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In dieser Nacht schlug Esteban neben einer Dschungelfährte sein einsames Lager auf. Ein schmales Bächlein murmelte noch und zog sich durch die ausgetrockneten Anschwemmungen eines alten Flußbettes hin.
Sein Irrwahn, Affentarzan zu sein, machte ihm einen ganz unangebrachten Mut, so daß er mutterseelenallein auf dem Boden übernachtete, ohne sich irgendeinen Schutz zu bauen. Zu seinem Glück kamen keine auf Beute ausgehenden Raubtiere in nächste Nähe. Solange Flora Hawkes bei ihm gewesen war, hatte er für sie Hütten gebaut, aber jetzt, da er sie verlassen hatte, konnte er sich nicht dazu entschließen, eine so unwürdige Handlung wie die Errichtung einer Dornenboma als Schutz vorzunehmen.
Ein Feuer zündete er sich aber an, denn er hatte ein Wild erlegt, und soweit war er noch nicht, daß er sich einbildete, an rohem Fleisch Geschmack zu finden.
Als er seinen Hunger gestillt und sich am Wasser sattgetrunken hatte, hockte er sich an sein Feuer, zog die Tasche mit Diamanten aus seinem Lendentuch, öffnete sie und schüttete eine Handvoll der kostbaren Steine in die hohle Hand. Das flackernde Feuer spielte auf den funkelnden Edelsteinen und sandte einen leuchtenden Schein in das Dunkel der umgebenden Dschungelnacht. In dem reizvollen Spiel der Lichtstrahlen sah der Spanier in einer Vision die Zukunft – Macht, Luxus, schöne Frauen – alles, was großer Reichtum einem Manne erkaufen kann. Mit halbgeschlossenen Augen träumte er von dem weiblichen Ideal, zu dessen Erlangung er die ganze Welt durchsuchen wollte, die passende Gefährtin für eine Persönlichkeit, wie sie Esteban Miranda zu sein glaubte. Auf einmal sah der Spanier durch die dunklen Wimpern seiner eng zusammengezogenen Lider vor sich im flackernden Lichte des Lagerfeuers eine unklare Fleischwerdung seiner Träume vor sich, die Gestalt einer in wallendes durchsichtiges Weiß gekleideten Frau, die drüben am Rande des alten Flußbettes im Lichtschein zu schweben schien.
Esteban Miranda wurde plötzlich blaß. Heilige Muttergottes! rief er. Es ist Flora. Sie ist tot und kommt zurück, um mich zu behexen.
Mit weit aufgerissenen Augen erhob er sich langsam auf seine Füße, um der Erscheinung zu begegnen, als diese in weichen, sanften Tönen zu sprechen begann.
Teuerstes Herz, rief sie, bist du es wirklich!
Das war kein körperloser Geist, auch nicht Flora – aber wer konnte es sein? Was tat diese zauberhafte Schönheit hier allein in der grimmigen afrikanischen Wildnis?
Langsam kam sie den Abhang herabgestiegen und ging auf ihn zu. Esteban tat die Diamanten in die Tasche und verbarg sie im Innern seines Lendentuches.
Mit ausgestreckten Armen kam die Frau auf ihn zu. Ach, mein Geliebter, rief sie, sage mir nicht, daß du mich nicht kennst. Sie war nahe genug, daß der Spanier sehen konnte, wie erregt ihre Lippen zitterten. Er fühlte sich in einer Woge heißen Verlangens untergehn, mit ausgestreckten Armen eilte er auf sie zu, ihr zu begegnen und sie an sein Herz zu drücken.
Tarzan folgte der Spur des Mannes und des Weibes und ging unbekümmert den Dschungelpfad entlang, denn er hatte gefunden, daß gar keine Eile nötig war, um die beiden einzuholen. Er war auch keineswegs überrascht, als er plötzlich auf die zusammengekauerte Gestalt einer Frau stieß, die mitten auf der Fährte lag. Als er ihr eine Hand auf die Schulter legte, stieß sie einen Schreckensschrei aus.
O Gott! schrie sie, das ist das Ende!
Sie sind nicht in Gefahr, sagte der Affenmensch. Ich tue Ihnen nichts.
Sie hob die Augen auf und sah ihn an. Anfänglich hielt sie ihn für Miranda. Bist du zurückgekommen, um mich zu retten, Esteban? fragte sie.
Esteban? rief er. So heiße ich nicht. In diesem Augenblick erkannte sie ihn.
Lord Greystoke! rief sie.
Ja, sagte er, und wer sind Sie?
Ich bin Flora Hawkes. Ich war Lady Greystokes Zofe.
Ah, ich erinnere mich, sagte er. Was machst du hier?
Ich habe Angst, es Ihnen zu sagen, ich fürchte mich vor Ihrem Zorn.
Sprich, befahl er, du weißt doch, Flora, daß ich Frauen nichts zuleide tue.
Wir wollten Gold aus den Schatzkammern von Opar holen, sagte sie. Aber das wissen Sie ja.
Ich weiß nichts davon, erwiderte er. Warst du etwa mit jenen Europäern zusammen, die mich betäubten und im Lager zurückließen?
Ja, gestand sie. Wir bekamen zwar das Gold, aber Sie kamen mit Ihren Waziri und nahmen es uns wieder ab.
Ich kam nicht mit den Waziri und nahm euch nichts wieder ab, sagte Tarzan. Ich verstehe dich nicht.
Sie hob überrascht die Augenbrauen.
Wir kamen auseinander, sagte sie, nachdem sich unsere Leute gegen uns empört hatten. Esteban raubte mich von den anderen, und eine Weile später fand uns der Russe. Er kam mit einem ganzen Sack voll Diamanten, aber Esteban tötete ihn und nahm die Diamanten.
Jetzt war die Reihe, Überraschung zu bekunden, an Tarzan. Und Esteban ist der Mann, der jetzt bei dir ist? fragte er.
Ja, sagte sie, aber er hat mich verlassen. Ich konnte auf meinen wunden Füßen nicht weitergehen, da hat er mich zum Sterben hier liegen lassen.
Wir werden ihn schon wieder finden, sagte der Affenmensch. Komm.
Aber ich kann nicht laufen, klagte das Mädchen.
Das hat nichts zu sagen, meinte er, bückte sich zu ihr nieder und hob sie auf seine Schulter.
Mit Leichtigkeit trug Tarzan das erschöpfte Mädchen den Pfad entlang. Bald bekommst du Wasser, das wird dich wieder beleben, und vielleicht kann ich dir etwas zum Essen beschaffen.
Warum sind Sie so gütig zu mir? fragte das Mädchen.
Du bist ein Weib. Ich kann dich doch nicht hier in der Dschungel sterben lassen, was du auch begangen haben magst, erwiderte der Affenmensch. Und Flora Hawkes konnte nur schluchzend um Vergebung flehen.
Es wurde mittlerweile dunkel, aber immer noch zogen sie schweigend den Pfad entlang, bis Tarzan in der Ferne den Feuerschein bemerkte.
Ich glaube, wir werden jetzt deinen Freund finden, flüsterte er. Gib keinen Laut von dir.
Einen Augenblick später vernahm er den Klang von Stimmen. Er hielt an und stellte das Mädchen auf seine Füße.
Wenn du nicht nachkommen kannst, sagte er, dann warte hier. Ich bin bald wieder da. Wenn du kannst, komme leise nach. Damit bewegte er sich vorsichtig auf das Licht und die Stimmen zu. Er hörte, wie Flora Hawkes doch hinterher kam. Offenbar hatte sie Angst, allein in der dunklen Dschungel zu bleiben. Gleichzeitig hörte Tarzan rechts von sich ein leises Winseln. Dschadbalja, flüsterte er leise. Bei Fuß! und der große, schwarzmähnige Löwe kroch dicht hinter ihm her.
Flora Hawkes huschte mit einem halberstickten Schrei an seine Seite und packte ihn krampfhaft am Arm.
Still! flüsterte er. Dschadbalja tut dir nichts.
Einen Augenblick später gelangten die drei an das alte Flußbett und blickten hinab auf das kleine Lager.
Tarzan sah zu seiner Bestürzung sein genaues Ebenbild vor einem kleinen Feuer stehen, während eine in wallendes Weiß gekleidete Frau sich dem Manne mit ausgestreckten Armen näherte. Er vernahm ihre Worte, sanfte Worte der Liebe und Schmeichelei, und beim Klang ihrer Stimme überwältigte ihn ein merkwürdiges Gemisch von Gefühlen – Glück, Verzweiflung, Wut, Liebe und Haß.
Er sah, wie der Mann am Feuer einen Schritt vorwärts tat, um die Frau an seine Brust zu ziehen, da sprang Tarzan an den Rand des Flußufers und seine Stimme schmetterte ein einziges Wort durch die Dschungel.
Jane! rief er. Der Mann und die Frau starrten seine matt im Scheine des Lagerfeuers erkennbare Gestalt an. Bei seinem Anblick warf sich der Mann herum und raste nach dem entgegengesetzten Flußufer in die Dschungel, während Tarzan hinabsprang und auf die Frau zulief.
Jane, rief er. Du bist es, du bist es!
Die Frau zeigte sich verwirrt. Sie sah erst der Gestalt des Fliehenden nach, dann kehrte sie ihre Augen Tarzan zu. Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirne, dann sah sie sich wieder nach Esteban um, aber Esteban war nicht länger in Sicht. Jetzt machte sie wankend einen Schritt auf den Affenmenschen zu.
Mein Gott, rief sie. Was soll das heißen? Wer bist du, und wenn du Tarzan bist, wer war er?
Ich bin Tarzan, Jane, sagte der Affenmensch.
Sie sah sich um und erblickte Flora Hawkes. Ja, sagte sie, du bist Tarzan. Ich sah, wie du mit Flora in die Dschungel davonliefst. John, ich hätte nie geglaubt, daß du so etwas hättest tun können, selbst wenn du eine Kopfverletzung erlitten hättest.
Ich, mit Flora Hawkes in die Dschungel davonlaufen? fragte er überrascht.
Ich sah dich mit eigenen Augen, sagte Jane.
Der Affenmensch wandte sich zu Flora. Das verstehe ich nicht!
Es war Esteban, der mit mir davonlief, Lady Greystoke, sagte das Mädchen. Esteban, der Sie eben wieder täuschen wollte.
Dies hier ist Lord Greystoke. Der andere ist ein Betrüger.
Lady Greystoke trat zitternd einen Schritt auf ihren Gatten zu. Ach, John, sagte sie, ich wußte doch, daß du es nicht gewesen sein konntest. Rasch, John, rief sie dann plötzlich, dieser Betrüger darf nicht entkommen. Laß ihn laufen, sagte der Affenmensch. Nicht einmal um ihn zu fangen, werde ich dich wieder in der Dschungel allein lassen, Jane.
Aber Dschadbalja? rief sie.
Ah, rief der Affenmensch, daran habe ich nicht gedacht. Er deutete auf die Spur des Flüchtlings und rief: Such, Dschadbalja! Mit einem Satze war das braune Tier davon.
Nein, sagte Affentarzan, er wird ihn wohl ein bißchen quetschen, aber er wird ihn lebend zurückbringen.
Jane, sagte er dann, Usula meldete mir, du seiest tot. Er habe deine Leiche verbrannt in dem Araberdorf gefunden, und sie hätten sie dort begraben. Ich habe die ganze Dschungel nach Luvini abgesucht, um dich zu rächen, aber ohne ihn zu finden.
Du würdest ihn nie haben finden können, erwiderte Jane, aber wieso konnte Usula dir berichten, daß er meine Leiche fand und begrub.
Einige Gefangene, die er machte, erzählten ihm, Luvini habe dich an Händen und Füßen gebunden in eine der Araberhütten geschafft und an einen Pfahl gebunden. Als das Dorf durch Feuer zerstört war, kam Usula mit einigen Gefangenen zurück, um sich die Lage der Hütte zeigen zu lassen. Dort fanden sie verkohlte Reste eines Körpers neben einem Pfahl.
Ah, rief die junge Frau. Nun sehe ich klar. Luvini kam nachher in die Hütte zurück und machte meine Fesseln los. Er versuchte mich anzugreifen, und wir waren so verbissen in unserem Ringen, daß keiner von uns merkte, daß das Dorf um uns brannte. Ich sah ein Messer in seinem Gurt, das ich zu packen bekam, und als er dann seine Arme um mich schlang, stieß ich es ihm unter der linken Schulter in den Rücken. Luvini sank zu Boden. Fast gleichzeitig gingen aber auch schon Rückwand und Dach der Hütte in Flammen auf.
Ich war fast unbekleidet, denn er hatte mir während des Kampfes fast alle Kleider vom Leibe gerissen. An der Wand der Hütte hing dieser weiße Burnus, wohl das Eigentum von einem der Araber. Ich riß ihn herunter, warf ihn um und rannte die Dorfstraße entlang, die Hütten brannten alle lichterloh und die letzten der Eingeborenen verschwanden eben durch den Torweg. Rechts von mir war ein Teil der Palisade noch nicht vom Feuer ergriffen. Durch das Dorftor entkommen wollen, hieß meinen Feinden wieder in die Arme laufen. Deshalb brachte ich es irgendwie fertig, die Palisade zu erklettern und ungesehen in der Dschungel zu verschwinden.
Ich hatte beträchtliche Schwierigkeit, den verschiedenen Horden der Schwarzen auszuweichen, die aus dem Dorfe entkommen waren. Ich hielt mich etwa eine halbe Meile von hier zum Ausruhen in einer Baumgabel auf, als ich das Licht dieses Feuers erblickte. Als ich dann näherkam, war ich fast betäubt vor Freude, weil ich dachte, auf meinen Tarzan getroffen zu sein.
Demnach haben sie also Luvinis Leiche beerdigt, sagte Tarzan.
Flora Hawkes sah plötzlich auf. Sollte es etwa Esteban gewesen sein, der mit den Waziri kam und uns das Gold abnahm. Er narrte unsere Leute und muß auch die Waziri zum besten gehabt haben.
Wenn er mich zu täuschen vermochte, konnte er auch jeden anderen zum Narren halten, sagte Jane. Ich bin nicht im Zweifel darüber, daß ich die Täuschung in wenigen Minuten entdeckt haben würde, aber im ungewissen Licht des Lagerfeuers und in der Freude war der Wunsch zu rasch der Vater des Gedankens.
Ich begreife nur nicht, wie er am hellen Tage Usula täuschte, sagte Tarzan kopfschüttelnd.
Aber ich, sagte Jane. Er erzählte ihm, er habe durch eine Kopfverletzung teilweise das Gedächtnis verloren – eine Erklärung, die für viele Fehlgriffe bei seiner Darstellung deiner Person herhalten mußte.
Es war ein ganz schlauer Teufel, bemerkte der Affenmensch.
Ein Teufel war er, das ist sicher, sagte Flora.
Mehr als eine Stunde später teilten sich plötzlich die hohen Gräser am Flußabhang und Dschadbalja tauchte lautlos auf. Im Gebiß hielt er ein zerfetztes, blutbeflecktes Leopardenfell, das er seinem Herrn vor die Füße legte.
Der Affenmensch machte ein finsteres Gesicht. Ich glaube, Dschadbalja hat ihn doch getötet, sagte er.
Vielleicht hat er sich gewehrt, sagte Jane Clayton. Dann konnte Dschadbalja in Selbstverteidigung nicht anders handeln.
Hat er ihn gefressen? fragte Flora Hawkes, die sich ängstlich von dem Tier zurückzog.
Nein, sagte Tarzan. Dazu hatte er keine Zeit. Morgen früh wollen wir der Fährte folgen und nachsuchen. Ich möchte meine Diamanten wieder haben. Dann erzählte er Jane die merkwürdige Geschichte, die mit deren Erwerbung zusammenhing.
Am nächsten Morgen machten sie sich auf die Suche nach Estebans Leiche. Die Spur führte durch dichten Busch und Dorngestrüpp bis an den weit jenseits liegenden Strom, wo sie verschwand. Obgleich der Affenmensch beide Flußufer ein paar Meilen weit auf- und abwärts untersuchte, konnte er doch kein weiteres Anzeichen finden.
Schließlich kam der Affenmensch zu den zwei Frauen zurück. Das ist also das Ende des Mannes, der Tarzan sein wollte, sagte er.
Denkst du, daß er tot ist? fragte Jane.
Ich bin dessen sicher, sagte er. Dschadbalja muß ihn wohl verletzt haben, aber er hat sich losgerissen und den Fluß erreicht. Dann werden ihn aber dafür die Krokodile gefaßt haben, denn nirgends ist mehr eine Spur von ihm.
Flora Hawkes schauderte. Er war ein böser Mensch, sagte sie, aber selbst dem Schlimmsten möchte ich ein solches Schicksal nicht wünschen.
Der Affenmensch zuckte die Achseln. Er hat es sich selbst zugezogen, und ohne ihn befindet sich die Welt zweifellos wohler.
Es war meine Schuld, klagte Flora. Meine Schlechtigkeit war es, die ihn und die anderen hierherbrachte. Ich erzählte ihnen, was ich von dem Gold in der Schatzkammer von Opar gehört hatte – mein Gedanke war es, hierherzukommen und es zu stehlen, und einen Mann zu finden, der Lord Greystoke vorstellen konnte. Infolge meiner Schlechtigkeit sind viele Leute umgekommen, Sie, Lord Greystoke und die gnädige Frau sind beinahe zu Tode gekommen – ach, ich darf gar nicht um Verzeihung bitten.
Jane legte dem Mädchen ihren Arm um die Schulter. Habsucht ist seit Anbeginn der Welt die Ursache der meisten Verbrechen. Aber ich für meinen Teil vergebe dir. Ich denke, du hast an dieser Lehre genug.
Du hast deine Torheit teuer genug bezahlt, sagte der Affenmensch. Du bist genügend bestraft. Wir werden dich zu deinen Freunden bringen, die inzwischen unter der Bedeckung eines freundlichen Stammes auf dem Wege nach der Küste sind. Sie können noch nicht weit sein, denn nach dem Zustand, in dem ich sie vorfand, dürften lange Märsche über ihre Kräfte gehen.
Das Mädchen warf sich auf die Knie. Wie kann ich Ihnen für Ihre Güte danken? sagte sie. Aber ich möchte lieber hier in Afrika bei Ihnen und Lady Greystoke bleiben, für Sie arbeiten und durch meine Ergebenheit zeigen, daß ich das Ihnen zugefügte Unrecht wieder gutmachen will.
Tarzan sah seine Gattin zweifelnd an, aber Jane gab ihre Zustimmung.
Gut denn, sagte der Affenmensch. Du kannst bei uns bleiben, Flora.
Sie werden es nicht bereuen, sagte das Mädchen. Ich will mir meine Finger für Sie blutig arbeiten.
Seit drei Tagen waren sie mit Dschadbalja auf dem Heimweg, als sich Tarzan, der voranging, mit einem Lächeln zu den anderen wandte. Meine Waziri sind wieder einmal ungehorsam, sagte er. Ich sandte sie nach Hause; statt dessen kommen sie geradewegs von zu Hause her auf uns zu.
Wenige Minuten später trafen sie auf die Spitze der Waziri, und groß war das Entzücken der Schwarzen, als sie sowohl ihren Herrn wie ihre Herrin lebend und unversehrt antrafen.
Jetzt, da wir euch gefunden haben, sagte Tarzan, als die Begrüßung zu Ende war, erklärt mir, was ihr mit dem Golde machtet, das ihr aus dem Lager der Europäer wegnahmt.
Wir verbargen es, o Bwana, wie du es uns befahlst, erwiderte Usula.
Nicht ich war bei euch, Usula, sagte der Affenmensch. Es war ein anderer, der selbst Lady Greystoke täuschte, wie er euch täuschte – ein schlechter Mensch – der Affentarzan so schlau darstellte, daß es mich gar nicht wundert, daß ihr hintergangen wurdet.
Dann warst du es also gar nicht, der uns erzählte, daß er infolge einer Kopfverletzung sich nicht mehr der Sprache seiner Waziri erinnern könne? fragte Usula.
Nein, ich nicht, sagte Tarzan, denn mein Kopf ist nicht verletzt worden, und ich verstehe die Sprache meiner Kinder ganz gut.
Ah, rief Usula, dann war es also auch gar nicht unser großer Bwana, der vor Buto, dem Nashorn, davonlief.
Tarzan lachte. Lief der andere vor Buto davon?
Er lief in größter Angst, rief Usula.
Ich kann ihn deswegen nicht tadeln, sagte Tarzan, Buto ist kein besonders angenehmer Spielgefährte.
Aber unser großer Bwana würde nicht vor ihm davonlaufen, sagte Usula stolz.
Aber wenn euch auch ein anderer als ich zum Versteck des Goldes geführt hat, so habt ihr doch das Loch dazu gegraben. Führe mich daher zu der Stelle, Usula.
Die Waziri bauten ein paar rohe aber ganz behagliche Sänften für die zwei weißen Frauen, obgleich Jane bei dem Gedanken, daß man es für nötig hielt, sie zu tragen, lachte und meist neben ihren Trägern herging. Flora Hawkes dagegen wäre nicht weit gekommen, wenn sie nicht getragen worden wäre.
Es war eine glückstrahlende Gesellschaft, die leichten Herzens nach der Stelle zog, an der die Waziri das Gold für Esteban vergraben hatten. Die Schwarzen waren überströmend guter Laune, weil sie ihren Meister und ihre Gebieterin wieder hatten.
Als sie endlich an den Platz neben dem Flusse kamen, an dem das Gold vergraben worden war, begannen die Waziri mit Lachen und Singen nach dem Schatz zu graben, aber das Singen brach bald ab und das Gelächter machte der tiefsten Bestürzung Platz.
Tarzan sah ihnen eine Weile zu, dann überflog ein leichtes Lächeln sein Gesicht. Du mußt das Gold sehr tief vergraben haben, Usula, sagte er.
Der Schwarze kratzte seinen Schädel. Nein, Bwana, lange nicht so tief wie dies hier, rief er. Ich kann es nicht verstehen. Wir müßten das Gold längst gefunden haben.
Bist du ganz sicher, daß du am richtigen Fleck nachsiehst? fragte Tarzan.
Dies hier ist genau die Stelle, Bwana, versicherte ihm der Schwarze, aber das Gold ist nicht hier. Irgend jemand hat es beiseite geschafft.
Wieder der Spanier, bemerkte Tarzan. Was für ein aalglatter Kunde!
Aber er konnte es doch nicht allein wegbringen, sagte Usula. Es waren eine Menge Barren.
Nein, sagte Tarzan, das konnte er nicht, aber gleichwohl – es ist nicht mehr da.
Die Waziri und Tarzan suchten sorgfältig rund um die Stelle, an der das Gold gewesen war, alles ab, aber Owazas Geschick hatte selbst dem Affenmenschen keine Spur hinterlassen.
Fort ist es, sagte der Affenmensch, aber ich werde dafür sorgen, daß es nicht aus Afrika herauskommt. Er entsandte Läufer nach verschiedenen Richtungen, und wies die Oberhäuptlinge der befreundeten Stämme um sein Gebiet an, sorgfältig jede ihr Gebiet durchziehende Safari zu untersuchen und keine durchzulassen, die Gold beförderte.
Noch am Abend des gleichen Tages waren sie auf dem Heimweg. Die drei Weißen saßen um ein kleines Feuer, während Dschadbalja hinter seinem Herrn lag, der das vom goldenen Löwen gebrachte Leopardenfell untersuchte.
Du hast recht, Jane, sagte Tarzan. Die Schatzkammer von Opar ist nicht für mich. Diesmal habe ich das Gold und ein fabelhaftes Vermögen in Diamanten eingebüßt, und dazu noch meinen größten Schatz, dich, dabei aufs Spiel gesetzt.
Laß das Gold und die Diamanten, John, sagte sie. Wir haben ja einander und Korak.
Und ein blutiges Leopardenfell, ergänzte er, mit einer geheimnisvollen, in Blut gezeichneten Karte.
Dschadbalja beschnüffelte das Fell und leckte sich über die Lefzen – ob in Vorahnung oder in der Erinnerung – wer weiß?