würde dies für ewig sein. Denn wenn sie mein Anerbieten ausschlüge, so wäre ich entschlossen, hier nicht länger zu verweilen, wo ich bei vielen Gelegenheiten so übel behandelt worden wäre, sondern wieder in mein Land zurückzukehren, wo ich meine Tage in Ruhe und Einsamkeit hinzubringen wünschte.

Sie gab mir hierauf nicht die Antwort, die ich erwartete. Obwohl sie sich für die 30 Pfund Sterling bedankte, so suchte sie sich doch in allen Punkten zu rechtfertigen. Und wiewohl sie nicht mit ausdrücklichen Worten ausschlug wieder zu mir zu kommen, so sagte sie doch auch nichts, daß sie mein Anerbieten annähme. Sie antwortete mit einem Wort wenig oder gar nichts darauf, sondern schien nur eine völlige Rechtfertigung ihrer verletzten Ehre zu wünschen und dergleichen Gerede mehr.

Dies setzte mich anfangs in Verwunderung. Denn ich hatte gemeint, eine Frau, die sich in ihrer Lage befände, würde mit beiden Händen zugreifen, wenn sie ihrem Elend ein Ende machen und die ihr anhaftende Schmach und Verachtung durch eine solche Aussöhnung wieder abwenden könnte, um so mehr da zur selben Zeit Schmalhans bei ihr Küchenmeister war. Allein es war eine besondere Ursache vorhanden, die ihre Rückkunft verhinderte, und die sie in ihrem Briefe nicht gut vorbringen konnte, die aber wichtig genug war ein solches Anerbieten auszuschlagen, worüber sie zu einer andern Zeit froh gewesen wäre. Und diese wichtige Ursache war, daß sie in sehr schlechte Gesellschaft geraten war und einem Schmeichler ihre Tugend preisgegeben hatte. Mit einem Wort, sie war schwanger geworden, und unter diesen Umständen konnte sie mein Anerbieten nicht annehmen.

Wie ich später erfuhr, war sie gesonnen gewesen, den völligen Vergleich mit mir solange hinzuhalten, bis sie ihre Bürde, wie sie es selbst bezeichnet hatte, abgelegt hätte. Nachdem sie heimlich entbunden hätte, wollte sie auf meinen Vorschlag eingehen. Und dies war auch gewiß der sicherste Weg, den sie gehen konnte, und die einzige Zuflucht, die sie noch hatte. Allein ich war zu gut über ihr Tun unterrichtet, als daß mir eine solch wichtige Sache verborgen bleiben konnte, sie hätte sich denn fortbegeben müssen, ehe man ihren dicken Leib sah oder zum mindesten sich weiter entfernen müssen als sie es tat.

Und so war nun von meinem Vorsatz, sie wieder aufzunehmen, weiter nicht die Rede. Trotzdem sie mir verschiedene sehr unterwürfige Briefe schrieb, worin sie ihr Laster bekannte und mich um Vergebung bat.

Da die Sachen so lagen, blieb ich bei meinem Entschluß, hinüber nach Frankreich zu gehen, sobald ich meine Sendung aus Virginia erhalten haben würde. Danach setzte ich über nach Dünkirchen und machte hier die Bekanntschaft einiger irländischer Offiziere vom Dillonschen Regiment, die mich nach und nach zum Soldatendienst überredeten und mit Hilfe eines Generalleutnants und einigen Geldes erhielt ich in jenem Regiment eine Kompagnie und zog also geradenwegs ins Feld.

Ich war recht froh über meine neue Ehrenstelle, und nun vermeinte ich wirklich geworden zu sein, wozu ich geboren war, nämlich ein Edelmann, und daß ich noch niemals so vornehm gelebt hätte wie jetzt.

Als ich eine Weile Offizier war, erhielt unser Regiment Befehl, nach Italien zu gehen. Dort machte ich einen wichtigen Vorfall mit, nämlich die berühmte Überrumpelung der Stadt Cremona im Mailändischen, wo die Deutschen von Verrätern nachts heimlich durch einen Graben, der den Unrat der Stadt ableitet, hineingelassen wurden, den größten Teil in Besitz nahmen, den Marschall Herzog von Villeroy, als er eben aus seinem Quartier herausgekommen war, zum Kriegsgefangenen machten und die wenigen französischen Truppen, die in die Festung hineingelassen worden waren, niederschlugen. Aber mitten in ihrem besten Siege wurden sie von zwei irländischen Regimentern, die an der Straße, die zum Po hinuntergeht, verteilt waren und das Wassertor besetzt hielten, durch das die Verstärkung der Deutschen hereinkommen sollte, dermaßen tapfer und beherzt angegriffen, daß ihnen nach einem recht verzweifelten Kampfe der Sieg wieder entrissen wurde. Denn weil sie nicht imstande waren, durch uns hindurchzubrechen, um ihre Leute einzulassen, so sahen sie sich endlich gezwungen, die Stadt zum unsterblichen Ruhme der irländischen Regimenter und dieser ganzen Nation wieder aufzugeben, weswegen uns denn auch hernach vom Könige von Frankreich ein sehr höfliches Kompliment gemacht wurde.

Ich hatte nun das Vergnügen, und zwar gleich das erstemal, überzeugt zu werden, daß ich keineswegs der verzagte, armselige Tropf sei, der ich war, als mich der Prahlhans auf meiner Stube wegen des Wechsels über 30 Pfund so schrecklich anfuhr. Allein der Mensch lernt sich niemals eher recht kennen, als bis er auf die Probe gestellt wird, und die Herzhaftigkeit und die Tapferkeit wird erst durch die Erfahrung mit der Zeit erlangt.

Philipp de Comines erzählt, daß der Graf de Charlois, der vorher den äußersten Abscheu vor dem Kriege und Kriegswesen gehabt hatte, durch die in der Schlacht bei Monteleri erlangte Ehre derart verändert worden sei, daß später die Armee sein liebster Aufenthalt, und die Beschwerlichkeiten des Krieges sein angenehmstes Vergnügen gewesen sei. Ich kann mich zwar diesem berühmten Helden keineswegs an die Seite stellen, ich muß aber doch gestehen, daß mich die Schmeicheleien, die man mir wegen meiner Tapferkeit sagte, so hochmütig machten, daß ich mich wirklich für einen recht tapferen und kühnen Helden hielt und daher meine Kühnheit und Verwegenheit bei allen Gelegenheiten an den Tag zu legen versuchte. Dieser Ehrgeiz wurde noch vermehrt, als jemand dem Hofe eine umständliche Nachricht davon erteilte, wie ich durch meine Verteidigung des Wassertors und die spätere Behauptung desselben, nachdem der Oberstleutnant getötet worden war, sehr viel zur Entsetzung der Stadt und Erhaltung des ganzen Cremoner Gebietes beigetragen hätte. Worauf mir der König nicht nur ein öffentliches Zeugnis, wie angenehm ihm meine Dienste wären, sondern auch eine schriftliche Ernennung zum Oberstleutnant übersandte.

Ich hatte mir schon vorher in Scharmützeln und Ausfällen den Ruhm eines guten Offiziers erworben, es kam auch vor, daß ich mich bei ewigen Streifzügen befand, wo es etwas gab, was mir noch weit besser gefiel: nämlich wo es reiche Beute setzte.

In der Stadt, die wir zuerst einnehmen sollten, in Alexandrien, hausten die Bürger auf eine recht grimmige Weise und trieben die ganze Besatzung, die aus 800 Franzosen bestand, mit Gewalt zum Tore hinaus.

Ich wurde mit acht Mann und meinem Reitknecht in ein Bürgerhaus gleich am Tore gelegt, wo ich mit meinen Leuten einen kleinen Kriegsrat hielt und dann beschlossen, das Haus bis auf den letzten Blutstropfen so lange zu behaupten, bis wir von dem kommandierenden Offizier Befehl erhielten es zu verlassen. Als ich daher sah, daß meine Leute auf der Straße nicht Stand halten konnten, sondern den mit aller Gewalt eindringenden Bürgern weichen mußten, jagte ich alles zum Hause hinaus und verteidigte es wie ein festes Schloß, dessen Burgvogt ich war. Und weil das Haus am Tore lag, so entschloß ich mich der letzte zu sein, der den Ort verlassen würde, weil mir mein Rückzug durch das so nahegelegene Tor sicher genug schien.

Nachdem wir also das Haus von seinen Einwohnern geräumt hatten, machten wir uns kein Gewissen daraus, unsere Taschen mit allem, was wir darin fanden, anzufüllen. Mit einem Wort wir ließen nichts im Stich, was wir nur mit uns fortschleppen konnten. Wobei ich durch Zufall in des Hausvaters Wandschrank geriet und über 200 Pistolen an Geld und Silbergeschmeide mit fortnahm. Es wurden dieser Gewalttätigkeit wegen bei dem Prinzen Vaudemant, dem damaligen Mailändischen Statthalter, arge Klagen geführt. Da aber die Hartnäckigkeit der Bürger seinen Absichten überhaupt entgegen war, und dieser Prinz damals ganz auf des Königs Philipp Seite stand, so konnten die Bürger nichts erreichen, und ich glaube, wenn wir die ganze Stadt geplündert hätten, würde nicht ein Hahn danach gekräht haben.

Jedoch hatten wir Befehl, kein Feuer auf die Bürger zu geben, wenn wir nicht durch die äußerste Not dazu gezwungen würden. Weswegen wir den Ort denn lieber aufgeben wollten, als uns mit einem verzweifelten Haufen aufgebrachter Bürger herumzuschlagen, denen es an keinem Vorteil über uns fehlte, denn wir besaßen nur ein Tor und zwei Basteien, die wir zu unserm Rückzug brauchten. Denn erstlich waren ihrer noch einmal soviel an der Zahl, weil die Bürger, die durch sieben Kompagnien regulärer Truppen verstärkt worden waren, noch ungerechnet das Lumpengesindel, das noch viel mehr ausmachte, über 1600 Mann betrugen, wir aber alles in allem nicht über 800 Mann stark waren. Auch hatten sie das Schloß inne, so daß wir ihnen hätten wenig anhaben können, wenn wir auch einen Angriff hätten wagen wollen.

Hierauf lagen wir acht Monate im Quartier stille. Denn da der Prinz dem König Philipp das ganze Mailändische Gebiet genommen hatte, und eine gute Weile sich kein Feind blicken ließ, so fanden wir nichts weiter zu tun, als die Hilfstruppen, die aus Frankreich gekommen waren, unter uns einzuordnen.

Wir lagen zu Mantua im Quartier, wurden aber später auf Befehl des nachmaligen Marschalls von Frankreich herausgezogen, um die französische Armee bis zu der Ankunft des Herzogs von Vendôme, der damals das Oberkommando führte, zu unterstützen. Hier hatten wir im Jahre 1701 einen sehr schweren Feldzug, da wir mit dem tapferen Prinzen Eugen von Savoyen und einer Armee von 40000 Deutschen, alles alten erprobten Soldaten, zu tun hatten. Und obschon die französische Armee um 25000 Mann stärker war als die deutsche, so konnten wir doch nur langsam vorgehen, hatten viele Posten zu decken und wußten nicht, wo uns der Prinz von Savoyen, der die kaiserliche Armee kommandierte, angreifen würde. Daher sahen sich die Franzosen genötigt, ihre Truppen zu verteilen und so weit auseinanderzuziehen, daß die Deutschen, wie die Geschichte davon umständlich berichtet, ihre Anschläge mit großem Glück ausführten. Ich machte im Monat Juli 1701 das Treffen zu Capri mit, wo uns die Deutschen wirklich überlegen und wir genötigt waren, unser Lager aufzugeben und dem Prinzen den ganzen Fluß Etsch abzutreten. Hierbei erlitt unser Regiment auch einige Verluste, obschon der Feind wenig dadurch gewann. Catinat, der zu dieser Zeit den Oberbefehl führte, stellte sich am nächsten Tage den Deutschen gegenüber in voller Schlachtordnung auf und forderte sie zum Kampfe heraus. Allein jene wollten sich nicht regen, obwohl ihnen zwei Tage nacheinander die Schlacht angeboten wurde. Denn da sie durch unsern Rückzug aus der Gegend von Rivoli einen freien Paß über den Fluß Etsch erlangt hatten, spürten sie gewonnenes Spiel in der Hand.

Als unsere Generale sahen, daß es zu keinem Haupttreffen kommen wollte, so beunruhigten sie die Deutschen in ihren Quartieren und nötigten sie, einen jeden Fuß breit Boden, den sie gewonnen, mit dem Degen zu behaupten. Endlich griffen wir sie im folgenden September in ihren Verschanzungen zu Chiara an. Hier brachen wir mitten in das Herz ihres Lagers hinein, wo wir eine schreckliche Metzelei anrichteten. Ich weiß aber nicht, durch welchen Irrtum unserer Generale, oder durch welche verkehrte Ausführung ihrer Befehle das Korps aus der Normandie und unser irländisches Korps, die doch so tapfer in die Verschanzungen der Deutschen eingedrungen waren, wie sich es gehört hätte, nicht unterstützt wurden. So waren wir gezwungen, den Ansturm der ganzen Armee auszuhalten, um endlich doch den Vorteil, den wir hatten, nicht ohne große Verluste wieder abzugeben. Weil wir aber noch beizeiten durch ein zahlreiches Reiterkorps verstärkt wurden, so mußten die Feinde wieder weichen und sich bis in ihr Lager zurückziehen. Die Deutschen rühmten sich, hier einen großen Sieg erlangt zu haben, und es war auch wohl gewiß, da sie uns nach Einnahme wieder zurücktrieben, daß sie einen Vorteil über uns hatten. Wenn uns aber Tesse mit den 12000 Mann Fußvolk, die er bei sich hatte, zu Hilfe gekommen wäre, wie er nach des alten Catinat Meinung allerdings hätte tun sollen, so würde dieser Tag dem ganzen Kriege ein Ende gemacht haben, und der Prinz Eugen würde in größerer Eile als er gekommen wieder nach Deutschland zurückgegangen sein, wenn wir ihm nicht vielleicht gar den Weg dahin abgeschnitten hätten.

Allein das Schicksal hatte anders über uns beschlossen, und die Deutschen machten in diesem Feldzuge immer weitere Eroberungen und rückten von einem Posten zum andern vor, bis sie uns endlich gänzlich aus dem Mailändischen hinausschlugen. Gegen das Ende bestand dieser Feldzug nur noch in kleinen Scharmützeln, weil die Franzosen nach ihrer flüchtigen Art sich täglich draußen sehen ließen, um entweder den Proviant der Feinde zu überfallen oder zu plündern, obschon sie hierbei öfters den kürzeren zogen und mit blutigen Köpfen wieder zurückkamen. Denn die Deutschen hatten bei verschiedenen Gelegenheiten den Vorteil über sie, ja es büßten bei diesen kleinen Streifereien sogar viele ihr Leben ein, so daß ich glaube, wenn ich diejenigen mitrechne, die an Krankheiten starben, die sie sich durch harten Dienst und üble Quartiere zuzogen und weil sie bis Mitte Dezember in einem Lande, das voller Kanäle und Flüsse ist, in lauter Wasser und Sumpf gestanden: daß wir dort mehr Leute eingebüßt haben, als wir in einer Hauptschlacht je verloren haben würden.

Um dem Herzog von Vendôme seinen gebührenden Ruhm zu lassen, so drang er ernstlich darauf, es mit dem Prinzen Eugen zu einer Schlacht zu bringen. Allein der Herzog von Villeroy, auch Catinat und der Graf de Tesse waren dagegen. Der hauptsächlichste Grund war, daß ihnen die Schwäche der Truppen, die bei so vielen Gelegenheiten so Schweres ausgestanden hatten und sich nicht in dem Zustande befanden, sich mit den Deutschen in einer Schlacht zu messen, nur zu gut bekannt war, also bezogen wir, nachdem wir einander drei Monate lang mit Plänkeleien matt gemacht hatten, die Winterquartiere.

Allein ich wende mich wieder meiner eigenen Geschichte zu, denn ich bin nicht gesonnen, ein Tagebuch des Krieges, den ich gar nicht lange genug mitgemacht habe, abzufassen.


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