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Die Räuberhöhle


1.
Der Hirschreiter.

Dänemarks Inseln haben ein so liebliches, freundliches, friedliches Aussehen, daß man bei dem Gedanken an ihren Ursprung niemals an ein gewaltsames Naturereignis erinnert wird; sie scheinen nicht durch ein Erdbeben aufgeworfen zu sein, auch nicht von einer gewaltigen Wassersflut durchfurcht, sondern eher allmählich aus dem sinkenden Meere aufgetaucht zu sein. Die Ebenen sind flach und groß, die Hügel zahlreich und klein und sanft gerundet. Keine schroffen Abhänge, keine tiefen Senkungen erinnern an den Geburtskampf der Erde. Die Wälder hängen nicht wild auf wolkenhohen Felsrücken, sondern lagern sich wie eine lebende Hecke um die fruchtbaren Felder. Die Bäche stürzen sich nicht in schäumenden Fällen durch tiefe und dunkle Klüfte herab, sondern gleiten still und klar zwischen Schilf und Sträuchern dahin.

Wenn man von dem herrlichen Lande Fünen nach Jütland hinüberfährt, glaubt man zuerst, nur einen Fluß passiert zu haben, und kann sich nicht ganz davon überzeugen, daß man nun auf dem festen Lande ist, so ähnlich und so nahe verwandt mit den Inseln ist hier die Gestalt der Halbinsel. Aber je weiter man nun hineinkommt, desto mehr verändert sich die Gegend; die Täler werden tiefer, die Hügel steiler; die Wälder sehen älter und hinfälliger aus; schilfbestandene Tümpel, mit kurzem Heidekraut bewachsene Erdflecken, große Steine auf den hochliegenden Äckern – alles zeugt von geringerer Kultur und geringerer Bevölkerung. Schmale Wege mit tiefen Radspuren und hoher Mitte deuten auf geringeren Verkehr und Umgang zwischen den Bewohnern. Ihre Wohnungen werden gegen Westen zu immer einfacher und niedriger, als duckten sie sich vor dem gewaltigen Ansturm des Westwindes. Wie die Heiden häufiger und größer, werden die Kirchen und Orte weniger und weiter von einander entfernt. Bei den Höfen sieht man anstatt Schober schwarze Torfmieten, anstatt Obstgärten Krautäcker. Große, heidekrautbewachsene Moore, nachlässig und verschwenderisch behandelt, sagen uns, daß es hier genug davon gibt. Keine Feldhegung, keine Weidenpflanzung setzen noch Grenzen zwischen den Nachbarn; man sollte glauben, alles sei noch gemeinsamer Besitz.

Erreicht man endlich den Rücken Jütlands, breiten sich vor dem Auge die ungeheuren, flachen Heiden aus, zuerst mit Hünengräbern bestreut, deren Anzahl jedoch ständig abnimmt, sodaß man mit Wahrscheinlichkeit vermuten kann, daß dieser Landstrich früher niemals bebaut worden ist. Nicht ohne Grund stellt man sich vor, daß dieser hohe Landrücken das erste von der Halbinsel gewesen ist, was sichtbar wurde, sich aus dem Meere erhebend und dieses nach beiden Seiten abströmen lassend, wo dann die hinabrollenden Wogen Hügel und ausgehöhlte Täler zusammen schwemmten.

Auf der Ostseite dieser Heideebene findet man doch hier und da kurzes, verkrüppeltes Eichengebüsch, das Verirrten den Kompaß ersetzen kann; denn die Kronen der Bäume sind alle nach Osten gewandt. Im Übrigen erblickt man auf den großen Heidehügeln nur wenig Grün: einen einzelnen Grasfleck oder eine junge Zitterespe, die man dann mit Verwunderung fragt: Wo kommst du her? Läuft ein Bach oder ein Fluß durch die Heide, dann verkündet keine Wiese, kein Busch ihre Nähe; tief unten zwischen ausgehöhlten Hügeln schlängeln sie sich verborgen und mit einer Schnelligkeit, als eilten sie aus einer Wüste hinaus.

Über einen solchen Bach ritt an einem schönen Herbsttage ein junger, wohlgekleideter Mann auf ein Roggenfeld zu, das der ferne Besitzer dadurch kultiviert hatte, daß er die abgeschälte Rinde zu Asche verbrannt hatte. Er selbst mit seiner Familie war grade im Begriff, es abzumähen, als der Reiter sich näherte und nach dem Wege nach dem Herrenhof Ansbjerg fragte.

Nachdem der Bauer erst die Frage mit einer andern vergolten hatte, nämlich woher der Reisende käme, erzählte er diesem, was er bereits wußte, daß er in die Irre geritten sei, rief darauf einen Knecht, der die Garben zusammensetzte, und befahl ihm, dem Fremden den rechten Weg zu weisen.

Aber noch ehe der Knecht diesen Befehl auszuführen begonnen hatte, bot sich ein Anblick, der eine Zeitlang die Aufmerksamkeit des Reiters wie der Ernteleute auf sich zog.

Oben von dem nächsten Heidehügel fuhr ein Hirsch mit Sturmeseile gerade herab, einen Mann auf dem Rücken. Dieser – ein großer, kräftiger Mann, von Kopf zu Fuß braun gekleidet – saß eingeklemmt zwischen den Enden des Kronhirschs, die dieser auf den Rücken zurückgeworfen hatte, wie diese Tiere zu tun pflegen, wenn sie ordentlich ausgreifen. Der seltsame Reiter hatte augenscheinlich den Hut bei diesem Ritt verloren; denn seine langen schwarzen Haare standen ihm vom Nacken ab, wie die Mähne bei einem galoppierenden Pferde. Seine Hand war in beständiger Bewegung, um ein Messer dem Hirsch ins Genick zu jagen; aber dessen gewaltsame Sprünge hinderten ihn daran, zu treffen. Als der Hirschreiter an die erstaunten Zuschauer nah genug heran war – was nicht lange dauerte – wurde er von dem Bauern erkannt; denn dieser rief: »He! Mads! Wo willst du hin?«

»Das mag der Hirsch und der Satan wissen!« erwiderte Mads; aber ehe die Antwort ganz heraus war, war er bereits so weit vorbei, daß die letzten Worte kaum noch das Ohr des Fragenden erreichten.

In wenigen Minuten verschwanden Hirsch wie Mann den nachstarrenden Blicken.

»Wer war das?« fragte der Fremde, ohne seine Augen von der Seite abzuwenden, wo der Centaur verschwunden war.

»Potztausend!« erwiderte der Bauer. »Das ist ein armer Mann, den sie Mads Hansen nennen oder den schwarzen Mads; er hat ein kleines Haus auf der andern Seite des Flusses. Es geht ihm kümmerlich; er hat viele Kinder – wie ich weiß – und so schlägt er sich durch, wie er kann: er kommt bisweilen hier herüber und holt sich einen Hirsch; aber heute sieht es so aus, als ob der Hirsch sich ihn geholt hat – wenn es überhaupt ein richtiger Hirsch war?« fügte er bedenklich hinzu – »Gott schütze uns vor allem, was böse ist; aber der Mads ist wirklich ein verwegener Bursche – sonst weiß ich nur allerhand gutes von ihm. Er schießt hin und wieder ein Stück Wild: was soll man dazu sagen? Es gibt genug davon – allzu viel, kann man sagen. Da könnt Ihr selbst sehen, wie sie die Ähren von meinem Roggen abgeschlagen haben. Aber wahrhaftig doch! Da haben wir Jäger Niels; ja, du wirst den schwarzen Mads nicht fangen! Heute ist er besser beritten als du.«

Wie er dies sagte, sah man einen Jäger in langgestrecktem Trabe von derselben Seite auf sie zueilen, auf der sie zuerst den Hirschreiter gesehen hatten.

»Habt Ihr nicht den schwarzen Mads gesehen?« rief er, noch ehe er ihnen näher gekommen war.

»Wir haben allerdings einen auf einem Hirsch gesehen; aber wir konnten nicht sehen, ob er schwarz oder weiß war, oder erkennen, wer er war; denn er fuhr davon, daß man ihm kaum mit den Augen folgen konnte,« erwiderte der Bauer.

»Der Teufel hole ihn!« sagte der Jäger, indem er sein Pferd anhielt, um es etwas verpusten zu lassen. »Ich habe ihn oben im Havertal gesehen, wo er auf einen Hirsch pürschte. Ich hielt mich hinter einer Höhe, um ihn nicht zu stören. Er schoß, der Hirsch fiel, Mads lief dazu, sprang ihm auf den Rücken, um ihm den Fang zu geben; aber wie der Hirsch das Messer fühlte, erhob er sich, klemmte Mads zwischen die Enden und hallo! Seine Büchse habe ich bekommen, aber ich möchte ihn lieber selbst haben.«

Mit diesen Worten setzte er sein Pferd in Trab und eilte dem Wilderer nach, die eine Büchse vor sich am Sattelknopf, die andere an einem Riemen auf dem Rücken.

Der Reisende sollte ungefähr denselben Weg und ritt mit seinem Wegweiser so rasch davon, wie dieser traben konnte, nachdem er seine Holzschuhe ausgezogen hatte. Als sie eine gute Viertelmeile zurückgelegt hatten und auf den Rücken eines Hügels gekommen waren, der gegen den Fluß hin abfiel, erblickten sie die beiden Reiter.

Der erste war mit seinem wilden Ritt zu Ende gelangt: der Hirsch war tot in den Fluß an einer Stelle gestürzt, wo sehr niedriges Wasser war. Sein Mörder stand noch schräg über ihm und versuchte, sich aus seinen Enden loszumachen, die sich ihm in die Kleider gebohrt hatten.

Grade als er damit fertig war und an Land sprang, kam der Jäger – der ihm erst falsch nachgeritten war – an unserm Reisenden vorbeigesaust, den Zügel in der einen und die Büchse in der andern Hand. Ein paar Schritt vor dem unglücklichen Hirschreiter hielt er das Pferd an, und mit den tröstlichen Worten: »Jetzt mußt du sterben, du Hund!« legte er das Gewehr an die Wange.

»Halt! Halt!« rief der Delinquent. »Laß dir Zeit, Niels! Es eilt doch nicht so; wir können uns ja erst verständigen.«

»Keine Verständigung mehr!« antwortete der erbitterte Jäger. »Wie mans treibt, so gehts!«

»Nein, warte doch noch ein kleines bißchen!« rief jener wieder. »Laß mich erst mein Vaterunser beten!«

»Was! Du willst beten!« sagte Niels, indem er die Büchse etwas von der Wange sinken ließ. »Ins Himmelreich kommst du ja doch nicht.«

»Dann ist es deine Schuld, Niels!« versetzte der andere. »Wenn du mich mitten in meinen Sünden umbringen willst.«

»Das hast du verdient, du Hirschdieb!« rief Niels und legte wieder den Kolben an die Wange.

»He, he!« schrie Mads wieder. »Warte noch ein kleines bißchen! Wenn du mich jetzt erschießt, dann – ach, nimm doch die Büchse vom Auge! ich kann es garnicht leiden, daß man einem geladenen Gewehr auf mich zeigt –« Niels hob wieder den Kopf – »erschießt du mich, dann wirst du selbst aufs Rad kommen.«

»Was zum Teufel!« antwortete der Jäger mit einem gezwungenen Lachen und zielte wiederum.

»Niels, Niels!« rief jener wiederum. »Hier sind Zeugen; doch höre, ich will dir einen andern Rat geben. Nun hast du mich doch ganz sicher, ich kann dir nicht weglaufen. Kannst du mich nicht aufs Gut führen, dann kann ja der Herr mit mir machen, was er will. Dann behalten wir alle beide unser Leben, und du verdienst dir außerdem ein gutes Trinkgeld.«

In diesem Augenblick kam der Reisende dazu und rief dem Jäger zu:

»Um Gottes willen, lieber Freund! Begeht doch keine Untat, sondern tut, was der Mann sagt!«

»Der Mann ist ein großer Missetäter,« sagte der Jäger, entspannte aber doch den Hahn und legte die Büchse auf den Sattelknopf; »aber da der fremde Mußjeh für ihn bittet, will ich ihm das Leben schenken. Du bist eigentlich verrückt, Mads!« sagte er zu diesem. »Denn nun mußt du dein Lebtag mit dem Schubkarren gehn; hättest du mich dich erschießen lassen, wäre jetzt alles vorbei – komm nun, du Lump! Und halte dich neben mir! Komm und nimm die Beine in die Hand!«

Darauf setzten sie sich in Gang, und der Reisende, der ebenfalls nach Ansbjerg sollte, begleitete sie.

Ein Stück ging es vorwärts, ohne daß ein Wort gesprochen wurde, außer wenn der Jäger mit einem »he!«, einem Schimpfwort oder einem Fluch das Schweigen unterbrach. Endlich knüpfte der Wilddieb ein neues und weniger leidenschaftliches Gespräch an.

»Findest du nicht, es ist schade,« sagte er, »daß ich hier durch das lange Heidekraut waten muß?«

»Das bist du ja gewohnt, du Hund!« erwiderte Niels.

»Du könntest gut,« fuhr der andre mit einem pfiffigen Augenaufschlag fort, doch in einem Tone, der zeigte, daß er nicht erwartete, seine Bitte erfüllt zu bekommen, »du könntest gut mich hinter dir aufsitzen lassen.«

»Ho, ho!« antwortete der Jäger mit einem Lachen. »Du hast heute geritten; jetzt tut es dir gut, deine langen Beine zu bewegen.«

»Na, na, wieder ein gutes Wort, Jäger Niels!« murmelte jener. »Du bist heute so ganz obsternatsch.«

Jäger Niels antwortete nichts hierauf, sondern pfiff ein Liedchen, während er aus der Jagdtasche Tabaksbeutel und Pfeife nahm. Als diese gestopft war, begann er Feuer zu schlagen; aber die Lunte wollte nicht fangen.

»Ich will dir helfen,« sagte Mads, und ohne eine Antwort abzuwarten, schlug er in seiner eigenen Schwammbüchse Feuer, blies darauf und reichte sie dem Jäger; doch indem dieser danach faßte, griff jener nach dem Kolben der geladenen Büchse, die über dem Sattelknopf lag, riß sie mit einem kräftigen Ruck aus dem Riemen und sprang drei Schritt rückwärts in das Heidekraut. – All dies erfolgte mit einer Geschwindigkeit, die man dem breitschultrigen, kräftigen und bereits etwas alternden Wildschützen nicht zugetraut hätte. »Nun habe ich das Heft in der Hand!« sagte dieser. »Findest du nicht, ich könnte dich jetzt umhauen wie einen Pilz, Nielschen? Aber du bist vorhin vernünftig gewesen; das ist dein Glück.«

Der arme Jäger starrte bleich und zitternd vor Wut auf seinen Gegner, außerstande, ein einziges Wort hervorzubringen.

»Vor kurzem,« fuhr Mads fort, »warst du so unangenehm, keiner konnte ein Wort anbringen; aber hätte ich da nicht gehört, wie dein Mundwerk ging, hätte ich beinah gedacht, du hättest es zu Hause auf Ansbjerg vergessen – steck deine Pfeife an, sonst brennt die Lunte aus – du siehst wohl auf mein Feuerzeug? Du meinst, es ist ein mäßiger Tausch, den du gemacht hast? Das hier ist allerdings besser« – er klopfte auf den Büchsenkolben –« aber du sollst es wiederbekommen, wenn du mir mein eigenes gibst.«

Niels nahm die Büchse sofort über den Kopf, reichte sie dem Wilddieb mit der einen Hand und streckte die andre aus, um sein Gewehr in Empfang zu nehmen.

»Warte ein wenig!« sagte Mads, »du mußt mir erst versprechen – ah, es ist doch gleichgültig, denn du machst es ja doch. Aber solltest du später einmal einen Paff in der Heide hören, dann werde nicht so hitzig, sondern denke an heute und an Michel Fuchsschwanz!«

Er wandte sich an den Reisenden: »Steht Sein Pferd vorm Schuß?«

»Schießt nur!« erwiderte dieser.

Mads hielt die Büchse des Jägers wie eine Pistole mit der einen Hand in die Luft und schoß sie ab.

»Die gibt ja keinen andern Knall,« sagte er, »als wenn man einen Topf gegen eine Tür schlägt.«

Darauf nahm er den Stein vom Hahn und gab sie seinem Gegner mit den Worten: »Da hast du deinen Schießprügel! Fürs erste wird der keinen Schaden tun. – Lebwohl! Und schönen Dank für heute!«

Mit diesen Worten hängte er seine eigene Büchse über den Nacken und ging nach der Seite zurück, wo der Hirsch lag.

Der Jäger, dessen Zunge bisher durch eine magische Kraft gebunden gewesen zu sein schien, gab nun seiner eingezwängten Wut Luft in einer Reihe von Flüchen und Verwünschungen, deren Anfang so lautete: »Daß doch jetzt wirklich der Deibel – « usw. usw.

Es ist bedauerlich, lieber Leser, ebenso wohl für dich wie für mich, daß meine Muse nicht zu den echt humoristischen gehört; denn sonst hätte ich hier die erwünschteste Gelegenheit, meine Erzählung mit den kräftigsten Flüchen auszuschmücken, wogegen die, die unsre genialen Komödien beleben, nur wie Schoßhundegekläff gegenüber Löwengebrüll klingen würden.

Wie gesagt, meine einfältige Muse ist noch nicht imstande gewesen, die tiefe Bedeutung einer Fischweiberunterhaltung zu fassen; daher du denn selbst die vielen Lücken in der Rede von Jäger Niels und andern Kraftgenies ad libitum ausfüllen kannst.

Ich berichte nur einfach – doch mit gebotener Reservation des gesetzlichen Rechtes des vielerwähnten Jägers Niels am Teufel und seinem Reiche – wie das Gespräch zwischen ihm und dem Fremden auf dem Wege nach Ansbjerg weiter verlief.

Dieser, dessen Mitleid sich von dem entschlüpften Wildschütz zu dem fast verzweifelten Gutsjäger gewandt hatte, suchte zu trösten, so gut er vermochte: »Er hat ja doch im Grunde nichts verloren,« sagte er schließlich, »außer der elenden Freude, einen Mann mit seiner ganzen Familie unglücklich zu machen.«

»Nichts verloren?« rief der Jäger. »Das versteht Er nicht. Nichts verloren? Der Hund hat, so gewiß wie ich ein Sünder bin, mir mein gutes Gewehr verdorben!«

»Wie?« sagte der Reisende. »Sein Gewehr verdorben? Lade Er es und setze Er einen neuen Stein drauf!«

»Phh!« versetzte Niels mit einem ärgerlichen Lachen. »Das schießt weder Hirsch noch Hase mehr; er ist verdorben, dafür stehe ich ein. Und wenn da nicht ein Mittel helfen will – trrr! Da liegt einer und sonnt sich in der Räderspur; der wird heute keine jungen Lerchen essen.«

Mit diesen Worten hielt er das Pferd an, setzte rasch einen Stein in den Hahn, lud das Gewehr und sprang herab.

Der Fremde, der in die Jagdwissenschaft gar nicht eingeweiht war und also weder deren Terminologie noch Magie kannte, hielt ebenfalls still, um zu sehen, was der Grünrock nun unternehmen würde. Der zog das Pferd mit, ging ein paar Schritt vorwärts und rührte mit dem Büchsenlauf an etwas, was im Wege lag. Jetzt erst entdeckte der Fremde, daß es eine Kreuzotter war.

»Willst du mal hier 'rein!« sagte der Jäger, immer noch mit der Büchse nach der Schlange stechend; endlich bekam er sie mit dem Kopf in den Lauf, hielt den nun in die Luft und schüttelte ihn, bis die Schlange ganz darin war. Darauf schoß er die Büchse mit ihrer sonderbaren Ladung in die Luft ab, worauf nicht das kleinste Stück mehr zum Vorschein kam, und sagte: »Wenn das nicht hilft, dann kann sie keiner mehr kurieren, außer Mads oder Michel Fuchsschwanz.«

Der Reisende lächelte etwas mißtrauisch, sowohl über die Zauberei wie über die schnurrige Weise, sie zu lösen; aber da er bereits mit dem einen Schwarzkünstler Bekanntschaft gemacht hatte, wünschte er auch von dem andern zu wissen, der einen so ungewöhnlichen und bedeutungsvollen Namen trug.

Auf seine Nachfrage erzählte der Jäger, während er wieder sein Gewehr lud, folgendes: »Michel Fuchsschwanz – wie sie ihn nennen, weil er alle Füchse an sich locken kann, die im Lande sind – dieser Michel ist zehnmal schlimmer als der schwarze Mads; er kann sich fest machen, der Hundsfott! Da fassen weder Blei noch Silberknöpfe bei ihm. Einmal trafen ich und der Herr ihn unten da im Tal ebenfalls bei einem Hirsch, den er eben geschossen hatte, und den er grade abziehen wollte. Wir ritten grade auf ihn zu, und er bemerkte uns nicht, bis wir ihm auf zwanzig Schritt nahe waren. Aber denkt Er, Michel bekam Angst? Er sah sich bloß nach uns um und machte mit dem Hirsch weiter.

»Nun wirst du mal ein kleines Unglück erleben!« sagte der Herr. »Niels, brenn ihm eins auf den Pelz! Ich stehe für alles ein!«

»Ich hielt mit einem Schuß Rennkugeln mitten auf seinen breiten Rücken, aber phh! Er machte sich nicht mehr daraus, als wenn ich mit einer Hollunderbüchse auf ihn geschossen hätte. Der Kerl drehte bloß das Gesicht einen Augenblick zu uns um und blieb bei seinem Abhäuten. Da schoß der Herr selbst – das war auch nicht übel. Er schnitt grade die Haut vom Kopf, und erst als er sie zusammengelegt hatte, nahm er sein kleines Gewehr, das auf der Erde lag, wandte sich zu uns und sagte: »Jetzt kommt die Reihe bald an mich, und wenn Ihr nicht seht, daß Ihr fortkommt, will ich doch mal sehen, ob ich nicht einem von Euch ein Loch machen kann.«

»Solch ein Kerl ist Michel Fuchsschwanz!

Nach dieser Erzählung, die ebenso unglaublich, aber wahrer ist, als viele andre, die wir uns aus dem Auslande verschreiben, wurde der Weg nach Ansbjerg fortgesetzt.

 

2.
Ansbjerg.

Wenn du, lieber Leser, dich mit einem dänischen Buch beschäftigst, das – wohlgemerkt – keine Übersetzung ist, und es Gnade vor deinen Augen findet, da wirfst du sicherlich die sehr billige Frage auf: »Wo ist wohl Muster und Vorbild dieses Schriftstellers zu finden?« Denn daß ein dänischer Skribent – in specie ein Dichter – so selbstklug und dummdreist sein sollte, sich ohne fremde Führung auf das Glatteis der Autorbahn zu wagen, das ist wohl weder denkbar noch ratsam.

Wenn du daher kritische Zeitungen liest – in specie den dänischen Pasqvino – wirst du noch mehr von der Richtigkeit deiner Voraussetzung überzeugt sein; denn darin wirst du häufig auf Äußerungen wie diese stoßen: »Unser Verfasser hat offenbar nach A. oder B. oder C. gebildet und – wenn er einer der Abgestempelten ist – »unser Dichter hat mit Erfolg D.'s oder E.'s oder F.'s Geist aufgefaßt; oder – wenn er zu den Unprivilegierten gehört – »dieses Produkt ist eine mißglückte Nachahmung von G. oder H. oder J.«

Nun wohl: wenn auch meine Erzählungen oder – wenn du lieber willst – Novellen deine Zufriedenheit gefunden haben, solltest du dich nicht selbst gefragt haben: »Wo ist wohl Muster oder Vorbild dieses Verfassers? L.......? Nein, dazu sind seine Helden und Heldinnen nicht engelhaft genug. V..d..V....? Auch nicht! Dazu sind sie nicht teuflisch genug. Außerdem beginnt er seine Kapitel nicht ad modum: »In seinem Schlafrock aus großblumigem, grünem Damast, mit der schneeweißen, rotspitzigen, baumwollenen Nachtmütze auf dem ehrwürdigen Haupt saß auf seinem brandgelben Großvaterstuhl aus Seidenwidderfell der fünfundachtzigjährige usw. usw.« oder: »Auf einem kastanienbraunen, feurigen Araber, der in den schaumbedeckten Silberzaum biß, ritt durch das gewölbte Burgtor der wunderbare usw.«

»Sollte« – fragst du weiter – »unser Verfasser sich nach H......, R......, A.... gebildet haben? Auch nicht! Dafür sind seine Abenteuer zu vernünftig, glaubwürdig und alltäglich, dafür hat er zu wenig Umgang mit Gespenstern, Kobolden, Gnomen, Wehrwölfen, Vampyren und Teufeln.«

»Wo können sie denn aber in aller Welt her sein?« fährst du fort. »Einen muß er doch haben! W..... S....? Auf Ehre, das ist er!«

Ach, lieber und geneigter Leser! Das ist auch nicht der richtige. Du tust mir wirklich zu viel Ehre an; denn seine Vollkommenheiten sind sein Eigentum, das weder ich noch ein andrer ihm nehmen können, und seine Fehler – wenn er welche hat – will ich gern C..... und andern überlassen, die einen Bogen mit der Beschreibung eines Schals oder der Art, ihn zu tragen, füllen und uns nicht in die Rauchhütte eines Bauern führen können, ohne uns genau mit jedem Stuhl auf dem Fußboden, jedem Huhn auf der Stange und allen Lumpen, die seine unschuldigen Kinder anhaben, genau bekannt zu machen, ja der, wo er uns auch hinführt, uns keinen Stein oder Pflock am Wege ausläßt, ohne daß wir erst seine umständliche Beschreibung kennengelernt haben. Überall in allen andern Ländern kann diese sc...sche Manier sich besser bezahlt machen als hier, wo man lieber Bücher leiht als kauft, und wo Leihbibliotheken und Lesegesellschaften dafür sorgen, daß Schriftsteller ihren heiratsfähigen Töchtern keine Manuskripte als Aussteuer geben.

Nein, mein hochverehrter Leser, wäre dies der Fall gewesen, dann stünden wir noch unten am Karuper Bach, verlören uns in die Betrachtung seiner heidekrautbewachsenen Ufer oder wir folgten mit der Genauigkeit eines Landmessers allen seinen Krümmungen bis an die Stelle, wo der Limford unsre Schritte aufhalten würde. Wäre ich ein S.... gewesen, wären wir in diesem Augenblick sicherlich sehr angenehm damit beschäftigt, auf Jäger Niels im übrigen weißen Hühnerhund (von dem wir noch kein einziges Wort vermeldet haben) die braunen Flecke zu zählen oder die Auerhähne in seiner Jagdtasche.

Aber – es ist nun einmal nicht anders – ich gehe meinen eigenen schiefen und unebenen Weg – willst du mir folgen, soll es mir eine Ehre und ein Vergnügen sein – bald stehe, bald gehe ich, bald laufe ich, und bald nehme ich einen Anlauf und mache einen großen Sprung, wie zum Beispiel vom Karuper Bach bis nach Ansbjerg. Und willst du mir nun endlich ein Muster geben, kannst du ja – in Anbetracht dieser langen, geschwätzigen parenthetischen Einleitung – es den Verfasser des Siegfried von Lindenberg sein lassen.

Summa summarum: A. und B. und C. haben ihre eigentümlichen Schönheiten – sie sind und bleiben die ihren! Sie sind wohl auch nicht ganz ohne Fehler – was sollte ich mit ihnen? Ich habe genug an meinen eigenen. Nein, ehe du sagst: »Die Hände sind Esaus, aber die Stimme Jakobs!« sollst du lieber ausrufen: »Es ist Esau ganz und gar!«

Und sollte ich schließlich nicht immer nach deinem Sinne sein, sollte mein Pegasus bisweilen zu stark laufen, bisweilen auch bocken, so ziehe gefälligst in Betracht, daß er nicht von einem Kunstreiter zugeritten ist, sondern ständig seine eigenen Nücken hat, die auszutreiben weder dir noch mir möglich sein wird. Sitz auf, Verehrtester! Reite mit mir durch das Ansbjerger Tor, und laßt uns sehen, welche Abenteuer – kurze oder lange, glaubliche oder unglaubliche – wir da wohl erleben!

Ich höre selten das Wort »Rittergut«, ohne an Gespenster zu denken. Diese ehrwürdigen Überreste aus alter Zeit, ehemals bewohnt von mannhaften Rittern und ehrbaren Frauen, die wir gewohnt sind, uns streng und ernst vorzustellen, steif in Gewändern, steif im Wesen, steif im Gemüt, hart und barsch selbst in der Liebe; diese klafterdicken Mauern, diese langen, engen und dunklen Gänge, diese gewölbten Keller scheinen uns recht einladend für die Geister der Mitternacht, die offenen weiten Kamine recht bequem für jene luftigen Wesen, die lieber durch den Schornstein als durch die Tür gehen. Ich glaube auch wirklich nicht, daß es einen alten Herrensitz ohne dieses nächtliche Treiben gibt, ohne wenigstens ein düsteres Zimmer, eine Eckstube, eine Turmkammer, wo es nicht ganz richtig ist und wo man nicht gern allein schläft.

Es freut mich aufrichtig, daß Ansbjerg in dieser Beziehung ein ebenso vollständiger Herrensitz ist wie irgendein andrer im Lande; und ich hoffe bald, die Nacht zu erleben, da ich dem Leser mit einer echten phantasmagorischen Vorstellung aufwarten kann. Doch alles zu seiner Zeit! Und deshalb will ich nun in chronologischer Ordnung in der Geschichte fortfahren.

Als die beiden Reiter durch das Scheunentor gekommen waren, drehten sie – der Jäger als Wegweiser voran – zur Stalltür um, sattelten hier ihre Pferde ab und gingen darauf die Lindenallee entlang, die zum Burghof führte. Dieser bestand aus zwei Flügeln; das Hauptgebäude links, zwei Stockwerke hoch, hatte ein Dachgeschoß, das das Prädikat Turm genoß, vielleicht weil man meinte, daß so etwas keinem richtigen Herrensitz fehlen dürfe. Und ein Name ist – wie man weiß – oft genug, um den Leuten Vergnügen zu machen. So habe ich gehört, daß ein Zimmer, worin ein Bücherregal mit einem Dutzend dickbestaubter Bücher, ein Schrank mit Flaschen und Gläsern, ein Tisch mit Schreibzeug und ein weichgepolsterter Lehnstuhl standen, Studierkammer genannt wurde. So habe ich eine Sammlung von ein paar hundert verkrüppelter Bäume gesehen, die Wald, und einen Karauschenteich, der See hieß. In derselben Weise wird ein Kleiderschrank Garderobe, ein paar Bauernhöfe und ein Dutzend Häuser ein Gut und der Zehnteneinnehmer auf den Feldern davon Verwalter oder Inspektor genannt.

Der mittelste Flügel, auch ziegelgedeckt, doch nur mit einem Stockwerk, war für die zahlreiche Dienerschaft bestimmt, vom Verwalter bis zum Hundejungen. Der rechte war die Wohnung des Pächters. Im Winkel zwischen beiden stand das hölzerne Pferd, damals ebenso unentbehrlich auf einem Rittergut wie das adlige Wappen über der Haupttür.

In demselben Augenblick, in dem der Jäger das Gittertor zum Burghof öffnete, wurde im untersten Stockwerk des Herrschaftsflügels ein Fenster geöffnet und ein Bruststück kam zum Vorschein, welches ich glaube beschreiben zu müssen, um die Leser, die ähnliches abgebildet gesehen haben, zu richtigen Vermutungen über die Zeit der gegenwärtigen Ereignisse zu bringen.

Der gnädige Herr, dessen schwerer Korpus die Breite des großen Fensters ausfüllte, trug eine dunkelgrüne Sammetjacke mit einer Reihe von Knöpfen, die bis an den Hals gingen, großen Aufschlägen und großen Taschenklappen. Eine kohlschwarze Perrücke – nicht eine massivgebaute, sondern eine mit einem Buckel oder Wulst rings unten herum – verbarg sein Haar ganz. Der Teil seiner Kleidung, der zu sehen war, bestand folglich nur aus zwei einfachen Stücken; aber da die ganze Person auch später zum Vorschein kam, will ich, um einer Wiederholung zu entgehen, ebenso gut gleich die übrigen Teile seiner Tracht nehmen, die da waren: oben auf der Perrücke eine festanschließende grüne Samtmütze mit weit vorstehendem Schirm, ganz so wie jene schwarzen Mützen, die Pfarrer und dann Küster noch zu unsrer Zeit getragen haben. Die Beine waren mit ein paar langen, weiten, gespornten Stiefeln bedeckt und schwarze Beinkleider der Art, wie sie einzelne alte Bauern noch zu unsrer Zeit unter dem Namen Rollhosen getragen haben, vollendeten den sichtbaren Teil seiner Bekleidung.

»Jäger Niels!« rief der Herr.

Der Angeredete wies seinem Begleiter die Tür, die er suchte, und trat darauf mit seinem kleinen grauen, dreieckigen Hut in der Hand unter das Fenster, wo der ehrliche und wohlgeborene Herr den Domestiken und Bauern des Guts richtig Audienz erteilte, in gutem wie schlechtem Wetter. Der Jäger mußte sich hier demselben Zeremoniell wie alle andern unterwerfen, wenn auch auf der Jagd ein weniger gezwungenes Verhältnis zwischen Herr und Diener Platz griff; denn solange diese anhielt, wurden die strengen Gesetze der Etikette aufgehoben.

»Wer war das?« begann jener, indem er mit dem Kopf einen Seitennick dahin machte, wohin der Fremde gegangen war.

»Der neue Schreiberbursche, gnädiger Herr!« lautete die Antwort.

»Weiter nichts! Ich dachte, es wäre jemand gewesen. Was hast du da?« fragte der Herr wieder, indem er auf die Jagdtasche nickte.

»Den alten Hahn und zwei junge Hühner, gnädiger Herr!« (Dieses »gnädiger Herr« werden wir künftig meistens auslassen; aber es ist am Schluß jeder Replik hinzuzufügen.)

»Das ist wenig für zwei Tage Jagd,« sagte jener, »kommt denn kein Hirsch dazu?«

»Diesmal nicht,« versetzte Niels seufzend, »wenn Wildschützen auf den Hirschen reiten, fällt für uns nichts davon ab.«

Diese Äußerung verlangte natürlich eine genauere Erklärung; aber da der Leser dieselbe bereits vorher erhalten hat, wollen wir inzwischen unsre Aufmerksamkeit auf das lenken, was hinter dem breiten Rücken des gnädigen Herren vor sich ging.

Hier stand nämlich das junge verlobte Paar, Junker Kai und Fräulein Mette, der erste ein hübscher Jüngling von fünfundzwanzig und außerdem elegant und vollkommen nach der neuesten Mode der Zeit.

Um zu zeigen, mit welchen Waffen Mädchenherzen damals angegriffen und besiegt wurden, darf ich nicht an dem Äußeren des Junkers vorübergehen, sondern beginne bei den Füßen, um weiter in meiner Beschreibung zu steigen. Diese waren von ganz breitschnabeligen kurzen Stiefeln bedeckt, deren weite Schäfte in vielen Falten unten um die Schienbeine schlappten. Weiße Seidenstrümpfe umschlossen die Waden und zogen sich grade eine Hand breit bis über das Knie, oben mit einem Streifen der feinsten Spitzen garniert. Danach kam ein Paar enge, schwarze Sammethosen, von denen jedoch nur wenig wegen der ungeheuren Schöße einer gleichfalls schwarzen Sammetweste zu sehen war. Ein Rock aus karmoisinrotem Stoff mit einer Reihe großer, überzogener Knöpfe, kurzen Ärmeln, die nur bis zu den Handgelenken reichten, mit Aufschlägen jedoch bis zu den Ellbogen, durch einen Haken über dem Kalbsgekröse zusammengehalten, vollendete die Bekleidung. Das ganze Haar war glatt zurückgestrichen und in einen langen steifen Zopf dicht am Genick gebunden.

Ich würde nur wenig Dank von meinen Leserinnen verdienen, wenn ich nicht mit derselben Genauigkeit das wohl vornehme Fräulein abbildete; doch hier kann ich mich kürzer fassen und sie in drei Hauptstücken betrachten: 1. die spitzschnabeligen Schuhe mit hohen Absätzen und Silberspangen, 2. die kleine rote, goldgallonierte Haube, die mit einer spitzen Schnebbe in die Stirn ging und das ganze zurückgestrichene Haar verbarg und 3. das großgeblümte, im Grunde himmelblaue, damastene Kleid mit langer Taille, dessen weite Ärmel nur etwas über die Ellbogen reichten, ließ Schultern und Brust frei und war – wohlgemerkt – nicht geschnürt.

Dem, der die Schönheit der jetzigen Moden kennt und hinreichend bewundert, wird es unbegreiflich erscheinen, wie eine so ausstaffierte Dame ein Männerherz in Brand setzen konnte, da das einzig Angenehme und Geschmackvolle an dem Putz der Busen und die nackten Schultern waren; doch muß ich hinzufügen, daß Fräulein Mettes Gesicht wirklich sehr schön war, daß man darüber gut die Kleider vergessen konnte.

Diese zwei schönen Menschen standen da, wie gesagt, hinter dem alten Herrn, Hand in Hand und – wie es schien – mit zärtlichen Narrenspossen beschäftigt. Der Junker reichte oft die gespitzten Lippen zum Kusse hin und das Fräulein drehte ebenso oft das Gesicht fort, nicht gerade mit Unwillen, aber mit einem schelmischen Lächeln. Das Merkwürdigste war, daß sie jedesmal, wenn sie den Kopf zurückbeugte, am Vater vorbei in den Hof hinabblickte, wo doch im Augenblick nichts andres zu sehen war (denn der Jäger stand zu dicht unter dem Fenster) als das hölzerne Pferd und der neue Schreiberbursche, der, sobald er in die Schreiberstube gekommen war, sich an das offene Fenster gesetzt hatte.

Daß dieser – ungeachtet des Prädikats Schreiberbursche – ein außerordentlich hübscher Kerl war, will ja weiter nichts sagen; denn zunächst hatte er eine mächtige Narbe über der einen Backe, und zweitens, drittens, viertens und fünftens war er ganz und gar wie ein Schreiberbursche gekleidet. Wie diese Tracht aussah, finde ich nicht passend zu erzählen, da ich doch eben erst eine Beschreibung der Standespersonen geliefert habe. Ebenso wenig brauche ich wohl mich bei Fräulein Mettes Mutter, der guten Frau Kirsten, länger aufzuhalten, die in einem andern Fenster saß und mit wohlbehaglichem Lächeln das Liebesspiel der jungen Menschen bemerkte.

Mit umso größerem Recht konnte die gute alte Dame sich allerdings auch über diese Partie freuen, da sie von Anfang an – ihr eigenes Werk war. Selbst hatte sie (wie der gnädige Herr sich in der Jagdsprache scherzweise ausdrückte) unter einem ganzen Rudel Junker den fettesten gewittert und zuerst an seinem Fuß angeschlagen. Da der junge Herr der einzige Sohn, Erbe von Palstrup und mehreren Gütern, da er weiter ein echter Sechzehnender war, wurde die Mariage bald zwischen den Eltern beschlossen und für die Kinder deklariert. Der Bräutigam, der gerade aus Paris zurückgekehrt war, als Frau Kirsten ihn aufs Korn nahm, war gutgläubig, wofür ihm nicht zu danken war; Fräulein Mette war jung, hübsch, einziges Kind und Erbe von Ansbjerg, dessen Hirsche, Wildschweine und Bauern ebenso gut wie die Palstrups waren, das jedoch hinsichtlich der Auerhähne und Enten viel voraus hatte.

Was die Braut betrifft, so war sie dem eisenharten Willen der Eltern so unbedingt ergeben, daß wir fürs erste unentschieden lassen müssen, wie weit ihr eigener sich dem Junker zuneigte. Man weiß ja, daß das Mädchenherz am liebsten selbst wählt und oft einen Freier aus keinem andren Grunde verwirft, als weil er von den Eltern auserwählt worden ist; doch da Junker Kai nur der erste gewesen war, brauchen wir nicht für ihn zu fürchten.

Nach dieser – nicht ganz unnötigen – Abschweifung setzen wir unsre Geschichte fort. Als der Jäger sein ganzes Unglück erzählt hatte, was er nicht verheimlichen konnte, da sowohl der Schreiberbursche als auch sein erster Wegweiser und der Hirschreiter vielleicht selbst es dennoch bekanntgemacht haben würden, brach der strenge, harte und in seinem Zorn oft fast rasende Herr in die herzlichsten und aufrichtigsten Verwünschungen über den Wilddieb aus; und unter diesem Regen von Wünschen fiel auch ab und zu etwas auf den armen Niels ab, der aus Furcht vor dem Hausherrn seine ebenso wohlgemeinten Flüche herunterschlucken mußte.

Sobald dieser erste Stoß des Zornessturms an Gewalt nachgelassen und dem Verstande Platz gemacht hatte, wurde vorläufig ein Plan zu rascher und ausgiebiger Rache entworfen: der freche Verbrecher sollte ergriffen und als der, der nun leicht der Wilddieberei überführt werden konnte, in die Hände der Justiz und von da nach gehöriger Vorbereitung nach Bremerholm geliefert werden. Der Haken war nur, ihn sicher zu fangen; denn erfuhr er auch nur das geringste von der Gefahr, würde er wahrscheinlich fliehen und Weib und Kind im Stich lassen. Der an seiner allerempfindlichsten Stelle so schwer verwundete Gutsbesitzer wollte am liebsten sofort von dannen; es war noch so viel vom Tage übrig, daß man gerade bei Einbruch der Nacht die Hütte des schwarzen Mads hätte erreichen können.

Aber die gnädige Frau, in deren Rache sich stets sichere Pläne und reiflichere Überlegungen zeigten, stellte ihrem ungestümen Ehemann vor, daß das Dunkel auch die Flucht des Missetäters und – wenn diese verhindert werden würde – eine verzweifelte Verteidigung begünstigen würde; besser also, etwas nach Mitternacht auszuziehen, so daß die ganze bewaffnete Macht bei Tagesanbruch die Hütte umzingeln und erobern könnte.

Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen und der Junker eingeladen, an Gefahr und Ehre der Expedition teilzunehmen. Auch der Verwalter, der die Ankunft des neuen Schreiberburschen rapportieren kam und seine mitgebrachten Empfehlungsschreiben des Verwalters auf Vestervig vorzeigte, wurde beauftragt, sich gleichzeitig mit Gärtner, Großknecht und Stallknechten bereitzuhalten sowie einen Bauernwagen mitzunehmen, der dem Zuge folgen sollte.

Unter den notwendigen Vorbereitungen hierzu ging die Sonne unter und der Mond auf, und der Leser hat Zeit, Atem zu holen, bis wir uns zu dem folgenden inhaltsreichen Kapitel begeben.

 

3.
Der Kobold.

Wer kennt nicht – wenigstens dem Namen nach – dieses Wesen, dessen kleine Streiche fast alle das Kennzeichen gutmütiger Ausgelassenheit tragen? Wer hat nicht von seiner kleinen rundlichen Gestalt und seiner roten Jakobinermütze reden hören, dem Symbol uneingeschränkter Freiheit? Wer weiß nicht, daß das Haus, das er sich zum Aufenthaltsort wählt, gegen Feuersnot und andre Gefahren völlig gefeit ist?

(Um es später nicht zu vergessen, will ich gleich in Parenthesen anmerken, daß es auch Schiffskobolde gibt, deren Funktion darin besteht, daß sie in der Nacht – im Schattenriß, wenn ich so sagen darf – einen Entwurf zu all der Arbeit machen, die am nächsten Tage ausgeführt wird: Anker lichten oder werfen, Segel hissen oder reffen – was also Sturm bedeutet. Ja, er hält sich nicht einmal für die Tätigkeit eines Schwappergasts für zu gut, sondern reinigt ganz säuberlich das Deck. Wohlunterrichtete behaupten, daß dieser Spiritus navalis auch seine nahe Verwandtschaft mit dem Haus- oder Landkobold in Schelmenstücken zeigt. Bisweilen dreht er den Mastflügel, löscht das Licht im Kompaßhaus, neckt den Schiffshund, und wenn sich an Bord ein Passagier befindet, der die See nicht vertragen kann, wird man sehen, wie der Schelm mit herzerweichenden Mienen in den Eimer bricht. Soll das Schiff untergehen, springt er die Nacht vor der Abreise über Bord, besteigt ein andres Schiff oder schwimmt an Land. Schließlich muß ich bemerken, daß, da es nur sehr wenigen gegeben ist, diese luftige Person zu sehen, seine Warnungen nur selten von Nutzen sind.)

Der Hauskobold, mit dem wir es hier in Sonderheit zu tun haben, ist ein wahrer Segen für die Wohnung, die er mit seiner Gegenwart beehrt; sie ist sicher gegen Feuer, Sturm und Diebeshände. Wer wollte es daher mit den Sprüngen des kleinen Burschen so genau nehmen? Daß er bisweilen eine kleine Reittur im Pferdestand unternimmt und sich dadurch in Schaumschweiß bringt, geschieht doch nur, um sich eine nützliche Bewegung zu verschaffen; daß er eine Kuh früher als das Mädchen melkt, tut er nur, um sie etwas früher am Morgen zum Aufstehen zu bringen; daß er sich hier und da ein Hühnerei nimmt, sich mit der Mies auf dem Boden jagt oder einen Nachttopf umwirft, wer wollte ihm das so übel aufnehmen oder ihm deshalb das bißchen Weihnachtsgrütze mißgönnen, daß ihm in einen Winkel des Bodens hinzusetzen keine bedachtsame Hausfrau unterläßt? Nur in den Fällen, in denen es unterlassen wird, nimmt sein Charakter einen schwachen Anstrich von Rachelust an; denn dann kann die Hausmutter ziemlich sicher sein, daß ihre Grütze anbrennt oder ihre Suppe überkocht. Ihr Bier wird sauer werden oder ihre Milch sich nicht käsen lassen, oder sie muß sich darein finden, einen ganzen Tag zu buttern, ohne Butter zu bekommen.

Nun wohl, ein solches kleines Hausgespenst hatte seit undenklichen Zeiten (und hat noch, glaube ich) seinen Aufenthalt auf Ansbjerg, obgleich man annehmen durfte, daß dieser Herrensitz nicht sein einziger Aufenthalt war; denn bisweilen verliefen mehrere Jahre, ohne daß man das geringste von ihm merkte.

Aber gerade zu dieser Zeit, als unsere Geschichte spielt, begann er wieder sein Wesen oder Unwesen zu treiben. Der Gärtner vermißte ab und zu seine schönsten Blumen oder mehrere der größten und reifsten Pfirsiche; das merkwürdige war, daß beides bisweilen morgens in Fräulein Mettes Kammer gefunden wurde, woraus man mit Wahrscheinlichkeit schließen durfte, daß diese Dame bei dem mehrfach erwähnten Kobold gut angeschrieben war. Ferner erzählten die Stallknechte, daß es viele Nächte nicht richtig mit den Pferden zuging, und am Morgen fand sich eins von ihnen so übel zugerichtet, als ob es auf einem langen, heftigen Ritt benutzt worden war. Sie versicherten – und wer wollte daran zweifeln? – daß sie oft in den Stall gelaufen waren; aber dann war plötzlich alles still gewesen. Nur einmal glaubten sie die fatale rote Mütze gesehen zu haben, und seitdem mischten sie sich nicht mehr in die Angelegenheiten des Kobolds. Und daran taten sie recht.

Was diesen Berichten noch mehr Gewicht beilegte, war, daß Jäger Niels, als er eines Abends aus Viborg kam und weder betrunken noch verrückt war, trotzdem nicht in der Lage war, den Weg von Demstrup nach dem Gut zu finden, obgleich der so gerade wie eine Schnur ging und es Mondschein war. Ob er wollte oder nicht, er mußte in die Storhuserlen, wo die rote Mütze mehrere Male zwischen den Baumstämmen hervorlugte. Da er seinen Mann stand, rief er das Gespenst an; aber jedesmal wenn er seinen Mund auftat, fiel er und hörte ebenso oft ein häßliches Lachen, das bald wie von einem Auerhahn, bald wie von einer Heerschnepfe klang. Als er schließlich beschmutzt und zerrissen aus dem morastigen Dickicht herausgefunden hatte, hörte er hinter sich das Reh röhren und die Schnepfe pfeifen, obwohl es weit über die Röhr- und Schnepfenzeit hinaus war. So unumstößliche Zeugnisse unterließen nicht, einen tiefen Eindruck auf das ganze Personal des Hofes zu machen, besonders auf das weibliche. Ja, der gnädige Herr selbst nahm solche Nachrichten mit einem bedeutungsvollen Schweigen auf.

So standen die Dinge, als der Zug gegen den schwarzen Mads unternommen wurde, was in Ansbjergs Geschichte Epoche machte und viele Jahre später als eine Aera gebraucht wurde, so daß es lange hieß: »Das war in demselben Jahr, in dem wir nach dem schwarzen Mads auf Jagd waren; es war zwei, es war drei Jahr später« usw.

Mit gespannter Erwartung warteten die Zurückgebliebenen den ganzen Tag auf die Exekutionsarmee, Es wurde Mittag, Abend und Mitternacht, und noch war von keinem etwas zu hören oder zu sehen. Man beruhigte sich mit der Vermutung, daß der Delinquent von seiner Behausung gleich nach Viborg geführt sein müßte; in diesem Falle konnte es schon den ganzen Tag in Anspruch genommen haben, und nach einem so ermüdenden Marsche war es billig, daß die Truppen einen Abend Erholung und eine Nacht Ruhe in der Stadt fanden. Auf Grund dieser höchst wahrscheinlichen Hypothese gingen Herrschaft und Gesinde zur Ruhe; nur ein Diener blieb auf.

Endlich, eine Stunde nach Mitternacht kam Junker Kai und sein Reitknecht. Doch ehe ich weitergehe, wäre es wohl angebracht, die Ursache zu seiner späten Heimkehr und dem völligen Ausbleiben der andern zu erklären.

Die Hütte des Wilddiebs, die er selbst in einem sehr einfachen Stil mit Wänden aus Rasen und Dach aus Heidekraut, das ungebunden auf krummen, in Form von Sparren zusammengefügten Eichenzweigen ruhte, erbaut hatte, hatte eine, als Festung betrachtet, vorteilhafte Lage. Mitten in einem Moor, das zwei reichliche Meilen im Umkreis umfaßte, erhob sich eine kleine Erhöhung, die auch nicht das gewaltsamste Tauwetter jemals unter Wasser setzte, und wohin mindestens ein Berittener nur über einen schmalen Erdstreifen kommen konnte, der sich zwischen Torfgräben und Quellwässern hinschlängelte. Auf dieser hatte der schwarze Mads seine idyllische Wohnung aufgeschlagen, wo er mit Weib und vier Kindern von der Jagd lebte. Das große Wild wurde roh, gesalzen und geräuchert verspeist; das kleinere wurde unter der Hand zusammen mit Hirschfell und Fuchsbälgen verkauft, und für das erlöste Geld Brot und Fleisch gekauft. Milch erbettelten Frau und Kinder von den in der Nähe wohnenden Bauern.

Gerade als der Tag zu dämmern begann, erreichten der Herr von Ansbjerg und sein Heer das Moor. Jäger Niels, als der, der das Terrain genau kannte, ritt nun vorauf und führte glücklich die ganze vereinigte Macht zu der Stelle, wo die Hütte liegen sollte. Mit Erstaunen stierte er vor sich hin: es war keine Hütte zu entdecken; und doch war es bereits so hell, daß man sie notwendigerweise hätte sehen müssen. Das erste, wozu er griff, war – seine gewöhnliche Zuflucht in jeder Not und Verwirrung – ein langer, kräftiger Fluch.

Der gnädige Herr, der dazukam, um den Anlaß zu so einer herzlichen Ergießung zu erfahren, gab seinem Jäger einen ebenso herzlichen Morgengruß und behauptete, er wäre in die Irre geritten und hätte sie auf einen unrichtigen Weg geführt. Aber dieser, der seiner Sache sicher war, versicherte, ja rief ein Dutzend schwarzer Engel zu Zeugen an, daß die Hütte da liege, daß aber Mads sie unsichtbar gemacht haben müsse und das wahrscheinlich mit Hilfe seines guten Freundes – des mit dem Pferdefuß; denn es war außer jedem Zweifel, daß er, wie das Volk sagt, »das Gesicht zu verdrehn« verstand.

Der Herr war schon geneigt, dieser Ansicht beizupflichten, als der wahrscheinlichsten, als der Junker, der weitergeritten war, ausrief: »Hier ist Feuer angelegt!«

Alle eilten nun herzu, und bald entdeckte man, daß die ganze Hütte in Asche lag, in der noch hier und da Gluten aufleuchteten.

Diese Entdeckung führte Jäger Niels zu dem Ergebnis, daß jene vielgenannte langschwänzige Person ihn und die ganze Brut geholt habe.

Der Junker dagegen war der Ansicht, daß er selbst seine Hütte abgebrannt haben und darauf geflüchtet sein könnte.

Da es während dieser Debatte heller Tag geworden war, untersuchte man die Brandstelle genauer, fand aber nichts andres, als Asche, Qualm, Kohle und verbrannte Knochen, die die Jäger als Hirschknochen erkannten. Gemäß der Hypothese des Junkers beschloß man, die umliegende Heide zu durchsuchen, da der Flüchtling mit Familie und Bagage doch unmöglich sehr weit gekommen sein könnte. Zu diesem Ende teilte man sich in vier Haufen, um in allen vier Windrichtungen zu suchen; der Junker wählte mit seinem Reitknecht und einem andern Knecht die östliche – vielleicht um Ansbjerg und der Braut um so näher zu sein; doch vergebens waren alle seine Bemühungen. Zwecklos ritt er hierhin und dorthin und ermüdete nur sich selbst, seine Leute und die Pferde. Bisweilen glaubte er, etwas bewegliches in der Ferne zu erblicken; doch bei näherer Untersuchung fand er, daß es Schafe oder Stapel von Heidetorf waren.

Einmal war er ganz sicher, Menschen ungefähr an der Stelle zu sehen, wo jetzt die deutsche Kirche liegt; aber je näher er kam, desto undeutlicher wurden die Gestalten, bis sie schließlich ganz verschwanden. Der Reitknecht erklärte diese optische Täuschung mit einer alten Sage, daß hier in alten Zeiten eine Schlacht stattgefunden habe und daß die Geister der Gefallenen noch bisweilen ihr blutiges Spiel wieder aufnähmen. Ja, als Hütejunge hatte er oft bei Sonnenaufgang ganze Regimenter aufmarschieren sehen, Offiziere zu Pferde die Reihen auf und niedersausen, die feindlichen Heere sich mengen und schlagen, bald das eine weichen und bald das andere. Zu Zeiten seines Großvaters dagegen hatte man deutlich die Kommandorufe der Anführer hören können, das Schmettern der Trompeten, das Klirren der Waffen und die Klagerufe der Verwundeten.

Der Junker aber, der etwas von fata morgana gehört und auf dem Meere Zeuge ähnlicher Phänomene gewesen war, lachte seinen geistersehenden Diener aus und verfluchte den schwarzen Wildschütz mit seiner ganzen Nachkommenschaft bis ins vierte Glied. – Bei den Dispositionen zu diesem vermaledeiten Streifzug hatte man – was bisweilen in wichtigeren Kriegen vorkommt – vergessen, für Proviant, die notwendige Basis des Heldenmuts, zu sorgen. Der dritte Teil der Division des Junkers wurde also ausgesandt, um das Versäumte wieder herzustellen; aber da der Knecht gegen Abend noch nicht zurückgekehrt war, beschloß der verhungerte Junker, die Nase wieder heimwärts zu richten. Doch, das war leichter gedacht als getan: die Pferde waren ebenso ermüdet und verschmachtet wie die Reiter. Es ging daher sehr langsam, und man war nicht imstande, früher aus der Heide herauszukommen, als die Dunkelheit einbrach. Die Folge war, daß man sich verirrte und erst nach Mitternacht Ansbjerg erreichte.

Um weitere Rücksprünge zu vermeiden, will ich hier kurz berichten, daß die andern Divisionen ebensowenig Glück hatten; sie fanden nichts von dem, was sie suchten. Vergebens durchsuchten sie jedes Torfmoor, vergebens umkreisten sie jedes Tal und jede Senkung, jede Anhöhe und jeden Hügel. Vergebens fragten sie bei allen angrenzenden Dörfern und Einzelhöfen: vom schwarzen Mads hatte man nicht das geringste gesehen oder gehört. Der Tag ging, und es mußte für Nachtherberge gesorgt werden. Der Ansbjerger selbst landete auf Ryghave, wovon er erst nach zweitägiger glücklicher Auerhahnjagd nach Hause gelangte.

Hochgeehrte Leser und Leserinnen! Alle, die diese wahre Geschichte in die Hand nehmen, in ihrem eigenen Interesse will ich ihnen raten, das folgende nicht allein im Zimmer und bei Licht zu lesen. Aber sind es mehrere, dann schadet es nicht, daß sie so nahe wie möglich zusammenrücken – es kommt eine Spukgeschichte!

Der müde Junker hatte kaum dem Hunger seinen Tribut gezahlt, als er ernstlich daran dachte, dem Schlafe den seinen zu entrichten. Er befahl daher dem Diener, ihm in sein Schlafzimmer zu leuchten; doch als dieser die Tür öffnen wollte, geschah es, daß er den Schlüssel abbrach, so daß der Bart im Schloß sitzenblieb. Was war nun zu machen? Die Tür, das Schloß, den Schlüssel, den Schmied, den Diener und den schwarzen Mads dazu – wegen einer Ungeschicklichkeit – zu verfluchen, wurde ohne Nutzen versucht. Um das Schloß abzunehmen, brauchte man Brecheisen und Hammer, und außerdem würde der dadurch verursachte Lärm das ganze Haus wecken.

Zu welchem Zweck hatte er sich denn bisher so still verhalten, ja, – um nicht die Damen in ihrer Ruhe zu stören, – sich mit einem Stück kalten Bratens begnügt, das der Diener ihm auf einem Schleichwege zu verschaffen gewußt hatte? In solchem Falle ist der erste Rat der beste; auch hierfür wußte der Diener einen. »Die Turmkammer!« sagte er mit halbleiser Stimme und einem unbestimmten Blick zu dem Junker.

Bei Nennung dieses wohlbekannten, aber übel berüchtigten Zimmers überlief ihn ein leichter Schauer; aber er bemühte sich, die Furcht sowohl vor dem Diener als auch vor sich selbst durch ein forciertes Lächeln zu verbergen und durch die in gleichgültigem Tone hingeworfene Frage, ob das Bett auch zurechtgemacht sei. Die Antwort lautete bejahend; denn die gnädige Frau hatte hier stets für den Notfall ein gemachtes Bett, obgleich es seit Menschengedenken nicht benutzt worden war. Da sie selbst die Schlüssel zu den andern Fremdenzimmern aufbewahrte, eine solche Vorsicht bei diesem jedoch für unnötig fand, da es nur ein Bett, ein paar Stühle und einen Tisch enthielt und außerdem durch eine geistige Sauvegarde für hinreichend geschützt gegen Diebeshand angesehen wurde, halfen nun keine weiteren Ausflüchte oder Einwände.

Der Junker ließ sich dort hinaufweisen, und nachdem der Diener ihn entkleidet und das Licht auf den Tisch gesetzt hatte, ging er und schloß hinter sich die Tür.

Es war eine halbdunkle Herbstnacht. Der abnehmende Mond näherte sich seinem letzten Viertel; seine krumme Halbscheibe stand tief am Himmel und schien in das einzige, hohe und schmale Bogenfenster der Kammer. Es stürmte; kleine Wolken trieben – wenn man so sagen kann – in raschem, fast regelmäßigem Takt über den Mond; ihre Schatten glitten, wie Bilder in der camera clara, an der weißen Wand hin und verschwanden im Kamin. Das Bleifenster klirrte unter den Windstößen, es pfiff und zischte in den Scheiben, es donnerte im Schornstein, die Kamintür klapperte.

Junker Kai war kein Feigling; sein Herz saß wohl noch ziemlich nahe an der rechten Stelle. Aber die Eigenschaft, die wir Mut nennen, ist von einer ganz relativen Beschaffenheit, ebenso mannigfaltig in ihren Äußerungen wie in ihren Voraussetzungen, von denen sie abhängt. Mancher Krieger, der ohne zu zittern Kugeln und Bajonetten entgegengeht, wird nicht ohne Herzklopfen allein im Dunkel eine Kirche betreten; und der, der mutig eine Fahne aus den feindlichen Scharen herausholt, wird sich vielleicht nicht überreden lassen, um Mitternacht das Messebuch vom Altar oder einen Schädel aus dem Beinhaus zu holen. Der Soldat, der als Mann auf dem Festlande steht, bebt vielleicht auf dem ihm ungewohnten furchtbaren Meer, und der Seemann, der über Sturm und Wogen lächelt, wird ganz ernst zwischen Büchsen und Säbeln. Der, der ein Regiment kommandiert, hat bisweilen nicht den Mut, eine Frau zu kommandieren, und ein andrer, der die Frau unter der Fuchtel hat, geht scheu dem Blick jedes bösen Mannes aus dem Wege. Es gibt welche, die vor nichts in der Welt Angst haben, als vor ihrem eigenen Gewissen; andre verstehen, diesen Rebellen zu unterdrücken, obgleich sie in allen andern Hinsichten Herzen wie Hasen haben.

Auch unseres Junkers Mut war nicht ganz vollkommen; er konnte seinen Mann stehen, sein Pferd reiten – und wenn es ein Pukephalos war – kurz, er fürchtete sich vor keinem lebenden oder richtiger keinem körperlichen Geschöpf; aber vor Geistern hatte er allen möglichen Respekt. Zeit und Umstände, aber besonders der üble Ruf des Zimmers brachte sein Blut in schnelleren Gang, und alle alten Spukgeschichten stellten sich ganz ungebeten vor seiner exaltierten Einbildungskraft ein – Phantasus und Morpheus stritten um seinen Besitz; der erstere hatte die Übermacht. Er wagte nicht, die Augen zu schließen, sondern starrte unablässig auf die gegenüberliegende Wand, wo die ungeformten Schatten allmählich Gestalt und Bedeutung zu bekommen schienen. Unter solchen Umständen ist es ein Trost, den Rücken frei und alle seine Gegner en face zu haben.

Er richtete sich daher auf, schlug die Gardine am Kopfende bei Seite und sah zurück. Das Bett stand in einer Ecke; an den Füßen, doch etwas weiter hin, war das Fenster; gerade gegenüber dem Bett die eine breite Wand, der Kamin und hinter diesem die Tür. Seine Augen glitten an dieser vorbei zur Rückwand. Dort hing ein altes Bild, ein mannhafter Ritter in Stahl und Harnisch, mit einem Gesicht so groß wie ein Kürbis, umwogt von dichten schwarzen Locken. Hierbei verweilte sein spähender Blick. Es zeigte sich und verschwand, je nachdem die Wolken vom Monde gingen oder ihn bedeckten. Im ersteren Falle schien das Gesicht sich zu einem Lächeln zu erweitern, im letzteren in düsterem Ernst zusammenzuschrumpfen. Vielleicht ein früherer Besitzer dieses Herrensitzes, der nun unter einem fremden Besitzer, nachdem sein Geschlecht vielleicht ausgestorben war, Platz in diesem Winkel gefunden hatte und sich durch nächtlichen Besuch wegen der gleichgültigen und verächtlichen Behandlung der Nachkommen rächte. Wie die Schatten an der Wand jagten Mut und Furcht einander in der Seele des Junkers. Endlich forcierte er Mut, legte sich nieder und überließ sich ganz Morpheus Gewalt.

Nach der stärksten Ermüdung schläft man nicht am ruhigsten. Vielleicht hatte er noch nicht eine halbe Stunde geschlummert, als er durch einen Lärm erwachte, als ob ein rostiges Türschloß geöffnet wurde.

Unwillkürlich machte er die Augen auf; sie fielen auf die gegenüberliegende Tür, wo sich eine weiße Gestalt zeigte und fast in demselben Augenblick verschwand – die Tür ging mit einem leisen Knirschen zu. Eine prickelnde Kälte lief ihm über den Kopf, was wir durch die Redensart ausdrücken: die Haare sträuben sich. Doch blieb er noch Herr über seine Furcht: die Einbildungskraft hatte noch nicht ganz die kalte Vernunft bezwungen. »Es kann der Diener gewesen sein,« dachte er, »der – obgleich entkleidet – hatte nachsehen wollen, ob das Licht gelöscht war.«

Einigermaßen beruhigt durch diese Hypothese zog er seinen Blick zurück, sah aber nun vor dem Fenster die oberste dunkle Hälfte einer menschlichen Gestalt. Der Umriß von Kopf und Schultern war ganz deutlich und die Außenränder vom Schein des Mondes beleuchtet; sie schien den Rücken zuzukehren. Der Schreck gewann die Oberhand und dämpfte seinen Atemzug. Die Gestalt seufzte, hob die eine Hand in die Luft und schrieb auf die Scheiben. Da schwand der Mut des Junkers; es ging ihm wie Bellazar: »er entfärbte sich, und seine Gedanken erschreckten ihn, daß ihm die Lenden schütterten, und die Beine zitterten.«

Was war hier zu tun? An Flucht war nicht zu denken; denn suchte er die Tür, durch welche das weiße Wesen verschwunden war, konnte er in einen Hinterhalt fallen; das Fenster verteidigte sich selbst, und weitere Ausgänge hatte er nicht bemerkt. Allerdings gibt es eine Zuflucht, zu der viele in solchen Fällen greifen würden – unter die Bettdecke zu kriechen; aber da es bekannt genug ist, daß manche Gespenster so grausam scherzhaft sind, daß sie sogar das Bettdeck auf die Erde ziehen, möchte ich nicht unbedingt den Gebrauch dieses Mittels anraten. Entweder kannte unser Junker es gar nicht oder aber er schämte sich, es anzuwenden. Ja, sein natürlicher Mut erhob sich noch einmal zu der Höhe, daß er die Gestalt mit einem: »Wer da?« anrief.

Bei diesem Ruf schien sie eine schnelle Wendung zu machen, antwortet jedoch nicht; und nach einigen Augenblicken sank sie ganz langsam unter das Fenster hinab und seitdem war nichts mehr zu hören oder zu sehen.

Kein verirrter Wanderer kann sich so innig nach dem Tageslicht sehnen wie der arme Junker. Er durfte seine Augen nicht schließen, aus Furcht, wenn er sie wieder öffnete, etwas zu sehen zu bekommen, was er nicht wünschte. Er starrte immer noch viel mehr auf die Tür, den Kamin und das Fenster mit ängstlicher Erwartung; er lauschte mit ständig gespannter Aufmerksamkeit, hörte aber nichts andres als das Wehen des Windes, das Klirren der Scheiben und seinen eigenen Atemzug. Schließlich brach der Tag an, und sobald es hell genug geworden war, jeden Gegenstand im Zimmer zu unterscheiden, stand er auf und untersuchte es mit der größten Genauigkeit. Vergebens, er fand keine Spur des nächtlichen Besuchs; die Kamintüren waren geschlossen; die Tür zur Kammer ebenso; das Fenster hatte alle seine Haken fest, und weitere Ausgänge gab es nicht. Er hatte also den Glauben in Händen und beeilte sich, diese unruhige Nachtherberge mit dem aufrichtigen Vorsatz zu verlassen, sie nie wieder zu betreten.

Sobald die Herrschaft sich zum Frühstück versammelt und der Junker Rapport über den mißlungenen Zug abgelegt hatte, stellte ihm die gnädige Frau die natürliche Frage, wie er nach so vielen Strapazen geschlafen habe.

»Sehr gut!« lautete die Antwort.

Das Fräulein lächelte: »Habt Ihr nicht im Turmzimmer geschlafen? Ich glaube, mein Mädchen hat mir davon erzählt.«

Der Junker bejahte; da er aber vor seiner Braut seine Furcht verbergen wollte, fand er es nötig, seine nächtliche Bekanntschaft ganz zu verleugnen.

Das Fräulein schien ebenso, versessen, ihm ein Bekenntnis abzunötigen; sie versicherte, daß man es an seinen Augen sehen könne, daß er nicht geschlafen habe, und daß er so außerordentlich bleich aussehe.

Um dieses peinliche Verhör zu beenden, erklärte er das beschuldigte Zimmer für durchaus purifiziert und setzte hinzu, daß sie gern selbst darin schlafen könne, wenn sie nur Mut dazu habe.

»Da glaube ich auch,« sagte sie lachend, »daß ich es einmal versuchen werde!«

Hiermit schien diese Materie erschöpft, und man ging zu andern über.

Nach der Heimkehr des alten Herrn vergingen ein paar Tage, bis die Turmkammer wieder berührt wurde; denn zunächst hatte man vollauf damit zu tun, die vielen verschiedenen Arten zu überlegen, aufzustellen und zu beurteilen, auf die der schwarze Mads hätte gefangen werden können, sowie die wahrscheinlichsten Hypothesen über seinen jetzigen Aufenthaltsort zu erfinden. Und dann nahm es eine lange Zeit in Anspruch, umständlich und genau die zweitägige Auerhahnjagd auf Rydhave zu erzählen.

Da nun auch dieser reiche Stoff schließlich erschöpft war – das will sagen, da die Geschichte jedes geschossenen und verfehlten Vogels erzählt, befriedigende Gründe für jeden Fehlschuß angeführt, scharfsinnige Vergleiche zwischen Hunden und Gewehren usw. usw. angestellt waren – begann das Fräulein das Gespräch auf das berüchtigte Zimmer zu lenken, indem sie ihrem Vater von dem Nachtlager des Bräutigams dort erzählte und ihn auf dessen ungewöhnlichen Ernst aufmerksam gemacht hatte. Er hatte in diesem seinem zweiten Verhör zwei Inquisitoren, von denen besonders die junge Dame ihm mit ihren schelmischen Spötteleien so an die Klinge ging, daß er es schließlich gut fand, sein früheres Leugnen zurückzunehmen und einzugestehen, daß er sich nichts daraus machte, noch öfter dort zu schlafen.

»Gehört sich das für einen Kavalier,« sagte das Fräulein, »vor einem Schatten Angst zu haben? Ich bin nur ein Frauenzimmer und doch will ich versuchen, ein solches Abenteuer zu bestehen.«

»Das kostet meinen Fuchs,« erwiderte der Junker, »Ihr wagt es nicht!«

»Ich setze meine Belle dagegen!« rief sie.

Man glaubte, es sei Scherz von ihr; aber da sie hartnäckig an der Wette festzuhalten behauptete, bemühten sich sowohl der Bräutigam wie der Vater, sie von einem so gewagten Unternehmen abzubringen. Sie war nicht zu bewegen. Nun sah der Junker es also für notwendig an, alles rein zu beichten. Der Alte schüttelte den Kopf; Fräulein Mette lachte und behauptete, er habe geträumt, und um ihn davon zu überzeugen, fand sie sich um so mehr verpflichtet, ihr Versprechen zu erfüllen.

Der alte Herr, dessen Vaterstolz durch den Mut der Tochter geschmeichelt wurde, gab ihr nun seine Zustimmung; und alles, was Junker Kai erreichen konnte, war, daß eine Klingelschnur am Bett angebracht wurde und daß ihr Kammermädchen auf einem Feldbett in demselben Zimmer liegen sollte. Das Fräulein bedang sich dagegen aus, daß alle Menschen auf dem Gut in ihren Betten verbleiben sollten, damit es nicht nachher heiße, man habe das Gespenst verscheucht, und daß niemand nach elf Uhr noch Licht haben dürfe. Vater und Bräutigam mußten Nachtquartier in der sogenannten vergoldeten Gastkammer nehmen, die nur durch einen langen Gang von der Turmkammer getrennt war. Bei ihnen hing die Glocke, mit der die junge Dame im Notfall Sturm läuten konnte. Die Mutter – nicht weniger heroisch als die Tochter – gab willig ihr Einverständnis zu dem Abenteuer, und die nächste Nacht wurde zu seiner Ausführung bestimmt.

 

4.
Die Entführung.

Falls ich bei jemand die Erwartung auf einen neuen Spuk erweckt haben sollte, tut es mir wirklich leid, und das um so mehr, als der erste vielleicht nun auch eine natürliche Erklärung finden und mit einem: »Phh! Weiter nichts!« enden dürfte. Aber so freut es mich wiederum, daß ich zum Ersatz für eine richtige Spukgeschichte mit einer so regulären Entführung aufwarten kann, wie es sie je in Romanen gegeben hat, eine Entführung nicht am Tage, sondern in der Nacht, nicht zu Wagen, sondern zu Pferde.

Die wichtige Nacht, die über das Schicksal des Fuchses und der Isabelle entscheiden sollte, ließ der Herrschaft und dem Gesinde nur wenig Ruhe; alle lagen in gespannter Erwartung der Dinge da, die da kommen sollten. Katzenmiauen, Eulenschrei, Hundegekläff verjagten den Sandmann jedesmal, wenn er angeschlichen kam. Die Stallknechte hörten die Pferde schnaufen, schnarchen und ausschlagen; dem Großknecht kam es vor, daß man Säcke über den Boden schleppte; der Meierin war es genau so, als ob das Schaukelbutterfaß in Gang wäre; und die Haushälterin vernahm deutlich, daß in der Speisekammer rumort wurde. Es kam auch nicht mehr Schlaf in die vergoldete Kammer. Der Herr und der Junker lagen schweigend da und sahen bisweilen nach der kleinen silbernen Glocke, die zwischen ihnen hing; doch sie war und blieb stumm. Als die Turmuhr eins schlug, begann der Junker seine Wette für halb verloren zu betrachten, tröstete sich aber damit, daß Verlust an seine Frau doch nur von der einen Hand in die andre ist.

Um es kurz zu sagen, die Nacht verging, und zwar – was die Turmkammer angeht – so ruhig, als ob es nie Spuk in der Welt gegeben habe. Mit dem ersten sichtbaren Tagesschimmer standen beide nur halbbekleidete Herren auf und eilten mit einem Morgengruß zu der kühnen Geisterbezwingerin. Sie pochten an die Tür – kein »entrez!« – beide mußten wohl noch im süßen Schlummer liegen.

Papa öffnete – man trat ein – Peste! Das Bett des Fräuleins war leer und die Bettdecke zur Seite geworfen.

»Bravo!« rief der Junker. »Sie ist echappiert, und die Isabelle ist mein.«

Der alte Herr sagte kein Wort, wandte sich aber zu dem Bett des Mädchens um; sie schien auch nicht sichtbar zu sein. Aber als er die Bettdecke hochhob, lag sie da wirklich, glühend rot und schweißdampfend wie im heftigsten Fieber. Auf die erste dringende Frage des Herrn antwortete sie nichts, sondern stierte ihn nur mit einem verstörten, wahnsinnigen Gesicht an. Schließlich fand sie ihre Sprache wieder und berichtete in einer abgerissenen und unzusammenhängenden Rede, daß sie kurz nach Mitternacht ein fürchterliches Gespenst habe durch die Wand kommen sehen. Entsetzt habe sie sich unter die Bettdecke verkrochen, die sie auch nachher nicht zu lüften gewagt hätte; was noch weiter geschehen sei, wüßte sie nicht. Doch zeigte sich das bald; denn das Fenster war geöffnet und darunter stand eine Leiter – Fräulein Mette war entführt; doch von wem?

Welcher Aufstand auf dem ganzen Gut! Welches Lärmen, Schreien und Jammern! Verwünschungen ohne Gegenstand, Fragen ohne Antwort.

»Ihnen nach!« war der nächste Gedanke des Vaters und des Bräutigams.

Die gnädige Frau, die besonnenste von allen, schlug zunächst eine allgemeine Heerschau (wie es auf dänisch heißt) vor; und der Herr nahm sie in eigener Person vor: er rief jedes lebende Wesen bei Namen auf und erklärte schließlich, daß er niemanden vermißte. Die ganze aufgestellte Besatzung befand sich in demselben Irrtum, bis Frau Kirsten fragte: »Wo ist der Schreiberbursche?«

»Der Schreiberbursche! Der Schreiberbursche!« erklang es von Mund zu Mund.

Man sah sich um, man sah aufeinander, man sah auf sich selbst – nein! Der Schreiberbursche war wirklich nicht da. Der Verwalter und ein paar andre eilten nun nach der Schreiberstube und der Herr rief dem Stallknecht zu: »Sattle auf und aus der Tür wie Donner und Blitz!«

Der Verwalter kam bald zurück, außer Atem und ängstlich mit dem Bericht, daß der Vermißte wirklich fort sein müsse; denn das Bett verriete, daß letzte Nacht dort keiner gelegen habe; seine Sporen und seine Reitpeitsche wären auch nicht zu finden. In demselben Augenblick kam ein Stallknecht angelaufen und erzählte, daß Isabel weg war. Alle standen versteinert da in gegenseitiger stummer Beschauung, bis Frau Kirsten die Stille brach.

»Unser Fräulein Tochter«, sagte sie, »konnte nicht von einem Schreiberburschen entführt sein; aber er hat sich hier als Spion eingeschlichen. Es ahnt mir, daß der Räuber aus dem Westen ist – seht nach, ob Ihr ihn nicht auf dem Weg nach Vium aufspüren könnt. Und nun davon! Es ist noch möglich, sie zu erreichen; denn Isabelle kann nicht sehr weit mit zweien laufen.«

Ihre Vermutung war richtig; auf dem bezeichneten Wege sah man die Spur eines scharf trabenden Pferdes, und als weiteren Beweis fand man nicht weit vom Gute eine Schleife und etwas weiterhin einen Handschuh, beide Fräulein Mette gehörig.

Bewaffnet mit Büchsen, Pistolen und Säbeln eilten nun der Herr, der Junker, der Verwalter, der Jäger und vier andre wohlausgerüstete Knechte davon, und die Frau rief ihnen nach: »Bringt sie tot oder lebendig!«

Ein Stück wollen wir den Ansbjerger auf seinem zweiten Zuge begleiten. Bis Vium lief die Spur deutlich, aber hier hätte man sie verloren, wenn nicht ein Bauer, bei dem man anfragte, berichtet hätte, er habe ein paar Stunden vor Tag Pferdegetrappel westlich von der Stadt gehört. Man folgte diesem Wink und fand die Spur; sie ging in derselben Richtung am Hvamer Krug vorbei. Hier erfuhr man, daß die Hunde vor ungefähr zwei Stunden einen Höllenlärm verübt hätten. Die Schnelligkeit der Flüchtenden hatte nachzulassen begonnen, eine Spur, die sich auch deutlich zu erkennen gab. Die Verfolger kamen nach Sjörup. Hier hatte ein Knecht, der aus irgendeinem Anlaß vor dem Hofe stand, ein Pferd vorbeikommen hören und darauf zwei zu sehen geglaubt. Aber nun hörte die Spur auf. Hier verliefen verschiedene Wege, alle mit tiefen und engen Radspuren – welche war die richtige? Die Flüchtlinge hatten keine davon verfolgt, vermutlich aus Furcht, daß das Pferd fallen würde, sondern waren in das Heidekraut hineingeritten.

Man machte Halt, um Rat zu halten. Von zwei Hauptwegen verlief einer nach Nordwesten, einer nach Südwesten und einer dazwischen. Während diese, der eine nach dem andern, in Augenschein genommen wurden, kam die Rede auch auf das wichtigste Ereignis der Nacht und besonders auf den verdächtigen Schreiberburschen. Einer der Knechte erzählte, es käme ihm so vor, als hätte er ihn irgendwo schon früher gesehen, da er bei der Kavallerie gestanden habe, aber wo, konnte er sich nicht erinnern. Ein anderer hatte ein paar Tage vorher einen Unbekannten heimlich mit ihm im Walde sprechen hören, und es kam ihm so vor, als ob dieser ein paarmal »Herr Kornet!« gesagt habe. Nun ging dem alten Herrn plötzlich ein Licht auf.

»Ha!« rief er. »Dann nehmen wir den mittelsten Weg! Der geht nach Vestervig. Ich möchte darauf schwören, daß der Schreiberbursche niemand anders ist als der dritte Sohn des Majors, der als Kornet bei den Kürassieren stand. Ich entsinne mich, daß Frau Kirsten mich einmal vor ihm gewarnt und gesagt hat, daß er hinter Fräulein Mette her wäre. Und Ihr« – er rief den Verwalter.

»Gnädiger Herr!« nahm dieser das Wort, »Ihr habt ja selbst das Schreiben des Verwalters von Vestervig gesehen; er hat uns alle zum Narren gehalten, oder auch der Brief ist falsch gewesen. Dabei war er so still, ordentlich und arbeitsam, so höflich und so demütig, daß es mir niemals eingefallen wäre, er sei ein adliger Herr.«

»Die Herrschaft liegt im Monde«, sagte der Alte und setzte sein Pferd in Trab; »wer zuerst den Deserteur zu sehen bekommt, dem gebe ich drei Kronen«.

Die Truppe hatte wohl anderthalb Meilen zu reiten, bis sie die gesuchte Furt durch den Karuper Bach erreichte. Inzwischen will ich, mit Erlaubnis des Lesers, dorthin voraneilen und mich den Flüchtenden nähern, die gerade jetzt das andre Ufer berühren.

Die arme Isabelle, durch ihre doppelte Last und den schnellen Lauf der ersten Meile ermattet, ging langsam und schwankend den Heidekrauthügel hinauf. Der Kornet – denn er war es wirklich – sah sich oft mit besorgter Miene um und holte sich jedesmal einen Kuß bei seiner süßen Mette, die in Reittracht hinter ihm saß und ihn eng umschlungen hielt.

»Seht Ihr noch nichts?« fragte sie ängstlich; denn selbst wagte sie sich nicht umzusehen.

»Noch nicht«, erwiderte er; »aber ich fürchte – die Sonne steht bereits ein Stück über der Erde; sie müssen nach uns unterwegs sein – wenn der Gaul es nur aushalten kann!«

»Aber der Wagen Eures Bruders?« fragte sie nach einer Pause.

»Der hätte uns am Bade bei Tagesanbruch treffen sollen«, erwiderte er, »ich kann nicht verstehen, was ihn aufgehalten hat. Wir haben noch zwei Meilen, bis wir aus der Heide heraus sind, und wenn sie inzwischen die richtige Spur gefunden haben –«

Indem er so sprach, hatten sie die Höhe erreicht und die große westliche Heide breitete sich nun wie ein Meer vor ihnen aus; doch kein Wagen, kein lebendes Wesen war zu entdecken. Der Kornet hielt an, um das Pferd verschnaufen zu lassen, und machte eine halbe Wendung, um so bequemer die nun zurückgelegte östliche Alheide übersehen zu können. Auch sie war kahl und öde, nichts zu sehen außer einzelnen Torfmieten, nichts zu hören außer dem Gurren der Auerhähne, dem Sausen des Flusses, dem Schnaufen der Isabelle und ihren eigenen Seufzern. Eine Weile hielten sie so, bis das Fräulein Idas Schweigen mit der Frage unterbrach: »Bewegt sich nicht dort ganz in der Ferne etwas?«

Sie sagte es mit gedämpfter Stimme, als ob sie sich davor fürchtete, daß es auf der andern Seite der Wüste gehört werden könne.

»Es ist keine Zeit, länger zu warten«, erwiderte er; »ich fürchte, das ist Euer Vater, der von drüben her kommt.«

Mit diesen Worten drehte er wieder nach Westen und spornte das Pferd.

»Ach, mein Vater!« seufzte sie und umschlang noch fester ihren Entführer.

»In Ungarn,« sagte er, »daß ist nun fünf Jahre her – lagen wir in einem Dorf in Nachtquartier. Am Morgen wurden wir von den Türken überrumpelt. Als ich zu Pferde stieg, standen bereits mehrere Häuser in Flammen; wir mußten retirieren, und ich war einer der letzten. Ungefähr eine halbe Viertelmeile von der Stadt kam ein kleiner Ungar, ein Junge von zehn, zwölf Jahren, mir nachgelaufen, verfolgt von einem Trupp Janitscharen. Er war halbnackt. Lange konnte er es nicht aushalten. Ich ritt zurück und nahm ihn aufs Pferd; in diesem Augenblick hatte der erste Janitschar uns erreicht. Ehe er fiel, gab er mir diese Erinnerung hier übers Gesicht. Aber ich rettete meinen kleinen Ungar. Er ist bei meinem Bruder und sollte uns heute entgegengekommen sein. Meine Teuerste! Mir war damals besser zu Mute als jetzt.« Er sah sich wieder um: »Es scheint so, als kämen sie näher – forciere ich den Gaul, stürzt er.«

Sie ritten ein Stück weiter – er mit bedrücktem, sie mit ängstlich klopfendem Herzen.

»Ich muß gehen«, sagte er und stieg ab, »das wird ihm viel helfen. Seht Euch nicht um, liebstes Fräulein!«

»Ach Gott!« rief sie. »Sind sie es?«

»Es sind sieben oder acht«, erwiderte er; »soweit ich sehen kann, sind sie beritten.«

»Wieweit können sie entfernt sein?« fragte sie wieder.

»Etwas über eine halbe Meile – drei Viertelmeilen«, erwiderte er.

Trotz seiner Ermahnung sah sie sich wieder um.

»Ich sehe niemand«, rief sie.

»Ich jetzt auch nicht«, sagte er, »aber sie sind wohl unten in einem Tal – da kommt einer wieder vor, und noch einer – komm, komm arme Belle!« rief er und zog sie hinter sich her. »Du machst doch sonst einen krummen Hals und hebst deine Füße hübsch hoch; jetzt schleifst du sie über den Boden und streckst deinen Kopf aus wie ein Fisch, den man mit Gewalt aus dem Wasser ziehen muß.«

Nach einer Pause fragte das Fräulein: »Ob sie uns sehen können?«

»Sie reiten uns gerade nach,« erwiderte der Kornet, »sie gewinnen immer mehr –«

»Himmel,« rief sie, »wenn sie uns erreichen! Ach, ich fürchte, mein Vater wird Euch töten; aber ich will Euch mit meinem schwachen Leibe schützen, liebster Holger! Ich kann Euch nicht überleben!«

Unter diesen ängstlichen, ununterbrochenen Gesprächen waren sie ungefähr eine halbe Meile vom Bache in die Westerheide gekommen. Die Verfolger waren nun dicht am östlichen Ufer; sie waren bereits deutlich zu unterscheiden und zu zählen. Die Angst der Flüchtenden war nahe daran, in Verzweiflung überzugehen – kein Schimmer von Rettung. Der Kornet schnaufte mit dem Pferd um die Wette; das Fräulein weinte.

Da erhob sich plötzlich vor ihnen ein großer braungekleideter Mann aus dem hohen Heidekraut, eine Büchse in der einen Hand und einen niedrigen Hut in der andern. Die Flüchtenden hielten an.

»Wer da? Woher bist du?« rief der Kornet militärisch.

»Daher,« erwiderte der Mann, »wo die Häuser draußen stehn und die Gänse barfuß gehn; und woher seid Ihr und wo wollt Ihr hin? Aber halt! Haben wir einander nicht kürzlich gesehen? Seid Ihr nicht der Mann, der für mich eingetreten ist, als Jäger Niels mich erledigen wollte?«

»Der schwarze Mads!« rief der Kornet.

»So nennt man mich,« erwiderte der Wildschütz; »aber wie kommt es, daß ich Euch hier treffe so früh am Morgen mit einer so kleinen Jungfer? Ihr seid wohl auch auf Wilddieberei gewesen? Kann ich Euch mit etwas helfen, müßt Ihr es mir sagen!«

»In der Not,« sagte der Kornet, »ist der nächste Freund der beste. Ich bin der Sohn des Majors auf Vestervig und habe mir eine Liebste von Ansbjerg geholt. Ihr Vater mit einem Trupp Reiter ist hinter uns her. Kannst du uns retten oder uns verbergen, will ich dir danken, solange ich lebe, und dich belohnen, so gut ich kann; aber es muß gleich sein,« setzte er rasch hinzu, indem er sich umwandte, »denn da kommen sie auf der andern Seite des Baches.«

Mads hielt seinen Hut vor die Augen gegen die Sonne. »Wahrhaftig!« sagte er. Da haben wir ihn selbst und alle seine Kerle. Verwandte sind die schlimmsten Freunde, sagte der Fuchs, als die roten Hunde hinter ihm her waren. Wollt Ihr mir versprechen, daß Ihr niemals verratet, wo ich Euch hinführe, dann will ich sehen, Rats zu finden!«

Das Fräulein versprach und der Kornet schwor.

»Nu hört mal zu, Kinderchen!« fuhr er fort. »Sie reiten jetzt gerade die letzte Höhe auf der andern Seite des Baches hinauf; bis sie wieder auf dieser Seite sind, geht ein gut Stück hin, und sie können nicht sehen, was wir hier machen. Inzwischen wollen wir ihnen einen Zaun bauen, über den sie nicht so leicht wegspringen können.«

Mit diesen Worten legte er die Büchse hin, nahm sein Feuerzeug heraus und schlug Feuer. Darauf raffte er ein paar Handvoll Moos zusammen, hielt das Feuerzeug daran, pustete, bis es Feuer fing, und warf dann das Moos in das Heidekraut, wo das Feuer sofort knisternd und prasselnd um sich griff. Während dieser Beschäftigung, deren Absicht die Flüchtlinge nicht sofort begriffen, fuhr der schwarze Mads fort, seinen Gedanken in folgenden abgebrochenen Sentenzen Luft zu machen: »Der Wind hält zu uns – und das Kraut ist trocken – nun kann Jäger Niels bald seine Pfeife anstecken – jetzt hat er zum zweiten Mal etwas von meinem Feuerzeug – der Mann wird wohl schön wegen seiner Auerhähne fluchen und dominieren – weil ich sie ohne Sauce brate – aber Not kennt kein Gebot – und ein braver Kerl hilft sich selbst – seht mal, jetzt glimmt es!«

Damit stand er auf und sagte zum Kornet: »Macht nun so, wie Ihr seht, daß ich es mache! Reißt ein Krautbüschel aus, steckt es an, lauft dann zehn Schritt nach Norden und steckt an! Reißt weiter aus, lauft und steckt an! Immer nach Norden, bis Ihr an den Haufen Kraut da kommt, den Ihr hier ein paar Büchsenschuß weit seht! Ich mache es ebenso nach Süden hin; und dann laufen wir ebenso rasch wieder hierher zurück. Das Fräulein muß solange hier bei den Pferden bleiben. – Das ist bald gemacht. Jetzt fangen wir an! Vorne hell und hinten dunkel!«

Nach dieser Formel begann der Wildschütz zu operieren. Der Kornet folgte seiner Anweisung, und in wenigen Minuten stand eine Heidestrecke von einer halben Meile Breite in vollem Brand, und beide Anzünder trafen sich wieder bei der Dame.

»Nun ist das erste Frühstück verdient!« rief Mads. »Kommt nun mit mir und nehmt mit einer armen Behausung vorlieb! – Aber, Tod und Teufel, was machen wir mit dem?« Er gab Isabelle einen Klapps mit der flachen Hand. »Kannst du allein nach Haus finden?«

»O!« erwiderte das Fräulein. »Sie folgt mir, wohin ich gehe –«

»Nein, das darf sie bei Gott nicht; denn dann verrät sie uns. Die Tür zu meinem Haus ist allzu eng, und draußen dürfen wir sie nicht stehen lassen. – Du bist eigentlich noch zu gut, um abgeschafft zu werden,« sagte er zu dem Tier, indem er Sattel und Gepäck abnahm; »aber jeder ist sich selbst der nächste.«

Der Kornet, der seine Absicht verstand, nahm seine Braut bei der Hand und zog sie ein paar Schritt bei Seite, als wollte er sie vor dem Feuer schützen, das – wenn auch langsam – sich dennoch auch gegen den Wind fraß. Der Wildschütz nahm seine Büchse, spannte, stellte sich neben das Pferd, hielt sie hinter das Ohr und drückte ab. Das Fräulein wandte sich mit einem Angstgeschrei um und sah gerade die arme Isabelle in das Heidekraut sinken, ohne den geringsten Laut von sich zu geben. Ein paar mitleidige Tränen rannen über die bleichen Wangen des Mädchens herab.

»Der Gaul ist so tot wie ein Fisch!« rief Mads tröstend. »Er hat nicht einmal den Knall gehört.« Und damit nahm er das Zaumzeug ab, legte Sattel und Gepäck auf die eine Schulter, die Büchse auf die andre und setzte sich in Gang. Er ermunterte die Flüchtlinge, ihm zu folgen, was sie nur konnten, mit der freudigen Versicherung, daß es nicht so weit bis zu seinem Schlosse wäre. »Und seht Euch nur nicht um,« fügte er hinzu, indem er seine Schritte verdoppelte und verlängerte; »sondern denkt an Loths Weib!«

Wenn auch in Reittracht, konnte das junge Mädchen nicht sehr lange aushalten, in dem hohen Heidekraut zu gehen. Sie strauchelte und verwickelte sich oft in die Zweige, weshalb der Kornet, ohne erst um Erlaubnis zu bitten, sie auf seine Arme nahm und trotz ihres Sträubens weitertrug.

Obwohl das spezifische Gewicht eines hübschen Mädchens dem eines häßlichen aequal sein muß, so habe ich mir doch sagen lassen, daß erstere doch viel leichter zu tragen sein soll, namentlich für einen jungen und verliebten Kavalier. Man darf infolgedessen nicht den geringsten Zweifel an meiner Wahrhaftigkeit hegen, wenn ich berichte, daß der Kornet, ohne auszuruhen, seine Braut ungefähr eine Viertelmeile trug. Wohl bot ihm der schwarze Mads mehrmals an, die Bürde mit ihm zu tauschen; doch da er unter Kopfschütteln ablehnte, können wir wohl verstehen, daß ein solcher Wechsel nicht seiner Berechnung entsprochen haben würde. Daß das Fräulein ununterbrochen, den einen Arm um seinen Hals, mit der andern Hand seinen Hut abnahm und ihn fächelte, mußte sie ja auch leichter und ihn stärker machen.

»Jetzt sind wir zu Haus!« rief endlich der Führer, indem er Sattel und Bündel am Fuße eines kleinen heidekrautbewachsenen Hügels hinwarf.

»Wo?« rief der Kornet und trennte sich gleichfalls von seiner Last. Er sah sich um, ohne etwas entdecken zu können, das einer menschlichen Wohnung glich. Ein Verdacht stieg plötzlich in seiner Seele auf, verschwand aber fast im selben Augenblick. Wäre der Mann ein mörderischer Räuber gewesen, hätte er ja längst seine Untat verüben können, ohne Gegenwehr zu fürchten, solange er nämlich selbst im wahrsten Sinne beide Hände voll hatte.

»Hier!« erwiderte jener, indem er ein sehr großes und breites Torfstück aufhob und zur Seite legte. »Vor ein paar Tagen wohnte ich über der Erde; da konnte ich nicht bleiben. Aber nur eine arme Maus hat bloß ein Loch.«

Während er dies sagte, legte er vier, fünf große, doch für einen starken Kerl handliche Steine bei Seite und nun zeigte sich eine Öffnung, geräumig genug, um hineinzukriechen.

»Das sieht ja aus, als habe man hier Füchse ausgehoben!« sagte der Kornet.

»So soll es aussehen,« erwiderte Mads, »doch bevor wir hineingehen, wollen wir uns umsehen – nicht wegen der Ansbjerger; die können noch lange nicht an dem Brande vorbeigekommen sein – aber es könnten vielleicht andre in der Nähe sein.«

Man spähte nach allen Seiten; nach Süden, Westen und Norden, kein lebendes Wesen war zu entdecken, und die ganze östliche Seite war in so dicke Rauchwolken gehüllt, daß die Strahlen der Morgensonne sie nicht zu durchdringen vermochten.

»Bitte bücken Sie sich!« sagte Mads, indem er auf allen Vieren hineinkroch. »Und folgt mir nur! Die Tür ist niedrig; aber die Stube hat schon Platz für uns. Euer Gepäck werde ich schon holen.«

Mit einiger Beschwerde folgten sie dem Wegweiser und befanden sich bald in der unterirdischen Wohnung, einer geräumigen Stube, deren Wände aus schweren Feldsteinen errichtet waren und deren Decke aus dicht aneinander gelegten Balken bestand. Von ihr herab hing eine Lampe, die mit ihrem matten Schein nur dunkel die vorhandenen Gegenstände beleuchtete, wie: auf der einen Seite zwei Betten, ein größeres und ein kleines, auf der andern eine Bank, einen Tisch, ein paar Stühle und ein paar Hängeschränke. In dem kleinen Bett lagen drei nackte Kinder, die bei der Ankunft der Fremden wie junge Wildenten unter die Decke tauchten. Auf dem Rande des großen Bettes saß Lisbeth, Mads Madame, und band sich einen Strumpf, den sie vor Erstaunen mit beiden Händen in den Schoß sinken ließ. Am Tische stand ein kleiner rothaariger Mann, vom Hals bis zu den Knien in Leder gekleidet, den der Wirt seinen Gästen als seinen guten Freund Michel Fuchsschwanz vorstellte.

»Wir gruben einmal hier,« setzte er lächelnd hinzu, »nach seinem Halbbruder, und da fanden wir dies Versteck. Mikkel meint, es sei in alter Zeit eine Räuberhöhle gewesen; aber vielleicht ist es auch ein Riesengrab gewesen, denn hier standen ein paar schwarze Töpfe mit Asche und Knochen darin.« – Bei dem Wort Räuberhöhle fuhr ein Schauer über die junge Dame. Der Bräutigam merkte es und sagte auf französisch: »Fürchtet Euch nicht, meine Teure! Hier sind wir sicher. Aber es schmerzt mich, daß die erste Wohnung, in die ich Sie führe, Ihnen Schreck und Abscheu einjagen soll.«

»Ich will Ihnen all meine Herrlichkeiten zeigen,« fuhr der Wildschütz fort, indem er eine Tür im Hintergrunde öffnete. »Hier ist meine Küche, wo wir nur des Nachts Feuer haben dürfen; hier ist auch meine Speisekammer,« setzte er hinzu, auf einen Salztrog und einige Hirschkeulen weisend, die im Rauch über dem Kamin hingen; »Brot und Fleisch habe ich, und einen Tropfen Meth kaufte ich in Viborg für das letzte Hirschfell.« Mit diesen Worten setzte er einen Krug und eine Holzschüssel mit den erwähnten Eßwaren auf den Tisch. »Eßt und trinkt, so viel Ihr wollt, von dem, was das Haus zu bieten hat! Und wenn Ihr weiter wollt, sollt Ihr einen sicheren Wegweiser erhalten.«

Der Kornet drückte die Hand des ehrlichen Troglodyten und sagte: »In diesem Augenblick habe ich nichts andres zu bieten, als meinen herzlichsten Dank –«

»Ich nehme keinen an,« sagte der schwarze Mads; »aber versprecht mir nur, daß ihr niemals mich oder meine Höhle verraten wollt!«

Mit den heiligsten Versicherungen wurde dieses Gelübde gegeben; und die Verliebten genossen nun ein Frühstück, das der Hunger und die Freude über ihre Rettung doppelt wohlschmeckend machte.

Auf den Vorschlag des Wirts faßten sie den Entschluß, den Abend abzuwarten, bis sie aufs neue die unterbrochene Reise antraten. Unterdes erbot sich Mikkel, daß er auf Rekognoszierung ausgehen wollte, sowohl um die Verfolger zu beobachten als auch um Nachricht über den aus Vestervig erwarteten Wagen einzuholen. Das erste Mal kam er nicht weiter als bis zur Öffnung der Höhle und berichtete von dort, daß jene nun den Heidebrand umritten hätten und in zwei Abteilungen nach Westen weiterzögen. Einige Stunden später wagte er sich ein Stück in die Heide hinaus und kehrte mit der Nachricht zurück, daß sie nun nach Nordwesten ritten, und daß die Heide wahrscheinlich nun vor ihnen sicher sei, da sie nicht vermuten könnten, daß die Flüchtenden sich noch darin befänden, und sie gewiß durch falsche Nachrichten auf falscher Fährte wären. – Etwas über Mittag gingen er und der Wirt aus – der erste, um einen Wagen nach einem der im Westen liegenden Dörfer zu bestellen.

Der letztere kam nach einer halben Stunde zurück und erzählte, daß er draußen einen jungen Burschen getroffen hätte, der ihm verdächtig vorkam. Nach seiner Sprache könnte es ein Deutscher sein. Er fragte nach dem Hvamer Krug, und ob diesen Tag nicht Reisende vorbei gekommen wären. Der Kornet fragte näher nach dem Aussehen und der Kleidung dieses Menschen; und nach der Beschreibung konnte er nicht länger daran zweifeln, daß es sein Ungar sei. Sie gingen nun beide hinaus und es glückte ihnen, ihn ungefähr eine Viertelmeile von der Höhle einzuholen.

Wir wollen uns nicht lange bei dem Bericht des Ungarn über die Ursache für das Ausbleiben des Wagens aufhalten, die darin bestand, daß er und der Kutscher den Karuper Bach mit einem verwechselt hatten, der ein paar Meilen westlicher verläuft, bei dem sich also der Wagen noch befand. Ebenso kurz wollen wir auch bemerken, daß er etwas vor Mittag von den nachsetzenden Reitern angehalten und gefragt worden war, und daß er sich nicht allein schlau aus diesem Verhör herausgezogen hatte, sondern ihnen auch einen Weg gewiesen, der nach seiner Vermutung sie nicht auf die Spur der Flüchtlinge führte, über deren Schicksal er sonst in der peinlichsten Ungewißheit geschwebt hatte.

Schließlich halte ich mich auch nicht für befugt zu einer größeren Weitläufigkeit in der Entwicklung der Katastrophe, sondern will – wie andre Romanschreiber – zum Ende eilen: der Kornet und seine Braut kamen glücklich den folgenden Morgen nach Vestervig, wurden dort Mann und Frau und erhielten fürs erste vom Besitzer, dem ältesten Bruder, einen kleinen Allodialhof in Thy als Wohnstatt.

Junker Kai mußte zunächst mit einer langen Nase abziehen, bekam aber dafür ein Jahr später – ein noch reicheres Fräulein von Fühnen. Der Ansbjerger und seine Frau zogen ihre Hand vollständig von der Tochter ab und waren – trotz aller ihrer und des Mannes reuevoller Schreiben – nicht zu versöhnen.

 

5.
Der Pferdegarten.

An dem westlichen Ende des Ansbjerger Waldes liegt ein offener Platz, ein ziemlich großer Rasenplatz, ganz von alten hochehrwürdigen Buchen umgeben. Am ersten Nachmittag des Pfingstfestes versammelt sich hier alljährlich der größte Teil der Bewohner der umliegenden Kirchspiele. Viele Häuser stehen an diesem Tage leer, und mehrere werden nur von Blinden und Bettlägerigen bewacht; denn Hinkende und Krüppel – wenn ihnen nur nicht der Gesichtssinn fehlt – müssen sich doch einmal im Jahre in dem neuausgesprungenen Walde belustigen und einen hellgrünen Buchenzweig heimbringen – wie Noahs Taube ehemals – in die dunkle Wohnung, oft eine Arche Noah im kleinen.

Welche Freude! Welch Gewimmel! Der Pferdegarten – so heißt dieser Versammlungsort – ist dann mit einem ungeheuren Bienenkorb zu vergleichen: beständige Unruhe, unaufhörliches Drängen, hin und her, aus und ein, alle nur damit beschäftigt, den Honig der Freude einzusaugen und die belebende Sommerluft zu schlürfen. Wie sie eilen, wie sie von Blume zu Blume flattern, grüßen, sich berühren, sich trennen, vertraulich, leicht und behende! Wie viele Junggesellen haben hier die Königin ihres Herzens gefunden oder finden sie hier! Wie treu folgt der Bursch seinem Zeiger! Selbst außerhalb dieses mächtigen Korbes hört man ein unablässiges Summen und Brausen – der Schwarm, der ausschwärmt.

Je näher du kommst, desto lauter ertönt der muntere Lärm. Das dumpfe einförmige Getöse löst sich in Rufen, Gesang, Gelächter, Blätterknallen, den Klang der Geigen und Flöten auf. Es wimmelt heraus und hinein an den grünen Rändern des Waldes, das Volk in seinem besten Sonntagsstaat, die Honoratioren in kleidsamer Sommertracht, die Kavaliere in Schwarz, die Damen in Weiß.

Ist hier Tanz? Ja, hier ist Waldball, Tanz auf dem elastischen Rasenboden. Siehst du nicht hier an der Buche jenen Dorfspielmann hoch über dem umringenden Schwärm? Siehst du nicht, wie rasch sein Bogen auf- und niederstreicht zwischen blumengeschmückten Hüten? Und dort eine ordentliche Quadrille, ein wirklicher Schottisch.

»Bin ich im Tiergarten? In Charlottenlund?« fragst du. »Seht, wieviele Wagen! Schöne Equipagen! Kutscher in Livree, Pferde mit versilbertem Geschirr, Zelte mit Restaurationen, kalter Küche und Backwerk! Kaffeekessel auf dem Feuer! Die Familie im Grase gelagert um den mitgebrachten Eßkorb!«

Du bist im Pferdegarten. Das ist der Abendgesang in der Lysgaarder Harde, der Huldigungstag der schönen, ewig jungen Natur, der Kurtag des Waldes, der Triumpf des Sommers. So wird er nun gefeiert, bis die Sonne untergeht und der Wald wieder den verjagten Vögeln und Tieren überlassen wird; aber früher versammelte sich hier nur das Volk aus den zwei oder drei nächsten Kirchspielen. Doch ist dieses unschuldige Freudenfest sicherlich eine alte Sitte und ebenso alt wie der Wald selbst.

Zehn Jahre nach der im vorigen Kapitel – in soweit beendeten – Begebenheit war, wie gewöhnlich, Sommerfest im Pferdegarten.

Ein Mann, von dessen Enkel ich in meiner Jugend die Geschichte hörte, hat davon wie folgt erzählt: »Es war das erste Jahr, als ich auf Kaersholm beim Verwalter diente. Ich hatte meine Braut in Vium; sie war mit Pastors etwas verwandt. Den ersten Pfingstfeiertag gab sie mir ein Stelldichein im Pferdegarten, wo wir uns auch so zeitig trafen, daß wir beide die ersten waren. Wir wanderten nun eine Stunde oder zwei im Walde umher, bis der Lärm und der Laut einer Violine uns verkündete, daß die Leute versammelt waren. Wir gingen dahin, um zuzusehen. Wir setzten uns und betrachteten die Tanzenden. Nach Verlauf einiger Zeit sah ich, daß sich auf dem Wege, der nach Ansbjerg ging, zwei vornehme Herren, eine Dame und zwei kleine Jungen näherten.

Da ich ganz unbekannt in der Gegend war, fragte ich meine Braut, wer das wäre.

»Still!« erwiderte sie. »Das ist die Herrschaft. Der große starke Mann, das ist der alte Herr, der vor fünf Jahren Witwer geworden ist. Der junge mit der Narbe auf der Wange ist sein Schwiegersohn, das Frauenzimmer seine Tochter und die beiden kleinen Junker ihre Kinder. Vor zehn Jahren stahl der junge Herr sie bei Nacht. Solange die alte Frau lebte, war an keine Versöhnung zu denken; aber als sie tot war, ließ der alte Herr sich doch bewegen und nahm sie zu sich. Wenn er einmal stirbt, erben sie Haus und Hof.«

Sie blieben einige Zeit stehen und vergnügten sich damit, die Bauern zu betrachten, und danach gaben sie ihnen etwas zu trinken. Auf einem Windbruch nicht weit von meiner Braut saßen zwei ältliche Männer mit einem Bierkrug zwischen sich und rauchten ihre Pfeifen. Die Herrschaften gingen zu ihnen, worauf sie sich erhoben und ihre Pfeifen aus dem Munde nahmen.

»Bleibt sitzen!« hörte ich erst den jungen Herrn sagen. »Jetzt kommt Ihr besser zurecht als damals, als du Feuer für Niel's Pfeife am Karuper Bach schlugst.«

»Ja, gnädiger Herr!« versetzte der älteste der Angeredeten mit einem Lächeln. »So klein ist ja kein Tier, daß es nicht für sein Leben ficht – schlecht ging es und gut war es!« Die Herrschaft lachte.

»Paß auf«, sagte der alte Herr, indem er fortging, »daß du dem Hirsch nicht in die Zacken gerätst, auf dem du reitest!«

Sie lachten wieder recht herzlich, und ich konnte ab und zu das Gelächter des Ansbjergers hören, das hohl wie von einer Rohrdommel tief drinnen im Walde klang.

»Was hatte das zu bedeuten?« fragte ich meine Braut. »Und wer sind diese beiden alten Leute?«

»Der eine«, erwiderte sie, »der im grünen Frack mit dem grauen Hut, das ist der Jäger. Der andere in den braunen Kleidern ist der Förster Mads, der in der Nähe wohnt und den der junge Herr mitgebracht hat. Die Geschichte mit dem Hirsch werde ich dir erzählen.« Während sie das tat und mir gleichzeitig die ganze Geschichte von der heimlichen Verlobung der jungen Leute erzählte, fielen meine Augen auf ein paar Leute, die ganz allein ein Tänzchen machten, während alle anderen dastanden und sie begafften.

»Wer ist das?« fragte ich. »Sie sehen mir etwas sonderbar aus, besonders der junge Kerl in den langen gelben Lederhosen, in der blauen Jacke mit den vielen Knöpfen und der merkwürdigen Mütze auf dem Kopf.«

»Das ist kein Junggeselle«, erwiderte sie, »sondern ein verheirateter Mann, und das ist seine Frau, mit der er tanzt.«

»Das ist ein schnurriger Tanz!« rief ich. »Er stampft so stark auf den Boden und führt sie so stolz einher wie ein Truthahn; das ist kein richtiger polnischer Tanz.

»Das soll auch ungarisch sein«, erwiderte sie, »denn er ist da aus der Türkei her und kam mit dem jungen Herrn aus dem Kriege hierher. Er ist Schreiber und er ist Gärtner und er ist alles in allem auf dem Hofe. Seine Frau hat der gnädigen Frau viele Jahre als Kammermädchen gedient, und es heißt, sie hat ihr damals fortgeholfen, als sie den Eltern fortlief.«

Und damit ist die Geschichte ganz zu Ende. Viele Menschenalter liegen zwischen ihr und uns. Es ist geläutet und gesungen worden über verschiedenen Geschlechtern, seitdem die beschriebenen Personen zur Ruhe gegangen sind. Sowohl der alte als auch der junge Herr sind längst in der dortigen Gegend vergessen, und vom schwarzen Mads weiß keiner mehr etwas zu sagen. Der Hof hat oft den Besitzer gewechselt; das Gut ist verkauft und zersplittert.

Nur von der Räuberhöhle hat sich eine dunkle und verworrene Sage erhalten. In der großen Heide, eine halbe Meile Wegs westlich vom Karuper Bach, liegen ein paar Heidekrauthügel, die immer noch jenen düsteren Namen tragen und stets tragen werden; aber niemand denkt daran, daß dort einmal eine Freistatt für zärtliche und treue Liebe, ein Himmel unter der Erde gewesen ist.


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