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Das 19. Jahrhundert hat Afrika den dunklen Erdteil genannt, und es dauerte in der Tat bis in die siebziger Jahre hinein, ehe das Innere dieses grossen Festlandes seine hartnäckig verschlossenen Geheimnisse auftat. Dabei haben gerade in Afrika die ältesten historischen Kulturen bestanden. Die Pharaonen kannten das Gebiet der Nilquellen, die Phöniker hatten Beziehungen zu den Negerstaaten südlich von der Sahara, und vollends die arabischen Kaufleute durchzogen die ganze Nordhälfte des Erdteils. Aber die seefahrenden europäischen Völker haben alle wenig Interesse für den grossen afrikanischen Koloss gehabt. Sie suchten nach Schätzen und Abenteuern, sie durchforschten die fernsten Meere und liessen den insel- und hafenarmen schwarzen Erdteil unbeachtet, so dass sie von ihm beim Beginn des vorigen Jahrhunderts wenig mehr als seine Umrisse kannten.
Anders wurde es erst, als in London zu wissenschaftlichen Forschungszwecken die Afrikanische Gesellschaft gegründet wurde, die zunächst im Jahre 1795 den schottischen Arzt Mungo Park aussandte, um das Gebiet des oberen Niger zu erkundigen. Mungo Park fuhr zur Mündung des Gambia in Senegambien und dann den Fluss hinauf nach Pisania, wo er seine kleine Expedition ausrüstete. Am 2. Dezember 1795 trat er mit nur wenigen Begleitern seine Reise an, fand aber bald, dass er den Charakter der Neger nicht kannte, die furchtsam und zugleich habgierig waren und bei der geringsten Gefahr unter Mitnahme von Gegenständen entliefen.
Trotzdem drang er mutig vor, überschritt die Wasserscheide zwischen Gambia und Senegal und erkannte bald, dass zwischen den Senegalländern und dem Nigergebiet eine hohe Gebirgsgrenze liegen musste. Wegen ausgebrochener Kriegswirren konnte er nicht direkt nach dem Niger zu marschieren, sondern musste einen Umweg nach Norden bis an den Rand der grossen Wüste machen, wo er in das Gebiet fanatischer Mauren geriet. Der König Ali von Ludamar hielt ihn vier Monate in einer überaus harten Gefangenschaft fest. Aller seiner Habseligkeiten beraubt, ohne Diener und Gefährten, gelang es ihm endlich, als sein Tod schon beschlossen war, heimlich zu fliehen und sich mittels eines Taschenkompasses einen Weg durch die Wildnis zu bahnen.
Nach unsäglichen Gefahren und Entbehrungen glückte es ihm, sich bis an den Niger durchzuschlagen, womit er das eigentliche Ziel seiner Reise nun doch erreicht hatte. Aber er war jetzt vollständig ausgeplündert und ganz auf die Gutherzigkeit der Neger angewiesen. Noch eine Strecke weit folgte er dem Lauf des gewaltigen Flusses, indem er sich auf der linken Seite hielt und die rechts gelegene Hauptstadt Segou- Sikoro wegen der dort verkehrenden Araber vermied.
Gern wäre er bis Timbuktu vorgedrungen, aber die Regenzeit hatte begonnen und drohte das Land weithin in einen See zu verwandeln. Dann hätte er nur noch auf Kähnen fahren können, und das war ihm bei seiner Mittellosigkeit nicht möglich. Ausserdem brach er jetzt körperlich vollständig zusammen, und wenn sich nicht mitleidige Menschen seiner angenommen und ihn monatelang gepflegt hätten, dann wäre er wohl kaum wieder aufgekommen. Als er allmählich wieder von seiner schweren Krankheit genesen war, konnte er sich einer grossen Negerkarawane anschliessen und gelangte endlich am 1. Juni 1797 nach achtzehnmonatiger Abwesenheit wieder am Gambia an, wo man ihn längst für tot gehalten hatte.
Mungo Park hat dann 1805 noch eine zweite, besser ausgerüstete Expedition nach dem Nigergebiet unternommen. Er erreichte auch nach grossen Strapazen, wobei von 43 Begleitern 35 unterwegs starben, den Fluss und zimmerte hier ein Boot, um auf diesem womöglich bis zur Mündung hinabzufahren. Auf dieser Fahrt litt er sehr unter der Verfolgung der von den Arabern aufgehetzten Eingeborenen. Seine letzten Begleiter fielen einer nach dem anderen und zuletzt wurde er selbst ermordet.
Ein ähnliches Schicksal erlitt schliesslich sein Nachfolger, ein Deutscher aus Hildesheim namens Friedrich Hornemann, obgleich er in der Maske eines mohammedanischen Kaufmanns reiste. Er durchquerte von Kairo aus, ebenfalls im Auftrage der englischen Afrikanischen Gesellschaft, die Libysche Wüste und gelangte schliesslich nach Tripolis. Von dort zog er über Mursuk nach dem Niger, verriet sich aber wohl durch eine Unvorsichtigkeit und wurde im Jahre 1801 erschlagen.
In den nun folgenden Jahren versuchte eine grosse Anzahl von Forschern den Sudan und die Sahara zu durchqueren, wobei man allmählich über den Lauf der Flüsse und die sonstigen geographischen Verhältnisse immer genauere Vorstellungen bekam. Besonders nach der Eroberung Algiers durch Frankreich im Jahre 1830 wurde das Interesse Europas sehr stark auf das nördliche innere Afrika gelenkt. Merkwürdigerweise waren es Deutsche, die sich in diesen durch mohammedanischen Fanatismus sehr gefährlichen Gebieten besonders betätigten und durch ihre wissenschaftliche Ergebnisse alles früher Erreichte in den Schatten stellten.
An der Spitze von allen steht Heinrich Barth, der grosse klassische Erforscher des Sudans, der in seinen mehr als fünfjährigen Reisen die Probleme des inneren Nordafrika glänzend gelöst hat. Er wurde am 16. Februar 1821 in Hamburg geboren, und betrat 1845 zum ersten Male den Boden Nordafrikas, um hier an der Küste archäologische und geographische Studien zu machen. Ende 1849 beteiligte er sich an einer englischen Expedition unter der Leitung von James Richardson, der sich dann noch Barths Freund Dr. Overweg anschloss. Der Plan der auf mehrere Jahre berechneten Reise war, wichtige innerafrikanische Königreiche zur Anknüpfung von Handelsbeziehungen aufzusuchen, und Barth gelang es nach dem Tode seiner Begleiter, die wissenschaftlich so bedeutende Expedition zu einem erfolgreichen Ende zu führen.
Die Reise ging über Tunis und Tripolis, wo es einen längeren Aufenthalt gab, dann nach Mursuk, wo die Schwierigkeiten durch Intrigen und Erpressungen der Mohammedaner begannen. Immer wieder musste sich die Karawane durch Aufgabe von Waren ihren Durchzug erkämpfen. Am 4. September 1849 wurde Tintellust, die Hauptstadt des Reiches Air oder Asben, erreicht, wo sie von dem König nach Ueberreichung eines Geschenkes gut empfangen wurden.
Barth machte von hier einen Ausflug nach der alten und bedeutenden Stadt Agades und blieb in dieser, noch nie von einem Christen besuchten Stadt drei Wochen. Nach seiner Rückkehr brach die Karawane am 6. November auf und kam am 7. Januar 1850 in Taghelel an. Von hier wollten die Forscher nach Osten abbiegen, um Kuka am Tsadsee zu erreichen, doch war schon früher verabredet worden, auf drei getrennten Wegen auf dieses Ziel loszugehen. Während Richardson direkt nach Kuka ging, marschierte Barth zunächst nach Südwesten und gelangte über Tessaua nach Katsena. Hier gab es wieder Schwierigkeiten, weil der Fürst nicht mit dem Geschenk zufrieden war, und ähnlich erging es ihm in dem grossen Handelszentrum Kano, wo seine schwarzen Diener, die er nicht mehr bezahlen konnte, immer unverschämter wurden. Ausserdem erkrankte er noch an einem Fieber.
Trotzdem verliess ihn nicht der Mut, und er gelangte nach allerlei Abenteuern am 2. April 1851 in Kuka an dem grossen Tsadsee an. Schon vorher hatte er erfahren, dass Richardson infolge der Anstrengungen der Reise erkrankt und unweit von der Hauptstadt gestorben war. Overweg, der über Sinder gereist war, traf am 7. Mai ein.
Vom Tsadsee aus machten nun die beiden Forscher wiederholte Reisen in südlicher und östlicher Richtung. Dabei wurde in Jola der Benue, ein Nebenfluss des Niger, erreicht und dessen Ursprung festgestellt. Aber auch Dr. Overweg erkrankte in dem ungünstigen Klima und starb schliesslich am 27. September.
Dr. Barth hatte anfangs beabsichtigt, auch noch das Ostufer des Tsadsees zu erforschen, doch verleidete ihn der Tod seines Gefährten den Aufenthalt in der Gegend, und er brach ungesäumt auf, um neue Länder zu sehen und mit neuen Menschen in Berührung zu kommen.
Eine aus Europa eingetroffene Geldsendung hatte ihm erlaubt, seine Schulden zu bezahlen, und so ritt er jetzt wieder nach Westen über Sinder nach Sokoto, der Hauptstadt des gleichnamigen Landes, wo er sich mit dem Sultan gut zu stellen wusste. Dann ging es weiter auf den Niger zu, dessen Bett er am 20. Juni 1852 bei der Stadt Say erreichte.
Barth entschloss sich jetzt, die Reise bis nach Timbuktu fortzusetzen, was ursprünglich gar nicht in seiner Absicht gelegen hatte. Dabei musste er, um die fanatischen Mohammedaner zu täuschen, unterwegs in der Rolle eines vornehmen Arabers auftreten und nannte sich Scherif Abd el Kerim e Schami. Bisher hatten noch alle Europäer mit Ausnahme eines Franzosen, der geschickt die Rolle eines Arabers durchgeführt hatte, bei dem Besuche von Timbuktu, dieser fast sagenhaften Königin der Wüste, wie man die Stadt nannte, das Leben eingebüsst. Barth wagte ihn aber doch.
Unterwegs wurde er von seinem Führer in gemeinster Weise bestohlen, und als er in Timbuktu ankam, geriet er bald in die schlimmste Lebensgefahr, da man an einigen fremdartigen Gegenständen in Barths Gepäck erriet oder wenigstens vermutete, dass er ein Christ sei. Der Scheich El Bakay stand zwar auf Barths Seite, aber die Untertanen drohten mit einem Aufstand und forderten den Tod des Fremden.
Monatelang war der deutsche Forscher wenig mehr als ein Gefangener und schwebte fortwährend in Lebensgefahr. Endlich am 18. Mai 1854 schlug für ihn die Stunde der Erlösung, und er konnte in Begleitung des Scheichs die für ihn beinahe verhängnisvoll gewordene Gegend verlassen. Der edelmütige Scheich gab ihm Empfehlungsbriefe und ausreichende Schutzmannschaften mit.
Von Say aus zog Barth wieder nach Osten. Er hatte bereits erfahren, dass die englische Regierung zu seiner Unterstützung einen jungen Deutschen, Dr. Eduard Vogel, entsandt habe, und erlebte nun unvermutet auf dem Wege nach Kuka, als er sich in der Stadt Bundi befand, ein Zusammentreffen mit seinem Landsmann. Gemeinsam zogen sie nunmehr nach Kuka, wo sie mehrere Wochen verbrachten.
Dann verabschiedeten sie sich voneinander, Dr. Vogel, um eine Expedition anzutreten, die ihm einen baldigen Tod bringen sollte, Dr. Barth, um wieder nach Hause zu reisen. Diese Heimreise verlief schneller und besser, als er gedacht hatte. Am 5. Mai 1855 verliess er Kuka, um schon am 20. Juni Mursuk und am 27 August Tripolis zu erreichen.
Dr. Vogel aber wurde von einem tragischen Geschick ereilt. Nachdem er eine Zeitlang das Tsadseegebiet erforscht hatte, brach er nach Osten auf und wurde anfangs 1856 auf Befehl des Sultans von Wadai infolge einer Anzeige fanatischer Mohammedaner in grausamer Weise ermordet.
Was Barth für die Durchforschung des nördlichen Afrikas getan hat, leistete der Schotte Dr. David Livingstone für die Südhälfte. Er wurde am 19. März 1813 in der Nähe von Glasgow in ganz ärmlichen Verhältnissen geboren und musste schon mit zehn Jahren in einer Spinnerei arbeiten. Mit eiserner Willenskraft studierte er des Nachts und bereitete sich so, immer dabei schwer arbeitend, auf seinen selbstgewählten Beruf vor, einmal als Missionar in fremde Länder zu gehen. Endlich hatte er sein Ziel erreicht und wurde im Jahre 1840 nach Südafrika geschickt, nachdem er nicht nur Theologie studiert, sondern auch sein Examen als Arzt gemacht hatte. Er war anfangs im Kapland als Gehilfe des englischen Missionars Moffat tätig, dessen Tochter er bald heiratete. Im Jahre 1845 beschloss Livingstone, weiter ins Innere zu ziehen, und gelangte bis an den Rand der Kalahariwüste, wo er mit dem einflussreichen Betschuanenhäuptling Setschele Freundschaft schloss. 1849 durchquerte er die Wüste und gelangte bis an den Ngamisee, wo er ebenfalls freundlich aufgenommen wurde und zwei Jahre als Missionar tätig war.
Diese Erfolge gaben ihm den Mut zu grösseren Entdeckungsreisen, die seinen Namen bald berühmt machen sollten. 1851 ging er auf eine Einladung von Sebitoane, dem Häuptling der Makololo, durch die Kalahariwüste nach Sescheke, an einem grossen Fluss, den die Eingeborenen Liambai nannten, der aber weiter nichts als der Oberlauf des Sambesi war. Die Reise war sehr mühsam gewesen, da Livingstone seine Familie, Frau und Kinder, bei sich hatte, die unter den Strapazen der Wüstenwanderung doppelt litten. Schon am zweiten Tag hatte der mitgenommene Führer die Richtung verloren und flüchtete dann, da er eine Strafe fürchtete. Das letzte Wasser ging zur Neige, und es gelang nicht, eine Quelle zu finden. Ein See, an den man gelangte, erwies sich als stark salzhaltig. In der höchsten Not, als schon alle fast verschmachtet waren, kam Livingstone auf den Einfall, seine mitgenommenen Zugochsen freizulassen, und diese Tiere rannten auch stürmisch davon, bis sie an einen Fluss gelangten. Einige Reiter waren ihnen gefolgt, und so wurde die Karawane gerettet.
Dann gab es grosse Verluste durch die in der Kalahariwüste so häufige giftige Tsetsefliege, an deren Stichen der grösste Teil des Zugviehs starb. Glücklicherweise leistete in Linyanii am Tschobefluss der Häuptling Sebitoane ihnen herzliche Hilfe und stellte eine grössere Anzahl Ochsen zur Verfügung, so dass Livingstone nach einer Weile weiterziehen und den Sambesi- Oberlauf als erster Weisser erreichen konnte.
Zufrieden mit diesem Ergebnis kehrte er auf demselben Wege, wie er gekommen war, nach Kapstadt zurück, schickte seine Familie nach England zur Erholung und rüstete sich zu einer neuen Expedition. Wieder ging er in das Reich Sebitoanes, der aber inzwischen gestorben war. Sein Sohn Sekeletu erwies sich als ebenso freundlich gesinnt, wie es sein Vater gewesen war, und gab dem Engländer eine ganze Flottille von 33 Kähnen mit, um so den Liambai oder Sambesi hinaufzufahren. Der Fluss ging unablässig nach Norden in das Reich der Lunda hinein und wurde von diesen Liba genannt. Livingstone verfolgte ihn bis zum Quellengebiet, wandte sich dann nach Nordwesten und überschritt den Oberlauf des Kwango, eines Nebenflusses des Kongos. Am 31. Mai 1854 erreichte er in Loanda die Küste des Atlantischen Ozeans.
Trotzdem er nun von den erlittenen Strapazen sehr entkräftet war, gönnte er sich nur eine kurze Erholung und begann dann den Rückmarsch. Wieder überschritt er den Kwango, geriet dann aber.durch die Habgier der Neger und ihrer Häuptlinge bald in eine üble Lage, da er die immer erneuten Geschenkforderungen auf die Dauer nicht befriedigen konnte. Seine Habe schmolz immer mehr zusammen, und schliesslich musste er sich mit seinen Leuten, überall um Nahrung bettelnd, durchschlagen. Manchmal verlor er ganz den Mut, gelangte dann aber nach zweijähriger Abwesenheit schliesslich doch noch glücklich in Linyanii an, wo er festlich empfangen wurde.
Nun aber liess es ihm keine Ruhe, auch den Unterlauf des Liambai, in dem er mit Recht den Sambesi vermutete, zu erforschen. Bald war er wieder unterwegs, und schon nach kurzer Zeit gelangte er an gewaltige Wasserfälle, die er Viktoriafälle nannte. Immer mächtiger wurde jetzt der Strom, der noch verschiedene majestätische Fälle zeigte. Von Norden kam noch der starke Nebenfluss Schire, und dann ging es endlich in das Delta des Sambesiflusses hinein, dessen Mündung am 20. Mai 1856 bei Quelimane erreicht wurde.
Nach einem Besuch in England sehen wir Livingstone schon 1858 wieder unterwegs nach neuen Entdeckungen, diesmal im Auftrag der englischen Regierung. Er sollte den Unterlauf des Sambesi näher erforschen und nahm einen zerlegbaren Dampfer mit, der erst in Quelimane zusammengesetzt wurde. Livingstone fuhr diesmal den Schirefluss hinauf und stellte fest, dass dieser ein Ausfluss des langgestreckten Nyassasees war, dessen Ufer er als erster Europäer am 16. September 1859 erreichte. Südöstlich davon entdeckte er auch den kleineren Schirwasee. Er drang nun nördlich bis zum Rovumafluss vor und folgte seinem Laufe bis zur Mündung.
Im Jahre 1864 war Livingstone wieder in England, beschloss aber sofort eine neue Fahrt zu machen, diesmal mit dem ehrgeizigen Plan, das ganze mittelafrikanische Seengebiet zu erforschen und die Wasserscheiden zwischen Nil, Kongo und Sambesi festzustellen.
1866 langte er an der Mündung des Rovuma an, dessen Lauf er bis zum Nyassasee folgte. Aber diesmal sollte er nicht wieder so viel Glück haben wie früher. Seine Träger erwiesen sich als unzuverlässig und desertierten, und am Nyassasee verliessen ihn auch die meisten, die noch treu geblieben waren. Die ersten entflohenen Träger hatten inzwischen an der Küste das Gerücht verbreitet, Livingstone sei ermordet worden. Sofort entschloss man sich in England zu einer Expedition, die Näheres über den Forscher erkunden sollte, und diese Expedition unter Dr. Edward Young erreichte ebenfalls den Nyassasee, konnte aber nur feststellen, dass Livingstone noch am Leben sei.
Er war nämlich inzwischen am Westrand des Sees nach Norden marschiert, doch kam seitdem keine weitere Nachricht über seine Schicksale, so dass man bald in Europa weder wusste, wo er sich befand, noch ob er überhaupt am Leben sei. Auch der Versuch einer zweiten Expedition, ihn aufzufinden, verlief ohne jedes Ergebnis.
Da entschloss sich 1869 Gordon Bennett, der Eigentümer der amerikanischen Zeitung »New York Herald«, seinen Berichterstatter Henry M. Stanley, der sich gerade in Madrid befand, nach Afrika zu schicken, um nach Livingstone zu suchen, und überwies ihm unbeschränkte Geldmittel.
Stanley, der eigentlich von einer Tropenforschung nicht die geringste Ahnung hatte, schiffte sich trotzdem sofort nach Sansibar ein, rüstete dort eine grosse Expedition aus und marschierte am 21. März in nordwestlicher Richtung in das Innere. Glücklich gelangte er auch in das Reich Unyamwesi, wo er eine Zeitlang in einen Krieg der Araber gegen einen Negerkönig verwickelt wurde. Er musste mehrere Schlachten mitmachen, entwich dann aber und erfuhr auf dem Zuge nach dem Tanganjikasee, dass sich dort ein weisser Mann aufhalte. Das konnte nur Livingstone sein.
In der Tat befand sich hier der englische Forscher, und zwar in einer sehr üblen Lage. Er war, nachdem er den Nyassasee verlassen hatte, im April 1867 an das Südende des Tanganjikasees gelangt. Dann hatte er, sich westlich und südlich wendend, den Mwerusee und den Bangweolosee und deren Zuflüsse studiert, die er für Nilquellen hielt, ohne zu ahnen, dass er sich im Stromgebiet des Kongo befand. Er kehrte schliesslich an den Tanganjikasee zurück, an dessen Ostseite, in Udjidji, er sich ein Standquartier einrichtete. Hier erkrankte er schwer und hatte, als er sich wieder besser fühlte und einen neuen Abstecher unternahm, das Unglück, seine ganzen Warenvorräte zu verlieren. So war er von allen Mitteln entblösst am 23. Oktober 1871 gerade wieder in Udjidji angekommen, als wenige Tage später im Augenblick der höchsten Not Stanley ankam und ihm Rettung und Vorräte brachte.
Die Freude war auf beiden Seiten sehr gross. Livingstone erfuhr, was inzwischen in der Welt geschehen war, und machte dann mit dem amerikanischen Journalisten eine gemeinsame Fahrt über den Nordteil des Sees.
Am 27. Dezember trat Stanley die Rückreise an. Livingstone aber ging wieder nach Udjidji, wo er auf neue Vorräte wartete, die im August 1872 von Sansibar aus eintrafen. Der unermüdliche Forscher machte sich nun sofort wieder auf den Weg und zog um die Südspitze des Sees herum noch einmal nach dem Bangweolosee, immer bedacht, die hier vermuteten Nilquellen zu finden.
Aber diese Entdeckung, die er ja auch an einer falschen Stelle suchte, war ihm nicht mehr beschieden. Seine durch die langjährigen Strapazen untergrabene Gesundheit brach ganz zusammen. Sein Zustand wurde schlimmer und schlimmer und am 4. Mai 1873 starb er südlich vom Bangweolosee an der Ruhr. Seine treuen Diener brachten mit beispielloser Aufopferung seine Leiche auf einem gefährlichen Wege nach Sansibar, von wo sie nach England überführt wurde.
Natürlich waren in den langen Jahren, die Livingstones Entdeckertätigkeit umfasste, auch andere Forscher tätig, um das Dunkel, das noch über dem Inneren Afrikas lag, zu lichten. Vor allem sind hier zwei Deutsche zu nennen, Gerhard Rohlfs und Gustav Nachtigal.
Dr. Gerhard Rohlfs, der am 14. April 1831 in Vegesack bei Bremen geboren wurde, hat ein ausserordentlich bewegtes und abenteuerliches Leben geführt. 1855 ging er nach Algier zur Fremdenlegion, wo er als Militärarzt an den Kämpfen gegen die Kabylen teilnahm. 1862 wagte er in der Maske eines zum Islam übergetretenen Christen, einen Streifzug durch Marokko. Er überschritt den Atlas, drang als erster Europäer in die Oase Tafilelt ein und gelangte schon ein Jahr später durch die Wüste Sahara bis nach Tuat.
Im Jahre 1865 begann er dann seine grosse Reise, die ihn von der Nordküste Afrikas bis an die Küste von Guinea brachte. Am 20. Mai verliess er Tripolis und reiste über Mursuk, wo er sich längere Zeit aufhielt, in schnurgerader Richtung nach Kuka am Tsadsee. Er traf dort im Juli 1866 ein und blieb bis zum Ende des Jahres, nachdem er sich mit dem Sultan, der ihn anfänglich sehr kühl behandelte, befreundet hatte. Auf der weiteren Reise geriet die Karawane noch einmal in grosse Gefahr durch den Angriff einer betrunkenen Dorfbevölkerung, aber schliesslich gelangte Rohlfs doch in südwestlicher Richtung über Jakuba und Keffi nach Lokodje, wo der Benuefluss in den Niger fliesst. Hier traf er sogar schon eine englische Faktorei an und langte dann am 20. Mai 1867 in Lagos an. Seine Wanderung war eine der grössten, die überhaupt bis dahin unternommen waren.
Auch in späteren Jahren hat Rohlfs noch eine Reihe von Expeditionen ausgeführt, die aber nicht die grosse Bedeutung der früheren hatten. Ein grossangelegtes Unternehmen 1879 über die Kufra-Oasen durch die Libysche Wüste nach Wadai misslang, da die Expedition schon in der Oase Kufra infolge der Treulosigkeit der dortigen Araber vollständig ausgeplündert wurde. Rohlfs und seine Begleiter retteten mit Mühe ihr Leben.
Dr. Gustav Nachtigal, geboren am 23. Februar 1834 in Eichstedt bei Stendal, dessen Reisen wissenschaftlich bedeutender als die Dr. Rohlfs sind, war eigentlich nur eines beginnenden Lungenleidens wegen nach Tunis in Nordafrika gegangen, wo er sechs Jahre als Arzt lebte und völlig gesundete. Ein Zufall führte ihn 1868 mit Dr. Rohlfs zusammen, der jemand suchte, um Geschenke des Königs von Preussen an den Sultan von Bornu zu überbringen, und Nachtigal überredete, den Auftrag durchzuführen.
Bis Mursuk ging Nachtigals Reise leicht vonstatten, dann aber wollte er einen Abstecher nach Tibesti in das Gebiet der sehr räuberischen Tubu machen. Er liess sich auch durch keine Warnungen abhalten und brach, nachdem er seine wertvollsten Vorräte in Mursuk in sichere Hut gegeben hatte, nach Tibesti auf. Das leichtsinnige Unternehmen brachte ihn schnell in die grösste Lebensgefahr. Um den Beduinen zu entgehen, schlug er wenig begangene Pfade ein, wurde nur durch ein Wunder vom Tode des Verschmachtens gerettet und gelangte schliesslich unter endlosen Strapazen nach Bardai, um hier sofort vollständig ausgeplündert zu werden. Der ihm zugedachten Ermordung entging er mit genauer Not durch eine schleunige waghalsige Flucht.
Der deutsche Forscher schloss sich nunmehr auf dem Wege von Mursuk nach Kuka einer grossen Karawane an, die am 18. April 1870 Mursuk verliess und am 5. Juni in der Hauptstadt von Bornu anlangte. Hier überreichte Nachtigal seine reichen Geschenke dem Sultan, aber sein Wunsch, nunmehr, wie er es beabsichtigt hatte, nach Wadai zu ziehen, war wegen der dort herrschenden Kriegswirren nicht möglich. Doch konnte er dafür 1871 einen Abstecher nach Nordosten unternehmen und gelangte nach Borku, von wo erst anfangs des Jahres 1873 wieder nach Kuka zurückkehrte.
Nunmehr durfte er aber endlich an seinen Plan denken und einen Zug nach dem Westen unternehmen. Mit Empfehlungsbriefen des Sultans versehen, überschritt er den Scharifluss und kam bald in südöstlicher Richtung in Gebiete, die nicht mehr mohammedanisch, sondern heidnisch waren. Die Neger waren hier sehr primitiv und flohen beim Herannahen der Karawane, die sie für eine Räuberbande hielten, in die Wälder.
In Begleitung des Königs Abbu Sekkin, der mit dem Scheich von Bornu in Freundschaft stand, aber von den Wadais entthront war, musste er eine Sklavenjagd auf heidnische Bagirnu mitmachen, die auf riesengrossen Bäumen festungsartige Häuser besassen. Diese Bäume waren an sich unersteigbar, aber gegen die Feuerwaffen der Angreifer boten sie keinen Schutz. Nachtigal widerte eine solche Sklavenjagd sehr an und er war froh, als er die Gegend verlassen und nach Kuka wieder zurückkehren konnte.
Erst im Jahre 1873 wurde die Reise durch das Gebiet der Wadai möglich. Mit Empfehlungen des Sultans von Bornu gelangte er ungefährdet nach Abesche, wo ihn der kriegerische Sultan Ali verhältnismässig freundlich aufnahm. Im Januar 1874 zog er weiter durch Dar Fur und Kordofan, erreichte den Nil bei Chartum und gelangte flussabwärts am 22. November 1874 glücklich nach Kairo.
Ebenfalls ein sehr bedeutender Forscher war der Deutsche Dr. Georg Schweinfurth, der sich vor allem um das Gebiet des oberen Nils bemüht hat. Schon 1864 hatte er das Nildelta in Unterägypten besucht, war dann flussaufwärts gezogen und schliesslich nach Abessinien gekommen. 1868 ging er mit einem mächtigen Elfenbeinhändler Mohammed Abd-es-Sammat von Chartum aus den Nil hinauf in das Innere Afrikas. Unterwegs hatten sie viel durch die Nachstellungen der Schilluks zu leiden, eines sehr räuberischen Volksstammes, der manchmal auf Tausenden von Kähnen den Leuten Sammats auflauerte, aber schliesslich doch keinen offenen Angriff gegen den überlegen bewaffneten Sammat wagte.
Bei 9 Grad südlicher Breite gelangte man in die Sumpfregion des Nils, der hier so dicht mit Papyrusgebüschen besetzt war, dass die Barken sich nur mit Mühe durch enge Kanäle und Risse hindurchzwängen konnten. Endlich gelangten die Reisenden auf dem Bahr-el-Ghasal nach Meschra-er-Rek, wo sie einen Monat blieben, um Träger zu erwarten.
Am 25. März 1869 brach die 500 Mann starke Karawane wieder auf. Dr. Schweinfurth hatte 70 Träger zur Verfügung, auch wurden ihm mehrere Reitesel angeboten. Er zog es aber vor, die grosse Wanderung lieber zu Fuss zu machen, weil er unterwegs fortwährend die Wege beobachten und Pflanzen untersuchen musste. Er hat dies auch durchgesetzt und ist die ganzen 2 ¼ Jahre ausschliesslich zu Fuss gegangen. Vorläufig ging der Marsch aber nur bis zu der nahegelegenen Hauptseriba, dem stark befestigten Dorfe Djur Ghattas. Hier quartierte sich Schweinfurth sieben Monate ein und machte zahllose Ausflüge nach den ringsum verstreuten kleineren Seriben des Elfenbeinhändlers.
Ende Januar 1870 zog der Forscher mit Abd-es-Sammat und fast 800 Mann Begleitung in das Gebiet der kannibalischen Niam-Niam. Dieser grosse abschreckend aussehende Volksstamm erwies sich aber dank der Autorität, die der mächtige Abd-es-Sammat genoss, als sehr freundlich gegen die Ankömmlinge, und der Häuptling Nganje schloss mit dem wunderbaren weissen Mann Schweinfurth, dem ersten Europäer, den er überhaupt sah, besondere Freundschaft.
Diesen aber trieb es weiter; er überschritt als erster Forscher von Norden her das Quellgebiet des Nils und erreichte am 19. März 1870 einen Fluss, der seine Wasser in einer allen bisher gesehenen Flüssen entgegengesetzten Richtung von Osten nach Westen trieb. Es war der Uëlle, der zum Stromgebiet des Kongo gehörte, was Schweinfurth allerdings damals nicht wissen konnte. Hier befand sich das Gebiet der Monbuttu, die noch schlimmere Kannibalen als die Niam-Niam waren. Schweinfurth wurde dem Könige Munsa vorgestellt, einem phantastisch aufgeputzten Menschen von abstossenden Gesichtszügen, und hielt sich vier Wochen in seiner Residenz auf. In dieser Gegend lernte er auch das Zwergvolk der Akka kennen. Schon die alten Griechen wussten von afrikanischen Zwergvölkern und sogar bereits bei Homer werden die Pygmäen am Okeanos erwähnt, aber man hatte diese Nachrichten, wie so vieles andere, für Fabeln gehalten. Schweinfurth erkannte die Zwerge als einen besonderen, sehr primitiven Volksstamm, konnte aber nicht weiter in ihr Land eindringen, weil König Munsa hierzu die Erlaubnis verweigerte. Es musste deshalb die Rückreise angetreten werden, die auch ohne weitere Gefährdung gelang. Leider verlor er dabei durch eine Feuersbrunst einen grossen Teil seiner fast unersetzlichen Sammlung. Am 27. Juli 1871 traf er wohlbehalten in Chartum ein.
Der vereinigten Arbeit aller dieser Forscher gelang es allmählich, die Rätsel des dunklen Erdteils immer mehr aufzuhellen, aber ein Hauptproblem blieb noch übrig, die Erforschung des Stromgebiets des gewaltigen Kongo, über dessen Verlauf man gar nichts wusste. Zwar hatte der Engländer Verney Lovett Cameron 1873 den aus dem Tanganjikasee abfliessenden Lukuga als Zufluss zum Lualaba und damit als zum Kongosystem gehörend erkannt, und er gelangte auch vom Lualaba, nach Westen ziehend, glücklich im Jahre 1875 bei Benguela an den Atlantischen Ozean, so dass er zum ersten Male das mittlere Afrika von Osten nach Westen durchquerte, aber die Lösung des Kongoproblems sollte erst in glänzender Weise Stanley gelingen.
Der amerikanische Journalist, der sich durch seine schnelle Auffindung Livingstones einen grossen Ruf erworben hatte, begann seine Durchquerung Afrikas am 17. November 1874 von Sansibar aus. Seine grosse, mehr als 300 Mann starke Karawane führte für Fluss- und Seefahrten ein transportables, in fünf Teile zerlegbares Boot, die »Lady Alice«, mit sich. Zunächst zog er in westlicher Richtung bis in das Ugogogebiet, wo er in grosse Ernährungsschwierigkeiten geriet, so dass mehrere Teilnehmer und auch einer der drei weissen Begleiter infolge der Entbehrungen starben. Auf dem Weitermarsch wurde das Lager durch feindselige Stämme überfallen und verlor einmal in einem Kampf 24 Mann.
Der Marsch ging nunmehr nach Norden durch das Reich Iramba. In Usukuma kam man in fruchtbarere Gegenden, und am 27. Februar 1875 wurde das Südufer des grossen Victoria-Nyansa- Sees erreicht. Hier wurde die »Lady Alice« seefertig gemacht, und während die beiden Weissen, Francis Pocock und Frederik Barker, mit dem Lager zurückblieben, machte Stanley mit 15 Begleitern eine Bootsfahrt um den See herum, die mit grossen Gefahren verknüpft war. Am Nordufer wurde er als Gast zu dem mächtigen Kaiser Mtesa von Uganda geleitet, der ihn mit grossem Pomp empfing und ihm das Versprechen abnahm, mit seiner Expedition wieder zurückzukommen. Am 5. Mai langte Stanley, der unterwegs beinahe ermordet worden wäre, wieder im Lager an und erfuhr, dass inzwischen auch der Europäer Barker dem Klima erlegen war, so dass als einziger weisser Begleiter Pocock blieb. Nach einer längeren Pause, die durch eine Erkrankung Stanleys hervorgerufen war, begann dieser Kanus zu sammeln, um darauf seine Karawane nach Uganda überzusetzen. Unterwegs hatte er noch einen siegreichen Kampf mit einem sehr feindseligen Negerstamm, gelangte aber glücklich am Ziel an.
Zwei Monate blieb er am Hofe Mtésas, entdeckte dann den Albert-Edward-See und wandte sich nunmehr nach Süden zum Tanganjikasee. Am 27. Mai 1876 langte er wieder in Udjidji an, wo er 1872 mit Livingstone zusammengetroffen war. Auch diesmal machte er mit wenigen Begleitern eine Rundfahrt um den See, die 57 Tage dauerte.
Im August setzte er sich aufs neue in Bewegung und wanderte auf das Kongogebiet zu. Am 26. Oktober erreichte er Nyangwe, den äussersten Punkt Livingstones am Lualabe. Unterwegs war er auf eine grosse Karawane gestossen, die unter Leitung eines sehr intelligenten und mächtigen Arabers, Tippu- Tib, stand. Die beiden Männer fassten schnell Zutrauen zueinander und Stanley schloss mit dem Araber einen Vertrag ab, dass dieser ihn mit seiner Armee von 700 Mann 60 Tagemärsche weit begleiten sollte.
Anfang November brach die so entstandene grosse Karawane von Nyangwe auf und zog den Fluss entlang nach Norden. Schon nach kurzer Zeit gelangte sie in das dichteste Urwaldgebiet, das mit seinem sumpfigen Boden dem Vordringen fast unüberwindliche Hindernisse entgegenstellte. Ein Teil der Reisenden fuhr auf Kanus, ein anderer Teil musste zu Fuss folgen. Dabei wurden sie fortwährend von den wilden Negerstämmen angegriffen, denen sie förmliche Schlachten liefern mussten. Schliesslich erklärte Tippu-Tib, er könnte es seinen Leuten nicht länger zumuten, nach den furchtbaren Verlusten in den sicheren Tod zu marschieren. Stanley musste ihn ziehen lassen, er bezahlte und blieb nun allein mit einem kleinen Häuflein Menschen in dem dichten Urwald zurück.
Die Bootfahrt, die bisher verhältnismässig glatt vor sich gegangen war, wurde nun aber durch den Fluss selbst gefährlich, denn die Karawane gelangte in das Gebiet der sogenannten Stanley-Fälle. Immer wieder mussten inmitten kannibalischer, feindseliger Negerstämme die Kähne über Land transportiert werden, was nicht ohne Verluste abging. Und als die sieben grossen Stanley-Fälle überwunden waren, wurde Stanley Mitte Februar 1877 von über 60 schwerbewaffneten Kanus angegriffen, mit denen es einen für den Amerikaner siegreichen Kampf gab, der dann zu einem Friedensschluss führte.
Aber der Fluss wurde immer unfreundlicher und am 3. Juni verlor Stanley auch seinen letzten weissen Gefährten, der bei dem Versuch, ein gefährdetes Kanu zu retten, ertrank. Jetzt verzweifelte Stanley selber und auch seine mutlosen Neger weigerten sich, weiter vorzudringen. Sie flohen in die Wälder und Stanley musste eine förmliche Jagd veranstalten, um die Halbverhungerten wieder zurückzuholen.
Mit fast übermenschlicher Zähigkeit arbeiteten sie sich schliesslich weiter, da eine Rückkehr ja auf jeden Fall unmöglich war. Die Verhältnisse wurden immer schlimmer, je mehr sie sich schliesslich der westlichen Küste näherten. Halbverhungert erreichten die Tapferen, als sie schon fast jede Hoffnung aufgegeben hatten, eine Station, die nur drei Tagereisen von Borna entfernt war, brachen aber hier ganz zusammen. Doch gelang es Stanley, einen Brief nach Borna zu senden, und bald kam ihnen eine kleine Armee mit reichen Vorräten entgegen, so dass sie glücklich an die Küste gelangen konnten.
Am 21. August 1877 erreichte Stanley mit dem Rest seiner Expedition auf einem Dampfer St. Paolo de Loanda. Fast alle waren schwer krank. Um die Südspitze Afrikas herum kehrte er dann wieder nach Sansibar zurück, nachdem ihm eine der grössten Forschungsreisen aller Zeiten glänzend gelungen war. Die Geographie Afrikas war jetzt in grossen Linien festgelegt und es begannen nunmehr, besonders in den achtziger Jahren, die Einzelforschungen. Vor allem brachte das Auftreten Deutschlands als Kolonialmacht ein schnelleres Tempo in die Aufteilung des schwarzen Erdteils hinein, was natürlich dazu führte, dass die einzelnen Mächte bestrebt waren, die ihnen gehörenden Gebiete nun auch genauer zu erforschen. Dabei wurden noch zahlreiche Entdeckungen gemacht.
Von deutschen Afrikareisenden sind vor allem zu nennen Wissmann und Pogge, die 1880 das Stromgebiet des zum Kongo gehörenden Kassai erforschten, worauf Wissmann dann allein mit wenigen Begleitern nach Osten zog und über Nyangwe und Udjidji glücklich nach Sansibar gelangte. Auch Emin Pascha, der mehr ein sorgfältiger Einzelforscher war und 1892 ein so tragisches Ende fand, war ja ein Deutscher und Dr. Karl Peters entfaltete eine aufopferungsvolle Tätigkeit für das deutsche ostafrikanische Kolonialgebiet.