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Die erste Erdumseglung durch Magalhaes.

Ferdinand Magalhaes.

Kolumbus und seine unmittelbaren Nachfolger konnten immer noch an dem Glauben festhalten, dass die von ihnen gefundenen Länder zum Osten Asiens gehörten. Aber seitdem die Portugiesen Brasilien entdeckt und als ein grosses Festland erkannt hatten, vor allem aber seit der mutige spanische Abenteurer Vasco Nuñez de Balboa die Landenge von Panama überschritten und am 25. September 1513 zum ersten Male den Stillen Ozean, den er Mar del Sur nannte, erblickt hatte, seitdem musste auch der Gedanke auftauchen, dass das neugefundene, vermeintliche Indien ein Weltteil für sich sei, den man ebenso wie Afrika umsegeln könnte, um auf diese Weise nach dem wirklichen Indien zu gelangen. Der Gedanke einer Weltumsegelung, den auch Kolumbus in einer naiven Weise gehegt hatte, beschäftigte damals viele Köpfe, aber erst Magalhaes war es vorbehalten, ihn in die Wirklichkeit umzusetzen.

Fernao da Magalhaes wurde um das Jahr 1480 als Sohn eines portugiesischen Edelmannes geboren und kam der Sitte gemäss früh an den Hof, wo er eine sorgfältige Erziehung erhielt. Einer seiner Lehrer war wahrscheinlich auch der hervorragende Astronom Martin Behaim, der in portugiesischen Diensten stand und das höchste wissenschaftliche Ansehen genoss.

Schon frühzeitig regte sich in Magalhaes die Sehnsucht nach fremden Ländern und abenteuerlichen Entdeckungen, und im Jahre 1505 schloss er sich der grossen Expedition des ersten indischen Vizekönigs Francisco d'Almeida an, der mit 22 Schiffen Afrika umsegelte und überall im Indischen Ozean feste Stützpunkte für den portugiesischen Handel anlegte. In den nun folgenden heftigen und wechselreichen Kämpfen und Seegefechten zeichnete sich auch der junge Magalhaes aus und wurde mehrfach verwundet.

Im Jahre 1510 übernahm der tapfere Alfonso d'Albuquerque auf ein königliches Dekret hin den Oberbefehl. Er eroberte nach wilden Kämpfen das noch heute portugiesische Goa und dann die für den Gewürzhandel wichtige Stadt Malakka, auf der gleichnamigen Halbinsel, die unter dem Namen des Goldenen Chersonesos einen so fabelhaften Ruf genoss. Magalhaes, der inzwischen den Rang eines Kapitäns erlangt hatte, kehrte 1512 nach Portugal zurück. Er hatte sich durch seine Offenherzigkeit den mächtigen Albuquerque zum Feinde gemacht, und dieser gab beim König ein sehr ungünstiges Urteil über ihn ab. Magalhaes fühlte sich bald bei Hofe zurückgesetzt, besonders, als er nach einer Expedition in Nordafrika in den Jahren 1513 und 1514, der er sich angeschlossen hatte, für seine Verdienste statt Anerkennung nur Anfeindungen fand.

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Fernao da Magalhães. Kupferstich von Ferd. Selma.

Magalhaes, der die ganzen Jahre über unablässig geographische Studien getrieben hatte und darin grössere Kenntnisse besass als irgendein Zeitgenosse, beschäftigte sich immer eindringlicher mit dem Gedanken eines westlichen Weges nach Indien um die Südspitze Amerikas herum. Von einem gewaltigen Ehrgeiz verzehrt, im Bewusstsein seines inneren Wertes, beschloss er endlich, seiner erzwungenen Tatenlosigkeit ein Ende zu machen und in spanische Dienste zu treten.

Am 20. Oktober 1517 langte er in Sevilla an, gerade einen Monat später, nachdem Karl V. den spanischen Boden betreten hatte. Durch seinen Briefwechsel mit spanischen Gelehrten ging dem Portugiesen ein guter Ruf voraus, und es wurde ihm leicht, bei dem jungen Monarchen Gehör zu finden. Bei den Verhandlungen gab es einen sehr wichtigen Punkt ab, dass Magalhaes behauptete, die Molukken und andere Inseln, durch die Portugal so kostbare Gewürze bezog, gehörten eigentlich zur spanischen Erdhälfte, wie es Papst Alexander VI. bestimmt hatte. Die Trennungslinie nämlich im Atlantischen Ozean, die man zwischen dem portugiesischen Osten und dem spanischen Westen gezogen hatte, war so weit westlich genommen worden, dass Brasilien noch zum Osten, also zu Portugal, gehörte und dementsprechend der Bereich der spanischen Welthälfte sich wahrscheinlich weit nach Ostindien hinein erstrecken musste.

Magalhaes erbot sich nun, einen westlichen Weg nach den Molukken zu finden, und wusste alle Einwände, die man ihm entgegensetzte, zu zerstreuen. Karl V. empfing 1518 Magalhaes in feierlicher Audienz und bewilligte ihm sehr günstige Bedingungen für seine Entdeckungsfahrt, zu der er fünf Schiffe ausrüsten liess.

Inzwischen begriffen die Portugiesen die Wichtigkeit des Unternehmens. Sie versuchten Magalhaes unter grossen Versprechungen zu bewegen, nach Portugal zurückzukehren, und als ihnen das nicht gelang, intrigierten sie mit allen Mitteln gegen ihn, ohne aber Erfolg zu haben.

Magalhaes hatte auch bei der Ausrüstung der Schiffe viele Misshelligkeiten mit den spanischen Behörden und mit seinen Unterführern, so dass sich die Abfahrt des Geschwaders bis zum 10. August 1519 verzögerte. Er selbst hatte die Oberleitung und den Befehl über das Admiralschiff »Trinidad«. Unter ihm stand als Generalinspektor Juan de Cartagena, der zugleich das Schiff »San Antonio« befehligte. Louis de Mendoza war Schatzmeister und Kapitän der »Victoria«, Gaspar de Queseda Kapitän der »Concepción« und Juan Rodriguez Serrano, der ebenfalls ein Portugiese war, Kapitän der »Santiago«. Unter den übrigen Offizieren war vor allem zu nennen der Schiffsmeister Juan Sebastian del Cano, der später nach dem Tode Magalhaes die Expedition mit dem letzten übriggebliebenen Schiff zu Ende führen sollte. Ferner befand sich noch ein Italiener Antonio Pigafetta an Bord, dem wir das einzige uns erhaltene Tagebuch über diese denkwürdigste aller Reisen verdanken. Er hat auch 23 Tafeln über die besuchten Inseln aufgezeichnet, die von einer staunenswerten Genauigkeit sind.

Am 10. August verliess die Flotte Sevilla und fuhr den Guadalquivir hinab, um am 20. September vom Hafen San Lucar aus in See zu stechen. Die Bemannung war 265 Mann stark. Schon an den Kanarischen Inseln zeigte sich die Anmassung einiger Offiziere gegen den landfremden und deshalb verhassten Oberführer, die dieser aber energisch zurückwies. Besonders war es Juan de Cartagena, der verlangte, dass der Oberführer sich mit den anderen Kapitänen über den einzuschlagenden Kurs beraten musste. Magalhaes liess ihn verhaften und sogar wie einen gewöhnlichen Matrosen ein paar Tage lang in einen Bock spannen.

Das Geschwader fuhr in südlicher Richtung an der Westküste Afrikas vorbei. Die Fahrt ging wegen schlechten Wetters und widriger Winde nur langsam vorwärts, so dass schon Angst entstand, dass Proviant und die Wasservorräte könnten nicht ausreichen. Mitte November wurde der Aequator überschritten und der Kurs nach Südwesten gelenkt, so dass schon am 29. November die Küste von Brasilien in Sicht kam und man am 13. Dezember in einer geräumigen Bucht, an der jetzt Rio de Janeiro liegt, vor Anker gehen konnte.

Die Spanier begannen einen einträglichen Tauschhandel mit den Eingeborenen, die für die Feinde durch einen merkwürdigen Zufall sehr eingenommen waren. Es herrschte nämlich seit zwei Monaten eine grosse Dürre im Lande, und da eben im Augenblick der Ankunft der Schiffe Regen fiel, so schrieben sie das den Spaniern zu. Während diese am Lande eine Messe hielten, wohnten sie dieser stillschweigend bei, und als sie die Schaluppen sahen, die von den Seiten der Schiffe ins Wasser gelassen wurden, glaubten sie, das seien die Kinder der grossen Schiffe und sie würden von diesen genährt.

Magalhaes blieb hier 13 Tage und ging am 27. Dezember wieder unter Segel, reichlich versehen mit Geflügel, Früchten und anderen Lebensmitteln, um nach Südwesten, immer die Küste genau rekognoszierend, weiterzufahren. Am 10. Januar 1520 gelangte er in das Süsswasser des mächtigen Rio de Solis, der nachher Rio de la Plata genannt wurde, wo er anfangs hoffte, eine Durchfahrt nach den Molukken zu finden, da er das Wasser zunächst nicht für einen Fluss, sondern für eine Durchfahrt hielt. Pigafetta erzählt: »Hier wohnen die Kannibalen oder Menschenfresser. Einer von ihnen, in eine Ziegenhaut gekleidet, der an Gestalt einem Riesen und an Stimme einem Stiere glich, kam auf unser Schiff, um seinen Gefährten Mut einzuflössen. Diese aber flohen vom Ufer mit ihren Habseligkeiten ins Innere.« Magalhaes schenkte ihm ein leinenes Hemd und ein Vorhemdchen von rotem Tuch, die er beide anzog. Als man ihm einen silbernen Becher zeigte, sagte er, dass sich viel von solchem Metall im Lande befände. Am anderen Morgen stieg er ans Ufer und kam nicht wieder.

Magalhaes fuhr nun weiter und suchte in jeder Bucht nach einer Einfahrt. Am 24. Januar entdeckte er so die Bai de San Matias, und am 27. Januar traf er zwei Felseninseln, die ganz voller Pinguine und Seelöwen war. Die Pinguine nennt Pigafetta Fettgänse. Man sammelte in einer Stunde einen reichen Vorrat von ihnen als Proviant für die Schiffe.

Bald darauf brachen heftige Stürme aus, und da sich der südliche Winter nahte, der dort im April begann, so beschloss der Generalkapitän in der sehr schönen Bai von San Julian zu überwintern.

Bei der Nachricht einer Ueberwinterung begannen die Matrosen zu murren, und am nächsten Tage brach eine offene Empörung der Magalhaes feindlich gesinnten Offiziere aus. Dieser aber bewies, trotzdem die Empörer in grosser Ueberzahl waren, eine eiserne Energie, und es gelang ihm, die Rädelsführer gefangenzunehmen und die Mannschaften zum Gehorsam zu bringen. Juan de Cartagena wurde mit einem mitschuldigen Priester am Strande ausgesetzt, Mendoza und Queseda hingerichtet. Mehr als 40 Matrosen wurden zum Tode verurteilt, dann aber begnadigt, da sich Magalhaes nicht durch zu grosse Strenge verhasst machen wollte.

Am 3. Mai sandte der Generalkapitän, da der Winter seinem Ende entgegenging, das Schiff »Santiago« unter Führung von Juan Serrano nach Süden, um die Küste nach einer Durchfahrt abzusuchen. Am 22. Mai wurde aber das Schiff von einem wilden Sturm erfasst und 10 Meilen südlich von dem Rio Santa Cruz an die felsige Küste geworfen. Wie durch ein Wunder und unter grosser Mühe retteten sich die Mannschaften an das Ufer, wo sie als einzige Nahrung Muscheln vorfanden. Zwei Matrosen gelangten zu Lande zu der Flotte zurück, worauf Magalhaes den anderen Nahrungsmittel zusandte, und sie, da die See nicht befahrbar schien, nach grossen Strapazen ebenfalls zu Lande sich wieder nach San Julian zurückfanden.

Zwei Monate vergingen, ohne dass die Spanier irgendeinen Einwohner des Landes sahen, so dass sie es schon für unbewohnt hielten. Eines Tages aber stand vor ihnen ein Indianer von riesenhafter Grösse. Er war fast nackt und sang und tanzte zugleich auf dem Sande des Ufers. Nach seinen Gesten schien er zu glauben, dass die Fremden vom Himmel herabgekommen seien, und da er gut behandelt wurde, holte er seine Gefährten herbei, unter denen sich auch ihre überaus plumpen Frauen befanden, die von ihnen wie eine Art Lasttiere behandelt wurden.

Bei ihnen sahen die Spanier auch das Guanaco, eine Art Lama. Es hatte Kopf und Ohren eines Maultieres, den Leib eines Kamels, die Beine eines Hirsches und einen Pferdeschweif. Auch wieherte es wie ein Pferd.

Es kamen nun öfters einige von den riesenhaften Wilden, und Magalhaes nahm zwei von ihnen mit List gefangen, um sie nach Europa zu bringen. Er nannte sie Patagonier (Grossfüssler).

Am 24. August verliess das Geschwader den Hafen und lief dann, vom Sturm dazu gezwungen, in den von Serrano entdeckten Fluss Santa Cruz ein, wo es sich fast zwei Monate aufhielt und Holz und Wasser einnahm. Am 18. Oktober wurde trotz schlechten Wetters und widrigen Windes die Fahrt fortgesetzt und am 19. ein Kap erreicht, das Magalhaes das Kap der 11 000 Jungfrauen nannte, weil er es am Tage der heiligen Ursula entdeckt hatte.

Niemand ahnte etwas davon, dass hier der Eingang zu der langgesuchten westlichen Durchfahrt war, und nach einer oberflächlichen Untersuchung war wohl die ganze Schiffsmannschaft überzeugt, dass es zwecklos sei, in der geräumigen Bucht noch weitere Forschungen anzustellen. Aber der zähe Magalhaes schickte zwei Schiffe aus, von denen das eine auch die äusserst schmale Durchfahrt fand und nach zwei Tagen mit der Nachricht zurückkam, dass es hier wahrscheinlich eine wirkliche Meerenge gäbe.

Magalhaes war nun fest davon überzeugt, die Durchfahrt nach den Molukken gefunden zu haben. Er hielt eine Beratung mit seinen Offizieren ab, bei der festgestellt wurde, dass noch für drei Monate Nahrungsmittel vorhanden waren. Fast alle waren guten Mutes, und nur der Pilot Esteban Gomez von dem Schiff »San Antonio« war der Meinung, es sei klug, jetzt nach Spanien zurückzukehren und später mit einer neuen Flotte und frischer Mannschaft die Durchfahrt zu wagen. Magalhaes aber erwiderte, selbst wenn er wüsste, dass er das Leder vom Segelwerk der Schiffe essen müsste, so würde er doch durch die Strasse hindurchfahren, um dem Kaiser sein gegebenes Wort zu halten. Und er gab den Befehl, dass bei Todesstrafe niemand mehr von einer Rückfahrt reden dürfte.

Am 1. November segelte das ganze Geschwader in die Meerenge hinein. Wegen der vielen Feuer, die man des Nachts an der südlichen Küste sah, gab man diesem Lande den Namen Feuerland. Beim Weitersegeln erblickte man einen nach Südosten verlaufenden Seitenkanal, und das Schiff »San Antonio« wurde ausgeschickt, ihn zu durchforschen. Aber der Steuermann Esteban Gomez benutzte diese Gelegenheit, um mit dem Schiffe zu desertieren und nach Spanien zurückzukehren, wobei er den eigentlichen Kapitän, einen Portugiesen, gefangennahm.

Nach sechstägigem vergeblichen Warten setzte Magalhaes mit den drei ihm verbliebenen Schiffen und einer Besatzung von 177 Mann, seine Reise fort, indem er sich immer an der nördlichen Küste hielt, und nach einer Fahrt von 20 Tagen gelangte er, ohne unterwegs ein menschliches Wesen bemerkt zu haben, an den Ozean, den er dann später Mar pazifico, das Stille Meer, nannte.

Mit Freuden sahen die Spanier, dass die Küste von jetzt ab nach Norden verlief, und segelten nun vom 28. November bis zum 18. Dezember, wo sie den 30. Breitegrad erreichten, in dieser Richtung. Dann aber liessen sie den Kontinent rechts liegen und steuerten kühn in das ungeheure Meer hinein, das wohl bis dahin noch nie von einem Schiffe durchfahren war. Eine unendliche Einsamkeit umgab sie, kein Land, keine Insel zeigte sich den verlangenden Blicken. Nur des Nachts sahen sie fünf sehr stark glänzende, hell leuchtende Sterne, die genau in der Form eines Kreuzes standen, und zogen aus diesem Sternbild des Kreuzes einen grossen Trost.

Drei Monate und zwanzig Tage segelte die kleine Flotte durch den gewaltigen Ozean, und ein böses Missgeschick wollte es, dass die Spanier bei ihrer Fahrt keiner der so zahlreichen, fruchtbaren Inselgruppen begegneten und nur ein paar kleine, unbewohnte Inselchen sahen. Dazu kam noch, dass sie während der ganzen Zeit ja keine frische Nahrung hatten. Der Zwieback, den sie assen, war kein Brot mehr, sondern Staub mit Würmern vermischt und stank unerträglich nach dem Unrat der Mäuse. Auch das Wasser war ganz faulig geworden. Um nicht Hungers zu sterben, weichte man Lederstücke auf und briet sie. Oft waren auch die Leute genötigt, Sägespäne zu essen, und selbst die Mäuse, die sonst dem Menschen so widrig sind, wurden eine kostbare Speise und mit einem halben Dukaten das Stück bezahlt. Das grösste Uebel aber war der Skorbut, durch den das Zahnfleisch in den oberen und unteren Kinnladen so schwoll, dass es die Zähne bedeckte und der Kranke keine Nahrung mehr zu sich nehmen konnte. Neunzehn Mann starben daran, auch der patagonische Riese und ein Brasilianer. Ausserdem lagen wohl 30 Mann schwer krank danieder.

Am 26. Februar wurde der Aequator überschritten, und endlich am 6. März erblickten die Spanier eine Gruppe von bewohnten, fruchtbaren Inseln mit Kokospalmen, Bananenbäumen und Zuckerrohrfeldern. Magalhaes wollte an der grössten Lebensmittel und Erfrischungen einhandeln, aber die Einwohner waren so diebisch, dass sie alles entwendeten, was ihnen in die Finger fiel; ja sie verstanden es sogar, ein am Heck eines Schiffes befestigtes Boot zu entwenden. Magalhaes, der die Inseln deshalb die Diebes- oder Ladroneninseln nannte (jetzt heissen sie meist Marianen), war gezwungen, mit Gewalt gegen sie vorzugehen und 40 bis 50 ihrer Häuser zu verbrennen, ehe er sein Boot zurückerhielt.

Er fuhr jetzt weiter nach dem Westen hin und sah nach sechstägiger Fahrt, am 16. März, ein gebirgiges, fruchtbares Land aus dem Meere auftauchen, die zu den Philippinen gehörige Insel Samar, landete aber an einer kleinen davorliegenden unbewohnten Insel, um Wasser einzunehmen und seinen Kranken Erholung zu gönnen.

Schon nach zwei Tagen kam eine Barke mit Eingeborenen, die Palmwein, Bananen und Kokosnüsse mitbrachten und mit allerlei Kleinigkeiten beschenkt wurden. Sie schienen sehr wohlhabend zu sein, trugen goldene Armspangen und goldbeschlagene Speere.

Magalhaes segelte nun weiter durch die Inselgruppe, die er nach dem Sohne Karls V. Philippinen benannte, und fuhr am 7. April in den Hafen der Insel Cebu ein, wo er sich mit dem Könige in ein gutes Einvernehmen setzte, so dass dieser sich mit 400 seiner Untertanen taufen liess und ein Freundschaftsbündnis mit den Spaniern schloss. Magalhaes schenkte ihm als Zeichen seiner Würde einen Sessel von rotem Samt und erhielt kostbare goldene Gegengeschenke. Ueberhaupt bildete sich bald ein lebhafter Tauschhandel, wobei die Spanier viel Gold ansammeln konnten.

Dicht vor Cebu lag eine kleine Insel Mactan, deren Häuptling Zula Magalhaes um Hilfe gegen einen anderen Häuptling bat. Der General fuhr um Mitternacht mit drei Schaluppen und sechzig Mann in Panzern und Helmen ab, gefolgt von dem christlichen König, der tausend Bewaffnete bei sich hatte. Wegen der Klippen und Untiefen konnten sich die Schaluppen nicht ganz dem Ufer nähern, 49 Spanier sprangen deshalb ins Wasser und wateten ans Land, während elf zur Bedeckung der Fahrzeuge zurückblieben.

Die Insulaner waren etwa 1 500 Mann stark und griffen die Spanier von drei Seiten gleichzeitig auf das wütendste an. Sie bedrängten sie in ihrer ungünstigen Lage auch dermassen, dass schliesslich Magalhaes seinen Leuten den Befehl gab, sich langsam und in guter Ordnung zurückzuziehen. Leider ergriff aber jetzt in der Uebereilung der grösste Teil die Flucht, und nur sieben bis acht Mann blieben um den General, worauf die Insulaner jetzt das kleine Häuflein von allen Seiten umdrängten und mit ihren Pfeilen besonders auf den General schossen. Eine Stunde lang dauerte dieser ungleiche Kampf. Schliesslich versetzte einer der Insulaner dem schon verwundeten Magalhaes einen so heftigen Säbelhieb in das linke Bein, dass er aufs Gesicht fiel. In demselben Augenblick warfen sich alle über ihn und schlugen und stachen auf ihn ein.

So starb am 27. April 1521 dieser grosse und tapfere Mann, in einem Augenblicke, als er die Hauptschwierigkeiten seines Unternehmens überwunden hatte und dicht vor seinem Triumphe stand, die gesuchten Molukkeninseln zu erreichen. Der getaufte König hätte ihn vielleicht retten können, aber Magalhaes hatte ihm ausdrücklich verboten, in den Kampf, dessen Schwierigkeit er nicht ahnte, einzugreifen. Jetzt aber deckte er wenigstens den Rückzug nach den Schiffen.

Nachdem die Spanier vergebens versucht hatten, den Körper des Magalhaes und der übrigen Toten herauszubekommen, holten sie ihre Waren von der Insel Cebu auf die Schiffe und wählten zwei Befehlshaber, Duarte Barbosa und Juan Serrano. Nun aber sollte ein neues Unheil über die Spanier kommen.

Der christlich gewordene König liess sich von dem abgefallenen Dolmetscher Magalhaes' und den übrigen Häuptlingen zu einem Anschlag auf die Schiffe verleiten und lud die neuen Befehlshaber mit ihren Leuten ein, zu einem Gastmahl zu kommen, bei dem er ihnen ein kostbares Geschenk für den König von Spanien übergeben wollte. 24 Spanier folgten der Einladung und kamen alle ums Leben, ohne dass die Uebriggebliebenen auf den Schiffen ihnen helfen konnten.

Die Spanier hielten es für geraten, schleunigst davon zu segeln. Sie waren jetzt sehr niedergeschlagen, und da auch ihre Zahl auf 108 zusammengeschmolzen war, unter denen es viele Kranke und Verwundete gab, so liessen sie das schlechteste Schiff, die »Concepción«, in Flammen aufgehen, nachdem sie alles, was irgend brauchbar war, auf die beiden anderen Schiffe verteilt hatten. Zum Befehlshaber und Kapitän der »Trinidad« wählten sie den Obersteuermann Juan Carvalho und zum Kapitän der »Vittoria« Gonzale Gomez d'Espinosa.

Die beiden Schiffe schlugen eine südliche Richtung ein, fuhren an der Insel Negros vorbei, bis sie nach allerlei Abenteuern nach der langgestreckten Insel Palawan gerieten, wo sie sich reichlich mit Nahrungsmitteln versehen konnten. Es war hierfür aber auch hohe Zeit, denn die Mannschaften waren so ausgehungert, dass sie mehrmals nahe daran waren, ihre Schiffe zu verlassen und auf irgendeine Insel zu gehen, um dort ihre Tage zu verbringen.

Mit dem Könige schlossen sie eine Art Freundschaftsbündnis und gelangten dann Anfang Juli mit Hilfe eines auf Palawan befindlichen maurischen Piloten nach Borneo, wo sie sich in der Nähe der Stadt Borneo (jetzt Brunei) vor Anker legten. Die Spanier gingen mit Geschenken für den König ans Land und wurden auf Elefanten in dessen Palast geleitet. Sie erhielten auch Gegengeschenke und die Erlaubnis, in der Stadt Handel zu treiben. Dann aber kam es zu Zwistigkeiten. Die Spanier nahmen mehrere kleine Schiffe, sogenannte Dschunken, mussten aber zwei Mann in der Gewalt der Feinde zurücklassen. Auf Borneo erhielten sie auch genaue Auskunft über die Molukken und den direkten Reiseweg dorthin.

Zunächst aber fuhren sie noch einmal ein Stück auf ihrem alten Weg zurück und suchten einen stillen Platz, wo sie ihre Schiffe ausbessern konnten, die in einen üblen Zustand geraten waren. Unterwegs eroberten sie eine Piroge, die mit mehr als 30 000 Kokosnüssen beladen war. Am 15. August fanden sie eine kleine Insel mit einem passenden Hafen, brauchten aber 42 Tage zum Ausbessern der Schiffe. Auf der Insel fanden sie grosse wilde Schweine, Krokodile und riesige Schildkröten. Am meisten erstaunten sie über umherwandelnde lebendige Blätter, heuschreckenartige Insekten, die mit ihren seltsam geformten Flügeln in täuschender Weise Blättern ähnelten.

Bevor sie weiterreisten, setzten sie Juan Carvalho ab, wählten Espinosa zum Oberbefehlshaber und zum Kapitän der »Vittoria« Juan Sebastian del Cano. Auf hoher See nahmen sie wieder eine Dschunke, deren grosse Vorräte sie plünderten. Ausserdem liessen sie sich für die Gefangenen von der Insel Palawan viele Lebensmittel liefern. Sie fuhren durch die Jolo- oder Suluinseln und von da weiter nach Südosten, bis sie anfangs November die Sangiinseln erreichten und am 6. November 1521 das Ziel ihrer Reise, die Molukken, erblickten. Ihre Freude war unendlich, und am 8. November liefen sie in den Hafen der Insel Tidore ein.

Auch hier schlossen sie mit dem mohammedanischen König Freundschaft und erfuhren, dass der Portugiese Serrao, ein Freund Magalhaes', mit dem dieser in Briefwechsel gestanden hatte, acht Monate vor ihrer Ankunft gestorben war. Sie begannen nun einen sehr vorteilhaften Handel, vor allem mit Gewürznelken, mit denen sie ihre Schiffe förmlich beluden, und waren im ganzen als Feinde der Portugiesen sehr beliebt und angesehen.

Trotzdem hatten es die Spanier eilig, wieder in die Heimat zu kommen, und am 18. Dezember wollte man abreisen, als im letzten Augenblick bemerkt wurde, dass die schwerbeladene »Trinidad« ein starkes Leck hatte, dessen Ort die eingeborenen Taucher auf keine Weise ermitteln konnten. Schliesslich beschloss man, dass die »Vittoria« allein weiterfahren sollte, während die »Trinidad« den Schaden ausbessern und dann nach Osten fahren sollte, um über den Stillen Ozean hinweg, die Landenge von Darien, das heutige Panama, zu erreichen. Das Schiff erreichte aber sein Ziel nicht, sondern kehrte nach kurzer Fahrt nach Tidora zurück, wo es später von den Portugiesen genommen wurde.

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Aelteste Karte zur Fahrt Magalhaes

Am 21. Dezember 1521 verliess das Schiff »Vittoria« die Molukken unter dem Oberbefehl von Juan Sebastian del Cano mit einer Besatzung von 47 Seeleuten und 13 Indiern und mit einer kostbaren Ladung von ungefähr 35 000 kg Gewürznelken, Zimt, Muskatnüssen und dergleichen. Es fuhr an vielen kleinen Inseln vorbei und ankerte am 24. Dezember an der Ostküste der grossen Insel Borneo, wo es Ueberfluss an Lebensmitteln gab.

Am 25. Januar 1522 landeten die Spanier auf der Insel Timor, wo sie allerlei Nachrichten und Märchen über die Sundainseln und China erfuhren. Aber aus Furcht vor den Portugiesen liessen sie die Inseln Java und Sumatra rechts liegen und nahmen einen südwestlichen Kurs, direkt nach der Südspitze Afrikas hin. Am 11. Februar hatten sie Timor verlassen, am 9. März erhob sich ein furchtbarer Sturm, der sie zwang, eine Woche lang alle Segel einzuziehen. Am 18. März sahen sie die Insel Neu-Amsterdam, konnten aber wegen des Unwetters nicht landen und fuhren weiter, bis sie am 8. Mai Afrika zu Gesicht bekamen, wo sie 512 Seemeilen vom Kap der Guten Hoffnung auf zwei Tage vor Anker gingen. Vergebens suchten sie die Küste ab nach Nahrungsmitteln.

Wochenlang musste dann das Schiff gegen die Stürme ankämpfen, ehe es ihm gelang, am 19. Mai um das furchtbare Kap herumzukommen. Nun ging es zwei Monate lang immerzu nordwärts und während dieser Zeit wurde der Nahrungsmangel so gross, dass 22 Mann von der Besatzung an Entkräftung starben. Endlich erreichte man die Kap-Verde-Inseln und ging am 9. Juli in Santiago vor Anker. Um bei den feindlichen Portugiesen, denen die Inseln gehörten, keinen Verdacht zu erregen, gaben die Leute, die mit der Schaluppe ans Land geschickt wurden, an, sie seien von Amerika her verschlagen worden. Die Portugiesen glaubten das auch, und sie erhielten gegen Waren zweimal die Schaluppe voll Reis.

Bei dieser Gelegenheit erfuhren die Spanier auch, dass es an dem Tage, ein Donnerstag sei, während es nach ihrer Berechnung erst Mittwoch sein konnte. Erst später machte man sich klar, dass in ihrer Rechnung kein Fehler war, dass sie aber mit der Sonne einmal um die ganze Ende gefahren waren und daher einen Sonnenauf- und -untergang weniger erlebt hatten.

Als die Spanier das Boot zum dritten Male ans Land schickten, kam es nicht zurück; sie argwöhnten sofort Verrat und gingen schleunigst unter Segel. Später erfuhren sie, dass ein Matrose wirklich das Geheimnis verraten hatte.

Am 6. September endlich langte das Schiff glücklich in dem spanischen Hafen San Lucar an, aber von den 60 Mann, mit denen es die Molukken verlassen hatte, waren nur noch 18 übriggeblieben, und auch diese waren zum grössten Teil krank.

Der Eindruck, den die glückliche Vollendung der Expedition machte, war ein ungeheurer. Alle Welt staunte über ihre Erlebnisse, und der Kaiser Karl beschenkte alle Teilnehmer. Besonders wurde del Cano geehrt, der eine lebenslängliche Pension erhielt und den stolzen Wappenspruch: »Primus circumdedisti me«, »als Erster hast du mich umsegelt«.

Der Erlös der mitgebrachten Gewürzfracht war so bedeutend, dass alle Unkosten der ganzen Expedition dadurch gedeckt wurden und die spanische Krone noch einen erheblichen Gewinn hatte.


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