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Der Diamantenhort

Als die primitiven Rauchbomben den Thronsaal mit ihrem erstickenden Qualm erfüllten, drängten sich die Gomangani um Tarzan und flehten ihn an, sie zu retten.

Wartet noch eine Minute, sagte Tarzan, bis der Rauch dick genug ist, um unsere Bewegungen vor den Bolgani zu verbergen, dann wollen wir uns durch die auf den Garten gehenden Fenster nach der Terrasse hinausmachen.

Ich habe einen besseren Vorschlag, sagte der alte Mann. Folgt mir, sobald uns der Rauch einhüllt. Es gibt noch einen Ausgang, den sie unbewacht gelassen haben, wohl weil sie nicht dachten, wir könnten ihn benützen. Wohin führt er? fragte Tarzan.

In den Keller des Diamantenturmes – das ist der Turm, in dem ich dich entdeckte. Jener Teil ist dem Osttor am nächsten und wenn wir unbemerkt bis dahin kommen, können wir wenigstens den Wald erreichen.

Famos! rief der Affenmensch. Es wird jetzt nicht mehr lange dauern, bis uns der Rauch den Blicken der Bolgani entzieht.

Der Qualm war inzwischen so dick geworden, daß die meisten husteten und würgten, und allen tränten unter der Einwirkung des beißenden Rauches die Augen. Gleichwohl waren sie immer noch nicht völlig der Beobachtung ihrer Umgebung entzogen.

Ich weiß nicht, wieviel wir davon noch vertragen können, meinte Tarzan, ich für meinen Teil habe soviel wie ich brauche.

Es wird ein bißchen dick, sagte der Alte. Noch einen Augenblick, dann können wir uns fortmachen.

Ich halte es nicht länger aus, rief La.

Schon gut, sagte der Alte, ich glaube, sie können uns jetzt nicht mehr sehen. Kommt, folgt mir. Damit führte er sie zum Throne hinauf und ging durch einen kleinen von Vorhängen verdeckten Ausgang hinter den Thronsesseln. Der Alte ging voran, dann kam La, der Tarzan mit Dschadbalja folgte. Der Löwe war am Ende seiner Geduld, so daß ihn Tarzan nur noch mit Mühe halten konnte. Hinter Tarzan und seinem Löwen drängten sich die hustenden Gomangani. Aber da Dschadbalja gerade vor ihnen schritt, trauten sie sich nicht so sehr zu drängen.

Die Öffnung führte in einen dunklen Gang, über eine Flucht Treppenstufen hinab, dann in völliger Dunkelheit eine beträchtliche Strecke geradeaus. Alle waren so froh, aus dem dicken Qualm des Thronsaales entkommen zu sein, daß keiner sich über die Dunkelheit im Gange beklagte; sie folgten alle geduldig dem alten Mann.

Am Ende des Ganges hielt dieser vor einer schweren Tür an, die er nach beträchtlichen Schwierigkeiten aufbekam.

Wartet einen Augenblick, sagte er, bis ich Licht machen kann.

Sie hörten ihn eine Zeitlang herumhantieren, dann leuchtete ein schwaches Licht, und der Docht in einer Dreifußschale flackerte auf. Tarzan sah sich in einem großen, rechteckigen Raum, der nur zum Teil im ungewissen Licht des Dreifußes erkenntlich wurde.

Kommt alle herein, sagte der alte Mann, und schließt die Tür. Dann rief er Tarzan zu sich. Folge mir, sagte er. Ehe wir diesen Raum verlassen, will ich dir ein Bild zeigen, auf dem noch keine anderen Menschenaugen geruht haben.

Er führte ihn auf die andere Seite des Raumes, auf der Tarzan im Scheine des Dreifußes Reihe auf Reihe von Gefachen erblickte, in denen kleine aus Fellen genähte Säcke aufgestapelt waren. Der Alte nahm ein Säckchen, öffnete es, und ließ sich einen Teil des Inhalts in die hohle Hand rollen. Diamanten! sagte er. Jedes dieser Päckchen wiegt fünf Pfund. Seit zahllosen Jahrhunderten werden sie hier aufgehäuft, denn die Minen bringen größeren Ertrag, als die Bolgani selbst verbrauchen. Hier, nehmt euch eines der Päckchen, sagte er. Damit behändigte er Tarzans eines, gab La ein zweites und nahm sich selbst eines mit den Worten: Ich glaube zwar nicht, daß wir das Tal je lebend verlassen, aber unmöglich ist es nicht.

Dann führte er sie aus dem Diamantengewölbe eine primitive Leiter hinauf bis zum darüberliegenden Gang zu ebener Erde, der sie rasch nach dem Hauptausgang des Turmes brachte. Nur noch zwei schwere, auf der Innenseite verriegelte Tore befanden sich zwischen ihnen und der Terrasse, hinter der das offene Osttor lag. Der alte Mann wollte schon das Tor aufreißen, als ihn Tarzan zurückhielt.

Warte einen Augenblick, sagte er, bis der Rest der Gomangani da ist. Wenn sie alle hier hinter uns sind, wirf das Tor auf und brich mit La und zehn oder zwölf Gomangani, die hier in eurer unmittelbaren Nähe sind, nach dem Portal durch. Wir anderen bilden die Nachhut und halten die Bolgani auf. – Macht euch fertig, sie sind alle da.

Sorgfältig erklärte Tarzan den Gomangani seine Absicht. Dann wendete er sich zu dem Alten und kommandierte: Jetzt! Der Riegel flog zurück, die Tore schwangen auf, und mit einem Male setzte die ganze Schar zum Sturme nach dem Ostportal an.

Die Bolgani, die immer noch um den Thronraum in Haufen herumstanden, merkten den Ausbruch erst, als Tarzan, der mit Dschadbalja die Nachhut bildete, durch das Osttor war. Mit fürchterlichem Geschrei stürzten sie zu Hunderten nach.

Da kommen sie, rief Tarzan La zu. Lauf, was du kannst, geradewegs nach dem Tale von Opar.

Und du? fragte die Frau.

Ich bleibe noch hier und suche diese Burschen zu bestrafen.

Nicht einen Schritt gehe ich ohne dich weiter, Affentarzan, sagte La. Du hast meinetwegen schon zu viel gewagt. Ich bleibe.

Der Affenmensch zuckte die Achseln. Wie du willst, sagte er. Da sind sie!

Nur mit großer Schwierigkeit gelang es ihm, einen Teil der Gomangani wieder zum Halten zu bringen. Vielleicht fünfzig Krieger bekam er zusammen, und mit diesen besetzte er nur den Torweg, gegen den einige hundert Bolgani heranstürmten.

Der alte Mann kam, faßte Tarzan am Arme. Du tust besser, zu flüchten, sagte er. Die Gomangani werden beim ersten Stoß geworfen werden und fliehen.

Wir können bei der Flucht nichts gewinnen, sagte Tarzan, wir würden nur das Errungene wieder verlieren, und dann hätten wir die ganzen Talbewohner wie ein Nest Hornissen hinter uns her.

Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als ein Gomangani nach dem Walde zeigte und rief: Schaut! schaut! Sie kommen!

Zur rechten Zeit, bemerkte Tarzan, als sich der erste neue Schwarm Gomangani auf das Ostportal zustürzte. Vorwärts, schrie er den Schwarzen zu. Die Bolgani sind an uns. Kommt und rächt eure Bedrückung. Dann sammelte er die nächsten Schwarzen um sich und warf sich dem Angriff der Gorillamenschen entgegen. Hinter seinem Rücken drang Welle auf Welle der Gomangani durch das Ostportal des Diamantenpalastes, alles vor sich herfegend, bis die Bolgani an die Mauern des Palastes zurückgedrängt waren.

Das Jauchzen, das Fechten und das rinnende Blut brachten Dschadbalja in eine so wahnsinnige Erregung, daß ihn Tarzan nur noch mit Mühe davon abhalten konnte, wahllos auf Freund wie Feind loszuspringen, und nicht imstande war, am Kampfe teilzunehmen. Aber alles ging planmäßig, und die völlige Niederlage der Bolgani war sicher, wenn kein unerwarteter Zwischenfall eintrat.

Die Gomangani waren vom Blutdurst der Rache erfüllt und wie trunken vom Siege. So endete der Kampf erst, als sich kein Bolgani mehr fand.

Als alles vorbei war, kehrten Tarzan, La und der alte Mann nach dem Thronsaal zurück, aus dem sich der Qualm mittlerweile verzogen hatte. Sie riefen die Häuptlinge der einzelnen Dörfer vor und ließen sie sich vor dem Throne sammeln, auf dem die drei Weißen mit dem großen, schwarzmähnigen Löwen Dschadbalja standen. Dann sprach Tarzan sie an:

Gomangani vom Tale des Diamantenpalastes, diese Nacht habt ihr euch eure Freiheit erkämpft. Seit so zahllos vielen Menschenaltern seid ihr geknechtet gewesen, daß nie ein Führer unter euch erwachsen konnte, der imstande gewesen wäre, euch weise und gerecht zu beherrschen. Daher müßt ihr euch heute einen Herrscher aus einer anderen als eurer eigenen Rasse erwählen.

Dich! Dich! schrien sie darauf ein über das anderemal.

Nein, rief der Affenmensch, mit hocherhobener Hand Schweigen gebietend. Aber hier ist einer, der lange unter euch gelebt hat, der eure Lebensweise, eure Sitten und Gebräuche kennt und eure Wünsche und Bedürfnisse besser als ein anderer versteht. Wenn er einwilligt, bei euch zu bleiben und über euch zu herrschen, wird er euch sicherlich ein guter König sein. Tarzan deutete mit diesen Worten auf den Alten.

Der alte Mann sah Tarzan bestürzt an. Aber ich will doch fort von hier, sagte er. Ich will wieder zurück in die zivilisierte Welt.

Du weißt nicht, was du da redest, entgegnete ihm der Affenmensch. Du würdest nirgends mehr einen Freund finden, aber Betrug, Muckertum, Gier, Geiz und Grausamkeit. Niemand hätte Interesse an dir. Ich, Affentarzan, habe meine Dschungel verlassen und mich in die Städte der Menschen begeben, aber ich war angewidert und froh, als ich wieder in meine Dschungel zurückkehren konnte – zu den edlen Tieren, die in Liebe wie in Haß gleich ehrenhaft sind – zur Freiheit und Unverdorbenheit der Natur.

Hier hast du Gelegenheit, ein Werk zu vollbringen, das das Leben des Lebens wert macht. Diese armen Geschöpfe brauchen dich. Ich kann nicht hier bleiben, aber du vermagst sie aus der Finsternis zu führen, und sie zu einem fleißigen, tugendhaften, gütig denkenden Volk zu formen.

Du hast Recht, Affentarzan, erwiderte der alte Mann. Für mich gibt es nichts mehr in jener anderen Welt. Darum, wenn die Gomangani mich zu ihrem Fürsten wollen, will ich hier bleiben.

Die Häuptlinge versicherten Tarzan, wenn sie ihn nicht als Führer bekommen könnten, wären sie froh, den alten Mann zu haben, der dafür bekannt war, sich nie einer Grausamkeit gegen einen Gomangani schuldig gemacht zu haben.

Die wenigen übrig gebliebenen Bolgani, die sich nach verschiedenen Teilen des Palastes geflüchtet hatten, wurden gesucht und nach dem Thronsaal gebracht. Hier wurden sie vor die Wahl gestellt, als Sklaven im Tale zu verbleiben, oder das Land zu verlassen. Die Gomangani wären am liebsten über sie hergefallen und hätten sie erschlagen, doch ihr neuer König wollte das nicht zulassen.

Aber wohin sollen wir denn gehen, wenn wir das Tal des Diamantenpalastes verlassen müssen, fragte einer der Bolgani. Außer der Stadt Opar kennen wir nichts und dort finden wir nur Feinde.

Tarzan betrachtete sie mit kritischen Blicken, während mehrere der Gomanganihäuptlinge und einige der Bolgani Vorschläge für die Zukunft der Gorillamenschen machten. Endlich erhob sich der Affenmensch und winkte die Bolgani heran.

Ihr seid euer etwa hundert, sagte er. Ihr seid kraftvoll gebaute Geschöpfe und müßt grimmige Kämpfer sein. Neben mir sitzt La, die Hohepriesterin und Königin von Opar. Ein verbrecherischer Priester hat sich ihre Macht angemaßt und sie von ihrem Throne vertrieben, aber morgen wollen wir mit den tapfersten Gomangani vom Tale des Diamantenpalastes gegen Opar ziehen, um dort den Hohepriester Cadsch für den Verrat an seiner Königin zu bestrafen. Zieht mit uns gegen Opar und kämpft an unserer Seite, um La wieder auf ihren Thron zu setzen. Ist der Kampf vorbei, so bleibt dort als Leibgarde Las, um sie nicht nur vor ihren Feinden von außen sondern mehr noch vor ihren inneren Gegnern zu beschirmen.

Die Bolgani berieten miteinander, dann kam einer von ihnen zu Tarzan. Wir wollen tun, was du uns rätst, sagte er.

Werdet ihr La treu sein? fragte der Affenmensch.

Ein Bolgani ist nie ein Verräter, erwiderte der Gorillamann.

Gut denn! rief Tarzan, und du, La, bist du mit dieser Regelung einverstanden?

Ich nehme sie in meine Dienste, erklärte die Königin.

Am nächsten Morgen zogen Tarzan und La mit dreitausend Gomangani und den hundert Bolgani aus, um den verräterischen Cadsch zu bestrafen. Sie zogen durch das Tal des Diamantenpalastes, stiegen die Felsschlucht nach dem Tale von Opar hinab und marschierten geradewegs auf die Rückseite von Las Palast zu.

Ein kleines graues Äffchen, das unter den Weinranken und Schlingpflanzen auf der Zinne der Tempelmauer hockte, sah sie kommen. Es neigte seinen Kopf erst auf die eine, dann auf die andere Seite, und war ganz gespannt. Je näher die Heeressäule kam, desto erregter wurde Manu, das Äffchen, und als schließlich die große Zahl der Gomangani erkennbar wurde, geriet er ganz außer sich. Aber was ihm den Rest gab und ihn Hals über Kopf nach dem Palaste von Opar zurückjagte, war der Anblick der Bolgani – der Menschenfresser in seiner kleinen Welt.

Cadsch war im Lichthof des Innentempels. Bei ihm befanden sich einige der unteren Priester, dazu Oah mit ihren Priesterinnen. Daß eine Uneinigkeit unter ihnen bestand, war aus ihren zornigen Gesichtern so gut wie aus den Worten zu entnehmen, die Oah an Cadsch richtete.

Du bist abermals zu weit gegangen, Cadsch, rief sie bitter. Nur die Hohepriesterin des Feuergottes darf die Opferhandlung vornehmen. Wieder und wieder wagst du, das geweihte Messer mit deiner unwürdigen Hand zu entheiligen.

Schweige, Weib, zürnte der Hohepriester. Ich bin Cadsch, König von Opar, Hohepriester des Flammengottes. Du bist, was du bist, nur durch die Gunst von Cadsch. Stelle meine Geduld nicht zu sehr auf die Probe, sonst wirst du in der Tat erfahren, wie sich das heilige Messer anfühlt. Es war gar nicht möglich, die finstere Drohung seiner Worte mißzuverstehen. Einige aus seiner Umgebung konnten ihre verletzte Überraschung schlecht verhehlen, die sie bei dieser gotteslästerlichen Haltung gegenüber der Hohepriesterin empfanden.

Hüte dich, Cadsch, warnte ihn einer der älteren Priester. Es gibt eine Grenze, die selbst du nicht überschreiten kannst.

Wer wagt es, mir zu drohen? schrie Cadsch, dem die wahnwitzige Wut des Fanatismus aus den Augen funkelte. Du wagst es, mir zu drohen, mir, Cadsch, dem Hohepriester des Feuergottes? Mit diesen Worten sprang er auf den Mann zu, der ihn beleidigt hatte und schwang das Opfermesser drohend über dem Kopf. In diesem Augenblick kam ein kleines, graues Äffchen kreischend durch eine Schießscharte in der Mauer herein.

Die Bolgani, die Bolgani! kreischte er. Sie kommen, sie kommen!

Cadsch hielt an und drehte sich zu Manu um. Die Hand mit dem Messer ließ er zur Seite herabsinken. Hast du sie gesehen, Manu? fragte er. Sprichst du die Wahrheit? Ich sah sie mit eigenen Augen, schnatterte das Äffchen. Wieviel sind es ihrer? fragte Cadsch. Und wie nahe sind sie heran?

Sie sind so zahllos wie die Blätter auf den Bäumen, erwiderte Manu, und sie sind der Tempelmauer schon ganz nahe – die Bolgani und die Gomangani.

Cadsch wandte sich und kehrte sein Gesicht der Sonne zu, dann warf er den Kopf in den Nacken und ließ einen langgezogenen Schrei hören, der in einem durchdringenden Kreischen endete. Dreimal stieß er diesen häßlichen Schrei aus, dann gab er den anderen im Hofe den Befehl, ihm zu folgen, und setzte sich nach dem Palastteil in scharfen Trab. Während Cadsch seine Schritte nach der alten Straße lenkte, auf die die Palastfront hinaussah, strömten von überall her die krummen, behaarten Männer von Opar zusammen, die mit schweren Keulen und Messern bewaffnet waren. Kreischend und schnatternd bewegte sich über ihnen in den Bäumen ein Dutzend kleiner Äffchen.

Nicht hier, schrien sie, nicht hier! Dabei deuteten sie nach dem Südende der Stadt.

Wie eine undisziplinierte Horde betrat der Haufen, Priester und Krieger, wieder den Palast und ging den Weg nach dem entgegengesetzten Ende des Gebäudes zurück.

Hier erkletterten sie die Zinne der hohen Mauer, die den Palast beschützte, gerade als Tarzans Streitkräfte davor zum Halten kamen.

Felsstücke, Felsstücke! kreischte Cadsch. Als Antwort auf seinen Befehl begannen die Weiber unten im Hofe die losen Steinbrocken zu sammeln, die aus der Mauer und den Palastwänden herausgefallen waren.

Geht fort, kreischte Cadsch den Feinden zu. Ich bin Cadsch, Hohepriester des Feuergottes, und dies ist sein Tempel. Entweiht nicht den Tempel des Feuergottes, sonst werdet ihr seinen Zorn spüren.

Tarzan trat etwas vor die anderen vor und hob seine Hand, um Schweigen zu gebieten.

La, eure Hohepriesterin und Königin ist hier, rief er den Opariern auf der Mauer zu. Cadsch ist ein Verräter und Thronräuber. Öffnet eure Tore, übergebt die Verräter der Gerechtigkeit und euch soll nichts geschehen. Verweigert ihr aber La den Einzug in die Stadt, so werden wir sie mit Waffengewalt einnehmen und mit Blutvergießen zurückgewinnen, was rechtmäßig La gehört.

La trat an seine Seite, damit alles Volk sie sehen konnte, und schon ließen sich einzelne verstreute Stimmen hören, die ihr zuriefen, und ein oder zwei Rufe gegen Cadsch wurden laut. Cadsch merkte wohl sofort, daß nicht viel dazu gehörte, um die Wagschale zu seinen Ungunsten zum Sinken zu bringen, deshalb schrie er seinen Mannen zu, sie sollten zum Angriff übergehen, wobei er selbst den ersten Stein nach Tarzan schleuderte. Nur seiner wunderbaren Gewandtheit dankte es der Affenmensch, daß das Wurfgeschoß an ihm vorbeiging. Ein Regenschauer von Steinen hagelte hernieder, und Tarzan rief seine Krieger zum Angriff. Brüllend und knurrend warfen sich die Bolgani wie die Gomangani in den Kampf. Wie Katzen kletterten sie im Angesicht der oben drohenden Keulen die unebene Mauer hinauf. Tarzan, der sich Cadsch als Angriffsziel ausersehen hatte, war als der erste oben. Einer schlug mit der Keule nach ihm, aber er hielt sich mit einer Hand an der Zinne fest, griff mit der anderen nach der drohenden Waffe und entrang sie dem Angreifer. Da drehte sich Cadsch um und verschwand im Innern des Gebäudes, jenseits des Hofes. Kaum war Tarzan auf der Mauer oben, als sich zwei Krieger von Opar auf ihn stürzten. Mit der Waffe, die er ihrem Gefährten entrissen hatte, schlug er sie rechts und links zu Boden, dann sprang er auf das Pflaster hinab, gerade als der Hohepriester auf dem entgegengesetzten Ende des Lichthofes durch einen Torbogen verschwand.

Einige Priester suchten sein Vordringen aufzuhalten. Er packte einen der ersteren bei den Knöcheln und schwang den Körper im Kreise um sich, womit er sich beim Vorgehen den Weg freihielt, bis er auf der anderen Seite des Hofes war. Dort machte er kehrt und schleuderte den Körper des Priesters seinen Verfolgern an die Köpfe.

Ohne Zeit zu verlieren, nahm er die weitere Verfolgung Cadschs auf. Der Bursche war ihm immer ziemlich weit voraus, denn Cadsch kannte den Weg durch die labyrinthartigen Irrgänge des Palastes und Tempels besser als Tarzan. Daß der Weg nach dem Innenhof des Tempels führte, davon war Tarzan überzeugt. Cadsch konnte dort leicht in die Gewölbe unter dem Palast eindringen und ein Versteck finden, aus dem er schwer wieder herauszuholen war, so zahlreich und gewunden waren die dunklen, unterirdischen Stollen. Tarzan strengte sich auf das äußerste an, um den Opferhof vor Cadsch zu erreichen, aber als er endlich durch einen Torweg nach dem Innenhof sprang, legte sich eine schlau gestellte Schlinge um eines seiner Fußgelenke, so daß er mit voller Wucht zu Boden stürzte. Während er noch halb betäubt dalag, warf sich eine Anzahl der kleinen, knorrigen Männer von Opar auf ihn und ehe er sich besann, war er schon sicher gefesselt.

Immer noch halb bewußtlos spürte er, wie sie ihn vom Boden aufhoben und wegtrugen. Gleich darauf fühlte er, daß man ihn auf eine kalte steinerne Fläche niederlegte. Jetzt erst kam er zu vollem Bewußtsein und merkte, daß er noch einmal auf dem Opferaltar im Innenhof des Tempels des Feuergottes, ausgestreckt lag, sah, daß der Hohepriester Cadsch mit seinem grausamen Gesicht über ihm stand und das grausame Gesicht im Vorgefühl der Rache zu einer gehässigen Fratze verzerrte.

Endlich! triumphierte die glotzende Mißgestalt. Diesmal, Affentarzan, sollst du nicht den Grimm des Feuergottes, sondern den von Cadsch kennenlernen. Diesmal werde ich nicht warten, bis mir wieder etwas dazwischen kommt.

Er schwang schon das Opfermesser, als Tarzan auf der Zinne der Hofmauer das Haupt und die Schultern eines mächtigen Löwen mit schwarzer Mähne auftauchen sah. Dschadbalja! rief er. Faß, faß!

Cadsch zögerte und sah in die Richtung, nach der der Affenmensch blickte. Der goldene Löwe sprang auf das Pflaster herab und stürzte mit zwei mächtigen Sprüngen auf den Hohepriester von Opar. Das Messer fiel klirrend zu Boden, und der riesige Rachen schloß sich über dem entsetzten Gesicht. Die Unterpriester flohen kreischend aus dem Hofe, und nun blieben Tarzan, Dschadbalja und die Leiche Cadschs im Opferhof des Tempels allein.

Komm, Dschadbalja, befahl Tarzan. Lasse keinen an Affentarzan heran.

Eine Stunde später hatten Las siegreiche Streitkräfte den alten Palast und die Tempel von Opar erstürmt. Priester und Krieger, soweit sie nicht getötet oder geflüchtet waren, hatten sich ergeben und La als Königin und Hohepriesterin wieder anerkannt. Nunmehr wurde auf Las Befehl die ganze Stadt nach Tarzan und Cadsch abgesucht. So kam es, daß La selbst an der Spitze einer Abteilung den Opferhof betrat.

Wie gelähmt hielt sie an, denn dort, auf dem Altar festgebunden, lag Affentarzan und über ihm stand Dschadbalja, der goldene Löwe, und starrte knurrend mit glühenden Augen auf La.

Tarzan! schrie La und taumelte auf den Altar zu. So hat Cadsch doch sein Ziel erreicht. Gott meiner Väter, sei mir gnädig – Tarzan ist tot!

Nein, rief der Affenmensch, weit gefehlt. Komm her und mache mich los. Ich bin nur gebunden. Aber wenn Dschadbalja nicht gewesen wäre, hätte ich unter eurem Opfermesser meinen Tod gefunden.

Gott sei gedankt, rief La und wollte auf den Altar zutreten, mußte aber wieder einhalten, weil der brummende Löwe plötzlich eine drohende Haltung einnahm.

Nieder! rief Tarzan, laß sie heran. Und Dschadbalja kauerte sich neben seinem Herrn nieder und legte sein bärtiges Kinn auf des Affenmenschen Brust.

La trat heran, hob das Opfermesser auf und schnitt damit die Fesseln durch, die den Herrn der Dschungel gefangen hielten. Da erst erblickte sie hinter dem Altar die Leiche Cadschs.

Dein gefährlichster Gegner ist tot, sagte Tarzan. Für seine Erlegung mußt du Dschadbalja danken wie ich ihm für meine Rettung. Du kannst von nun an in Frieden und Glück herrschen und mit dem Volke aus dem Tale des Diamantenpalastes Freundschaft halten.

In derselben Nacht saß Tarzan mit den Bolgani und den Häuptlingen der Gomangani sowie den Priestern und Priesterinnen von Opar im großen Bankettsaal des Palastes von Opar, als Gast der Königin La, und aß von den goldenen Tellern der alten Atlantier. Am Morgen darauf machte sich Tarzan mit Dschadbalja auf den Rückweg nach dem Lande der Waziri und seinem Heime.


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