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(Fortsetzung.)
Mirza-Schaffy! – hub ich an, als wir wieder versammelt saßen im Divan der Weisheit – was wirst Du sagen, wenn ich Dir erzähle, daß die Weisen des Abendlandes Euch für eben so dumm halten, als Ihr sie!«
»Was kann ich thun, als staunen ob ihrer Thorheit! – entgegnete er – Was kann ich Neues lernen aus ihrem Urtheil, wenn sie mein eigenes wiederholen?«
Er ließ sich einen frischen Tschibuq bringen, dampfte eine Weile nachdenkend vor sich hin, bat uns, das Kalemdan (das Schreibzeug) zu bereiten, und dann begann er zu singen:
96 »Mirza-Schaffy! – unterbrach ich ihn wieder – wäre es nicht ein kluges Beginnen, Deine Sprüche der Weisheit in das Gewand des Abendlandes zu kleiden, auf daß sie uns werden ein Spiegel für die Thoren, eine Richtschnur für die Irrenden, und eine Quelle hohen Genusses für unsere Weiber und Jungfrauen, deren Anmuth groß ist wie ihr Hang zur Weisheit!«
»Die Frauen sind überall klug, – entgegnete mein ehrwürdiger Lehrer – und ihre Macht ist größer als die Thoren wähnen. Ihre Augen sind der Ursitz aller wahren Andacht und Weisheit, und wer aus ihnen schöpft, der braucht nicht auf den Tod zu warten, um einzugehen in die Freuden des Paradieses. Der kleinste Weiberfinger stößt das größte Gebäude des Glaubens um, und das jüngste Mädchen macht die ältesten Satzungen der Kirche zu Schanden!«
»Aber Du hast mir noch nicht Antwort gegeben auf meine Frage, o Mirza!«
»Du sprachest weise. Die Saat meiner Worte hat Keime gewonnen in Deinem Geiste. Schreib', ich werde singen!«
Und nun sang er mir eine Menge wundersamer Lieder vor, von welchen ich einen Theil hier in deutschem Gewande folgen lasse.
Das Glaubensbekenntniß des Mirza-Schaffy.
Mein Lehrer ist Hafis, mein Bethaus ist die Schenke, Ich liebe gute Menschen und stärkende Getränke, Drum bin ich wohlgelitten in den Kreisen Der Zecher, und sie nennen mich den Weisen. Komm' ich – da kommt der Weise! sagen sie; Geh' ich – schon geht der Weise! klagen sie; 97 Fehl' ich – wo steckt der Weise? fragen sie; Bleib' ich – in lust'ger Weise schlagen sie Laut Glas an Glas. Drum bitt' ich Gott den Herrn, Daß er stets Herz und Fuß die rechten Pfade lenke, Weitab von der Moschee und allen Bonzen fern Mein Herz zur Liebe führe und meinen Fuß zur Schenke; Daß ich dem Wahn der Menschen und ihrer Dummheit ferne Das Räthsel meines Daseins im Becher Weins ergründe, Am Wuchse der Geliebten das All umfassen lerne, An ihrer Augen Glut zur Andacht mich entzünde. O, wonniges Empfinden! o, Andacht ohne Namen! Wenn Kolchis Feuerwein mir Mark und Blut durchdrungen, Ich die Geliebte halte und sie hält mich umschlungen, Beseligt und beseligend – so möcht' ich sterben! Amen. |
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Mirza-Schaffy giebt sein Urtheil über den Schach von Persien.
Ein Schriftgelehrter kam zu mir und sprach: »Mirza-Schaffy, was denkst Du von dem Schach? Ist ihm die Weisheit wirklich angeboren, Und ist sein Blick so groß wie seine Ohren?« – Er ist so weise, wie sie Alle sind, |
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Mirza-Schaffy rühmt die Anmuth Zuléikha's.
Seh' ich Deine zarten Füßchen an, So begreif' ich nicht, Du süßes Mädchen, Wie sie so viel Schönheit tragen können! Seh' ich Deine kleinen Händchen an, Seh' ich Deine ros'gen Lippen an, Seh' ich Deine klugen Augen an, Als ich fühle. – Sieh mich gnädig an! Hör' dies wonnevolle Liedchen an! |
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Mirza-Schaffy feiert einen Gedächtnißtag.
Jenem Tage zum Gedächtniß Sei ein langer Trunk gemacht, Wo vom Bethaus in die Schenke Ich den Ersten Sprung gemacht! 99 War verdummt in blinder Demuth, Trink, Mirza-Schaffy! berausche |
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Mirza-Schaffy wird gläubig aus Liebe.
Kind, was thust Du so erschrocken, Was hebt schüchtern sich Dein Fuß? Faß' ich tändelnd Deine Locken, Naht mein Mund sich Dir zum Kuß – Was ich biete, was ich suche, Laß Dich's, Mädchen, nicht betrüben: Denn so steht's im Schicksalsbuche Mir urzeitlich vorgeschrieben! Ja, voll hohem Glauben bin ich, Beut die Liebe Dir Bedrängniß? Hoffst Du einst dort auf Belohnung Nimm dies duft'ge Lied und lies es, Wie vom Hauch des Morgenwindes |
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Mirza-Schaffy rühmt sein eigenes Glück.
Ich Glücklichster der Glücklichen! Derweil Die Welt sich um sich selbst in Dummheit dreht, Und Jeglicher auf seine Art dem Heil, Das offenbar liegt, aus dem Wege geht; Derweil der Mönch den eig'nen Leib kasteit, Und wähnt, daß ihn der Himmel einst entschädigt Für die auf Erden wundgerieb'nen Knie – Derweil der Pfaff vom Jenseits prophezeit, In frommer Wuth den Leuten Dinge predigt, Von denen er so wenig weiß wie sie: Knie' ich zu meines Mädchens Füßen nieder, Und schreibe meine wonnevollen Lieder Aus ihren Augen ab. Es perlt der Wein Zuneben mir im funkelnden Pokale; Ich schlürfe ihn in vollen Zügen ein, Und denk': es ist in diesem Erdenthale Bei Lieb' und Wein ein paradiesisch Sein! |
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»Mirza-Schaffy! – sagte ich, als der Weise einen Augenblick innehielt, um ein Glas Wein zu trinken und einen frischen Tschibuq anzurauchen, – die Herzen der Jungfrauen werden hochaufschlagen durch die süße Gewalt Deiner Lieder, aber die Weisen unseres Volks werden sprechen in ihrer 102 Eifersucht: es fehle Dir an Mannigfaltigkeit der Anschauungen und Gedanken. Hast Du nicht auch Lieder über andere Dinge geschrieben, als über Wein, Liebe und Rosen?«
Ohne mich gleich einer Antwort zu würdigen, oder auch nur aufzublicken, blies der Mirza eine Weile dicke Dampfwolken vor sich hin, schlürfte ruhig noch ein paar Gläser Wein herunter, und dann hub er folgendes Lied an zu singen:
Euch mißfällt mein Dichten, weil ich Immer nur das Eine singe? Nur von Rosen, Lenz und Liebe, Nachtigall und Weine singe? Was ist schöner: daß der Sänger Und wie eine Sonne gieß' ich Mögen andere Lieder rühmen O, Mirza-Schaffy! wie lieblich |