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Pan.

Wenn über'm Waldgebirg' in weiter Runde
Der Mittag brütet, mit verhalt'nem Rauschen
Die Nymphen über ihren Urnen lauschen, –
Das ist des Pan geheimnißvolle Stunde!
Dann ruht er, die geliebte Flöt' am Munde –
Kein hängend Blatt wagt Zephyr aufzubauschen,
Die wilde Taube keinen Kuß zu tauschen;
Still zieht die Wolk' im blauen Himmelsgrunde!
An Syrinx denkt er, die geliebte Spröde,
Die, fliehend, lieber Schilf, als Sein geworden,
Und horch, ein Lied durchbebt die grüne Oede!
Ein Sang, so schmerzlich süß, so wonnig trübe –
Du hörst es an den schwellenden Accorden:
Dem Pan gelehrt hat ihn der Gott der Liebe!

V.

Warum die Göttin erst so spät bei Nacht
Den schnellen Flug zu Jupiter gerichtet?
Verrath' ich's nur: sie war im Höllenschacht
Und hätte gern die Furien dort verpflichtet,
Die strengen Jungfern, die vor Amor's Macht
Jenseit der Styxfluth glücklich sich geflüchtet;
Doch schüttelten sie barsch ihr Schlangenhaar:
»Proserpina verbeut's – und die Gefahr!«

Wagt denn kein Gott sonst, drunten oder droben,
Der Mutter wider Amor beizustehn,
So bleibt doch Vater Zeus ihr aufgehoben
Und seinen Beistand eilt sie zu erflehn!
In Thränen tritt sie vor ihn, gramumwoben,
Der Sonn' im Maienregen gleich zu sehn.
Was Wunder: kaum, daß er ihr Flehn vernommen,
Läßt er Mercur, den schnellen Boten kommen.

Was Venus fordert, heißt er ihn vollstrecken;
Ausrufen soll er über Meer und Land:
»Wer Psychens Nest, wer Psychen kann entdecken,
Der mache stracks der Göttin dies bekannt,
Und einen Lohn – vom Kecksten aller Kecken
Würd' er der schwersten Arbeit werth genannt; –
Sechs Küsse will sie zahlen, unverkürzet,
Und Einen noch, den all ihr Liebreiz würzet!«

Der Herold fliegt: die Welt durchtönt sein Erz,
Und seiner Botschaft wundersame Kunde!
Von stolzer Freude schwillt der Göttin Herz:
Sie zweifelt nicht am hocherwünschten Funde.
– Durch Berg und Wald indeß, gejagt vom Schmerz
Irrt Psyche rath- und sinnlos in die Runde,
Vor Tage schon entflohen dem Palast,
Der wie den Grazien, jetzt auch ihr verhaßt.

Was braucht's der Eumeniden? Vor den Richtern
Im eignen Busen flieht das arme Kind!
– Der Mittag schießt herab mit scharfen Lichtern
Und müd' im Laubdach bettet sich der Wind:
Da langt sie an, wo murmelnd unterm dichtern
Gezweig ein Wasser tief und dunkel rinnt,
Und eilt – nicht Kraft zu neuem Leid zu trinken,
O nein, verzweifelnd in den Tod zu sinken.

Doch eh' sie noch zum feuchten Grabesschooß
Vom steilen Ufer kann hinab gelangen,
Da richtet zottig sich's empor vom Moos
Und hält mit starkem Arme sie gefangen.
Auf Ziegenfüßen, ungeschlacht und groß,
Gehörnt und bärtig, wetterbraun von Wangen,
Steht neben ihr, ein Bocksfell angethan,
Der Hirten und der Heerden Schützer, Pan.

»Nicht also, Mägdlein!« spricht er – seltsam klingt
So mildes Wort aus wüstem Halbthiermunde! –
»Wer Du auch sei'st und welch ein Weh Dich zwingt,
Daß Todesruh Du suchst im kühlen Grunde,
Halt ein, und gieb mit Worten, leicht beschwingt,
Dem alten Gott der Wälder von Dir Kunde!
Vertraue mir, dem Schmerz in rauher Brust,
Doch Tröstung auch, die Du nicht ahnst, bewußt!«

Mit Schrecken erst und dann mit bangem Staunen
Hat Psyche die Erscheinung angesehn:
– Ihr wißt, daß alte Satyr'n, junge Faunen
Von Alters her in bösem Ruhme stehn! –
Doch fühlt sie bald den treuen Blick der braunen
Helldunklen Augen sich zu Herzen gehn,
Sie fühlt die ihren lindernd überfließen,
Und sitzt, ein Kind, still weinend ihm zu Füßen.

Voll Mitleid blickt, an moosiges Gestein
Gelehnt, der Gott des Waldes auf sie nieder:
Er läßt sie weinen, redet nicht darein
Und streichelt nur ihr Köpfchen hin und wieder;
Dann seine sieben Flöten, groß und klein,
Nimmt er zur Hand und hauchet süße Lieder
Der Wehmuth und des Trostes in die Luft:
Die Berge lauschen und die fernste Kluft.

So sitzen lange schweigend sie beisammen,
Bis Psychens Herz gleich ihren Augen thaut,
Und sie ihr Glück und ihre Liebesflammen,
Ihr Leid und ihre Thorheit ihm vertraut.
Er horcht und nickt, und scheint nicht zu verdammen,
Indeß sie fromm in's strupp'ge Antlitz schaut,
Und tröstend spricht er jetzt, da sie geendet:
»Geduld, o Kind! Wer weiß, wie bald sich's wendet!

»Du hast gefehlt, und wirst den Fehler sühnen:
Gieb sänftlich, sonder Murren Dich darein!
Nicht wolle Dich zu frevlem Trotz erkühnen:
Wer lebt, soll leben, sich der Hoffnung freu'n!
Und wie im Lenz die Bäume sich begrünen,
Wird neues Laub auch Dir beschieden sein!
Du wähnst, daß Dein Gemahl verloren bliebe?
Nicht ewig zürnen kann der Gott der Liebe

So spricht zu ihr der Gott mit mildem Wort,
Indeß die Thränen sanfter ihr entgleiten.
Bekümmert, doch gefaßter geht sie fort,
Und neues Hoffen wandelt still zur Seiten.
Auch unser Lied muß jetzt von Ort zu Ort
Im raschern Gang ein Weilchen sie geleiten:
Erst naht sie Ceres – völlig in der Rolle
Der Goldmarie im Mährchen von Frau Holle.

Sie räumt im Haus der Göttin unbefohlen,
Die goldnen Sicheln, und was sonst, bei Seit',
Doch darf sie nicht den Magddienst wiederholen,
Demeter sieht's und spricht: »Es sei ihr leid,
Doch weiter müsse Psych' auf müden Sohlen!«
Sie geht – ein andrer Tempel ist nicht weit,
Wo man der Juno stolze Gottheit ehret,
Doch wird auch hier das Bleiben ihr verwehret.

Was Venus kürzlich durch Mercur verkündet,
Erfährt sie drauf, vor Schrecken starr und stumm:
Sie ringt die Händ' und jedes Hoffen schwindet
Der Armen, Vielverfolgten wiederum.
Wen eigene Schuld und Götterzorn verbündet,
Bedrängen, ach, kein Ausweg, grad' und krumm,
Errettet Den zu Land und auf den Wellen
– Und sie beschließt, sich Venus selbst zu stellen.

– Und thuts! Nun aber fordert nicht von mir,
Daß ich den schmählichen Empfang berichte,
Wie Venus sie, voll Gift und Rachbegier,
Am Goldhaar schleift mit glühendem Gesichte!
Den Griffel nieder leg' ich zitternd hier!
Verzeiht! Schon oft hat Sage und Geschichte
Zum Uebermaaß und Ueberdruß erzählt,
Wie arme Liebende die Liebe quält.

*

 


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