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Zwanzigstes Kapitel.
Frau Goring ist »nur hübsch«

Wollen Sie nicht noch etwas singen?« fragte der einzige Gast, nachdem er eine Unmenge Operettenarien durchgeblättert hatte.

»Das sind Charlies Lieblinge,« bemerkte sie, »und manches ist auch sehr einschmeichelnd. Finden Sie zum Beispiel den ›Kleinen Tin Gee-gee‹ nicht auch reizend?«

Sie sang aber nicht den kleinen Tin Gee-gee, sondern Allerseelentag von Lassen, und sang es, daß Kinloch überrascht war. Die süße, kindliche Stimme schien plötzlich eine Gewalt und Innerlichkeit sondergleichen gewonnen zu haben und zugleich eine Ausdrucksfähigkeit für Schmerz, ja Verzweiflung, die nur aus dem eigenen Herzen fließen konnte und den Hörer verstummen ließ.

Als der letzte Accord verklungen war, stand sie auf, ging zum Kamin und hielt ihre Hände ans Feuer.

»Ich bin nicht zum Singen aufgelegt heute abend, eher zum Weinen. – Glauben Sie an Ahnungen, Herr Kinloch?«

»Nein, ich bin nicht abergläubisch« – er hoffte zu Gott, daß seine Ahnungen sich nicht erfüllen möchten –, »aber an den Einfluß des Ostwinds glaube ich.«

»Richtig! Wahrscheinlich bekomme ich Katarrh! Katarrh bedeutet bei mir immer schwermütige Anwandlungen.«

»Hoffentlich verzieht sich beides wieder,« bemerkte Kinloch, sich bückend, um ein am Boden liegendes Buch aufzuheben.

Als er dabei den Titel ansah, wurde er sehr ernst.

»Lesen Sie das?« fragte er, Peggy den Band hinhaltend.

»Ja, sobald ich Zeit finden werde. Frau Catchpool hat mir's zu Weihnachten geschenkt.«

»Schneidet sie Ihnen das litterarische Futter vor?«

»Nein – ehrlich gestanden, lese ich überhaupt nicht viel. Die Haushaltung, meine Musik und meine Blumen, Besorgungen und Einladungen lassen mir nicht viel Zeit dazu, denn schnell lesen kann ich nicht.«

»Wollen Sie mir etwas versprechen, wenn ich darum bitte?«

»Bis auf den Namen meiner Schneiderin alles!« versetzte Peggy im neu erlernten Weltton.

»Den begehre ich nicht zu wissen, aber ich möchte, daß Sie dieses Buch nicht lesen.«

»Das verspreche ich gern, wenn Ihnen soviel daran liegt. – Kennen Sie es denn?«

»Gelesen habe ich's nicht, aber ein Bekannter sagte mir, er habe sich acht Tage lang geschämt, jemand ins Gesicht zu sehen, nachdem er dies gelesen habe.«

»O, Herr Kinloch!« rief sie, heiß errötend und mit Thränen in den Augen. »Was soll ich nur damit machen?«

Ihr Blick wanderte zum Fenster, der seinige zum Feuer, und im nächsten Augenblick leckten die Flammen nach dem verfänglichen Stoff.

»So, hier ist's am besten aufgehoben,« sagte Kinloch.

»Ja – ach, wenn ich nur noch andres verbrennen könnte! All diese abscheulichen Spielkarten zum Beispiel.«

»Ich würde Ihnen mit Vergnügen den Scheiterhaufen schichten!«

»Mir ist der Reiz unverständlich, den sie auf Charlie ausüben,« fuhr sie fort, mit zuckenden Fingern die wertlosen Figürchen auf dem Kaminsims durcheinander schiebend. »Er kann Stunde um Stunde spielen; eine schreckliche Zeitverschwendung!«

»Und Geldverschwendung!« ergänzte Kinloch.

»Er sagt, ich solle seine Großmutter dafür verantwortlich machen, nicht ihn, ihm liege es im Blut, weil sie gespielt habe. Je mehr er spielt, desto mehr verlangt's ihn danach, und – o Herr Kinloch! Sie sind ja Charlies bester Freund – zu Ihnen kann ich's ja sagen – ich fürchte, diese Leidenschaft nimmt mehr und mehr überhand!«

»Und können Sie nicht dagegen ankämpfen! Sie müssen doch Einfluß auf ihn haben?«

Sie gab keine Antwort, sondern spielte nervös mit einem kleinen Chinesen.

»Diese Leidenschaft ist leider Gottes nicht nur erblich, sondern auch ansteckend!« fuhr Kinloch fort. »Ich kannte einen jungen Menschen, den einzigen Sohn einer Witwe, die sich's am Mund abdarbte, ihn Offizier werden zu lassen. Endlich war's so weit, da kam der grundbrave, aber schwache Mensch in schlechte Gesellschaft, begann zu spielen, anfangs mit Maß, nach und nach aber immer toller, verlor, verschaffte sich auf unerlaubte Weise Geld, um das Verlorene wieder zu erjagen, verlor abermals und – schoß sich eine Kugel vor den Kopf – mit zweiundzwanzig Jahren.«

»Wie gräßlich! Die arme Mutter!« rief Peggy entsetzt.

»Ja, sehen Sie, wenn Goring auch die Mittel haben mag, dieser Leidenschaft zu frönen, so hat er doch nicht das Recht, ein schlechtes Beispiel zu geben, und Sie könnten für eine gute Sache wirken, wenn Sie ihn davon abbrächten. Ihnen zuliebe wird er's sicher aufgeben!«

Das war Kinlochs ehrliche Ueberzeugung, denn wenn dies strahlend schöne junge Geschöpf, das mit entsetzten Augen zu ihm aufblickte, keine Macht über einen Mann haben solle, wer dann?

»Goring gehört jetzt schon zu den älteren Offizieren,« fuhr er fort. »Er hat eine wunderbare Anziehungskraft und Liebenswürdigkeit, darum ist sein Beispiel von so großer Bedeutung. Retten Sie ihn, damit andre auch gerettet werden!«

»O, Herr Kinloch! Wenn ich das könnte! Ich fürchte, daß ich sehr wenig Einfluß auf Charlie habe, denn sehen Sie« – sie zögerte ein wenig und sah zu Boden, dann mit thränenfeuchten Augen wieder zu ihm auf – »ich bin ja nicht geistreich, nicht unterhaltend, ich bin nur hübsch.«

Tiefes Schweigen, eine vielsagende Pause – der Freund wußte offenbar nichts dagegen einzuwenden. Eine Kohle fiel knisternd auf den Kaminvorsatz; das war der einzige Laut im Raum.

»Ich thue mein Möglichstes, Charlies Freunden das Haus angenehm zu machen,« fuhr die junge Frau fort, die in ihrem zaghaften Vertrauen nicht »nur hübsch«, sondern rührend lieblich aussah. »Ich lese die Zeitungen, um mich über Rennen und Fußballspiele und jeglichen Sport zu unterrichten, aber es nützt nichts. Jeden Abend gehen sie, wie Sie ja gesehen haben, einfach hinunter – die Karten sind mächtiger als ich.«

»Das höre ich mit tiefem, aufrichtigem Bedauern!«

»Sie dürfen aber ja nicht denken, daß ich nicht glücklich sei,« versicherte sie, rasch ihre Augen trocknend. »Charlie ist der beste Ehemann von der Welt und verwöhnt mich nur zu sehr« – Peggy Summerhayes hatte lügen gelernt! – »ich kann's nur nicht ertragen, ihn oft so hohläugig und abgespannt zu sehen. Manchmal ißt er rein gar nichts, zuweilen kommt er so spät oder vielmehr früh am Morgen erst aus diesem abscheulichen Klub, daß er nur eben Zeit hat, die Uniform anzuziehen und zum Exerzieren zu gehen.«

»Da sind Sie wohl viel allein. Oder verkehren Sie häufig mit den Damen vom Regiment?«

»Nein, nur hie und da mit Frau Timmins.«

»Und wer sind Ihre andern Freundinnen?« fragte Kinloch etwas heuchlerisch.

»Frau Catchpool und Fräulein Little waren es anfangs, ich glaube aber, sie sind meiner etwas müde und haben auch wieder neue Bekanntschaften gemacht.«

»Was Sie mit Wehmut und Eifersucht erfüllt?«

»Nein, es geht mir nicht sehr nahe! Sie werden mich vielleicht für weltlich und undankbar halten, wenn ich das sage, denn als ich hier ankam, waren sie wirklich sehr freundlich und nahmen mich überall mit. Damals glaubte ich, sie stünden ganz an der Spitze der ›Gesellschaft‹, denn was verstand ich davon?«

»Und jetzt?«

»Jetzt weiß ich, daß es ein Irrtum war. Leute, an deren Umgang mir etwas gelegen wäre, vermeiden mich, weil ich zu Frau, Catchpools Kreis gerechnet werde. Beim Schlittschuhlaufen habe ich mich mit einem sehr netten Mädchen befreundet, das mir einen Besuch mit der Mutter versprach; doch die Damen sahen mich in Begleitung von Fräulein Little und haben mich dann beinah geschnitten. Zu Privatbällen werden wir nie eingeladen, wie andre – ich glaube, daß Frau Timmins mir einmal eine Einladung verschaffen wollte, aber abgewiesen worden ist – ich schäme mich, nur daran zu denken! Charlie macht sich nichts daraus, weil er als Offizier überall hingehen kann.«

»Es wäre mir lieb, wenn Sie mit meiner Cousine Kathleen Hesketh Verkehr hätten,« bemerkte Kinloch, die Entrüstung über Goring schluckend.

»Mir auch, aber das wird sich nicht mehr machen lassen, weil ich ungezogen gegen sie war. Ich möchte Ihnen gern erzählen, wie das zuging, denn ganz so schlimm wie's aussah, war es nicht gemeint.«

»Davon bin ich im voraus überzeugt, denn daß Sie irgend jemand absichtlich beleidigen würden, kann ich mir nicht vorstellen.«

»Entschuldigen, gnädige Frau,« unterbrach die eintretende Lizzie das Gespräch, »hier ist ein Telegramm.«

Der wohlbekannte Umschlag wurde auf einem Plättchen hingereicht.

»Das ist doch nicht für mich, sondern für den Herrn,« sagte Peggy abwinkend. »Charlie,« setzte sie, an Kinloch gewendet, hinzu, »bekommt jeden Tag Telegramme und telegraphiert ebenso oft. Briefe schreibt er fast nie.«

»Das ist jetzt Mode; das Schreiben wird bald zu den verlorenen Künsten zählen.«

»Was meine Schrift angeht, wäre der Verlust nicht groß; ich schreibe eine greuliche Pfote.«

»Ich kann Ihnen nicht widersprechen, weil ich Ihre Handschrift nie gesehen habe. – Aber es ist schon gegen elf Uhr, also Zeit, das ich mich empfehle.«

In diesem Augenblick drang ein furchtbarer Lärm von unten herauf – Gorings Stube lag unmittelbar unter dem Salon – ein Stimmengewirr, das sich zu zornigem Gebrüll steigerte.

»O, da gibt es wieder Streit!« rief Peggy mit verängstigtem Blick und farblosen Lippen, durch ihr »Wieder« mehr verratend, als sie sagen wollte. »Bitte, bitte, bleiben Sie noch! Diese Auftritte gehen mir so auf die Nerven! Charlies Schuld ist's ja nie; er ist der verträglichste Mensch.«

Der Lärm wuchs an, man unterschied einzelne kreischende Stimmen, hörte einen Stuhl umfallen.

»Soll ich hinuntergehen?« fragte Kinloch, die Thüre öffnend.

»Nein, nein ... bitte, warten Sie noch.«

Jetzt wurde unten die Thüre des Herrenzimmers aufgerissen und man hörte eine Stimme brüllen: »Zum Teufel mit euren schmierigen Checks. Mich betrügt ihr nicht, ihr Lumpengesindel!«

Das war Rosée; der gute Junge mußte entschieden zu viel »Sodawasser« getrunken haben. Die einzige Antwort, der man ihn würdigte, war, daß er aus dem Haus geworfen wurde. Die Hausthüre fiel dröhnend zu, dann trat eine bange Stille ein.

»Charlie wird gleich heraufkommen – ich höre ihn schon –« rief Peggy, nach der Thüre eilend.

Es war aber nur Lizzie, die von neuem mit ihrem Telegramm erschien. Ueber die vorangegangenen Ereignisse machte sie keine weitere Bemerkung als: »Die Polizei ist in der Küche, gnädige Frau.«

»Wie viele?«

»Nur ein Schutzmann. Ich sagte ihm, ein Verrückter habe hinausbefördert werden müssen, und die Köchin gibt ihm jetzt Bier. Aber das Telegramm ist an Sie, gnädige Frau, und der Austräger wartet. Die Antwort ist bezahlt. Der Herr Hauptmann hat es geöffnet und wieder vergessen.«

Peggy griff danach und las: »Komm sofort, wenn du Hanna noch lebend treffen willst. Telegraphiere den Zug, ich hole dich ab. Travenor.«

Peggy war geisterhaft blaß geworden.

»Ist das nicht furchtbar?« stammelte sie, Kinloch das Blatt reichend. »Was soll ich nur thun?«

»Sofort abreisen,« erwiderte er, nachdem er gelesen hatte. »Das Frühboot bringt Sie um elf Uhr nach Holyhead, um sechs Uhr sind Sie in London und können, wenn noch ein Zug geht« – er griff nach dem Kursbuch – »ja um zehn Uhr fünfundzwanzig können Sie in Nieder-Barton sein. Soll ich die Antwort schreiben?« fragte er, da Peggy starr und stumm blieb.

»Ja, das wird am besten sein,« erklärte Lizzie an ihrer Stelle.

»Daß es nur gleich fortkommt!« rief Frau Goring Lizzie nach. »Sie sehen, mein Vorgefühl hatte Grund – ich wußte es – etwas Furchtbares mußte kommen.«

Das Gesicht mit den Händen verdeckend, sank sie aufs Sofa.

»O, ich muß sie noch sehen – meine Hanna – meine einzige Hanna. – Was soll aus mir werden, wenn ich zu spät komme?« schluchzte sie leise ins Kissen hinein.

Mit dem Kursbuch in der Hand, stand Kinloch rat- und hilflos mitten im Zimmer. Das dunkelhaarige Köpfchen in dem gelben Kissen brachte den tapferen Krieger in schwere Bedrängnis, denn Frauen weinen zu sehen, war ihm immer entsetzlich, dieser beherrschte und gedämpfte Schmerz aber war so voll Herzweh, Heimweh, ja Verzweiflung, daß es ihm in die Seele schnitt. Jahre seines Lebens hätte er dahingegeben, dem hingestreckten jungen Geschöpf seinen Jammer abzunehmen, aber stand es ihm auch nur zu, Gorings Frau zu trösten oder mit ihr zu fühlen?

Als sie ihn jetzt durchs Zimmer gehen hörte, richtete sich Peggy auf, strich ihr Haar glatt und trocknete ihre Augen.

»O, Sie können's nicht wissen, wie gut Hanna immer gegen mich war, wie sie mir alles war, Mutter und Schwester – erst seit ich fern von ihr bin, hab' ich's selbst so recht begriffen. O, wie habe ich mich oft nach ihr gesehnt – nur eine halbe Stunde bei ihr sein, nur ihre Stimme hören!«

Das war ein Herzensschrei, der den Hörer im Innersten ergriff.

»Ich war nie so nett mit ihr, als ich hätte sein sollen, habe stets hingenommen, daß sie alles aufgab für mich, ohne je ihr zuliebe etwas aufzugeben.« – Ob sie wohl dabei an Charlie dachte? Möglich, denn die Thränen strömten von neuem. »O bitte, verzeihen Sie nur, Herr Kinloch! Ich weiß ja, daß Männer so etwas hassen« – das hatte sie an Goring studieren können! – »Glauben Sie, daß Gott sie mir nehmen wird, ehe ich bei ihr bin?«

Peggys Schönheit wurde nicht einmal durch Thränen beeinträchtigt. Als sie jetzt zu ihm aufblickte, waren weder die Augen noch das Näschen gerötet; sie sah unsäglich lieblich aus.

»Ich hoffe nicht,« klang es aus weiter Entfernung vom Kamin herüber. »Solang Leben da ist, darf man auch hoffen« – er ärgerte sich über den Gemeinplatz – »vielleicht steht es auch nicht einmal so schlimm, wie Herr Travenor annimmt.«

»O doch! Sonst hätte er nicht geschrieben, wenn – wenn ich sie noch lebend treffen wolle! – Wenn nur Charlie heraufkäme! Ich muß ihm doch sagen, daß ich abreise.«

»Ich will ihn holen,« versetzte Kinloch.

Die vier Spieler waren ganz in ihre Partie versunken, und Goring zuckte ungeduldig zusammen, als sein Kamerad eintrat. Das Spiel ging dem Ende zu; Kinloch sah es auf den ersten Blick und wartete schweigend. Die einzigen Anzeichen des vorausgegangenen Kampfes waren Gorings zerknitterte Halsbinde, ein zerschmettertes Stuhlbein und am Boden liegende Karten. Der Einsatz mußte sehr hoch sein und die Spannung groß, denn alle vier atmeten schwer und geräuschvoll.

Goring verlor. Mit einem Fluch warf er die Karten hin.

»Nun, was gibt's?« fragte er, die blutunterlaufenen Augen auf Kinloch heftend. »Wahrscheinlich schickt sie dich? Wohl des Telegramms wegen – das kam schon vor ein paar Stunden. Ich komme gleich hinauf.«

Es vergingen aber immerhin noch zehn Minuten, bis Goring bei seiner Frau erschien. Er sah erhitzt und aufgeregt aus.

»Thut mir leid, daß ich dir das Telegramm nicht gleich gab, Peg – eine schlimme Sache. Natürlich denkst du nicht daran, hinzureisen?«

»Doch, ich bin entschlossen.«

»Aber, Kind, wozu? Sie ist ja längst tot!«

»O Charlie! Wie kannst du nur so grausam sein?«

»Grausam? Nur vernünftig! Travenor wollte dich jedenfalls nur vorbereiten; das macht man meist so.«

»Aber er erwartet mich, will mich ja abholen. O, ich weiß, daß sie nicht – nicht fort ist, daß sie auf mich wartet! Ich fahre morgen früh mit dem ersten Postdampfer, da kann ich abends elf Uhr in Nieder-Barton sein.«

»Ich kann nicht mit dir gehen, daß du's weißt.«

»Natürlich nicht; ich kann ganz gut allein reisen.«

»Das wird verflucht teuer sein.«

»Ich fahre dritter Klasse.«

Sie hatten offenbar Kinlochs Anwesenheit ganz vergessen.

»Die Ausgabe kommt mir sehr ungelegen – habe eben zweihundert Pfund an Tarr verloren.«

»O Charlie! Wenn du doch das Spielen lassen wolltest!«

»Und du das Predigen! Rund heraus gesagt, ich kann dich nicht fortlassen. Wir haben doch Villiani und noch ein paar Herren auf Mittwoch eingeladen!«

»Vergiß nicht, daß meine einzige Schwester im Sterben liegt,« versetzte Peggy mit einem flammenden Blick der Entrüstung. »Ich muß zu ihr.«

»Nun, wenn du mußt – deinen Eigensinn kenne ich ja! Ach, Kinloch, altes Haus, dachte gar nicht mehr dran, daß du da bist. Nun, da hast du jetzt ein echtes eheliches Duett mit angehört. – Findest du diese Reise nicht auch verrückt, rein abgeschmackt?«

»Das könnte ich nicht behaupten.«

»Und wie willst du fortkommen? Ich kann dich nicht an Bord bringen, ich habe um acht Uhr Parade.«

»Das kann ich übernehmen,« sagte Kinloch. »Für morgen habe ich Jagdurlaub.«

»Schön – wenn du so gut sein willst!«

»Gewiß. Ich werde Frau Goring um halb sieben Uhr hier abholen und rechtzeitig nach Kingstown bringen.«

»Abgemacht! Du nimmst natürlich ein Retourbillet, Peggy, und bist in acht Tagen wieder hier. Jetzt muß ich fort – Tarr und Shotter erwarten mich, sie wollen mir Revanche geben. Keine Zeit zu häuslichen Rührscenen.«

Damit verließ er eilig das Zimmer.

 

Schluß des ersten Bandes.

 

 


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