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Die Zauberflöte

Am 14. Juni

Seitdem unsere Bühne besteht, ist von allen Singspielen Mozarts Zauberflöte am häufigsten vorgestellt worden. Im Jahre 1793, wo sie zum ersten Male erschien, wurde sie siebzehn Male, in dem darauf folgenden Jahre sechsundzwanzig, 1795 zwölf, 96 zehn, 97 acht Male, später seltener, doch jedes Jahr – mit der einzigen Ausnahme von 1812 – gegeben. Bis jetzt (das gegenwärtige Jahr ungerechnet) ist die Oper 137 Male gespielt worden. Wie ein Kirchenlied, wie ein Gebet, ist diese Musik in aller Ohren, in aller Herzen einheimisch. Unser vortreffliches Orchester könnte sie wohl auswendig spielen. Wenn eine Musik so lange ihre Herrschaft behauptet und so dauernd die Liebe fesselt, so beweist dieses nicht bloß ihren Wert, sondern auch die Anerkennung ihres Wertes. Schon als Deutsche können wir dem großen Mozart nie genug huldigen. Nicht darum bloß, weil er ein Deutscher, sondern auch, weil seine Kunst die einzige ist, worin, durch ihn, die Deutschen sich vor allen Völkern Europas des größten Meisters erfreuen. Deutschland besitzt für alle Wissenschaften und Künste eine große, für einige, verglichen mit andern Ländern, die größte Zahl ausgezeichneter Männer. Aber der ausgezeichnetsten dürfen sich jene andern rühmen. Eine Ausnahme bildet, in der Wissenschaft, die Philosophie, worin die größten Geister Deutsche sind, und in den Künsten die Musik. (Es ist bezeichnend für deutsche Art, daß Musik eine metaphysische Kunst ist.) Bedenkt man nun, wie oft die Zauberflöte das Entzücken und die Bewunderung der Kenner erregt, wie oft die Menge erfreut und wie vieles Geld daher in die Theaterkasse gebracht hat, so dürfte man mit Recht fordern, daß diese Oper auch äußerlich mit dem erforderlichen Anstande und Glanze geschmückt erscheine, was aber auf unserer Bühne nicht geschieht. Möget ihr immer den göttlichen Mozart nur als Diener eurer Theaterkasse betrachten, aber auch einem Bedienten läßt man von Zeit zu Zeit eine neue Livree machen. Verwischte, verschabte, alte Dekorationen: die nämlichen, die schon vor 27 Jahren gebraucht. In so viel Zeit wird selbst ein massives Bauwerk schadhaft und der Ausbesserung bedürftig, geschweige ein gemaltes. Eine Soldatenpfeife, eine alte Bandschachtel, woraus das Glockenspiel, von zwei hölzernen Trommelschlegeln angeschlagen, erklingt. Feen kosten ihre Geschenke keinen Heller, darum sind sie auch immer prächtig; welche Pracht sich durch etwas Farbe, Papier und Glas leicht vortäuschen läßt. Mag die alte Schlange immerhin noch tausend Jahre den Tamino schrecken und noch millionenmal totgestochen werden: – so eine Schlange hat ein zähes Leben; – aber der Papageno-Rock taugt nichts.

Der arme Vogelfänger sieht darin aus wie ein Hanswurst. Das Kleid mag buntbefiedert sein, so bunt wie ein Kolibri, Papagei, Pfau; aber welcher Vogel hat so abgezirkelte, symmetrische Farbenfelder auf dem Leibe? Früher war das Kleid mit natürlichen Federn besetzt, die durch Alter und Gebrauch nach und nach ausfielen. Dem verstorbenen, wenn auch nicht unersetzlichen, doch unersetzten Lux (möchte unser Fiat lux! erhört werden), begegnete es als Papageno, daß er sich unter dem Spiele mauste. Er extemporierte einigen Spott, und das half; es wurde ein neues Kleid angeschafft, welches aber jetzt, ob zwar keine natürliche, sondern von Seide oder Wolle nachgebildete Federn darauf sitzen, wieder verdorben ist. Auch wäre zu wünschen, daß in den großen Vogelkäfig noch einiges Geflügel gesperrt werde; es sind nicht mehr als zwei ausgestopfte magere Hinkel darin. Würden diese Verbesserungen eingeführt, dann bliebe nichts mehr zu wünschen übrig, da die Priesterkutten vor zwei Jahren gewaschen worden sind. Die Zeitgenossen sind immer undankbar gegen lebende große Männer, die sich um die Menschheit verdient gemacht haben; aber die späte Nachwelt wird es dankend und verehrend anerkennen, daß ich es war, der durch eine Rüge in der Wage jene Reinigung der Priesterkutten veranlaßt hatte.

Herr Dobler von Linz trat als Sarastro mit Beifall auf. Es heißt, wir würden diesen braven Sänger hier behalten.


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