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Vierzehntes Kapitel: Der Unterhalt

Dieser hat in den neueren Kriegen eine viel größere Wichtigkeit bekommen, und zwar aus zwei Gründen: einmal, weil die Heere im allgemeinen doch sehr viel größer sind als die des Mittelalters und selbst die der alten Welt; denn wenn auch ab und zu Heere vorkommen, die den neueren an Umfang gleichen oder sie auch weit übertreffen, so sind das doch seltene, vorübergehende Erscheinungen, während in der neueren Kriegsgeschichte seit Ludwig XIV. die Heere immer sehr zahlreich gewesen sind. Der zweite Grund aber ist noch viel wichtiger und der neueren Zeit eigentümlicher. Er besteht nämlich in dem stärkeren inneren Zusammenhang unserer Kriege, in der beständigen Schlachtfertigkeit der Streitkräfte, die sie führen. Die meisten älteren Kriege bestehen aus einzelnen, unzusammenhängenden Unternehmungen, welche durch Pausen voneinander getrennt waren, in denen der Krieg faktisch entweder ganz ruhte und nur politisch noch vorhanden war, oder wo die Streitkräfte wenigstens sich so weit voneinander entfernt hatten, daß jede ohne Rücksicht auf die ihr entgegenstehende nur ihren Bedürfnissen nachging.

Die neueren Kriege, d. h. die seit dem Westfälischen Frieden, haben durch das Bestreben der Regierungen eine regelmäßige, zusammenhängendere Gestalt bekommen, der kriegerische Zweck herrscht überall vor und fordert auch in Rücksicht des Unterhalts solche Einrichtungen, daß ihm überall Genüge geschehen könne. Zwar haben die Kriege des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts auch große Pausen der Waffenruhe, die einem gänzlichen Aufhören des Krieges nahekommen, nämlich die regelmäßigen Winterquartiere, allein immer bleiben doch auch diese dem kriegerischen Ziel untergeordnet; es ist die schlechte Jahreszeit, aber nicht der Unterhalt der Truppen, welche dazu veranlaßt, und da sie regelmäßig mit dem eintretenden Sommer aufhören, so ist wenigstens während der guten Jahreszeit die ununterbrochene kriegerische Handlung erforderlich.

Wie überall die Übergänge von einem Zustand und einer Verfahrungsweise zur anderen stufenweise stattgefunden haben, so ist das auch hier der Fall. In den Kriegen gegen Ludwig XIV. pflegten die Verbündeten ihre Truppen während der Winterquartiere noch in entferntere Provinzen zu versenden, um sie leichter unterhalten zu können; in den Schlesischen Kriegen kommt das schon nicht mehr vor.

Diese regelmäßige und zusammenhängende Gestalt der kriegerischen Handlung wurde den Staaten hauptsächlich erst möglich, indem sie an die Stelle der Lehnsheere die Söldner treten ließen. Die Lehnspflicht wurde nun in einer Abgabe verwandelt, und der persönliche Dienst fiel entweder ganz weg, indem Werbung an die Stelle trat, oder er blieb nur in der ganz geringen Volksklasse, indem der Adel die Rekrutenstellung (wie noch jetzt in Rußland und Ungarn) als eine Art von Abgabe, als eine Menschensteuer betrachtete. In jedem Fall wurden nun die Heere, wie wir das schon anderswo gesagt haben, ein Instrument des Kabinetts, dessen Hauptbasis der Schatz oder das Geldeinkommen der Regierung war.

Gerade dieselbe Bewandnis, welche es mit der Aufstellung und beständigen Ergänzung der Streitkraft hatte, mußte es mit ihrem Unterhalt nehmen. Hatte man die Stände gegen Geldentschädigung von dem ersteren entbunden, so konnte man ihnen das letztere nicht auf einem so kurzen Umwege wieder aufbürden. Das Kabinett, der Schatz, mußte also für den Unterhalt des Heeres Sorge tragen und durfte es im eigenen Lande nicht auf Unkosten desselben leben lassen. Die Regierungen mußten also auch den Unterhalt der Streitkräfte ganz als ihre eigene Sache ansehen. Auf diese Weise wurde der Unterhalt auf eine doppelte Weise schwieriger; einmal, indem er Sache der Regierung wurde, und dann, weil die Streitkräfte immer im Angesicht der feindlichen bleiben sollten.

Es wurde also nicht bloß ein selbständiges Kriegsvolk, sondern auch eine selbständige Einrichtung seiner Ernährung geschaffen und so weit ausgebildet, als es nur immer gehen wollte.

Es wurden nicht bloß die Vorräte zum Unterhalt entweder durch Geld oder Dominiallieferungen, also von entlegenen Punkten herbeigeschafft und in Magazinen aufgehäuft, sondern auch von diesen zu den Truppen vermittelst eines eigenen Fuhrwesens hingeschafft, in ihrer Nähe vermittelst eigener Bäckerei verbacken und dann wieder vermittelst eines anderen, den Truppen zuletzt selbst beigegebenen Fuhrwesens von diesen abgeholt. Wir werfen einen Blick auf dieses System, nicht bloß weil es die Eigentümlichkeit der Kriege erklärt, in welchen es bestanden hat, sondern weil es nie ganz aufhören kann, und einzelne Bestandteile desselben immer wieder vorkommen werden.

So strebte also die Kriegseinrichtung dahin, immer unabhängiger von Volk und Land zu werden.

Die Folge war, daß der Krieg auf diese Weise zwar regelmäßiger, zusammenhängender, dem kriegerischen, d. h. dem politischen Zweck untergeordneter wurde, aber zugleich auch in seinen Bewegungen viel beschränkter und zwangsvoller und in seiner Energie unendlich geschwächt. Denn nun war man an Magazine gebunden, auf die Wirkungskreise des Fuhrwesens beschränkt, und es war nichts natürlicher, als daß das Ganze die Richtung nahm, den Unterhalt des Heeres so sparsam als möglich einzurichten. Der Soldat, genährt durch ein kümmerliches Stückchen Brot, wankte oft wie ein Schatten umher, und keine Aussicht auf einen Wechsel des Glückes tröstete ihn im Augenblick der Entbehrung.

Wer diese kümmerliche Ernährung des Soldaten für eine gleichgültige Sache ausgeben will und nur daran denkt, was Friedrich der Große mit seinen so verpflegten Soldaten getan hat, der sieht den Gegenstand nicht mit voller Unbefangenheit an. Die Kraft, zu entbehren, macht beim Soldaten eine der schönsten Tugenden aus, und ohne sie gibt es kein Heer von wahrhaft kriegerischem Geist, aber dies Entbehren muß vorübergehend, durch die Gewalt der Umstände geboten sein und nicht die Folge eines ärmlichen Systems oder einer kärglichen, abstrakten Berechnung der Notdurft. In diesem Fall wird es immer die Kraft des Individuums physisch und moralisch schwächen. Was Friedrich der Große mit seinem Kriegsvolk ausgerichtet hat, kann uns nicht zum Maßstab dienen, denn teils stand ihm dasselbe System entgegen, teils wissen wir nicht, wieviel mehr er unternommen hätte, wenn er sein Kriegsvolk so hätte leben lassen können, wie Bonaparte das seinige leben ließ, sooft es die Umstände erlaubten.

Nur bis auf den Unterhalt der Pferde hatte man das künstliche Verpflegungssystem niemals auszudehnen gewagt, weil dieser des Volumens wegen viel mehr Schwierigkeiten des Transportes hat. Eine Ration wiegt ungefähr zehnmal soviel wie eine Portion, die Zahl der Pferde ist aber bei einem Heer nicht etwa 1/10 der Menschen, sondern noch jetzt ¼ bis 1/3 und war sonst 1/3 bis ½, also das Gewicht der Rationen drei-, vier- oder fünfmal so groß wie das der Portionen; darum suchte man dies Bedürfnis gerade auf die allerunmittelbarste Weise zu befriedigen, nämlich durch Fouragierungen. Diese Fouragierungen nun legten der Kriegführung auf eine andere Art einen großen Zwang an: einmal, indem sie einen Hauptgegenstand daraus machten, daß der Krieg auf feindlichem Gebiet geführt werde, zweitens, indem sie nicht verstatteten, zu lange in einer Gegend zu verbleiben. Indessen hatten doch die Fouragierungen zur Zeit der Schlesischen Kriege schon sehr abgenommen; man fand darin eine viel größere Verwüstung und Anstrengung der Gegend, als wenn man das Bedürfnis durch Lieferungen und Beitreibungen aus der Gegend befriedigte.

Als die französische Revolution mit einemmal wieder eine Volkskraft auf die Kriegsbühne führte, zeigten sich die Mittel der Regierungen nicht mehr genügend, und das ganze Kriegssystem, welches aus der Beschränktheit dieser Mittel entsprang und in dieser Beschränktheit wieder seine Sicherheit fand, wurde gesprengt, und mit dem Ganzen denn auch der Teil, von dem wir hier handeln, nämlich das System des Unterhalts. Ohne sich viel um Magazine zu bekümmern, und noch weniger an eine Einrichtung dieses künstlichen Uhrwerkes denkend, welches die verschiedenen Abteilungen des Fuhrwesens wie ein Räderwerk umlaufen ließ, sandten die Revolutionsführer ihre Soldaten ins Feld, trieben ihre Generale in die Schlacht, ernährten, stärkten, belebten, reizten alles durch Beitreiben, Rauben und Plündern dessen, was sie brauchten.

Zwischen diesen beiden Extremen ist der Krieg unter und gegen Bonaparte in der Mitte geblieben, d. h. er hat von den Mitteln jeder Art das benutzt, was ihm zusagte; und so wird es auch für die Folge wohl bleiben.

Auch bei der neueren Verpflegungsart der Truppen, d. h. indem man alles, was die Gegend nur irgend darbietet, ohne Rücksicht auf mein und dein benutzt, gibt es vier verschiedene Wege, nämlich: die Ernährung durch den Wirt, durch Beitreibungen, welche die Truppen selbst besorgen, durch allgemeine Ausschreibungen und durch Magazine. Alle vier gehen gewöhnlich miteinander, wobei denn eine vorzuherrschen pflegt, doch kommt auch der Fall vor, daß nur eine ganz allein angewendet wird.

1. Die Ernährung durch den Wirt oder die Gemeinde, welches dasselbe ist. Bedenkt man, daß in einer Gemeinde, selbst wenn sie wie die großen Städte nur aus Konsumenten besteht, doch immer Lebensmittel auf mehrere Tage vorrätig sein müssen, so sieht man wohl ein, daß auch die volkreichste Stadt imstande sein wird, eine Einquartierung, die ihrer Volkszahl nahekommt, auf einen Tag zu ernähren, und wenn die Einquartierung viel schwächer ist, auf mehrere Tage, ohne daß besondere Voranstalten nötig wären. Dies gibt bei beträchtlichen Städten ein sehr genügendes Resultat, weil man eine beträchtliche Truppenmasse auf einem Punkte ernähren kann. Bei kleineren Städten oder gar bei Dörfern aber würde das Resultat sehr ungenügend sein; denn eine Bevölkerung von 3 bis 4000 Menschen auf die Quadratmeile, die schon sehr beträchtlich ist, würde nur die Ernährung von 3 bis 4000 Mann geben, welches bei beträchtlichen Massen eine so weitläuftige Verteilung der Truppen erfordern würde, daß die anderen Bedingungen dabei schwerlich bestehen könnten. Allein auf dem flachen Lande und selbst in kleinen Städten ist die Masse derjenigen Lebensmittel, auf die es im Kriege ankommt, sehr viel größer; der Brotvorrat eines Bauern reicht für seine Familie, eins ins andere gerechnet, gewöhnlich auf 8 bis 14 Tage hin; Fleisch kann täglich beschafft werden, Gemüse sind gewöhnlich bis zur nächsten Ernte vorhanden. Es hat daher in Quartieren, die noch nicht belegt gewesen sind, keine Schwierigkeit, das Drei- bis Vierfache der Bevölkerung auf einige Tage zu ernähren, welches denn wieder ein sehr genügendes Resultat gibt. Eine Kolonne von 30000 Mann würde hiernach bei einer Bevölkerung von 2 bis 3000 Seelen, wenn keine beträchtliche Stadt mitbelegt werden kann, etwa 4 Quadratmeilen Raum nötig haben, dies würde eine Seitenausdehnung von 2 Meilen geben. Man würde also mit einer Armee von 90000 Köpfen, die man etwa auf 75000 Kombattanten rechnen könnte, wenn sie in drei Kolonnen nebeneinander marschierte, nur eine Breite von 6 Meilen einzunehmen haben, im Fall sich auf dieser Breite drei Straßen fänden.

Folgen sich in ein solches Quartier mehrere Kolonnen hintereinander, so muß von den Ortsbehörden besonders Rat geschafft werden, welches aber für das Bedürfnis von einem oder ein paar Tagen mehr nicht schwer hält. Es würden also, wenn die obigen 90000 Mann von ebensoviel um einen Tag später gefolgt würden, auch diese noch nicht Not leiden, welches schon die beträchtliche Masse von 150000 Kombattanten gibt.

Das Futter für die Pferde hat noch weniger Schwierigkeit, denn es bedarf keiner Vermahlung und Verbackung, und da für die Pferde des Landes die Unterhaltsmittel bis zur nächsten Ernte vorhanden sein müssen, so wird selbst da, wo wenig Stallfütterung ist, doch nicht leicht Mangel vorhanden sein; nur muß freilich die Futterlieferung von der Gemeinde und nicht vom Wirt gefordert werden. Es versteht sich übrigens, daß einige Rücksichten vorausgesetzt werden, die man bei der Anordnung des Marsches auf die Natur der Gegend nimmt, um nicht in Handels- und Fabrikorten und Gegenden gerade die Reiterei hinzuweisen.

Das Resultat dieses flüchtigen Blickes ist also, daß man in einem mittelmäßig bevölkerten Lande, nämlich von 2 bis 3000 Seelen auf die Quadratmeile, mit einem Heer von 150000 Kombattanten in sehr geringer, ein gemeinschaftliches Schlagen nicht ausschließender Ausdehnung seinen Unterhalt auf ein bis zwei Tage bei den Wirten und Gemeinden linden werde; d. h. also, daß man ein solches Heer auf einem ununterbrochenen Marsch ohne Magazine und andere Vorbereitungen erhalten kann.

Auf dieses Resultat haben sich die Unternehmungen der französischen Heere im Revolutionskriege und unter Bonaparte gestützt. Sie sind von der Etsch bis an die untere Donau und vom Rhein bis an die Weichsel vorgedrungen, ohne viel andere Verpflegungsmittel zu haben als die des Wirtes, und ohne je Not zu leiden. Da ihre Unternehmungen auf physische und moralische Überlegenheit gestützt, von unzweifelhaften Erfolgen begleitet, wenigstens in keinem Fall durch Unentschlossenheit und Behutsamkeit verzögert wurden, so war die Bewegung in ihrer Siegesbahn meistens die eines unausgesetzten Marsches.

Sind die Umstände weniger günstig, ist die Bevölkerung nicht so groß, oder besteht sie mehr aus Gewerbsleuten als Bauern, ist der Boden schlecht, die Gegend schon mehrere Male mitgenommen, so wird natürlich das Resultat heruntergehen. Bedenkt man aber, daß, indem man die Seitenausdehnung einer Kolonne von 2 auf 3 Meilen steigen läßt, man gleich mehr als das Doppelte, nämlich statt vier neun Quadratmeilen Oberfläche bekommt, und daß dies immer noch eine Ausdehnung ist, die in gewöhnlichen Fällen das gemeinschaftliche Schlagen zuläßt, so sieht man wohl, daß auch selbst unter ungünstigen Umständen bei unausgesetzter Bewegung diese Ernährungsart immer noch möglich bleiben wird.

Sowie aber ein Stillstand von mehreren Tagen eintritt, müßte die größte Not entstehen, wenn nicht auf andere Weise vorgekehrt würde. Diese Vorkehrungen bestehen nun in zwei Einrichtungen, ohne welche ein beträchtliches Heer auch jetzt nicht bleiben kann. Die erste ist ein den Truppen zugegebenes Fuhrwesen, wodurch Brot oder Mehl als der notwendigste Teil des Unterhalts auf einige, d. h. drei bis vier Tage mitgenommen werden kann; rechnet man dazu drei bis vier Tage, die der Soldat selbst trägt, so entsteht immer Sicherheit für acht Tage des notdürftigsten Unterhalts.

Die zweite Einrichtung ist die eines gehörigen Kommissariats, welches in jedem Augenblick der Rast aus entfernten Gegenden Vorräte herbeizieht, so daß man in jedem Augenblick aus dem System der Quartierverpflegung in ein anderes übergehen kann.

Die Verpflegung durch die Quartiere hat den unendlichen Vorteil, daß sie gar keiner Transportmittel bedarf und in der kürzesten Zeit geleistet wird; aber freilich setzt sie voraus, daß in der Regel alle Truppen in Quartieren untergebracht werden.

2. Verpflegung durch Beitreibung der Truppen. Wenn ein einzelnes Bataillon ein Lager bezieht, so kann dies allenfalls in der Nähe einiger Dörfer geschehen, und diese können angewiesen werden, ihm die Lebensmittel zu liefern; dann wäre die Verpflegung im wesentlichen von der vorigen nicht verschieden. Wenn aber, wie gewöhnlich, die Truppenmasse, welche auf einem Punkt lagern soll, viel stärker ist, so bleibt nichts anderes übrig, als für ein größeres Ganze, z. B. eine Brigade oder Division, das Erforderliche gemeinschaftlich aus gewissen Bezirken beizutreiben und dann zu verteilen.

Der erste Blick zeigt, daß mit diesem Verfahren der Unterhalt für beträchtliche Heere niemals zu beschaffen ist. Die Ausbeute aus den Vorräten des Landes wird viel geringer sein, als wenn die Truppen in demselben Bezirk Quartiere bezogen hätten; denn wo 30 oder 40 Mann dem Bauer in das Haus dringen, werden sie, wo es fehlt, auch das letzte beizutreiben wissen; ein Offizier aber, der mit ein paar Leuten abgeschickt wird, um Lebensmittel beizutreiben, hat weder Zeit noch Mittel, alle Vorräte so aufzusuchen; oft wird es auch an Transportmitteln fehlen: er wird also nur einen geringen Teil des Vorhandenen herbeischaffen können. Von der anderen Seite sind in Lagern die Truppenmassen dergestalt auf einen Punkt gehäuft, daß die Bezirke, aus denen in der Geschwindigkeit beigetrieben werden kann, zu unbedeutend für das ganze Bedürfnis sind. Was will es sagen, wenn 30000 Mann in der Runde von einer Meile, also von einer 3 bis 4 Quadratmeilen betragenden Oberfläche, Lebensmittel herbeitreiben! Und doch werden sie das selten können, denn die meisten der nächsten Dörfer werden von einzelnen Truppenteilen belegt sein, die nichts verabfolgen lassen wollen. Endlich wird bei dieser Art am meisten verschwendet, weil einzelne über das Maß bekommen, viel ungenossen verloren geht usw.

Das Resultat ist also, daß die Verpflegung durch solche Beitreibungen nur mit Erfolg stattfinden kann bei nicht zu großen Truppenmassen, etwa bei einer Division von 8 bis 10000 Mann, und daß man sie auch hier nur als ein notwendiges Übel eintreten lassen wird.

Unvermeidlich ist sie gewöhnlich bei allen unmittelbar vor dem Feinde stehenden Abteilungen, wie Avantgarde und Vorposten, im Fall der vorschreitenden Bewegung, weil diese auf Punkte kommen, wo gar keine Vorbereitungen getroffen werden konnten, und gewöhnlich von den für das übrige Heer gesammelten Vorräten zu entfernt sind; ferner bei Streifkorps, die sich selbst überlassen sind; endlich in allen Fällen, wo zufällig keine Zeit und Mittel zu einer anderen Verpflegung waren.

Je mehr die Truppe zu einer regelmäßigen Ausschreibung eingerichtet ist, je mehr Zeit und Umstände erlauben, in diese Verpflegungsweise überzugehen, um so besser wird das Resultat sein. Aber es ist meistens die Zeit, welche fehlt, denn was die Truppen sich unmittelbar verschaffen, geht ihnen viel schneller zu.

3. Durch regelmäßige Ausschreibungen. Dies ist unstreitig das einfachste und wirksamste Mittel der Verpflegung, welches auch die Grundlage aller neueren Kriege ausgemacht hat.

Von der vorigen Art unterscheidet sich diese vorzüglich durch die Mitwirkung der Landesbehörden. Es soll nicht mehr der Vorrat gewaltsam genommen werden, wo er sich gerade findet, sondern vermittelst einer vernünftigen Verteilung ordnungsmäßig geliefert. Diese Verteilung können nur die Landesbehörden machen.

Hier kommt alles auf die Zeit an. Je mehr Zeit vorhanden ist, um so allgemeiner kann die Verteilung werden, um so weniger wird sie drücken, um so regelmäßiger wird der Erfolg sein. Selbst Ankäufe mit barem Gelde können zu Hilfe genommen werden, und diese Verpflegungsart wird sich dadurch der folgenden nähern. Bei allen Versammlungen der Streitkräfte im eigenen Lande hat dies keine Schwierigkeit, und in der Regel auch nicht bei rückgängigen Bewegungen. Dagegen bleibt bei allen Bewegungen in eine Gegend hinein, in deren Besitz wir noch nicht sind, sehr wenig Zeit zu solchen Einrichtungen übrig; gewöhnlich nur der eine Tag, welchen die Avantgarde dem Heere voraus zu sein pflegt. Mit dieser ergehen dann an die Landesbehörde die Aufforderungen, wieviel Portionen und Rationen sie hier und dort in Bereitschaft halten soll. Da diese nur aus der nächsten Gegend, d. h. ein paar Meilen im Umkreise des bestimmten Punktes herbeigeschafft werden können, so würden bei beträchtlichen Heeren diese in der Eil gemachten Anhäufungen bei weitem nicht reichen, wenn das Heer nicht auf mehrere Tage mitbrächte. Es ist also Sache der Kommissariate, mit dem Erhaltenen zu wirtschaften und nur denjenigen Truppenteilen zu geben, welche nichts haben. Mit jedem der folgenden Tage aber wird die Verlegenheit abnehmen; denn wachsen die Entfernungen, aus denen die Lebensmittel herbeigeschafft werden können wie die Anzahl der Tage, so wächst die Oberfläche und folglich das Resultat wie die Quadrate. Haben am ersten Tag nur 4 Quadratmeilen liefern können, so können am folgenden 16, am dritten 36 liefern; also am zweiten 12 mehr als am ersten, am dritten 20 mehr als am zweiten.

Daß dies nur eine Andeutung der Verhältnisse ist, versteht sich von selbst, denn es treten dabei viel beschränkende Umstände ein, wovon der hauptsächlichste ist, daß die Gegend, aus welcher das Heer eben kommt, nicht in dem Maße mitwirken kann wie die anderen. Aber von der anderen Seite muß man auch bedenken, daß die Lieferungsradien sich um mehr als 2 Meilen täglich erweitern können, vielleicht 3, 4 und an manchen Orten noch mehr.

Daß diese ausgeschriebenen Lieferungen, wenigstens dem größeren Teile nach, wirklich erfolgen, dafür sorgt die exekutive Gewalt einzelner Detachements, welche den Beamten beigegeben sind, noch mehr aber die Furcht vor Verantwortlichkeit, Strafe und Mißhandlung, welche in solchen Fällen wie ein allgemeiner Druck auf die ganze Bevölkerung zu lasten pflegt.

Übrigens kann es nicht unsere Absicht sein, die näheren Einrichtungen, das ganze Uhrwerk des Kommissariats- und Verpflegungswesens anzugeben, wir haben bloß das Resultat im Auge.

Dieses Resultat, welches sich uns aus dem Blick des gesunden Menschenverstandes auf die allgemeinen Verhältnisse ergeben und durch die Erfahrung der seit der Revolution geführten Kriege bewährt hat, ist also, daß auch das beträchtlichste Heer, wenn es auf einige Tage Lebensmittel mit sich führt, unbedenklich durch solche Ausschreibungen ernährt werden kann, welche erst im Augenblick des Eintreffens eintreten, zuerst die nächste Gegend treffen und dann mit der Zeit in immer weiteren Kreisen ausgedehnt, von immer höheren Standpunkten angeordnet werden.

Dieses Mittel hat keine anderen Grenzen als die Erschöpfung, Verarmung und Zerstörung des Landes. Da nun bei einem längeren Aufenthalt die Anordnungen bis zu den höchsten Landesstellen hinaufsteigen, und diese natürlich alles tun werden, um die Last so gleichmäßig als möglich zu verteilen, durch Käufe den Druck zu erleichtern, da auch selbst der fremde kriegführende Staat in diesem Fall nicht so roh und rücksichtslos zu sein pflegt, wenn er lange in unserem Lande verweilt, durchaus die ganze Last des Unterhaltes diesem aufzubürden, so pflegt das Lieferungssystem sich nach und nach von selbst dem System der Magazine zu nähern, ohne darum ganz aufzuhören, noch den Einfluß, den es auf die kriegerischen Bewegungen hat, merklich zu ändern; denn es ist etwas ganz anderes, wenn die Kräfte der Gegend durch Vorräte, die man aus größeren Entfernungen herbeischafft, wieder ergänzt werden, das Land aber selbst das eigentliche Organ der Heeresverpflegung bleibt, oder wenn das Heer wie in den Kriegen des achtzehnten Jahrhunderts seinen ganz selbständigen Haushalt besorgt, und das Land der Regel nach gar nichts damit zu tun hat.

Zwei Dinge machen den Hauptunterschied aus: nämlich die Benutzung des Landesfuhrwesens und der Landesbäckereien. Dadurch fällt jener ungeheure, sein eigenes Werk fast immer zerstörende Troß des Armeefuhrwesens weg.

Zwar wird auch jetzt kein Heer ganz ohne Verpflegungsfuhrwesen sein können, allein dies ist unendlich viel geringer und dient gewissermaßen nur, den Überfluß des einen Tages auf den anderen zu übertragen. Besondere Verhältnisse, wie die in Rußland 1812, haben auch in der neueren Zeit zu einem gewaltigen Wagentroß zwingen können, und auch Feldbäckereien hat man mitnehmen müssen; allein teils sind dies Ausnahmen, denn wie selten wird der Fall vorkommen, daß 300000 Mann fast auf einer einzigen Straße 130 Meilen weit vordringen, und das in einem Lande wie Polen und Rußland und kurz vor der Ernte, teils werden auch in solchen Fällen die bei dem Heere getroffenen Anstalten nur als Aushilfen und die Lieferungen der Gegend mithin immer als die Grundlage der ganzen Verpflegung betrachtet werden.

Seit den ersten Feldzügen des französischen Revolutionskrieges ist also das Lieferungssystem bei den französischen Heeren beständig jene Grundlage gewesen, und auch die ihnen entgegenstehenden Verbündeten haben darin übergehen müssen, und es ist schwerlich zu erwarten, daß man je davon zurückkommen könne. Kein anderes gibt solche Resultate, sowohl was die Energie der Kriegführung als ihre Leichtigkeit und Ungezwungenheit betrifft. Weil man für die ersten 3 bis 4 Wochen gewöhnlich in keiner Verlegenheit ist, wohin man sich auch wendet, und später durch Magazine nachgeholfen werden kann, so kann man wohl sagen, daß der Krieg auf diese Weise die vollkommenste Freiheit gewonnen hat. Zwar werden die Schwierigkeiten in einer Richtung größer sein als in einer anderen, und dies kann in der Waagschale der Überlegung etwas gelten, aber niemals wird man auf eine absolute Unmöglichkeit stoßen, und niemals wird die Rücksicht, die man dem Unterhalt widmet, gebieterisch entscheiden. Nur ein Verhältnis macht hiervon eine Ausnahme; es sind die Rückzüge in Feindes Land. Hier treffen sehr viel der Verpflegung ungünstige Bedingungen zusammen. Die Bewegung ist eine fortschreitende, und zwar gewöhnlich ohne sonderlichen Aufenthalt, es ist also keine Zeit, Vorräte zusammenzubringen; die Umstände, unter welchen man einen solchen Rückzug antritt, sind meistens schon sehr ungünstig, man ist also genötigt, stets in Masse beisammenzubleiben, und es kann darum gewöhnlich von keiner Verteilung in Quartieren oder von einer beträchtlichen Ausbreitung in den Kolonnen die Rede sein; das feindliche Verhältnis des Landes erlaubt nicht, durch bloße Ausschreibungen ohne exekutive Gewalt Vorräte zusammenzubringen, und endlich ist der Moment an sich noch besonders geeignet, den Widerstand und üblen Willen der Landesbewohner herauszufordern. Alles dies macht, daß man in solchen Fällen in der Regel auf die eingerichteten Verbindungs- und Rückzugslinien beschränkt ist.

Als Bonaparte 1812 seinen Rückzug antreten wollte, konnte dies durchaus nur auf der Straße geschehen, auf welcher er gekommen war, und zwar wegen des Unterhalts, weil er auf jeder anderen noch früher und unzweifelhafter zugrunde gegangen wäre, und alles, was sogar französische Schriftsteller Tadelndes darüber gesagt haben, ist auf das äußerste unverständig.

4. Der Unterhalt aus Magazinen. Sollte diese Verpflegungsart sich von der vorigen noch generisch unterscheiden, so könnte es nur bei einer solchen Einrichtung sein, wie sie in dem letzten Drittel des siebzehnten und während des achtzehnten Jahrhunderts stattgefunden hat. Wird diese Einrichtung je wiederkehren können?

Freilich begreift man kaum, wie es anders sein könnte, wenn man sich den Krieg mit großen Heeren 7, 10, 12 Jahre lang auf einer Stelle gebannt denkt, wie das in den Niederlanden, am Rhein, in Oberitalien, in Schlesien und Sachsen vorgekommen ist; denn welches Land könnte so lange das Hauptorgan des Unterhalts der gegenseitigen Heere bleiben, ohne völlig zugrunde zu gehen, also seinen Dienst nach und nach zu versagen?

Aber hier entsteht natürlich die Frage: wird der Krieg das Verpflegungssystem oder das Verpflegungssystem den Krieg bestimmen? Wir antworten: zuerst wird das Verpflegungssystem den Krieg bestimmen, soweit es die übrigen Bedingungen, von denen er abhängt, gestatten; wo diese aber anfangen, zu viel Widerstand zu leisten, wird der Krieg auf das Verpflegungssystem zurückwirken und in diesem Fall also dasselbe bestimmen.

Der auf das Lieferungssystem und die örtliche Verpflegung gegründete Krieg hat eine solche Überlegenheit über den Krieg mit der reinen Magazinverpflegung, daß dieser gar nicht mehr als dasselbe Instrument erscheint. Kein Staat wird es also wagen, mit diesem gegen jenen aufzutreten, und gäbe es irgendwo einen Kriegsminister, der beschränkt und unwissend genug wäre, die allgemeine Notwendigkeit dieser Verhältnisse zu verkennen und das Heer bei Eröffnung des Krieges auf die alte Weise auszurüsten, so würde die Gewalt der Umstände den Feldherrn bald mit sich fortreißen, und das Lieferungssystem sich von selbst hervordrängen. Bedenkt man dabei noch, daß der große Kostenaufwand, welchen eine solche Einrichtung verursacht, notwendig den Umfang der Rüstungen, die Masse der Streitkräfte verringern muß, weil kein Staat überflüssig mit Geld versehen ist, so läßt dies fast keine andere Möglichkeit einer solchen Ausrüstung zu, als wenn etwa beide kriegführende Parteien sich diplomatisch darüber einigen wollten, ein Fall, der als ein bloßes Spiel der Vorstellungen betrachtet werden muß.

Es werden also die Kriege fortan wohl immer mit dem Lieferungssysteme anfangen; wieviel die eine oder andere der Regierungen tun will, um dasselbe durch künstliche Einrichtungen zu ergänzen, ihr eigenes Land mehr zu schonen usw., mag dahingestellt bleiben; allzuviel wird es wohl nicht sein, weil man in solchen Augenblicken immer auf die dringendsten Bedürfnisse zuerst geführt wird und ein künstliches Verpflegungswesen zu diesen nicht mehr gehört.

Wenn nun aber ein Krieg in seinen Erfolgen nicht so entscheidend, in seinen Bewegungen nicht so weit ausgreifend ist, als es eigentlich in seiner Natur liegt, so wird das Lieferungssystem anfangen, die Gegend dergestalt zu erschöpfen, daß man entweder Frieden schließen oder Einrichtungen zur Erleichterung des Landes und zum unabhängigen Unterhalt des Heeres treffen muß. Dies letztere war der Fall der Franzosen unter Bonaparte in Spanien; aber viel häufiger wird das erstere eintreten. In den meisten Kriegen nimmt die Erschöpfung der Staaten so sehr zu, daß sie, anstatt auf den Gedanken einer kostbareren Kriegführung zu kommen, vielmehr zu der Notwendigkeit des Friedens hingedrängt sein werden. So wird denn die neuere Kriegführung auch von dieser Seite zu dem Resultat führen, die Kriege abzukürzen.

Wir wollen indessen die Möglichkeit von Kriegen mit der alten Verpflegungseinrichtung nicht ganz allgemein leugnen; wo die Natur der Verhältnisse von beiden Seiten hindrängt, und andere begünstigende Umstände eintreten, wird sie sich vielleicht einmal wieder zeigen; aber wir können nur in dieser Form niemals einen naturgemäßen Organismus finden; sie ist vielmehr nur eine Abnormität, welche die Umstände zulassen, die aber aus der eigentlichen Bedeutung des Krieges nie hervorgehen kann. Noch weniger können wir diese Form deswegen, weil sie menschenfreundlicher ist, für eine Vervollkommnung des Krieges halten, denn der Krieg ist selbst nichts Menschenfreundliches.

Welche Verpflegungsweise aber auch gewählt werden mag, so ist es natürlich, daß sie in reichen und bevölkerten Gegenden leichter wird als in armen und menschenleeren. Daß auch die Bevölkerung dabei in Betrachtung kommt, liegt in der doppelten Beziehung, welche sie auf die im Lande vorhandenen Vorräte hat; einmal, indem da, wo viel verzehrt wird, auch viel vorrätig sein muß, zweitens, indem in der Regel auch bei größerer Bevölkerung eine größere Produktion ist. Hiervon machen nun freilich solche Bezirke, die vorzüglich von Fabrikarbeitern bevölkert sind, eine Ausnahme, besonders wenn sie, wie das nicht selten der Fall ist, in Gebirgstälern bestehen, die von unfruchtbarem Boden umgeben sind; allein in der Allgemeinheit der Fälle ist es immer sehr viel leichter, in einem bevölkerten Lande für die Bedürfnisse eines Heeres zu sorgen als in einem menschenarmen. 400 Quadratmeilen, auf denen 400000 Menschen leben, werden, wenn sie auch noch so fruchtbaren Boden haben, gewiß nicht so leicht 100000 Köpfe eines Heeres übertragen können als 400 Quadratmeilen, auf denen 2 Millionen leben. Dazu kommt, daß in sehr bevölkerten Ländern Straßen- und Wasserverbindungen häufiger und besser, die Mittel des Transportes reichlicher, die Handelsverbindungen leichter und sicherer sind. Mit einem Wort: es ist unendlich viel leichter, ein Heer in Flandern als in Polen zu ernähren.

Die Folge ist, daß der Krieg mit seinem vierfachen Saugrüssel sich am liebsten auf Hauptstraßen, in volkreichen Städten, fruchtbaren Tälern großer Ströme oder längs der Küste befahrener Meere niedersenkt.

Hieraus wird die allgemeine Einwirkung klar, welche der Unterhalt des Heeres auf die Richtung und Form der Unternehmungen, auf die Wahl der Kriegstheater und der Verbindungslinien haben kann.

Wie weit dieser Einfluß gehen, welchen Wert die Schwierigkeit oder Leichtigkeit des Unterhalts in der Rechnung bekommen darf, das hängt freilich sehr von der Art ab, wie der Krieg geführt werden soll. Geschieht dies in seinem eigentlichsten Geist, d. h. mit der ungezügelten Stärke seines Elementes, mit dem Drange und Bedürfnis nach Kampf und Entscheidung, so ist der Unterhalt des Heeres eine wichtige, aber untergeordnete Sache; findet aber ein Äquilibrieren statt, wo die Heere in derselben Provinz viele Jahre hin- und herziehen, dann wird die Verpflegung oft die Hauptsache, der Intendant wird der Feldherr und die Leitung des Krieges eine Administration der Wagen.

So gibt es unzählige Feldzüge, wo nichts geschehen, der Zweck verfehlt, die Kräfte unnütz verbraucht sind und alles mit dem Mangel an Lebensmitteln entschuldigt wird; dagegen pflegte Bonaparte zu sagen: qu'on ne me parle pas des vivres!

Freilich hat dieser Feldherr im russischen Feldzuge evident gemacht, daß man diese Rücksichtslosigkeit zu weit treiben kann, denn, um nicht zu sagen, daß sein ganzer Feldzug vielleicht bloß dadurch zuschanden geworden ist, welches doch am Ende eine Vermutung bleiben würde, so ist doch außer Zweifel, daß er dem Mangel an Rücksicht auf den Unterhalt beim Vorgehen das unerhörte Zusammenschmelzen seines Heeres und beim Zurückgehen den gänzlichen Untergang desselben zu verdanken hat.

Aber ohne in Bonaparte den leidenschaftlichen Spieler zu verkennen, der sich oft in ein tolles Extrem wagt, kann man doch wohl sagen, daß er und die ihm vorangegangenen Revolutionsfeldherren in Betrachtung der Verpflegung ein mächtiges Vorurteil beiseite geschafft und gezeigt haben, daß diese nie anders als unter dem Gesichtspunkt einer Bedingung, also niemals als Zweck betrachtet werden müsse.

Übrigens verhält es sich mit der Entbehrung im Kriege wie mit der körperlichen Anstrengung und der Gefahr; die Forderungen, welche der Feldherr an sein Heer machen kann, sind durch keine bestimmten Linien begrenzt; ein starker Charakter fordert mehr als ein weichlicher Gefühlsmensch; auch die Leistungen des Heeres sind verschieden, je nachdem Gewohnheit, kriegerischer Geist, Vertrauen und Liebe zum Feldherrn oder Enthusiasmus für die Sache des Vaterlandes den Willen und die Kräfte des Soldaten unterstützen. Aber das sollte man wohl als Grundsatz aufstellen können, daß Entbehrung und Not, wie hoch sie auch gesteigert werden mögen, immer nur als vorübergehende Zustände betrachtet werden, und daß sie zu reichlichem Unterhalt, ja auch wohl einmal zum Überfluß führen müssen. Gibt es etwas Rührenderes als den Gedanken an soviel tausend Soldaten, die, schlecht gekleidet, mit einem Gepäck von 30 bis 40 Pfund belastet, sich auf tagelangen Märschen in jedem Wetter und Wege mühsam fortschleppen, Gesundheit und Leben unaufhörlich auf das Spiel setzend, und dafür nicht in trockenem Brote sich sättigen können? Wenn man weiß, wieviel dies im Kriege vorkommt, so begreift man in der Tat kaum, wie es nicht öfter zum Versagen des Willens und der Kräfte führt, und wie eine bloße Richtung der Vorstellungen im Menschen fähig ist, durch ihr nachhaltiges Wirken solche Anstrengungen hervorzurufen und zu unterstützen.

Wer also dem Soldaten große Entbehrungen auferlegt, weil große Zwecke es fordern, der wird, sei es aus Gefühl oder aus Klugheit, auch die Entschädigung im Auge haben, die er ihm dafür zu anderen Zeiten schuldig ist.

Jetzt haben wir noch des Unterschiedes zu gedenken, welcher im Betreff des Unterhaltes beim Angriff und der Verteidigung stattfindet.

Die Verteidigung ist imstande, von den Vorbereitungen, die sie zur Verpflegung hat treffen können, während des Aktes ihrer Verteidigung ununterbrochen Gebrauch zu machen. Es kann also dem Verteidiger nicht wohl an dem Notwendigen fehlen; im eigenen Lande wird dies vorzugsweise der Fall sein, aber auch im feindlichen bleibt es wahr. Der Angriff aber entfernt sich von seinen Hilfsquellen und muß, solange sein Vorschreiten dauert, und selbst in den ersten Wochen seines Innehaltens, von einem Tage zum anderen das Nötige beschaffen, wobei es denn selten ohne Mangel und Verlegenheit abgeht.

Zweimal pflegt diese Schwierigkeit am größten zu werden. Einmal beim Vorgehen, ehe die Entscheidung gefallen ist; dann sind die Vorräte des Verteidigers noch alle in seinen Händen, und der Angreifende hat die seinigen hinter sich lassen müssen; er muß seine Massen zusammendrängen und kann also keinen großen Raum einnehmen, selbst sein Fuhrwesen hat ihm nicht mehr folgen können, sobald die Schlachtbewegungen ihren Anfang genommen haben. Sind in diesem Augenblick nicht gute Vorbereitungen getroffen, so geschieht es leicht, daß die Truppen einige Tage vor der entscheidenden Schlacht Mangel und Not haben, welches denn nicht das Mittel ist, sie gut in die Schlacht zu führen.

Das zweite Mal entsteht der Mangel vorzugsweise am Ende der Siegesbahn, wenn die Verbindungslinien anfangen, zu lang zu werden, besonders wenn der Krieg in einem armen, menschenleeren, vielleicht auch feindselig gesinnten Lande geführt wird. Welch ein ungeheurer Unterschied zwischen einer Verbindung von Wilna auf Moskau, wo jede Fuhre mit Gewalt herbeigeschafft werden muß, oder von Köln über Lüttich, Löwen, Brüssel, Mons, Valenciennes, Cambrai nach Paris, wo ein kaufmännischer Auftrag, ein Wechsel hinreicht, Millionen von Rationen herbeizuschaffen.

Schon oft sind die Folgen dieser Schwierigkeit gewesen, daß der Glanz der herrlichsten Siege erlischt, die Kräfte abmagern, der Rückzug notwendig wird und dann nach und nach alle Symptome einer wahren Niederlage annimmt.

Das Futter der Pferde, welches anfangs, wie wir gesagt haben, am wenigsten zu fehlen pflegt, wird, wenn eine Erschöpfung der Gegend eintritt, zuerst mangeln, denn es ist wegen seines Volumens am schwersten aus der Ferne herbeizuschaffen, und das Pferd ist durch Mangel viel schneller zugrunde gerichtet als der Mensch. Aus diesem Grunde kann eine zu zahlreiche Reiterei und Artillerie einem Heere eine wahre Last und ein wirkliches Schwächungsprinzip werden.


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