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Der Autor wird vom König aus eigner Bewegung naturalisiert und mit dem Schloß, worin er wohnt, Klein-Nello [Petit-Nesle] genannt, beliehen. – Der König besucht ihn zum andernmal, begleitet von Madame d'Estampes, und bestellt treffliche Zieraten für die Quelle zu Fontainebleau. – Auf diesen Befehl verfertigt er zwei schöne Modelle und zeigt sie Seiner Majestät. – Beschreibung dieser Verzierung. – Merkwürdige Unterredung mit dem Könige bei dieser Gelegenheit. – Madame d'Estampes findet sich beleidigt, daß der Autor sich nicht um ihren Einfluß bekümmert. – Um sich bei ihr wieder in Gunst zu setzen, will er ihr aufwarten und ihr ein Gefäß von Silber schenken, aber er wird nicht vorgelassen. – Er überbringt es dem Kardinal von Lothringen. – Der Autor verwickelt sich selbst in große Verlegenheit, indem er einen Begünstigten der Madame d'Estampes, der im Schlößchen Klein-Nello eine Wohnung, bezogen, herauswirft. – Sie versucht, ihm die Gunst des Königs zu entziehen, aber der Dauphin spricht zu seinem Vorteil.
Zu derselben Zeit kam der bewundernswürdige, tapfre Herr Peter Strozzi an den Hof und erinnerte die Briefe seiner Naturalisation. Der König ließ solche sogleich ausfertigen und sagte: Laßt sie auch zugleich für Benvenuto schreiben, bringt sie ihm in sein Haus und nehmt ihm nichts dafür ab! Den großen Strozzi kosteten die seinigen einige hundert Dukaten, die meinigen brachte einer der ersten Sekretarien, der Herr Antonio Massone [Le Maçon] hieß. Dieser Edelmann überreichte mir das Dokument mit außerordentlichen Gnadenbezeigungen von selten Seiner Majestät und sagte: Dieses verehrt Euch der König, damit Ihr mit desto mehrerer Lust ihm dienen möget; durch dieses Dokument seid Ihr naturalisiert. Er erzählte mir, daß nur nach langer Zeit und nur als eine besondere Gunst Herr Peter Strozzi ein gleiches erhalten habe, daß der König mir dieses aus eigner Bewegung schicke, und daß eine solche Gnade in diesem Reiche unerhört sei. Darauf erwiderte ich eine umständliche Danksagung gegen den König, bat aber sodann gedachten Sekretär, mir zu sagen: was dann eigentlich ein solcher Naturalisationsbrief zu bedeuten habe? Dieser Mann, der voller Kenntnis und Anmut war und gut italienisch sprach, lachte zuerst laut, dann nahm er seinen Ernst wieder an und sagte zu mir auf italienisch, was es zu bedeuten habe: daß es eine der größten Würden sei, die man einem Fremden geben könne, und daß es ganz was anders heiße, als zum venezianischen Edelmann erhoben zu werden. Dieses alles erzählte er dem König, der auch nicht wenig lachte und alsdann sprach: Nun soll er erst erfahren, warum ich ihm diese Briefe geschickt habe. Geht und macht ihn sogleich zum Herrn von Klein-Nello, dem Schlosse, das er besitzt, denn es ist mein Eigentum; da wird er eher begreifen, welch ein Vorteil es sei, naturalisiert zu werden! Nun kam ein anderer Abgeordneter mit gedachtem Geschenke, dem ich dagegen ein Gratial geben wollte, der es aber ausschlug: denn der König habe es so befohlen. Beide Briefe, sowohl der Naturalisation als des Geschenkes, das mir der König mit dem Schlosse machte, nahm ich mit, als ich nach Italien zurückging, und wo ich auch sein und mein Leben endigen werde, sollen sie immer bei mir bleiben.
Nun wende ich mich wieder zu der übrigen Geschichte meines Lebens und meiner Arbeiten. Alles Angefangene ging gleichen Schrittes fort, der Jupiter von Silber, das goldene Salzgefäß, das große Gefäß von Silber und die zwei Köpfe von Erz; auch schickte ich mich an, das Fußgestell zum Jupiter aus Erz zu gießen, aufs reichste verziert. Ich stellte daran den Raub des Ganymedes, nicht weniger Leda mit ihrem Schwane vor, und beide halberhabene Arbeiten gelangen aufs beste. Zugleich machte ich ein anderes Fußgestell, um die Statue der Juno darauf zu setzen, denn ich dachte diese sogleich anzufangen, sobald mir der König Silber dazu aushändigen ließe. Schon waren der silberne Jupiter und das goldene Salzfaß zusammengesetzt, das silberne Gefäß weit vorwärts und die beiden Köpfe von Erz schon geendigt; kleine Arbeiten hatte ich für den Kardinal von Ferrara gemacht und ein reichgearbeitetes kleines Gefäß, welches ich Madame d'Estampes schenken wollte. Sodann hatte ich für viele italienische Herren, als für Peter Strozzi, für die Grafen von Anguillara, Pitigliano, Mirandola und andere, mehrere Werke verfertigt.
Endlich, als mein großer König nach Paris zurückkam, besuchte er mich den dritten Tag in meiner Wohnung mit einer Menge des größten Adels seines Hofes; er verwunderte sich über so viele Werke, die ich vor mir hatte und die schon so weit waren. Seine Madame d'Estampes war bei ihm, und sie fingen an, von Fontainebleau zu sprechen. Sie sagte: Seine Majestät solle mich etwas zur Zierde dieses Lustortes arbeiten lassen. Der König versetzte: das sei wohl gesprochen, und er wolle sich sogleich entschließen. Darauf wendete er sich zu mir und fragte mich: was ich wohl, um jene schöne Quelle zu zieren, erfinden würde? Ich brachte darauf einige meiner Einfälle vor, und der König sagte auch seine Gedanken. Dann fügte er hinzu: er wolle auf vierzehn bis zwanzig Tage eine Reise nach Saint Germain en Laye machen, das zwölf Meilen von Paris lag; in der Zeit sollte ich ein Modell für seine schöne Quelle fertigen, so reich an Erfindungen, als es mir möglich sei, denn dieser Ort sei die größte Lust, die er in seinem Reiche habe. Deswegen befehle und wünsche er, daß ich mein möglichstes tun möge, um etwas Schönes hervorzubringen. Und ich versprach es.
Der König betrachtete die vielen Sachen noch einmal und sagte zu Madame d'Estampes: Ich habe niemanden von dieser Profession gesehen, der mir besser gefallen hätte und der mehr verdiente, belohnt zu werden, als dieser. Wir müssen suchen, ihn festzuhalten: er verzehrt viel Geld, ist ein guter Geselle und arbeitet genug. Wir müssen auch seiner gedenken, um so mehr, Madame, als er niemals, er mochte zu mir oder ich hierher kommen, mir auch nur das geringste abgefordert hat; man sieht wohl: sein Gemüt ist ganz auf die Arbeit gerichtet, und wir müssen ihm bald etwas zugute tun, damit wir ihn nicht verlieren. Madame d'Estampes sagte: Ich will Euch an ihn erinnern. So gingen sie weg, und ich arbeitete mit großem Fleiße an meinen angefangenen Werken. Auch begann ich das Modell zum Brunnen und brachte es mit Eifer vorwärts.
In Zeit von anderthalb Monaten kam der König nach Paris zurück, und ich, der ich Tag und Nacht gearbeitet hatte, machte ihm meine Aufwartung und brachte das Modell mit, so sauber ausgeführt, daß man alles klärlich verstehen konnte. Schon waren die Teufeleien zwischen ihm und dem Kaiser wieder angegangen, so daß ich ihn sehr verwirrt antraf, doch sprach ich mit dem Kardinal von Ferrara und sagte zu ihm, daß ich gewisse Modelle bei mir habe, die mir von Seiner Majestät aufgetragen worden; ich bat ihn, wenn er einen Augenblick fände, ein Wort darüber fallen zu lassen, es doch ja zu tun, weil ich überzeugt sei, der König würde viel Vergnügen daran finden, wenn ich sie ihm vorstellen könnte. Der Kardinal tats, und sogleich kam der König dahin, wo ich mich mit den Modellen befand. Erst hatte ich das Modell zu einem Portal des Schlosses Fontainebleau gemacht, wobei ich so wenig als möglich die Anlage des gegenwärtigen zu verändern dachte. Es war nach ihrer französischen Manier groß und doch zwergenmäßig, seine Proportion wenig über ein Viereck, und oben drüber ein halbes Rund, gedruckt, nach Art eines Korbhenkels. In diese Öffnung verlangte der König eine Figur, welche die Nymphe der Quelle vorstellen sollte. Nun gab ich zuerst dem obern Teil ein schönes Verhältnis, zeichnete einen reinen Halbzirkel darein und machte gefällige Vorsprünge an den Seiten. Dem untern Teile gab ich einen Sockel und Gesims, und weil wegen dieser Teile und Glieder an der Seite ein paar Säulen erforderlich schienen, machte ich anstatt derselben ein paar Satyren, höher als halberhaben. Der eine schien mit der Hand das Gebälk zu tragen und hielt im andern Arm einen großen Stab, sein Gesicht war mutig und wild und konnte dem Anschauenden Furcht einjagen; der zweite hatte eine ähnliche Stellung, doch waren der Kopf und einige Nebenumstände abgeändert: er hielt eine Geißel in der Hand mit drei Kugeln, die an ebensoviel Ketten festhingen. Diese Figuren hatten sonst nichts vom Satyr als ein Paar kleine Hörner und etwas ziegenmäßiges im Gesichte, das übrige war alles menschliche Gestalt.
In dem halben Rund hatte ich eine weibliche Figur in angenehmer liegender Stellung abgebildet; diese legte den linken Arm über den Hals eines Hirsches, so hatte es der König verlangt. Auf einer Seite hatte ich Rehe, wilde Schweine und anderes Wildbret vorgestellt, wie solches der schöne Wald, wo der Brunnen entspringt, in großer Menge ernährt. Auf der andern Seite sah man Doggen und Windhunde, um das Vergnügen der Jagd abzubilden. Dieses Werk hatte ich in ein länglichtes Viereck eingeschlossen und in die beiden Ecken, über dem halben Rund, zwei Siegesgöttinnen von halberhabener Arbeit angebracht, mit kleinen Fackeln in der Hand, nach dem Gebrauch der Alten. Noch hatte ich über das obere Viereck einen Salamander abgebildet, als des Königs eigenes Sinnbild, mit verschiedenen angenehmen Zieraten, wie sie sich zum Werke schickten, das eigentlich der ionischen Ordnung sich näherte.
Als der König das Modell sah, machte es ihn gleich vergnügt und zerstreute ihn von dem verdrießlichen Gespräch, das er einige Stunden geführt hatte. Als ich ihn auf diese Weise in guter Laune sah, deckte ich das andere Modell auf, das er wohl nicht erwartete, denn er dachte schon in dem ersten Arbeit genug gesehen zu haben. Das andere Modell war größer als zwei Ellen, und ich hatte einen Brunnen in vollkommenem Viereck vorgestellt; umher waren die schönsten Treppen, die einander durchschnitten, eine Art, wie man sie niemals in Frankreich und selten in Italien gesehen hatte. In der Mitte war ein Fußgestell, ein wenig höher als das Gefäß des Brunnens, darauf eine nackte Figur von großer Anmut stand: sie hielt mit der rechten Hand eine zerbrochene Lanze in die Höhe, die linke lag auf dem Griff eines Schwertes von der schönsten Form; die Figur ruhte auf dem linken Fuß, den rechten setzte sie auf einen Helm, der so reich als möglich gearbeitet war. Auf den vier Ecken des Brunnens hatte ich sitzende Figuren vorgestellt, eine jede mit angenehmen Sinnbildern. Da fragte der König: was das für eine schöne Erfindung sei, die ich ihm gemacht habe? Alles, was ich am Tore vorgestellt, sei ihm verständlich, aber das größere Modell, so schön es ihm vorkomme, wisse er nicht auszulegen, und ihm sei wohl bekannt, daß ich nicht wie manche unverständige Künstler zu Werke gehe, die, wenn sie auch allenfalls etwas mit einiger Anmut zu machen verstünden, dennoch ihren Vorstellungen keine Bedeutung zu geben wüßten.
Darauf nahm ich mich zusammen, denn da meine Arbeit dem König gefallen hatte, so wollte ich, es sollte ihm auch meine Rede angenehm sein, und sagte deshalb zu ihm: Heilige Majestät! diese ganze kleine Arbeit ist sehr genau nach kleinen Fußen gemessen, so daß, wenn sie ausgeführt wird, sie eben auch im großen die gefällige Wirkung tun wird; die mittelste Figur soll vierundfünfzig Fuß hoch werden. Hier gab der König ein Zeichen großer Verwunderung von sich. Sie ist, fuhr ich fort, bestimmt, den Kriegsgott vorzustellen; diese vier übrigen Figuren stellen die Künste vor, an denen sich Eure Majestät ergötzt und die bei Eurer Majestät alle Unterstützung finden. Diese zur Rechten ist die Wissenschaft der Wissenschaften: hier ist das Sinnbild, woran man die Philosophie erkennt und alle die Eigenschaften, welche sie begleiten; die andere Figur stellt die bildenden Künste vor, nämlich Bildhauerkunst, Malerei und Baukunst; die dritte ist die Musik, welche sich gern zu jenen Künsten und Wissenschaften gesellt, aber die letzte, welche so angenehm und gütig aussieht, stellt die Freigebigkeit vor, weil ohne diese keines jener verwundersamen Talente ausgeübt werden kann. Die Figur in der Mitte soll Eure Majestät selbst abbilden, denn Ihr seid der Kriegsgott und der einzige Tapfre in der Welt, und Eure Tapferkeit wendet Ihr gerecht und fromm zur Erhaltung Eures Ruhmes an.
Kaum hatte der König so viel Geduld, mich ausreden zu lassen, als er mit lauter Stimme sprach: Wahrlich, in dir habe ich einen Mann nach meinem Herzen gefunden! Er rief die Schatzmeister und befahl, sie sollten mir geben, was ich bedürfte, der Aufwand möchte so groß sein, als er nur wollte. Dann schlug er mir mit der Hand auf die Schulter und sagte: Mon ami (das heißt: mein Freund), ich weiß nicht, wer das größte Vergnügen haben mag, ein Fürst, der einen Mann nach seinem Herzen gefunden hat, oder ein Künstler, der einen Fürsten findet, von dem er alle Bequemlichkeit erwarten kann, seine großen und schönen Gedanken auszuführen. Ich versetzte darauf: wenn ich der sei, den er meine, so sei mein Glück immer das größte. Darauf versetzte er: Wir wollen sagen, es sei gleich.
Ich ging mit großer Freudigkeit fort und machte mich an meine Arbeit. Unglücklicherweise erinnerte mich niemand, daß ich ebendiese Komödie mit Madame d'Estampes hätte spielen sollen. Diese hörte alles, was vorgefallen war, abends aus dem Munde des Königs, und darüber erzeugte sich so eine giftige Wut in ihrem Busen, daß sie verdrießlich sagte: Hätte mir Benvenuto seine schönen Arbeiten gezeigt, so hätte ich wohl auch Gelegenheit gefunden, seiner zu denken. Der König wollte mich entschuldigen, aber es half nichts.
Das hörte ich erst vierzehn Tage darauf, als sie nach einer Reise durch die Normandie wieder nach Saint Germain en Laye zurückgekehrt war. Ich nahm das schöne Gefäßchen, das ich auf ihr Verlangen gemacht hatte, und dachte, wenn ich es ihr schenkte, könne ich ihre Gunst wiedererlangen. Ich zeigte es einer ihrer Kammerfrauen und sagte derselben, daß ich es als Geschenk brächte; diese begegnete mir mit unglaublicher Freundlichkeit und versprach mir, ihrer Frau ein Wort zu sagen, die noch nicht angekleidet sei, und ich würde sodann gewiß eingelassen werden. Sie sagte auch alles ihrer Dame, die verdrießlich antwortete: Sag ihm, er soll warten! Da ich das vernahm, hüllte ich mich in Geduld, welches mir äußerst schwer ankam, und so wartete ich, bis sie zur Tafel ging.
Weil es nun schon spät war, machte mich der Hunger so toll, daß ich nicht mehr widerstehen konnte. Ich verwünschte sie von Herzen und eilte fort, dem Kardinal von Lothringen aufzuwarten, dem ich das Gefäß verehrte und ihn bloß bat, mich in der Gnade des Königs zu erhalten. Darauf antwortete er: es sei das nicht nötig, und wenn es nötig wäre, so wollte er es gern tun. Dann rief er seinen Schatzmeister und sagte ihm etwas ins Ohr. Der Schatzmeister wartete, bis ich vom Kardinal wegging, dann sagte er zu mir: Benvenuto! kommt, ich will Euch einen Becher guten Weins geben. Weil ich nicht wußte, daß er damit was anders sagen wollte, versetzte ich: Laßt mich ums Himmels willen einen Becher Wein trinken und gebt mir ein Stückchen Brot dazu! Fürwahr, ich werde ohnmächtig, denn ich habe diesen Morgen von acht Uhr bis jetzt nüchtern an der Türe der Madame d'Estampes gestanden, um ihr das schöne vergoldete Gefäß zu schenken. Ich ließ ihr alles hineinsagen, aber sie, um mich zu quälen, ließ mir immer antworten, ich solle warten; nun kömmt der Hunger dazu, und meine Kräfte wollen mir ausgehen. Gott hat nun gewollt, daß ich das Werk meiner Arbeit einem Manne schenken sollte, der es weit mehr verdienet. So gebt mir nur ein wenig zu trinken, denn da ich etwas cholerisch bin, so ist mir der Hunger dergestalt schmerzlich, daß ich auf der Stelle umfallen könnte. Indessen ich nun mit Not diese Worte hervorbrachte, war vortrefflicher Wein erschienen und sonst noch ein angenehmes Frühstück, so daß ich mich völlig wiederherstellte, und da meine Lebensgeister wiederkamen, verging auch der Ärger.
Darnach überreichte mir der Schatzmeister hundert Goldgülden, die ich ein für allemal nicht annehmen wollte. Er ging, dem Kardinal meine Weigerung zu hinterbringen, der ihn tüchtig ausschalt und ihm sagte: er solle mir das Geld mit Gewalt aufdringen oder ihm nicht mehr vor die Augen kommen! Der Schatzmeister kehrte erzürnt zurück und sagte: so arg habe der Kardinal ihn noch niemals ausgescholten, und da ich noch immer ein wenig Widerstand leistete, so sagte er mir mit lebhaftem Verdruß: er würde mir das Geld mit Gewalt aufnötigen. Darauf nahm ich das Geld, und als ich dem Kardinal deshalb danken wollte, ließ er mir durch einen seiner Sekretäre sagen: er würde zu jeder Zeit gern etwas zu meinem Vergnügen tun. Ich kehrte noch selbigen Abend nach Paris zurück. Der König erfuhr die ganze Sache und plagte Madame d'Estampes scherzend darüber, die nur deshalb noch giftiger gegen mich ward und mich in große Lebensgefahr setzte, wie ich an seinem Ort erzählen werde.
Nun muß ich aber auch der Freundschaft eines trefflichen, liebevollen, geselligen und wackren Mannes gedenken, wie ich viel eher hätte tun sollen: dieses war Herr Guido Guidi, ein sehr geschickter Arzt und florentinischer Edelmann. Bei dem Aufzeichnen der mancherlei Begebenheiten, die mir ein ungünstiges Geschick in den Weg legte, habe ich seiner zu erwähnen unterlassen, denn ich dachte, wenn ich ihn immer im Herzen hätte, so wäre es hinreichend; da ich aber wohl sehe, daß mein Leben ohne ihn nicht vollständig beschrieben werden kann, so will ich hier zwischen meinen sonderbaren Begebenheiten auch von ihm reden, daß, wie er mir damals Trost und Hülfe war, auch hier sein Andenken aufbewahrt werde.
Als derselbe nach Paris kam und ich ihn hatte kennen lernen, nahm ich ihn in mein Kastell und gab ihm freie Wohnung, da wir denn mehrere Jahre miteinander vergnügt zubrachten. Auch kam der Bischof von Pavia, Monsignor de' Rossi, Bruder des Grafen San Secondo; diesen Herrn nahm ich aus dem Gasthofe und gab ihm gleichfalls in meinem Schlosse freie Wohnung, wo er und seine Diener und Pferde mehrere Monate gut bewirtet wurden. Auch nahm ich Herrn Ludwig Alamanni mit seinen Söhnen einige Monate zu mir und dankte Gott für die Gnade, daß ich großen und talentreichen Männern einigermaßen gefällig sein konnte. Mit Herrn Guido Guidi dauerte meine Freundschaft so lange, als ich in Paris war, und wir rühmten untereinander oft das Glück, daß jeder in seiner Kunst auf Kosten eines so großen und wundernswürdigen Fürsten seine Talente vermehren konnte; denn ich kann wahrhaft sagen: was ich auch sei und was ich Gutes und Schönes gewirkt habe, daran war dieser außerordentliche König allein Ursache. Deswegen ergreife ich wieder den Faden, von ihm und von den großen Werken zu sprechen, die ich für ihn gearbeitet habe.
Es war in meinem Kastell auch ein Ballspiel, von dem ich manchen Nutzen zog, indem ich diese Übung verstattete. Es waren auch dabei einige kleine Zimmer, worin verschiedene Menschen wohnten, darunter ein geschickter Buchdrucker. Dieser hatte fast seinen ganzen Laden in meinem Schlosse und druckte Herrn Guidos erstes schönes Buch über die Medizin; da ich mich aber seiner Wohnung bedienen wollte, schickte ich ihn fort, jedoch nicht ohne Schwierigkeit. Auch wohnte dabei ein Salpeterfabrikant, und als ich dessen Wohnung für einige meiner guten deutschen Arbeiter verlangte, wollte er nicht ausziehen. Ich hatte ihm etlichemal sehr gelassen gesagt, er solle meine Zimmer räumen, denn ich brauchte sie für meine Arbeiter zum Dienste des Königs. Je demütiger ich sprach, desto kühner und stolzer antwortete mir die Bestie. Zuletzt gab ich ihm drei Tage Zeit, worüber er lachte und sagte: in drei Jahren wollte er daran zu denken anfangen. Ich wußte zwar nicht, daß dieser Mann Zutritt zu Madame d'Estampes hatte; aber ich war überhaupt seit jenen Händeln mit dieser Dame etwas vorsichtiger geworden, sonst hätte ich ihn gleich fortgejagt. Nun hatte ich die drei Tage Geduld. Wie sie vorbei waren, sagte ich weiter nichts, sondern bewaffnete meine deutschen, italienischen und französischen Arbeiter und nahm noch die vielen Handlanger dazu, die ich hatte, und in kurzer Zeit riß ich das ganze Haus nieder und warf seine Sachen zum Kastell hinaus. Zu diesem, in etwas strengem Verfahren bewegten mich seine unverschämten Worte, denn er hatte gesagt: es möchte wohl kein Italiener so kühn sein, ihm nur einen Span vom Orte zu rücken. Nachdem nun die Sache geschehen war und er herbeilief, sagte ich zu ihm: Ich bin der geringste Italiener und habe dir noch nichts angetan, wozu ich doch große Lust hätte und das du erfahren sollst, wenn du nur ein Wörtchen sprichst! So sagte ich zu ihm mit vielen andern schimpflichen Worten.
Erstaunt und erschrocken machte dieser Mann seine Sachen so gut zusammen, als er konnte, lief sogleich zu Madame d'Estampes und malte ihr eine Hölle vor, und diese meine Hauptfeindin schilderte mit ihrer außerordentlichen Beredsamkeit die Begebenheit dem König. Dieser war, wie man mich versichert hat, im Begriff, äußerst gegen mich aufgebracht zu werden und strenge zu verfügen; aber Heinrich, der Dauphin, jetziger König von Frankreich, war von jener kühnen Frau beleidigt worden, desgleichen die Königin von Navarra, Schwester des Königs: diese beiden standen mir mit so vielem Ernste bei, daß der König zuletzt die Sache ins Lächerliche wendete, und so entkam ich mit der Hülfe Gottes einem großen Übel.