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Ich lebte unverheiratet und wohnte bei fremden Leuten, wurde aber nichtsdestoweniger allzu bekannt in der Stadt, ich galt für einen Ausländer und zwar für einen Franzosen. Es war mir dies recht lieb und schmeichelte mir heimlich, wenn mich jemand für einen Franzosen hielt. Und da ich sehr gut französisch sprach, ging ich in London in die französische Kirche und sprach bei allen Gelegenheiten französisch, wo es nur anging. Um dies noch wahrscheinlicher zu machen, hielt ich mir einen Diener, der ein Franzose war; er mußte auch mithelfen, meinen Tabak in Empfang zu nehmen und zu veräußern, wovon ich 500 bis 600 Fässer alle Jahre aus meinen Plantagen erhielt, auch meine Leute mit allem, was ihnen nötig war, zu versehen.
Unter diesen Verhältnissen lebte ich noch ungefähr zwei Jahre, als der Teufel, der mir seit der Zeit, da ich aufgehört hatte ein Dieb zu sein, beständig gram gewesen war, mir auf eine solche Art ein Bein stellte, daß ich wohl sagen kann, ich sei rechtschaffen von ihm bezahlt worden, indem er mir einen Fallstrick legte, der beinahe mein gänzliches Verderben wurde.
Dem Hause, in dem ich wohnte, gerade gegenüber lebte ein Frauenzimmer, das sehr gut aussah, wohlgekleidet ging und eine außerordentlich schöne Person war. Sie hatte eine gute Erziehung genossen und konnte überaus schön singen, und da die Häuser sich gerade gegenüber lagen, so konnte ich sie in dem engen Hofe oftmals ganz deutlich hören.
Dieses Frauenzimmer lief mir so oft über den Weg, daß ich anstandshalber unmöglich vermeiden konnte, wenn ich sie vor dem Fenster oder vor der Tür sah, ihr mein Kompliment zu machen und sie zu grüßen, so daß wir nach und nach von ferne Bekanntschaft miteinander schlossen. Bisweilen stattete sie auch in dem Hause, wo ich wohnte, einen Besuch ab, wobei es sich immer gerade so traf, daß ich gerade hineingehen mußte, wenn sie kam, wodurch wir noch mehr bekannt wurden, und öfters im Hause, jedoch stets in Gegenwart anderer Leute, uns eine Zeitlang unterhielten.
Ich war noch ein reines Kind in Liebessachen, und es gab kaum jemanden, der weniger von einer Frau wußte als ich. Der Gedanke an eine Frau oder an ein Verhältnis war mir nie in den Sinn gekommen und der Begriff einer Frau war mir bisher gänzlich unbekannt geblieben, ich hatte mich stets so wenig darum bekümmert als wie ich noch ein Knabe von zehn Jahren war und in der Glashütte auf einem Haufen Asche lag.
Allein ich weiß nicht, durch welche Zauberei ich durch den Umgang mit diesem Frauenzimmer, die ihre Augen auf mich geworfen hatte, nach und nach bestrickt wurde. Meine Gedanken wurden plötzlich solchermaßen von ihr eingenommen, daß sie mich wie eine Hexe zu jeder Zeit in ihrem Banne hatte. Wenn sie nicht eine von den verschlagensten Weibern auf der Welt gewesen wäre, hätte sie mich nimmermehr dahin gebracht, daß ich mir ihretwegen auch nur die geringste Mühe gegeben. Da ich aber durch den Trieb einer verborgenen Neigung, die imstande war, ein noch männlicheres Gemüt als das meinige zu überwältigen, gleichsam mit Gewalt dazu gezwungen wurde, so war es mir unmöglich zu widerstehen. Sie bezauberte mich mehr und mehr durch ihre artige Aufführung und mit solchen Künsten, die unmöglich wirkungslos abprallen konnten. Sie schwebte mir beständig vor Augen, hielt sich aber, auch wenn wir zusammen in Gesellschaft waren, stets mit Absicht von mir entfernt und legte mir solche Hindernisse in den Weg, daß es verschiedene Monate dauerte, ehe ich Gelegenheit hatte mit ihr zu sprechen, weil sie immer so auf ihrer Hut war, daß ich meine Worte nie bei ihr anbringen konnte.
Diese Sprödigkeit war mir ein rechtes Geheimnis, da sie mir doch gleichzeitig niemals aus dem Gesichtskreis ging, auch nicht vor den Leuten meine Person zu meiden suchte, aber doch Sorge trug, daß ich auch nicht ein einziges Mal neben sie zu sitzen kam, damit ich nicht etwa Gelegenheit hätte, ihr einen Brief zuzustecken, oder ihr etwas zuzuflüstern. Sie wußte es so einzurichten, daß immer eine Person zwischen uns saß oder stand, damit ich ihr nie nahe war, und so zog sie mich viele Monate zwischen Furcht und Hoffnung hin, als ob sie wirklich nichts mit mir zu tun haben wollte.
Inzwischen war mir nichts sicherer geworden, als daß sie mich gern gehabt und eingefangen hätte. Es war in der Tat ein Fang oder eine Bestrickung zu nennen. Denn sie arbeitete nur mit List und Ränken und zog mich mit Absicht auf solche langsame Weise zu sich heran, daß es fast ein Wunder gewesen wäre, wenn ich nicht berückt geworden wäre. Sie schien indes kein sehr armes und auch kein schlechtes Frauenzimmer zu sein, oder sich in irgendeinem Zustande zu befinden, der es nötig machte, einen Menschen an sich zu ziehen, der Betrug war allein auf meiner Seite. Denn man hatte ihr berichtet, daß ich ein sehr reicher und vornehmer Kaufmann wäre, mit welchem sie wie eine Fürstin leben könnte. Ich war natürlich keineswegs gesonnen dieses zu tun, wußte damals aber nicht, daß sie auf solche Dinge ausging.
Sie war zu klug, als daß sie mich merken ließ, wie leicht ich sie bekommen könnte. Im Gegenteil setzte sie sich der Gefahr aus, daß ich sie gänzlich verachten möchte, damit ich nicht ihre Absicht merken sollte. Ich habe mich seit der Zeit öfters über mich selbst wundern müssen, daß es mir nicht möglich war, mein Herz von ihr abzuwenden. Zumal ich bis dahin eine vollkommene Gleichgültigkeit gegen das weibliche Geschlecht gehegt und niemals die geringsten Liebesgedanken im Kopf gehabt hatte, so daß es nicht mehr Gewalt über mich hatte als ein gemaltes Bild an der Wand.
Da wir nun öffentlich vor den Leuten miteinander verkehrten, äußerte sie sich oftmals etwas höhnisch über die Männer, denen sie es als eine Schwachheit auslegte, daß sie sich von den Frauen derart einnehmen ließen. Die Weiber hätten die Männer so überlistet, daß sie vor ihnen auf die Knie fielen und sie anbeteten.
Ich werde mich morgen davon überzeugen, Madame, sagte ich, wenn ich die Ehre haben werde, Ihnen meine Aufwartung zu machen.
Sie sollen darin nicht betrogen werden, mein Herr, versetzte sie, denn ich will Ihnen den Korb schon heute geben, ehe sie sich die Mühe nehmen, sich ihn morgen von mir zu holen.
Ich war von dieser boshaften und verteufelten Antwort so entmutigt, daß ich ziemlich ernsthaft antwortete: Ich werde Ihre Güte zurzeit nicht mehr mißbrauchen, Madame, und wenn ich es tue, werde ich sehr achtsam sein, daß ich Sie nicht beleidige.
Hierdurch werden Sie mir die größte Hochachtung erweisen, mein Herr, sagte sie, und die angenehmste Gefälligkeit dazu, ausgenommen eine, die ich in kurzem von Ihnen zu erhalten hoffe.
Was ich für Sie tun kann, Madame, soll jederzeit geschehen, sobald Sie befehlen werden. Dies sagte ich ihr noch mit einiger Empfindlichkeit, aber es war ganz aufrichtig gemeint.
Das einzige, was ich wünsche, mein Herr, sprach sie, ist, daß Sie mir versprechen sollen mich zu hassen, ebenso wie ich mich bemühen will, dasselbe mit Ihnen zu tun.
Ich habe Ihnen diese Bitte bereits vor sieben Jahren gewährt, Madame, sprach ich, also lange vorher, ehe ich Sie kannte und ehe Sie die Bitte an mich ergehen ließen. Denn ich habe das ganze weibliche Geschlecht überhaupt gehaßt und ich weiß nicht, wie es gekommen ist, daß ich diese gute Gewohnheit im Umgange mit Ihnen aus unnötiger Rücksicht habe ablegen können. Ich versichere Ihnen aber, diese Verirrung ist so gering, daß sie Ihrem Wunsche keinen Eintrag tun soll.
Dahinter steckt gewiß ein Geheimnis, mein Herr, sprach sie, denn ich meinte, Ihrem Abscheu vor der Frau noch auf eine besondere Weise zu Hilfe zu kommen, und hätte nimmermehr vermutet, daß er durch meine Aufführung einigen Abbruch erleiden sollte.
Wir stichelten so einander noch eine ziemliche Zeitlang. Allein sie übertraf mich, denn sie hatte eine so spitze Zunge, daß es ihr wohl noch kein Wesen an Boshaftigkeit gleichgetan hatte, und dennoch war sie dabei die artigste und verbindlichste Person im Umgang, und alles, was sie sagte, meinte sie nicht so. Allein ich muß gestehen, dies diente keineswegs zur Erreichung ihres Endzwecks. Denn es löschte wirklich das in meinem Herzen für sie entzündete Liebesfeuer wieder aus, und da ich mein Leben lang eine vollkommene Gleichgültigkeit gegen das weibliche Geschlecht gehegt hatte, so war ich leicht wieder dahin zu bringen und fing an, mich bei allen Gelegenheiten sehr kalt und unaufmerksam gegen sie zu erweisen.
Sie merkte bald, daß sie ein wenig zu weit gegangen war und daß sie sich in ihrer Berechnung getäuscht hatte, daß sie es mit jemand zu tun hatte, der sich nicht für die Rolle eines hitzigen Liebhabers eignete und nicht gelernt hatte, eine Liebste anzubeten, damit sie ihn nur betörte. Ja, sie sah ein, daß es mit mir nicht wäre wie mit andern Liebhabern, die durch Kälte gleichsam erhitzt werden, und deren Leidenschaft immer heftiger wird, jemehr sie bei der Frau abnimmt. Sie sah im Gegenteil, daß ich ganz verändert war. Ich zeigte mich zwar höflich gegen sie, stellte mich aber nicht so geschwind ans Fenster, wenn ich sie an dem ihren stehen sah. Ich öffnete das Fenster nicht mehr, um ihr ein Kompliment zu machen oder mit ihr zu reden. Wenn sie sang und ich es leicht hören konnte, horchte ich nicht mehr hin. Wenn sie in dem Hause, in dem ich wohnte, einen Besuch abstattete, so kam ich nicht jedesmal herunter, oder wenn ich es tat, so schützte ich Geschäfte vor, die mich auszugehen nötigten. Da ich mich aber ihrer Gesellschaft auf keinerlei Weise entziehen konnte, so stellte ich mich so verbindlich gegen sie an, wie ich es zuvor getan hatte.
Ich konnte mir leicht erklären, daß ihr dies einen heimlichen Verdruß verursachte und sie im höchsten Grade verwirrte. Allein sie war eine echte Komödiantin in der Liebe, die alle Augenblicke eine andere Gestalt annehmen konnte.
Sie war viel zu klug, als daß sie einige Begierde oder Sehnsucht, die einer Zuneigung gleichgekommen wäre, hätte blicken lassen. Sie wußte wohl, daß dies die niedrigste Stufe ist, die eine Frau einnehmen könne, wenn sie sich dem Manne, den sie zum Liebsten haben will, an den Hals würfe. Zuneigung ist noch nicht die letzte Gunst, aber sie steht dicht vor der letzten, die eine Frau einem Manne bewilligen kann, und die sie fast ebenso sehr anheimgibt. Sie ist damit auf die Barmherzigkeit des Mannes angewiesen, dem sie diese erweist. Dieses Chamäleon nahm alsbald eine andere Farbe an und wandelte sich plötzlich in die ernsthafteste, ehrbarste und hoheitsvollste Matrone, so daß man meinen konnte, sie wäre in einer Woche vom 22. in ihr 50. Jahr gelangt, und dies verstand sie mit solcher Beherrschung durchzuführen, daß es nicht einmal wie Verstellung aussah. Und wenn es auch nur Verstellung war, so kam es doch der Natur so gleich, daß es kein Mensch hätte unterscheiden können. Sie sang oft und ließ sich sowohl allein, als auch mit zwei andern jungen Frauenzimmern, die sie besuchten, hören. Ich konnte an den Noten und an der Laute in ihrer Hand sehen, daß sie sang, aber sie machte das Fenster niemals mehr auf, wie sie sonst zu tun pflegte. Wenn ich an das Fenster trat, so hielt sie das ihrige geschlossen, oder wenn es gerade offen war, so saß sie daneben und hantierte eifrigst mit etwas und sah wohl während einer halben Stunde gar nicht auf.
Wenn sie mich zufällig einmal erblickte, so fing sie an zu lächeln und so freundlich zu reden als vorher, es waren aber nur ein paar Worte, dann machte sie eine Verbeugung und ging fort. So verkehrten wir wieder auf solche Weise miteinander wie in der ersten Woche meiner Ankunft.
Sie kam öfters in das Haus, wo ich wohnte, und wir waren öfters zusammen, speisten zusammen, spielten Karten und tanzten auch wohl miteinander. Allein sie war ein ganz anderes Geschöpf als sie vorher gewesen war, und benahm sich ganz anders gegen mich, daß ich mir bald dachte, ihre vorige Zuvorkommenheit müßte nur eine jähe Hitze oder ein kurzer Schwarm gewesen sein, der entweder einer großen Leichtsinnigkeit, die ihr anhing, entsprang, oder um es den gemeinen Frauenzimmern in der Stadt gleichzutun, weil sie glaubte, sich damit bei mir, den sie für einen Franzosen hielt, und der für solcherlei eine Vorliebe hätte, beliebt zu machen. Allein dieser neue Ernst war ihre natürlichere Art und stand ihr am besten, wenigstens wußte sie es so geschickt anzustellen, daß es mich wirklich wieder dermaßen für sie einnahm, daß ich nicht nur wieder so viel, sondern noch mehr Lust zu ihr bekam als ich vorher gehabt hatte.
Inzwischen verging eine geraume Zeit, ehe ich mir etwas merken ließ, und ich war fleißig bemüht dahinter zu kommen, ob diese Veränderung wahrhaft oder nur Verstellung sei. Denn ich konnte mir unmöglich einbilden, daß das fröhliche Gemüt, das sie zeigte, nur Verstellung sein könne. Es vergingen über fünfviertel Jahre, ehe ich zu einem Entschlusse kam. Und dies geschah auch nur ganz zufällig bei einer Unterredung, die wir miteinander hatten.
Sie machte ihren gewöhnlichen Besuch in unserm Hause, und zwar zu einer Zeit, da alle Frauen ausgegangen waren. Es fügte sich, daß ich eben auf dem Wege am Eingang des Hauses und schon auf der Treppe war, als sie an die Tür klopfte. Ich ging zurück und machte die Tür auf, worauf sie hereinkam, als ob sie nicht anders glaubte, die Wirtsfrau sei drinnen. Ich ging ihr nach, weil ich nicht anders konnte, um ihr zu sagen, daß niemand zu Hause wäre.
Als ich hinein kam, fragte sie nach der Wirtsfrau. Ich gab ihr zur Antwort, daß sie wohl diesmal ihren Besuch bei mir abstatten müsse, da die Frau ausgegangen wäre. Sie tat darüber ganz verwundert. Später erfuhr ich, daß sie es wohl gewußt hatte, auch daß ich zu Hause sein würde. Alsdann stand sie auf und wollte wieder gehen. Nein, Madame, sprach ich, gehen Sie bitte nicht gleich wieder fort. Wenn mich eine Dame besucht, so pflegt sie meiner Gesellschaft nicht so bald überdrüssig zu werden.
Das ist recht boshaft geredet, sprach sie, der Herr glaube nur nicht, daß ich gekommen bin, um ihn aufzusuchen. Ich weiß, zu wem ich gehen wollte, und bin gewiß, daß der Herr es auch weiß.
Ja, Madame, versetzte ich, allein da ich von der ganzen Familie allein zu Hause bin, so sind Sie allerdings mich besuchen gekommen!
Ich werde niemals diejenigen besuchen, die mich hassen, sprach sie.
Sie sind recht geradezu, sagte ich, allein Sie haben mir auch niemals Gelegenheit gegeben, Ihnen zu sagen, warum ich Sie hasse. Ich hasse Sie, weil Sie mir niemals Gelegenheit geben wollten Ihnen zu sagen, wie ich Sie liebe. Sie müssen mich gewiß für ein rechtes Ungeheuer gehalten haben, daß Sie mir niemals so nahe kommen wollten, damit ich Ihnen auch nur ein Wörtchen von meiner Liebe sagen konnte.
Ich mag dergleichen unangenehmes Gewäsch niemals hören, und wenn es mir auch noch so leise ins Ohr gesagt wird, war ihre Antwort.
Wir führten eine halbe Stunde lang solche spitzige Reden miteinander. Sie besaß eine ungemeine Fertigkeit darin, der ich nicht gewachsen war. Und wenn sie mich schon ein oder das andere Mal so aufbrachte, daß ich schon das Wort auf der Zunge hatte ihr zu sagen, daß ich ihre Gesellschaft satt hätte und sie, wenn es ihr beliebte, bis an die Tür geleiten wollte, so war sie doch bei allem wieder so bezaubernd, daß ich es unterließ, bis wir endlich nach und nach so weit kamen, daß wir ernsthaft vom Heiraten zu reden anfingen. Sie hörte mich in diesem Punkte mit Gelassenheit an und gab mir auf vieles eine kurze richtige Antwort. Sie gab mir zum Beispiel zu verstehen, wenn ich sie vielleicht mit nach Frankreich oder gar mit nach Virginia nehmen wollte, sie sich nicht entschließen könne, ihr liebes Vaterland England zu verlassen. Ich sagte ihr darauf, ich hoffte, sie würde mich für keinen Menschenräuber ansehen. Sie meinte, dergleichen traue sie mir allerdings nicht zu, aber die Wichtigkeit meiner Geschäfte, die ich, wie es schiene, meistenteils auswärts zu erledigen hätte, könnten mich wider meinen Willen dazu zwingen. Sie könnte sich aber nicht entschließen, einen Mann zu heiraten, mit dem sie in der ganzen Welt herumreisen müßte. Dies sagte sie auf sehr artige Weise, allein ich beruhigte sie hierüber vollkommen. Wir fingen nun wieder voll der Hauptsache zu reden an, wozu sie mich in ihrer arglistigen verschlagenen Weise brachte, daß alles sich bei unserm Heiratskontrakt zu ihrem Vorteil wenden mußte. Sie brachte mich so weit, daß ich mich um sie bewarb, da sie doch die Absicht hatte, sich mit der äußersten Geschicklichkeit um mich zu bewerben, und dies verstand sie auf eine so verschmitzte Art auszuführen, daß mir ihre Absicht bis zum letzten Augenblick verborgen blieb. Kurz wir kamen nun jedesmal, wenn wir zusammen waren, der Hauptsache immer näher, und nach einem ebensolchen zufälligen Besuch, wobei ich die besondere Gunst hatte, mit ihr allein zu reden, machte ich ihr alle Tage in ihrem Zimmer meine Aufwartung. So machten wir die Sache ab und ließen uns, die vielen Umstände und Zeremonien einer öffentlichen Hochzeit umgehend, im geheimen miteinander trauen.
Wir fanden bald ein zu unserer Wohnung geeignetes Haus und fingen einen ordentlichen Haushalt an. Wir waren noch nicht lange verheiratet, als ich fand, daß meine Frau ihre lustige Gemütsart wieder bekam und die Larve ihrer angenommenen Ernsthaftigkeit und guten Aufführung, die ich bisher für ihre Natur gehalten hatte, wieder ablegte. Da sie nun keine Ursache mehr hatte sich zu verstellen, so wollte sie diejenige scheinen, die sie wirklich war, nämlich eine zügellose unverschämte Megäre, die recht liederlich und leichtsinnig war und weder die geringste Unart noch die größte Untugend verbarg.
Sie trieb den Leichtsinn so weit, daß ich nicht umhin konnte, über die Unkosten, die mir daraus entstanden, ungehalten zu werden. Denn sie hatte einen Verkehr, der mir nicht lieb war und lebte auf größerem Fuße, als ich aushalten konnte, verlor bisweilen auch beim Spiel mehr, als ich Lust hatte zu bezahlen. Eines Tages nahm ich Gelegenheit, eines oder das andere ihr gegenüber kurz zu erwähnen, und sagte gleichsam nur im Spaß zu ihr, daß wir eigentlich ein recht lustiges Leben führten, wie lange es wohl dauern würde. Sie gab mir eine kurze Antwort und fragte, was ich damit meinte, sie hoffe, sie werde mir doch keine Last sein.
Nein, nein, Kind, sprach ich, keineswegs, allein es geht mich doch wohl etwas an, was meine Frau vertut, und ob sie mehr verbraucht, als ich schaffen kann. Ich verlange nichts als zu wissen, wielange sie ihrer Ansicht nach es also fortzutreiben gedenkt, bis sie mich ums Leben gebracht hat, denn ich möchte mich nicht gern allzu lange quälen lassen.
Ich weiß nicht, was du hiermit sagen willst, sprach sie, du magst so langsam oder so geschwind sterben wie du willst, wenn deine Zeit kommt, meines Wissens gehe ich keinesfalls darauf aus, dich ums Leben zu bringen.
Aber, liebes Kind, sprach ich, du gehst darauf hinaus, mich dahin zu bringen, daß ich verhungern muß. Und Hungers sterben ist ein ebenso langsamer Tod als von unten hinauf gerädert zu werden.
Ich soll schuld daran sein, wenn du Hungers sterben mußt? sagte sie. Bist du denn nicht ein reicher virginischer Kaufmann und habe ich nicht 1500 Pfund Sterling mit in die Ehe gebracht? Was willst du denn? Du wirst ja wohl noch deine Frau ernähren können?
Ja, mein Kind, versetzte ich, ich kann wohl eine Frau aber keine Spielerin ernähren. Obwohl du mir so viel eingebracht hast, daß es das Jahr einige hundert Pfund Sterling abwirft, so ist doch für dieses Opern- und Spielhaus kein Vermögen groß genug.
Dies verdroß sie, daß sie zornig auffuhr und mir mit vielen Worten zu erkennen gab, daß sie keinen Grund hätte sich zu ändern, und wenn ich sie nicht länger erhalten wolle, so würde sie schon Mittel und Wege zu finden wissen sich selbst zu ernähren.
Einige Zeit nach diesem Streit tat sie mir die Ehre an mich wissen zu lassen, daß sie sich gesegneten Leibes befände. Es war mir dieses anfangs sehr lieb, und ich hegte die Hoffnung, daß es dazu dienen würde, sie ein wenig vernünftiger zu machen. Allein sie blieb immer dieselbe, und ihre Schwangerschaft machte sie nur noch närrischer. Denn sie traf solche Vorbereitungen für ihr Wochenbett, daß ich nicht anders dachte, sie hätte ihren Verstand verloren. Ich nahm mir daher eines Tages die Freiheit und vermeldete ihr, daß sie sowohl sich als auch mich auf diese Art bald ins äußerste Verderben stürzen würde, und gab ihr zu bedenken, daß dieser Aufwand für uns viel zu groß sei, als daß wir ihn weiter betreiben könnten. Mit einem Worte, ich sagte ihr, daß ich solche Unkosten weder tragen noch weiter zulassen wollte, daß mich auf solche Art zwei oder drei Kinder, mit denen sie in den Wochen liegen würde, zugrunde richten würden, deswegen ersuchte ich sie wohl zu erwägen, was sie täte.
Sie gab mir auf eine verächtliche Weise zur Antwort, es sei nicht ihre Sache darüber Betrachtungen anzustellen. Wenn ich solches nicht zulassen könnte, so wollte sie sich selbst die Erlaubnis dazu nehmen, ich möchte sehen, wie ich dabei zurecht käme.
Ich bat sie, sich hierbei nicht zu übereilen und mich dadurch nicht zu nötigen, zu den äußersten Mitteln zu greifen. Ich hätte sie geheiratet, daß ich sie lieb und wert halten und ihr in allem wie einer rechtschaffenen Frau begegnen wollte, nicht aber, um von ihr an den Bettelstab gebracht zu werden. Allein sie war nicht zu erweichen. Nichts konnte sie auf bessere Gedanken bringen, keine Vorstellung sie zur Mäßigung bewegen, sondern sie nahm es vielmehr sehr übel auf und beschuldigte mich: ich suchte mir mit Zwang Gewalt über sie anzumaßen, wodurch sie allzusehr eingeschränkt würde. Ja sie sagte mir rund heraus, sie wolle nur erst ihre Bürde bei mir ablegen, und wenn mir alsdann ihre Lebensart nicht ferner gefiele, so wollte sie auch nicht eine Stunde länger bei mir bleiben. Denn sie ließe sich nicht derartig zwingen und einschränken, auf daß sie wie eine Sklavin leben müsse.
Ich sagte ihr darauf, was ihr Kind beträfe, welches sie eine Bürde nenne, so sollte ihr es nicht länger eine Last sein, als sie es unter ihrem Herzen trüge, im übrigen möchte sie tun, was ihr beliebte. Mir würde am wenigsten damit gedient sein, daß sie dergleichen kostspielige Sechswochen, die mich 130 Pfund Sterling kosteten, wie sie jetzt anzuordnen suchte, öfters bei mir abhielte. Sie antwortete mir, dies könne sie nicht sagen, wenn sie keine Kinder mehr von mir bekäme, so könnte sie solche wohl von jemand anderm bekommen.
So, mein Herz! sprach ich, seid ihr von solcher Art? So sollen dann diejenigen, die Väter dazu sind, auch eure Bastarde erhalten. Sie wollte hiervon nichts wissen und hören, sondern schlug ein Hohngelächter und ging spottend zur Tür hinaus.
Die schimpflichen Worte verdrossen mich, muß ich gestehen, aufs empfindlichste, und zwar um so mehr, weil es weder das erste- noch das letztemal war, daß wir, solche miteinander wechselten. Es währten auch diese Anzüglichkeiten so lange, bis wir endlich anfingen, in aller Gelassenheit und Freundlichkeit über unsere Scheidung zu verhandeln.
Nichts war dabei ärgerlicher als die Zänkereien, die wir auch dabei hatten. Sie verlangte ihren besonderen Unterhalt und zwar auf solche Weise, daß ihr jährlich 300 Pfund Sterling ausgemacht würden. Und ich verlangte Bürgschaft von ihr, daß sie keine Schulden auf meinen Namen machen wollte. Sie drang ferner auf die Erhaltung des Kindes und wollte jährlich 100 Pfund Sterling dafür ausgesetzt haben, und ich bestand darauf, eine Sicherheit zu bekommen, daß ich keinen Bastard, den sie ihrer Drohung zufolge von irgendeinem andern auflesen möchte, erhalten würde.
Während solche Streitigkeiten zwischen uns vorfielen, wurde sie entbunden und brachte mir einen Sohn, ein recht feines Knäblein, zur Welt.
Sie war doch so gnädig, daß sie von den großen Unkosten, die sie auf den Staat, wenn sie in den Wochen läge, wenden wollte, einiges abließ. Denn nicht ohne Schwierigkeit und vieles Zureden wurde sie endlich soweit gebracht, mit einem leinenen Wochenputz von 15 Pfund Sterling statt einem von 60 Pfund, wie sie gesonnen gewesen war, vorlieb zu nehmen. Und dies wußte sie als einen besonderen Beweis ihrer Herablassung und Gefälligkeit gegen mein geiziges Wesen herauszustreichen.
Allein als sie wieder wohlauf war, fing sie dasselbe wieder an wie zuvor. Sie setzte ihren lustigen Lebenswandel auf solche ausschweifende Weise fort, daß noch andere und gröbere Unordnung daraus entstand und gewisse Burschen sie besuchen kamen, die mir gar nicht gefielen, zumal sie sogar einmal eine Nacht vom Hause fort blieb. Als sie am andern Tage nach Hause kam, erzählte sie mir mit viel Geschrei, wo sie gewesen, nämlich bei einem Kindstaufschmause, wobei sich die Gesellschaft etwas verspätet hätte. Wenn ich es ihr nicht glauben wollte, so möchte ich mich selbst nach den Umständen erkundigen, damit ich wüßte, wo sie geblieben sei, und was sie gemacht hätte, und dergleichen trotzige Reden mehr. Ich gab ihr zur Antwort: Ihr tut wohl daran, Frau, daß ihr selbst einsehet, daß ich Ursache habe, euretwegen mißvergnügt zu sein; was aber das betrifft, daß ich herumlaufen und mich nach euren Schlupfwinkeln, wo ihr Nachtlager haltet, erkundigen soll, so gestatten mir dies meine Geschäfte nicht, es liegt euch vielmehr ob, mir Zeugnisse eures guten Verhaltens zu bringen und mir zu erklären, wo ihr über Nacht geblieben seid und in welcher Gemeinschaft ihr euch befunden habt, es ist genug, daß ihr ohne eures Mannes Wissen und Willen aus eurem eigenen Hause weggeblieben seid, und ehe ich wieder etwas mit euch zu tun haben will, muß ich vorher in diesem Punkte volle Gewißheit erlangt haben.
Sie antwortete: Von Herzen gern. Sie wäre so gleichgültig wie ich. Denn da ich es so übelzunehmen schiene, daß sie einmal bei einer außerordentlichen Gelegenheit bei einer guten Freundin geblieben wäre, so sollte ich wissen, daß dies wohl künftig öfter vorkommen und daß sie mich nicht erst darum fragen würde, ob sie dies auch dürfte oder nicht, wenn sie es nur für gut hielte.
Nun gut, sagte ich, wenn ich mich dessen versehen soll, was ich nicht gern haben möchte, so mögt ihr euch versehen, daß ich bei Tage meine Türen vor dem verschlossen halte, der des Nachts über aus meinem Hause fort bleibt.
Sie versetzte, sie wolle es dabei auf die Probe ankommen lassen. Und wenn ich die Türen vor ihr verschließen würde, so wollte sie schon Mittel und Wege finden, dieselben wieder zu öffnen.
Ei, Frau, sprach ich, ihr setzt mir hart zu, ich wollte euch aber geraten haben, es euch vorher noch einmal zu überlegen, ehe ihr es darauf ankommen lasset. Denn ich versichere euch, daß ich mein Wort halten werde. Allein es dauerte nicht lange, daß wir unter diesen Umständen beieinander blieben. Denn ich kam bald dahinter, welcher Art Verkehr sie pflegte und daß sie eine Lebensart führte, bei welcher ich ihr unmöglich durch die Finger sehen konnte. Also sonderte ich mich zuerst ab und versagte ihr mein Ehebett. Denn ich sagte ihr gerade heraus, daß ich mir durchaus keine Bastarde, die nicht meine eigenen Kinder wären, wollte aufhängen lassen. Da nun die Verbitterung zwischen uns nach und nach immer größer geworden, daß wir dieses Leben nicht mehr ertragen konnten, ging sie eines Nachmittags weg und ließ mir einige Zeilen zurück, worin sie mir zu erkennen gab, daß es nunmehr so weit gekommen zu sein schiene und daß sie es nicht für gut hielte, mir Gelegenheit zu geben sie hinauszuschmeißen, und daß sie sich an den und den Ort begeben würde, wobei sie hoffte, ich würde sie der Mühe überheben, daß sie ihren Unterhalt erst auf dem Rechtswege erhalten müßte, sondern ihr zu erlauben, je nachdem es die Gelegenheit erforderte, Wechsel auf mich auszustellen, die ich jederzeit anzunehmen hätte.
Ich war mit diesem Verfahren überaus zufrieden und ließ sie solches auch wissen, obwohl ich ihr keine Antwort auf ihren Brief erteilte. Und da ich schon vorher Sorge getragen hatte, daß sie nicht allzuviel mit sich fortschleppen konnte, wenn sie mir einen Possen spielen würde, so gab ich, sobald sie fort war, unverzüglich meine Haushaltung auf, versteigerte meinen Hausrat und veräußerte dabei auch alles, was ihr eigen war, schlug auch einen Zettel an meine Tür, wodurch ich ihr kund tat, daß sie die Kirchenordnung übertreten und sich selbst derart vergangen habe, daß keine Hoffnung für sie bestünde jemals wieder zurückkehren zu dürfen.
Dies würde ich nimmermehr getan haben, wenn ich nur die geringste Hoffnung ihrer Besserung hätte haben können. Allein sie hatte mir solche Beweise ihres von ihrem Manne so gänzlich verschiedenen Gemütes gegeben, daß es in der Tat unmöglich war, später wieder zu einem Vergleich zu kommen.
Nichtsdestoweniger hatte ich meine vertrauten Agenten, die ihr so scharf auf die Finger sahen, daß ich von ihrem Tun und Treiben genaue Nachricht erhielt. Ich ließ sie von mir weiter nichts erfahren, als daß ich nach Frankreich hinübergegangen wäre. Indes hielt sie in dem, was die Wechsel betraf, die sie auf mich ziehen wollte, redlich ihr Wort, indem sie einen auf 30 Pfund Sterling auf meinen Namen ausstellte, den ich mich aber anzunehmen weigerte und ihr damit die Gelegenheit nahm, noch andere auf mich auszustellen.
Ich muß gestehen, daß mich dieses alles sehr hart ankam, und wenn sie sich nicht gar so ungeheuerlich betragen und mich nicht ununterbrochen aufs höchste getränkt hätte, würde ich mich nimmermehr zu einer solchen Scheidung haben entschließen können. Denn ich liebte sie recht aufrichtig und herzlich und hätte eher alles Unglück mit ihr geteilt als ein Bettler oder Hahnrei zu werden. Aber dieses war mir unerträglich, zumal sie mir solches noch mit Trotz und Vermessenheit vorzuhalten suchte.
Nachdem wir ein Jahr voneinander getrennt waren, und sie sich zu solcher Gesellschaft gehalten hatte, die ihrer würdig gewesen, befand sie sich wieder in gesegneten Umständen, wobei sie jedoch so ehrlich war, nicht zu behaupten, daß sie mit mir etwas zu tun gehabt hatte. Was für ein elendes Leben sie danach fühlte, und wie sie in die äußerste Not geriet, werde ich einmal bei anderer Gelegenheit mitteilen.
Ich hatte nach unserer Trennung gar bald herausgefunden, daß ich große Ursache gehabt hatte, mich gleich anfangs aufs kräftigste dagegen zu stemmen, wenn ich nicht von ihr betrogen sein wollte. Denn ich erfuhr gar zu bald, daß sie an verschiedenen Stellen ansehnliche Schulden gemacht hatte, indem sie die Gläubiger in den Glauben versetzte, ich würde sie bezahlen. Allein ich war fort, und es war auch unumgänglich nötig gewesen, daß ich mich aus dem Staube gemacht hatte. Worauf sie sich genötigt sah, die meisten Schulden von dem gottlosen Gewinn, den sie durch ihren eigenen Leib hatte, abzutragen.
Sobald sie das Kind geboren hatte, worüber ich so gut unterrichtet wurde, daß ich den unzweifelhaften Beweis davon bekam, so belangte ich sie vor das geistliche Gericht, um eine Ehescheidung durchzusetzen. Da sie es nun wohl für unmöglich hielt dieselbe abzuweisen, so wollte sie sich deswegen auf keine Verteidigung einlassen, und ich erhielt nach der gewöhnlichen Zeit, die solche Prozesse dauern, den Ausspruch einer wirklichen Ehescheidung und schätzte mich nun wieder für einen freien Menschen und hatte den Ehestand von Herzen satt.