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Neunundzwanzigstes Kapitel.

So höre denn mein offenes Geständniß,
Mein Herz hängt glühend an der schönen Tochter
Des reichen Capulets; ich liebe sie
So innig, wie ich selber bin geliebt.
So trifft sich Alles, was zum schönen Bunde
Gehört; nur fehlt ihm deine Weihe noch.

Romeo und Julia.

 

Der Morgen von Eva's und Grace's Hochzeit kam heran, und alle Insassen des Wigwam waren früh auf den Beinen, obschon man Sorge dafür getragen hatte, die Kunde des bevorstehenden heiligen Aktes nicht in's Dorf gelangen zu lassen. Sie wußten übrigens wenig, wie genau sie bewacht waren und zu welchen gemeinen Kunstgriffen einige der sogenannten Nachbarn ihre Zuflucht nahmen, um aus den Dienstboten Nahrung für ihre Muthmaßungen herauszulocken und so für ihre Uebertreibungen, Lügen und Trüglichkeiten eine Rechtfertigung zu gewinnen. Die Kunde wurde, wie man bald sehen wird, ruchbar, und zwar auf einem Wege, der dem Leser, welcher mit den Eigenthümlichkeiten des Amerikaners nicht bekannt ist, ein wenig überraschend vorkommen dürfte.

Wir haben schon öfter Annettens, der femme de chambre Erwähnung gethan, welche mit Eva aus Europa gekommen war, obschon wir keine Gelegenheit fanden, bei ihrem Charakter zu verweilen, da er eben der eines Mädchens von ihrer Klasse – einer Klasse war, welche bekanntermaßen in Frankreich heimisch ist. Annette war jung, gut gewachsen, hatte funkelnde schwarze Augen, und besaß die gewöhnliche tournure einer Pariser Grisette. Da es die herkömmliche Schwäche des Provinzialtons ist, Ziererei für Anmuth, Gepränge für Eleganz und Uebertreibung für wahren Werth zu nehmen, so war Annette in ihrem Kreis bald zu dem Rufe eines Frauenzimmers gekommen, das mehr als gewöhnliche Ansprüche auf Auszeichnung hatte. Ihr Anzug war sehr modern und aus den besten Stoffen, da er aus Eva's abgelegten Kleidern bestand; die Außenseite ist's aber stets, was einen ungewöhnlichen Einfluß auf Diejenigen übt, die mit der Welt unbekannt sind.

Die doppelte Feierlichkeit sollte vor dem Frühstück stattfinden, und Annette war daher zeitig um die Person ihrer jungen Gebieterin beschäftigt, deren Brautgewand sie zurecht machte. Während dieser Obliegenheit aber zeigte die Dienerin ungewöhnliche Aufregung, denn sie steckte mehreremale die Nadeln falsch und mußte wieder von vorne anfangen, um ihre Fehler zu verbessern. Eva, die stets ein Muster von Geduld war, hatte Nachsicht mit diesen kleinen Versehen und benahm sich mit einer Ruhe, welche Paul eine weitere Bürgschaft für ihre bewundernswürdige Fassung sowohl, als für ihre sanfte Gemüthsart gegeben haben würde, denn Letztere erhob die schöne Braut in Wahrheit fast über die gewöhnlichen Gebrechen der Sterblichkeit.

» Vous êtes un peu agitée, ce matin, ma bonne Annette,« bemerkte sie blos, als das Mädchen einen auffallenden Fehler begangen hatte.

» J'espère que Mademoiselle a été contente de moi jusqu'à présent,« entgegnete Annette, über ihre eigene Ungeschicklichkeit ärgerlich und in einer Weise sprechend, welche gewöhnlich die Absicht, einen Dienst aufzugeben, andeutet.

»Ihr habt Euch allerdings stets gut aufgeführt, Annette, und seid in Eurem métier sehr erfahren. Aber wozu eine solche Frage in diesem Augenblick?«

» Parceque – weil – mit Mademoiselles Erlaubnis ich beabsichtig' zu bitten um mein congé

» Congé? Ihr wollt mich verlassen, Annette?«

»Es würde mich glücklicher als alles Andere machen, im Dienste von Mademoiselle zu sterben; aber wir Alle müssen unserer Bestimmung folgen« – die Unterhaltung wurde französisch geführt – »und die meinige zwingt mich, den Dienst einer femme de chambre aufzugeben.«

»Dieß ist ein plötzlicher und in einem fremden Lande außerordentlicher Entschluß. Darf ich fragen, Annette, was Ihr anzufangen gedenkt?«

Das Mädchen gab sich jetzt allerlei airs, versuchte zu erröthen, blickte mit einer studirten Sittigkeit, welche wohl solche, die das Geschlecht nicht kannten, hätte täuschen können, nach dem Bodenteppich und kündigte ihre Absicht an, daß auch sie zu Ende des laufenden Monats heirathen wolle.

»Heirathen?« wiederholte Eva. »Doch wahrhaftig nicht den alten Pierre?«

» Pierre, Mademoiselle! Ich werfe mich nicht so weit weg, Pierre nachzusehen. Je vais me marier avec un avocat.«

» Un avocat?«

» Oui, Mademoiselle; ich gedenke mich mit Monsieur Aristobule Bragg zu vermählen, wenn es Mademoiselle erlaubt.«

Eva blieb eine Weile vor Erstaunen stumm, obschon sie an sich selbst die Beweise erlebt hatte, welches weite Gebiet ein Amerikaner von gewisser Klasse zu bestreichen fähig ist. Sie erinnerte sich natürlich an die Unterhaltung auf dem Vorsprung, und es wäre gegen die Natur gewesen, wenn die Gebieterin, welche so kürzlich selbst einen Antrag hatte hören müssen, nicht einigermaßen überrascht worden wäre bei der Entdeckung, daß der abgewiesene Freier so bald Trost in dem Lächeln ihrer Kammerjungfer suchte. Gleichwohl staunte sie weniger über diese Aufkündigung, als wahrscheinlich der Leser, denn sie hatte, wie bereits gesagt, schon zu viel von dem rührigen und schmiegsamen Unternehmungsgeist der Liebhaber gesehen, um sich allzusehr über irgend eine derartige moralische tour de force zu wundern. Indeß war Eva doch nicht vollkommen in die Plane und in die Politik eingeweiht, welche Aristobulus zu dieser Abschließung aller seiner Ehestandsprojekte verleitet hatte, und um gebührend verstanden zu werden, müssen wir etwas weiter ausholen.

Mr. Bragg kannte keine andere Unterschiede in der Welt, als diejenigen, welche durch Geld und politisches Emporkommen bedingt wurden. Ersterem zollte er eine praktische Unterthänigkeit, welche ebenso tief war, als sein Wunsch, sich des Besitzes erfreuen zu können, und für letzteres fühlte er genau dieselbe Ehrerbietung, welche Diejenigen, die unter dem Feudalsystem erzogen sind, gegen einen adeligen Lehensherrn an den Tag zu legen pflegen. Nach mehreren erfolglosen Bemühungen hatte er eingesehen, daß er mittelst des Ehestandes nicht zu Geld kommen werde, weßhalb er seine Gedanken Annette zuwandte, die er schon seit Monaten als ein pis aller in den Hintergrund stellte, im Falle seine Plane auf Eva und Grace – denn sie galten diesen beiden Erbinnen – fehlschlügen. Annette war eine geschmackvolle Putz- und Kleidermacherin, ihre Person annehmlich genug, ihr Alter passend, und ihr gebrochenes Englisch verlieh auch den nicht sonderlich tiefen Gedanken eine gewisse Würze; er hatte daher, sobald er die Ueberzeugung gewonnen, daß Eva und Grace unwiederbringlich für ihn verloren seien, seine Anträge gemacht und war angenommen worden. Die Parisienne nahm natürlich keinen Augenblick Anstand, die Gattin eines avocat zu werden, denn ihren Vorstellungen gemäß war der Ehestand ein gesetzliches Mittel, ihre Lebenslage zu bessern. Der Plan war bald eingeleitet. Sie wollten sich trauen lassen, sobald Annette's monatliche Aufkündigungsfrist abgelaufen war, und dann nach dem fernen Westen auswandern, wo Mr. Bragg als Rechtsgelehrter zu praktiziren, eine Schule zu eröffnen oder sich in den Congreß wählen zu lassen gedachte; ja er machte sich auch nichts daraus, sich mit dem Binnenhandel abzugeben, eine Schenke zu halten, Sägmüller zu werden oder überhaupt Hand an Alles zu legen, was sich ihm darbot, während Annette durch Kleidermachen und Unterricht im Französischen am Haushalt mithelfen sollte. Letztere Beschäftigung mochte wohl etwas peripathetisch werden, da die Bevölkerung sehr zerstreut wohnte und nur wenige von den Ansiedlern des Innern es für nöthig hielten, in irgend einem der höheren Erziehungszweige mehr als einen Vierteljahrsunterricht zu nehmen, sintemalen die Hauptsache im Studiren, wie sie's nannten, nicht aber im Lernen, lag. Aristobulus hätte in seinem Fortschrittseifer die Zögerung gerne abgekürzt, aber Annette legte entschiedenen Widerspruch ein, da ihr esprit de corps als Kammermädchen, wie auch alle ihre Begriffe von Gerechtigkeit sich nicht mit der Vorstellung versöhnen konnten, das Verhältniß, welches so lang zwischen Eva und ihr bestanden hatte, ohne vorherige Kündigung abzubrechen. Die Ideen, welche das edle Paar über diesen Punkt unterhielten, waren sich so schnurstracks entgegen, daß einmal sogar ein Bruch in Aussicht stand. Mr. Bragg nämlich behauptete die natürliche Unabhängigkeit des Menschen in einem Grade, der ihn über alle Verbindlichkeiten, wenn sie nicht etwa in wirksamer Weise durch das Gesetz gefestet waren, weggesetzt haben würde, während Annette die Würde einer europäischen femme de chambre behauptete, von welcher das Anstandsgefühl forderte, daß sie aus ihrer Stelle nicht ohne regelmäßige Aufkündigung austrete. Die Angelegenheit löste sich jedoch glücklich durch den Umstand, daß Aristobulus den Auftrag erhielt, in Abwesenheit des Eigenthümers einen Laden zu besorgen, denn Mr. Effingham hatte auf einen Wink von seiner Tochter hin den Ablauf der jahrweis bestellten Mandatur benützt, um seine eigene Beziehung zu dem Sachwalter aufzulösen.

Dieser Ausgang von Mr. Braggs Leidenschaft würde Eva zu jeder andern Zeit viel Unterhaltung gemacht haben; aber man kann von einer Braut nicht erwarten, daß sie allzuviel Aufmerksamkeit auf das Glück und die Aussichten Derjenigen verwende, welche keine natürlichen oder erworbenen Ansprüche an ihre Zuneigung haben. Die beiden Bäschen kamen, für die Feierlichkeit angekleidet, in Mr. Effinghams Zimmer zusammen, wo der Herr des Hauses sich bald in Person einstellte, um die jungen Bräute nach dem Salon zu geleiten. Selten kommen ein paar lieblichere Mädchen in einer ähnlichen Weise zusammen. Als Mr. Effingham zwischen ihnen stand und jeder eine Hand hinbot, feuchteten sich, während er bald die Eine bald die Andere betrachtete, seine Augen in einem ehrenwerthen Stolz und in einer Bewunderung, der sogar seine Zärtlichkeit keinen Zügel anlegen konnte. Die Toilette war beiderseits so einfach, als es die Feierlichkeit nur gestattete, weil die Mädchen sich von jedem unnöthigen Prunke ferne halten wollten; und vielleicht gewann ebendadurch die Schönheit der Bräute noch mehr Anziehendes, denn man hat oft die richtige Bemerkung gemacht, daß die Schönen Amerikas sich in einem Anzuge von weniger conventionellem Charakter weit lieblicher ausnehmen, als wenn sie in einem gewählten Festgepränge aufziehen. Wie zu erwarten stand, leuchtete Eva's Antlitz von Seele und Gefühl, während sich in Grace's Aeußerem der Ausdruck einer bezaubernden Bescheidenheit und Natürlichkeit kund gab. Nirgends war Ziererei, sondern blos einfache Anmuth zu bemerken, und wir können beifügen, daß Beide zitterten, als Mr. Effingham ihre Hände ergriff.

»Dieß ist eine schöne und doch zugleich schmerzliche Stunde,« sagte der wohlwollende Biedermann – »eine Stunde, in der ich einen Sohn gewinne und eine Tochter verliere.«

»Und ich, theuerster Onkel,« rief Grace, der gleich dem Thautropfen, welcher von einem Blatte niederfallen will, Thränen in den Wimpern zitterten; »hat denn Euer Herz gar nichts mit mir gemein?«

»Du bist die Tochter, die ich verliere, mein Kind, denn Eva wird ja bei mir bleiben. Templemore hat übrigens versprochen, erkenntlich zu sein, und ich will auf sein Wort bauen.«

Mr. Effingham umarmte sodann mit Wärme die beiden bezaubernden Mädchen, welche für das wichtigste Ereigniß ihres Lebens geschmückt dastanden – lieblich in ihrer Jugend, Schönheit und Bescheidenheit; dann nahm er jede derselben beim Arm und führte sie hinunter. John Effingham, die zwei Bräutigame, Kapitän Ducie, Mr. und Mrs. Bloomfield, Mrs. Hawker, Kapitän Truck, Mademoiselle Viefville, Annette und Anna Sidley waren in dem Besuchszimmer versammelt, um sie zu begrüßen, und sobald Eva und Grace ihre Shawls umgeworfen hatten, um den bräutlichen Anzug zu verbergen, trat die ganze Gesellschaft den Kirchgang an. Die Entfernung zwischen dem Wigwam und New St. Pauls war nur unbedeutend, so daß an vielen Stellen die stattlichen Fichten des Kirchhofs mit dem helleren Grün der Laubholzbäume, welche auf den Gründen des ersteren standen, zusammenzufließen schienen, und da das Dorf in diesem Theile nur wenige Gebäude hatte, so gelangte der ganze Brautzug von Neugierigen ungestört nach der Kirche. Der Geistliche wartete bereits in dem Gitterchor, und da jeder von den jungen Männern den Gegenstand seiner Wahl sogleich an den Altar führte, so begann die doppelte Ceremonie ohne Zögerung. In diesem Augenblicke traten Aristobulus, Mr. Dodge und Mrs. Abbot aus dem hintern Theil der Gallerie hervor und nahmen kaltblütig ihre Sitze vorne ein. Sie gehörten zwar nicht dieser Kirche an, aber da sie durch Annette erfahren hatten, die Trauung werde an diesem Morgen stattfinden, so trugen sie kein Bedenken, alles Zartgefühl hintanzusetzen und sich bei dieser Gelegenheit einzudrängen; denn dem Oeffentlichkeitsgrundsatz gemäß, welcher sich mit ihrem ganzen Wesen verwoben zu haben schien, hielten sie bis auf den letzten Augenblick nichts für so heilig, daß es nicht ihrer wüthenden Neugierde verfallen wäre. Sie waren in die Kirche gekommen, weil sie eine Kirche für einen öffentlichen Platz betrachteten, ganz nach dem nämlichen Prinzip, welches Andere ihrer Klasse zu dem Glauben veranlaßt, wenn zufällig eine Thüre offen stehe, seien mit den physischen auch alle moralischen Schranken gegen Uebergriffe beseitigt.

Die feierlichen Gebete und Gelübde nahmen ungeachtet der Anwesenheit dieser unwillkommenen Eindringlinge ihren Fortgang, denn in einem so ernsten Augenblicke traten alle anderen Gedanken vor denen, welche unmittelbar zu der heiligen Handlung gehörten, in den Hintergrund. Als der Geistliche den gewöhnlichen Aufruf ergehen ließ, ob Jemand einen Grund angeben könne, warum das vor ihm stehende Paar nicht durch den Bund der Ehe verbunden werden solle, stieß Mrs. Abbot ihren Nachbar Dodge an und stellte, in der Fülle ihrer Unzufriedenheit flüsternd, die weise Frage, ob es nicht möglich sei, irgend einen gültigen Einwurf zu erheben. Wäre es nach ihrem frommen Wunsche ergangen, so hätte sicherlich die einfache, anspruchslose, demüthige, kirchenläuferische Eva nie einen Mann erhalten. Der Zeitungsschreiber aber war nicht der Mann, um in irgend Etwas offen zu handeln, da sein Wirkungskreis vorzugsweise in Andeutungen und schlauen Winken bestand. Etwas der Art war nun in dem gegenwärtigen Fall nicht zulässig, weßhalb er beschloß, seine Rache auf einen späteren Tag zu verschieben. Wir sagen Rache, denn Steadfast gehörte zu jener Klasse, welche jedes Glück, jeden Vortheil, woran sie nicht selbst reichlichen Antheil nehmen kann, für Beeinträchtigung der eigenen Person hält.

Es ist eine weisliche Anordnung der Kirche, daß die Trauungsfeierlichkeit kurz gehalten wird, denn wollte man sie unnöthigerweise verlängern, so könnte das Uebermaaß der Gefühle oft zu mächtig werden, als daß es sich unterdrücken ließe. Mr. Effingham vergab die beiden Bräute – die eine in der Eigenschaft eines Vaters, die andere in der des Vormunds, und keiner von den Bräutigamen brachte den Ring an den unrechten Finger. Dieß ist Alles, was wir unmittelbar über den Vorgang am Altar zu sagen haben. Sobald der Segen gesprochen war und sich die Bräute aus den ersten Umarmungen ihrer Gatten losgemacht hatten, warf Mr. Effingham, ohne auch nur seine Tochter zu küssen, den jungen Frauen ihre Shawls über die Schultern, nahm jede derselben am Arm und führte sie hastig aus der Kirche, denn er mochte nicht die Gefühle, die in seinem Herzen übermächtig wurden, zum Schauspiel roher, aufdringlicher Zuschauer werden lassen. An der Thüre trat er mit einem stillschweigenden Händedruck Eva an Paul und Grace an Sir George ab, indem er ihnen zugleich bedeutete, sie möchten rasch dem Wigwam zueilen.

Die Pärchen gehorchten, und nach weniger als einer Viertelstunde von der Zeit an, um welche sie das Haus verlassen hatten, war die ganze Gesellschaft wieder in dem Salon versammelt.

Ein kurzer Zeitraum – und welcher bedeutende Wechsel in der Lage so Vieler!

»Vater,« flüsterte Eva, als Mr. Effingham sie an sein Herz drückte und aus beiden Augen unaufhaltsam die Thränen niederquollen, »ich bin noch immer dein.«

»Es würde mir das Herz brechen, wenn ich anders denken müßte, mein Liebling. Nein, nein, ich habe keine Tochter verloren, wohl aber einen Sohn gewonnen.«

»Und welchen Platz darf ich in dieser Scene der Zärtlichkeit einnehmen?« fragte John Effingham, welcher rücksichtsvoll zuerst Grace sein Kompliment gemacht hatte, damit sie sich in einem solchen Augenblicke nicht vergessen fühle, wie es denn auch seiner klugen Einleitung zuzuschreiben war, daß ihr jetzt die Glückwünsche der übrigen Gesellschaft zu Theil wurden: »Soll ich Beides, Sohn und Tochter, verlieren?«

Eva machte sich, durch ihre Thränen lächelnd, aus dem Arm ihres Vaters los und wurde nun von denen des Vaters ihres Gatten aufgenommen. Nachdem er sie mehrere Mal zärtlich auf die Stirne geküßt hatte, strich sie, noch immer an seiner Brust liegend, das reiche Haar aus [der] Stirne, fuhr ihm, wie einem Kinde mit der Hand über die Wange und sagte leise:

»Vetter Jack!«

»Ich glaube, dieß muß fortwährend mein Rang und meine Stellung bleiben. Paul wird unsern Gefühlen keinen Abtrag thun – wir können uns lieben, wie wir es stets gethan haben.«

»Paul steht gewiß nicht zwischen Euch und mir. In meinen Augen wie in meinem Herzen seid Ihr stets ein zweiter Vater gewesen. Lieber, theurer Vetter Jack.«

John Effingham drückte die schöne, erröthende Braut wieder an sein Herz, und Beide fühlten, ihrer Sprache zum Trotz, daß ein neues und theureres Band, als das frühere, sie an einander knüpfte. Eva empfing nun die Glückwünsche der übrigen Gesellschaft, worauf sich die beiden Bräute zurückzogen, um das Festkleid gegen einen einfacheren Anzug umzutauschen.

In ihrem Ankleidezimmer fand Eva Anna Sidley, die ungeduldig darauf wartete, ihre Gefühle ausgießen zu können, denn das ehrliche, liebevolle Geschöpf war zu zartfühlend, um die Schleusen ihrer Empfindungen in der Anwesenheit dritter Personen zu öffnen.

»Ma'am, – Miß Eva – Mrs. Effingham!« rief sie, sobald ihre junge Gebieterin eintrat; sie fürchtete nämlich, zu viel zu sagen, nun ihr Pflegling eine Frau geworden war.

»Meine liebe, gute Nanny!« entgegnete Eva und schloß die alte Wärterin in ihre Arme, während Beide fast eine Minute stumm ihre Thränen mit einander vermischten. »Du hast dein Kind eine der wichtigsten ihrer großen Erdenverpflichtungen eingehen sehen, Nanny, und ich weiß, du wirst beten, daß sie glücklich ausfallen möge.«

»O gewiß – gewiß – Fräulein – Ma'am – Miß Eva – wie soll ich Euch denn in Zukunft nennen, Ma'am?«

»Nenne mich Miß Eva, wie du von meiner Kindheit an gethan hast, theuerste Nanny.«

Nanny nahm diese Erlaubniß mit Entzücken auf und bediente sich derselben an diesem Morgen wohl noch zwanzig Mal; auch hielt sie es so fort, bis zwei Jahre später eine Miniatur-Eva eben so, wie früher die Mutter, auf ihrem Knie tanzte, und erst jetzt begann der Frauenrang stillschweigend seine Rechte zu behaupten. So lange stand es an, bis unsere dermalige Braut bei ihrer treuen Dienerin zur Mistreß Effingham wurde.

»Ich muß Euch also nicht verlassen, nun Ihr verheirathet seid, Miß Eva?« fragte Anna schüchtern, obschon sie kaum ein solches Ereigniß als in den Grenzen der Möglichkeit befindlich betrachtete. Eva hatte sie zwar schon mehr als einmal des Gegentheils versichert, aber dennoch liebte sie es, diese Zusage zur doppelten Gewißheit zu erheben. »Ich hoffe, es wird nie etwas vorfallen, was mich von Euch trennen könnte, Fräulein.«

»Mit meiner Zustimmung wenigstens nicht, meine treffliche Nanny, denn ich werde deine Dienste mehr als je bedürfen, da ja auch Annette jetzt heirathet.«

»Und Mammerselle, Ma'am?« fragte Nanny mit leuchtenden Augen. »Ich hoffe, auch sie wird wieder in ihre Heimath zurückkehren, nun Ihr Alles wißt und Ihr sie nicht länger braucht.«

»Mademoiselle Viefville kehrt nächsten Herbst nach Frankreich zurück, aber mit uns Allen; denn mein theurer Vater, Vetter Jack, mein Mann« – Eva erröthete, als sie dieses neue Wort aussprach – »und ich, natürlich meine alte Pflegerin nicht zu vergessen, haben im Sinne, in der ersten Woche des Oktobers auf dem Wege nach Italien mit Sir George und Lady Templemore nach England zu reisen.«

»Es ist mir gleichviel, wohin es geht, Ma'am, wenn nur ich mit darf. Freilich wäre es mir lieber, wenn wir nicht in einem Lande sein müßten, wo ich nicht Alles verstehen kann, was die Leute Euch sagen; aber wo immer Ihr auch sein mögt, werde ich mein Erdenparadies finden.«

Eva küßte noch einmal ihre treue Pflegerin, und wechselte sodann, da Annette eintrat, ihren Anzug.

Die beiden Bräute begegneten sich wieder, als sie den Rückweg nach dem Besuchzimmer antraten, oben an der großen Treppe. Eva war ein wenig voraus; aber mit halb verhehltem Lächeln wich sie jetzt vor Grace zurück, verbeugte sich gravitätisch und sagte:

»Es ziemt mir nicht, vor Lady Templemore den Vortritt zu nehmen, da ich nur eine Mrs. Paul Effingham bin.«

»Nicht doch, liebe Eva, ich bin nicht so schwach, als du dir einbildest. Glaubst du, ich würde ihn nicht geheirathet haben, wenn er kein Baronet gewesen wäre?«

»Templemore, mein liebes Mühmchen, ist ein Mann, den jede Frau lieben kann, und ich glaube so fest, als ich es aufrichtig hoffe, daß er dich glücklich machen wird.«

»Und doch kenne ich Eine, die ihn nicht lieben möchte, Eva!«

Eva sah ihre Verwandte fest und einen Augenblick betroffen an; dann aber fühlte sie sich erfreut darüber, daß Sir George so ehrenhaft gewesen war, denn die männliche Freimüthigkeit dieses Zugeständnisses galt ihr als eine Bürgschaft der biedern Aufrichtigkeit seines Charakters. Sie nahm ihre Muhme liebevoll bei der Hand und sagte:

»Grace, dieses Vertrauen ist das größte Kompliment, das du mir machen kannst, und verdient Erwiederung. Möglich, daß Sir George Templemore eine vorübergehende Neigung für eine Person empfand, welche derselben so wenig würdig war, aber mein Herz gehörte längst, bevor ich ihn kennen lernte, einem Andern.«

»Du würdest Templemore nie geheirathet haben, Bäschen; er sagt jetzt selbst, daß du viel zu continental seiest, wie er es nennt, um an einem Engländer Gefallen zu finden.«

»Dann muß ich die erste günstige Gelegenheit ersehen, um ihn zu enttäuschen, denn ich finde wirklich Gefallen an einem Engländer, und dieser Engländer ist gerade er selber.«

Da wenige Frauenzimmer an ihrem Hochzeitstage eifersüchtig sind, so nahm Grace diese Erklärung scherzend hin, und sie stiegen Arm in Arm die Treppe hinunter, sich gegenseitig ihr inneres Glück in schüchternem, aber herzlich gefühltem Lächeln kund gebend. In der großen Halle traten ihnen die Bräutigame entgegen, und jede ergriff den Arm dessen, der nun für sie von so hoher Wichtigkeit geworden war, worauf sie in dem Gelasse hin und her wandelten, bis sie zu dem déjeuner à la fourchette berufen wurden, welches unter Mademoiselle Viefvilles besonderer Ueberwachung nach der Sitte ihres Landes zubereitet worden war. Hochzeitstage verlaufen gerne, wie alle förmlich vorbereiteten Festlichkeiten, etwas schwerfällig. Dieß war übrigens bei der gegenwärtigen nicht der Fall, denn mit diesem Mahle entschwand jeder Anschein vorheriger überlegter Zurüstung. Allerdings hielt die Familie vorzugsweise zusammen, aber mit dieser einzigen Ausnahme herrschte durchaus Leichtherzigkeit und ruhige Freude. Nur Kapitän Truck verrieth eine Neigung, sentimental zu werden, und drückte, wenn er um sich her sah, wehr als einmal seine Zweifel aus, ob er auch dem rechten Kurse gefolgt sei, um sein Glück zu finden.

»Ich stehe in einer ganz vereinzelten Kategorie,« sagte er Abends an der Dinertafel. Mrs. Hawker und die beiden Mr. Effingham sind verheiratet gewesen, Jedermann anders ist verheirathet, und ich glaube, ich muß wohl meine Zuflucht dazu nehmen, daß ich sage, ich wolle heirathen, wenn ich Jemand bereden kann, mich zu nehmen. Sogar Mr. Powis, meine rechte Hand in jener ganzen afrikanischen Angelegenheit, ist mir desertirt und läßt mich liegen, wie eine einzelne abgestorbene Fichte in einer von euren Lichtungen oder wie einen Leesegelblock, der ohne Scheibe an einer Nocke hängt. Mrs. Braut« – der Kapitän nannte Eva den ganzen Tag über so, unter gänzlicher Vernachlässigung der Ansprüche von Mrs. Templemore – »Mrs. Braut, wir wollen meine verlorene Lage philosophischer betrachten, sobald ich die Ehre habe, Euch und so Viele von dieser gesegneten Tischgesellschaft wieder nach Europa zu bringen, wo ich Euch gefunden habe. Unter Eurer Berathung glaube ich, daß ich es sogar jetzt noch wagen könnte.«

»Und ich werde ganz übersehen,« rief Mr. Howel, der gleichfalls zu dem Hochzeitsmahl eingeladen worden war. »Was soll aus mir werden, Kapitän Truck, wenn diese Heirathsmanie noch weiter geht?«

»Ich habe längst einen Plan für Eure Wohlfahrt erdacht, mein theurer Sir, und will jetzt diese Gelegenheit benützen, um ihn zu veröffentlichen. Meine Ladies und Gentlemen, ich mache den Vorschlag, daß wir Mr. Howel gleichfalls in unser Herbstprojekt aufnehmen, und ihn mit uns nach Europa führen. Ich rechne mir's zur großen Ehre an, wenn ich ihm seine alte Freundin, die Insel Großbritannien, vorstellen kann.«

»Oh! dieß ist ein Glück, welches mir, wie ich fürchte, nicht vorbehalten ist,« versetzte Mr. Howel in kläglichem Tone. »Zwar habe ich, wie ich gestehen will, meiner Zeit auch an dergleichen Dinge gedacht, aber das Alter wird jetzt alle solche Hoffnungen vereiteln.«

»Das Alter, Tom Howel?« erwiederte John Effingham. »Ihr seid erst fünfzig, wie Ned und ich. Vor vierzig Jahren sind wir Alle mit einander Knaben gewesen, und doch seht Ihr, daß wir, die wir erst so kürzlich zurückgekehrt sind, uns schon wieder auf eine neue Abreise gefaßt halten. Faßt Euch ein Herz, es wird wohl ein Dampfboot geben, welches bereit ist, Euch, sobald Ihr es nur wünscht, wieder zurückzubringen.«

»Nie!« fiel Kapitän Truck mit Entschiedenheit ein. »Ladies und Gentlemen, es ist moralisch unmöglich, daß der atlantische Ocean je mit Dampfbooten befahren werden kann. Diesen Satz werde ich behaupten bis zu meinem Sterbetage; aber wozu bedarf man eines Dampfboots, wenn wir Packetschiffe haben, die wie Paläste aussehen?«

»Ich wußte nicht, Kapitän, daß Ihr eine so hohe Achtung vor Großbritannien habt. – Es ist in der That ermuthigend, ein so edelmüthiges Gefühl gegen die alte Insel bei einem von ihren Abkömmlingen zu finden. Sir George und Lady Templemore, erlaubt mir, auf eure bleibende Wohlfahrt zu trinken.«

»Ei ja, ich habe keinen Groll gegen England, obschon seine Tabakgesetze nicht die höflichsten sind. Doch mein Wunsch, Euch zu exportiren, Mr. Howel, hat seinen Grund weniger in dem Verlangen, Euch England zu zeigen, als in der Absicht, Euch bemerklich zu machen, daß es in Europa auch noch andere Länder gibt –«

»Andere Länder? – Sicherlich haltet Ihr mich nicht für so unbewandert in der Geographie, um von mir anzunehmen, daß ich meine, es gebe keine anderen Länder in Europa – keine Plätze wie Hannover, Braunschweig, Braunschweig-Lüneburg und Dänemark – die Schwester des alten Georg III. heirathete den König dieses Landes; dann auch Württemberg, dessen König die königliche Prinzessin ehelichte.«

»Und Mecklenburg-Strelitz,« fügte John Effingham gravitätisch bei; »eine Prinzessin von da heirathete Georg III. in propria persona sowohl, als durch Prokuratur. Nichts kann einfacher sein, als Eure Geographie, Howel; aber außer diesen besonderen Gegenden wünscht unser würdiger Freund, der Kapitän, Euch zu zeigen, daß es auch Länder gibt, wie Frankreich, Oestreich, Rußland, Italien, obschon letzteres Einen nicht wohl für die Mühe des Besuchs belohnen kann.«

»Ihr habt meinen Beweggrund errathen, Mr. John Effingham, und ihn weit geschickter ausgedrückt, als ich möglicherweise hätte thun können,« rief der Kapitän. »Wenn Mr. Howel mir die Gunst erweisen will, mit mir die Hin- und Herfahrt zu machen, so werde ich das Vergnügen, seine Bemerkungen über Menschen und Dinge zu hören, für einen der größten Vortheile halten, die mir je zu Theil wurden.«

»Ich weiß nicht, ob ich mich nicht vielleicht verleiten lassen könnte, mich bis England zu wagen – aber gewiß keinen Schritt weiter.«

» Pas à Paris?« rief Mademoiselle Viefville, die nicht wenig verwundert war, wie irgend ein vernünftiges Wesen sich nur die Mühe nehmen konnte, das atlantische Meer zu durchkreuzen, blos um ce mélancolique Londres zu sehen. »Mir zu Liebe müßt Ihr doch nach Paris gehen, Mr. Howel.«

»Euch zu Liebe werde ich in der That Alles thun, obgleich kaum um meiner selbst willen. Ich gestehe, ich habe schon daran gedacht, und will mir die Sache noch eines Weiteren bedenken. Wahrhaftig, ich möchte den König von England und das Haus der Lords sehen, bevor ich sterbe.«

»Ja, und den Tower und den Eberkopf zu East Cheap, und die Statue des Herzogs von Wellington, und die Londoner Brücke, und Richmond-Hill, und Bow-Street, und Sommerset-House, und Oxford-Road, und Bartlemy Fair und Hungerford Market und Charing Croß – das alte Charing Croß, Tom Howel,« fügte John Effingham mit einem launischen Kopfnicken bei.

»Eine wundervolle Nation!« rief Mr. Howel, dessen Augen funkelten, während der Andere in seiner Liste fortfuhr. »Ich glaube zuletzt doch nicht, daß ich im Frieden sterben kann, ohne Einiges von diesen Dingen gesehen zu haben. Alles wäre zu viel für mich. Wie weit ist die Hundeinsel von den St. Catharinen-Docks entfernt, Kapitän?«

»Oh, blos einige Kabellängen. Wenn Ihr nur in dem Schiff bleiben wollt, bis es säuberlich in die Docks gebracht ist, so verspreche ich Euch den Anblick der Hundeinsel, sogar ehe Ihr landet. Aber Ihr müßt mir versprechen, keinen Tabak auszuführen.«

»Habt keine Sorge; ich rauche nicht und kaue nicht, und es nimmt mich nicht Wunder, daß eine so feine Nation, wie die englische, einen solchen Widerwillen gegen den Tabak hat. Und man kann wirklich die Hundeinsel sehen, noch ehe man landet? Es ist in der That ein wunderbares Land. Mrs. Bloomfield werdet Ihr wohl im Stande sein, ruhig zu sterben, ohne England gesehen zu haben?«

»Ich hoffe, Sir, wenn es einmal so weit kommt, daß ich diesen letzten Gang ruhig antreten möge, mag auch vorausgehen, was da will. Ich gestehe übrigens, daß ich in Gemeinschaft mit Mrs. Effingham mich darnach sehne, Italien zu sehen,– ein Wunsch, der, wie ich glaube, bei ihr von früherer Bekanntschaft herstammt, während der meinige eine Frucht der Imagination ist.«

»Na, dieß nimmt mich wahrhaftig Wunder. Was kann Italien möglicherweise besitzen, um die Mühe einer so weiten Reise zu lohnen?«

»Ich hoffe, Vetter Jack,« sagte Eva, bei dem Ton ihrer eigenen Stimme erröthend, denn an diesem Tage überschwenglichen Glücks und tief gehender Gefühle war sie so erregbar geworden, daß man die gewöhnliche Fassung an ihr vermißte, – »unser Freund, Mr. Wenham, bleibt nicht vergessen und wird gleichfalls eingeladen, sich der Partie anzuschließen.«

Dieser Repräsentant des jungen Amerikas war aus Rücksicht für seinen verstorbenen Vater, der ein alter Freund von Mr. Effingham gewesen, ebenfalls zu dem Diner gebeten worden und säumte jetzt nicht, auf die freundliche Aufmerksamkeit der Braut zu antworten.

»Ich glaube, ein Amerikaner kann von keiner Nation viel lernen, als von seiner eigenen,« bemerkte Mr. Wenham mit der Selbstgefälligkeit der Schule, welcher er angehörte, »obschon man wünschen möchte, daß alle Angehörigen dieses Landes reisen sollten, damit der übrigen Welt der Vortheil des Verkehrs zu Gute käme.«

»Es ist tausend Schade,« sagte John Effingham, »daß nicht eine von unsern Universitäten z. B. ambulant war. Old Yale lag noch in seiner Kindheit, aber ungleich den meisten andern Geschöpfen ging es als Kind mit weit größerer Gemächlichkeit umher, als es sich jetzt in voller Mannheit bewegen kann.«

»Mr. John Effingham beliebt scherzhaft zu sein,« versetzte Mr. Wenham mit Würde; denn obschon er im Punkte der amerikanischen Überlegenheit alle nur wünschenswerte Leichtgläubigkeit besaß, war er doch nicht ganz so schmiegsam, wie die Anhänger der anglo-amerikanischen Schule, welche gewöhnlich über alle Punkte, die mit ihrer Lieblingsschwäche in Verbindung stehen, all ihren Verstand und ihre Geisteskräfte der Leitung ihrer angebeteten Vorbilder unterordnen; »Jedermann ist, glaube ich, darin einverstanden, daß der Amerikaner in seinem Verkehr mit Europäern mehr mittheilt als empfängt.«

Die erfahrenen Zuhörer des jungen Mannes lächelten nur so leicht, als sich dieß mit feiner Bildung vertrug, und die Unterhaltung ging auf andere Gegenstände über. Bei einer solchen Gelegenheit war es leicht, in recht herzliche Heiterkeit zu verfallen, und gegen die Gebräuche des Wigwams, wo die Männer gewöhnlich mit dem anderen Geschlechte die Tafel verließen, nahmen sich Kapitän Truck, John Effingham, Mr. Bloomfield und Mr. Howel vor, eine lustige Nacht durchzumachen. Es wurde viel köstlicher Wein getrunken, und der ehrliche Kapitän konnte sich seiner Cigarre erfreuen. Gegen Mitternacht betheuerte er, daß er halb Lust habe, Mrs. Hawker einen Brief zu schreiben und ihr seine Hand anzubieten, denn was sein Herz betreffe, so wisse sie wohl, daß sie längst im Besitz desselben sei.

Am anderen Tage, um die Stunde, als Alles im Hause ruhig war, weil die meisten der Insassen auswärts mit Schiffen, Reiten, Einkäufen oder Spazierengehen sich beschäftigten, befand sich Eva in der Bibliothek, wo sie einige Minuten zuvor ihr Vater, welcher gleichfalls sein Pferd bestiegen, verlassen hatte. Sie saß am Tische und schrieb an eine alte Verwandte einen Brief, um derselben ihre Verehelichung mitzutheilen. Die Thüre stand halb offen und Paul zeigte sich unerwartet in derselben, um seine junge Frau aufzusuchen. Sein Tritt war so leicht und unsere Heldin so eifrig mit ihrem Briefe beschäftigt gewesen, daß sie nichts von der Nähe ihres Gatten bemerkte, obschon sie ihr Ohr so lange daran gewöhnt hatte, seinen Tritt zu unterscheiden, während zugleich ihr Herz einen kräftigen Willkomm zu pochen pflegte. Vielleicht ist eine schöne Frau nie so anziehend lieblich, als wenn sie sich in einem reinlichen Morgenanzuge so frisch und hold wie der neugeborene Tag ausnimmt. Eva hatte ihrer Toilette sogar ein wenig mehr als gewöhnliche Aufmerksamkeit geschenkt, und die Anwendung von einigem passend ausgewählten Juwelenschmuck gestattet – eine Zier, welche bei geschmackvollem Gebrauch so auffallend die Bildung einer Frau bekundet, als sie unter anderen Umständen ein untrügliches Zeichen des gemeinen Sinnes ist. Ihr Morgenanzug nahm sich daher etwas gewählter aus, als sonst, obgleich man schon auf den ersten Blick das Hauskleid nicht verkennen konnte. Annettens Pariser Geschicklichkeit, auf die Mr. Bragg so große Hoffnungen für sein künftiges Glück baute, hatte ihrem fehlerlosen schönen Leibe das Gewand mit so vollkommenem Takte angepaßt, daß es sogar noch mehr Reize ahnen ließ, als es entfaltete, obschon die Umrisse der ganzen Figur die der lieblichsten Weiblichkeit waren. Als Paul die herrliche Gestalt so vor sich sah, blieb er fast in athemloser Bewunderung stehen, ohne den Blick von dem Antlitz seiner lieblichen, blühenden Braut zu verwenden. Vielleicht wirkt kein Gefühl ergreifender auf den Mann, als dasjenige, welches sich seiner bemächtigt, wenn er die Schönheit, das zuversichtliche Vertrauen, die heilige Reinheit und den Ausdruck der ganzen Seele in dem Antlitze eines jungen, arglosen, unschuldigen Weibes betrachtet, sobald sie ihre natürliche Schüchternheit so weit überwunden hat, um ihre Zärtlichkeit für den Geliebten ergießen zu lassen und sich dem heißen Drange ihres Wesens hinzugeben. Dieß war nun eben bei Eva der Fall. Sie schrieb von ihrem Gatten, und obgleich die Ausdrücke in den Gränzen der Bescheidenheit, des Geschmacks und einer feinen Bildung gehalten waren, so legten sie doch Zeugniß ab von einer unaussprechlichen Innigkeit und Liebe. Thränen standen in ihren Augen, die Feder zitterte zwischen ihren Fingern, und sie beschattete ihr Antlitz mit der Hand, um diese Schwäche vor sich selber zu verbergen. Paul war unruhig, ohne sich einen Grund dafür angeben zu können – genug, daß Eva's Thränen ein schmerzlicher Anblick für ihn waren. Im Nu befand er sich an ihrer Seite; er schlang sanft den Arm um ihren Leib, und zog sie zärtlich an seine Brust.

»Eva – theuerste Eva!« rief er, »was bedeuten diese Thränen?«

Das heitere Auge, das leuchtende Roth und die anschmiegende Innigkeit, welche diesen Gefühlsausbruch belohnten, beruhigten den Gatten wieder; aus Rücksicht für die empfindsame Bescheidenheit der Neuvermählten ließ er sie los und hielt nur noch ihre Hand fest.

»Es ist Glück, Powis – nichts als Uebermaaß des Glückes, was uns Weiber, wie ich fürchte, schwächer macht, als sogar der Kummer.«

Paul küßte ihr beide Augen, betrachtete sie einen Moment mit einem Blicke der Bewunderung, vor welchem Eva die ihrigen hob und senkte, als fühle sie sich dadurch geblendet und könne sich doch davon nicht losreißen; dann ging er aber zu dem Anlasse über, welcher ihn nach der Bibliothek gebracht hatte.

»Mein Vater, der jetzt auch der deinige ist« –

»Vetter Jack!«

»Nun denn, Vetter Jack, wenn du so willst, hat mir eben ein Geschenk gemacht, welches nur der noch größeren Gabe nachsteht, die ich gestern von deinem trefflichen Vater am Altar erhielt. Sieh', theuerste Eva, diese Bescheerung – dein liebliches Bild, obschon es noch so weit hinter der Wahrheit zurücksteht. Und hier ist auch das Portrait meiner armen Mutter – ein Ersatz für das, welches mir von den Beduinen entrissen wurde.«

Eva betrachtete lange und gedankenvoll die schönen Züge in dem Bild von Pauls Mutter, verglich sie mit dem sinnigen Ausdruck, mit der gewinnenden Freundlichkeit, welche von Anfang an ihr Herz für den Geliebten günstig gestimmt hatten, und drückte die bebenden Lippen an das empfindungslose Glas.

»Sie muß sehr schön gewesen sein, Eva, und in ihrem Gesichte liegt ein Zug wehmüthiger Zärtlichkeit, welcher fast ein unglückliches Ersterben ihrer innigsten Gefühle prophezeit zu haben scheint.«

»Und doch ging dieses edle, treue junge Weib dasselbe feierliche Gelübde, welches wir gestern abgelegt haben, mit den gleichen Hoffnungen auf eine schöne Zukunft ein!«

»Nein, Eva – Vertrauen und heilige Wahrheit fehlten bei der Verbindung meiner Eltern. Wenn schon bei dem Beginne eines Vertrages Täuschung vorhanden ist, so kann man das Ende leicht voraussagen.«

»Ich glaube nicht, Paul, daß du je einer Täuschung fähig gewesen wärest; dein Herz ist zu edelmüthig.«

»Wenn irgend etwas einen Mann solcher Liebe würdig machen kann, theures Herz, so ist es das edle, hingebende Vertrauen, mit welchem sich Euer Geschlecht der Gerechtigkeit und Treue des unserigen in die Arme wirft. Hat dieses makellose Herz je einem Zweifel über den Werth eines lebenden Wesens, dem es seine Liebe schenkte, Raum gegeben?«

»Gegen sich selbst oft, theurer Paul, und es heißt ja, die Eigenliebe sei der Grund aller unserer Handlungen.«

»Du bist die letzte Person, welche diesen Satz aufstellen sollte, meine Theure, denn Diejenigen, welche sich am meisten deines Vertrauens erfreuen, erklären, daß alle Spuren von Selbstsucht aus deinem Wesen verwischt seien.«

»Die sich am meisten meines Vertrauens erfreuen? Nicht doch; mein theurer, guter Vater hat wieder seine Lieblingsschwäche verrathen, indem er die Gabe, die er verlieh, über Gebühr erhob.«

»Dein trefflicher Vater weiß nur zu gut, wie gänzlich unnöthig etwas der Art wäre. Wenn ich denn einmal die Wahrheit gestehen muß, so will ich sagen, daß ich ein Viertelstündchen mit der würdigen Anna Sidley verbracht habe.«

»Mit Nanny – mit der lieben alten Nanny – und du bist schwach genug gewesen, du Verräther, den Lobsprüchen Gehör zu schenken, welche die Pflegerin ihrem Kinde ertheilt?«

»Jedes Lob, das dir erzeigt wird, meine angebetete Eva, ist meinen Ohren angenehm, und wer kann zuversichtlicher von jenen häuslichen Eigenschaften, welche die Grundlage des häuslichen Glückes bilden, sprechen, als Diejenigen, die von deiner Kindheit an bis zu dem Augenblick, in welchem du die Pflichten der Gattin übernahmst, dein innerstes Leben gekannt haben?«

»Paul, du rasest; das viele Studiren hat dich verrückt gemacht!«

»Ich bin nicht verrückt, meine heißgeliebte Eva, wohl aber in einem Grade gesegnet, daß wohl ein kräftigerer Verstand darüber zum Umschlagen kommen könnte.«

»Wir wollen jetzt von andern Dingen reden,« sagte Eva, in achtungsvoller Innigkeit seine Hand an ihre Lippen erhebend und dankbar nach seinen von zärtlicher Liebe sprechenden Augen aufblickend. »Ich hoffe, die Befangenheit, deren du kürzlich noch Erwähnung thatest, hat sich gelegt, und du fühlst dich nicht länger als ein Fremdling unter dem Dache deiner eigenen Familie?«

»Nun ich durch dich ein Anrecht darauf habe, ist, wie ich gestehen muß, mein Gewissen über diesen Punkt ruhiger. Ist dir die Verabredung noch nicht mitgetheilt worden, welche ältere Köpfe in Betreff unserer künftigen Mittel getroffen haben?«

»Ich wollte nicht auf meinen lieben Vater hören, als er den Gegenstand zur Sprache zu bringen wünschte, denn ich fand, daß er im Sinne hatte, Unterscheidungen zwischen Paul Effingham und Eva Effingham zu machen – zwei Personen, die ich fortan in allen Dingen als Einheit betrachten will.«

»Du könntest hierin dir selbst sowohl als mir Unrecht thun. Aber vielleicht hörst du mich gleichfalls nicht an, wenn ich von der Sache sprechen möchte?«

»Was befiehlt mein Herr?«

»So höre, denn die Geschichte ist bald erzählt. Wir sind gegenseitig unsere natürlichen Erben, da wir dem Namen und dem Blute nach Effinghams sind, und keine nähere Verwandten haben, als uns selbst; denn obgleich nur im dritten Grade verwandt, ist unsere Familie doch so klein, daß in diesem Falle der Mann der natürliche Erbe des Weibes und die Frau die natürliche Erbin des Mannes wird. Nun schlägt dein Vater vor, daß seine Liegenschaften geschätzt werden, und mein Vater eine gleiche Summe auf dich übertrage, was er vermöge seines Reichthums recht wohl thun kann; dagegen soll ich der Besitzer der Ländereien sein, die andernfalls dir gehören würden.«

»Du besitzest mich, mein Herz, meine Liebe, meinen treuen Gehorsam – was kann nach alledem noch an dem Gelde liegen?«

»Ich bemerke wohl, du bist so ganz und so ächt Weib, Eva, daß wir die Sache bereinigen müssen, ohne dich dabei zu berathen.«

»Kann sie in besseren Händen sein? Ein Vater, der stets allzu nachsichtig gegen meine unvernünftigen Wünsche gewesen ist, ein zweiter, der gleichfalls nur dazu beigetragen hat, um mich in derselben gedankenlosen Weise zu verhätscheln – und ein –«

»Gatte,« fügte Paul bei, als er bemerkte, daß Eva zögerte, ihm in's Angesicht einen Namen auszusprechen, der ihr so neu und doch so theuer war – »welcher in diesem improfitabeln Geschäfte sie Beide noch überbieten will.«

»Ein Gatte,« fügte sie bei, mit dem Lächeln kindlicher Unschuld zu ihm aufblickend, während eine Scharlachröthe bis an ihre Stirne aufflog – »wenn denn doch das schreckliche Wort heraus muß – der alles Mögliche aufbietet, eine Eigenliebe noch zu erhöhen, die ohnehin schon viel größer ist, als sie sein sollte.«

Ein leises Pochen an der Thüre ließ sich jetzt vernehmen, und Eva fuhr zusammen, dabei so verlegen aussehend, als sei sie über einem Fehltritt ertappt worden. Paul ließ die Hand los, die er während dieses kurzen Zwiegesprächs fortwährend gehalten hatte.

»Sir – Ma'am –« ließ sich die schüchterne Stimme Anna Sidley's vernehmen, welche die Thüre halb geöffnet hielt, ohne daß sie sich erdreistete, in's Zimmer hereinzusehen. »Miß Eva – Mr. Powis.«

»Nur herein, meine gute Nanny,« entgegnete Eva, die augenblicklich ihre Fassung wieder gewonnen hatte, denn die Anwesenheit ihrer Wärterin betrachtete sie stets nur als eine Verdoppelung ihrer selbst. »Was ist dein Wunsch?«

»Hoffentlich komme ich nicht ungelegen; aber ich wußte, daß Mr. Effingham allein mit Euch hier war und wünschte – das heißt, Ma'am – Miß Eva – Sir –«

»Sprich aus, was du willst, meine gute alte Wärterin; bin ich nicht dein Kind – und ist dieß nicht deines Kindes – Gatte,« fügte Eva abermals stockend, erröthend und lächelnd bei.

»Ja, Ma'am und Gott sei gepriesen, daß es so ist. Ich träumte – es sind jetzt vier Jahre, Miß Eva, Ihr wißt, als wir unter den Dänemarkern reisten, und es träumte mir damals, Ihr hättet einen großen Prinzen geheirathet.«

»Dein Traum ist nicht wahr geworden, meine gute Nanny, und du siehst aus dieser Thatsache, daß es nicht gerathen ist, auf Träume zu bauen.«

»Ma'am, ich schätze Prinzen nicht nach ihren Königreichen und Kronen, sondern nach ihren Eigenschaften, und wenn Mr. Powis nicht ein Prinz ist, wer wäre es sonst?«

»Dieß ändert in der That die Sache,« versetzte die junge Frau erfreut, »und ich glaube, meine theure Nanny, ich werde mich zuletzt wohl zu deiner Traumtheorie bekehren müssen.«

»Während ich sie stets bestreiten muß, gute Mrs. Sidley, wenn ich als Probe ihrer Wahrheit gelten soll,« sagte Paul lächelnd. »Aber erwies sich dieser Prinz zuletzt nicht doch noch als einen Menschen, der Miß Eva's nicht würdig war?«

»O nein, Sir; er war der freundlichste, der liebevollste Gatte, der zwar nicht alle ihre eitlen Wünsche nachsah, wenn Miß Eva je solche Wünsche haben könnte, wohl aber sie hegte und pflegte, sie treulich berieth und in Allem ihr Beschützer war. Er erwies ihr so viel Zärtlichkeit, wie ihr eigener Vater, und so viel Liebe, wie ich selbst.«

»In diesem Falle, meine würdige Pflegerin, war er ein unschätzbarer Mann,« sagte Eva mit glänzenden Augen, »und ich hoffe, daß er auch rücksichtsvoll und freundlich gegen dich war.«

»Er nahm mich am Morgen nach der Hochzeit an der Hand, und sagte: ›Treue Anna Sidley, du hast meine Geliebte gepflegt und gewartet als Kind und als junge Dame, und ich bitte dich nun, daß du fortfahrest, ihr als meiner Gattin zu dienen und aufzuwarten bis zu deinem Sterbetage.‹ Ja dieß hat er wahrhaftig gethan, Ma'am, und ich meine, ich könne noch dieselben Worte hören, die er so freundlich zu mir sprach. So weit wäre der Traum wahr geworden.«

»Meine treue Anna,« sagte Paul lächelnd, indem er die Hand der alten Dienerin ergriff, »Ihr seid gegen meine Geliebte in ihrer Kindheit sowohl, als in ihren späteren Jahren so treu und herzensgut gewesen, und ich bitte Euch jetzt angelegentlich, daß Ihr fortfahren möget, ihr als meiner Gattin zu dienen und aufzuwarten bis zu Eurem Sterbetage.«

Nanny schlug mit einem Schrei des Entzückens die Hände zusammen, brach in Thränen aus und eilte mit dem Rufe aus dem Zimmer:

»Es ist Alles wahr geworden – es ist Alles wahr geworden!«

Eine Pause von mehreren Minuten folgte diesem Ausbruche abergläubischen natürlichen Gefühls.

»Alles, was in deiner Nähe lebt, hält dich augenscheinlich für den gemeinsamen Mittelpunkt der Zuneigung,« fuhr Paul fort, als er wieder sprechen konnte.

»Wir haben bisher ein herzinniges Familienleben geführt – Gott gebe, daß es stets so sei.«

Eine abermalige wonnige Pause, die noch länger währte, als die vorige. Eva blickte sodann mit holder Neugier zu dem Antlitze ihres Gatten auf und bemerkte:

»Du hast mir schon viel gesagt, Powis, und Alles aufgeklärt, bis auf einen Punkt, der zwar uns unbedeutend scheint, aber mir damals doch viel Schmerz verursachte. Warum hat dich Ducie, als ihr mit einander den Montauk zu verlassen im Begriffe waret, so unceremoniös angehalten, wie du zuerst in das Boot steigen wolltest? Ist die Etikette eines Kriegsschiffes so streng, daß sie eine solche Rohheit – wie ich sie fast hätte nennen mögen – rechtfertigen konnte?«

»Die Etikette eines Kriegsschiffs ist allerdings streng und zwar aus weislichen Gründen; aber was du für Rohheit hieltest, war in Wirklichkeit ein Compliment. Unter uns Seeleuten steigt der Untergeordnete zuerst in ein Boot und der Höhere verläßt es zuerst wieder.«

»So ist's, wenn man sich in der Unwissenheit ein Urtheil bildet. Ich glaube, man thut stets besser, mit Schlüssen an sich zu halten, als wenn man sich Folgerungen erlaubt, ohne alle begleitenden Umstände genau zu kennen.«

»Wir wollen unser Leben lang stets an dieser guten Regel festhalten, meine Geliebte, denn sie bringt sicherlich ihre guten Früchte. Ein unbedingtes Vertrauen, Vorsicht im Urtheil und festes Zusammenhalten kann uns bis zum Ende unseres ehelichen Lebens dasselbe Glück bewahren, welches wir in diesem Segensaugenblicke, in welchem es so zu sagen seinen Anfang nimmt, empfinden.«


Druck von C. Hoffmann in Stuttgart.

 


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