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Die Österreicher taten im August ihr Möglichstes, sich bei Lemberg und angriffsweise in Südpolen der lehmgelben Springwelle entgegenzustemmen, doch ihre Tapferkeit erlag der Übermacht. Deutscherseits hatte Schlieffens Testamentplan Räumung Ostpreußens ins Auge gefaßt, der Unentschlossene liebt aber halbe Entschlüsse, so verteidigte man es mit ganz unzureichenden Kräften, die unmöglich lange hindern konnten, daß die Mordbrennerbanden Väterchens bis ins Herz der Provinz vormarschierten. Die später aufgebrochne A. Samsonow wird mit ihren 10 Div., 3 Kav. D., 1 Schützenbrig. deutscherseits zu hoch auf 270 000 geschätzt, doch 220 000 Streitbare, inkl. Artillerie (636 Gesch.), betrug sie jedenfalls, da jede russische Div. 16 Bat. zählte und die Artillerie zahlreich war. A. Rennenkampf, inkl. R. A. Grodno umfaßte 2., 3., 4., 20., 22. K. 3. Sibirische K., 5. Schützenbrigade, 53., 54., 56., 57., 72., 76. R. D., 5½ (1., 2. Garde) Kav. D., also annähernd 330 000 Gewehre, 30 000. Kav., 35 000 Art. (996 Gesch.). Die Nichtstreitbaren und Hilfswaffen dürfen wir beiderseits nicht rechnen, da dies ins Uferlose führt. Deutscherseits darf die Kriegsstärke eines Regiments auf 73 Off., 3100 Mann geschätzt werden. (Das Bataillon sollte eigentlich 1200 Mann haben, erreichte aber nur äußerst selten eine nur entfernt gleiche Höhe). Nachdem die 8. A. im September verstärkt war um 11. K. und Garde R. K., welchen auch noch 64., 93. R. (Berlin) sich anschlossen, sowie 8. Kav. D. bestand sie aus 37 Aktiv, 15 Res., 17. L. W. Regimentern nebst 20 Ers., 6 Jäger, 7 Pionier Bat., L. St. ungerechnet. Diese höchstens 235 000 Gewehre (1200 Gesch.), waren das Maximum dessen, was man bis November gegen Rußland ausspielen konnte, und man darf nicht vergessen, daß die Russen schon im September allerlei Verstärkungen erhielten. Im August waren anfangs höchstens 160 000 Gewehre versammelt und davon am Entscheidungspunkt keine 140 000. An Artillerie sicher erst 20 Feld- und Fußregimenter nebst 20 L. W. Batterien (794 Gesch.), an Kavallerie 17 Regt. nebst 18 L. W. Schwadronen gegen fast vierfache russische Reiterüberzahl. Das gibt einen Maßstab dafür, was man mit deutschen Truppen wagen darf.
Die poetisch gefärbte Darstellung Stegemanns, als ob die Österreicher (380 Batl., 176 Schw., 1056 Gesch. im Norden, 390 Batl., 208 Schw., 1012 Gesch. nach Osten) gegen ungeheure Übermacht stritten, paßt nur auf die 3. A., im Ganzen war die Übermacht nicht entfernt so erdrückend wie in Ostpreußen. Und es soll hier gleich betont werden, daß 1. A. Dankl sich nur retten konnte, weil das L. W. K. Woyrsch sich opferbereit sofort den Bedrängern entgegenwarf. Es hatte schon 400 km Marsch hinter sich. Schon am 7., 9. August traten 7. 22., 51. L. W. bei Czenstochau und Kalisch den Östreichern zur Seite (Verlust 6 Off., 267). Beim Vorgehen gegen die Weichsel berührten nur 1., 2. L. W. Kav. und Bat. Kosel der 22. L. W. Gleiwitz den Feind (100), erst am 1. Sept. 11. L. W. Oppeln, 23. Kattowitz bei Lipsko, 7. L. W., 17. Ers. Bat. bei Josefo, bis 9. verloren diese Teile nebst 21. Ers. immer nur noch 230. Sobald aber 4. schlesische L. W. D. in Eilmarsch die Tarnawkahügel erreichte und sich an ihrer eisernen Ruhe die Feindeswogen brachen, opferte sich 51. L. W. Öls zur Rettung der österreichischen Waffenbrüder. (Verl. 1870, auch III/11. allein 500). Stegemann spricht von dreitägigem Standhalten der Posener L. W., was doppelt falsch; diese verlor nur 780 bei Rückzugdeckung, die Schlesier wiesen bis 18. dem Verfolger die Tür und verloren 5700! Dabei 1500 von 4 Ers. Batl., deren General fiel. Auf dem Abmarsch über Janow seit 11. verloren die Posener nur 37!. Stegemann sollte sich weniger auf Malerei verlassen, rote Sonnenuntergänge und vibrierende Sommerhitze! Ernste Kriegsforschung ist keine Schlachtdichtung nach bekanntem Vorbild, wir verzichten auf unsere eigene Spezialität, um nur auf strenge Genauigkeit zu sehen.
Der Pogrom echtrussischer Leute gegen die deutsche Kultur häufte zwar einen Berg von Schandtaten, erhöhte damit aber nur die rachedurstige Erbitterung der Vaterlandsverteidiger. Ostpreußischer Landsturm trat den ersten Kosakenhorden entgegen, die als Herolde der Wilna-Armee Rennenkampf die Grenze überschritten. 11 K., 6 Res., 9 Kav. D., 2 Schützenbrigaden warf der Friedenszar auf Ostpreußen, die besten Truppen des Reiches, schon im Frieden auf Kriegsfuß. Das Westpreußische 17. Allensteiner 20. K. vollendeten noch nicht den Aufmarsch. Doch abschnittweise Verteidigung des 1. K. genügte vorerst, nach Norden gedeckt durch das Sumpfgebiet der Masurischen Seen, Teiche, Tümpel, unabsehbares Gewirr von Geländewellen. 44er und 49. L. W. hielten den Feind vor Lyck auf. Littauer Dragoner südwestlich von Johannisburg. Die angedrohte Reiterüberschwemmung verbrandete kläglich, unsere 1. Kav. D. leerte manchen Sattel. Am 17. Gefecht bei Stallupönen–Mehlkehmen, wo die Insterburger 33. Füs., 3. Königsberger Grenadiere, 43. Pillau, 41. Memel, 4. Rastenburg, 1. Art. zusammen 784 verloren, I/III/44. Goldap, I/III/45., III/33. am 14. und seit Beginn der Feindseligkeiten 513. General Francois handelte überkühn mit nur 3 Brigaden so nahe der Grenze gegen 3 russische Divisionen. Am Nordflügel mußte 1. Brig. zurückgehen und 7 Geschütze stehen lassen; am Südflügel zersprengten aber 2., 4. Brig. derart die 27. r. D., daß sie 6600 verlor; 105. Rgt. ganz vernichtet. Gegen die Vorhut der Warschauer Armee brauchten 18. Rgt. Osterode, 59. Soldau des 20. K., 147., am 16. noch bei Bialla, kaum zu decken (136). Gegen Res. A. Grodno, die erst spät anfaßte, deckten 1. R. K. Below, 3. R. D. Morgen bei Goldap, wo schon 1. Fuß Art. Lötzen, 37. Art. Insterburg und L. W. Batterien 1. K. feuerten. Das hinter der Angerapp gesammelte 17. K. Mackensen nahm die langsam weichende 2. D. auf (237, meist 5. Danzig, 175. Graudenz). 10. Dragoner Allenstein, 11. Lyck des 20. K. im Süden hatten diesseits der Seeplatte mit russischer Kavallerie zu tun, nachdem sie am 14. bis Janow über die russische Grenze streiften. 4., 9., 10. Jäger zu Pferd scharmützelten im Norden nebst 1. R. Drag, bei Goldap (46).
Die 1. D. ging von Stallupönen nicht »nach Gumbinnen«, sondern Mallwischken, weit nördlich davon, zurück, Mackensen nahm am 20. früh Stellung bei Walterkehmen. Prittwitz, Kommandierender 8. A., zog auch 2. D. über die Pissa vor, wo unsere schwache Reiterei der erlesenen Petersburger Garde brav Trotz bot. Die Unbehilflichkeit der Russen, sich relativ wenig von den Zeiten Soltykows unterscheidend, lud freilich zu Angriffsverfahren ein, doch Doppelaufstellung beiderseitig der Pissa kann man gewiß nicht empfehlen. Man ging im altpreußischen Stil, wie einst bei Groß-Jägerndorf, den Barbaren zu Leibe, doch Abzug des 1. K. Francois hätte bedenklich werden können. Er ist daher nicht auf Gumbinnen, sondern exzentrisch auf Insterburg erfolgt, wie die spätere Verladung bei Eylau lehrt. Auch Mackensen ging nicht südlich auf Goldap zurück, sondern teilweise westlich auf die Alle; sein 21. Rgt. stand später am 30. bei Allenburg. Auf der 200 km langen Grenze zwischen Ostsee und Lyck klaffte eine Lücke Tilsit–Angerburg, hier kamen 14 Div. Rennenkampfs herein, die jedoch im Treffen bei Gumbinnen–Lyck wenig erreichten. Francois' wackere Ostpreußen schlugen sich heroisch für ihre Heimat, das 1. K. betrat hier seine lange Ruhmeslaufbahn im Weltkrieg. Wieder zeichnete 2. D. sich besonders aus, 33er voraus, die Russen lieferten 4000 Gefangene, 10 Geschütze aus, 1. D. Conta focht minder glücklich, doch blieb auch hier der Enderfolg gut. 11 Batl. der »Reserve Königsberg« und 2. L. W. Brig. bei Krupischken leisteten wenig auf der Flanke. 1. Grenadiere zeigten sich als eine Nummer Eins, opferten bei Brakupönen 600 auf nur 9 Off., I/III/3. nur 380 auf 11, 4. Rgt. nur 400 auf 15. Die Insterburger Füsiliere, ein 4. Ers. Batl. bei sich, hielten lange Mallwischken und Ederkehmen (8, 450, ihr Oberst fiel), unterstützt von I/III/45. (9, 450), 41. (5, 350). Der Kampf zog sich längs der Bahn Insterburg–Tilsit rechts und links von Mallwischken nordwärts hin, dieser Abschnitt raubte den Russen unzählige Kämpfer. 1., 16. Art. schossen mit furchtbarer Wirkung; erst abends wich man vor wachsender Übermacht. Die Westpreußen brachte Mackensen erst nach 25 km Vormarsch in genügende Stellungen, 35. D. griff verspätet an, erlitt durch die verschanzte 40. r. D. viel Verluste und geriet zuletzt in Panik. Doch befanden sich auch r. 3. K. und 29. D. in Auflösung; 40. D. floh, während im Norden 28. D. allein 7000 verlor, von unserer 2. D. überrannt. Da wir 100 Geschütze mehr als der Feind im Feuer hatten, so trübt nur Mackensens ungeschickte Fechtart die Siegesaussicht, so daß Besorgnis vor der Narewarmee Prittwitz zum Rückzug bestimmte. Inzwischen feuerten 36. Art. Danzig, 72. Stargard (letztere nur mit 2 Batt.) standhaft bei Walterkehmen; schwer und stehend war der Infanteriekampf der 36. D., nur beim 129. vor Sodehnen (auch mit Ers. Batl.), verlor 570, doch der 35. D. 141. gar 8 Hauptleute, 19 Leutnants, 1150. Mackensens übrige Teile, wie 128. bei Grünwaitschen, litten wenig, zum Teil (5., 176.) sehr wenig, die Rechte blieb versagt. Doch opferte die hierher verschlagene 3. Komp. 20. Pioniere allein 4, 60, auch 17. P. 53, 36. Art. 83. Die 1. Kav. D. hieb sich auf der Nordflanke mit der ganzen russischen Reitermasse erfolgreich herum und kehrte, als man für ihren Verbleib fürchtete, mit Trophäen und Gefangenen heim. Besonders 12. Ul., 9. Jg. z. Pf. Als des Zaren Gardedragoner und Leibkosakenbrigade am Bahndamm anritten, fanden sie ein unseliges Ende, zwei junge Großfürsten mit ihnen. Im Platzregen von Granaten bewahrten aber leider die Westpreußen nicht volle Ruhe. Inzwischen wurden nördlich Goldap 1., 36. R. D. schon am 19. angegriffen, III/2. R. bei Tautschillen, 3., 5., 21. R. und beigegebene 54. Pommersche Inf. bei Gaweiten hatten es ziemlich leicht. 1. Fuß, 2. R. Art. entfernten den Feind, 1., 3. R. Drag. (2. verloren 3 Off.). Gardelandwehrschwadron Königsberg (43), Ers. Kav. 2. R. K., als man infolge drohender Umfassung allmählich abzog, hielten noch am 21. Insterburg. Die Russen folgten hier meist dem Beispiel ihres 119. Rgts. zu offener Feldflucht. General Otto Below erwies sich schon beim ersten Auftreten als umsichtig, er behielt 3. R. D. Morgen frisch im Rückhalt als rechte Flankendeckung und schlug besonders 30. r. D. aufs Haupt. Mackensens unglücklicher Anfang ließ spätere Lorbeeren nicht voraussehen. Daß er aber 200 Off., 8000 Mann verloren habe, halten wir für krasse Übertreibung und Verwirrung, indem dabei spätere Kämpfe und vorläufige Versprengte mitgerechnet. Damalige Verlustlisten, bei denen nur die des 141. solchem Maßstab entspricht, belegen derart das Gegenteil, daß wir die Ziffer für Verwechselung mit dem deutschen Gesamtverlust halten. Die Gefechtsverhältnisse zeigen, daß die Westpreußen unmöglich so litten, wenn die Ostpreußen laut Reichsarchiv nur 3000 verloren. Belows Einbuße kann nur gering gewesen sein. Taktisch verlief das ungleiche Treffen so günstig, daß die Deutschen 8500 Gef., 25 eroberte Gesch. mitnahmen. Die Russen fielen zu Tausenden. Ihr Blutverlust seit Anfang August betrug schwerlich unter 25 000. Nach unserem Dafürhalten ist ganz unmöglich, daß wir in diesem Treffen, wo der Feind nur etwa 10 D. entfaltete, »14 500« verloren hätten. Allerdings war sogar das Gefecht der 2. L. W. Brig. am Eichwalder Forst so heftig, daß von ihren 2 verwendeten Bataillonen II/4. L. W. allein 13, 219 verlor. Nach den Listen, wobei wir die Ersatzbatl. der »Königsberger Reserve« bei den betreffenden Regimentern mitrechnen, erhalten wir die Summe 8000. Das 1. K. verlor im ganzen 3200, 17. K. 3500, die Goldapgruppe 720, die Kavallerie ungefähr 230. Zwei der Bespannung beraubte Batterien Mackensens blieben leider liegen. Die Barbaren erhoben darob ein lautes Siegesgeheul, auch prahlten sie: »In Tilsit machten wir große Beute«, wohl von Tilsiter Käse, jedenfalls stanken ihre Greuel gen Himmel.
Nur auf Berennung von Königsberg bedacht, wälzten sie sich äußerst träge auf die Angerapp heran. Schon marschierten 65. Brig. Graudenz, 76. Marienburg südwestlich ab, der Vorsatz bestand, bis hinter die Weichsel zu weichen. Denn nun brach auch die Warschauarmee Samsonow von Mlawa herein. Hinter ihr bei Warschau und am Bobr sammelte General Besobresow sein Gardekorps und 3½ andere Divisionen, sowie 3½ Kav. D. (dabei Kaukasier und Turkestaner) zum Schutz der Festungssperren. Übrigens befand sich außerdem 3. Garde D. beim 23. K. Samsonows noch westlich Mlawa, 1. K. sollte bei Soldau als Deckung gegen Thorn stehen bleiben, 6. K. bei Ortelsburg. 15. K. und seitwärts 13. K. wandten sich vorn gegen gute Stellung des Generals Scholz, der neben sich 6. L. W. Brig. (34., 49.) und 3. R. D. anreihte, doch von ihnen keinen Gebrauch machte. Auf Straße Soldau–Ortelsburg gab es Nachhutgefechte, besonders am 23. bei Orlau, wo 1. Jg., fünf Komp. von 18., 147. fochten, und bei Mühlen, wo vom 150. abnorm 12 Off. auf nur 55 Gemeine bluteten. Sechs L. W. Schwadronen des 17., 20. Korpsbezirks mußten von Mlawa auf Gilgenburg zurück. Im ganzen kostete das Aufhalten der Russen hier nur 375 inkl. Pioniere und 75 Art. Wieso wir »1500« verloren, ist aus den Listen unerfindlich; da müssen Verluste der 37. D. in der Hauptschlacht mitgezählt worden sein. Die Russen verloren freilich 4000 (eine Brigade allein 2900), die Ostpreußen fochten herrlich; es fügte sich, daß die Yorkjäger die Fahne des Rgts. Diebitsch erbeuteten. Wir geben diese Einzelheiten, weil sie belegen, daß sich ein Überlegenheitsgefühl bei den Preußen bilden mußte, das nur eines Feldherrn bedurfte, um zu freudiger Sieghaftigkeit entflammt zu werden. Ohne dies wären die folgenden Großtaten kaum möglich gewesen. Zweifellos spürte man schon russischerseits die taktische und moralische Überlegenheit des Deutschen. Man stand bei Grünwaitschen, südöstlich Gumbinnen, doch selbst Marschkreuzung mit dem Reservekorps Below, das eben nicht gedrängt wurde, wie die V. L. zeigen, störte nicht Mackensens ungefährdeten Abzug. Daß er als Zentrum stehenbleibend beide Flügel deckte, durfte er nur gegen russische Ungeschicklichkeit wagen. Und nun durchzuckte bald die ganze 8. A. die Ahnung, daß nach Verabschiedung von Prittwitz ein ungeahntes Feldherrngenie an die Spitze trat. Auf der Fahrt von Hannover nach dem Kriegsschauplatz besprach der neuernannte Befehlshaber General a. D. Hindenburg mit seinem Stabschef Ludendorff seinen alten lebenslangen Lieblingsplan, wie man die Russen an der Seeplatte einfangen könne, beide schlugen im Eisenbahnkupee bereits die größte Vernichtungsschlacht der Geschichte.
Hört man Stegemann u. a. gewisse Autoren, so hätte Hindenburg nur Kavallerie gegen Rennenkampf belassen, höchstens noch eine Gruppe im Westen an Deime und Pregel. Dann wäre der Russe prügelnswert, Hindenburg aber leichtfertig gewesen. Man verstehe Napoleons Satz: »Seine Basis opfern ist die Tat eines Verrückten, manchmal eines Genies«. Die Basis der 8. A. war ursprünglich Preußisch-Eylau im Norden, diese und den Weg nach Danzig öffnete man dem Feind, indem man sich südlich nach Thorn verlegte. Doch überschritt man nicht die wahre Theorie der inneren Linie, indem man die 1. russische Armee ganz unbeachtet ließ, sondern man wob gegen sie einen weiten Nachhutschleier, ehe man sich vereint auf die 2. A. Samsonows warf. Wir finden daher überall noch Posten zwischen Lyck bis Gerdauen. Mit Bestimmtheit sind außer L. W. und L. St. mehrere aktive Bataillone zu ermitteln, wahrscheinlich noch andere, die für »Tannenberg« keinen Verlust angaben und dort gewiß nicht unberührt geblieben wären, falls anwesend. Außerdem vielleicht eine Brigade 11. K., deren Spitze schon Ende August eintraf. Man nahm den Grundsatz, das letzte Bataillon zur Schlacht zu holen, nicht wörtlich, sondern beschäftigte Rennenkampf genügend für die paar Tage Frist, die man brauchte. Auch verleitete die dringliche Befristung der Zeit nicht zu exzentrischen Anmärschen von Fleck aus, sondern mit Ausnahme der kleinen Thorn-Gruppe Mülmann (2., 9. L. W.) gruppierte man zuerst das Heer vereint auf inneren Radius. Ludendorff handhabte Umfassung eher im Sinn Napoleons als Moltkes.
20. K. ging erst spät am 25. auf Tannenberg–Gilgenburg zurück und zog links die 3. R. D., an sich, der Feind merkte nichts davon, daß das 1. K., nach langer Bahnfahrt ausgeladen, im Süden beidseitig der Bahn Eylau-Soldau aufmarschierte. Oberst Egly u. a. irren, daß der Feind erst am 26. Hohenstein erreichte und 20. K. nur schwach angegriffen wurde, an diesem Tag fädelte die Entscheidung sich schon ein. Nicht nur im Norden, wo Mackensen östlich Seeburg und Below bei Wartenburg den Tanz eröffneten. Letzterer setzte später den Marsch bis Allenstein fort, ohne den Westpreußen auf Ortelsburg zu folgen. Diese marschierten 40–60 km am 25. in Richtung Bischofsburg, wo das r. 6. K. nebst 4. Kav. D. getrennt vom Gros dem 2. K. Rennenkampfs bei Angerburg die Hand reichen wollte. Die Russen marschierten aber überall langsam und verloren so zwei kostbare Tage. Scholz war angewiesen, in der Mitte »bis zum letzten Mann zu halten«, 70. L. W. Br. und Festungsbrigade Graudenz im Norden, im Süden 1. Grenadiere des 1. K. als zuerst ausgeladene Spitze des 1. K. sollten ihn dabei unterstützen. An Below wurde die 6. L. W. Brig. überwiesen. Stöße aus Nordost ahnte Samsonow überhaupt nicht, nur südwestlich kundete sein 1. K. mit 93. Rgt. aus. Mißtrauische Befürchtung vor Anschlägen aus Thorn kam aber auch dort nicht späterer Überraschung zuvor. Zwei aufgefangene Funksprüche belehrten obendrein das deutsche Hauptquartier, daß vor 26. kein russischer Angriff erfolgen würde. Am 26. war zwar General Francois noch nicht zum Vorgehen bereit, erst 10 Batl., 2 Batterien ausgeladen, doch Hindenburg bestand auf sofortigem Eingreifen nach Usdau und verwarf langwierige Umgehung auf Tauersee. Nur Mülmanns schwache L. W. mit 5 Batterien stand nordwestlich Soldau, nachdem sie die 15. r. K. D. energisch aus Lautenburg vertrieb. Ein Moltkesches Einkreisungsmanöver lag ursprünglich nicht in Ludendorffs Absicht, vielmehr hielt sich 1. K. eher zu sehr links, um das 20. zu stützen. Erst am 29. erfüllte es die Aufgabe, rasch nach Neidenburg vorzudringen und so alle nördlich der Seenplatte steckenden Massen abzuschneiden. Offenbar war Einwirkung des 1. und 17. K. aus Süden und Norden ursprünglich nur als gewöhnliche Flankenbedrohung gedacht. Einkesselung schwebte nicht vor, denn schon gewöhnliche Flankierung schloß die Rückzugsstraße durch Kanonade, sobald man die in der Seeplatte verstrickte Masse ins Rollen brachte. Die Vermutung ist nicht abzuweisen, daß erst die Hilflosigkeit der russischen Führung später den Gedanken nahelegte, den infantristischen Druck bis Willenberg fortzusetzen, d. h. den Ring zu schließen. Jedenfalls hielt Hindenburg sich in Masse zusammen ohne Auseinanderspringen zu exzentrischen Umgehungen, weshalb auch die erst am 27. anlangende L. W. D. Goltz bei Hohenstein ins Zentrum kam. Wir betonen dies mit Entschiedenheit, damit man nicht »Tannenberg« für Moltkisch-Schlieffensches Cannäproblem in Anspruch nehme, als ob das historische Cannä irgendwie für moderne Verhältnisse paßte.
Die 2. Narew-Armee – so hieß sie jetzt – rückte um 3 Tage zu spät los und verfuhr auch dann zu vorsichtig. Samsonow schob sein ganzes 1. K. südlich heraus, um sich gegen Thorn zu decken, wo ihm wahrscheinlich Anrücken des Mühlmanns gemeldet war, sein 6. K. nördlich gegen Bahnlinie Allenstein. Mit der Hauptmasse von drei Korps stürmte er sorglos durch die Seenplatte bei Neidenburg. So standen die Dinge am 25. abends, als die blitzschnellen Anordnungen Ludendorffs zu wirken begannen. 20. K. fiel auf Gardienen-Mühlen zurück, 1. R. K. faßte nördlich Allenstein Fuß, Front nach Süden, zur Linken bei Bischofstein gedeckt durch heranziehende Kolonnen 17. K. Nordwestlich gliederte sich später Div. Goltz an, nach Südost schloß 3. R. D. sich dem 20. K. an. Es war also dafür gesorgt, den Ausgang des Defilees zu stopfen, die Lage erinnert nicht an Cannä, sondern Hannibals Meisterschlacht am Trasimenischen See.
Nach der neuen Weisheit (Schlichting) hatte die innere Linie jetzt schon jeden Vorteil verloren, weil die getrennten Russenheere auf wenige Tagemärsche einander nähergerückt waren. Das Beispiel Bonaparte bei Mantua sei veraltet und überholt wegen der Größe moderner Heere, die man nicht so leicht loslösen kann. Für gewöhnliche Feldherrn wie Benedek und Mac Mahon mag dies gelten, weil die innere Linie einen Meister fordert, aber dann auch einen Vollerfolg verbürgt. Hier wurde nun klar bewiesen, daß auch heut alles so gut möglich ist wie früher, wir stehen aber nicht an, diese Operation Hindenburg-Ludendorffs für die kühnste und deshalb genialste Anwendung der Inneren Linie zu erklären. Nicht grundlos nannte sich Napoleon »den kühnsten Mann im Krieg, der je gelebt«. Diese Kühnheit beruht aber auf sicherem Gefühle geistiger Überlegenheit unter genauer Berechnung der Möglichkeit, nichts hat sie gemein mit der hohlköpfigen Keckheit von Stümpern, die in die Falle gehen wie hier Samsonow, der mit barbarischem Übermut durch bloße Masse zu erdrücken hoffte, was sich ihm in den Weg stellte. Man bezüchtigte sogar nachher Rennenkampf des bewußten Verrats, als ob Deutschrussen allzeit nicht loyalste Russen gewesen wären. Doch die Unbegreiflichkeit löst sich in Wohlgefallen auf. Gewiß hätte er sich mehr anstrengen können, doch das ist nicht russische Art, er glaubte genug zu tun, wenn er den Feind aus Lyck wegdrückte und sich Mühe gab bei Labiau und Tapiau durchzudringen. Zwischen Tilsit und Lyck stand er groß da. Vielleicht fürchtete er Flankierung aus Westen, ging aber doch Anfang September bis Lötzen und Angerau vor. Den vollen Umfang des Tannenberg-Verderbens erfuhr er sicher erst spät. Auch Königsberg zog seine Sehnen mächtig an und seine Aufmerksamkeit nach der Küste ab. Für russische Marschtechnik und Verpflegungsledderei war das schwierige Gelände schwer zu bewältigen und die Entfernung zwischen ihm und Samsonow nicht schnell zu verkleinern. Auf solche Schwerfälligkeit rechnete Ludendorff, doch zu solcher Entschlußfestigkeit, nicht achtend das Mißverhältnis der Kräfte, mußte eben dem Volk der Deutschen ein Könner beschert werden, der gleichsam über Nacht in die Reihe der allerersten Feldherrngenien trat.
Es war ein großer Augenblick, als Ludendorff den Extrazug bestieg mit dem alten Herrn, der sonst in Bürgertracht in Hannover spazieren ging und dabei von taktischer Ausnutzung seiner ostpreußischen Heimat träumte. Das Dampfroß führte ihn ihr zu, trotzdem der kaiserliche Mund cäsarisch sprach: Für Hindenburg keine Verwendung! Dem Kronprinzen verdankt man diese Ernennung, auf die er fest bestand, nicht das geringste seiner vielen Verdienste, es soll ihm nicht vergessen werden. Wenn Ludendorff heut als treibende Seele aller Operationen erkannt wird, die Hindenburgs Namen trugen, und zwar in weiterem Sinn als einst Gneisenau, der ohne Blüchers dämonische Persönlichkeit nichts vermocht hätte, so gehört ein Bedeutender dazu, für geniale Ratschläge die Verantwortlichkeit zu übernehmen. So lange Deutschland solche Helden erzeugt, deren Mut desto heller strahlt, je düsterer die Gefahr, und die auf einen Schlag die Heimat retten, so lange »lieb Vaterland, magst ruhig sein« selbst in deiner tiefsten Erniedrigung.
Wie oben berührt, ist unrichtig, daß die nördlich der Pregel hausende Moskowiterei sich überhaupt nicht rührte. Sie vermochte einfach an der Deime bei Wehlau nicht durchzudringen; besonders bei Labiau überbrückten Leichenberge lange nicht den Pregel-Fluß statt der gesprengten Bahnbrücke; beim Bau einer Holzbrücke blies deutsches Feuer die Barbaren zu Hunderten fort. Der Geschützkampf auf der Königsberger Straße war freilich sehr heftig, denn 52. Art. ließ hier 4 Off. 108 Mann bluten, während Teile 1., 3. R. Ar., sowie 1. R. Fuß Ar. bei Tapiau donnerten, 3. R. Ar. verlor nicht weniger als 14 Off., 110, nur eine Batterie von ihr wirkte bei Tannenberg. Auffälligerweise bieten 3., 43. Inf. keine Ortsdaten, aus später Verlustliste erhellt jedoch, daß Teile von ihnen vermutlich im Norden, nahe Gumbinnen, blieben. Offenbar verhielt es sich so, daß 1. K., dessen Verladung nicht ungestört blieb, und 17. K., das dauernd das r. 2. K. im Rücken hatte, allerlei kleine Nachhuten zurückließen. Aber auch im Osten behauptete man erstaunlicherweise noch vorgeschobene Posten südlich Gumbinnen und Goldap, wo 71. Art. feuerte nebst 2 L. W. Batterien 20. K. bei Kruglanken, 4. J. z. Pf. plänkelten südlich Rominten, 5. Kür. bei Insterburg, 1. R. Jäger noch am 30. bei Wutrinen. Übrigens fochten anscheinend II/21., I/II/141. und 2. I. bei Tannenberg nicht mit, ebensowenig 128. Danzig, daß sie dort in Reserveverhältnissen blieben, ist kaum anzunehmen. Ihre Verlustlosigkeit weist eher darauf hin, daß sie irgendwo nach Norden als Rückendeckung verblieben. Jedenfalls fochten bestimmt Teile vom I/II/33. bei Lötzen (206), III/141. bei Kabulla (200), Ersatzbat. 44 noch am 1. Sept. bei Labiau (130). Daß an der Deime nur die »Königsberger Reserve« stand, ist unglaubhaft. Jedenfalls war ihren 9 Ersatzbatterien von 1., 52. Art. ein Teil 52. Feldart, beigegeben, da ihr Verlust zu groß ist. Auch erlitt die r. 1. G. K. D. am 25. bei Friedland so große Einbuße, daß man sich nur Anwesenheit erheblicher Verteidigungskräfte an den Alle-Übergängen vorstellen kann. Übrigens war Rennenkampf an die Weisungen des Höchstkommandierenden der Nordwestfront, General Schiliaski in Warschau, gebunden und diese waren noch am 28. »wenig dringlich«, heischten am 29. nur Vorwerfen von Reiterei. Dies befolgte Rennenkampf pünktlich. Im Westen ritten 2., 3. K. D., deren Befehlshaber Belgard fiel, am 30., 31. gegen L. St. erfolglos an, während 1. K. D. Gurko bis nahe an Allenstein plänkelte. Möglichenfalls beruht Angabe des »Reichsarchivs«, daß dem 17. K. 7000 Infanterie fehlten, auf Verwechselung und nicht wegen Verlust bei Gumbinnen, sondern wegen Rückbelassung von Kräften gegenüber Rennenkampf. Gleiches gilt für Fehlen von 2000 bei Below, der bei Gumbinnen so mäßig litt. L. St. Allenstein blieb bei Tapiau bis 30., L. St. Bartenstein bei Friedland, wohin man von Gumbinnen-Nordenberg langsam zurückfiel. Der Druck der ins erste Treffen nachfüllenden Reservearmee Grodno über Lyck ließ bald nach, nachdem I/21 R. Graudenz bei Gerdauen ein Nachhutgefecht hatte (9, 160); 5., 21. R. rückten über Angerburg ab, wo sie Ers. 147., 148. trafen, während ihr Korps schon am 28. in Allenstein sein Hauptquartier hatte. 44. Ers. Goldap blieb bis Monatsschluß nahe Gumbinnen (90), 2. R. Jg. südlich Darkehmen, L. St. Darkehmen bei Laukischken, 24. L. W. Prenzlau rückte auf Friedrichsberg ab, 4. L. W. Tilsit bis Anfang September focht nebst Ers. Tilsit und L. St. nordwärts. Bei Friedland machte die verfolgende russische Reiterei halt, hier trafen wohl irgendwo 10. Komp. des Bataillons Aroldsen von 83. Kassel und etwas von 94. Weimar ein, die in den letzten Augusttagen 33 Mann verloren, wohl schwerlich noch vor Namur, also schon hier verladen als Spitze des anrollenden Thüringer Korps. Summa Summarum etwa 1200 inkl. Offiziere, der Feind verlor mindestens 4000. Er überschritt zuletzt Deime, Pregel, Alle, drückte bei Lötzen und befand sich am 28. nur noch 70 km vom Schlachtfeld, beabsichtigte Marsch auf Allenstein und Bartenstein. Unsre 1. Kav. D. wich allmählich bis Rössel östlich von Bischofstein. Es besteht also kein Zweifel, daß ohne die »affenartige Geschwindigkeit der Preußen« wie die Wiener Blätter 1866 so ergötzlich schrieben, und den teils zu langsamen teils überstürzten Vormarsch Sansonows durch die Seeplatte die beiden Russenheere am 30. sich vereint hätten, bis wohin freilich alles schon vorüber war. Unsere obigen Einzelheiten schienen um so sicherer, als bei Tannenberg bestimmt dem 1. K. und den Reservedivisionen bedeutende Artillerieteile fehlten. Auch blieb am 28. die 6. L. W. Brig. südlich Bischofstein als Rückenschutz zurück; in Nordwesten bei Braunsberg erschienen zwei Danziger Ers. Bat. neben dem L. St. als Bahnschutz für die aus Aachen heranrollenden Verstärkungen, um die nicht Ludendorff bat, sondern sie für unnötig hielt, falls sie in Frankreich gebraucht würden. Wiederum spielte hier Österreichs unheilvoller Einfluß mit, da Konrad v. Hötzendorff durchaus deutsche Offensive auf Warschau zur Entlastung verlangte. Schon Woyrsch' Entsendung zu Dankl war ein österreichischem Interesse gebrachtes Opfer; stand es Hindenburg zur Verfügung, so wären bei Tannenberg nicht mal Teile Samsonows entkommen. Diese Schlacht lief nicht so glatt von statten, wie man glaubt, litt unter vielfachen Reibungen. Nicht deren geringste war die Sorge um Rennenkampfs Vorrücken, sodaß am 29. bei Entwirrung der bei Hohenstein angehäuften Massen Ludendorff 2 Divisionen gegen Norden ausscheiden und in Linie Waplitz–Allenstein auch mit Mackensen eine rückwärts gedachte Front bilden wollte, daß man davon Abstand nahm und sogar eine Brigade der 1. K. D. zur Verfolgung über Ortelsburg einsetzte, ermöglichten nur besonders günstige Verhältnisse der Schlußentwicklung. Indem Rennenkampf Königsberg einschloß und seine neuen Reserven einschob, lag er nicht so gemächlich im Quartier bei Insterburg. Außerdem vertrieb er sich die Zeit mit Landverwüsten und Berauschen in Greultaten, deren übrigens auch Samsonows liebe Leute in Allenstein sich erfrechten. Selten folgte die göttliche Rache so schnell auf dem Fuße.
Am 24., 25. wich zwar die deutsche Mitte auf Tannenberg-Hohenstein, doch schon am 26., als der Feind in Allenstein einzurichten und dort sein Hauptquartier aufzuschlagen gedachte, begannen die gefährlichen Flügelangriffe. Sein 6. K. schlenderte sorglos an Bischofsburg vorbei, als sich Below in seine linke, Mackensen in seine rechte Flanke stürzte. 21., 61. R. der 36. R. D. und besonders die Bromberg-Gnesener 6. L. W. Br. zerschlugen die r. 4. D. bei Bössau, die Artillerie der 36. D. zwischen Lautern und Koellen erschütterte, die r. 16. D., der Feind wich mit Verlust von 5500 und 30 Gesch. bis südlich Bischofsburg. 35. D. blieb übermüdet zurück, Verfolgung am 27. erreichte nachts Passenheim. Samsonow in Neidenburg erfuhr nichts vom Rückzug bis Ortelsburg, ebenso wenig die Nachbarkorps. Am 28. erzwang Below südwestliches Abschwenken Mackensens auf Allenstein, der sich aber nun vors 1. R. K. setzte, das auf schlechten Sandwegen wenig vorwärts kam. Äußerst ungehalten über Mackensen, verwies Hindenburg ihn scharf nach Süden, »Verfolgung bis zum letzten Atemzug, vorwärts!« Trotz zuversichtlicher Meldung Ludendorffs abends an die O. H. L. kam es noch zu anderen Reibungen, darunter grundlose Trainpanik östlich Tannenberg, die den Kraftwagen Hindenburgs zur Umkehr zwang, wurde die Hoffnung auf Abschneidung des r. 13., 15. K. sehr herabgestimmt, denn die Wegenge bei Kurken vor den nördlichen Seen war von Below noch nicht erreicht, daher Durchschlupf nach Nordosten offengeblieben. Doch setzte Mackensen am 29. den Vormarsch weiter fort, indem er mit 36. D. südwärts (5. Husaren schon bei Kaltenborn), mit 35. D. westlich einschwenkte, davon 21. Rgt. bis Kammwiesen drang. Die Kämpfe waren hier überall gering, die Marschleistung groß. Das r. 6. K. fiel durch diese Hetze derart auseinander, daß eine Brigade nur noch 800 zählte. 176. Westpreußen erkämpften Ortelsburg, am 30. wies es heftigen Angriff ab, unterstützt von 10 Jg. z. Pf. des l. K. Denn man war jetzt in der Lauflinie dem 1. K. bei Neidenburg gegenüber, zur Rechten aber Below dicht nahegerückt. Hiermit war die russische Rechte erledigt. Bei Debrong durchbrochen, auf Ortelsburg geworfen, bis Willenberg abgesplittert! III/61. begrüßte bei Sauerbaum III/59. R. Belows Linke schwenkte mit Mackensen gegen die bloßgelegte rechte Russenflanke ein, deren linke Mitte schon am 24. bei Waplitz südöstlich Hohenstein das langsam weichende 148. verfolgte. Das r. 15. K. (6., 8. D.) und 2. D. des 23. K. gingen am 26. in die Gegend des Kowatkensees bis Jankowitz-Gardienen vor. Dortigen Gegenstoß Scholtz' begünstigte eine breite Lücke zum r. 1. K. (22., 24. D.) bei Usdau. Die 41. D. warf die 2. r. gänzlich über den Haufen, sie südlich des Mühlensees in der Flanke fassend unter Mitwirkung der 37. D. Staabs, das r. 7. Rgt. um 2800 Mann lichtend. Nördlich Mühlen, wo 70. L. W. Br. wachte, geschah wenig. 3. R. D. Morgen erreichte noch nicht Hohenstein trotz gemessenen Befehls des Oberkommandos. Verdruß darüber hat aber nichts zu sagen, denn etwaige Teilniederlage des 15. r. K., hinter dem 13. K. (1., 36. D.) erst aufrückte, hätte wenig bedeutet und vielleicht weiteren Vormarsch Samsonows verzögert, während alles daran lag, ihn ins Seengewirr hineinzulocken. Übrigens grub sich auch südlich Hohenstein die Reserve Graudenz, 6 Ers. Bat. 4 Batterien unter General Unger ein. Die zum 20. K. abgezweigte 18. L. W. Marienwerder war schon seit 23. bei Muschken-Neidenburg am Feinde, sie und 5. L. W. Graudenz fingen später den dort weitergehenden Stoß des 15. r. K. bei Hohenstein in der Flanke auf, während damals Belows Rechte mit 1., 18., II/III/5. R., ferner Morgens II/III/2. R. bei Sophienthal von Allenstein vorgingen. Das Gefecht wurde am 27. dort stehend, später reihten sich auch Goltz' Holsteiner L. W. Regimenter ein. 146., I/II/18. des Allensteiner Korps auf Usdau südöstlich Gilgenburg schlossen sich dem 1. K. an, das seinerseits das 1. r. K. auf Seben-Koschlau südlich Gilgenburg zurückwarf. Was am 25. bei Lautenburg nordwestlich Soldau die 2., 9. L. W. Stralsund-Stargard geängstigt hatte, wich jetzt vor 19. L. W. der Thorner Kolonne zurück. Schon zeigte sich 1. Regt. bei Usdau, wich aber aus und zog den Feind sich nach. Am 26. griff vornehmlich Contas 41. ein, Major Arnold fiel, Falks 44. bei Heinrichsdorf am Großtauersee. Am 27. entriß Conta das hochgelegene brennende Usdau dem 85. r. Rgt., erschüttert räumte die 24. D. alle Stellungen, am Südflügel trat aber Rückschlag ein, 2. D. und 8. L. W. Brig. mußten vor 3. G. D. und 1. Schützenbrigade zurückgehen.
Wenn Rennenkampf den fälschlichen Vorwurf auf sich lud, er habe aus Rivalitätsneid seinen Kollegen im Stich gelassen, so machte sich bei Samsonows hochtrabender Zuversicht jene seelische Schwankung bemerkbar, die sich bei unklaren Köpfen in unsicherer Lage einzustellen pflegt. Einerseits trieb er sein 13. K trotz der bereits eingetretenen Niederlage des 6. K. (verlor 3000 Gefangene, 36 Gesch.) nach Allenstein vor, andererseits soll schon damals die meiste Heereskavallerie bis Mlawa über die Grenze ausgekniffen sein. Oberst Egli »Zwei Jahre Weltkrieg« irrt nun zwar: »Die beiden (?) Korps des russischen linken Flügels waren über die Grenze und blieben im weiteren Verlauf ebenso untätig wie die bei Mlawa stehende Kavalleriemasse.« Vielmehr gingen alle nach Süden Gewichenen später wieder vor, allerdings schwächlich. Bei der russischen Hilflosigkeit darf man nicht vergessen, daß sich ihnen die Empfindung ihrer taktischen Minderwertigkeit bald aufdrängte. Immerhin hätte Samsonow sich stets bei Neidenburg aufhalten und dort Flankenschutz organisieren sollen oder er mußte nach so früher Zersprengung seiner Rechten rechtzeitig Kräfte nach Ortelsburg herüberziehen, um Mackensen abzuschütteln. So blieb auch eine gewisse Möglichkeit, unter Opferung der Vorderkorps sich nach Mlawa zu retten. Er aber trieb sich im Zentrum herum, nur auf Durchbruch erpicht. Er setzte dies noch fort, als Abdrängen seiner Linken nach Südosten ihn der letzten Möglichkeit beraubte, die strategisch längst verlorene Schlacht noch zu halbwegs leidlichem Ende zu führen, d. h. zu auflösender Niederlage, aber nicht zu völliger Vernichtung. Er wählte das letztere. Sein 13., 15., 23. K. zwischen Gilgenburg und Hohenstein staken teils noch im Wassergewirr der Seen und Sümpfe, teils hatten sie es im Rücken, für Rückzug noch verhängnisvoller. Sie strebten verzweifelt sich nach vorn zu entwickeln, doch 37. D. bei Mühlen, 41. bei Gardienen, Morgen und L. W. bei Tannenberg setzten undurchdringliche Schrauben entgegen, ihre Artillerie zermalmte die russischen Sturm- wie Marschsäulen. Umsonst rannten die Moskowiter bis 29. an, je mehr sie ihre Marschkolonnen aus dem Labyrinth vorbrachten. Es sollte nicht sein. Nachdem die Flanken rechts und links in die Brüche gingen, konnte auch gewaltsame Vorwärtsbewegung der Zertrümmerung nicht entgehen.
Der Führer des 1. r. K., Atananow, später deshalb des Kommandos enthoben, benutzte nicht den Mißerfolg des deutschen Südflügels und wich über Soldau, wo die Flucht sich an den Brücken staute. Conta war in stetem Vorgehen begriffen, 6 Schwadronen zur Verfolgung versammelnd. Am 28. zog Francois 23 schwere und leichte Batterien gegen Soldau vor. Scholtz fand südlich des Mühlensees keinen Feind mehr, dagegen wurde der Durchbruchsversuch des 15., 13. r. K. nördlich davon bedenklich und griff von 70. L. W. Brig. und Abteilung Unger auf die vorrückende D. Morgen über. Scholtz benahm sich hier unvorsichtig und stellte den von Hindenburg befohlenen Flankenstoß auf Frankenau ein. Doch das r. 13. K. kam in Linie Hohenstein-Jablonken auch nicht vorwärts unterm Feuer der 70. L. W. Brig. Gleichwohl bestand Samsonow auf Fortführung der Offensive, wohl weil er die Njemenarmee in nahem Anmarsch wähnte, was wenigstens für 2. K. zutraf. Hierdurch winkte die Möglichkeit, 13., 15. und Teile 23. K. einzukreisen und zu vernichten. Zu diesem Behuf brach 41. D. auf Waplitz vor, erhielt aber eine scharfe Schlappe, besonders die tapfere Vorhut, das 59., dessen Oberst fiel. Die bereits empfindlich zugerichtete 2. r. D. und Garderegiment Kerholm hatten sich bis Frankenau gut eingegraben, die 41. D. verlor 13 Gesch. und angeblich 2400 (sehr übertrieben) und rettete sich vor Umfassung aus Süden nur durch II/152. und 33. Art., die standhaft aushielten. Nach verschiedenen Mißhelligkeiten zwischen dem O. K. und Scholtz kam just auch die Kunde, daß Morgen eigenmächtig zum Angriff schritt, der schon hier als ein Korpschef auftrat und auch die 37. D. in Anspruch nahm. Diese fiel aber vorerst zögernd aus und Morgen blieb auf die übrigen ihm unterstellten 22 Bataillone (Reserve, L. W., Festungstruppen Graudenz) beschränkt. Sie genügten indessen, das r. 13. K. bei Hohenstein völlig zu schlagen, indem zugleich 7 Batl. der L. W. D. Goltz aus Norden eingriffen, wobei der Oberst ihrer Bremenser fiel. Morgens Nachstoßen auf Paulsgut brachte viel Trophäen, seine Pommern erwischten in Hohenstein selber 2000 Gefangene.
1. r. K. war seit 27. flüchtig. Umsonst suchten dessen Überbleibsel und gesammelte Trümmer des 6. K. später von außen den Ring zu sprengen, anscheinend aufgenommen von Ersatzbrigaden der Narew- und Weichselfestungen, die man eiligst nach Mlawa verlud. Ost- und Westpreußen schlugen den Entsatzversuch glatt ab, sie reichten sich schon hinter Samsonow bei Willenburg die Hand. Seit 27. fiel der Hammer. 176. drang aus Ortolsburg vor, aus Osten bei Passenheim dröhnten Malkensens Kanonen über das fliehende 6. K. weg nach Westen. 5., 129. scheinen sich als Westkolonne bei Waplitz an Allensteiner Teile angehängt zu haben. Früher erstürmten Francois 1. und Scholtz 18. Rgt. gemeinsam Usdau, das altberühmte Rgt. Wiborg vernichtend, 16. (1. D.), 72. Art. (36. D.) brachten aus zwei Windrichtungen näherrückend ein grausames Vorfolgungsfeuer an, bei Neidenburg I/37. Im Zentrum drückte 41. D. in die Linke der russischen Mitte, ihr 15. K. schon in die Seenplatte hineinstoßend. 59., II/150. voraus, III/148. bei Gardienen, II/147. südlich Tannenberg, III/152. bei Skotau nördlich vom Tauersee, 1. Jg. rauften blutig bei Lindenberg. Bis 28. wurde der Feind immer mehr in den Seeknäuel hineingepreßt. 59., III/2. R. brachen früher zuerst in den rechten Teil des russischen Zentrums ein, I/3., II/III/21. R. bei Gardienen, jetzt kam auch 61. R. Danzig, 49. Gnesen, das ganze K. Below stürmte. Ursprünglich nach Südost gerichtet, bog es nach Nordost um und vermischte sich mit Div. Morgen in Linie Dorothewo. Hier fochten viele Verbände bunt durcheinander, 59. R. führte den Stoß weiter, wo 13. r. K. sich verknäuelt um Hohenstein zusammendrängte. Heftig wogte der Kampf südwestlich Lautenburg–Gilgenburg. Rückzug antreten war bisher leichter gesagt als getan, schon am 29. war für das vorgeprallte Zentrum der Untergang unvermeidlich, jeder Abmarsch durchs Seedefilee bedeutete Auflösung. Die deutsche Rechte sperrte den Rückzug, die telegraphisch herbeigerufene Warschauer Gardediv. warf sich dort, von Mlawa heraneilend, fruchtlos entgegen. Überall in der Flanke gepackt, nordöstlich abgedrängt und dort wieder zurückgehetzt, ergaben sich die Russen in den Waldungen nach teilweise wütender Gegenwehr. Umsonst sammelte Samsonow, persönlich tapfer und pflichttreu, was er erraffen konnte, um über Neidenburg Luft zu schaffen. Es war zu spät, 1. und 17. K. waren nord- und südwärts eingeschwenkt. Von Neiden- und Ortelsburg, Rücken an Rücken harrten sie gegen Süd- und Nordwest aus, während 20. K. schon am Maranser-, die drei Reservedivisionen am Plautziger- und Lask-See an die Ränder der großen Sumpfniederung herantraten und den Feind ins feuchte erstickende Grab stießen. Der unglückliche Feldherr suchte und fand den Tod, womit jede Leitung aufhörte und Verwirrung aufs höchste stieg.
Kondratowitsch, Kommandeur des 23. K., gab die Straße Neidenburg–Willenburg frei im Abzug auf Janowo über die Grenze, 13. K. suchte sich über Jablonken, 15. K. über Muschaken, nordöstlich Neidenburg, zu entziehen, sein Kommandeur Martos benahm sich am entschlossensten unter allen Generalen. Auch er aber ahnte nicht, daß bei Willenburg der Ausgang versperrt. Schon bei Märken verfielen große Teile des 13. K. der Vernichtung durch Kreuzfeuer, 8000 ergaben sich Below, 1000 bei Kurkem. Sengende Hitze nach dickem Morgennebel der Sumpfgegend seit Schlachtbeginn erschöpfte aber die Truppen so sehr, daß auch 41. D. erst am 27. abends Orlau erreichte, wo sie mit der Linken Francois zusammenstieß. Teile beider Korps erreichten freilich Muschaken und sogar Willenburg, wobei 8. Ul., 10. Drag., 10. Jg. zu Pf. weit voraus. Doch nach 65 km Marsch seit 28. früh mußten die Truppen verschnaufen. Durchbruchsversuch aus Norden wurde bei Puchelowen von 1. Grenadieren, die sich besonders auszeichneten, gründlich abgewiesen. Etwa 7000 Gef., 6 Gesch. waren Francois Beute. Jetzt erschien aber schon Rennenkampfs Reitermasse bei Bischofheim, andere Teile und sein 4., 3., 20. K. bei Friedland, Heilsberg, Tapiau. Die 6. L. W. Brig. bei Lautern hatte bei Bössau schweren Verlust an Offizieren gehabt, 49. L. W. verlor allein 1 Oberst, 1 Major, 7 Hauptleute, 11 Leutnants bei nur 340 Gemeinen (Offizier- und Mannschaftsprozente wechselten oft), zu ihrer Kräftigung marschierten 70. L. W. Brig., 1. R. K., 37. D. bei Waplitz auf, doch erwies sich alles als leerer Schreckschuß. Nur 6. L. W. Brig. bekam die r. 1. K. D. zu sehen, wies sie aber ab, so daß man einen Teil ihres Verlustes der Abwehr gegen Rennenkampf beimessen darf. Die Entsatzversuche gegen Neidenburg am 30., 31. verpufften spurlos; Falks Batterien und die schwere Mühlmanns aus der Flanke verrichteten blutige Arbeit, der Russe ließ auch hier 1000 Gef. liegen. Im Süden schlug ein Häuflein L. W. bei Zielun die r. Reiterei ab. Das Schicksal der in Wald und Sumpf sich wundstoßenden, des Schießbedarfs und der Verpflegung beraubten allseits eingekeilten Massen vollzog sich am 30. abends. Was über Kaltenborn nach Südosten lief, ging der 35. D. ins Garn, wobei die Pommern des 21. Rgts. Borke 12 400 Gef., 60 Gesch. einheimsten. An der Willenburger Straße ergaben sich gar 17 000 mit 30 Gesch. allein dem III/45., weitere 11 000 mit 41 Gesch. der Allensteiner Abteilung Schmettau. Nur 1. Brig. (1., 41.) traf auf harten Widerstand bei Malgaofen.
Aus den Verlust-Listen wird einiges anfangs dunkel, später klar. Die von Allenstein kommende Westkolonne Mackensens muß bald südwärts entsendet worden sein. Zur Rücken-Umklammerung genügte eine westpr. Div. und das K. Francois, dessen rühriger Chef unerbittlich weiter drängte. Von allen Seiten donnerten die deutschen Batterien, so 4./5./72 (41. D.) zuletzt von Kaltenborn, Ers. Batt. der 35. (Thorner L. W.) zuerst von Mühlen, 79. Art. (36. D.) von Wilhelmstal, 82. (35. D.) südlich Hohenstein, 1. R. von Darethen-Dorothewo, 3. R. von Neidenburg, 73. von Soldau, also verschob sich sogar 35. D. bis zum Südende. Mühlmanns L. W. focht sehr brav, 5. kämpfte sich nach Zielun in Südwesten durch, die tapfere Marienwerder folgte ihr (am 28. noch bei Mühlen) dorthin bis 30., ihr Kampf war blutig. Major Rudolf fiel, 5 Hauptleute sanken tot und verwundet. Zwei der 16. Art. zugeteilte Batterien der L. W. litten erheblich. Der Riegel schloß sich. 18. R. über Grünau, 59. über Tannenberg, II/2. R., I/3. R., 54. Pommersche Inf. (der 36. R. D. beigegeben) von Dorothewo III/76., II/84. L. W. Stade und Kiel frontal erstürmten Hohenstein. Lange dauerte bei Waplitz, wo III/59. (Major Schönberg verwundet) grimmig aufräumte, der Widerstand noch fort, dann fielen 146., I/II/151. (37. D.) in die Flanke, die russische Masse war nur noch ein Trümmerhaufen, der in die Sumpfflut herabrollte.
Ehe man einen solchen Bären bemeistert, gibt es freilich noch manche Balgerei mit seinen Tatzen, ehe man sein Fell kriegt. Die Soldauer 59er litten am meisten, Oberst Sonntag fiel schon früher, Oberstleutnant Plaschke blutete, Major Bronsart v. Schellendorf übernahm das Kommando. Bei den 1. Jägern Ortelsburg fiel ihr Kommandeur Weigelt. Es war erhebend, daß diese Truppenteile jetzt nahe ihrer Heimat und Garnisonorten kämpften. Als die 20. L. W. Brig. Danzig vorging, war schon alles vorüber, sie verlor nur 2 Mann, ihre L. St. Batt. und zwei des 17. K. nur 9. Dagegen kam die L. W. Reiterei des 17. K. bei Paulsgut südlich von Hohenstein zum Einhauen, die des 20. K. bei Jakobstal und Pilgramsdorf, 3. R. Drag., 10., 11. Drag. fochten schon bei Waplitz und Jablonken. Am 31. trafen die 17. Sächsischen Ulanen, der aus Frankreich hierher entsandten 8. Kav. Div. bei Kaltenborn ein. Dort und bei Muschaken, Malgaofen, Wientzkowen warfen 1., 18., I/III/4., bei Diedrichsdorf und Adlersborn I/III/44. den letzten Widerstand nieder, wobei die Pommersche L. W. und 41., 45. nach Süden Front machten, während das 1. K. sonst nordwärts den Genickfang gab. Bei Willenberg–Kammwiesen konnte es schon dem I/21. Westpreußen und Allensteiner 147. die Hand schütteln, so eng schoben die Reihen sich ineinander. Hier focht auch III/33. bei Solucken. Am 31. sank General von Trotha an der Spitze der 1. Brig. tödlich getroffen, III/45. hatte noch Gefecht bei Großkoschken. Opfervoll wurden zersprengte Massen, die durchbrechen wollten, vom I/21. abgefangen in Riegelstellung Kammwiesen, der Major fiel, drei Hauptleute, dreizehn Leutnants bluteten. Auch mußten III/5., II/21. R., wo gleichfalls ein Major sank, noch am 30. in Hohenstein aus Kellern und sonstigen Schlupfwinkeln Abgeschnittene ausräuchern, die verbissen aus dem Hinterhalt schossen. Auch 3. Garde L. W. Schwadron und Mühlmanns 3. Schwere R. Reiter mögen bei Soldau noch manche versprengte Kolonne beigetrieben haben. Am 1. Sept. übersah man eine gewaltige Siegesbeute, bei Rauschwanden allein ergaben sich 25 000 Russen in den Wäldern nebst dem kommandierenden General und allen Geschützen eines Armeekorps.
Wir legten fest, daß wahrscheinlich 9 Batl. West- und vielleicht 3 Batl. Ostpreußen nicht mitwirkten inkl. einiger Kompagnien von 3., 43., die aber sonst ihren großen Verlust gewiß bei Soldau hatten. Ersteres verlor in diesen Tagen 8 Hauptleute, 19 Leutnants, 750, letzteres 9, 500. Außer 41. (23, 610) litten alle anderen Teile 1. K. weniger, auch Artillerie sehr wenig, eine Batterie meldet 11 »bei Neidenburg«. Summa 3200. Das 20. K. hatte auch nur starken Verlust bei 1. Jägerbatl. (278), 150. (710) und vor allem II/III/59. und Ers. Batl. (2 Majore, 6 Hauptleute, 15 Leutnants, 1048), sonst auffallend wenig. Summa 3150. Bei 17. K. so geringer Verlust, daß es sich nur durch Abwesenheit vieler Teile erklären läßt. 129., 61., 175. zusammen 1045, nur 5. (590), 176. (500), I/21. (367) fochten stärker. Summa 2500. Bei den Reservetruppen 2. (470), 21. (8, 440), 3. (400), 54. Inf. (400), sonst wenig, Summa 2600. L. W. 18. (12, 500), 2., 9. (525), 34., 49. (500), 76., 84. (443), 5. (250), Art. 3, 84. Summa 2325. Sonstige Artillerie 108, Reiterei 165. Total 14 000. Laut »Reichsarchiv« gar nur 12 000, obschon allein 3600 für 41. D. gerechnet, ganz unverhältnismäßig. Bei den Korps haben wir Ungers Ers. Bat. einbegriffen. 400 Gefangene vom 59 Inf. wurden später befreit und nahmen mit aufgegriffenen russischen Gewehren sogleich den Kampf wieder auf. Nie wurde ein Riesenerfolg mit so geringen Opfern bezahlt.
Auf den Flügeln gaben die Russen sich oft gefangen oder wurden in alle Winde zersprengt, nur vom 6. K. ließ sich etwas sammeln, was nachher zur Grodnoarmee stieß. 4., 2., 24. D. waren so gut wie vernichtet, ebenso 6. Kav. D. Zumeist zur 59. R. D. bei Mlawa entronnen nur Trümmer. Fürchterlicher ging es im Zentrum her, wo man sich nicht ergeben konnte, von den erbitterten und siegestrunkenen Deutschen in die Moore, Sümpfe und Seen hineingejagt. Unter dem zerschmetternden Kreuzfeuer unserer Batterien blieb den Umstellten schlechterdings nichts übrig, als Flucht in die trügerischen Gewässer hinein, wo sie buchstäblich zu Zehntausenden ertranken und versanken. Entsetzliches Schreckensgeheul erfüllte die Luft, das manchem gutherzigen, mildgesinnten Deutschen noch lange unvergeßlich in den Ohren gellte. Das Mitleid war jedoch nicht am Platze diesen Bestien gegenüber, die nur den verdienten Lohn ihrer Frevel fanden nach dem Wunsch Friedrichs des Großen:
O könnt' ich packen sie am Schopf,
Ins schwarze Meer sie untertaufen,
Daß sie darin Hals über Kopf
In alle Ewigkeit ersaufen!
Er hatte es französisch gedichtet, doch den Sinn in gutdeutscher Frakturschrift bei Zorndorf den tierischen Mongolengesichtern mit dem Schwerte eingeschrieben. Nur war die zornige Zorndorfschlacht ein Kinderspiel neben dieser Vernichtungsschlacht, zahlenmäßig der größten und schrecklichsten, von der die Geschichte meldet. Dies doppelt vergrößerte Cannä machte auch die Legende von Austerlitz wahr, wo angeblich so viele Russen im großen Teich ertranken. Die Leiche des im Gemetzel umgekommenen Feldherrn entdeckte man erst später im Wald, von Raben angepickt. Dieser beliebteste und persönlich ehrenhafte russische Führer hatte aber auch zu den Greueln, die seine Korpschefs in aufgefundenen Tagesbefehlen anordneten, ein Auge zugedrückt. Nie donnerte so schnell auf Verbrecher, auf der Tat ertappt, ein so grausames Strafgericht hernieder. Das 13., 15. Korps waren völlig aufgerieben, ihre kommandierenden Generale fielen in Gefangenschaft mit 93 000 Mann, 350 Geschützen. Aber zahllose Tote und Sterbende, nur zum geringen Teil Verwundete, bedeckten das Schlachtfeld. Der bei Soldau abgesprengte Rest floh zersprengt nach Polen, die Narewarmee hatte zu bestehen aufgehört. Wahrscheinlich sind nur ihre drei Reiterdivisionen, die sich völlig tatlos verhielten, in einiger Stärke entkommen. Die Marienwerder Landwehr verfolgte energisch bis 3. September auf Mlawa. Eine ursprünglich deutsche Angabe, 159 000 russische »Tote« seien gezählt worden, ist zwar ebenso phantastisch, wie die üblichen Angaben der Ententeberichte. Es soll dies nämlich die ungefähre Gesammtziffer inkl. Gefangenen sein. Hindenburg selbst nannte gesprächsweise 70 000 russische Tote und Verwundete, »Reichsarchiv« sagt 50 000, und betrug daher die reine Gesamteinbuße gewiß über 150 000, die sich durch völlige Zersprengung tatsächlich noch steigerte.
Mit der Unermüdlichkeit und Unersättlichkeit des echten Feldherrn hielt Hindenburg sein Werk nur für halb getan, wenn die andere feindliche Macht noch den deutschen Boden besudelte. Die innere Linie erfordert zu ihrer Ausnützung die äußerste Beweglichkeit und rastlose Tatkraft. Den Truppen das Äußerste zuzumuten, sie von einem Schlachtfeld sofort auf ein anderes zu verpflanzen, geziemt der gesunden Unerbittlichkeit der wahren Feldherrnnatur. Diese rücksichtslose Energie, immer die schärfste strategischste Logik im Auge, darf sich nur ein Kriegsgenie erlauben. Doch wir wissen von Napoleon, Friedrich dem Großen und anderen, daß ein Heer alles willig auf sich nimmt und selbst unmöglich scheinenden Anforderungen genügt, wenn es sich von einem berufenen Sieger geführt fühlt. Jede Veranschlagung menschlicher Bedürftigkeit dürfte man vollends hier ausscheiden, wo die Ost- und Westpreußen wörtlich für Haus und Herd, für Reinfegung der Heimat von nichtswürdigem Barbarengesindel stritten. Das südliche Ostpreußen befreiend, stand für sie noch Befreiung des Nordteils aus. So zog denn Hindenburgs Heer frohgemut und bitter entschlossen neuem Sieg entgegen. Der Retter Deutschlands, aus seinen Mannen das Höchstmaß herausholend, holte vom Fleck zu neuem vernichtendem Schlage aus. Am 2. stand das 1. Korps erneut gesammelt, um sich auf Geheiß des Meisters gehorsam in Marsch zu setzen, hier wo die zerstörte Bahnlinie längs der Ostgrenze keinen bequemen Truppenabschub gestattete. Gewaltmärsche wurden verlangt auf schwierigem Gelände, sie wurden vollbracht über jedes Erwarten, bis zu 55 km pro Tag. Solche Leistungen werden für alle Zeit die Geltung der Ostpreußen als Krieger allerersten Ranges verbürgen. Mit Stolz wird Deutschland ewig seiner treuen Söhne gedenken.
Die bisher ostwärts wehenden Banner flatterten also jetzt nach Norden. Alle frisch von Westen anlangenden Verstärkungen warf Hindenburg per Bahn nordöstlich nach Friedland über Eylau und Heilsberg als linken Flügel, während das Tannenberg-Heer meist in Eilmärschen nordwärts der Linie Angerburg–Goldap–Gumbinnen zustrebte. Wann immer Rennenkampf die Zertrümmerung der Schwesterarmee erfuhr, jedenfalls fiel er jetzt in reine Defensive zurück, wo vielmehr rasche Offensive über Allenstein selbst jetzt noch das naheliegendste Mittel bot, die Deutschen zu umklammern, ihren Vor- und Aufmarsch zu stören und sie im üble Lage zu versetzen. Seine Rechte lehnte sich an Allenburg, die Linke an Angerburg mit dem Mauersee, sein Zentrum lag vorgeschoben bei Gerdauen, überall gut eingegraben und verschanzt. Wie bei Tannenberg sollte die deutsche Rechte den Entscheidungsschlag führen. Man konnte hoffen, das gleiche Manöver zu wiederholen und die Russen in die masurischen Seen zu werfen, die merkwürdigerweise noch bei Napoleons Friedlandssieg keine Rolle spielten. Damals gelang es den Besiegten, in gerader Linie ostwärts über den Njemen zu entkommen, weil die auf Königsberg angesetzte Umgehung ihrer Rechten durch Murats Heerteil sich verspätete und zu weit nördlich abirrte, statt nordöstlich einzuschwenken. Damals verfügte Napoleon über bedeutende Übermacht im Ganzen, wenn auch kaum beim improvisierten taktischen Zusammenstoß, einer bloßen Begegnungsschlacht. Hier aber fiel Hindenburg die Aufgabe zu, mit einer bedeutend schwächeren Macht den Gegner von seiner östlichen Verbindung abzuschneiden, ihn ganz nordwärts zu treiben, so daß er die Njemen-Festungslinie Kowno-Grodno nicht rechtzeitig erreichen konnte. Daß ein so weit ausschauendes Unternehmen nur glücken konnte, wenn Rennenkampf in hartnäckiger Verblendung zu lange seine Stellung behauptete, konnte man vorausahnen. Immer von unbeugsamem Vernichtungswillen beseelt, sandte Hindenburg seine jetzt zahlreiche Reiterei schon in Rücken des Gegners. Er mag 250 000 Streiter alles in allem befehligt haben. Dem Augustverlust von 25 000 (inkl. 400 von L. W. Wohrsch) stand ein russischer von nahezu 200 000 gegenüber zwischen Soldau und Labiau. Mehr kann man doch nicht verlangen! Ein taktischer Körper, der zwei Drittel oder gar vier Fünftel seines Bestandes verliert, hat kein Leben mehr, die Warschauarmee hörte auf zu bestehen. Nichtsdestoweniger treten ihre schwachen Reste, nachdem sie neue Auffüllung durch Warschauer Garnisonsdepots sich einverleibt, schon nach 8 Tagen wieder einer deutschen Mlawagruppe entgegen. Der Thorner L. W. D. (5., 20. Brig.) und der 70. L. W. Brig. gesellten sich hier neu L. W. Batl. Bitterfeld und 5 überplanmäßige L. W. Batl. des Magdeburger Korpsbezirks nebst 3. Schwere Reiter. Außerdem beteiligte sich I/151. am Aufräumen des Schlachtfeldes und Aufstöbern von Versprengten. Nach Absuchen der Wälder und Auflesen aller Kriegsbeute machte die L. W. sich nach Praschnitsch auf, das sie am 14. September besetzte, obschon der Feind zu einem Gegenstoß umkehrte. Kostenpunkt nur 455; von dieser Richtung war vorerst nichts mehr zu befürchten. 47., 72., 133. L. W. waren mit 5. L. W. Brig. als »35. R. D.« Bredow vereint worden. Das Ganze (Reserve Graudenz und 5., 19., 20., 70. L. W. Brig. mit 35 Batt., 106 G., 11 Schw., »Reichsarchiv« verzählt sich) übernahm General Zastrow. Drei asiatische Korps in Warschau und Gardekorps rollten nach anderen Fronten ab, nur 59., 77. R. D. als 27. K. und die kaukasische Kav. D. Charpentier nebst Astrachankosaken blieben zur Auffüllung der Narewarmee übrig. Immerhin erwuchs sie auf 88 Batl., 87 Schw., 372 Geschütze, doch ihr innerer Halt war so erschüttert, daß Zastrows kleine Heerabteilung (dabei 4 Pionier-Kompagnien, 11 schwere Batterien) genügte, sie zurückzudrücken. Die 10. Grodnoarmee mit 72 Batl., 38 Schw., 282 Gesch. bei Lyck zog nur 24 Batl., 15 Schw., 60 Gesch. von Goltz, Morgen und 1. K. Br. auf sich ab, welche Flanke und Rücken des K. Francois freihielten. So durfte man 184 Batl., 100 Schw., 1074 Gesch. gegen Rennenkampfs lange Schlachtlinie nördlich und südlich der Masurischen Seen heranführen, der sich durch 88 Batl., 176 Gesch. in den Njemenfestungen schwächte und so nur noch 228 Batl., 175 Schw., 924 Gesch. besaß, gleichwohl noch eine erhebliche Überzahl. Es war Vorausbedingung des Gelingens für Hindenburgsplan, die russische Linke südlich der Seen zu überflügeln und sie vom Njemen abzudrängen, daß die Seitenhuten ihm jede Einmischung der Grodno- und Narewarmee vom Leibe hielten. Dies geschah mustergültig, die Russen verspäteten hier ihr Vorgehen, die 8. Sib. Schützendivision lag noch bei Lomscha. Es kam den Deutschen zu statten, daß Rennenkampf den Angriff im Norden erwartete mit Einwirkung der Flotte am Kurischen Haff und daher 8½ Div. nördlich der Seen aufbaute, nur 5 Div. inkl. 10. A. im Süden. Auch andere Reserven (68., 73., 76. R. D.) waren schlecht verteilt. 7. K. D. Gurko lagerte südlich Goldap, die übrige Reiterei hinter der Front gleichfalls nach Norden gegliedert. Unser Umgehungsstoß traf zunächst nur 43. D. des 2. r. K. östlich der Seen mit Spitze bei Arps, die nächste Truppe (26. D.) nördlich bei Angerburg, von wo über Gerdauen, Allenburg, Deime 4., 3., 26. K. anschlossen; dahinter 72., 54. R. D., 20. K., welche erst am 10. über Darkhemen herangeholt und dieser Umfassung entgegengeworfen wurden. Von der Kavallerie kam nur 2. Gardediv. Rauch in ernsteres Gefecht, erst am 11. begab sich der Chan Hussein mit seinen Geschwadern nach Süden in die Rominter Heide nordöstlich Goldap zur Flankendeckung. Hierdurch fanden die zähen Ostpreußen der 1. K. D., die seit Feldzugsbeginn kaum einen Ruhetag kannten, und die schneidigen Sachsen der 8. K. D., in Lothringen schon vielfach abgehetzt, zuletzt ihre Verfolgung gehemmt. Im einzelnen schlugen die Russen sich nicht schlecht, Führungswirrwarr mit sich kreuzenden Gegenbefehlen lähmte aber das Ganze, Rennenkampf ließ sich, ähnlich wie Kluck am Ourcq, durch bloße Angst vor Umgehung zu verfrühtem Rückzug verleiten. –
Bei Lyck gab es eine ähnliche Episode wie am Südende der Ostfront. 22. K. der Grodnoarmee wollte dem nordwärts gerichteten Umgehungsflügel Hindenburgs beikommen. Die Enge der Lycker Seenkette lud nicht dazu ein und die schwache unvollzählige Holsteiner L. W. Div. Goltz schlug den Ansturm ab, bis am 13. frische Brigaden des 3. sibirischen K. die Brigade Pressenthin festnagelten. 31. L. W. wankte, bis die aus Lötzen herbeigerufene »Reserve« (Ers. 147 und L. Sturm nebst Art. auf dem Fuchsberg) den Feind aufhielten. Das Pfeifen der Lokomotiven schüchterte ihn ein, als brächten sie große Verstärkung, er machte sich in der Nacht davon. Unsere Verluste sind aber zu gering, um an Wundertaten glauben zu machen. Auch verrieten 3 Brigaden Sibirier und Schützen keinen »Schwung«, sondern der nach Bialla aufgebrochene General von Morgen warf sie am 7. 9. mit 2., 9. R. bei Ramsdorf, mit 34. bei Schillpallen, mit 49. bei Drygallen. 1., 3. Finnische Brigade des 22. K. wichen bis Grajewo über die Grenze, mit Verlust von 6 Gesch. Bis Septemberende Seitengefecht bei Schrötterau gegen 5 L. St. Bataillone, L. W. Neuhaldensleben, 76. Ers. Schwerin. Der ganze Scherz gegen die Grodnoarmee kostete nur 1400. Noch unbedeutender verlief der Septemberkampf im Norden. Neu angelangte Küstriner L. W. Regimenter 8., 48. fochten schon am 1. bei Lanköschken, am 8. bei Grabenhof, 4. L. W. bei Schwören und Splitter; Ersatz Tilsit nebst 1. Drag. und Ers. Kav. 1., 2. R. K. verfolgten über das am 12. befreite Tilsit. In Richtung Königsberg mußte der Russe gleichfalls abziehen, durch Druck aus Südwest zu eiligem Ausweichen genötigt, als Gallwitz und Below die Rückzugsstraße bedrohten, auf welche Plüskow den Feind vor sich herwarf. Bis am 14. schon brandenb. L. W. Batterien und 2. Garde L. W. Schw. bei Jurburg nordöstlich Tilsit verfolgten, hielt die Königsberger Reserve ruhig die Deime-Linie fest. Bei Tapiau schanzten 1., 28. P., bei Labiau feuerte immer noch 52. Art., bis die dortige russische Abteilung abzog. Auch diese Nordkämpfe waren ein billiges Vergnügen (415). Die Russen entscharten sich in wilder Flucht, aus Norden und Süden zum Kampfe gestellt, den sie nicht annahmen.
Inzwischen nahm die große Operation ihren Fortgang. General Francois drang am 7. durch die See-Enge, am 8. über Arys, später über Widminner See unaufgehalten vor, 1. D. über Spirlingsee, nachdem sie bei Arys dem 169. r. Rgt. 1000 Gef. abnahm. 2. D. über Kruglinnen. 33., 43. erzielten am 11. Umfassung bei Goldap nach Gefecht, schon am 9. bei Gablik, wo sich 41. mit 1. Jäger kreuzten, deren Radfahrer Lindental erreichten. 41. stieß bei Tollmingkehmen mit 1., 3. zusammen, die am 10. 11. dort heftig rangen, 1. verlor den Regimentskommandeur. Gurkos Reiter wichen aus, 43. r. D. wurde gesprengt, zugleich warf Div. Falk sich nordwestlich auf 72. R. D. Am 12. war der Feind geworfen bei Speskehmen, 4., 44. drangen über Freudenthal bis Pillarken südlich Goldap vor, das Goldaper Regiment tränkte dort reichlich den Heimatboden mit seinem Blut. Der Feind, dessen Erdschanzen mit niedergeschlagenen Bäumen unsere Geschütze wegfegten, zog ostwärts auf Rominten nordwärts nach Pillupönen ab, wohin ihm 3. Regt, und viel Art. über Jörkitschken folgten. 37. Art. beschoß Szabienen, 1. Fuß Art. Speskehmen. Francois erbeutete schon am 10. über 50 Gesch. und machte Tausende von Gefangenen. Die 8. Kav. D. überrumpelte den Feind südlich Goldap, nur ihre 2., 6. u. Jg. z. Pf. fanden bei Kowohlen Widerstand, die 1. K. D. aber war irrtümlich nach Süden abgedreht worden, um der angeblich gefährdeten 3. R. D. zu helfen. Da diese aber schon selber über die Finnländer Meister wurde, strebten dort Reiterei und Fußvolk gemeinsam nach Filippowo-Mariampol über die Grenze. Der Feind griff die 8. K. D. in Goldap erfolglos an, wobei Major Graf z. Lippe der sächsischen Gardereiter fiel. Francois schwenkte teilweise auf Gawaiten ein, behielt aber die Heerparole »auf Stallupönen« im Auge und zog am 12. ganz nordöstlich, wo er am 13., 14. noch bei Wilkowischki ernsten Kampf bekam und am 16. Mariompol erreichte. Morgen drang schon früher in Suwalki ein, 1. K. D. streifte gegen die Straße von Wirballen, 8. Kav. D. preschte durch die Rominter Heide. Inzwischen fand das über Lötzen am Lönenthinsee vorrückende 17. K. schon am 8. und besonders 9. starken Widerstand und längeren Aufenthalt, bis endlich der verschanzte Feind, von 36. Art. wirksam beschossen, mit Verlust von viel Gefangenen und Geschützen auf Wiesenthal wich. Das 20. K. unterstützte dabei mit 10 cm Kanonen über den Mauersee, mit ihm gewann die 36. D. am 10. Anschluß nördlich der Seeplatte, 35. D. ebenso mit 2. D., die am 12. bei Gawoiten aushalf, während die Hälfte 1. D. mit der 35. bei Tollmingkehmen sich vereinte. Ein Halbbattaillon 141. nahm den Ort, wobei 3000 Gef., 8 Geschütze erbeutet. Westlich davon gewann das 20. K. in Richtung Angerburg östlich des Rehsauer- und nördlich des Mauersees am 9. wenig Raum bei Pristanien, wobei das vereinzelt nördlich vorbohrende I/18. eine Schlappe erhielt. An Angerburg und den Nordenburger See vorbei, stieß 41. D. am 10. 11. bei Dombrowken auf starken Feind, der erst spät auf Darkhemen abzog, während Kampf der 36. D. bei Szabienen bis in die Nacht fortwährte. Rennenkampf ließ eben 4 früher genannte Divisionen zur Entlastung des Rückzugs vorgehen, die sich todesmutig opferten. Nachdem Scholtz die Angerapp erreichte, folgte er der Heerparole »Stallupönen« und kam bis Wallterkehmen. Das nördlich anschließende 11. K., 1. R. K. gegenüber Gerdauen ließen Vorsicht walten wie auch der übermächtige Gegner, der nur einmal westlich Nordenburg vorstieß. Im Artilleriekampf gewann man weder hier noch beim G. R. K. die Oberhand, gleichwohl räumte der Feind am 11. die befestigte Gerdauenstellung. Verfolgung auf Insterburg-Gumbinnen führte nur zu ernstem Ringen an zwei Bachtälern, Belows 72. R. Br. gelangte rasch bis über Insterburg, 54. Inf. voraus. Gallwitz und die ihm angehängte Königsberger R. bekam keinen Feind mehr zu sehen, letztere überrumpelte aber auch in Tilsit die 68. R. D., die 4000 Gef. 12 Gesch. auslieferte. Das 11. K. nahm Gumbinnen, Below kam nicht über Mallwischken, in Regen und Lehm kam am 14. Plüskow bei Schirwindt über Wirballen und das im Häuserkampf gesäuberte Stallupönen, Below bis Jurburg. Der Raumumfang des Vormarsches ebenso groß wie am Südflügel. Die mittleren Kolonnen warfen den Feind von Gerdauen-Nordenburg, auf Insterburg-Schirwindt am 10. stand die Schlacht im Zenith. Erst am 12. nahm aber Rennenkampf seine Mitte zurück, seine noch leidlich unversehrte Rechte als Drehpunkt benutzend, gedeckt durch unwegsame Frischung-Waldungen. Die deutsche Umwickelung über Goldap zwang zu exzentrischem Ausbiegen auf Stallupönen. –
Bei Tannenberg verleiteten die eindrucksvollen Flügelkämpfe zu der Meinung, Ludendorff habe es auf doppelseitige Umfassung abgesehen. Die Verteilung der Streitkräfte lehrt das Gegenteil, tatsächlich fochten nur 48 Batl. auf den Flügeln, 90 im Zentrum, diese brachen den Feind. Zwar gab man anfangs in der Mitte nach wie bei Cannä, nicht aus taktischen, sondern lokalen Gründen, dann brach man in beide Flanken der russischen Mitte ein. Das stellt sich also als Zentrumstoß dar, bloßes Abklaftern der Flügelkorps würde nie zur Vollvernichtung ausreichen. Jeder Vergleich hinkt, wie denn freischaffende Kunst stets ihre Formen wechselt. Es ist irrig, die erste Masurenschlacht mit Moltkeschen Grundsätzen zu vereinen, sie hat nichts damit gemein, vor allem lag keinerlei doppelseitige Umfassung vor, denn der Nordflügel blieb wesentlich versagt. Daß die Umgehung am Südflügel taktisch nicht ins Gewicht fiel, zeigt der unverhältnismäßig geringe Verlust des 1. K., von dem 4 Batl. fast gar nicht fochten: 1750 (538 vom 44.). Nur statistische Unkenntnis legte daher auf diesen Eingriff Nachdruck, der schlechterdings nur strategischen Wert hatte. Das ist natürlich die Hauptsache, bedeutet aber nichts für taktischen Gewinn der Schlacht. Das 1. K. erfüllte seine Aufgabe nur, weil Rennenkampf im Zentrum eingedrückt wurde. Hier richtete sich der Anmarsch teils westwärts auf Linie Angerburg-Kowarren teils nordwärts auf Possessern-Kowarren, so daß Kowarren den Schnittpunkt für Vorgehen des 17., 20. K. bildete. Mackensen unterzog sich mit Feuereifer dem Bestreben, den Feind nach zwei Fronten aus der Stellung zu werfen, sein Tagesbefehl rühmt »mustergültiges Zusammenwirken«. 21. Rgt. Borke nahm Kruglanken, 129. Possessern, wo die 1. Komp. 128. 8 Geschütze im Feuer eroberte. Man dehnte sich dann mit 141. nordöstlich nach Tollmingkehmen, um Francois Linke zu stützen. 128., 129. kamen am 11. bis Szabienen. Dieser Keil ins linke feindliche Zentrum kostete viel mehr Blut als die Flügelgefechte des 1. K., denn 141. verlor 350 auf nur 2 Kompagnien. Links davon griff Scholtz' III/59. bei Kowarren ein, im Gefecht bei Omaschken am 11. fiel Major Bronsart v. Schellendorf, erst am 13. wich der Russe. III/152. nahm beim Vormarsch teil am heftigen Gefecht bei Angerau, das 148., II/147. lieferten. 147. nahm Sausgärken, dies Rgt. über Dambrowken und 146. über Buttkuhnen nebst 35. Art. unterstützten gleichfalls bei Kowarren neben 150. Das 59. drang über Christhausen am 13. nach, ihm bluteten 9 Hauptleute, 17 Leutnants. 18. Rgt. rang mit 1. Batl. bei Pristanien, mit 2., 3. stieß es an den Masurischen Seen nach. 18. (292), 146. (287) litten wenig, Summa 17., 20. K. 4870. 176. scheint über Darkehmen dem bei Dambrowken noch festgehaltenen rechten Flügel der Allensteiner zuvorgekommen, denn wir treffen es bei Rogalwalde weit vorwärts, wo Teile 11. K. sich durcharbeiteten. General Plüskow ( plus q'haut markierte ein Pariser Witz seine hohe Statur) führte Thüringer und Hessen über Korklak auf Nordenburg, wo 96. Gera schon am 8. über Meisnerfelde vordrang und sich von da über Ernstfelde auf Insterburg richtete. 32. erreichte schon am 11. nördlich Nordenburg die Linie Tarputschen-Gumbinnen; Oberstl. Fischer fiel, 3 Majore, 4 Hauptl., 13 Leutn. bei nur 380 Mann, bluteten. Auch bei 82. Göttingen fiel der Oberst, man verlor 1 Major, 4 Hauptl., 7 Leutn., drang aber über Neuhaus und Rogalwalde wacker an. Die 38. D. setzte über Sechserben, Szidlak, Adlersfelde mit 71. Sondershausen die Stoßrichtung des 96. fort. 55. Art. Naumburg feuerte bei Moldauen, 19. Erfurt bei Sechserben und Szidlak. Die 22. D. kam, 167. Kassel über Neuhof nach Gumbinnen, begleitet von 11. Art. am 13. bei Tarputschen. 83. Aroldsen hatte südwestlich Nordenburg bei Moltheinen und Neusorge schweres Gefecht. Die Verluste waren hier sehr verschieden. Bei 38. D. hatten nur 95. (556, besonders 1. Batl. Gotha, 3. Coburg) und 71. stärkeren Verlust, übrigens fehlte noch I/94. Weimar. 22. D., die mitten ins rechtsseitige russische Zentrum drang, hatte es härter, am meisten litt 83. Von 2865 des Korps sind 75 für Anfangsscharmützel. Bezeichnenderweise nahmen Verluste und Erfolge am linken Flügel so ab, daß III/96. Rudolstadt sowie Batl. Hildburghausen, Eisenach, Jena, nur eine Handvoll verloren. Denn Hindenburgs versagte Linke, nämlich 1. R. K. und G. R. K. standen fast Gewehr bei Fuß, ersteres (54. Inf. nur 5, 65. mit 2. R. Jg. bis Jodchen) verlor nur 450 letzteres 720 der 1. G. R. D. Bezüglich 3. G. D. äußerten wir ja Zweifel, ob 5. G. und G. Füs. bei Namur ihren Verlust hatten, den sie doch erst in Septemberlisten anführen. 10 Off., 350 beider ist doch etwas happig für Namur, selbst wenn die Listen nicht dagegen wären. Übrigens würde Verlust von I/2. G. R., der ganz bestimmt auf Masuren fällt, zu sehr allein stehen, auch Lehrrgt. verlor bestimmt nicht bei Namur 143. Gesamtsumme 1700 Inf. für zwei Korps, so gut wie nichts für eine Hauptschlacht. Allerdings war der Artilleriekampf der Garde groß und verlustreich. 1. G. R. A. 97, 1. G. Fuß A. 61, dagegen verlor 3. G. R. A. nur einen Kanonier; Belows 1. F. A., 3. R. A., 4. F. A. nur 29. Ganzer Schlachtverlust 11 400 (445 Art.). Der russische Verlust läßt sich nicht bestimmen, betrug aber nicht unter 100 000, davon 45 000 Gefangene Laut russischer Angabe 30 000; doch nicht weniger als 70 000 Tote und Verwundete, was sicher zu hoch erschiene, wenn »Reichsarchiv« unsern Verlust nur auf 9000 angibt. Das ist um so unbegreiflicher, als nach den gleichen vorliegenden Listen ein maßloser Gumbinenverlust herausgeklaubt wird. , 160 Geschütze fielen in preußische Hände. Man mag sich in der Geschichte umsehen, wo man will, nur bei Leuthen ermöglichte Manövrierkunst ähnlichen Erfolg mit so geringen Opfern, wie wir es dauernd bei Hindenburgs Siegen begrüßen. Am linken Flügel ward eigentlich nur am 9. bei Schollen gefochten, wo I/2. G. R. den Major und fast 600 verlor, unterstützt von 93. R. und 1. G. R. Lehrregiment und Füsiliere bei Schönbaum und Schönwalde, andere Artillerie bei Jägersdorf. Nachdem das von Belows Artillerie bombardierte Gerdauen geräumt und Nordenburg von den Thüringern durchschritten, rückte 72. R. Brig. über Insterburg bis östlich Gumbinnen vor, am 13. lag Belows Hauptquartier schon nahe bei Schirwindt. So rasch baute der Russe ab, als die innere Umfassung der Zentrumecken sich immer fühlbarer machte. Nur sie, nicht schwache äußere Umfassung bei Goldap zwang Rennenkampf zu jähem Abzug von Nordost nach Ost, sollte der nordöstliche Druck ihn nicht von der Njemen-Basis abschneiden. Das Meiste wurde nordöstlich abgeentert, ein Teil flutete nach Suwalki ab. Beim sich langsam fortwälzenden Vorbeizug der kreisbogigen Deutschen Front entlang trug die Einwirkung unseres verfolgenden Artilleriefeuers sehr weit. Um seine natürliche Rückzugslinie auf Grodno betrogen, wandte der Feind sich nördlich auf Kowno. Die Grodnoarmee, deren Elitetruppen sich nicht mal gewöhnlicher Landwehr gewachsen zeigten, bewies unzeitige Hartnäckigkeit; hing sich zwei Tage zu lange am Angriffspunkte fest. Nur die Geringfügigkeit der ihr gegenüberstehenden Kräfte erlaubte ihr leidlichen Rückzug auf Grodno, denn das 1. K. bei Goldap zerriß schon Verbindung mit Rennenkampf. Selbst hier haben wir kein Beispiel äußerer Umfassung, denn Francois brach ja zentral zwischen Wilna- und Grodnoarmee durch. Es ist also gänzlich verfehlt, wie bisher geschah, dies als Umfassungsschlacht des Moltkestils auszulegen. Nichts kann törichter die Lage verkennen, die hier noch klarer vor unseren Augen liegt, als bei Tannenberg. Das Wesen des Moltke-Schlieffen-Systems ist nicht die Umfassung, denn diese versucht jeder Feldherr. Sie empfiehlt sich taktisch um so mehr, als nachweisbar Flanken- stets stärker trifft, als Frontalfeuer, was sich natürlich auch bei innerer Umfassung bei Zentrumkämpfen auswirkt. So wirkte z. B. Davouts und Oudinot-Marmonts Feuer, als sie über Parbasdorf dem österreichischen Zentrum Wagram in die Flanke fielen, grad so verheerend wie etwa das der äußeren Umfassung Davouts bei Eylau oder Soults bei Jena. Das »Neue« soll die von Napoleon verpönte doppelseitige (kraftzersplitternde) Umfassung sein und zwar mit exzentrischem Anmarsch getrennter Teile zur Vereinigung im Feinde. Von letzteren findet sich bei Ludendorff-Hindenburgs Schlachtenlagen gottlob nie eine Spur, stets treten sie geschlossen zum Angriff an. Hier oder in Masurien verbot sich doppelseitige Umfassung von selbst, da die russische Rechte sich fast bis zum Haff ausdehnte. Vielmehr hoben nur die Thüringer sie aus den Angeln, indem sie am 10. von Karpowen auf Gumbinnen einschnitten und bei Tarputschen am 12. den Feind über die Pissa jagten, während sie zugleich nach Westen auf Insterburg flankierten. Durch diese innere Umfassung genötigt, gab der Russe nun selber den Weg zur Umgehung im Norden frei und wir sehen erst jetzt Below im Vorgehen, zugleich die Freigebung von Tilsit. Alle Zeit- und Ortsdaten zeigen, daß die in allen Berichten neben Ost- und Westpreußen zurückgesetzten Thüringer–Hessen die Schlacht gewannen. Wenn 52. Art. am 12. Pilluvönen erreichte, so kam 82. Art. am 14. nicht früher bis Eydtkuhnen als 47. Art. Fulda, die einen dreimal weiteren Weg aus ihrer Anfangsstellung zurückzulegen hatte. Dem 20. K. bleibt das Verdienst, daß es die feindliche Masse auf sich abzog. Das 11. K. aber brach zwischen der noch nicht abgelockerten Russenrechten und der Mitte derart durch, daß die ganze Schlachtordnung einen Ruck bis ins Mark empfand. In verschiedenen Listen wird Artillerie schon am 11. 12. bei Stallupönen genannt, dies bezieht sich nicht nur auf reitende Batterien der Kavallerie, deren Vorhuten tatsächlich schon am 9. bis dorthin streiften. Das belegt die Unordnung hinter der Russenfront und in den Zwischenräumen, denn wo war sonst je erhört, daß Reiterei die Etappenbasis überfüllt, während das auch an Reiterei übermächtige Feindesheer vorne in große Feldschlacht verwickelt! Wer nur seine Vorderstellung beachtet und hinter der Front faulste Sorglosigkeit einreißen läßt, darf sich nicht wundern, wenn ein rühriger Gegner dies bestens benutzt. Unsere Reiterei verfolgte nach allen Richtungen, die sächsische mit 17., 21. Ulanen am 14. bis Sumski-Dobrowc, Karabiniers über Kalwitschen, Gardereiter am 15. bis Giza. (Verlust der schweren Brigade 164, der Ulanen 52, dazu 8. Ul. (1. K.) bei Lissen, 3., 5. Kür. (1. K. D.) bei Lyck, 4. J. z. Pf. (17. K.) Rominten (zusammen 60): Weiter links 6. Jg. z. Pf. Erfurt und Ers. Schw. 2. Jg. z. Pf. Langensalza am 14. (8. K. D.), 5. Hus. Güritten, Halbrgt. 6. Kür. (11. K.) Schatzels, 12. Ul. Insterburg 1. R. Hus. Pillkallen, bei Wormditten Res. G. Ul., R. G. Dr. folgten (zusammen 93). West- und Ostpreußische L. W. Reiterei schwärmte über Rudki Patrouillenritte. Die Verfolgung überschritt bald die Grenze. 3., 6. Kür. bis 17. Augustowo, 1. R. Hus. am 23. Kalvaria, 1. Drag, am 29. Ravichice, 2. Fußjäger folgten schon am 14. über Kibula. Hindenburg verfügte also jetzt über bedeutende Geschwader, etwa 126 Schwad., wovon nur 11 im Süden, und handhabte sie mit einer Kraft, die durch sofortiges Nachstoßen mit Fußvolk und Geschütz ihre Weihe erhielt. Allerdings gab es gegen Hindenburgs Willen einige Tage Abirrung nach links bei 1. K. D., die mit abgetriebenen Gäulen wiederholt um Schonung bat, auch Verladung der 8. K. D. aus dem fernen Westen verursachte anfangs Stockungen. Um so größer die Leistung, obschon der Erfolg hinter allzu hoch gespannter Erwartung zurückblieb. Der später so bekanntgewordene 1. G. St. Offizier des O. K., Oberstl. Hoffmann, leistete schon hier wertvolle Dienste. Ausschlaggebend scheint uns durchweg die Tatkraft des »blutigen« Morgen, dessen Wagemut am äußersten rechten Flügel schon bei Suwalki den Feind bedrohte und fortan in gleicher Bahn verharrte. Vom 1. K. rückte 45. auf Suwalki, das eine Batterie 15. R. F. Art. beschoß, war am 29. bei Kalvaria, 33. bei Kapriowo, 4. bei Mariampol, 1., 52. Art. dabei. Belows 17. R. F. Art. Marienburg, feuerte schon am 15. bei Kalabassen. 17., 20. K. wurden indessen schon angehalten, um eventuell südlich verwendet zu werden, Garde R. K. und 11. K., 8. K. D. sofort per Bahn verladen, um am südlichen Weichselufer zu operieren, 5. G. Gr. standen dort am 1. Okt. schon bei Kielce. Morgen blieb indessen im Vorgehen mit 2., 9. R. auf Augustowo, wo 49. R. einzog. Seitwärts 34. R. bei Rocki, 49. L. W. bei Olczauka in schwerem Gefecht (720), wo Morgen am 30. sein Hauptquartier hatte. Im Ganzen kostete die Verfolgung 1280 Inf., 83 Art., 369 Kav. Monatsverlust rund 15 400, der russische darf mit den vielen Versprengten auf 150 000 geschätzt werden Laut russischer viel zu niedriger Angabe fehlten bereits seit Mitte August von 751 000 Sollstärke (inkl. Nichtstreitbare) 245 000 (136 000 Gefangene), nach anderer aber 316 000 » ungerechnet die bei Tannenberg gefangenen Korps«. Viele Verkrümelte der geschlagenen Heere sammelten sich wohl später in den Festungen. Gleichwohl darf man glauben, daß die 1. und 10. A. seit 10. August 180 000, die 2. rund 170 000 verloren. »Reichsarchiv« rechnet mit 250 000 (145 000 Gef.) entschieden viel zu wenig. Daß bis dahin der 8. A. nur 37 000 fehlten, ist aber auch unterschätzt, obschon Gumbinnenverlust viel zu hoch. Mit rund 43 000 bleibt das Verhältnis immer noch märchenhaft. (Woyrsch natürlich ungerechnet, mit dem Septemberverlust auf rund 22 000 stiege, auch hier aber schraubt »Reichsarchiv« bis zu 8000 hinauf, während wir 1500 weniger rechnen, denn 7000 bloß für 4. L. W. D., ergäbe je 400 für 17 Bat. von denen 5 Ers. Bat. weit weniger litten, während der höchste Einzelverlust bei 22. Brig. nur 5–650 betrug. Wahrscheinlich rechnet »Reichsarchiv« vorherige Gefechte mit, die 600 im ganzen kosteten, und außerdem Versprengte, die sich wieder einfanden. .
Ostpreußen war reingefegt. Um sein Werk zu krönen, vollzog der Meister im Oktober eine der kühnsten und gewagtesten Umgruppierungen nach Mittelpolen, um den bedrängten Österreichern aufzuhelfen. Im Grunde konnte ein Stoß auf die mittlere Weichsellinie Warschau–Iwangorod nur eine Diversion sein, schwerlich reichten die Kräfte aus, doch wer konnte wissen! Warschau war so wenig verteidigungsfähig, daß dort blinde Panik ausbrach, alles nach Räumung schrie. Doch Großfürst Nikolaus setzte sein Quodnon entgegen. Man darf ihm nicht absprechen, daß er über seine unübersichtlichen Horden das Heft in der Hand behielt. Er führte Krieg mit einer gewissen barbarischen Großartigkeit. Die aufeinandergepackte Massenheftigkeit mochte aber vielleicht zum Verhängnis werden, weil es oft an Raum zu ihrer Entfaltung fehlte und sie die Ernährungsschwierigkeit steigerte. Das macht uns nicht blind dafür, daß unter gegebenen Verhältnissen der Großfürst sich nie verblüffen ließ. Er wetterte und drohte, schon am 28. Sept. mußte Rennenkampf den Gegenstoß beginnen. Das ist zu unterstreichen, weil erneute Bedrohung seiner Heimat Hindenburg nicht darin beirrte, sich im Interesse des ganzen der gegen Österreich heranrollenden »Dampfwalze« entgegenzuwerfen, ohne sich um Unsicherheit seiner Nordflanken zu bekümmern, beweist nicht nur Seelengröße, sondern die Festigkeit des Feldherrnentschlusses, wie Napoleon es wünscht: »Ist der Entschluß gefaßt, so gibts kein Wenn und Aber mehr«. Vielleicht hätte sich die somit südliche Umgruppierung noch teilweise einstellen lassen, um lieber die eigene Bedrohung zu parieren. Aber nein, ohne Wanken unbeugsam ward durchgeführt, was einmal als dienlich erkannt: auf Warschau! Mochte Below zusehen, wie er als Grenzschutz fertig wurde.
Das erwies sich als ein saures Stück Arbeit. Die Njemenarmee war zwar tief erschüttert, 4 finnländische Schützenbrigaden bei Augustowo zersprengt, 12. K. durch General v. Morgen glänzend geschlagen. Und als am 1. Oktober das 3. Sibirische, 22. Finnische K. im Waldgebiet von Augustowo angriffen, endete zweitägiges Ringen mit ihrer schweren Niederlage (3000 Gef., 18 Gesch.). Hier stand 44. fest bei Filippowo, 48. R. Kav., 12. Ul., 41. I. daneben, nebst 2., 3. R., 37. nebst Ers. Batt. von 71., 72., 73. Art. bei Kalvaria. (Zusammen 670–12.). Aber der Russe wollte sich ausleben! Ein neuer großer Angriff auf Suwalki scheiterte wieder mit schwerem Verlust (2700 Gef.). Hier standen 3., 4., 33., I/45. I., 1. Art., vor allem 49. R. (660, zusammen 1450–15.). Südlich davon drang ein Korps von Lomscha auf Lyck ein, doch bedeutende Umgehung von Olita her (diese zwei Narewfestungen bildeten die Depotbasis der neu zu errichtenden Narewarmee) brach am 5. zusammen am Wystiter Waldsee. 34. R. bei Magrabowo, 43. I. nebst 8. Ul. am Hanoce-See, 2. R. bei Ruski und Krupinnen rang schwer (zusammen mit 3. R. 1315). Hier zersprengten drei ostpreußische L. St. Kompagnien vier Bataillone und brachten 700 Gef. und viel Masch.-G. im Triumpf zurück. 17. R. F. Art. und Masch. G. Abt. der Veste Boyen wirkten mit. Immerhin besetzten die Barbaren Lyck, wo sie wieder wie Ungeheuer hausten, eine große Landsturmgruppe von etwa 10 Batl., unterstützt von 18. L. W. und Div. Goltz, die am 19. ihr Quartier im Dorschen hatte, vermochten auf die Dauer den Andrang der Übermacht nicht fernzuhalten. 1. Fuß Art., 49. R. Art., L. St. Batterien 2. K. taten, was sie konnten, durch wohlgezieltes Feuer weitere Feindüberschwemmung zu vereiteln. Der Kampf entbrannte noch wilder, als am 14. bei Nauendorf–Goldap 226. R. Liegnitz eintraf, später 230. R., zwei neu errichtete Regimenter von je einer Division 25. R. K., hier schon »50. R. D.« sagen ist falsch.
Dies viehische Gesindel, das unsagbare Schandtaten beging, will heut sengend und brennend die Welt messianisch befreien, in Verbrecherkreisen und bei verrückten Gimpeln darob hochgeehrt. Diesmal fegten sächsische reitende Artillerie und Dragonerklingen diesen dreckigen Kehricht weg. Bis zuletzt feuerten Scharfschützen vom Turm der völlig niederbrennenden Kirche. Diese heftigen Kämpfe gehören in die zweite Oktoberhälfte, in der ersten, an die wir uns vorerst halten, ließ sich der Hauptkampf nicht unter dem Namen Augustowo-Suwalki zusammenfassen, sondern die neuaufgestellte 1. A. im Süden gab der neuen 10. A. den Impuls, uns nordwärts zu überflügeln bei Wladislawo-Bakalarzewo und Schirwindt-Wirballen. Obschon 69. R. Brig. schon am 7. in Schirwindt einzog, blieb dies kein gemütlicher Aufenthalt. Am 9. nahm zwar Morgen das geräumte Magrabowo zurück, aber erst bis 13. schlug man den Anlauf so zurück, daß 4000 Gef., 26 Gesch. uns zufielen. Hier fochten 3., 5., 18., 21., 61., R., 4., 24., 34., 48., 61. L. W. (24., 48., 61. neu eingerückt), 2. Jäger, 1., 2. R. Jg. nebst 2. R. Art., 15. R. F.-Art. (2600 Verl. inkl. 226., 230. R. und einiger Ers. Bataillone und etwas Reiterei). Am Südende der Ostfront versumpfte der Kampf derart, daß man auch noch »35. R. D.« (2., 9., 47., 72., 133. L. W.) nebst 20. L. W. Br. gegen Warschau umgruppierte, so daß inkl. 101. und Garde L. W. nur noch 22 Batl. bei Zastrow blieben. Woyrsch 7. L. W. (mit 6. L. W. seitwärts entsendet) bei Kolo ging mit 9. L. W. dann zur Weichselfront ab, nur scharfer Geschützkampf tobte bei L. W. und L. St. Batterien (zusammen inkl. L. W. Bitterfeld 270). 5. R. Drag. bei Lipno, andere Reiter wie L. W. Schw. Lüben (48) Ers. 1. Ul. usw. bei Konin (zusammen 117). Summa 6300 für die erste Monatshälfte. Da Nikolajewitsch mit der Knute hinter ihm stand, ließ Rennenkampf nicht nach bis Monatsende. Im allgemeinen drängten wir zwar den Feind wieder weiter zurück, doch mußten dann selbst umkehren, so 61. R. am 31. nach Schirwindt, 24. L. W. nach Pillupönen, 34. R. nach Kruglanken. 54. I. pendelte zwischen Filippowo und Schirwindt hin und her. 10 andere L. St. Bataillone standen jetzt bei Soldehnen-Brackupönen weiter rückwärts, 3. L. W. mit erheblichen Verlust bei Bilderwaitschen, 5. bei Diuggen, 34., 49. L. W. bei Sarpallen und Altenbude, ein Teil 147. I. war bei Lyck zurückgeblieben, wo es jetzt sehr blutig herging. 230. R. verlor allein 920, man kann den dortigen Verlust (460 von 226. R.) auf 2200 (100 Art.) schätzen inkl. 3. L. St. Batl. bei Blindgallen. Es ist rührend, wie hier die »minder Tauglichen« für ihre Heimat stritten, 25 L. St. Batl., fast alle ostpreußisch, standen jetzt in der Feuerfront. Die neu zusammengesetzte 3. L. W. D. hielt sich vortrefflich, doch sie und 3. Res. D. nebst 1. K. schienen doch kaum im Stande, 20 neu aufgefüllten Div. Rennenkampfs die Spitze zu bieten. Ende September hatte er sein zerschlagenes Heer noch so wenig in der Hand, daß 4. Grenadiere es wagen durften, den Njemen zu überbrücken und Verbindung mit Olita zu beschneiden, und Ossoviec bombardiert wurde. Als man davon abstand, ließ man den Russen an den Urwald von Augustowo herankommen und gab ihm dort eine blutige Lehre auf den Rückweg. Als der Feind aber Umfassung bei Wladislawo einleitete, gleichzeitig Morgen bei Magrabowo und Goltz vor Lyck eingedrückt wurde, glaubte Francois, der den Oberbefehl der 8. A. übernahm (die vor Warschau ward als eine andere Armee betrachtet), hinter die Angerapp zurückweichen zu müssen. Nicht mehr ließ sich die Straße Mariampol-Kalvaria säubern, so oft dicke Kolonnen sie überrennen wollten. Morgen erwarb sich zwar besonderes Lob für seine feste Haltung, doch als er abrückte, um den zu heftig werdenden Andrang gegen die heldenhaft bis 12. bei Schirwindt ausharrende 1. L. W. D. zu lindern, brach die russische Linke bei Grajewo durch und nahm Lyck. Die Nachhutgefechte des 1. K. bei Bakalarzewo und Filippowo kosteten dem Feind viel Blut, ehe es vorbereitete Schanzwerke hinter Spittehnen aufsuchte, rechts bis zum Lycker See (Verl. 900, davon ein Drittel vom 3.). Teuer verkaufte es jeden verlorenen Raum, Belows und Morgens Brave nicht minder. (2., 3., 34., 49. R., 54. Inf. zusammen mit 4., 24. L. W., 61. R. verloren hier 1370). Man würde es als rühmlich feiern, wenn nicht deutsche Heldentaten sich derart drängten, daß nur Außerordentliches besonderen Lobes bedarf. Der Feind erkannte die Stellung als unbrechbar. Die mehr als dreifache Übermacht brandete gewaltig, so oft sie an den feuerspeienden Klippen der deutschen Häuflein zerstäubte. Kavallerie (1. Drag.) deckte im Fußgefecht die linke Flanke. Acht Glieder tief rannten die Moskowiter in den Tod, der ihrer vor den sturmfesten Scharen der Königsberger L. W. harrte. Endlich wurden sie im Norden überflügelt durch III/54. und 222. R. der 47. (nicht »36.«) hessisch-westfälischen R. D. (deren andere Teile laut V. L. nicht anwesend) und mit großem Verlust über die Grenze gejagt. Ebenso tanzte ihnen 50. R. D. des neuen 25. R. K. bei Lyck den Kehraus, sie warf den Feind sogar aus Grajewo. Die Kämpfe im Norden kosteten nur 1700. Bei Bialla 6. L. W. und Ers. Rgt. Kynast (zusammen 230). Bei Mlawa rückte das schwache Grenzschutzkorps Zastrow erneut auf Praschnitsch vor.
Mit rund 6600 Verlust (330 Kav.) hatte man den wütenden Feind in die Verteidigung zurückgedrängt. Während Rennenkampf einen »Sieg« mit dreister Stirn ausposaunte und Hindenburgs Hauptmacht gegen sich wähnte, was auf Frei- und Leerlassung des breiten Zwischenraums zur Weichsel Einfluß übte, muß diese deutsche Abwehr, von anderen Ereignissen überholt, ein kriegsgeschichtliches Echo finden. Nie bewährte deutsche Standhaftigkeit sich besser. Die Königsberger L. W. bewies sich würdig ihrer einstigen Erstürmung des Grimmaschen Tores, die Altvordern von Dennewitz brauchten sich ihrer Enkel nicht zu schämen. Nur gewaltiger Geschützzauber der Russen vertuschte etwas die Minderwertigkeit ihres Fußvolks. Sie hatten ja jahrelang gerüstet, sich schon im März in Kriegsbereitschaft gesetzt und unendliche Munition angehäuft! Als sie wegen toller Verschwendung später ausging, erklärte man alle Niederlagen damit. Ja, natürlich, weil unendliches Material in deutsche Hand geriet, bis dahin aber deckte nur die Artillerie alle Mängel zu. Bald kam man so herab, daß man schon alte Vorderlader-Geschütze und Berdangewehre brauchte. Während wir solche Beschönigung nicht gelten lassen, muß man dagegen in Anschlag bringen, daß bereits die Hälfte aller gegen uns vorbewegten Aktivtruppen verloren ging und der Großfürst seine Reihen mit jungen Rekruten füllte, die man in dicken Kolonnen zusammenhalten mußte. Deutscherseits brach aber selbst im L. St. die altgermanische Kriegertugend hervor. »What's bred in the bone« sagt englisches Sprichwort.
Hindenburg operierte wiederum durchaus auf innerer Linie von Czenstochau her in die rechte Flanke der gegen Krakau aufmarschierten russischen Hauptmacht. Deren Rechte mußte eiligst über die Weichsel ausbiegen. Ludendorff befaßte sich schwerlich je mit unserer Abwehr der Moltkeschule, doch handelte so, als wollte er unserer Theorie zum Siege verhelfen. Begreiflicherweise, weil ein geborener Feldherr keiner Belehrung bedarf, sondern instinktiv auf den Bahnen Friedrichs und Napoleons wandelt. Der völlig unter dem Begriff innere Linie fallende Warschaustoß aufs Zentrumherz hatte daher die natürlichen Folgen strategischer Herzlähmung auf den Feind. Wiederum ist nicht mißzuverstehen, daß Ludendorff die Schlacht Warschau–Iwangorod als zentralen Durchbruch auch taktisch anlegte. Wie damals die Anmarschrichtung 17. K. über Lötzen, 20. K. über Angerburg klärte, daß nicht Einwirkung äußerer Umfassung über Goldap, sondern Zentrumstoß vorschwebte, so waren hier die drei Kolonnen strahlenförmig auf Warschau gerichtet und der Flügelstoß auf Iwangorod im Grunde ein Scheinmanöver.
Wir möchten als Grundregel dieses Kriegskünstlers die innere Umfassung entdecken, gleichgültig ob er sich dabei mit Systemen herumschlug oder rein freischöpferisch handelte. Als am 11. September Francois und Reiterei den Rückzug östlich und nordöstlich verlegten, hätte ein Gewaltstoß mit großen Kräften den Ring wohl gesprengt, zumal wenn die Grodnoarmee nach Norden abschwenkte. Da sie in rückwärtiger Flanke des 1. K. stand, so ist von Einkreisung hier überhaupt keine Rede. Deutlich wird also, daß die sogenannte Flügelumfassung, als innere gedacht, nur dazu diente, den Feind zu verwirren, so wie sich bei Tannenberg die endliche Umzingelung nur durch schlaffe Unfähigkeit des Gegners ergab. hätte aber Rennenkampf das 1. K. weggedrückt, so konnte dies nur mit großem Zeitverlust geschehen, den Abzug von Mitte und Rechte so lange verzögernd, daß die inneren Umfassungen des 17., 11. K. erst recht ausreiften. Da die russische Rechte zunächst abmarschierte, wäre die Mitte bei Darkehmen–Insterburg rettungslos zusammengepreßt worden, da dann Below und Gallwitz rasch vorgekommen wären. Das sind Folgen, wie nur ein Zentrumstoß sie ermöglicht, in schreiendem Gegensatz zum Moltkesystem, mit dem sämtliche Kampfhandlungen Ludendorffs nicht die leiseste Ähnlichkeit haben, eher eine entfernte mit Napoleons Wagram.
Jener Gedankengang, wie er in Schlichtung seine Fieberkrise erlebte, brachte mit sich, daß man geflissentlich die Wagramschlacht falsch las, um sich für Moltke auf Napoleons Vorbild zu stützen oder gar Erzh. Karl als Gründer der modernen Schule anzupreisen. Diese unglaubliche Fälschung des historischen Verlaufs ist freilich österreichischerseits systematisch betrieben worden: Abbrechen um 2 Uhr, unbelästigter Abzug bis 4., alles nur wegen Umfassung Davouts, der napoleonische Zentrumstoß sei Chimäre! In Wahrheit tobte die Hauptschlacht im Zentrum bis 5. ohne jede Rücksicht auf Davouts Umfassung, Verfolgung im durchbrochenen Zentrum bis Mitternacht. Die reinste Unkenntnis macht man sich zunutze, um den Zentrumstoß als mißglückt und veraltet zu bezeichnen. In Wahrheit glückte nicht nur zentrale Eindrückung auf Süssenbrunn, sondern doppelte innere Umfassung über Parbasdorf und Breitenlee preßte die K. Hohenzollern und Bellegarde bei Wagram-Aderklaa zusammen. Ganz und gar wie hier in der ersten Masurenschlacht! Das alles liegt greifbar vor Augen, doch jede Wahrheit gleicht dem Ei des Kolumbus. Wir werden Ludendorff an der Weichsel im gleichen Stil verfahren sehen.
Da K. Gallwitz und Plüskow bisher sehr wenig, 17., 20. K. auch nicht viel litten, so schien Heranziehung der L. W. K. Woyrsch und Frommel genügend, um mit 12 D. unerwartet vor der leeren russischen Mittelfront aufzutauchen, deren 2. A. ein schwaches Bindeglied zwischen der 10., 1. im Norden, der 3., 4., 5. im Südwesten, der 9., 8., 7. im Südosten bildete. Sie sind zusammen auf 100 D. zu schätzen, denen 36 österreichische, 24 Deutsche im Oktober gegenüberstanden in einer Stärke von ungefähr 770 Bataillonen gegen 1600. Es sind hierbei 45 »minderwertige« deutsche L. St. Batl. mitgerechnet, nicht aber russische »Duma« L. W., eine miserable Truppe, während auch die österreichischen L. W.- und L. St.-Divisionen sich oft so gut und noch besser schlugen, als die aktiven, z. B. die 44. Tiroler und manche Honveddivisionen. Die kriegerische Überlegenheit der Kultur- über Barbarenstaaten hat sich seit der Antike nicht geändert. Als er seine kühne Operation antrat, brauchte Hindenburg keinen sorgenvollen Blick nach Norden zurückzuwerfen. Er wußte, daß dort Res., L. W., L. St. so gut ihre Pflicht tun würden, wie das aktive 1. K. Vorläufige Behauptung des Gouvernements Suwalki wurde zwar unsicher, doch band dies Kräfte, die zur Rettung Warschaus nötiger waren.
Mit unglaublicher Schnelligkeit erfolgte durch Bahnschub über Thorn die Umgruppierung, technisch ein Meisterstück, schon am 4. Okt. streifte die schwere sächsische Kav. Brig. bis Skiernevice, die Ulanenbrig. und 6. Kür. schoben am 14. Vedetten bis Blonie vor Warschau, 4. Ul. erschienen am 17. bei Gundinice, R. G. Drag. am 13. vor Iwangorod. Als R. G. Ul., wo am 30. Sept. eine Kosakendivision fliehend den ersten Alarm brachte, am 5. bei Opatow erschienen östlich von Kielce, schossen hier bald 5. (20. K.), 18. Fußart., 55. Art. (11. K.), 10 Thüringer Bataillone nebst 64. R. und Teilen der G. R. zersprengten zwei Schützenbrigaden und drei Kavalleriedivisionen, 6. Kür. verfolgten bis 10. (Zusammen 388 I., 13 Art., 170 Kav.). Die Überraschung des getäuschten Feindes war vollständig, da man ihn immer noch Vordringen im Norden vorspiegelte. Nördlich davon kamen 93. R. neben 9. Thorn, 37. L. W. Woyrsch bis Gruson (500). Dieser vom linken zum rechten Flügel umgebildete Heerteil (G. R. K., 11. K. und eine zusammengesetzte L. W. Brig.) ging auf Helenow-Pulaski südlich Iwangorod und über Rudki-Janovice auf Granice-Zawada. Zugleich damit hatte sich Woyrsch von Dankl losgemacht, in Bewegung auf Maly über das alte Schlachtfeld von Tarnowka mit 22., 23. L. W. (400). Die Thüringer nebst 11. P., 19. Art. trieben bis 11. den Feind bei Holendry vor sich her (222).
Die Mittelkolonne Scholtz kam über Radom, gelangte östlich der Zadjorge bis Dombrowka und gleichfalls Holendry, voraus 176., I/21., 128. (184) der linken Kolonne, Mackensen kam zunächst bis Skiernewice. Für Anschluß an die Österreicher und deren Entlastung kam es darauf an, ob die rechte Kolonne bald Novo Alexandria erreichte zur Wegnahme von Iwangorod. Dies schien nicht hoffnungslos, da der Großfürst seine ganze Hauptmasse südlich in Galizien hatte, die mittlere Weichsel also sehr entblößt war. Indessen bleibt mißlich, nach großem Erfolg vom nächsten Objekt abzulassen, nämlich von weiterer Zerreibung des unmittelbaren Gegners, und sich auf ein räumlich weit entferntes Ziel zu werfen. Hätte man die Wilnaarmee erneut überwältigt, so würde Forcierung des Njemen doch auch eine lähmende Wirkung auf Fortschreiten der russischen Offensive in Galizien geübt haben. Allein, konnte Österreich überhaupt so lange aushalten? Die ewige Besorgnis um dies morsche Staatsgebilde lähmte uns dauernd. Was sich daher an vorwitziger Kritik gegen Hindenburgs Operationen heut äußert, müssen wir streng zurückweisen. Sie war leider unbedingt nötig, auch ihre rücksichtslos kühne Durchführung bis zum Äußersten, nur so konnte man den Russenalb von den Österreichern abziehen. Beweis genug, daß sie das eingeschlossene Przmysl entsetzen konnten. Indessen fiel bisher nur die Nachhut der A. Ewert den Deutschen in die Hände (8000 Gef.), bei weiterem Andrang ward auch das Lagerkorps Iwangorod zersprengt bei Slomiki und Alexandria, doch gelang nicht, an der Weichsel zwei auf Fähren bei Nacht übergesandte Korps durch Brückensprengung abzuschneiden, wobei eine Brigade in Nähe des Uferorts Wolka ein ganzes K. aufhalten wollte. Alle Versuche Ewerts, unter eigenem Flußübergang zum Angriff zu schreiten, mißglückten.
Am 11. besetzten Gardefüsiliere Novo Alexandria, am 13. Gardeschützen Slomiki westlich von Fort Gortschakow, weiter rechts erschienen G. R. Jäger und 2. G. R. schon am 17. angesichts Iwangorod. Der Verlust, bisher sehr gering (220, 5. G. verlor am 10. vor Alexandria nur 25), steigerte sich jetzt sehr. Denn vier (nicht acht) russische Korps brachen zwischen Warschau und Iwangorod vor und am 17. erfolgte ein neuer Ausfall, der bis 19. gänzlich zusammenbrach. Lehrregiment und 64. R. griffen ins Gefecht der Füsiliere ein (zusammen 1000), 5. G. und besonders 5. G. Gren. warfen den Feind über Dombrowka (650). 5. G. Art., 1., 2. G. R. Art. beschossen am 20. Ruda (70). Links davon fochten 6 Batl. Plüskows bei Dombrowka (430). Hier soll das Weimarer Rgt. sich ausgezeichnet haben, bei dem der Großherzog selber sich als Schütze einreihte, es machte allein 1000 Gefangene, doch sein winziger Verlust (50) spricht nicht gerade für Kampfschwere, übrigens focht nur ein Bataillon, 82. trug allein die Hauptlast. Der Kampf westlich Alexandria, wo die Russen verdeckt vom Weichseldamm schossen, war auch nicht blutig für 7., 19. L. W., die sich am 14. bei Pulawski einschoben (165). Daß irgendwelche Kompagnie auf 85 schmolz, muß Mythe sein, falls nicht auf 64. R. bezüglich. Auch 11., 47., 55. Art., 11. Thorner R. F. Art., 1. Ers. F. Art. bei Helenow litten sehr mäßig. Auch 18. I. der Mittelkolonne mischte sich über Glodda ein, III. schon früh vor Iwangorod (150), das 20. K. entfaltete sich zu scharfem Kampf. Seine Rechte hatte den grimmen Strauß bei Wolka am 13., 14., wo 59. nebst Ers. Batl. 729 verlor. Bei Helenow-Holendry östlich Kocicenice 148., 152. (835), I/III/152. unterstützte außerdem bei Wolka, II. schloß sich später dem linken Flügel an, der von der Piliza her sich Warschau auf der Nordostseite näherte (dies Rgt. verlor alles in allen 867). Dort 150., 147., 151. sowie 1. Jäger, die schon am 14. Blonie erreichten, mit geringer Einbuße (937), 93. R., 9. L. W. und die von Woyrsch geschickte 10., 51. L. W. hatten am 9. bei Grojec Sibirier in die Flucht geschlagen (2000 Gef., bei Iwangorod 3800), stießen aber bei Blonie auf erbitterten Widerstand. 93. R. Berlin-Anhalt gewann und verlor wieder diesen wichtigen Punkt und litt schwer (700, zusammen 1500).
Die Heere Ewert und Plehwe hatten nach Iwangorod kehrtgemacht, wo sie ihre Massen über den 1200 m breiten Strom, durch Hochwasser geschwollen, bisher nur mit Vorderspitzen entwickeln konnten. Indem sie hier von Hindenburg an die Weichsel gefesselt, sollten A. Dankl und außerdem 11 k. k. K. von Krakau bis zum Sanj ihnen in die Flanke fallen. Ihnen war die Entscheidung zugedacht, wie im Kraftverhältnis lag, doch so groß war unser geistiges Übergewicht, daß ihre Offensive zur Nebenhandlung herabsank. Sie zersplitterten sich, verspäteten sich, zerquetschten nirgends ein russisches Zwischenglied. Als wir die Weichsel sperrten, überschritt sie noch nicht mal den San. Allerdings gesellten sich ihren Kampf- bedeutende Krankheitsverluste, nur die Deutschen behielten unter Wetterunbill und Gewaltmarsch ungebrochene Haltung, gehoben durch ihre Siege und unerschöpfliche Zuversicht auf ihre großen Führer. Noch waren die Russen im Weichselbogen unentwirrt mehr nach Tiefe als Breite gegliedert. Doch sie saßen trocken in ihren Brückenköpfen und Schanzen, während der durch Regen in Lehmbrei verwandelte Boden der Weichselniederung vom deutschen Nachschub schwer bemeistert werden konnte. Das Hauptquartier hielt persönliche Einwirkung für so geboten, daß es sich von Beuthen weit vorn nach Radom verlegte. Welch leuchtender Gegensatz zur O. H. L., immer hübsch weit hinter der Front! Die österreichischen Meldungen, gefärbt und wenig durchsichtig, lassen nicht durchblicken, daß man in Galizien fest durch Niederlagen aufgehalten wurde. Nahe daran war es ohne Borowic Entschlossenheit. Dagegen will Dankl südöstlich Iwangorod einen schönen Sieg erfochten haben. Bloß seine Mitwirkung genügte aber nicht auf die Dauer, da Nikolajewitsch riesige Massen zusammenballte. Die zersprengten 2. und Gardeschützenbrigaden nahm bei Alexandria das Moskauer Grenadierk. auf, vor Iwangorod lagen damals bald 3. Kaukasische und eine Div. 14. K., dann zogen sich 16., 17. K. nordwestlich bei Kocienice zusammen. Diese Truppen waren alle nach siebentägigem Ringen entscheidend geschlagen, allmählich sammelten sich aber dort hinter der Weichsel 16 russische Divisionen. Der Großfürst sandte seinen unternehmendsten Armeechef Rußki nach Warschau, der im ganzen 30 Div. in vier Armeen ballte, angeblich »400 000«, wahrscheinlich mehr. Den Generalgouverneur Zylinski, der das Publikum mit Tartarennachrichten seiner »Siege« erquickte, enthob man in Anerkennung solcher Verdienste von seiner Stelle. Da der an die Spitze gesetzte Rußki wesentlich die deutsche Linke, das südlich des Weichselbogens anrückende 17. K. ins Auge faßte, so verschob sich Hindenburg links, wo er ursprünglich den entblößten Raum zwischen Warthe und Weichsel durchschritt. Der strategische Zentrumstoß wurde jetzt auch ein taktischer innerhalb des Rahmens seiner drei Kolonnen. Schwerlich schwebte Eroberung des Zentraldepots Warschau vor, wie die Russen glaubten, sondern nur Festnagelung Rußkis, bis die Österreicher, denen jetzt nur gleiche Kräfte gegenüberstanden, einwirken könnten. Doch sie blieben aus und das deutsche Scheinmanöver wurde zu nachdrücklicher Hauptschlacht. Nachdem das 1. Sibirische K. gründlich geworfen, mußte auch das 2. Sibirische bei Blonie weichen. Zugleich wurde die russische rechte Mitte durch Mackensens 128., 129., 175. Westpr. zurückgeworfen (nicht »37. D.«, die Allensteiner fochten stets weit südlicher). Die überzahlreiche russische Reiterei (zuletzt 9 Div.) tummelte sich vergebens vor der Front, bei Skiernewice von der wenig zahlreichen deutschen und dem von Radom hinter der Front als linker Flankenschutz herangezogenem k. k. Kav. K. Korda zersprengt. Hierher sandte auch Woyrsch L. W. Brigade Wrechem, während seine anderen Teile sich im Zentrum anreihten. Hier rollte das neugebildete K. Frommel (35. R. D. und 20. L. W. Brig. unter Bredow) die Sibirier auf, wahrscheinlich auch das 1. Russenkorps, das auf der Nordwestflanke vor Mackensen wich, der bei Slomyn-Sulkonize bis Nadarzyn siegte. Allerdings stand Frommel am 12. bei Prußko und Rokitno noch in hartem Kampfe, doch am 13. beschoß man schon die Südforts von Warschau und jagte auch das 2. Russenk. an der Pilizamündung über die Weichsel. Die letzten 30 km bis Warschau durchmaß man seit 11. sehr rasch. Doch wie es zu geschehen pflegt, wenn der Feind über mächtige Reserven verfügt, trat am 14., 15. ein Rückschlag ein, Prußko 12 km südlich Warschau (Blonie 25 km westlich davon) konnte nicht behauptet werden. Doch am 17. gewannen wir in der Schlacht Blonie–Nadarzyn–Jeziorna derartig die Oberhand, daß man bei Karzem die Weichsel überschreiten wollte. Dies mißlang gegenüber frischen Massen, die zwischen Warschau und Iwangorod ausfielen, denen aber gleichfalls kein Uferwechsel glückte. Umsonst warf sich schon zuvor das neu angelangte 23. r. K. auf die 37. D. bei Gora Kalvarja, sie und 41. D. kämpften sich am 16. bis zur Weichsel durch. L. W. D. Bredow, die ihren tapferen Führer verlor, hatte fast 50 km Marsch hinter sich, doch ihr Zug über die Piliza brachte die Russen zur Auflösung. Bei Prußko griff 107. Sächs. L. W. nebst 11. F. Art. (20. K.) ein, hier rang nochmals 9. L. W. am 16. und noch mehr Woyrsch 10., sowie die neu eingesetzte 38. bis 19. (zusammen 1550). 5. F. (17. K.), 5. R. F. Art. (Bredow) unterstützten (58). Am rechten Flügel Mackensens feuerte 36. Art. am 18. im Bloniepaß, wo 129., 175. seit 11. wirkten bei Niebowo, 128. am 18. bei Blonie, 141. bei Slomazyn südlich von Mluchow (zusammen 1100). Bei Rokitno hielt eine westpreußische Brigade ein ganzes Korps auf. Am äußersten linken Flügel stand 21. Rgt. schon am 19. auf Westseite von Warschau, wo 71., 72., 81. Art. bombardierten (58). Die Verluste der 35. D. waren hier viel geringer, doch griffen an ihrem rechten Flügel die Danziger 5er bei Magdalenka ein (330), als General Heineccius dort nordwestliche Einschnürung seiner 36. D. zu verspüren meinte. Am 17. früh hatten er und die L. W. Blonie wieder und am 19. mußte eine sehr große Kavalleriemasse bei Sochatchew vor deutschen und österreichischen Reisigen das Weite suchen. Allein, nach eigenem russischen Eingeständnis hatte Rußki jetzt vierfache Übermacht, denn die 1. r. A. entsandte nun auch Truppen über die Weichsel und bedrohte unsere rückwärtige linke Flanke bei Lovicz östlich Lodz. Indessen ist unwahr, daß wir schon am 19. den Kampf abbrachen, er dauerte sehr viel länger, obwohl der deutsche Feldherr einsah, daß er sich enger zusammenziehen und die Weichselsperrung von Iwangorod nur durch Dankl hinfristen lassen müsse. Gleichwohl stand das Gefecht auch dort immer noch sehr günstig. Zwar beunruhigten Kaukasier, Grenadiere, 16., 17., 27. K. über die zerschossenen, doch wiederhergestellten Brücken, über die aber zwei Kaukasische K. und 27. K. in Panik zurückflohen, so glücklich fochten die Gardedivisionen. In Polens Hauptstadt herrschte Ratlosigkeit. Man muß sich denken, daß der Russe hypnotisiert nach Westen starrte, wo unsere Linke über Lodz anmarschierte, ohne blitzschnellen Vormarsch unserer Rechten zu ahnen. Indem Ludendorff von sehr breiter Basis ausging und weiten Halbkreis umspannte, gab doch wieder Zentrumstoß den Ausschlag, denn das Hauptgewicht lag bei der Mittelkolonne. Die Meldungen sind wenig durchsichtig, zu allgemein gehalten. Nach deutschem Bericht machten Garde und Thüringer nach 7 tägigem Ringen bei Kocienice den Österreichern Luft, »es sah übel um sie aus«. Dagegen will Dankl ein russ. K. südlich Iwangorod überraschend geschlagen haben.
Erst als die Deutschen in Skiernevice auftauchten, begriff der in Warschau kommandierende General Scheidemann den Ernst der Lage. Seine Reiterei hatte sich wie gewöhnlich zur Aufklärung untauglich erwiesen. Nachher mußte General Kruse, Kommandeur des 2. sibirischen Korps, als Sündenbock herhalten, weil er Deutschrusse war. Als Zeppeline und ein anderes Luftgeschwader über Warschau erschienen, herrschte gewaltige Panik, bis der Großfürst oder, wie er sich selber angeredet wissen wollte, »Generaladjutant Nikolai« erschien, rechts und links Führer des Kommandos entsetzte und mit guter Benützung des strategischen Bahnnetzes hinter Warschau ungeheure Verstärkungen von der Hauptarmee heraufschob, zwanzig Divisionen aus Galizien und außerdem besonders zwei kaukasische Korps und alle drei Sibirischen, die zwar schon furchtbar litten, aber durch sofortige Aushebung des Landsturms zu solcher Mannschaftshöhe gebracht waren, daß man zwei Ersatzkorps herstellen konnte. Dabei blieb Nikolajewitsch selber in dem Wahn befangen, Hindenburg werde nur von Norden auf Warschau marschieren, nachdem er bis dahin geglaubt, der deutsche Feldherr werde seinen Sieg über Rennenkampf zur Wegnahme der Njemenlinie ausnützen.
Die Darstellung eines amerikanischen Korrespondenten im russischen Hauptquartier redet irrig von »drei sächsischen Korps«, die über Grojec vorgingen, wie auch ein österreichischer Bericht irrig von zwei frischen sächsischen Kavalleriedivisionen redet. Es waren nur eine sächsische L. W. Brigade und eine Kav. Division da, letztere nicht frisch, sondern seit langem im Kampfe. Es waren wesentlich schlesische und andere Landwehren nebst einigen Ost- und Westpreußischen Regimentern, die unter den Sibirienkorps ein furchtbares Gemetzel anrichteten. Diese wurden am 11. jenseits Grojec bis Jeziorna, Vorort Warschaus, 15 km südlich davon, zurückgetrieben, am 12., 13. dieser Ort erobert. Die russischen Verluste am 14. überstiegen alles, was bisher verzeichnet wurde. Ganze Regimenter verschwanden, bei anderen alle Offiziere, alles tot und verwundet. Dazu 8000 Gefangene, 25 Geschütze erobert. Der verzweifelte Widerstand der Sibirier, »44 Stunden lang«, und das abscheulichste Regenwetter hielten Hindenburgs Vormarsch auf, sonst hätte er Warschau früher erreicht, früher den Angriff auf die Forts beginnen können, wo damals nur 120 000 Mann lagen.
Als Hindenburg seine Rechte zur Mitte vorschob, um seiner Linken Luft zu machen, hatte Rußki schon 6 K. und zahlreiche Kosakenpulks von Nowo Georgiewsk her in Bewegung. Infolgedessen entschloß man sich, die ganze Warschauer Gruppe auf die Rawa und Piliza zurückzuführen, wo vorläufig nur 3. östr. Kav. D. die Lücke zwischen beiden Gruppen füllte. Die Südgruppe sollte dann über Novi Miasto den Nachdrängenden die linke Flanke abgewinnen. Am 18. bedrohte General Novikow mit der kaukasischen und Gardekosakendivision Mackensens Linke, die aber von der sächsischen und 7. östr. Kav. D. gedeckt blieb. Gegen Frommels rechte Flanke drang General Schilienski mit 5., 23. K. bei Karzew über den Strom, erhielt zwar vor Kalvarja eine neue Schlappe durch die Allensteiner, blieb aber in gefährlicher Nähe von Blonie, die russische Artillerie brüllte bis in die Nacht, als Mackensen und Frommel sich am 20. unbemerkt loslösten. 81. Art. deckte bei Nadarzyn den von Nachhuten maskierten Abzug, deren Tapferkeit dem Feind das Stehenbleiben eines Heeres vortäuschte. 40 km weit marschierte man in die neue Stellung, dort am 22. schlachtbereit. Sächsische Reiter plänkelten so lange, bis ein letztes schlesisches L. St. Batl. südlich Sochatschef vorbei war. Die verbündete Reiterei und L. W. Wrechem stellte sich dann an der Bsura auf, das Fußvolk an der Rawa und Piliza grub sich ein unter Beihilfe der 26. P. Die abziehende Südgruppe brachte noch dem verfolgenden 17. r. K. eine blutige Schlappe bei. Dankl sollte die Verfolger überflügeln und an die Weichsel drücken, doch auf Kriegsglück der Österreicher darf man sich nie verlassen. Genug, sie kamen nicht. Unser langsamer staffelförmiger Abmarsch mit der Linken bis Strykow nördlich Lodz konnte sich aber Rußkis entledigen, wenn sich die Rawalinie möglichst lange hielt. Dankl wurde zwar von 4., 9. A. am 23. von Kocenice und Alexandria her angegriffen und von 19. r. K. der 5. A. über Warka in der Flanke umwickelt, doch Gallwitzs Gardereserven und eine Allensteiner Brigade stäubten über Glowaczew die Umgehung nord- und ostwärts auseinander. Am 24. wichen die Österreicher an Radanka und Ilzanka, nie fochten sie braver, doch Victor Dankl war eben kein »Sieger«, kein Sulla Felix und »Cäsar und sein Glück« pflegen eben nur an solchen Personen zu haften. So war denn Hindenburgs großer Plan gescheitert. Unstern waltete überall, wo die k. k. Wehrmacht auf sich allein gestellt blieb, er harrte schon viel zu lange aus, damit die Habsburgische Hauptmacht an San und Dnjestr siegen könne. Sie und siegen! Nachher verbreiteten aber gewisse schwarzgelbe und obendrein noch tschechische Freiherrn die freimütige Unverschämtheit, die edlen k. k. Streiter hätten sich geopfert, um Hindenburg zu retten! Saubre Bundesgenossen! Gallwitz deckte noch lange den Rückzug an der Radomka gegen die ganze 5. A., am 26. hielt 41. D. bei Grabow die Russen ab, die Garden bei Augustowo, Helenow und Henrikow. Sie wollten aber ihre Vereinsamung nicht büßen, da ihre bisherigen Waffenbrüder des 11. K. vom rechten auf den linken Flügel eilen mußten, wo Gefahr drohte. Sie lösten sich rasch und ungehindert, retteten aber nochmals Dankls Linke kehrtmachend bei Kielce, den die 9. A. jetzt am 31. ganz durcheinanderwarf. Er wich hinter die Nida, alle Österreicher im November bis zum Dunajec und den Karpathen, und da Hindenburg sich hinter die Warte bog, riß zwischen Krakau und Posen eine breite Lücke auf, durch die der Großfürst seine Walze von 2 Millionen (110 000 Säbel, 7000 Geschütze) lenken wollte.
Seit 24. griff 2. russ. A. die Rawkalinie erfolglos an (11., 22., 37. L. W. vorzugsweise im Feuer, 176. Inf. in Reserve), 3. A. mit ihrer Hauptmacht seit Gallwitz Abzug färbte die Sandhügel unheimlicher Föhrenwälder zwischen Rawka und Piliza mit Strömen ihres Blutes, ohne den entschlossenen Scholtz aus der Fassung zu bringen, sein Allensteiner K. ließ den Feind ruhig an- und ablaufen. Mackensen bat um Hilfe, als neue Massen der 1. A. von Plozk her auf Lodz drohten. Am 25. schwere Krise zwischen Rava und Bsura bei Gluchow und Gyzin, bei Saniki und Bialynin hielten L. W., L. St. und Reiterei mit 1. Jägern fünf Russenk. in Schach, erst zuletzt von Thüringern unterstützt. Flankierung aus Osmolin zwang zum Abzug unter starkem Nachhutgefecht der schles. Ersatzbataillone bei Kiernozia.
Die Reiterei war von Ilow-Piontek bis südlich Lovicz zurückgegangen, wo 8. Kav. D. am 27. haltmachte. Hier wimmelt es wieder von Spezialirrtümern, denn daß sie erst am 27. bei Warta zur Armee trat, ist ebenso grundfalsch, wie, daß die ganze 1. Kav. D. im Norden verblieb. Teile von ihr kamen nach Polen mit, so 3. Kür. bis 2. Nov. bei Lodz. Die Reiterei verlor seit Monatsmitte nur 128. Auf dem Rückzug feuerten 6. G., 3. G. R. A., 64. R. am 26. bis 31., die 1., 3., 4. G. R., Füsiliere bis Kielce (zusammen 704). Bis 25. ging aber blutiger Schlußkampf vorher von 5. G. Gren. 64. R., Lehrrgt. bei Helenow, 5. G. bei Wolka, G. Schützen bei Novawola (1850). Verlust des 20. K. in dieser Zeit bei früherem mitgerechnet, doch besonders zu nennen II/59. und Ers. Batl. bei Augustowo bis 26. (295), 147. bei Miasto bis 28., 1. Jg. am 23. Lovicz. Weiterer Verlust Mackensens in V. L. nicht zu entdecken, 81. Art. schoß bis 24., offenbar zog er frühzeitig ab, auch die Thüringer verloren östlich Lodz nur 84. Könnten wir doch von der heldenmütigen schlesischen L. W. des K. Woyrsch das Gleiche sagen! Sie feierte einen neuen Tag von Tarnowka, diesmal für ihre eigenen Landsleute, offenbar sind 11., 17., 20. K. unter ihrem Schutz gemächlich abgezogen. Was man über deren Widerstand an der Rawka phantasiert, ist einfach Unkunde der V. L. als einzigen Belegdokumenten. Wohl häuften sich Leichenberge vor unerschütterter Front der L. W. Übrigens wirkte unsere schwere Artillerie niederschmetternd, verdeckt und versteckt richtete sie die russische bei Prussany so zu, daß sie 20 % ihres Bestandes und unglaublich viel Material verlor, 22 Stücke bei einem Art. Rgt. demoliert. Dies mag die Verteidigung der Rawa-Stellung erleichtert haben. Woyrsch' L. W. war bis Mlochow vorgegangen; als der Abbau begann, scheint 19. L. W. bei Helenow südwestlich Iwangorod (nicht der kleine Ort gleichen Namens südlich der Festung) die Nachhut gebildet zu haben, 2., 11., 38., 51., 47., 107. L. W. bei Bovino, Rokitno, Bialynin hatten in den Gefechten der Zwischenzeit nur 1000 verloren, das war jedoch nur ein Vorgeschmack der Krise, die ihrer wartete. Als im ganzen 11 K. Rußkis zwischen Sojatschef und Augustow vorgingen, fiel die ganze Gewalt auf dies L. W. K. Hier waren 72. Thür. (am 14. Gostynin), 133. Sächs. L. W. eingetroffen, die bei Bialynin neben 2. L. W. stritten, Ers. 17. Art. und 5. G. Art. feuerten (zusammen 790). Bei Rawa tobte die Krise sich am wildesten am 27. aus. Das schon bei Tarnowka schwergeprüfte 51. verlor nacheinander in vier Gefechten 980, 22. auch 460, 5. R. F. A., 6. Ers., 1. R. A. feuerten. Bei Gyzow-Gluchow auf Abzug zur Wiazga 37., 47. zusammen über 1000. Bei Kiernozia, als die L. W. abzog, nördlich Lowicz und bei Saniki sowie in Lowicz hielten 10 L. St. und 8 Ers. Batl. brav stand, unterstützt von 81. Art., 56. Ers. (zusammen 642, das Ganze inkl. Art. und 26. P. rund 3550). Die 51., 6. L. W. blieben bis 29. am Feinde, L. St. Batl. Breslau bei Sochatschef noch lange halten, 46. L. W. bei Rudniki südöstlich von Lodz, 133. L. W., 6. Ers. R. bei Mistla frische L. St. Batl. Ostrowno und Deutsch-Krone, Teile 2. R. Jg. bei Zylonka, 151. bei Nagarzyn, 19. R. F. Art. (zusammen 442) Summa inkl. Nebenverluste 550 von 11. K. (32 Art.). 1565 v. 17. K. (69 Art.), 3560 v. 20. K. (58 Art.), G. R. K. nebst 64. R. 4940 (100 Art.), L. W., L. St. nebst 93. R. 8915 (166 Art.). Somit kostete die ganze Operation rund 19 850 inkl. 298 Kav., die letzte Rückzugsphase 22.–31. recht wenig (rund 1500 bei Lowicz, Kielce usw.), doch setzte der zögernde Feind in den ersten Novemberwochen allmählich die Verfolgung fort, er war sich über die Ereignisse im Unklaren, sonst hätte er nicht so bodenlosen Schwindel ausgeheckt, daß eine angeblich 30 km vorgetrabte Reitermasse am 20. trostlos zurückkehrte, weil sie die Deutschen nicht mehr fand, so schnell waren sie ausgerissen! Am 21. wurde der Kontakt wiederhergestellt? Jawohl, mit Kanonen- und Flintenschüssen aus den deutschen Linien! Wir wollen einige Angaben in den Novemberlisten für irrig halten, wonach z. B. 2. Jg. z. Pf. noch am 8. sich bei Piontek herumtrieben, aber sicher ist, daß Hindenburgs Rückzug nach möglichster Zerstörung aller Bahnstränge den Feind zu sehr langsamen Märschen verurteilte und der Abzug längs der Weichsel nur Schritt für Schritt erfolgte. So fochten 6., 37. L. W. noch am 10., 13. Nov. »an der Weichsel« (370), 19. L. W. soll noch bis 2. bei Helenow als Nachhut verblieben sein (70), was wir kaum glauben. An der Warthe nahm 1. Rgt. der Festungsbrigade Doussain die Nachhut auf. Im ganzen 525 für November-Rückzug, sowie nördlich der Weichsel vom 5.–13. Okt. etwa 350 vom buntscheckig zusammengesetzten K. Zastrow (101. Sächs. L. W. bei Sierpe-Rypin, die auf Mlawa zurückfiel). Der ganze Oktoberverlust von Schirwindt bis Kielce betrug also 32 750, der äußere Erfolg fiel diesmal nicht glänzend aus, brachte den naiven Hoffnungen des deutschen Publikums auf Einnahme von Warschau eine jähe Enttäuschung. Sie klingt noch heute nach bei Leuten, die es besser wissen sollten, aus Redensarten von militärischer Seite entnimmt man: mehr oder minder ein trauriger Fehlschlag! Nicht nur nicht dies, sondern ein Meisterstück, freilich nur mit solchen Truppen durchführbar. 10 Tage lang wurden 30 russ. D. an die Weichsel abgesperrt, 2., 4., 5. A. konnten sich erst rühren, als 1., 9. A. auf den Flügeln die Sperre aufhoben. Unsern 137 Batl. (42 L. W., 15 L. St.) standen rund 500 russische gegenüber, davon wurden 10 Divisionen zerschlagen und demoralisiert, 6 furchtbar zugerichtet. Der russische Verlust muß ungeheuer gewesen sein, man kann ihn sicher auf 150 000 veranschlagen (inkl. Ostpreußen 200 000). So viel für das Taktische. Das Strategische berührten wir schon. Es ging nicht anders. Nur den Stoß auf Warschau aus Norden zu führen, wie Nikolaewitsch erwartete, fehlte es an Zeit, da Österreich schon so am Boden lag, daß man von ihm einen Umfall bis zur Kapitulation erwarten konnte. Trotz der eigenen ganz unzulänglichen Leistung hat der Oktoberkampf Österreich wieder Mut gemacht, es etwas aufgerichtet. Der staffelförmige Vormarsch mit Spitze auf Iwangorod war meisterhaft, noch abgesehen von der Notwendigkeit, mit Dankl in Verbindung zu treten. Der Anschauungsunterricht, was deutsche Truppen bedeuten, war für aufmerkende Österreicher nicht verloren und trug seine Früchte. Wer Gallwitz' Garden im Feuer sah, als sie über die wunden Österreicher den Schild hielten, wußte genug. Sie und die heroische L. W. waren diesmal die Strebepfeiler des Ganzen. Man pries Woyrsch' Wehrmänner 9 Monate später wieder bei Iwangorod, man pries sie bei Baranowitschi, doch so großartig wie diesmal schlugen sie sich selbst bei Tarnowka nicht. Hut ab vor so viel Jugendmut der alten Familienväter, die für Weib und Kind fochten, um die Barbaren von Schlesien fern zu halten! Rührung beschleicht uns, wenn wir an all die Helden denken, die so willig ihr Leben dahingaben, in der Hoffnung auf Deutschlands Sieg. Wohl ihnen, daß sie das Ende nicht erlebten!
Sehr wertvoll für Hindenburg-Ludendorff mußte sein, daß der »Fehlschlag« weder das Vertrauen des Heeres auf seinen großen Führer noch das Überlegenheitsgefühl dem Russen gegenüber irgendwie verminderte. So konnte man ruhig planen, wie am besten die »Dampfwalze« von Schlesien abzuhalten sei. Eine 9. A. unter Mackensen wurde bereitgestellt und ihr anstelle der zu Woyrsch nach Czenstochau abgetrennten Garderes. Div. das 25. R. K. sowie die aus Ypern abrollende, kombinierte 25. R. D. neben 3. G. D. überwiesen, außerdem 1. R. K. unter Kurt v. Morgen aus Norden losgelöst, ja sogar die aktive 1. Brigade dorthin hergeholt; sie und 26. Div. als Seitenhilfskorps der linken Flanke, auf der rechten folgte als zweite Staffel 2. K. (aus Ypern) nebst zwei Breslau-Posener R. D., 6. 9. Kav. D. trafen von Ypern ein als Kav. K. Richthofen der 9. A., während 5., 8. nebst 7. öster. Kav. D. dem rechten Flügel unterstellt wurden. In Ostpreußen erschien neu 89. R. 222. R. focht noch am Skananter See, rollte dann aber nach Polen ab. Seit 28. Okt. schlug wieder Rennenkampf los, jetzt von Hindenburgs Abwesenheit überzeugt und vom Großfürsten mit Vorwürfen gepeinigt, der sich noch immer nicht in die Tatsache finden wollte, daß russische Übermacht nichts gegen Deutsche fruchte. Aus unserem Gesamtverlust von 8150 bis 15. November läßt sich ableiten, was geschah. Mit blindwütiger Starrköpfigkeit auf breiten Flächen, die zur Massenentfaltung geeignet schienen, scheute der Feind keine Opfer, um auf Spitzkehnen und Rominten umzurennen. Deutsche Darstellung stellt es so hin, als habe man ihn in eine Falle gelockt, die Dinge entwickelten sich wohl ganz von selber durch örtliche Lage. Durch Sprengstoffe ward die Rominter Heide in Brand gesetzt und es gab hier von 4.–8. ein Schlachten wie auf der Zorndorfer Heide. Von vielen Brigaden entkamen nur kümmerliche Reste; 4000 Gef. blieben zurück. Die Neigung der Russen, sich ohne Nötigung zu ergeben, nahm zu. Trotzdem kamen am 11. die Sibiriaken trutzig wieder. Am 16. war Sieg der 4. Gren., 33. Füs. durch Erstürmung des Wilhelmsberges entschieden. Außer diesen Niederlagen bei Rominten und Wystiter See holte Rennenkampf sich eine andere am 12., 13. bei Eydtkuhnen-Stallupönen und neue Hiebe bei Umgehung über Wirballen. Es wurde immer einsamer um ihn, von vielen Brig. sah er nur noch Gerippe. Doch noch hatte man sich ihn nicht vom Halse geschafft. Erneutes Vorrücken von Russen und Deutschen wechselte ab.
Das 1. K. stand ursprünglich bei Gawaiten-Darkehmen, verschob sich aber angriffsweise südwärts, Verlust 1800, wovon 3. Rgt. allein 760 und 28 Off., von 1., 43. nur 120. Das Korps machte nach zwei Seiten Front mit gewohnter Tüchtigkeit. Bei Pillupönen-Spitzkehnen schossen 2. Jg., 2. R. Jg., 36. Ers. Art. um Johannesburg her. Bis 3. Nov. war sogar eine Vorbewegung südlich Lyck erfolgt, welche 225. R. Glogau und 231. R. bis Borzymen dicht südwestlich Augustowo führten; 21. R. scheint am 20. Okt. wieder bei Filippowo gestanden zu haben, 61. R. bei Blieda, diese Bewegung mußte allerdings eingestellt werden, doch kam man später nie in Bedrängnis, denn 231. R. als Rückhalt verlor nur 14, alle hier Beteiligten inkl. 70. Art., III/54. bei Blindgallen 2000 (580 Glogauer). Im Norden focht das neue Ers. Rgt. Königsberg, vorher bei Schirwindt, bei Pillupönen bis 15. Waldinen, 2., 3., 18., 34., 89. R. (neu) bei Stallupönen, Ers. 82. Art. bei Samelucken, nur 1., 59. R., 5. L. W. Ers. Graudenz fochten wenig, zusammen 3500 (640 Königsberg, 550 von 3. R., 465 18. R. an 11.). Im Südwinkel trafen L. St. Eisenach und Trier ein, Soldau wieder bedroht (350). Der Russe hatte aber noch nicht genug, schon am 19. mußte Ers. Batl. des 3. Rgt. sogar bei Angerburg-Steinhof neuen Einfall ins Innere abweisen, 76. L. W. bei Erkersberg. Veste Boyen sah sich aufs neue umlagert (zusammen 510), Soldau-Neidenburg wurden aufs neue belästigt.
Rennenkampf betätigte eine Unermüdlichkeit, deren Versagen ihm Nikolaewitsch um so ungerechter zur Last legte, als er selbst Hindenburgs, im besten Sinn »strategischen« Rückzug, nicht störte, sondern ihm genügend Zeit zur Erholung ließ. Am 29. Okt. bei Strykow nördlich Lodz sowie südlich Lowicz, in der Mitte östlich der Miazga bei Rudniki-Gluchow aufgehalten, im Süden nur bis Miasto a. d. Piliza lange haltmachend, entschwand ihm der Gegner spurlos, der nur rechts auf Petrikau rasch, im Norden langsam bis Konin abmarschierte. Immerhin schien die allgemeine Lage bedenklich, das Tor von Krakau, Breslau, Posen dem Großfürsten offen zu stehen. Die ganze Größe der Gefahr kam glücklicherweise nur den Österreichern zum Bewußtsein. Allerdings besaßen die im freigelassenen Raum Lodz-Petrikau versammelten Massen Rußkis, des Lemberg-Siegers, nicht mehr volle Kampfkraft. Gerade die Kerntruppen schmolzen wie Schnee im Tauwetter Polens, besonders 3. Kaukasische, 2. Sibirische K. waren halb ruiniert. Die Rechnung des »Überlebens der Untüchtigsten«, wenn nur immer 1 Deutscher auf 4–10 außer Gefecht gesetzte Russen kam, war ebenso falsch wie barbarisch. Denn wenn allmählich alle altgedienten Soldaten verblutet aus den Reihen schieden, so konnte das Hinterland nur zusammengetrommeltes Krappzeug spenden und wie ersetzte man das verlorene Material! Hindenburg hatte jetzt neu 48., 49., 50. R. D., zwei Ers. Rgt., drei Ers. Batl., drei R. Rgt. (44. Jüterbogk, 72. Torgau, 89.), Reserve und L. W. kamen so reichlich, daß die Ententespionage »3 Ers. K.« im Norden, 3 R., 1 Ers. K. nebst L. St. für Morgen-Zastrow, 2½ R., 2. Ers. K. für Woyrsch herausrechnete, letzteres doppelt zu hoch geschätzt und 47. R. D. am Dunajec mitgezählt. Für 33 L. W., 19 alte Res. Rgt., 38 Ers. und Festungsbatl. sind überhaupt nur 15½ Div. zu rechnen, so daß mit den früheren 9 und als neue Staffel 3 aktiven, 5 R. Div. im Osten nur 33, nicht 37 Div. vorhanden. Die Geschützzahl stieg um 10 Art. Rgt., 3 reitende 2 L. St. Batterien. Im ganzen inkl. Landsturm und 5 Kav. D. und sonstiger Reiterei nebst viel Jägern höchstens 400 000 unter der Voraussetzung, daß bisherige Verluste größtenteils noch nicht ersetzt wurden. Nimmt man an, daß nach Verlust von 400 000 noch etwa 1 Mill. Russen von Lodz bis Schirwindt gegenüberstanden, so war das ursprüngliche numerische Mißverhältnis doch gehörig heruntergebracht.
Im Licht größerer gleichzeitiger Begebnisse behandelte bisherige Darstellung den Nordkampf stiefmütterlich, als ob der neue Befehlshaber der 8. A., der ausgezeichnete Below, ohne ernste Verstrickung seine Verteidigung hingefristet hätte. Doch noch bis Monatsende behielt der Feind Wucht genug, um die von Truppen verwaiste Linie (1., 25. R. K. weg) allmählich bis Angerburg zurückzubiegen, doch hielt die Hauptstellung Pabrodken–Darkehmen sich unversehrt. Inzwischen machte die 1. russ. A. sich wieder gen Soldau auf, Zastrow wich am 4. bei Muschaken–Rypin. Sobald er sich aber nicht mehr vereinsamt fühlte, da unsere 9. A. sich an der Weichsel zeigte und den Feind zum Stillstand und Zurückgehen über Bialla brachte, ging Zastrow sogar zum Angriff auf die russische Linke bei Lipno über. Man erfährt aus den V. L., daß später einige Aktive herversetzt zum Wachtposten zwischen Prasnyecz und Soldau, was unbedingt nötig zur Deckung der rechten Flanke Mackensens.
Immer wieder stößt der Betrachter auf rastlose Anstrengung der Russen. Der Druck auf die eigentliche Nordfront ließ allmählich nach, um so kräftiger setzte er an der Südostgrenze von Lyck abwärts ein. Die Phase von Mitte November bis Mitte Dezember gehört hier einheitlich zusammen. Erst am 30. machte die 10. A. sich wieder gemeinsam auf, um bei Darkehmen durchzubrechen, doch die deutsche Front erwies sich unangreifbar. Wiederholte Einbruchsversuche von Reitermassen bei Pillkallen bis 20. Dezember; Erfolg Null. Feierlich stellte man als Trophäe einen Scheinwerfer zur Schau! Sturmlauf an den Weihnachtstagen auf Lötzen mißglückte. Der russische Generalstab schrieb alles den Wassergräben und Drahtnetzen östlich Angerburg zu. Im Januar verbot das Wetter alle größeren Bewegungen, nur bei Gumbinnen beunruhigte man die deutschen Lager. Hier stand 1. Rgt., am 7. Nov. bei Göritten, dann Tollmingkehnen, 43. bei Kiauten, beide Regimenter stießen im Dezember zur 9. A. Schon weiter südöstlich 33. bei Schönwiese. Zusammen 535, sonst ruhte das Korps aus. Vom Res. K. sind nur 4., 61. R. zu vermerken, die anfangs wieder bei Bakolarzewo und Stallupönen fochten, 1. R. A. Wirballen, 21. L. W. bei Schirwindt, bis sie zurückgingen (700). Bei Rominten und Pabrodken 76., 31. L. W. und ferner in Gegend Steinort, Gawaiten, Seehöhe, Grünberg, Johannistal 18., 4., 9. L. W., 49. R., L. St. Schlawa und Braunsberg, 1. P., 49. P. K. Magdeburg, 50. P. K. Spandau, 226. R. (wohl nur ein Bataillon) auch 50. R. Art. bei Diuggen, 49. R. Art., zusammen 1700, wobei 175 P., 160 Art.; Merkmale eines Stellungskampfes. 1. R. Hus., 1., 3. R. Ul. (neu) 112. Summa inkl. einiger kleiner Verluste 3250. Also auffälliges Nachlassen des Verlustes. Dagegen bei Soldau-Mlawa und dann bis 8. Dezember bei Scharnen L. W. Bernburg, 2. Jg., L. W. 4. K., 6. L. W., 10. Drag., 1. R. Hus., 3. R. Ul. bei Bialla, 34. R., 2. L. W., zusammen 1220 (72 Kav.). Bei Sierpe 5. Kür., bei Livno-Plozk 5. Sächs. Ers. Rgt., am 6. Dez. bei Prasnycz Ers. Batl. 3., 152. Inf. bei Swiny-Prasnycz, Masch. G. Abt. 11. K., 17. R. F. A. Danzig, zusammen 1200. Total für Below und Zastrow bis Mitte Dezember 5650, ganzer Novemberverlust ungefähr 11 000 (von 13 800). Erst nach genauer Prüfung des Lokalen kennt man sich in den V. L. aus, die den Umständen zwischen Plosk und Mlawa entsprachen. Die Russen hatten hier zuletzt nur noch das über die Wkra geworfene 4. K. nebst Teilen des 8. und »einige Reiterdivisionen«. Sie zogen nicht übermäßig den Kürzeren, vermochten aber die 9. A. jenseits der Weichsel nicht zu beunruhigen.
Wenn wir von hier zum Süden hinüberspringen, so verlor 47. R. D. Besser im Dezember bei Limanova ungefähr 1800 (der von Stegemann angeführte Prozentsatz ist lächerlich), diese Westfalen standen mauerfest und ihnen verdankte man den zweifelhaften Sieg weit mehr als dem Eingreifen von Boroevic bei Neu-Sandec, denn ohne ihr Ausharren hätte er nur ein von den Österreichern geräumtes Schlachtfeld gefunden. Ferner fochten beim Hin- und Herwogen der Kämpfe östlich und südlich Czenstochau Gallwitz 1., 2., 4. G. R., 64. R. (93. jetzt bei 1. R. K.) höchst rühmlich bei Augustynow: 1600 (meist 1. G. R.), Woyrsch 22., 23., 51. L. W. sowie das aus Frankreich zu ihm gesandte 19. R. nebst L. St. Aachen, Koblenz, Münster, berührten bis 3. Dez. das alte Schlachtfeld Tarnowka, 28. P. Küstrin schanzten bis 24. Nov. an der Nida. Zusammen 1200. Als dann Woyrsch Rechte siegreich bis Inovlodz und Novi Miasto a. d. Piliza vordrang, erreichten ersterem Punkt 101., 102., 104. L. W. Sachsen nebst Ers. Batl. (271), letzteren 28., 30. L. W. Ers. Batl. (600). Summa für Gallwitz-Woyrsch rund 3700.
Indem wir uns jetzt dem Bannkreis der Schlacht bei Lodz nähern, möchten wir gleich statistisch festlegen, was die V. L. darüber wissen. Sie reichen summarisch oft bis Mitte Dezember, so daß jede Möglichkeit fehlt, den Novemberverlust abzusondern, hiernach verloren 146. bei Novosolna-Janow, 147. bei Dombrovice-Moskule, 18. Dombrovice-Strykow-Glowno zusammen über 1700, 59. bei Dombrovice-Strykow-Moskule-Bendon sogar allein 1485, dagegen 148., 152. Strykow-Sabota, 151., 150. Moskule zusammen nur 980. Summa (41. D. 2600) 4200. Beim 17. K. 21. Biala, Marganow, Lodz, 176. Biala-Lodz-Lovicz, 141. Lanzyza-Lodz (1200), 61. Biala-Lodz später Antoniew-Skawada zusammen 2200, 128. bis 30. Konstantinow, 129. Wielke-Lowicz. 175., 5. zusammen 2100. Summa rund 4300. Vom 11. K. 94. am 19. Nov. Janovice, 95., 96. Lutomirsk, 71. Janovice, Florentinow 2100, 32. Biala-Rogi, 82., 83. Lodz, 167. Novo Solna-Charbice 1900 (1000 v. 167.) Summa inkl. 140 Art. der unmittelbar Lodz angreifenden Kräfte 12 650. Bei 3. G. D. litt nur Lehrrgt. bei Andrespol.-Borowo-Niesulka ungemein: 1180, Füsiliere auch 850, dagegen 5. G., 5. G. Gr. höchstens 760, 5., 6. Art. 100. Bei 25. R. K. 225. R. bis 30. Nov. 725, später nur 30, 226. am 13. Nov. Wloclawec 180, später Kiermozia 345, 227. R. Wloclawec bis 11. Dez. Glowno 690, 228. Rzgow, Borowo, Glowno 880, 231. R. Rzgow 610, dazu 21., 22. R. Jäger Rzgow 870. Mit 15. F. Art., 25. R. F. Art., 49. R. A. betrug der Verlust des Heerteils Scheffer-Boyadel nachweislich 4430 (100 Art.) und 2900 Garde gleich 7350. Außerdem entsendet 232. R. bis 13. nur 380, 329., 230.? Dazu von 25. R. D. bei Wloclawec 116. R. (600), später 125, 118. R. bis 15. Antosia 285, bis 26. noch 430. Kav. Richthofen mit 13. Jg. z. Pf., 9., 13. Drag., 13. Hus. (6. Kav. D.) bei Kutno (200), 49. R. Kav. Wloclawec, 11. Hus. Lowicz, 13. Ul. (9. Kav. D.) Glowno (109). 19., 21., 22. Drag., 8. Hus. usw. Adamow, Karpin (530), 1. Jg. z. F. 90 Boriskow = 930. Summa der Ostgruppe 10 100, mit 229., 230. mutmaßlich 10 500.
Westgruppe: L. St. Konitz, Liegnitz bei Kolo-Konin 120, Besatzungsdiv. Doussin am 21. Szadek, dann Gorny, L. W. Ers. Kulm, L. St. Batl. Rawitzsch, Posen, Neusalz erst Anfang Dezember südlich Szadek, Ers. Rgt. Schütze, 52. L. W. Batl. am 3. Dez. Charbin = rund 1550. Korps Breslau 100 L. W. 26. bis 6. zwischen Szadek und Szenkilow 107. L. W. Dolki 46., 47. L. W., 29. Ers. Batl. bei Lask, Ers. Batl. 156 I. Grabina, 6. Jg. z. Pf. (8. Kav. D.), 6. Hus. Wincentow, 12. Drag. (5. Kav. D.) Marjano, Ers. Kav. Rgt. 6. K., 5. R. Art. Rogozyno = 1630, wovon jedoch 200 für zweite Dezemberhälfte abzuziehen, ungerechnet 300 östr. Kav. von Frommel. Pommersche 2., 9., 42. Markowka, Pawlovice 611, 14. Dobron-Wincentow 687, 49. Ziolona-Markowice-Lask 770, 2. Art. 50, 2. P. 33, inkl. 385 v. 140. rund 2550. 48. R. D. 1100 von 221., 222. R. bis 5. Dez. Rogozyno, später 280. Summa der Westgruppe 7000. Total 30 150. Davon abziehen 25. R. D., 226. R. und 300 Reiter = 2265 sowie 700 vom 17. K., 500 vom 25. R. K. für Glowno-Lowizc, bleibt für die eigentliche Lodzschlacht rund 26 700. (Möglichenfalls noch vom 14., 149., 34., 42. rund 665 von den bis Neujahr gebuchten Verlusten mitzurechnen).
Schlacht bei Lovicz: 1., 3. R. Gombin 1150, 5., 18. R. Gostymin, Zawady, Bialawy, Saniki 1858, 61. R. Kiernozia 540, 1., 2. R. Jg. Golansko-Osmolin, 48. brandenb. R. Borowy, Ers. Rgt. Keller bei Bialawy, 93. R. Zawady 1335, 1. R. F., 10. Feldart. Bialawy 78, Summa 4960. Dazu aus Norden abkommandiert 43. I. vom 27. Nov. bis 12. Dez. Gombin-Osmolin, 1. I. am 2., 5. Dez. Osiec 1000, 119., 121., 125. I. vom 2. bis 12. hier 1510. Außerdem 118. R. und Teile 116. bei Glowno 550, 83. R., 168. Inf., 8., 24., 52. R. noch nicht da. Für I/II/54. Inf. nichts zu entdecken, auch nicht für III/54. bei Richthofen, wahrscheinlich 430 aus späteren Listen. Summa Morgens 8450. (Dazu etwa 1800 aus obigen Lodzlisten und dito ferner 1000 der Brig. Gregory und Detachments Schmid und Steuben). Summa für Lodz-Lowicz etwa 37 000 (Kutno-Wloclawec dazu 1600). Gesamtverlust seit 1. November bis 15. Dezember 13 800 im Norden, 45 000 im Süden inkl. Besser und 900 für Rückzug Anfang November.
Auf solche Art treibt man Statistik, um daraus Nutzen zu ziehen, auch die Zeitdaten sind lehrreich, berichtigen mehrfach die der amtlichen G. St. Schr. Für 54. I., 229., 230. R. sowie 34., 149. fehlt V. L. bis Mitte Dezember, bei 229., 230. R. haben wir ergänzt, 5., 34. Inf. werden fechtend genannt, wir können uns aber nicht dazu verstehen, den V. L. zu mißtrauen, übrigens würde es keinen wesentlichen Unterschied machen. Die richtige Einschätzung des Verwundetenmaßstabs im Vergleich zu 9554 gebuchten Toten fällt schwer und darf man sich eben nur auf Gesamtangabe der V. L. verlassen, denn der Totensatz schwankt zwischen 16 bis 39 %, bei Scheffers Heerteil wird uns zugemutet, daß 1544 Tote auf 2800 bis 24. geborgene Verwundete kommen, wovon namentlich angeführt 1400 verwundete Reservisten, 550 von G. Brig. Below, 693 aus früheren Gefechten, also erheblich weniger. Man muß berücksichtigen, daß viele Verwundete in der eisigen Winternacht verendeten, auch so ist der Prozentsatz der Toten keineswegs hoch, nur 21 % des Gesamtverlusts Scheffers, so daß derjenige beim 11 K. bei gleicher Totenziffer ganz unverhältnismäßig höher. Wie wäre das zu erklären, da allem Anschein nach Scheffer den höchsten Prozentsatz haben müßte? Das Zweifelhafte summarischer Angaben springt ins Auge. Nehmen wir einen Durchschnitt von rund 25 % Toten, so würde man eine Gesamtziffer von 28 650 Verwundeten, also total rund 38 200 bekommen, was unsere Errechnung nur wenig übersteigt und vermutlich aus späteren Dezemberlisten erklärt wird.
Unheimliche Schwüle brütete über der Feldzugsatmosphäre, stickig von Umwölkung und mit Elektrizität geladen, nur Donnerschläge konnten sie aufhellen. Kaum feierten die Russen Hindenburgs Ausweichen als großen Sieg, als ein gewaltiger Flankenstoß sie über Wloclawec-Kutno zurückschleuderte, so daß sie am 18. Nov. hinter die Bsura gingen, vorbereitete Verteidigungsstellung bis Lodz, deren versumpftes Südufer mit dahinter aufsteigender Hügelabdachung jedoch durch Vorgehen über Langyza-Orlow-Piontek 20 km südlich von Kutno unhaltbar wurde. Die O. H. L. stellte Hindenburg zur Verwirklichung seiner Pläne viel Kavallerie zur Verfügung, was dieser bestens benutzte, indem einerseits im Westen ein Kav. K. die Lücke zu Petrikau füllte, andererseits Kav. K. Richthofen nordöstlich Lodz herumging. Seine rechte Flanke hatte er gegen die 1. A. freigemacht durch Vorgehen auf Plock, seine Linke mußte durch Wegnahme von Lovicz, Bahnknotenpunkt 70 km von Warschau, gedeckt werden. Des Großfürsten unbedingte Fürsorge wachte freilich, um Lodz, Rußlands Hauptindustrieort, zu halten, doch infolge der Zerstörung von Bahnen und Straßen stand ihm keine Querverbindung zu Gebote, Längenverbindung hob sich von selber auf. Die wiederauflebende Schadenfreude der Westmächte, wie herrlich die Dampfwalze der Barbaren für Freiheit, Recht und Kultur in Schlesien hereinstampfen werde, erhielt gar bald einen Dämpfer. Kaum schwatzte man von ihrer Nähe zu Thorn und Breslau, als sie durch einen Riesenfußtritt bis Warschau zurückflog. Wie kam das? Nikolajewitsch ordnete zwar Vorgehen am nördlichen Weichselufer auf Soldau an, hielt aber Hindenburg für abgetan und versah sich keines Eingriffs des argen Mannes in seine weitgesteckten Pläne, die sich ausschließlich nach Petrikau richteten, wohin 4., 5., 9. A. vorrückten. Die 2. A. trödelte isoliert bei Lodz. Sie hielt noch an der Vorstellung fest, daß sie zwei als Grenzschutz eilig verschwindenden L. St. Batl. glückliche Reise nach Thorn und Posen wünschte, wo man sie bald besuchen werde. Da erwies sich schon am 8. die Ecke bei Kalisch als Wetterwinkel, aus dem sich mit Windeseile die verbündete Reiterei erhob und bei Kolo die Kosaken Nowikows, am 11. bei Konin die 1. Schützenbrigade zersprengte. (Nach den V. L. half dabei nicht II/54., sondern braver L. St.). Richthofen, der dort mit Kav. K. Frommel (5., 8. nebst 7. k. k. Kav. D.) in Verbindung vorging, wandte sich südöstlich. Hinter seinem Schleier blitzten Mackensens Heersäulen heran, nach Posen–Thorn verladen und durch Hohensalza-Waldung heraufziehend, staffelförmig vom Warthewinkel längs der Weichsel, von links nach rechts 25. R. D., 25. R. K., 1. R. K., 20., 17., 11. K. im Rückhalt 3. G. D. Drei russische Kav. D. ließen dies unbemerkt, seitwärts ausgewichen. Die Donnerwolke entlud sich krachend gegen das 5. Sibir. K. südlich der Weichsel bei Wloclawec. Nördlich davon 6. Sibir. K. bei Plock, 6. russ. K., 6. Kav. D. bei Sierpe-Lipno wurden hierdurch in der Flanke abgeschnitten, anscheinend zwei andere Korps (1. Turkestan, 1. Kauk.) sollten vom Narew gegen Mlawa-Bialla wirken. Mächtige Geschwader von Dragonern und Kosaken längs der Vorderlinie Kolo-Radomsk und vorgeschobene Teile des 23. r. K. bei Warta und Tureck waren in großer Verlegenheit und bewegten sich rückwärts aufs 2. K. der 2. A. bei Lanscyca, auf das nach Verdrängung des 5. Sibir. der Hauptstoß treffen mußte. Hessendarmstädter und Schlesier warfen sich ganz überraschend am 12. auf die Sibiriaken, die mit Hinterlassung von 1200 Gef. flohen. Nur eine Brigade der 49. R. D. Briesen, nur eine Brigade der 25. R. D. fochten, Richthofen wollte zwar die Rückzugsstraße sperren, doch der zerklüftete aufgeweichte Boden verhinderte es. Der tapfere Divisionär v. Briesen fiel im Siege seines 227., 226. R., Hessendarmstädter 116. vollbrachte ein ernstes Tagewerk, bei Marjanka, am 13., 14. verfolgte 36. R. D. unter ständigem Gefecht, wobei Briesens 49. R. Kav. tapfer einhieb, über Gostymin auf Kutno, Richthofen strengte sich Tag und Nacht an, weitere Früchte einzuheimsen. Er kam aber nicht recht vorwärts, die Sibirier setzten sich wiederholt, der Boden war schlecht, an flankierendes Eingreifen des heraneilenden Allensteiner Korps war noch nicht zu denken. General Morgen stand vor eigentümlichen Verhältnissen. 25. R. K. war hinter seinem ostwärts marschierenden K. (vier Brigaden und die Hessen) südwärts abgedreht, russische Artillerie hatte von Lipno her über den Strom weg schon den Angriff auf Wloclawec belästigt, General Scheffer beließ eine Abteilung (226. R.) Schmid am Südufer, Brig. Gregory (230., 232.) am Nordufer. Diese vereinte sich mit der Thorner L. W. D. des Generals Dickhuth und schlug am 13. bei Kikol gründlich die 4. D. des 6. r. K., worauf am folgenden Tage auch Lipno selber fiel. Die schwachen deutschen Kräfte errangen einen schönen Sieg (5000 Gef.) mit offenbar sehr geringem Verlust und schlugen von da ab andauernd den Feind bis Sikorz zurück. Dickhuth, dem neue Verstärkungen auf Lipno nachgeschoben, stürzte sich auf Plock, um wenigstens das r. 6. K. an Eingreifen am Südufer zu verhindern. Dies gelang vorerst und Rennenkampf, der neben der 10. auch die 1. A. befehligte, sah seine Operation auf Mlawa gelähmt, da seine Front nördlich der Weichsel durchrissen. Er mußte Vorrücken längs des Stromes um so mehr einstellen, als bald dringend geboten schien, auf Bahnumweg über Warschau möglichst viel Truppen nach Lovicz zu senden. Entlastung Scheidemanns, dessen 2. A. gegen den Flankeneinbruch schräg von Nordost nach Südwest eiligst eine Frontveränderung vollzog, war schon sehr vonnöten. Dessen 2. K. bei Langyza wandte sich nach Kutno zur Aufnahme der Sibirier. Indessen beendete schon das 6. Sibir. K. den Uferwechsel, um den geschlagenen Landsleuten zu Hilfe zu kommen. Diese wurden aber von den Hessen bei Antosia in die Flucht gejagt und die Vorhut des 2. K. von Richthofen in der Nacht überfallen. Die keineswegs verschlafene Besatzung von Kutno verlor 2000 Gef., obschon die Kavallerie den Rückzug nicht abschneiden konnte, weil sie am Tag bei Sokolew heftigen Widerstand fand. Die Verwirrung nahm so überhand, daß die Metzer Dragoner, alle telephonisch-telegraphischen Verbindungen unterbrechend, auf der Chaussee nach Lovicz den Gouverneur von Warschau, Baron Korff, im Auto erwischten, der ihnen gradewegs ins Garn lief. Der Frost nahm zu und erleichterte die Truppenbewegung, infolgedessen Mackensen im unerhörten Gewaltmarsch von 65 km jetzt schon die Umgegend von Lodz erreichte. Hier fand merkwürdigerweise der erste Zusammenstoß bei der letzten Staffel, dem 11. K., statt am rechten Flügel. Die Thüringer stießen mit der bei Chelmnow und Grabow vorgeschobenen 3. r. G. D. zusammen, am 14. abends drang Brig. Hanstein bis zum Nord-Übergang Dombie vor, 96er voran. Acht ihrer Offiziere bluteten, doch Scholtz' 5. F. Art. und 55. Art. Naumburg fügten dem Gegner schreckliche Verluste zu. Das 2. r. K. war bei Chadow aufmarschiert, hier umfaßten die Westpreußen auf Sabotka, die Allensteiner nordöstlich, 147. erstürmte abends die Hauptstellung Dombrovice, wobei auch 59., 148. mitwirkten.
Daß 25. R. K. bei Kutno focht, ist nach den V. L. höchst unwahrscheinlich, 226. R. schloß sich Morgen an, der ganz östlich auf Lovicz zustrebte, 225. R. litt ganz unerheblich. General Scheffer setzte vielmehr unbehindert den Marsch südöstlich fort, denn wie ein reißender Fluß ergoß sich die deutsche Macht durch die gebrochene Lücke zwischen Lodz und Lovicz, Scheidemann schon an seiner Rückzugslinie nach Warschau abdrängend. Durch Verbleib der von Anbeginn am Nordufer angerückten Brig. Gregory bürgerte sich die irrige Vorstellung ein, Mackensens ganze Linke sei dort entlang und dann aufs Südufer gerückt. Das entspricht nicht den Tatsachen, wäre auch schön dumm gewesen, denn abgesehen vom Aufenthalt durch Uferwechsel wäre sehr verfehlt gewesen, nicht die breite Stromschranke zwischen sich und die 1. r. A. zu bringen. Das war die beste Flankendeckung und die andere durch Dickhuth-Gregory genügte, jeden Vorsatz einer Belästigung über den Strom weg beim Feind zu ersticken. Viel mehr Anlaß zur Besorgnis ergab erst die Folgezeit, wo sich aus Osten immer neue Massen, bei Wysograd und Plock den Strom überschreitend, dem kühnen Morgen bei Lowicz entgegenwarfen, dessen Schwert die gutgemeinte Parade durchschlug. Die 36. R. D. warf die auf Dampfern und Fähren ans Südufer Übergetretenen so kräftig aus Weidendickichten und Föhrengehölzen an Windmühlenhöhen heraus, daß 5., 61. R. zuletzt auch die Brücke bei Plock sperrten, wo zugleich Dickhuth den Feind zu eiliger Flucht nötigte. Unser Verlust am Nordufer, zum teil nicht erkennbar, war auffallend gering, nur bei 232. angemessen. Das r. 6. K. muß sich sehr schlecht geschlagen haben. Fortan war für die linke Flanke nichts mehr zu fürchten, falls man nicht Lowicz selbst so auffassen wollte. Es frühzeitig zu erreichen wollte nicht gelingen. Da die Mitte der 1. A. bei Plock gesprengt, so konnte sich zwar Rennenkampf nicht mehr gegen unsere Weichselverbindungen rühren, aber er ließ sich angelegen sein, alle möglichen Massen sogar von der 10. A. rückwärts nach Lowicz zu werfen.
General Morgen rang gegen immer steigende Übermacht und führte, obschon Mackensen unterstehend, selbständigen Feldzug gen Osten. Seine Schlacht, getrennt von der Lodzaffäre sich auslebend, sog allmählich auch Kräfte von dort an sich. Die ihm überwiesenen Verstärkungen (1. Brig. 26. D., 5. R. D.) waren noch nicht heran. Schon östlich Gostymin entwickelte sich das Gefecht gegen 5., 6. Sibir. K. derart, daß 1. R. D. südlich Pietrow und 36. nördlich bei Rogozewo zwei Meilen Raum gewannen. (Was hier von 54. Inf. geredet wird, dürfte übertrieben sein, denn wir sehen nicht, wieso die sonst so verläßlichen V. L. uns hier im Stiche lassen und uns auf spätere Neujahrlisten verweisen würden). Am 16. errangen die tapferen Ostpreußen und Pommern des R. K. einen großen Sieg bei Gombin über 14. Sibir. Schützendiv. (8000 Gef., 11 Gesch.), der Blutverlust der Asiaten war hoch, neben 69. R. Br. drückte sie 226. R. (nicht bloß 2 Batl., da das 3. Batl. sonst nirgends genannt wird) brav am Weichselufer zurück. Jetzt nahte zwar auch die 13. Schützendiv., doch die 1. R. Brig. Barre blieb im Vordringen, II/3. R. und ein hierher verirrtes Batl. Steuben des 148. Inf. flankierten aus Süden, um die breite Lücke nach Lodz für Morgens weitgespreizte dünne Front zu füllen. Daraus ergibt sich, daß damals der Heerteil Scheffer (25. R. K., 3. G. D.) bereits den gewagten Marsch weiter südlich zur Miazga antrat und in dessen Ausführung sich nicht um Morgens peinliche Lage kümmerte, der auch schon einen Übertritt des bei Plock geworfenen 6. r. K. ans Südufer erwartete. Die Hessen folgten auf Gombin, kopflos floh der Feind aus Koscice, doch die aus Budy-Susarskie auf Borowy vordringende 72. R. Brig. mußte am 19. erst durch südwestliche Wendung des 1. R., das sich besonders auszeichnete, herausgehauen werden. Überfall bei Saniki unterbrach den Vormarsch, der sich bis 24. in die Länge zog bei Bialawy-Zawady. Oberstl. Streuber fiel schwerverwundet, doch V. L. bestätigen nicht die Behauptung der amtlichen Lodz-Schrift, daß sein Bataillon schwer litt. Nicht viel teurer bezahlte die Abteilung Schmid ihr braves Ausharren längs der Weichsel nahe Plock gegen fünffache Übermacht. Schon fochten 90 russische gegen 30 deutsche Batl., Verfolgung bis Osmolin und Saniki konnte nicht durchdringen.
Es ist vorzumerken, daß Scheffer-Boyadel, als er am 16. sein Korps bei Piontek musterte, von seinen 26 Bataillonen (2 Jäger) nur 17 bei sich hatte, also mit dem ihn begleitenden Richthofen und der Garde nur 30 Batl., 48 Schwadr., was doch gewiß nicht genügte, um eine ganze Armee in Lodz abzusperren. Was sich Mackensen dabei dachte? Daß preußischen Truppen alles möglich sei. Obschon Ludendorff sich nahe genug in Hohensalza befand, mußte er sich natürlich auf Mackensens Eindrücke an Ort und Stelle verlassen. Das ist der große Übelstand heutiger Kriegführung mit dem Feldherrn hinter der Front, der doch wesentlich auf Telephon- oder Funksprüche der Unterführer angewiesen bleibt. Sehen diese falsch oder ordnen auf eigene Hand Ungeschicktes an, so ist dawider nichts mehr zu machen. Jedenfalls kam für Mackensen alles darauf an, ob Morgen standhielt und Lovicz nahm, sonst hing das Geschick der Operation an einem Faden. Daher scheint höchste Ungerechtigkeit, daß Morgens großes Verdienst nie gebührend gewürdigt, in gewissem Sinne sogar unterdrückt wurde, während für viel Geringeres sich andere zu Armeechefs befördert sahen. Natürlich gab hierbei die leidige Hierarchie den Ausschlag. Man wird doch nicht einen Herrn, der bei Kriegsausbruch nur eine Res. D. führte, zum Armeechef ernennen, wenn ältere kommandierende Generale aktiver Korps vorhanden sind! Wie anders mißachtete man die Anciennitätsschablone in Frankreich, wo Obersten zu Armeechefs aufstiegen, um frisches Blut in die Leitung zu bringen! Das ist der Fluch jedes monarchischen Heerwesens im Gegensatz zum demokratischen Heerbetrieb. Selbst Napoleon machte sich zu seinem Schaden nicht von dem Schlendrian frei, unfähige Marschälle vor jungen Divisionären zu bevorzugen, die weit besser zu Korps- oder Armeekommando getaugt hätten. Vollends widerlich ist das stete Anpreisen der Aktiv- auf Kosten der Reservetruppen. Morgens Reservedivisionen leisteten unbedingt mehr als irgendeine der Lodz berennenden Aktivkorps. Schon der Verlust des 1. R. K. überstieg weit den jedes anderen.
Wir wenden uns jetzt dem Vordringen auf Lodz zu. Aus den V. L. geht durchaus nicht hervor, daß 17., 20. K. am 14., 15. »schwer kämpften«. Sie spülten einfach das westlich anschließende 1. r. K. in die Hauptstellung hinein. 41. D. Knobelsdorf erreichte am 16. in stürmischem Anlauf die Bsura (5000 Gef.) südöstlich Lanczyka, wo 36. D. den Feind vernichtend schlug, während 33. D. in der Nacht bei Chadow durchbrach. Die am 17. voreilende Hälfte des r. 23. K. wurde am 17. früh über den Ner geworfen und die Thüringer zersprengten die russische Garde. So war alles, was nördlich Ner und Bsura stand, niedergerannt. Richthofen, 13. Hus. vorauf, streifte bei Orlow und schickte eine Abteilung ostwärts gegen Skiernevice vor, um dortigen Bahntransport zu stören. Schon bis Kutno hatte man den Feind 51 km südlich gedrängt, dann marschierten die Deutschen bis zu 50 km pro Tag durch Herbststurm, Regenschauer, Frost und folgendes Schlackerwetter, so daß 3. G. D. schon jetzt sich Scheffer anschloß. Man wollte die Geschlagenen nicht zu Atem kommen lassen und ihnen endgültig die Warschauer Straße bei Strykow verlegen. Dort hatte der beiderseitig Lodz aufmarschierte Scheidemann seine Rechte, vor Zgierz 10 km von Lodz nördlich die Mitte, bei Janovice leicht zurückgebogen die Linke, von wo bis Zdanka noch kein Feind zu sehen war. Das starke Reiterkorps Frommel näherte sich nur wenig der Front, die Heergruppe Linsingen, Mackensen nicht unterstellt und vom Hauptquartier gelenkt, war noch lange nicht bereit zum Eingreifen, weil sie einen weiten Flankenmarsch ausführen sollte. Fürs erste schien die r. 2. A. völlig isoliert; was von 1. A. noch schlagfähig, schlug sich weiter getrennt vor Lovicz herum, wohin 1. turkestanische K. vom Nordufer und 1. kaukasische K. von Warschau anmarschierten. Dort waren 5., 6. Sib. Ko., hier 2. r. K. kaum mehr kampffähig, 1. r. K. wehrte sich aber nach Kräften, als Mackensen am 17. früh unter Vorantritt der Pioniere über Ner und Bsura ging. Schon hatte man 25 000 Gef., 20 Gesch. erbeutet, doch standen noch 4. r., 2. sib. K. unversehrt. Entscheidender Erfolg winkte, wenn man Scheidemann gänzlich von seiner östlichen Basis abschloß. Zu diesem Behuf war angeordnet, daß 20. K. bis Brzeziny östlich Lodz vorrücke, 25. R. K. auf Strykow, es kam aber anders, denn Scheffer ging schon an Scholtz vorbei auf Brzeziny, Scholtz stieß gerade von Biala auf Strykow. Hier stockte der Angriff der 37. D. bei Einbruch der Dunkelheit, der Feind wich aber allenthalben bei Nacht unter Brückenzerstörung, was Richthofens Vorprallen beeinträchtigte. Am rechten Flügel vermischten sich Westpreußen und Thüringer aus unerklärlichen und jedenfalls nicht stichhaltigen Gründen. 38. D. mengte sich mit 36. D., der südlich Lenczyca über Zgierz vordringenden 35. reihte sich am Ner die 22. überkreuz an. Frommels österreichische Schwadronen streiften zwar wesentlich von Szadek gegen die linke Flanke des 23. r. K., doch schon meldeten sich dort Novikow und die Vorhut von Plehwes 5. A., vom Großfürsten eiligst nach Richtung Lodz abgeschoben. Durch Wegziehen dieser Teile entstand eine Lücke nordöstlich Petrikau, von Ludendorff dazu benutzt, um möglichst den Punkt im Südwesten zu erreichen, von wo die innere Verbindung der Russen nach Petrikau lief. Das war nun freilich kühn und der Fehler – nach Schlieffenschule Vorzug! – ließ sich nicht vermeiden, daß ein getrennter Vormarsch zur Vereinung im Feinde stattfand. Linsingen sollte ähnlich wie der Kronprinz bei Königgrätz handeln, doch unter günstigeren Bedingungen, da kein Geländehindernis dazwischen lag und außerdem wieder innere Umfassung obwaltete, da man sich so zwischen 2. und 5. A. schob und sowohl Plehwes rechte als Scheidemanns linke Flanke bedrohte. Aber drohend erhob die Gefahr ihr Haupt, als vielleicht ohne Ludendorffs Wissen, jedenfalls ohne dessen Überblick aus der Ferne, das theoretische Gespenst oder Hirngespinst der doppelseitigen Umfassung auf Mackensen's Betrieb erschien. Königgrätz und Sedan sind verschiedene Dinge, der Heerteil Scheffer übernahm eine Aufgabe, die ihm über die Kraft gehen mußte, wenn der Gegner entschlossen handelte.
Wiederum opferte sich Hindenburg für die wenig dankbaren Österreicher, indem er Plehwe und sogar auch Teile Ewerts auf sich abzog. Er lenkte sie aus ihrer Bahn nördlich Petrikau ab und es blieben nur 3 K. Ewerts gegen Böhm und Gallwitz, nur 9. A. westlich von Nowo Radomsk gegen Dankl und Woyrsch nebst Teilen Erzh. Josef Ferdinand stehen, im Ganzen 8 russische K. gegen 11 verbündete. Nach Divisionszahlen ist das Mißverhältnis noch größer, allerdings konnten die geschwächten Österreicher ihre Verlustlücken nicht so rasch ausfüllen wie die Russen. Aber erst als 3. A. Dimitriew, vor Przemysl durch die neue 11. A. abgelöst, sich gegen Erzh. Ferdinand wandte, trat ein günstigeres Gleichgewicht für die Russen ein. Auch dann war ihre Übermacht nicht entfernt so ausgesprochen, wie gegen die Deutschen bei Lodz-Lovicz, und wenn Böhm und Dankl ihre Bulletin mit ziemlich apokryphen Trophäenziffern füllten, so trugen doch nur Gallwitz und Woyrsch die verspätete Offensive ordentlich vorwärts. Es war nicht zu unserem Vorteil, daß 5 deutsche Div. dem k. k. Oberbefehl unterstellt wurden, statt daß anstandshalber die Befehlssphäre Hindenburgs sich über Böhm und Dankl hätte erstrecken sollen. Daß der »große Bruder« noch obendrein den k. k. Schwächling wie ein rohes Ei behandeln mußte, hat die Kriegführung unendlich erschwert. Wir unterstreichen dies nur deshalb mit solcher Bitterkeit, weil der »Dank vom Hause Österreich« nicht ausblieb und sowohl der Verrat des Knaben Karl als der französisch orientierten Ungarn uns den Genickfang gab. Die große Tapferkeit vieler österreichischer-ungarischer Truppen, wobei die Tiroler ihren alten Ruf höchst würdig hochhielten, darf uns nicht blind machen für die meist ungenügende Leistung im Ganzen.
Während Scheffer und Richthofen die Lücke zwischen Lodz und Lovicz über Dombrowa-Glowno durchquerten, hielt der Feind seine rechte Flanke nordöstlich Strykow für gesichert. Doch rollte, nachdem 141. am 17. endgültig Lenczyca erstürmte, Mackensens Frontalstoß weiter. 32., 82., 83. schoben sich vor Novosolna zwischen Ost- und Westpreußen ein, deren Verluste, bisher gering, jetzt erheblich stiegen, wenigstens bei 36., 37. Div. Bei Novosolna-Janow und Strykow-Moskule wehrte sich der Russe verzweifelt; am 18., 19. stand die Schlacht in vollster Blüte, am 21. entbrannte sie zur Siedehitze. 128. unterstützte 94., 96., 71. am Ner, 167. Kassel ging westlich hinter der Front auf Charbice ab, denn an diesem Tage griff die Posener Kolonne bei Szadek ein, Scheffer aber nach Süden aus über Niesulka, um den Ring zu schließen. Schon sperrte Richthofen die Miazgabrücken. 41. D. am Wald zwischen Teolin und Lipiny bis nahe der Straße nach Gombin, wo I/148. notdürftig Verbindung nach Norden unterhielt; 37. D. von Moskule auf Novosolna hatten langwieriges Gefecht, die 22. D. suchte den Nordeingang der Stadt zu erreichen über Rogi, 35. von Zgierz her über Babice-Grabovice, 36. in Verbindung mit 38. D., die vorerst bei Janovice stecken blieb, nachdem sie den Raum Charbice-Lutomirsk siegreich durchschritt, Front nach Südost, die Danziger D. Front nach Ost. Inzwischen verriegelte Morgen den Raum nördlich und westlich Lovicz, kampflos besetzte 72. R. Brig. (5. R., 54. I.) Combin, sie und nach kurzem Mißgeschick 226. R. drangen auf Kiernozia vor. Jetzt bestand ein Abstand von 60 km nach Lodz.
An der südwestlichen Vorstadt von Lodz, Konstantinow, kam es am 20. zu wahren Schreckensszenen. Der blühende Ort, meist von deutschen Webern besiedelt, sank durch beiderseitige Granaten in Trümmer und verfiel dem Wüten echtrussischer Leute, doch die Russen stürmten immer wieder durch Rauch, Schutt und Brand über Leichenberge vor. Weiter kam unser Angriff doch nicht; 129. und Thüringer 96. behaupteten nur die Umgegend und Lutomirsk westlich Lodz. Schon näherten sich Hilfskorps der 5. r. A. nach ungewöhnlichem Gewaltmarsch Pabianica, schon brachte der nach Warschau abberufene Rennenkampf die dort aufgespeicherte Generalreserve, um zwischen Morgen und Scheffer einzubrechen. Auch Scholtz, dem übrigens 1. Jg. fehlte, wie wir aus V. L. ersahen, wurde so in Mitleidenschaft gezogen. Daraus entwickelte sich, während in Nord-Nordwest die Schlacht zum Stehen kam, ein furchtbarer Kampf im Osten.
49. R. D. hatte am 18. südlich Brzeziny, die Garde bei Malczow östlich der Straße nach Jordanow hartnäckigen Widerstand gefunden, wobei 5. G. Bresche brach. In klarer Winternacht schauten die ruhigen Sterne auf ein wüstes Schlachtfeld nieder, als eine ganze Div. dieses Rgt. angriff, doch 800 Leichen, 250 Gef. als Zeichen der Niederlage zurückließ. Richthofen's Vorhut nächtigte östlich Karpin, nachdem er nur 19. Drag. zur Sicherung nach Nordost bei Bialawy beließ. Doch besetzten einige aus 11. Hus., 13. Ul. zusammengesetzte Schwadronen Skiernewice und zerstörten die Bahnstrecke. Der 9. K. D. Eberhard v. Schmettow ging die 6. D. Egon von Schmettow voraus und stellte schon weit südlich Anmarsch neuer Russenmassen aus Piotrikow fest. In ungefährdet fortgesetztem Marsch längs der Miazga kam Scheffers Vorhut schon bis Bandkow weit südlich Karpin-Dalkow, nachdem 5. G. Brig. Below über Borowo den Übergang bei Karpin eroberte, 6. G. B. Friedeburg unterstützte dagegen seitwärts nördlich die 72. Allenstein Brig. Schaer, die als Linke des 20. K. südwestlich über Jordanow auf Bedon vorging, welchen Miazgaübergang indessen die Garde erst am 20. inne hatte, nach äußerst heftigem Kampfe im Schloßpark, wobei der Oberst des Lehrrgts. schwer verwundet niedersank. Der auf seine Geschützstellung Kurowice zurückgeworfene Feind stand jetzt östlich vom Städtchen Rzgow bei Kalino-Tadzien. Die südlich Bucovice aufgefahrene 3. G. Art. Brig. räumte aber gewaltig auf, nachmittags drang Below südwestlich bis Rzgow durch. 9. Kav. D. verband die zwei getrennten G. Brigaden, konnte aber im Fußgefecht nicht eine drohende Feindstellung bei Felikse nehmen. Dagegen durchschritt 49. R. D. Thiesenhausen (später Wenker), an der Garde vorbeigegangen und aus Süden angesetzt, siegreich den Großwald von Tuscajew und schleuderte im Verein mit Below das 5. r. K. nach Lodz.
Dessen Linke muß hier schon die Gegend verteidigt haben, da 1. K. zwischen Milazki südlich Novosolna-Olecho nach Nordosten stand. Gegen Flankenstoß anrückender Teile der 5. A. von Grabina her wendete sich die 50. D. Goltz, nur aus einer Brigade bestehend, und vertrieb den Feind südwestlich Bandkow, wohin 6. K. D. langsam wich. Ob dieser schwache Sicherungsposten genüge, die so weit ausholende Umfassungsbewegung Scheffers zu decken, mußte doch jedem Klarsehenden zweifelhaft sein. Von Einwirkung der Gruppe Linsingen über Lask-Pabianice spürte man auch nichts. Bis Wadlow ausgesandte Vedetten fanden den Horizont im Westen leer, wurden vielmehr russische Kolonnen aus Süden gewahr. Nach Norden fochten Friedeburg und Schaer als einziges Bindeglied zu Scholtz. Dieser hatte am 18. mit Div. Knobelsdorf das 1. K. aus Strykow und in Fühlung mit der Garde aus Niesulk verjagt, mit Div. Staabs bei Moskule-Natolin gesiegt. Die Trümmer 2. K. hatte man über Brezeziny ostwärts versprengt, wo sie sich später Rennenkampfs Vorstoß anschlossen, einige noch gefechtsfähige Teile zog Scheidemann zum linken Flügel hinüber, wo sein 4. K. südlich Zgierz, 2. Sibirische bis Konstantinow, die geschlagene 3. G. D. und sonstiges 23. K. weiter westlich bis Szadek standen. Das bei Strykow-Lipiny verdrängte 1. K. setzte sich in Linie Wiskitno–Andrespol. In dieser starken Stellung erwartete er zuversichtlich den neuen Anprall, da er schon Teile 5. A. im Anschluß wußte. Scholtz hatte guten Erfolg gehabt (2000 Gef.), doch schloß der Tag mit Mißerfolg für General v. Pannwitz, den jetzigen Korpschef der Westpreußen, der jetzt auch 22. D. um sich scharte. Diese griff vorteilhaft ein, doch der rechte Flügel der 35. D. mußte den westlich Zgierz vorgelagerten Wald verlassen unter Deckungsfeuer der 71. Art. vom Windmühlenhügel, die aber schwerlich einen »schweren Stand« hatte, denn sie verlor fast nichts, obwohl den Kommandeur. Die Sibirier brachen in einer bei Alexandro von der 36. D. nicht geschlossenen Lücke ein und griffen bei Nacht Zgierz erbittert an, zogen aber am 19. abgewiesen über die Bsura ab. An diesem Tage herrschten Nebel, Frost, zunehmendes Schneetreiben, das die Luft verdunkelte. Verlust der 36. D. (3. Rgt. in Reserve) blieb aber geringer als der bei 35., wo 141. mit recht großer Einbuße Lenczyca erstürmt hatte. Auch die zwischen Biala und Rogi fechtenden drei Regimenter der 22. D. (167. entsendet) litten wenig, die Kampfschwere lag ganz auf dem linken Flügel. Mit Kraft ging Scholtz ans Werk bei Novosolna und anstoßendem Wald, Brig. Schaer bedrohte schon Andrespol. Scheidemann schied aber keine Verstärkungen aus und verließ sich auf Beihilfe Plehwes. Er behielt das ganze Sibirische und 4. K. vor Pannwitz' Front nach Norden, obschon ihm doch wahre Gefahr nur aus Nord- und Südost drohte. Und aus Westen? Hier marschierte Plehwes 19. K. schon ans 23. K. heran. Wenn Pannwitz sich entlastet fühlte, so konnte er den Irrtum am 20. innewerden. Plötzlich klare Witterung bei klirrendem Frost gab den russischen Geschützen gute Sicht. Die 22. D. ward bei Julianow und Rogi eingedrückt. Doch glänzender Vorstoß der Meininger 32er machte alles wieder gut, Teile 37. D. trafen von Moskule her den Feind in die Flanke. Bis Abends erkämpfte 146. Novosolna, 41. D. Teolin, was den Sieg des Gardegenerals Friedeburg bei Bendon (1100 Gef.) ermöglichte. Schon aber dämmerte eine schwere Gefahr, obwohl anfangs nur in unklaren Umrissen: Feindliche Massen zeigten sich plötzlich in Marsch auf Glowno. Wo kamen sie her? Von Lovicz und wollten die schwache Verbindung zwischen Mackensen und Morgen bei Strykow durchschneiden. Die Oldenburger Dragoner mußten ihren Posten aufgeben, nur wenige Kompagnien und Batterien der 37. D. fingen den verderblichen Stoß auf. Doch ließ sich voraussehen, daß Morgen's Beihilfe nötig sein werde, um dies strategische Krebsgeschwür durch chirurgischen Eingriff zu beseitigen. Dieser warf mit seinen schwachen Kräften den Feind erneut bei Kiernozia, 61. R. worauf, nahm ihm viel Gefangene und 12 Gesch. ab. Seltsamerweise schien damals, mit Verkennung der Lage, wie es oft im Krieg geschieht, die Krise dringender am Westflügel. Plehwe hatte hier sein 1. sib. K. zum mürben 2. sib. nach Konstantinow eingereiht, wo die Danziger Div. die Höhen südlich Lutomirsk mit dem kühnen 128. erstürmte und sich unmittelbar Alexsandrow näherte. Während die frischen Sibirier hier den Kampf herstellten, kamen rechts davon die Thüringer in eine schwierige Lage. Sie hatten auf der Strecke Janovice–Alexsandrow das 23. K. geworfen, jetzt aber rückte Plehwes 19. K. gegenüber ihnen auf und lehnte den Hauptteil an die Höhe von Jasionow südöstlich Pabianice, wo vielleicht das hierher abgezweigte 167. Kassel sich vorarbeitete, während die Linke sich dem Vormarsch des Korps Posen nach Szadek (noch lange nicht »Lask«) vorlegte. Durch Umgehung ihrer Rechten sah sich die tapfere 38. D. bis Florentinow nahe an den Ner gedrängt, für 94. Weimar und 71. war dies ein schwerer Tag, man mußte am 20. über den Ner zurück, hier fiel der Oberst der 95er. Der Kampf für 38., 36. D. war nicht mehr günstig, besonders 76. Brig. wurde durch Umbiegung nach Süden hart betroffen. Weiter westlich nahmen die Dinge bisher keinen guten Fortgang. K. Posen (K. Breslau erst am 18. Sieradz) rückte zwar auf Szadek an, wo Frommels Reiterei bei Wincanto (6. Hus.) und Marjano (12. Drag.) umfaßte. Novikows Geschwader verschwanden größtenteils nach Osten, um neben Plehwes 5. K. dem kecken Scheffer-Boyadel in die Zügel zu fallen, dessen ungestümer Galopp gebändigt werden mußte. Das 19. K., auf das man bei Szadek stieß, dehnte seine linke Flanke schon über Dobron bis Zdunka verlängert. Frommel wich vor Geschütz- und Gewehrfeuer aus, nur die Besatzungsdiv. Doussin war am 20. fähig, des Feindes linken Flügel in die Wälder bei Wilanow einzudrücken, das sonstige Posener K., noch nicht in Vollbesitz Szadeks, erschöpfte sich in fruchtlosen Angriffen. 5. Kav. D. Unger wies den Angriff zahlreicher Feinde ab, die österreichische schlug sich bei Zdunka mit dem abziehenden Novicow herum. (G. R. Schr. spricht immer von 3 fechtenden K. D., doch die sächsische D. Kapher blieb stets unbeteiligt, Verlust Null). Am 21. fiel Scheidemann mit Wucht auf die Danziger bei Niesiencin, doch General Heineccius behauptete sich unter ungeheueren Verlusten des Angreifers; der zuletzt angeblich die 5er über den Haufen warf. (Jedenfalls nur als ganz zuletzt eingesetzte Reserve, wann überhaupt, denn die V. L. schweigen völlig.) Endergebnis am 21. nur: russische Linke festgehalten, auf der ganzen Front bis Novosolna der Gegenstoß in Todesschweigen zahlloser Gefallener erstorben, dem Einbruch bei Strykow–Glowno ein Ende gemacht, aber auch deutscherseits nur langsame Fortschritte. Scheffer entfernte sich immer mehr von seiner Aufmarschbasis, der Sieg des Lehrrgts. bei Bendon a. D. Miazga und der Gardefüsiliere nördlicher trug sie nur neuen Schanzstellungen entgegen und für Brig. Below bei Kalino–Karpin trat schon das Bedenkliche ein, daß III/5. G. Gr. im Süden Tuscyn besetzen mußte, wohin das ganze 3. K. Plehwes zum Entsatz von Lodz vorrückte. Gleichwohl wurzelte Schlieffens Cannä-Wahn so tief in deutschen Gemütern und so stolz fühlte sich der deutsche Soldat – an sich ein wertvolles seelisches Gut, das man aber nicht überschätzen darf –, daß Scheffer darauf bestand, die Einkreisung fortzusetzen im Vertrauen darauf, daß die Flügelkolonne Linsingen rechtzeitig Pabianice erreichen und so den hermetischen Verschluß von Lodz erzwingen werde. Vor der 49. R. D. floh allerdings der Feind auf Lodz, doch die Feliksestellung bereitete den Abgesessenen der 9. K. D. und dem ihr beigegebenen II/54. Aufenthalt, jede Verbindung zwischen den Einzelkolonnen störend. Es half wenig, daß Scheffer schon im Rücken des gegen Scholtz ringenden 1. K. stand, das seine Flanke durch Massenbatterien deckte. Solange diese Front nach Norden sich hielt, stand Scheffer nach der bedeutsamen Einnahme von Rzgow doch eigentlich schon auf verlorenen Posten. Denn wohl durfte er hoffen, das 5. K. zu schlagen; wie aber, wenn der Feind aus Nordost einfiel und ihn von Scholtz abschnitt! Schon der erste abgewehrte Einbruch auf Strykow gab zu denken.
Besserten sich die Verhältnisse am 21., wo endlich nach der Vorhut (Inf. Brig. Schmiedeke) das ganze K. Breslau zur Stelle war? Wenig. Div. Menges stritt um den Bachübergang bei Widawa, hielt den Feind bei Zdunska fest, war aber weit entfernt, auf Lask abdrehen zu können, was K. Posen schon südöstlich Szadek aufgab. Wohl sollten die Thüringer im Verein mit Frommel wieder über den Ner den wichtigen Punkt Pabianice aufsuchen, kamen aber gar nicht dazu, General von Esch mußte sie vielmehr über den Fluß zurückführen. Das frische 19. K. erwies sich neben dem geschlagenen 23. K. doch noch zu stark auf der ganzen Westfront. Dort standen bisher ungefähr 70 r. gegen 36 d. Batl., denn »Korps« Breslau zählte nur 11, K. Posen 16 Batl., von denen 3 L. W. Ers. Batl. erst Anfang Dezember eintrafen. Das 2. K. verspätete sich traurig, da es erst Mitte November von Ypern kam, indessen war doch Morgens Hessendarmstädter R. Brig. gleichfalls von dort um zehn Tage früher da, und zwar auf viel weiterer Entfernung nach Osten. Wer immer die Schuld trägt, jedenfalls bewährte sich Napoleons alte Maxime, daß es bei getrennten Anmärschen nie ordentlich klappt. Die Posener und Breslauer litten bedeutend, in Anbetracht ihrer viel kürzeren Kämpfe weit mehr als die Thüringer. Es spricht für den tapferen Geist dieser L. W. Ers. Besatzungstruppen, eben erst ins Feuer gebracht, daß sie keineswegs losließen, obschon ganz nutzlos geopfert, denn vor Ankunft der Pommern war hier doch nichts zu machen. Nordöstlich Konstantinow, wo man das von Lask hereingerückte 1. Sib. K. wahrnahm, und gegen die ganze Front von Pannwitz lief der Feind mit allen Kräften an, doch russische Mützen und sibirische Pelzhauben sanken massenhaft in den Schnee, umgeblasen vom Flankenfeuer der 73., 82. Art. von Staabs, die überquer in die Sturmhaufen schoß. 22. D. stand ruhig bei Novosolna. Hier waren 33 Bat. entwickelt gegen mindestens 96, von denen freilich 64 schon arg geschlagen waren. Anerkennung verdient das 1. r. K., dessen 32 Batl. gegen 29 deutsche (6 Garde) immer noch bis Andrespol standhielten. I/148. entsendet Morgen, 41. D. daher nur 11 Batl. an gefährdetstem Punkt. Denn an ihrem Standort (Wald von Teolin) lief die Meldung ein, daß erneut Russenkolonnen sich von Glowno auf Strykow bewegten. Eine rasch zusammengestellte »gemischte« Brig. Reiser warf sich entgegen mit vorläufigem Erfolg, doch Scholtz hatte jetzt nur noch wenig in der Hand, da Brig. Schaer an der Miazga südlich Wyoncin räumlich getrennt focht, und konnte wenig gegen Andrespol ausrichten. Das erkannte er vom Kirchturm eines Dorfes, wo er seinen Beobachtungsstand hatte, und wunderte sich wohl baß über Scheffers Vertrauensseligkeit, der immer noch feste druff ging. Morgen konnte nicht daran denken, schon heute Lovicz zu nehmen, wie man ihm naiv vorschrieb. Südlich Kiernozia brach sich sein Hauptstoß an der riesigen Übermacht von mindestens schon 112 Bat. (5., 6. Sib., 1. Turkest., Hälfte 6. r. K.), von denen freilich die größere Hälfte schon bös geschlagen war. Er hatte weitaus den zahlenmäßig ungleichsten Kampf. Brig. Gregory, die ans Südufer über und unter seinen Befehl treten sollte, hatte die eistreibende Weichsel noch nicht hinter sich und stand erst am 22. zur Verfügung.
Alle Aufmerksamkeit von Freund und Feind wandte sich der Gruppe Scheffer zu. Lage äußerlich gut, sonst wenig tröstlich. Friedeburg und Eberhardt Schmettow vermochten den Feind bei Feliksen nicht aufzurollen. Weiter südlich trat Brig. Below von Wiskitno zum Sturm auf Olenso an, blieb aber erfolglos gegen die Übermacht trotz starker Wirkung schwerer Gardeartillerie und glänzender Haltung von I/III. G. G. Dafür nahm 5. G. weiter südlich zwei Dorfvorstädte Julianow und Dombrowa, nur 2 km vom lichterloh brennenden Südring der großen Fabrikstadt. Die Garden behaupteten sich gegen einen mit allgemeinem Glockengeläut eingeleiteten Massenstoß aus dem Innern. Offenbar zog der Feind jetzt Teile seines Zentrums aus der Front, um seine zertrümmerte Rechte zu decken, sein 5. K. war aber allein schon stärker als die ganze Gruppe Scheffer, von der im Süden ja nur 24 Batl. fochten. Ihre äußerste Linke unter Oberst Credner deckte gegen Pabianice, Brig. Thiesenhausen sah sich vom Nudawald her angefallen. Schnellfeuer von 225. R. und 49. R. A. erstickte diesen Vorstoß, leider sah sich I/225. veranlaßt, nachzustoßen. Von gewaltiger Übermacht abgeschmettert, retteten sich die Reste nach Rzgow, geführt von einem schwer verwundeten Leutnant. Alle Offiziere bluteten, Major Zimmermann von drei Schuß- vier Bajonettwunden, also kam es sogar zu Handgemenge. Die Batterien bei Gadki harrten aus, der Feind schlich sich aber bei Nacht in ihren Rücken, überfiel eine Batterie und sprengte die Bedeckung. Der Brigadechef Oberst Kramptz sammelte die Brigade und warf die Russen entschlossen hinaus, wobei viele sich der kühnen V/228. ergaben. Wie teuer war der Erfolg bezahlt! Die Kommandeure von 225., 228. und die Mehrzahl der Offiziere bedeckten den eisigen Boden. (Entspricht genau den V. L.). Brigadegeneral Thiesenhausen, an Stelle des gefallenen Briefen die Division führend, trat das Kommando jetzt an den soeben erst angelangten Generalleutnant Waenker ab. Dieser überschaute vom Windmühlenhügel nördlich Rzgow nichts Erfreuliches. Auch Gruppe Credmer (I/III/225. und 21. Schl. R. Jg.) erwehrte sich mühsam überlegener Massen, Flankenstöße aus Gadki und längs Chaussee Pabianice machten bis Mitternacht den Posten unhaltbar. Das Gardegrenadierbatl. Dresow schlug zweimal umfassende Angriffe auf Tuszyn ab, fand aber die Straße nach Rzgow gesperrt und zog über Kalinko nach Ruta ab, wo es den Wolborkaübergang bewachte. 6. K. D. wich auf Dalkow. Brig. Riedel der 50. R. D. (229., 231.) hatte bei Tuszyn unterstützt von Bandkow her und teilte Dresows Rückzugsrichtung. Uns scheint unwahrscheinlich, daß hier nur 5. r. K. wirkte, das eine unmöglich weite Front von nördlich Rzgow bis Bandkow umschrieben haben müßte, die Angabe gewinnt daher an Wahrscheinlichkeit, daß auch noch ein Gewalthaufe der r. 4. A. im Anrücken war. Übrigens muß laut Verlustliste auch 3. G. Art. bei Krusceko südlich Tuszyn rasches Vordringen verwehrt haben.
Zweifellos trug viel Mitschuld an der heraufziehenden schweren Krise das maßlos verspätete Eintreffen der Pommern, die man bei Pabianice zu treffen hoffte. Doch selbst in diesem Fall besserte sich nur wenig die Lage, in welche große Unvorsichtigkeit Mackensens seine Linke brachte. Längst hätte er die Möglichkeit erwägen sollen, daß die Lücke zwischen Morgen und ihm einen umsichtigen Gegner einlade, dort einen Keil einzutreiben, was für Scheffer durchaus verderblich werden mußte. Doch nichts geschah, um den leichtsinnig ins Blaue abgeschnellten Heerteil zurückzurufen. Zur Ehrenrettung Scheffers sei gesagt, daß er unmöglich von sich aus den Stand der Dinge beurteilen konnte. Er fand anfangs so wenig Widerstand, das feldflüchtige 2. K. vor sich hertreibend, daß er unmöglich so rasches Eintreffen Plehwes ahnen konnte. Die Idee war ursprünglich: während Scholtz rittlings der Straße Strykow–Brzeziny, wo der Russe hinter mächtigen Erdaufwürfen sich wehrte, im Nordosten den Ring schloß, sollte Scheffer so weit südwärts fassen, daß er alle Miazgaübergänge und Wadlow bewachte, von wo russischer Anmarsch erwartet wurde. So wurde der 2. A. jeder Ausweg sowohl nach Warschau als Petrikau verlegt. Allein, jetzt stand es anders. Von Scholtz so gut wie abgeschnitten, sollte Scheffer seinen Rückenstoß südöstlich Lodz fortführen? Seine schwache Rechte (7 Batl.), durch Fußgefecht der 9. K. D. links schwach gedeckt, kam nicht mehr vorwärts. Inzwischen gingen die frische r. 43. D. und Teile der von Morgen gesprengten 14. Schützendiv. zwischen Morgen und Scholtz aus Strykow, unter solchem Druck bog sich Scholtz leicht rückwärts, Brigade Schaer gab nach, ihr 59. hatte bei Bedon die Garde unterstützt und viele wütende Angriffe abgeschlagen, doch außerordentlich gelitten. Scheffers Mitte (5 Batl.) lag festgebannt vor Olenso. Obwohl blutig scheiternd, zwang der Ausfall aus Lodz zum Weichen auf die Gorkihöhen, von wo 6. G. Art. kräftig spielte. Die Linke (10 Batl.) um Rzgow hielt den Feind wacker auf, konnte aber den eigenen Angriff nicht weitertragen. Bei der Tuszyn-Seitenhut (8 Batl.) trank das verlorene Schlachtfeld viel Russenblut, doch das Ergebnis blieb eben Zurückweichen, 6. K. D. hielt hier den Rücken frei, doch nur eine Hus. Schwadron und eine Kompagnie hüteten die Brücke bei Karpin. Die Miazgaufer waren leer, Richthofen westwärts abgezogen, überhaupt fast alle Kräfte aus Südost nach Nordwest umgeschwenkt. Man schlug mit verkehrter Front, ohne gesicherten Rückzug nach Strykow die Miazga entlang zu besitzen. In diese schon höchst mißliche Lage platzte die Kunde wie plötzliches Auffliegen einer Mine hinein, daß Brzeziny in Feindeshand fiel. Gegen Plehwe, dessen Rechte von Bandkow bis Pabianice sich ausbreitete, schien das Nötige geschehen, so notdürftig es war, doch eines Überfalls aus Nordost war man nicht gewärtig.
Rennenkampf brachte die bei Warschau aufgespeicherten Reserven schneller in Fluß als anzunehmen, wie auch Plehwe in dreitägigem Eilmarsch früher eintraf als erwartet. Der gewaltige Wille des Großfürsten beseelte die russischen Unterführer mit nie gekannter Energie. Das war gewiß unangenehm für uns, doch es brauchte sich nicht zu schneidendem Unglück auszuwachsen, wenn Mackensen nicht so sorglos oder richtiger gedankenlos disponiert hätte. Er gab Befehle nach dem Motto: Feste druff und heischte von Morgen Unmögliches, der froh sein mußte, sich seiner Haut zu wehren, und nicht auch noch die Strecke Strykow–Brzeziny überwachen konnte. Da der Feind sich wie rasend an den östlichen Vorstädten wehrte und seine steten Ausfälle alle Gewehre in der Front verlangten, zog der Kommandeur der 3. G. D., der sehr energische Litzmann, eine Nachhutdeckung aus Brzeziny weg. Dorthin gingen russische Massen, sich hinter r. 43. D. am Miazgaufer ausbreitend, glatt durch. Einkreisung von Lodz schlug also in Umzingelung Scheffers um. Aus allen Windrichtungen eingekeilt, sah er vor, hinter und auf beiden Seiten neben sich den Feind. Schon begannen aber die Wundertaten, die man von Deutschen in solcher Bedrängnis erwarten darf, mit einem Vorzeichen: noch war das überfallene Brzeziny nicht gefallen!
Kav. K. Charpentier traf beim Vormarsch nur einige aus Skiernevice vertriebene Husaren- und Ulanenzüge, es ging sogleich gegen Litzmann's Feldlazarett und Scheffers Trainkolonne vor, heroisch stürmte Fußvolk den wehrlosen Ort! Da erhob sich der leichtverwundete Leutnant Wißmann im Lazarett, sammelte das Häuflein Bedeckung und fegte mit einer Handvoll 5. G. die bestürzten Horden hinaus, die in der Dunkelheit sich nichts Gutes versahen! Daß sogar 2 Off., 80 Kerle sich den 20 Gardisten ergaben, klingt unglaubhaft. So wird wohl richtig sein, daß alle Trainfahrer und Verwundeten aus den Sanitätswagen am Kampfe teilnahmen und zuletzt von Richthofen zu Hilfe geschickte »drei Schwadronen« ins Getümmel hineinsprengten. Dies dürften Badische Dragoner gewesen sein. Stegemann erzählt, dies Häuflein habe sich 3 Tage verteidigt und nach Malzow durchgeschlagen! Warum nicht! Ein Gegenstück zu Bataillon Lange am Hochkircher Kirchhof, wie sich Preußen und Spartaner zu halten pflegen? In Wahrheit wurden jetzt Train und Lazarett bei Nacht abgeschoben, der Ort geräumt, durch das kühne Auftreten aber ein ganzer Tag gewonnen. Rennenkampf hätte sonst unverdientes Glück gehabt, weil Scheffers blinder Eifer den Rücken entblößte. Der wachsame Morgen entdeckte übrigens bald dies Manöver und schickte später eine Brigade bei Glowno in die Weiche der Durchbruchskolonne, vorerst kam jede Entsendung zu spät, die Lawine aufzuhalten. Wohl verdient der Großfürst alles Lob, er ermöglichte im rechten Augenblick ohne den geringsten Verzug die anscheinend sichere Vernichtung eines strategisch umsponnenen Heeres, doch ebenso entschlossen schwenkte Scheffer nach drahtloser Vereinbarung mit Mackensen auf dem Fleck herum, sich der Umschlingung zu entziehen.
Die Art, wie die Truppen Scheffers und Litzmanns sich Bahn brachen, gehört zum Großartigsten, was die Kriegsgeschichte kennt. Die Gardedivision, im Marsch bei Wiskitno (südlich von Dombrowa, schon sehr nahe im Rücken von Lodz) von vier Korps angegriffen, hatte ihre Front nach Westen, mußte aber zugleich nordöstlich bei Andrespol heftigen Anprall abwehren, südlich davon stand ihre Kavallerie im Fußschützengefecht. Andere Teile des 25. Reservekorps fochten schon bei Dombrowa, von wo seine schwere Artillerie bis nach Lodz wirkte. Auch im Norden schoben sich russische Massen heran. Nachdem das Dorf Olechow nördlich Dombrowa gestürmt, hatte man vorerst Aufschub und Ruhe. Dies war am 21. In der Nacht wurde der Abmarsch auf die Miazga nach der Chaussee Rzgow–Karpin angetreten. Der Feind hatte südwestlich zwischen Pabianice und Rzgow gewaltige Massen angehäuft, dort konnte man nicht durch, auch nicht nördlich auf Strykow, man mußte sich nordostwärts auf Brzeziny Bahn brechen. Das Nachdrängen der Russen aus Rzgow am 22. blieb erfolglos, eine schwache Nachhut genügte bei Kalinko und Tuszynwald, den Übergang über die Miazga bei Karpin zu decken. Der Wald westlich von Borowo (südöstlich Andrespol) und südlich von Galkow ward stürmend durchschritten, die Russen ergaben sich zu Tausenden. Noch blieb der Bahnhof der Linie Lodz–Warschau mitten im Walde ein befestigtes Bollwerk, auch dies wurde bei einbrechender Nacht erstürmt. Nun ging es am 23. in langer Marschkolonne vorwärts, Galkow (nordöstlich Andrespol) überfallend und zwei Stunden nach Mitternacht Brzeziny erreichend. Die Russen hatten einen Umkreis von dreizehn Kilometer im Norden feldmäßig ausgebaut und dachten: Hier kommt keiner durch! Der russische Generalstab verkündete schon in prahlerischem Telegramm die bevorstehende Kapitulation der Deutschen. Alles schlief den Schlaf des Ungerechten, als die Deutschen hereinbrachen und alle Kirgisen niedermachten. Die Russen wurden gänzlich zersprengt, um fünf Uhr morgens war alles vorüber. Am 24. früh kam zwar der Feind aus Norden wieder, doch gleichzeitig Scholtz' Nachbarkorps, vor dem die Russen bald die Flucht ergriffen. 12 000 Gefangene, 30 Geschütze (später wurden es sogar 16 000 und 63), 49 Maschinengewehre als Trophäen und alle eigenen Verwundeten mit sich führend, hatte die Heldenschar ihr Ziel erreicht.
Der unerwartete Ausgang der russischen Unternehmung, der neue Sieg, mit dem die Umzingelten sich durchschlugen und wieder an Mackensen anschlossen, erschütterte die russischen Linien noch mehr. Man vergegenwärtige sich nochmals die Lage bei Scheffers Abmarsch. Sein Gefecht stand am 22. abends günstiger. Goltz (Chef 50. R. D.) und Richthofen hielten sich den Feind im Süden vom Leibe, Litzmann und Waenker hingen zähe wie Doggen am Stadtrand. Mit unwiderstehlicher Kraft erstürmten G. Füs. und Pion. Feliksen, zählten freilich beim Sammeln am Vorwerk Boleslawo traurig die Häupter ihrer Lieben. Below erwarb Olenso und das hochgelegene Olechow, wobei Batterie Lancelle so wagemutig dicht am Feind abprotzte wie einst eine andere Batterie Lancelle bei Mars la Tour. Während die Grenadiere hier das brennende Dorf hinaufstürmten, hielt sich 49. R. D. dicht beisammen, Front nach Westen und Norden. Doch Nowikow drängte Richthofen und den wilden Wald im Rücken füllten wilde Asiaten des frischen 4. Sib. K. nebst dem von Morgen hierher aus der Front geworfenen 5. S. K. bis Borowo. Von Lask-Wadlow kam deutsche Kanonade immer noch nicht näher, Posener und 5. K. D. ließen sich dort nicht blicken, obschon General Menges bei Zdunska etwas vorwärts kam. Scholtz sah sich durch Rennenkampfs Einbruch zum Abzug auf Moskule genötigt, was auch den der 22. D. von Nevosolna nach sich zog. Die südlich gebundene Brig. Schaer blieb sich selbst überlassen. Als eine ihr beigegebene Schwadron 9. Drag. auf Adamow getrieben wurde, schlug 79. Art. dreimalige Sibirier-Anläufe geradezu vernichtend ab, zuletzt auf 50 m ihre Salven anbringend. Dann erst wichen Schaers vier Bataillone 18er, 59er aus, da sie sich fast ganz verschossen. Wir sind in der glücklichen Lage, an Hand der V. L. den ganzen Heldenkampf bestätigen zu können. Es war angenehm, daß die Garde westwärts Luft bekam, auch ritt 9. K. D. längs der Lipinystraße auf, um ein Heraustreten aus Brzeziny zu hindern. Den nächtlichen Abzug auf Karbin merkte der Gegner nicht. Funkspruch Mackensens befahl Rückzug nach Osten in Verkennen der Lage. Scheffer wollte sogleich nordwärts zu Scholtz durchbrechen, unterwarf sich aber, und ohne daß Mackensen es beurteilen konnte, traf er zufällig das Rechte. Denn wenn man unmittelbar an Lodz vorbeizog, konnte man sich nicht ohne Umknäuelung loslösen. Der Feind bereitete schon Gefängnismauern in West, Nord, Süd vor, die man nicht eingerannt hätte. Ausweichen nach Ost aber überraschte und gewann einen Vorsprung, nach allen Seiten durch Richthofen verschleiert. Den Miazgaübergang Bendon mußte Schaer preisgeben; wie nun, wenn der Feind die Brücken bei Bucoviec und Karpin zerstörte? Dann war der Untergang besiegelt, doch man baute auf russische Trägheit und irrte nicht. Die schwere Artillerie blieb stehen und feuerte immer noch nach Lodz hinein, um den Feind zu täuschen, der nach saurer Arbeit schlafen ging. Hier konnte man ein Napoleonwort umbilden: der Feind berät, die Preußen marschieren! Die weit auseinander gezogenen Kolonnen führten bei so gefährlichem Marsch längs der feindlichen Front ihren Troß samt den Gefangenen mit sich. Infolge Auflesens fast aller Verwundeten (herrliche Sanitätsleistung) erreichte Major Reinhardts Gardenachhut erst am 23. früh die vereiste Chaussee. Daß die Nacht keinen Mondschein brachte, erhöhte die Schwierigkeiten, barg aber auch die Marschsäulen im verdeckenden Dunkel. Sie und die Wagenburg bei Kreuzungen zu entwirren und richtig abzuleiten erforderte umsichtige Geistesgegenwart. Scheffer erwarb sich hier wahre Lorbeern. Nie machte eine Truppe sich unter so verzweifelten Umständen zu einem Rückzug auf, der einen Sieg bedeutete. Nur Truppen allerersten Ranges vermochten das, und wenn die Garde nach Gebühr solchen Anspruch erhob, so erwies das neugebildete R. K. (ältere Jahrgänge und Freiwillige) sich als ebenbürtig. (Wir sahen, daß es schon bei Lyck seine Feuertaufe sehr gut bestand).
Blutrot untergehender Wintersonne folgten unheimlich flimmernde Sterne. Der vorige Tag heißt im Kalender »Totensonntag«, hier ein passender Name, eisige Kälte und Sturmwind vollendeten das Schicksal manches verblutenden Verstümmelten. Der Train fuhr morgens mühselig ab unter feindlicher Geschützbestreichung. Die zeitraubende Bewegung des langen Zugs über die Karpinbrücke, mit treuer Sorgfalt von Scheffer selber überwacht, der hoch zu Roß schon am Ostufer hielt und die Seinen jenseits empfing, war früh vormittags beendet. Eine Schwadron 13. Hus. und eine Komp. G. Füs. sollen den Brückenkopf so lange gegen ungeheure Übermacht gehalten haben, bis die Vorderbrigade Saucken hinüberkam und den Feind vertrieb. Diese von Stegemann aufgegriffene und zu Winkelriedtat des Generals Saucken phantastisch aufgeblühte Überlieferung ist aber falsch, 13. Hus. verzeichnen hier keinen Verlust, nur Nowikows Vorhut lauerte, wahrscheinlich hatten 13. Dragoner hier einen Teil ihres außerordentlichen Verlustes. Denn russische Hauptmacht holte noch gar nicht über Borowo aus. Die schlaflos einhertaumelnden, todmüden und hungernden Deutschen zeigten sich trotzdem jeder Anstrengung gewachsen. Im Morgendämmer durchfurtete Brig. Friedeburg die Miazga und warf den Feind aus dem Wege. Laut Stegemann seien Kosakenschwärme von Trainfahrern mit dem Karabiner abgewehrt und die Bucovicebrücke von Litzmann überrumpelt worden. Beides ist falsch, der Train, bisher von Nachhut und Egon Schmettow treulich behütet, kam nie in andere Berührung mit dem Feind als durch Novikows reitende Artillerie, die manches Opfer in der Wagenburg forderte; Below benutzte im Durcheinander des Abmarsches gar nicht die Bucovicebrücke, sondern schob sich bei Karpin ein. Die dortige todgeweihte Thermopylenschar in Stegemanns dichterischer Phantasie verwandelt sich in 6 Kompagnien als Vorhut am Bahndamm von Borowo, die am langhingestreckten Dorf mörderische Füsillade aus umgebendem Waldgürtel erhielten, schon zwei Stunden vor Beendung des Karpin-Übergangs. Mit Windeseile rasselten aber 12 Gesch., 4 Haubitzen heran und zerschossen furchtbar die noch nicht gefechtsbereite russische Artillerie, sowie die beim Pachthof Gallowek ausgestreuten Fußvölker. Diese brachen, um Vergeltung zu üben, in dicken Massen immer wieder vor, erlitten aber Verluste, die sie auf den Fleck festbannten. Nun ritten Dragoner und Kosaken Charpentiers an, brachen zwar unter Feuer von zwei Flankenkompanien nieder, aber noch genügend durch, um in der Batterielinie zu hausen, sogar im Stab des herangerittenen Divisionärs Waenker. Hier fiel jedoch der Rest unter Säbeln der Stabswache, Schüssen von Radfahrern und Fernsprechern, sogar Protzenfahrern. Stegemann erzählt, daß nun Waenkers ganze Infanterie Borowo erstürmte, wobei Waenker, in erster Reihe wie ein Gemeiner das Gewehr in der Hand, den Heldentod fand. Laut G. St. Schr. wurde Borowo nicht gestürmt, sondern kampflos besetzt. Hier hielt der Train auf der Dorfstraße, der entlang das feindliche Artilleriefeuer wütete. Infanterie und Masch. G. überschütteten ihn zweiseitig mit Geschossen, todbringend für Fahrer und Rosse. (Verl. von Nichtkompattanten verzeichnen wir tabellarisch nie). Hier erst tötete eine Kugel den Divisionär, das Kommando ging erneut an Thiesenhausen über. Übrigens spricht der verhältnismäßig geringe Verlust des 227. R. (Rawitsch), das schon bei Wloclvawec im Feuer war, keineswegs für Thermopylenkämpfe.
Der Himmel half weiter. Als der verschleiernde Morgennebel sank und helle Sonne beleuchtend den Abzug enthüllte, kam der Feind im Süden und Westen zu spät, um der Garde etwas anzuhaben. Diese war jetzt schon voraus und versenkte sich nach Norden in den Galkowforst. Sibirische Schützen lagen hinter dem hohen Bahndamm, der das Holz durchschneidet, von Lodz dröhnten schwere Geschütze herüber bis zum Miazgaufer. Ihre Granaten schlugen in unsere Wagenburgen. Endlich regte sich die feindliche Infanterie, Nachhutgefechte zurückgebliebener Gardeposten und der Reiterei verschärften sich. Schaers abgesprengte Bataillone mit fünf Batterien begleiteten seitwärts Goltz, nachdem sie frische Munition faßten. Die Kosaken bekamen einen blutigen Tag. Doch bei Borowo wurde es immer ungemütlicher. Das Hereinbrausen jenes tollen Sturmritts, bei dem fast alle Wagehälse umkamen, erschütterte zwar nicht General Sauckens tapfere kleine Schar, doch gegen das grausame Bestreichen der Sanitätstransporte mußte endlich etwas geschehen. Eine Stunde vor Mittag ließ Thießenhausen II/227., I/228., III/225. zum Sturm antreten, später auch I/II/228. nebst 21. R. I., die auch am Westufer bei Kurovice die langsam weichende 6. K. D. aufnahmen. 231. R. wird nicht genannt, es muß aber laut V. L. dies Regiment gewesen sein, mit dem sich nunmehr auch Goltz gegen das Walddorf Chrestow in Bewegung setzte. Schaers Batterien 78. Art. schoben sich dort an den Bahndamm heran und faßten den Feind mit schrägem Feuer. Aber ach! Sauckens kleine Vorhut (I/227. und Hälfte II.), dreiseitigem Angriff so lange trotzend unter hervorragender Mitwirkung ihrer 16 Geschütze, war schon von einer ganzen Sibirierdivision weggespült. Ihre Kanonen rollten zertrümmert umher, aber nicht unter gefallener Bedienung, die sich vielmehr unter Major Ribbentropp rechts seitwärts durchschlug. (49. R. Art. verlor nur 26 Kanoniere). Dort erschien soeben II/225., schon Herr der Lage, denn auch Brig. Riedel entwickelte sich nebst dem bei Goltz verbliebenen Gardebatl. Dresow. Hier wird nun 229. R. genannt, wir finden es nicht in V. L., wohl Verwechselung mit 231. Hier taten sich 22. R. Jg. und 50. R. P. K. hervor (Von 50. R. Art. sollte man schweigen, denn wir fanden sie größtenteils noch in Ostpreußen). In schwerem Kampf trieb Goltz bis zur Nacht den weit überlegenen Feind vor sich her und sicherte so mit den um ihn versammelten 8 Batl. die links von ihm verwickelte Schwesterdivision.
Man kann Scheffers eiserne Ruhe und kühle Festigkeit bewundern, er gab Befehl aus, um 6 Uhr morgens den Durchbruch fortsetzen, noch fehlte aber jede Kunde von Litzmann, das schien bedenklich. Dieser hatte nur Batl. Rosen von 5. Gr. und Artilleriebrigade Schweinitz hinter sich als Rückenschutz der bei Zielona verfahrenen dichtgedrängten Wagenburg und Bewachung von 6000 Gefangenen. Nach erbittertem Gefecht säuberte man die Wege im Galkowforst, nachmittags vereinte sich Major Reinhards Nachhut II/III/5. G. mit I. südlich der Bahn nebst Abteilungen Diez und Ruhstrat der 5. G. Art. Brig. Da stürzten hinter ihnen wieder Sibirier aus dem Wald, jagten die Trains in die Flucht und besetzten die linke Flügelbatterie, Ruhstrat fiel, doch seine Batterien kartätschten die Asiaten nieder, wenige entrannen dem Tod. Dämmerung brach an, der Mond meinte es gut, hell tauchte er auf und beleuchtete unseren Geschützen ihr Schußziel. Plötzlich schlugen die Trommeln zum Sturm, die Garden erstiegen den Bahndamm, ihr Divisionär mit gezogenem Degen an der Spitze einer ihm zugeteilten Kompanie Küstriner Pioniere. Der Feind floh aus Galkow, doch nur rascher Durchbruch bis Brzeziny konnte retten. Weiter durch die Mondnacht! Litzmanns klassisch kurzer klarer Befehl im Bahnwärterhaus verewigt den Entschluß: 2000 Mann mit 4 Geschützen zusammenraffend, trat er den Nachtmarsch an. (Daß er die übrige Div. unter Graf Schweinitz zurückließ, ist Mißverständnis Stegemanns, der Artilleriekommandeur erhielt nur Befehl, den Train nach Galkow zu schaffen.) Ohne einen Schuß zu tun, überfiel und erschlug man alle Vorposten, machte die schlafende Besatzung mit dem Bajonett nieder, der Kommandierende des 4. Sib. K. floh unter Zurücklassung der Kriegskasse, nur im Ostteil hielten sich noch Versprengte, bis ihn die Pioniere anzündeten. Teile von 5. G. und Füsiliere taten dies Rettungswerk, nicht Lehrrgt., wie Stegemann schreibt, Lehrbatl. Herold blieb ganz außer Schuß und mit dem Hauptteil kam Friedeburg erst vormittags nordwestlich an, anfangs für Feind gehalten.
Auch der 24. war noch ein Kampftag erster Güte. Die Sibirier wollten den Ort mit Gewalt zurück haben, Schweinitz kam nicht durch, weil Teile an einer Häusergruppe sich hinter Litzmann einschoben. Auf Schweinitz's Meldung schickte Scheffer sofort Div. Thiesenhausen, an die sich Diez' Haubitzen anschlossen. Die tapfere Batterie Lancelle deckte rückwärts, von hinten schlugen Granaten herein, Verfolger erreichten Bucovice, ihr Feuer drängte Train und Gefangenenmasse vorwärts, was dem Feind in der Ferne als deutsche Reserve imponierte! Schweinitz donnerte unverdrossen gegen den Wald, doch eine Bedeckungsschwadron von 1. G. R. Ul. brachte schon ihre Standarte in Sicherheit, weil man Einschließung befürchtete. Batl. Rosen und etwa 10 Kompanien Thiesenhausens erhoben sich umsonst zum Angriff, eine volle Stunde rang Rosen allein, aufs bravste unterstützt von acht Batterien, die über die Schützenschwärme hinausfahrend den Feind fürchterlich bearbeiteten. Dreiseitig beschossen, drang das Gros der 49. R. D. endlich zu Schweinitz durch, drei ihrer Batterien östlich Borowo protzten nur 1 km vor dem Bahndamm ab. Gleichzeitig ging Goltz vor, schon früh mit fünf Kompanien und Batl. Dresow, dann umfaßte er über die Bahn, mit der ihm jetzt unterstellten Brig. Schaer und der bei Chrestow massierten 15. Fuß-Art. übte sein Vorgehen entscheidenden Druck aus. Seine Art. zermalmte förmlich die russische, vom Bahnhof Koluski aus die Bahnlinie der Länge nach bestreichend. Das 5. sib. K. floh, ereilt vom entsetzlichen Kreuzfeuer, da 66 Geschütze südlich und östlich Borowo zugleich die rechte Flanke faßten. Diez' Haubitzen brachen in kühnem Vorwärtsfahren dem Batl. Dombies, II/227. Bahn zum Sturm, worauf Oberst Etzel die 49. R. A. im Galopp vorführte. Die Obersten Credmer und Kamptz stürmten gemeinsam »Höhe 220«, Kamptz hatte den Feind nach Norden geworfen, gestützt auf Goltz' Linke, und war seitwärts eingeschwenkt. Vor Mittag war alles vorüber, der Feind mit Hinterlassung von 8 Geschützen entflohen. Mit besonderer Freude begrüßte man Rückerwerbung der gestern verlorenen Batterien Sauckens, vom rasch herbeieilenden Ribbentropp wieder kämpffähig gemacht. Jetzt donnerten auf der ganzen Linie 128 Geschütze dem vor Brzeziny fliehenden 4. Sib. K. nach, das völlig zerrissen wurde. Was vor Rosen abbaute, fiel bei Witkovice unter dem Feuer der Garde. Die Sibirier ergaben sich in Massen, nachdem ihre Artillerie unter Schnellfeuer von 5. G. und Pionieren zusammenbrach, ein Teil floh nach Osten, ein anderer zu Scheidemann, der keine Helfer senden konnte, weil Scholtz erneut vordrang. So zog Scheffer gelassen auf Glowno ab, wo er sich zwischen Morgen und Scholtz einfügte, von jeder Einschnürung befreit. Der riesige, vielfach der Pferde beraubte Train nebst 64 eroberten Geschützen wurde von 16 000 Gef. geduldig mitgezogen, die gutwillig Hilfsdienst leisteten. Selbst der Feind sprach sein unverhohlenes Staunen aus, daß »drei Korps« – nur 3 Divisionen –, deren Kapitulation er vorausverkündete, ihren Durchbruch sogar in Sieg verwandelten.
Nur ein Zug Grenadiere deckte Bucovice solange als möglich, das vereinzelte Heldenbatl. Rosen vermochte die riesige Übermacht nicht zu erdrücken, das zeugt gewiß von glänzender Beschaffenheit dieser Elitetruppen. Ungewöhnliches leistete Haubitzbataillon Kuntze II/15., es zertrümmerte 18 feindliche Kanonen. (Indessen stand 25. R. F. Art. Köln bei Borowo weit stärker im Feuer). Was nicht von uns erbeutet, blieb demontiert liegen; die ganze russische Artillerie ging zugrunde. Das zerschossene 4. S. K., das einem Kreuzfeuer ins Garn lief, war gänzlich zersprengt. Daß unsere Artillerie allenthalben bis in die Schützengraben vorging und doch während der ganzen Kampfzeit der vier Tage nur 200 verlor, zeigt das schlechte Schießen der russischen Infanterie. Richthofen, zum rechten Flügel abgerückt, wo sein Stabschef schon mittags die von Radfahrer Alkenings an Scheffer überbrachte Freudenbotschaft Litzmanns erfuhr, hielt gegen Novikow den Rücken frei, er traf zuletzt mit Brig. Schaer bei Psary ein und stellte Verbindung mit Morgen her. Das R. K. fand Strykow vom Feinde frei und vereinte sich mit Scholtz' linker Flanke. Dorthin strebte die Garde über Niesulkow, sie hatte zuerst noch 15 km zu durchmessen, in welchen leeren Raum der Feind aus Lodz einzubrechen drohte. Er wagte aber nicht, bei Lipiny die grimmen Kämpfer zu berühren. Erst nachdem drei Nachhutkompanien des Hauptmann Delius Anschluß gewannen und ein Halbbataillon Füsiliere einige Nachhutbatterien aus bedrängter Verstrickung löste, versuchte Scheidemann etwas, umsonst, doch beherrschte seine Kanonade die Chaussee, so daß die Garde abzog. Die Vorgänge haben entfernte Ähnlichkeit mit Vorüberzug von Napoleons Garde bei Krasnoi.
Rennenkampfs Entsatzversuch scheiterte, Plehwe legte wenigstens für Scheidemann die Rückzugslinie nach Südosten frei. Doch daß hier Katastrophe zu Triumph wurde, dazu trug die Trödelei seiner Verfolgung aus West und Süd bei. Ob etwa Beängstigung wegen seiner eigenen Linken dazu den Anstoß gab? Schwerlich. Am 23. blieb man dort noch ganz an Szadek gefesselt, K. Posen mußte sogar näher an Div. Esch herangezogen werden, die wiederum nicht das Südufer des Ner behaupten konnte. Zwar mußte der Feind zwei seiner ausgebauten Schanzlinien verlassen, doch an Ausnutzung solcher Vorteile konnte nicht gedacht werden, weil Pannwitz manche Kräfte rückwärts nach Biala entsenden mußte, um die Glowno-Kolonne abzuwehren. Obwohl neuen Durchbruchsversuch nach Norden gründlich abschlagend, sah er dafür seinen Rückenschutz im Osten abgedrückt, eine andere Kolonne bedrohte Ozarkow. Zunächst ging 176. mit 30 Gesch. dorthin ab, dann fünf gemischte Batl. mit 48 Geschützen, was wir als 32., 61. Rgt. aus den V. L. festlegen. Der Gegner gab zwar ferneres Vordringen auf, ließ sich aber selbst nicht verdrängen und beraubte hierdurch auch Scholtz der Möglichkeit, nach Brzeziny Hilfe zu bringen. Erst am 24. trat ein günstiger Umschwung bei Biala ein, wo die vermischten acht Batl. jetzt der bewußten russischen Gruppe eine blutige Niederlage zufügten, woran sich auch Teile von Scholtz beteiligten. Der Feind lieferte im geräumten Strykow 1100 Gef. ab. Nahe daran war es am 23. gewesen, daß der ganze Bau der deutschen Schlachtordnung zwischen Borowo und Biala zusammenstürzte.
Morgen durchschritt auch am 24. noch nicht die Strecke Kiernozia–Lovicz. Er schwebte in Gefahr durch immer mehr vereinte Massen Rennenkampfs und mußte noch gar die 70. R. Brig. nach Sobota a. d. Bsura ausscheiden, um den bei Biala stehenden Feinden in den Rücken zu fallen. Allerdings besaß er jetzt auch Brig. Gregory und die Höhen nördlich Lowicz, aber da er auch die andere Hessenbrigade zur Deckung Scheffers nach Psary sendete, so blieb ihm nicht viel übrig. Die 70. Brig. vollendete übrigens bei Monkolice die Niederlage der Russengruppe Biala–Strykow, die sich zu weit vorwagte und doch nicht rasch genug durchgriff. Brig. Gregory brachte keine sonderliche Entlastung; 1. R. D. bestand mit Front nach Süden harten Kampf. Am 25. mußte der ausdauernde Morgen seine Linke vor Umfassung über Osmolin hinter ein Flüßchen zurückbiegen, für 26. rechnete er auf die »1. Inf. Div.«, über Thorn nach Gostymin verladen, vorerst aber nur in Brigadestärke. Auch am 26. gab es keine wesentliche Förderung deutscher Absichten auf dem weiten Schlachtfeld, es sei denn durch endgültige Versalzung russischer Rückenstöße bei Glowno, woran Richthofen und die ihm beigegebene »Brigade« Schaer (immer nur 4 Batl.) regen Anteil nahm. Scheffer half sich schon selber. 225. R. verlor hier nur 30 Mann, 227. R. nicht viel mehr, der Feind war eben durch Ausfallen der zwei außer Gefecht gesetzten Sibirischen Korps sehr herabgedrückt. Andrerseits hob zwar der siegreiche Durchbruch die Stimmung und der Feind konnte sich nicht mehr störend bei Psary–Bialawy einklammern, doch das verbesserte nicht Scholtz' lange dünne Front, zur Rechten hart bedrängt. Indessen erlahmten fortan alle Ausfälle Scheidemanns im Granatfeuer der Westpreußischen und Kasseler Artillerie. Nochmals suchte er am 27. nach Norden vorzustürmen, doch die weit auseinandergezogene deutsche Linie erwies sich zu fest und zu elastisch. Nachdem Scheffer und Richthofen den Raum nach Nordosten über Glowno endlich füllten, schlossen Mackensen und Morgen nun zuguterletzt zusammen. Das war eine hübsche Lektion für getrennte Angriffe gewesen! Man stelle sich vor, daß Scheffer am 20. siegessicher zur Einkreisung auszog, da doch am 27. man noch gar nichts erreichte und nur aufatmete, eine Vernichtungskrise zum Glück gewendet zu haben.
Scheffers Brave waren vorerst tief erschöpft und bedeutend geschwächt, doch können wir uns mit offenbarer Ziffernentstellung nicht befreunden. »Die Divisionen besitzen insgesamt nur 10 000 Gewehre« (Stegemann), als sie zum Durchbruch antraten, G. St. Schr. geht noch weiter: am 23. Garde nur 4000 R. K. 4000, wovon Goltz nur 1000! Letzterer hatte bisherige mörderische Kämpfe bei Rzgow nicht mitgemacht, seine 5 Batl. können bei Tuszyn unmöglich so geschmolzen sein, überhaupt ist nach den Umständen undenkbar, daß 17 Batl. des R. K. auf gleiche Stärke schmolzen wie 12 der Garde. Oder waren die früheren Verluste bei Lyck gar nicht ersetzt? Dann um so kindischer, grade diesen schon geschwächten Truppen dies gefährlichste Unternehmen anzuvertrauen. Auch so aber hätten sie 16 000 Gewehre gezählt, müßten also schon 12 000 verloren haben, d. h. ungefähr so viel als 20., 17., 11. K, zusammen, ein Unsinn, den die V. L. aufhelfen, wobei Fehlen einer Liste für 229. R. auch sehr wohl erklärt werden kann, daß es als Reserve aufgespart blieb. 4500 in sechs Tagen verlieren, ist gerade genug, vgl. 20., 17. K. in 20 Tagen und darüber, da deren Verlustliste teilweise bis 6. Dez. reicht. Die Garde litt im Oktober bedeutend, doch hier ist sicher anzunehmen, daß sie Ersatz erhielt. Schätzen wir sie aber nur zu 9500 Gew., so waren die Gefechte Felisken–Olechow wahrlich nicht so arg, um 60 % des Bestandes kosten zu können. Daß man obige Ziffern gar noch auf 23. vor dem Durchbruch verlegt, macht die Sache doppelt lächerlich. Dann müßte nachher nur ein Gerippe übrig geblieben und zu jedem weiteren Mitwirken unfähig gewesen sein, während die drei Divisionen noch lustig im Dezember-Januar fochten. Daß jene 1½ Batl. Vorhut Sauckens bis auf 13 Off., 24 M. vernichtet seien, ist auch ein Märchen, nach den Listen verlor 227. R. bis 11. Dez. nur 690. Verlust von 225., 228. erscheint sehr angemessen, letzteres hatte die Nachhut bei Kalino. Brig. Friedeburg litt, weil isoliert, natürlich viel mehr als die andere an Waenker angelehnte Gardebrigade; wir ergänzen hier aus freier Hand den Verlust von 5. G., berechnet nach dem gebuchten von 5. G. Gr. (416). Wir geben zu, daß dies zu niedrig scheint, doch auch spätere Dezemberlisten ändern dies nicht und rund 3000 für eine schwache Division ist hart genug. Man bedenke doch, daß die meisten viel länger fechtenden Regimenter vom 20., 17., 11. K. eher weniger als mehr verloren im Vergleich zu 5. G. Gr. und die am schärfsten fechtenden 59., 141., 167. nur ähnlich litten wie das Lehrrgt. Mit anderen Worten, Schätzungen auf gut Glück haben keinen Wert, obige 10 000 Gewehre sind mythologisch, erinnernd an die 10 000 Griechen, die zuletzt den rettenden Strand erreichten! Daß 100 000 Gewehre in verklammten müden Händen nicht 50 000 Russen aus fester Stellung bei Borowo–Brzeziny in Trümmer stoßen konnten, sagt sich wohl jeder Einsichtige. Aber auch wenn es noch 20 000 waren (der Mythologie entkleidet, darf man höchstens an sehr viele Versprengte denken, die sich später einfanden), bleibt dieser neue »Rückzug der 10 000« ohne Gleichen in der Kriegsgeschichte. Hätten Briten oder Franzosen so etwas vollbracht, so würde man ihr Prahlen bis ans Ende aller Tage nicht loswerden. Daß die Deutschen, wie schon der alte Schwede Banér aussagte, die besten Soldaten der Welt sind, braucht man nicht erst zu versichern. Doch daß eine Nation, die sich solcher beispiellosen Taten erfreut, einfach darauf verzichten soll, ist ein naives Verlangen. Als ob solche kriegerische Anlage nicht zu den unveräußerlichen Besitztümern eines Volkes gehörte! Les armées victorieuses de la France (!) würden wohl schwerlich verzichten! Ja, Bauer, das ist ganz was anders!
Div. Esch hatte sich zu weit am 24. ausgedehnt, nur ihre Artillerie hielt den Feind auf. K. Posen kam nicht vom Fleck, nur die Breslauer Brig. Schmiedeke grub sich schon südöstlich Zdunka ein. Scheidemann und Plehwe gingen wiederholt zum Angriff über, vermochten aber unter schwersten Verlusten so wenig, wie seinerseits Mackensen. Nur von Morgen oder Linsingen konnte noch eine Entscheidung fallen. Der Großfürst sandte jetzt vier volle Korps bei Lowicz vor, Morgen widerstand heldenhaft von Glowno bis Osmolin und ließ durch das am 7. Dez. eintreffende 43. Ostpr. den Feind bei Osmolin zurückwerfen. Am 28. Nov. kamen Bataillone des 3. R. K. (beileibe nicht das ganze K., wie einer dem andern nachschreibt) aus Flandern, 48. R. unterstützte 3., 18. R. und Ers. Rgt. Keller bei Bialawy, der Kampf war blutig, aber erfolgreich, südlich Lovicz hielten sich die Russen bei Sanniki, kamen aber nicht mehr über den Bsuraabschnitt, nördlich standen sie bei Ihlow.
Im Westen verflochten sich jetzt die Angelegenheiten von Woyrsch-Böhm mit denen Mackensens, Nikolai wollte zwischen beiden durchbrechen. Diese richtig gedachte Maßregel kam nicht zur Ausführung, denn ein Donnerstreich Hindenburgs antwortete, indem er Linsingen gegen jene Lücke bei Lask lenkte, wo Nikolai auch schon Teile der 4. A. wegnahm. Doch Linsingens Verspätung war nicht wieder gutzumachen. Während Woyrsch und Gallwitz fern an der Widava vorgingen, befanden sich die Divisionen Posen und Breslau – auch 24. L. W. Ers. K. genannt – immer noch allein gegen große Übermacht und konnte die gestellte Aufgabe nicht vollziehen. Mackensens beliebter Frontalstoß packte den Stier bei den Hörnern, um sich wund zu stoßen, während er seine Flanken vernachlässigte. Jetzt mußte er auf Befehl sich möglichst nordwestlich herumziehen, damit die Rechte sich endlich an Pabianice herankämpfen könne. Im Nordosten focht nur noch Scholtz längs der Novosolna-Straße. Diese Rechtsziehung wäre unmöglich gewesen, wenn nicht der ausruhende Scheffer die Lücke nach Osten stopfte und Morgen schon auf 15 km Lowicz näherrückte, also von dorther Störung nicht zu erwarten war. Ohne Morgens Druck hätte auch ein Schlag Linsingens im Westen nicht gewirkt, doch es wurde für den Großfürsten zu bedenklich, in ganz schräger Linie zu fechten mit Rennenkampf weit nach Osten gedrückt und mit Plehwe westlich vorgeprallt. Auf Morgen kam jetzt weit mehr an als auf Mackensen, der ohne Erfolgmöglichkeit festklebte. Der Großfürst, den hier Hindenburg selbst vor sich hatte, faßte die Dinge nach allen Regeln der Kunst an und veranlaßte jetzt Offensive auf beiden Flügeln. Die deutsche Reiterei am Südwestflügel mußte vor der Uralkosakendivision und anderen Geschwadern zurückgehen und Morgen wurde auf Orlow–Osmolin zurückgedrängt. Dieser faßte sich aber, noch ehe die Württemb. Regimenter und 1. Ostpreußen bei ihm eintrafen, und warf den Feind erneut auf Orlow–Sobota nordwestlich Lowicz und über Glowno ostwärts. Durch fortgesetzte Drohung im Osten weit mehr als durch einen im Westen versetzten Schlag brach das kunstvoll aufgebaute Gerüst des Großfürsten zusammen.
Als der 1. Dez. anbrach, begann eine zweite Schlacht, denn endlich kam Linsingen mit 2. K., 48. R. D. und zwar so überraschend, daß er bis 5. unaufhaltsam über Dobron vordrang und dorthin marschierte Teile Plehwes überwältigte. 5. Kav. D. erfolgte bis südlich Pabianice. Nie um Auskunft verlegen, sorgte Nikolai für eine Aufnahmestellung, indem er Ewerts 3. Kaukasierkorps halbwegs zwischen Miazga und Pietrikow aufstellte. Das konnte ihm teuer zu stehen kommen, wenn die Österreicher solche neue Schwächung Ewerts benutzten. Am 30. erschienen endlich 14er bei Wincentow, 49er bei Markowice. Am 1. Dez. war Linsingen darüber hinaus, während Gerock mit dem »24. R. K.« südwestlich über die Widowka ging und die Generale Menges und Frommel zu neuem Vorgehen fortriß. Der Begriff R. K. ist aber wieder mal täuschend, denn nicht nur brachte Gerock bloß 48. R. D. (47. in Galizien), sondern nur eine hessische Brigade war vorerst zur Stelle. Davon zuerst nur 222. R. im Feuer. Mittlerweile stand aber Plehwe jetzt westlich in einer Linie mit Scheidemann, der seinerseits bei Brzeziny sich mit Rennenkampf verknüpfte, eine sehr lange schräge Front von Lowicz bis Widawa, fortgesetzt bis Radomsk. Aus versuchter Einkreisungs- kam also beiderseits nur eine Frontalschlacht heraus und es sah beinahe so aus, als ränge Nikolai noch um den Sieg. Allerdings verfügte er über mindestens 450 Batl. gegen höchstens 185, aber 220 davon (2. A. und zwei K. der 1.) litten schon aufs äußerste und höchstens 40 Batl. waren noch unberührt, größtenteils (3. Kauk. K.) noch fern, so daß 30 frische Batl. Linsingens wohl im Westen den Ausschlag geben konnten. Hier brach dann auch gegen die links verlängerte Linie (1. Sib., 23., 19. und das jetzt über Rzgow entwickelte 5. K.) das Verhängnis herein. Hier waren jetzt, da Div. Esch endlich endgültig den Ner überschritt, rund 70 gegen rund 120 meist schon geschlagene russische Batl. im Feuer, ein Verhältnis, das für deutsche Truppen immer noch günstig ist. Den Thüringern glückte nach Vollüberschreiten des Flusses voller Einbruch ins 1. S. K. bis zu jener Kirchhofshöhe, wo schon früher die Fahne des Weimarer Rgts. wehte. Auch diesmal erstürmten angeblich diese Tapfern das gewaltige Bollwerk, wobei die riesigen Asiaten im Handgemenge den behenden Thüringern erlagen. Doch irrt hier nicht die amtliche Darstellung? 167. verzeichnet ausdrücklich »Charbice«, während 94. hier tatsächlich nur »19. Nov.« angibt. Wir betonten daher, daß 167. zur Div. Esch gesendet sei, zumal sein großer Verlust gänzlich von den drei anderen Regimentern der 22. D. absticht. Es dürfte daher 167. gewesen sein, das im Westen »bis 15. Dez.« vornean focht. 55. Art. krönte die eroberte Höhe und feuerte vom Nerufer in Flanke und Rücken rasender Gegenstöße. 900 Leichen pelzmütziger Asiaten lagen am Abhang verstreut. Während man sich vor Lodz ruhig verhielt, war im ganzen Westen der 2. Dez. Großkampftag. Während die Posener, verstärkt durch drei frische L. St. Bataillone, wacker bis Zykowice vorstießen, blieben die Bromberger bei Dobron kleben gegen 23. K. (dabei Zarengarde). Dagegen nahm die Stettiner Div. Trossel die Höhen südlich Dobron dem 19. K. ab, ohne aber gegen den östlichen Wald Raum zu gewinnen. Man ließ dabei das geräumte Pabianice links liegen, während Menges, Gerock und Reiterei Frommel das 5. K. auf Wadlow umgingen. Am 3. kam es zu ernster Verwicklung. Thüringer und Posener blieben am gewonnenen Gelände hängen, bei den Brombergern scheint die 8. Brig. noch nicht ganz da (149.) und neuer Angriff nicht spruchreif gewesen, Trossels 6. Brig. blutete erfolglos längs der Chaussee nördlich Dobron. Bei III/42. fielen Kommandeur und Fahnenträger, gegen 34er Füsiliere spielten emsig Masch. G. aus Panzerautos. Dagegen hatten 5. Brig. (besonders das einstige Rgt. »Kolberg« Nr. 9.) und die Breslauer Brig. Schmiedeke Erfolg gegen die verschanzte Waldung vor Pawlovice. Im Flußtal der Grabia kam es zu ernsten Auftritten bei Gerock, der bei Seitendruck gegen die von General du Trossel Verjagten, seinerseits bei Dutow umwickelt wurde, jedoch dem 5. K. die Überraschung heimzahlte. Unter auflösenden Verlusten floh die 7. r. D. nordöstlich auf Rzgow, so daß jetzt wirklich südwestlich Umfassung eintrat. Am 4. trieb Linsingen den abziehenden Feind bei Pavlikowice vor sich her, Frommels Reiterei versäumte leider rechtzeitigen Aufbruch über die Grabia. Immerhin war der Druck auf Plehwes Linke beklemmend, seine Rechte lieferte im Norden bei Florentinow ein hartnäckiges Nachhutgefecht, bei dem 71. allein 430 verlor und wohl auch 167. nicht weniger. Am 5. zog Plehwe seine Reserven von Rzgow nach Pabianice vor und schützte zugleich eine Angriffsbewegung der 2. A. aus Lodz, die sich besonders stark gegen Niesulkow und Glowno richtete, doch in Blut erstickte. Das war aber nur Scheinmanöver zur Erleichterung allgemeinen Rückzugs, was Gerock erst am 6. morgens bemerkte. Linsingen ging am 5. zwar längs der Chaussee, wo sie in den Wald mündet, auf Pabianice vor, gab aber den Angriff auf, auch Umfassung von Dutow her verschob man auf den Folgetag. So sagt die G. St. Schr., laut V. L. hatte aber Gerocks 221. R. Darmstadt bei Rogozyno unterhalb Rzgow ein sehr blutiges Gefecht (820) und die Umstände bedingen, daß das stimmt. Die Unzuverlässigkeit solcher amtlichen Angaben geht auch daraus hervor, daß die Darstellung bezüglich 2. K. ganz und gar nicht zu V. L. paßt. Darnach litt 3. D. sehr wenig, begreiflich, weil sie flankierte, und für 34er müßte man auf späte Dezemberlisten vorgreifen, um überhaupt Verluste zu finden. Dagegen kostete der Frontalangriff der 4. D. bei Zielona sehr viel, 14., 49. verloren allein 1457, dies war also ein so starker Kampf wie bei den Thüringern und doch liest man nichts davon.
Laut der Gräberliste, wonach 9554 Deutsche im weiteren Umkreis Lodz-Lovicz begraben, verlor 2. K. nur 352 Tote weniger als D. Breslau (399) und nicht viel mehr als D. Posen (302). Danach mußten die Breslauer, von denen die amtliche Darstellung so wenig sagt, am meisten gelitten haben. Doch täuscht das Totenverhältnis ungemein, und verwirrt hier überall. So soll 11. K. 1551, das 17. dagegen nur 1159 Tote verloren haben, obschon es 300 Mann mehr verlor als jenes. 1434 Tote des 20. K. entsprechen so ziemlich dem Gesamtverlust, 1222 T. des 1. R. K. noch besser, da offenbar Rgt. Keller und 48. Brandenb. mitgezählt. Was 653 t. Württemberger, 570 t. Ostpreußen betrifft, so bezieht sich dies zweifellos schon auf spätere Kämpfe mit, wodurch kein unziemlicher Prozentsatz für Gesamteinbuße entsteht, während es bis 3. Dez. viel zu hoch schien. Richthofen 104, also ein viel geringerer Prozentsatz als bei der Infanterie. 30 000 Russen liegen in dieser Gegend bestattet, was wohl einer Einbuße von 100 000 Toten und Verwundeten entspricht. Scheidemann selber und der Kommandierende seiner Sibirier, Welitschko, fielen, Generäle Fürst Orlow und Graf Koller schwerverwundet. Außerdem wurden später 78 000 Gef., 160 Gesch. abgeliefert, wovon ein großer Teil auf Morgens schwache Streitmacht entfällt.
Diesen ermutigte Anlangen des 1. Rgts., Thorner Brigade Westernhagen und drei Württemb. Regimenter hinter sich, er schickte sich an, eine zweite Schlacht zu schlagen. Linsingen dagegen hatte das Nachsehen, die Umgehung auf Lask kam viel zu spät. 2., 5. A. entrannen der Umgarnung ohne jedes Abschneiden von Einzelteilen und entwischten in geradezu musterhafter Ordnung. 2. A. behielt nur Scholtz gegenüber länger ihre Stellung bei, zog sonst ruhig über die Miazga ab. Als am 6. spätnachmittags General Plüskow in die große Stadt einzog und sein R. unter Anschluß der Westpreußen südlich an Lodz vorbei auf Wiskitno verfolgte, war nichts mehr zu erschnappen. Das gibt zu denken. Verlängerung nach Südwest um 5 D. blieb so erfolglos wie Herumwerfen von 3 im Südost. Diese 8 D. verloren in 4–6 Tagen wesentlich mehr als 6 Zentrumd. in 18, und fast doppelt so viel als Morgens 18 Regimenter, die zwar strategisch, aber nicht taktisch eine Umfassungsrolle spielten. Das wird die Einkreisungsschwärmer peinlich berühren, noch mehr der glatte Rückzug der eingekreist werden Sollenden! Das taktische Ergebnis war nur äußerlich erfreulich, denn während die innere Zentrumumfassung in der Masurenschlacht den Feind zu unordentlichen und strategisch schlechten Rückzug nötigte, ging er hier ganz gesund auf neue regelrechte Front hinter Rava und Pelica zurück. Die mehrfach umklammerte und auf engem Raum eingequetschte 2. A., besonders 1. K., schlug sich gut, 1., 5. A. weniger. Es ist die hartnäckigste und verwickelste Schlacht im Osten, die der Weltkrieg erlebte. Scheidemann versuchte das Äußerste, um Niederlage abzuwenden, er ist als braver Mann gefallen, wiederholt wollte er nach Nordwest auf Orsakow durchbrechen, die Thüringer waren zu behend für ihn. Nikolai erwies sich als großer »Schieber«, sein Herumschieben großer Massen westlich und östlich Lodz unter gleichzeitiger drohender Haltung gegen Woyrsch und Dankl war Kriegführung im größten Stil. Um so mehr Ehre, daß man ihn niederwarf, aber es war wesentlich ein Truppensieg. Mackensens possierlich kecke Scheffer-Sprünge und Linsingens Zaudereien stellten jeden Erfolg in Frage, und wäre nicht Morgen gewesen, dessen Truppen Übermenschliches leisteten, wer weiß, wie die Sachen geendet hätten! Welchen Dank er dafür erhielt? Gar keinen, bis Schluß des Weltkrieges sehen wir ihn in abhängiger Stellung, nirgendwo mit höheren Kommando betraut. Ja ja, der Bürokratius Militaris der Hierarchie hat allerlei Geheimnisse in seinen Schubladen.
Hatte es Ludendorff wirklich auf ein Sedan abgesehen? Wir möchten nicht glauben, daß er sich in Vorstellungen bewegte, die seinem sonstigen Verfahren zuwiderlaufen. Die Verhältnisse lagen hier nicht wie bei Sedan, wo Moltke mit doppelter Übermacht operierte, was allein – schon »Ulm« bewies es – eine Einschließung normal ermöglicht, wie denn auch Friedrich bei Prag die durch vorherige Schlacht zermürbten Österreicher nachher mit bedeutender Übermacht einschließen wollte. In beiden Fällen boten Maas und Moldau nebst überhöhenden Plateaus gewisse lokale Bedingungen, die von selber zur Umstellung reizten und dem Gegner an zwei Seiten eine natürliche Sperre vorlegten. Alles das fehlte bei Lodz durchaus, die Miazga lag noch fern vom Schlachtfeld und war überhaupt nicht mit Maas und Moldau zu vergleichen. Wenn aber die zwei einzigen Möglichkeiten einer Einkesselung hier nicht gegeben, nämlich entsprechende Übermacht und besonders günstiges Gelände, so kam noch sehr in Betracht, daß bei Sedan überhaupt keine Entsatzarmee und bei Prag noch in weiter Ferne (Kolin), hier aber gar zwei Entsatzheere von Lowicz und Petrikow her in unmittelbarer Nähe lagen. Sollte man da von einem Sedan geträumt haben, so müßte man bedauern, wie leicht solche falsch gelesenen und einseitig beurteilten Beispiele der Moltkeschule selbst geniale Köpfe verwirren. Jede Operation auf äußeren Linien ist nur denkbar bei beträchtlicher Übermacht (1866 in der Bewaffnung) und besondere Bedingungen, selbst dann fragwürdig gegen entschlossene Gegner, immer ein Glücksfall. Selbst Napoleon konnte bei Bautzen, wo er zum ersten und einzigen Mal gegen seine Grundsätze sündigte und damit von Moltke das Prädikat »Gipfel der Strategie« gewann, seine Absicht nicht durchsetzen, trotzdem er erhebliche Übermacht und unfähige Gegner vor sich hatte. Denn Ney benahm sich dort ungefähr so, wie Linsingen hier, obschon er wenigstens pflichtgemäß zur Stunde eintraf wie verabredet (vermöge seines Stabchefs, des Theoretikers Jomini). Der Großfürst aber war weder Benedek noch Mac Mahon noch Bazaine, ihn hätten weder der Kronprinz bei Königgrätz noch 5., 11. K. bei Sedan eingewickelt. So ließ er es bei Lodz einfach nicht zur Einkreisung kommen. Wir vermuten jedoch, daß Ludendorff nicht so ausschweifende Pläne hegte, sondern die Russen nur durch Bedrohung ihrer rückwärtigen Flanken zum Abzug zwingen wollte. Seitens Linsingen kam diese Bedrohung so spät, daß bis dahin unter anderen Verhältnissen Mackensen längst geschlagen wäre, seitens Scheffer aber nahm dieser das Wagnis auf seine eigene Kappe.
Übrigens nannte H. B. ursprünglich bescheidenere Trophäenziffern: 55 000 Gef., 136 Gesch., was auch wahrscheinlicher klingt, das Übrige kam auf weitere Kämpfe Morgens, der jetzt Lowicz immer näher bestürmte. Was bei Bialawy stand, drang bis Rogizino südlich der Stadt vor, über Marysk und Golensko wirkte der Druck aus Norden, am 2., 5. fochten 1. Ostpreußen bei Osiec, der energische General von Conta nahm den Ort, wo die Russen sich an die Bsura lehnten, erst am 1. längs der Landstraße Kiernozia–Rybno floß viel Blut bei Wzceliany, wo nunmehr die Württemberger ihre gewohnte Tatkraft schmecken ließen, vorerst nur 119., 121. Morgen rückte die Weichsel entlang über Ilow, wo der Russe noch nicht abbaute. Indem er Linke und Mitte der 1. A. sprengte, wo allenthalben die Russen flüchteten und die Kaukasier sich ergaben, traf er genau den Zentrumpunkt, wo Nikolais Nord- und Südfront zusammenschlossen, rollte durch diese Zentrumlücke auch die neue Aufstellung der 2. A. auf. Denn was in Nacht und Nebel mit strohumwundenen Kanonenrädern die volkreiche Industriestadt verließ, war nicht gewillt, mutlos die Partie aufzugeben. Die 5. A., hinter der die 2. sich erneut sammelte, blieb bei Bandkow und Karpin, das 1. K. immer noch mit Nachhut bei Novosolna; erst als Pommern und Thüringer den Südlauf der Miazga überschritten, ging es am 17. aus Brzeziny ab. Später lieferte man sich östlich des Flusses noch ein regelrechtes großes Treffen bei Lubochnie an der Tomassow-Chaussee. Nur weil der rüstig fortschreitende Morgen die ganze südlich gebogene Längenlinie, in die Nikolai die Umknäuelung der 1., 2., 5., 4. A. entwirrte, am Nordende strategisch unterhöhlt hatte, so daß 4. A. am Südende ihre Rechte bei Inowlodz nach Norden umbiegen mußte. So klar erkannte offenbar Hindenburg, was er an Morgen habe, daß er dem nominellen Oberbefehlshaber die Westpreußen abnahm und sie nach Saniki nordöstlich Lodz beförderte. Obwohl Morgen selber einer Sicherung seiner Linken an der Weichsel benötigte, fühlte er sich stark genug, am 11., 12. grade dort loszuschlagen, Mörser- und Haubitzgeschosse auf die Befestigungen vor sich her sendend. Am 13. hatten die Schwaben Schloß Zelusko und Windmühlhügel vom Wzeliany, der Russe wich stromabwärts über Ilow, verfolgt von 119., 125. Stuttgarter, die jetzt zu Hilfe zogen. Die Westpreußischen Teile siegten (129., 141., 176.) bei Saniki, alles übrige drängte aus Westen. Am 15. abends ritt Morgen in Lowicz ein, von den Truppen feierlich begrüßt mit dem Lutherchoral: Ein Augenblick echt deutscher Stimmung aus den Tiefen der Volksseele. Wie mögen die Slaven geglotzt haben, als diese mannhaften Scharen wie Cromwellsche Eisenseiten mit festem Marschtritt und tiefbrausendem Gesang das schauerliche Siegesfeld durchzogen! Eine gute Wehr und Waffen, bis ein neidisches Schicksal die Wehr zerbrach.
Russische Kräfte schienen zu aufgezehrt, um in neuen Winterschlachten sich im offenen Feld widersetzen zu können, als die lange deutsche Linie zwischen Weichsel und Pilicza heranrollte, die von Woyrsch abgehängte G. R. D. am äußersten rechten Flügel. Mackensen, in der Luftlinie Schulter an Schulter mit Woyrsch, berührte die Rawka wieder ohne Erfolg. Dagegen rang sich Morgen bald bis Skiernevice und sogar Sochatschef durch; 2. A. Smirnow trat ihm aber bei Bolinow–Borzymo ungebrochenen Mutes entgegen.
Zeppeline richteten in Warschau Schaden an; man hörte den Kanonendonner auf 25 km sich nähern. Diesmal schien es ernst, doch Ludendorff wußte sehr wohl, daß die Dinge noch nicht reif waren; er zielte nur bis zur Rawa, wo es am 16. Dez. zu heftiger Schlacht kam. Gleichzeitig stieß man bei Prasnitsch-Plock aus Norden herab, was aber die russ. 1. A. nicht duldete, woraus sich später lange furchtbare Kämpfe zwischen Narew und Weichsel entwickelten. Nichtsdestoweniger blieb ein wahrer taktischer Erfolg diesmal aus, nicht die russischen Schanzlinien, sondern das Anstauen ihrer Masse rettete sie vor jähem Zermalmen. Leeres Gerede der Fama über achtstündige Verspätung der Österreicher, die gar nicht in der Lage waren, irgendwie auf Bsura–Miazga einzuwirken, meinte nur, daß man die 4. russ. A. bei Petrikow nicht rechtzeitig zurückdrückte, so daß innere Umfassung der 2., 5. A. aus Südwest unmöglich. Die Fabel von möglicher Einkesselung bei Lodz bleibt unhaltbar, im strategischen Sinne wäre sie zu spät gekommen, im taktischen war sie fehlerhaft, wie sich herausstellte. Beim Andrang auf Warschau unterließ die Rechte wohlweislich diesmal Ausgreifen auf Iwangorod, obwohl man bei Tomassow Anschluß an die Österreicher gewann, die Mitte ging auf Grojec–Tarozyn, die Linke hatte aber noch schwere Kämpfe Anfang Januar bei Borzynowo 12 km von Sochatschef, 18 km östlich von Lowitsch, im allgemeinen war man festgefahren. So sahen die Dinge nach Neujahr zwar besser denn je für uns aus, denn unmittelbarer Druck auf Warschau war nicht mehr aufzuheben, jeder ernstliche Angriffskrieg gegen die deutschen Grenzen für immer vereitelt, aber den Österreichern war eben nicht zu helfen. Der Großfürst bedrohte immer noch das Herz der Monarchie durch neue Aufstellung am Dunajec und wollte den Drang nach Budapest über die Karpathen nicht aufgeben. Die großartige strategische Anlage des Ludendorffschen Planes hatte sich taktisch nur unvollkommen ausgewirkt, der Russe entrann bei Lodz so unzertrümmert, daß er sich alsbald wieder vor Warschau entgegenstemmte.
Auf dem südlichen Kriegstheater war bei r. 9., 3., 8. A. der Angriffsgeist noch nicht erstorben, auch 4., 5. A. führten heftige Stöße gegen die Österreicher, die man unbillig mißachtete. Am nördlichen Weichselufer drückte die Thorner Gruppe den Feind aufs Wkraufer, doch ist erlaubt zu zweifeln, ob sie dies ihren Waffen und nicht vielmehr der Besorgnis vor einem Uferwechsel Morgens verdankte, der jetzt auch 8., 24., 52. R. (nicht schon das ganze K. Beseler, wie man meint) als linke Flanke an der Weichsel vorschob. Obschon fast die ganze 1. A. ans Südufer ging, hatte die neue 10. A. Sievers so viel Kräfte, daß sie sich bis östlich Mlawa ausdehnen konnte. Nachdem weggewischte Divisionen aus Warschauer Reserve ersetzt, war eine Offensive des 8., 9. K. gegen Prasnycz im Gange. Deutscher Bericht schreibt sie irrtümlich der 10. A. zu, sie gehörten zur 1. und waren anfangs weit zurückgewichen, jetzt konnten Zastrow und Dickhut sie nicht aufhalten, während 10. A. bei Bialla–Lyck vorging. Daß 17., 20. K., 25. R. K. endlich die Rawka erstritten, gelang nur, weil Morgen mit dem 1. R. K. die Waldung nordwestlich Ruda durchdrang und mit Ost- und Westpreußen Bolimow umging, während 26. D. bei Kozlow siegte. Es hat keinen Zweck für uns, den Kampf bis Neujahr oder noch gar bis Hochsommer längs der Warschaufront zu zeichnen. Es waren eben Frontalraufereien, die nichts besonderes in sich trugen. 3. Ostpr., 122. W. taten jetzt mit, 121. litt am meisten im Dezember (1300). Es liegt nahe, daß manche Verschlingung die gewöhnliche Kriegsgliederung umstürzte, sodaß die ordentlichen Verbände lose in der Luft flatterten. Am rechten Flügel litt 48. R. D. am meisten, im ganzen traten 22 400 bis Neujahr dem Verlust hinzu.
Bei Prasnycz, wo Teile 141., 175. mitwirkten und später eine Pommersche Brigade erschien, verlor man 2000, im Norden 2200. Im ganzen wurden die Russen übel heimgeschickt, man begreift kaum, daß Zastrows schwache Rechte immer noch bei Lipno stand, bei Sierpe gab es Reitergefechte, auch bekam es Siewers schlecht, wenn er sich unter Belows Kanonen wagte. Im Februar, wo schon 6 Sächsische L. W. Rgt. an der Piliza standen, füllten neu nach 4 L. W. Rgt., 9 L. St. Batl., sowie 4 R. Rgt. aus Flandern (außer 5. R. D.), 13 Ers. Rgt., 3 Ers. Batl., dazu 4., 5. Jg., 3., 4., 10., 20. R. Jg. und 3 neue R. K. Im ganzen hatte Hindenburg mit Woyrsch etwa 655 Batl., 252 Batterien, 240 Schwadronen. Der russische Verlust war bisher ganz ungeheuer, laut Angabe des Roten Kreuzes 3 424 000, wovon 740 000 Tote. Für die russische Zähigkeit spricht nicht, daß man bis 1. März 769 500 Gef. in Händen gehabt haben will, was aber den Einzelangaben widerspricht, die eine viel geringere Summe ergaben. Wieviel von dieser Waffenwirkung auf die Österreicher entfällt, läßt sich nur vermuten. Wieder erwartete das naive Publikum den Fall von Warschau, doch die russischen Stellungen waren äußerst fest und über die neu ausgehobenen Massen schwang Nikolai gleichsam die Nagaika, um sie in den Tod zu peitschen. Die Schlacht bei Humin–Korabka–Ludwinko brachte Morgen und dem 1. R. K. neue Lorbeeren, während das am rechten Flügel bei Ruda–Budy vergossene Blut fruchtlos den Boden tränkte. An durchschlagenden Erfolg war noch lange nicht zu denken, der geschlagene Russe wählte eben eine neue Stellung. Nikolai wollte nördlich der Weichsel die krisenschwüle Luft reinigen, der Februarkampf bei Prasnycz-Lipno und rückwärts Mlawa war anfangs nachteilig für die dortige Gruppe, die sich nachher zu 11. A. Gallwitz verdichtete, doch die neue Masurenschlacht warf ihren Schatten hierher und das Finale bildete neue deutsche Besitznahme von Prasnicz. Im Januar bluteten dort 1750, ebensoviel im Norden, vor Warschau (wo jetzt auch 41. Ostpr. bei Bolinow heftig focht), litten diesmal die Westpreußischen 5er ungemein (1400), 49. R. D. 2450, sonst waren die Einzelverluste gering und summierten sich nur deshalb auf 28 100, weil Hindenburgs Masse ununterbrochen anschwoll. Bei Ludwinko reihte sich 25. R. D. mit 168. Hess. I. ein, während 3. Pomm. D. von Humin nach Ostpreußen abmarschierte. Großer Geschützkampf (1. R. Art. 155). Im Februar waren die Flußtäler der Rave und Peliza taktisch verbunden, doch immer nur die Linke machte räumliche Fortschritte.
Indessen hatte Ludendorff, dessen Künstlerblick das ganze Schachbrett übersah, schon andere Eisen im Feuer, sein Auge haftete heimlich auf der r. 10. A. Sie sollte durch eine neue 12. A. Plehwe unterstützt werden, die Nikolai sich als Neujahrsgeschenk anbot. Vorerst konnte aber 1. A. Litwinow (4., 6., 8., 9. K.) nichts gegen die bei Wysogrod und Razionz auf die Wkra vordringenden Truppen von Gallwitz ausrichten, die deutsche Linke war noch erfolgreicher; erst am 27. hatten die 1., 12. A. Prasnicz' Ruinen wieder, das am 24. abends von ostpreußischen R. K. mit blanker Waffe erstürmt war. »Generaladjudant Nikolai«, der sich alle anderen Titulaturen verbat, heckte jetzt wieder einen anderen Plan aus: über Mlawa nach Graudenz die 8. und die neue 10. A. Eichhorn von der Weichselniederung abzudrängen. Strategisch gut gedacht, doch Hindenburg machte einen dicken Strich durch die Rechnung. Daß die Russen angeblich »10 000 Gef.« Gallwitz abnahmen, ist um so spaßiger, als dieser selbst 10 000 Russen in Prasnicz erwischte und dessen Gesamtverlust nur 11 000 betrug. Diesmal standen dort Westpreußen 36. D. Pommern 42., 140. I. Garde R. D., 1. R. K., 4. Jg. Also starke Umgruppierung. 128. (1305), 3., 18., 59., 21. R. (4300, 18. allein 1600), R. Gardeschützenbataillon (670) brachten große Opfer. Daß 3. G. D. dort focht, ist falsch; sie befand sich teils im Abmarsch nach Galizien, teils im Norden. Für die abgekühlte Ermattungsstagnation in Polen, wo die Kriegführung buchstäblich versumpfte, spricht die winzige Einbuße der dort sehr verdünnten Front (5000, 1905 v. 49. R. D.). Im Norden aber spotteten die Deutschen jeder Winterunbill, als sie den Russenwolf auf verschneiten Wegen zu Tode hetzten.
Den Verlust der Winterschlacht in Masurien genau zu bestimmen, über den der deutsche Generalstab bezüglich gleichzeitiger Champagneschlacht eine allgemeine Behauptung zum Besten gab, macht deshalb Schwierigkeiten, weil die sich unmittelbar anschließenden Listen der ersten Märzwoche entweder mit dazu gehören oder aber der H. B. wieder mal die Wahrheit umgeht, daß nämlich die große Siegesschlacht nicht bei Monatsende abgeschlossen, sondern noch eine Woche weiter währte. Denn es steht fest, daß der Russe die mit Beutebergung im Augustowowald Beschäftigten wiederholt zu stören suchte und das planmäßige Ausweichen deutscher Deckungsvorhuten als »Sieg bei Grodno« feierte. Vielleicht sind diese Kämpfe ernster gewesen, als man deutscherseits Wort hat. Tatsächlich bereitete Rußki, jetzt Höchstkommandierender der Nordfront (Nikolais ganzer Zorn entlud sich über Rennenkampf, den er fortjagte) sogleich eine neue Märzoffensive vor, um Erleichterung zu schaffen. Stolz will man den Spanier, doch dieser Becher des unverwüstlichen Großfürsten schäumte wirklich über: war solches angebracht nach einem zweiten größeren Tannenberg? Mit Trauer aber denkt man angesichts solcher Spannkraft an unseren Bülow und Kluck.
Die im Vorjahr vernichteten 2., 3. K. waren ebenso neu errichtet wie später 23., 26. K. und der 10. A. überwiesen worden. 2. K. blieb zu seinem Glück in Grodno und machte von dort Ende Februar Entlastungsstöße. An Vernichtung der 10. A. war aber nichts mehr zu ändern.
Below hatte 20. K. erhalten, das nach Süden gegen Bialla deckte (1700 und 200 L. St.). Mit 5. Pomm. Brig., 2. D. Falk (laut V. L. vorerst nur 44., 45.) und R. K. Litzmann, 3. R. D. (wieder unter Morgen), viel L. W. und L. St. griff er über Lyck an. Auf dem Flügel entfällt nach den Febr. V. L. nur 3000 Verl., aufs Zentrum 5300 (5. L. W. 1000). Im Norden die neue 10. A. Eichhorn (R. K. Marwitz und Lauenstein, Ers. D. Königsberg, Gardebrig. Below, 21. K., 1. K. D.) 4150, überraschend wenig, doch eben allzu wenig, denn es finden sich dabei nur 17., 60., 97. des Saarbrücker Korps (1100), was sicher nicht stimmt. Beim Fehlen aller Ortsdaten, wie es plötzlich beliebt wurde, genügen die Zeitdaten allein nicht, wir müssen bedeutende Nachträge der Märzlisten offenhalten, mindestens bis 5., womit der Gesamtverlust auf rund 16 200 stiege. Angesichts amtlicher Versicherung geringen Verlustes möchten wir alles vermeiden, was auf Vermehrung hinzielt. Wenn angegeben, man habe weniger als in der Champagne verloren, d. h. weniger als »15 000«, so ist die Ziffer weder für das eine noch das andere verbindlich, weil man eben dort weit mehr als 15 000 einbüßte. Indessen litt auch mit Zuhilfenahme jener Märzlisten nur 17. (dann 1140) bedeutend, 97., 137. mäßig, alle übrigen Saarbrücker Regimenter sehr wenig und die drei R. K. (laut Februarlisten Marrwitz 560, Lauenstein 465, Litzmann 505) würden auch so nur 2000 verloren haben; Falk 2000 durch Zuwachs von 4., 33. (sonst 1450), Reiterei 600 (sonst 425, 124 von 12. Jg. z. Pf.). Zentrum (3. R. D., L. W., Ers., L. St.) 5600 Inf. (sonst 5100). Es verlor also bestimmt mehr als der rechte Flügel (3750) und wohl auch mehr als der linke (nach höchstem Maßstab 4900, sonst nur 2500, wahrscheinlich richtig 3900), denn das Seitengefecht gegen Kowno, von dem man nichts Besonderes hört, kostete nach Februarlisten 1100, mit Märzlisten 1900 von Ers. D. Königsberg und 5. G. und ist von der Hauptschlacht abzuziehen. Nur bei Falk, Litzmann, 34. R. sowie bei 21. K. scheint uns aber ein Zuwachs für Februar geboten, so daß wir annehmen 9000 Below, 5000 Eichhorn inkl. Kownogefecht (dabei anscheinend 343 Pion.) – Außerdem in Galizien 47. R. D. 200; 48. R. D. 458, 1., 3., 43. Ostpr. 2300, Lehrrgt. und G. Schützen 557 wahrscheinlich alle schon in Galizien bei der neuen Armee Linsingen, außerdem bei 3. I. (1160) noch 560 Es müßte seit August ganz vernichtet sein, bekam also völlig neuen Ersatz, außerdem machen Tote und Schwerverwundete nur ? der Verluste aus. Leichtverwundete kehrten fast alle geheilt zur Truppe zurück. Immerhin läßt sich schließen, daß überall erheblicher Ersatz zur Truppe stieß. , die teilweise als Nachtrag auf Januar und teilweise Dezember zurückgehen, die wir aber mangels genauer Auskunft dem Februar beirechnen, so daß Linsingen rund 3900 verlor. Monatsverlust also 36 000, wovon fast 27 000 nördlich der Weichsel.
Obige Statistik ist wichtiger als unvollkommene Klärung der Winterschlacht durch die amtliche G. St. Schr. So viel steht fest, daß die Rechte nicht rechtzeitig vorwärts kam und nur Starrsinn der Sibirier bei Lyck zuguterletzt doch noch Umfassung ermöglichte, ferner daß nur Belows brave L. W. nebst 3. R. D. im Zentrum den Ausschlag gab, indem sie zunächst den Feind festhielt und ihn dann in die Wälder zurückwarf, und daß ohne diese Leistung die große Umgehung Eichhorns nie gelungen wäre. Übrigens übertreibt die G. St. Schr., daß Hindenburg mit 200 000 die gleich starke 10. A. vernichtete. Er verfügte dazu über 190 Batl., aber man wird schwerlich glauben, daß die Einbuße der aktiven 48 Batl., sowie der L. W. und 3. R. D. genügend ersetzt war, so daß nur andere 94 R. und Ers. Bataillone als vollzählig gelten können. Inkl. Kav. (laut V. L. fochten 40 Schwadronen) und Art. dürften 180 000 Deutsche gegen 260 000 Russen (240 Batl.) in Frage kommen. Die Schlacht ist wesentlich von junger Reserve und L. W. gewonnen worden, welche verteufelte Miliz natürlich immer hübsch dem Ruhm der Kasernisten weichen muß. Übrigens war bei den neuen 38., 39., 40. R. K. die Zusammensetzung so verschieden, wie bei den früher gebildeten, wo bei 47. R. D. unter lauter Westfalen 217. Halberstadt, bei 48. R. D. unter Hessen 224. Weimar, beim 25. schlesischen R. K. sich 228. Ostpreußen, 231. Altenburg, 232. Dessau befanden, hier neu 249., 250. Baden, 251.–53. Halle, 254. Hessen, 259., 60. Hannover, 266. Schleswig, 268., 271. Posen, 270. Brandenburg, 272. Schlesien. Diese jungen Truppen halfen redlich den Russenverlust vermehren, der laut Petersburger offiziellen Listen schon bis 1. Febr. 42 000 t. und verw. Offiziere umfaßte. Wohin sie ihre dreckigen Sohlen setzten, erholte sich die Mongolenhorde durch Untaten gegen wehrlose Einwohner, schadenfroh bekichert von pseudo-zivilisierten Franzosen. Wie eine Absage ans »christliche« Europa sitzt die Ohrfeige, daß die Turkmannen durch ernsten Anstand auffielen: der Islam verbiete ihnen Grausamkeit gegen Unschuldige! Gegen einen russischen Offizier – denn die Gemeinen waren oft gutmütig – ist ein reißender Wolf ein Gentleman. Das namenlose Elend, daß über den Zarenwahn des heiligen Rußland hereinbrach, konnte die rechtgläubigen Analphabeten belehren, mit welcher Gnade Gott auf ihre besoffenen Popen herabschaue. Auch der deutsch-blütige Rennenkampf befleckte seine Ehre durch wahren Mongolenstil, man weint dem barschen Hochmütigen keine Träne nach, weil er unbegründeter Anklage zum Opfer fiel.
Den Beginn dieser Operation kann man als Überfall großen Stils bezeichnen, nicht taktisch (Hochkirch, Großgörschen, Vionville, Beaumont), sondern strategisch, wie es Bennigsen im Juni 1807, Napoleon im August 1812, Schwarzenberg im August 1813 versuchten. Lauter Mißerfolge zur Sommerzeit, Ludendorff aber wagte es im strengsten Winter mit milizartigen Truppen.
Obschon die neuen R. K. nicht mit den anderen bei Lodz und Ypern im Blutopfer wetteiferten, boten sie doch Rekordleistungen in Märschen. 40. R. K. Litzmann durchpürschte am 8. den Johannesburger Forst, 40 km unter Schneetreiben und überfiel die Brückenköpfe an der Pissa, 38., 39. R. K. überrannten in unaufhörlichem Marschieren die russischen Winterquartiere bis Stallupönen. Als die Kosaken noch munter Belows Vorposten beschossen, hakte dessen L. W. sich schon ein und hielt die zwei sibirischen K. eisenfest. Baron Siewers war zu spät im Bilde, blieb zwei Tage zu lange vor der Angerapp. Was bei Lyck übermannt wurde, marschierte erst ab, als sich schon Litzmanns Absicht deutlich abzeichnete, die Augustowo-Straße zu sperren. Vom 7.–11. lenkte man des Feindes Aufmerksamkeit nach Südwest ab; wobei 11. L. W. D. Goltz und Besatzung Lötzen demonstrierten und 1. L. W., 3. R. D., die vielbewährten, plötzlich bei Angerburg–Darkehmen stürmten. 10. L. W. D. warf den Feind südlich Gumbinnen auf dem alten Schlachtfeld. Am 9. wurde klar, was Eichhorn wollte. Bei heftigem Schneesturm gab sich der Feind warmer Ruhe hin, die Deutschen könnten doch nicht kommen, doch sie kamen. Bei Wirballen und Wladislawo wurden 73., 56. russische Div. und Kav. K. Leontiew weggeweht, nur von 27. D. retteten sich Teile. 259. R. voraus, 260. nachstoßend, schritt Lauenstein über den Feind dahin, Marrwitz 75. R. D. berührte an Bahn Gumbinnen–Kowno schon die 10. L. W. D., die Innenflügel beider Armeen kamen also wieder zu innerer Umfassung. Lauenstein trieb den Feind südöstlich ab und Zug um Zug aus den Lagerfestungen Pillkalen–Eydtkuhnen–Wirballen heraus. 78. R. D. hatte in der Nacht zum 11. schon 62 km Eilmarsch bei schlimmster Witterung hinter sich, als sie den Feind nochmals überrumpelte, zwei Bataillone säuberten den Kirchhof von Wirballen. 17 Gesch., 12 000 Gef., alle Feldküchen, Lazarettzüge, Bagagen waren schon unser. Marrwitz, 252. R. voraus, ging unaufhaltsam über den Feind weg, während weit südöstlich 65. Brig. nach zwanzigstündigem Marsch bei Schirwindt einbrach. Hier ließ sich die äußerste linke Flügeldiv., 31., staffelförmig gefolgt von 42., nicht durch Flankenstoß aus Grodno beunruhigen. Denn Eichhorn hatte als Seitenstaffel die Königsberger Ers. D. und Tilsiter L. St. bereitgestellt, gefolgt von 5. G., gedeckt von der Reiterei, die hier mit wahrer Vorliebe das Fußgefecht übte. Diese aufgebaute Hakenflanke gegen den nördlichen Njemen sperrte zugleich den Ausweg nach Nordosten. Wir legen darauf Gewicht, erstens weil im vollen Gegensatz zu Mackensens unüberlegter Handlungsweise bei Lodz bezüglich Scheffer hier von vornherein Fürsorge gegen Überraschung in Flanke und Rücken waltete, zweitens weil hierdurch wieder innere statt äußere Umfassung zur Geltung kommt. Die Saarbrücker brachen zwischen Kowno und Suwalki in der Mitte durch, die Gruppe gegen Kowno (18 Batl., 24 Schwadr.) bildete den wahren linken Flügel, dies war also kein äußerer Flankenmarsch, der meist zu spät kommt. Schon am 12. wurde Marjampol besetzt.
Während der Feind hier nach Süden ausbog, wütete im Nordwesten noch grimmer Kampf am Lycker See und Wassellen, wo Falks Brig. Butlar aus Süden und die L. W. aus Westen vordrang, auch Darmstädter L. W. lag bei Grabnik in Stellung. Dort und bei Kruglanken und Goldap wollte Siewers Nachhuten opfern, sie gingen unter, zahlreiche Gepäckzüge blieben liegen. Abzug von Margrabowo nach Filippowo wurde so schwierig, daß wohl oder übel zu dessen Sicherung die Sibirier bei Lyck sich stemmen mußten. Das taten sie brav, selten fochten Russen zäher. Doch brachte ihnen 10. L. W. D. bei Rominten eine große Niederlage bei, 5. L. W. im Vordertreffen, und trieb sie unerbittlich nach Osten, unermüdlich kämpfte sich 1. L. W. D., 61. L. W. vorauf, bis südlich Lyck durch. Seltsamerweise traf sie hier der Befehl, ihre Hälfte auszuscheiden und nach der Südgrenze zu Scholtz zu verladen, wo verstärkter Grenzschutz nötig schien: eine mitten im Kampf unverständliche und tadelnswerte Maßregel, da sie doch grade hier auf wichtigstem Posten stand. Da hätte man lieber Teile der 11. L. W. D. senden sollen, die nicht vorwärts kam. Sie bildete mit 2. I. D. das 1. K. Kosch das südwestlich bei Thalmussen in so ernstem Kampfe lag, daß Goltz die 5. pomm. Brig. um Hilfe anrief. Obschon 3. R. D. die abziehende Hauptmasse bis Goldap trieb, vermochte man weit rechts davon nicht die See-Enge bei Gablick zu durchschreiten. Belows L. W. kam nördlich der Stadt zum Stehen, doch hatte sie zuletzt mehr Erfolg als die Aktiven, denn der Feind zog am 13. vor ihr auf Neuendorf ab, während er südwestlich den Pommern Beitkoven entriß. Gleichwohl waren 1., 3. sib. K. schon sehr bedrängt, denn halbe 1. L. W. D. besetzte widerstandslos die Gegend Margrabowo, wo links 3. R. D. anschloß, L. W. Goltz stand 5 km nördlich Lyck, doch Falk kam nicht vorwärts, erst am 14. ging es zu Ende. Litzmann, dessen 79. R. D. über Drygallen–Prossken auf Grajewo südlich schwenkte, drehte nämlich 80. R. D. schon früh nach Richtung Johannesburg um und fiel jetzt bei Neuendorf in die Flanke, östlich vom Lycker See, ohne jedoch Rückenbedrohung durchsetzen zu können. Die Sibirier zogen fluchtartig ab, ohne den Flügelumfassungen nachzugeben, nur der Zentrumstoß der L. W. hatte sie erschüttert. Umsonst suchten auch 3. R., 10. L. W. D. sie einzukesseln, indem sie auf den Weg nach Suwalki gegen die Augustowo-Chaussee einschwenkten. Da auch 75. R. D. den Feind südlich des Wysziler Sees verjagte, ist ziemlich wunderbar, daß die Sibirier als gefechtsfähige Körper nach Augustowo entkamen. Neuer Beweis, daß Einkesselung nur unter besonders günstigen lokalen Bedingungen glückte. Die Mythe, als ob Mecklenburger und Hanseatische L. W. das Beste taten, wird durch deren sehr mäßigen Verlust widerlegt, ebenso bei 33. Füs., besonders erwähnt, weil sie den Kaiser begrüßten, als er ins befreite Lyck einritt. Sie rückten eben einfach hinter den vorauseilenden Truppen dort ein, als Reserve zurückbehalten (in Februarlisten, die bestimmt bis 20. maßgebend, Verlust Null). Falk schloß sich nicht mal Litzmann südwärts an, der Feind zog ihn sich nach westlich Augustowo. Übrigens ließen die Sibirier nur 5000 Gef., ein Geschütz zurück! Nicht zertrümmert ward hier das 3. sib. K., höchstens das 1., das bei späterer Neuschöpfung der 10. A. nicht mehr erwähnte. Oder war es überhaupt nicht hier? Mittlerweile vereinten sich Lauenstein und Fritz Below (Kommandierender der Saarbrücker) bei Kalvarja, 10. L. W. D. machte sich schon über Filippowo nach Suwalki auf, das Kesseltreiben auf Augustowo konnte nun losgehen, doch Litzmann hing ab. 79. R. D. hatte unterwegs eine von Lomscha kommende Entlastungskolonne bei Kolo am 9. aus den Weg geschleudert und schickte die ihr beigegebene 3. Kav. Brig. gegen die Rückzugsstraße südlich Augustowo vor, begegnete aber bei Rajgrod einem Rückenstoß von Ossoviec her. Sie rechnete zwar tüchtig mit diesem Gegner ab und jagte den matten Vorstoß bis Grajewo heim, doch verursachte dies großen Aufenthalt. Die aus unaufgeklärten Gründen ausgebliebene 4. Kav. D. – Mackensen aus Flandern nachgesendet, jetzt herversetzt – kam endlich herbei und zur Verwendung, auch 80. R. D. marschierte nach Grajewo. Das vereinigte K. Litzmann kam aber nicht entsprechend vorwärts. Wahrscheinlich warf der Feind immer neue Njemen-Seitenhuten entgegen und stellte seine Belästigungen nicht ein. Auch ohne Festungs- und Flußlinie entsprach dies der Natur einer rückwärtigen Reservestaffel, wie ja Eichhorn im Norden vorhersah. Litzmann war unstreitig ein energischer Herr, nur sein geringer Verlust verwischt den Eindruck, daß er gewiß nicht ohne Nötigung zauderte. Ob nun seine ungeübten Truppen mit hochüberlegener Taktik fochten oder die matten russischen Vorstöße nicht zahlenmäßig genügende Kraft hatten, so daß wenigstens 80. D. ihre Aufgabe erfüllen konnte, jedenfalls hing die ganze Unternehmung hier an einem Faden. Hier erkennt man, wie gefährlich jedes exzentrische Ausholen gegen einen leidlich gewandten Gegner. Dies war Siewers gewiß nicht und doch drohte die Operation zu scheitern, wenn nicht Eichhorns waghalsige Linke durch abnorme Leistung alles wieder gutgemacht hätte. Bei deutschen Soldaten mag man gelegentlich abnorme Leistung voraussetzen, doch kein Vernünftiger wird theoretisch darauf bauen. Konzentrischer Abmarsch glückt nie, wenn der Gegner freien Kopf oder wenigstens Entschlossenheit behält.
10. L. W. D. erreichte am 14. abends noch nicht die Augustowo-Straße, 1., 11. noch 8 km davon entfernt. Nur 3. R. D. ereilte über Bakalarzewo eine Nachhut, sie ward geschlagen, doch nicht vernichtet. Die Truppen befanden sich zwar in gehobener Stimmung, der Gesang »Deutschland über alles« empfing würdig den kaiserlichen Schlachtenbummler in dem aus Seen als Wasserburg aufragenden Lyck. Ostpreußen war endgültig reingefegt. Die Marschleistung der deutschen Linken übersteigt jede Vorstellung. In der Nacht zum 10. erfroren vielen die Füße (?) durch unerträgliche Kälte unter schneidendem Ostwind und dicken Schneemassen, nur wenige Geschütze auf Schlittenkufen konnten sich durcharbeiten, doch preußische Infanterie ist sich selbst genug, 25 Stunden wurde kämpfend durchmarschiert. Wird man noch das Militaristensprüchlein gegen Volksmiliz nachbeten? Diese ungedienten Reservisten 2. Ers. Klasse taten es der 31. D. völlig gleich, die am 16. abends schon nahe zu Grodno stand, im Rücken die nur von Kavallerie beobachtete kleine Festung Olita, in ihrer rechten Flanke riesige Feindmassen im Urwald nördlich Augustowo. Obschon ein am 11. besonders heftig einsetzender fünftägiger Schneesturm weiße Berge über verwehte vereiste Wege wälzte, kam selbst die schwere Art. gut vorwärts und brachte 20- cm-Granaten bei Verfolgung der Sibirier an. Diese Kerntruppen, als Scharfschützen ausgebildet, schossen auf 1200 m Entfernung, und wenn das 1. sib. K. (früher 5. A.) nicht hier war, was Berichte vermuten lassen, dann ist doppelt unbefriedigend, daß ein 3. S. K. zweifellose Übermacht so lange aufhielt, weil eben die Einkreisung nicht klappte. Bisher schlug man also 5 oder 7 Div. teilweise vernichtend, erbeutete etwa 20 000 Gef., 18 Gesch., ein hübscher, taktischer, räumlicher, moralischer Erfolg, doch nichts mehr. »Gott wird weiterhelfen«, er tut es manchmal, wo Menschenwitz versagt. Seine Mühlen mahlen manchmal nicht langsam, die Barbarengreuel in Lyck wurden bald genug bestraft.
Während Below d. Ält. seine Scharen energisch weiter nach Augustowo führte, erraffte Fritz Below am 15. das angehäufte Heergerät bei Soporkinie, eilte dann südöstlich weiter, im Osten schloß Lauenstein den Ring bei Sejny. Dort hatte 42. D. schon die südliche See-Enge am Nordostrand der Waldung besetzt. Der Feind ahnte so wenig vom Bogenmarsch der Saarbrücker, daß er nur Lauenstein vor sich zu haben glaubte, dessen 78. D. schon Krasnopol erreichte. 77. und 78. hatten schon am 15. die Höhen nördlich Suwalki erstürmt. Schon stak die ganze 10. A. Siewers im ungeheuren Waldkessel des Dreiecks Augustowo–Suwalki–Sejny, die deutsche 10. A. schloß ihre Innenflügel, nachdem ihre Reiterei schon am 13. die russische umritt und zwei Batterien erwischte. Aber Litzmann war noch am 18. bei Kolniki weit im Süden zurück, während Fritz Below seinen Rundgang um die Ost- und Südseite der Waldung durchführte. Ohne sich um Grodno- und Olitagefahr zu kümmern, schritt seine Vorderbrig. über den Bobr zur Sperrung der Chaussee Grodno–Augustowo. Ihre Vorposten sowohl gegen Njemen als gegen Ostsaum der Waldung waren 30 km Tiefe voneinander fern bei 12 km Länge, was jedem Normalmaß für eine Division hohnspricht. Nur deutsche Truppen vermögen sich einer Ungewöhnlichkeit anzupassen, die eine Verbindung äußerster Verwegenheit mit kühl überlegender Besonnenheit verlangt.
Trotz Übermüdung strebte A. Below weiter, zumal Marrwitz schon südwestlich Suwalki stand. Dieser schlug am 16. die russische Rechte und trat zur deutschen Mitte über, die nur noch aus 5 Brigaden bestand. Denn Hindenburg verfügte, daß Hälfte 3. R., 10. L. W. D. zur äußersten Rechten verpflanzt werden sollten, ein zeitraubendes Manöver. Sie sollten der bereits südwärts vorausgegangenen 5. Brig., 11. L. W. D. folgen, um Eingriffe in Litzmanns Umgehungsbewegung aus Lomscha und Ossovicz entgegenzutreten. So mußten hier sogar 5 Brig. (bei Eichhorn nur 3) verausgabt werden als Außenring, während für Innenring im Südwest nur 4 Inf., 3 Kav. Brig. übrig blieben. Schon zuvor marschierte 80. R. D. um 79. herum und befreite sie bei Rajbrot, bedrohte die Njemen-Seitenhut im Rücken und warf sie mit starker Einbuße über den Fluß. Ohne den Njemen weiter zu beachten, wandte sich jetzt Litzmann Augustowo zu, es war aber eine starke Belastungsprobe für ihn und 31. D., im Süden allein abzuriegeln, falls die große feindliche Masse aus den Wäldern heraus auf sie losstürzte. Im Norden schnitt wieder 10. L. W. D. am besten ab, sie überfiel am 17. früh die Kasernen von Augustowo (5000 Gef., 12 Gesch.). Der Feind floh hier fassungslos zwischen Seen und Bachläufen südöstlich, während er nach Westen sich gegen halbe 3. R. D., 1. L. W. D., in starken Schanzen hielt, 6 km von Augustowo.
Unter Preisgabe zahlreicher Gefangener wich der verzweifelte Feind, der zuerst nach Nordosten durchbrechen wollte, wo er den kürzeren Weg zum Njemen hatte, vor Marrwitz und Lauenstein nach Süden aus, traf aber dort einen neuen Gegner: 42. D. stürzte sich bei Sarskilas in die östliche Waldung, 65. Brig. bis 5 km nordöstlich Augustowo. Den Abzug großer Massen auf der Grodnochaussee wahrnehmend, warf sie sich kurz entschlossen ihnen in den Weg. I/17. als linke Flankendeckung, mit Todestreue die Fahne unter einen Leichenhaufen begrabend, wurde angeblich aufgerieben. (Diese Episode erzählt die G. St. Schr., sie ist aber nur möglich, wenn wir die Märzlisten zu Rate ziehen und auch dann scheint hier große Übertreibung obzuwalten). Die Russen überfielen bei Sarskilas den Verbandplatz und nahmen mit gewohntem Bruch des Völkerrechtes das Sanitätspersonal samt den Verwundeten gefangen, die sich nebst Bedeckungskomp. 27. P. heldenmütig wehrten. Sie stießen demnach 59. Brig. aus dem Wege, denn man mußte sie um jeden Preis nordöstlich abdrücken, um den letzten einzigen Ausschlupf nach Südost zu behalten. Jetzt erschien aber 78. R. D. im Rücken bei Tobolowo, 76. R. D. kam aus Nordwest, nach wildem Ringen wich der Feind am 17. nachts von Makarze, nur wenige Geschütze ausliefernd und nur 800 Gef., denn er schlug sich todesverachtend unter schwersten Verlusten. Jetzt bestand auch 31. D. schon starkem Anprall von Massen, die nach Grodno wollten. Indem sie den Feind abschlug, stand sie selbst nur 20 km vom Njemen im Bereich der Kanonen von Kowno–Grodno. Sie war in Gewaltmarsch unter Benutzung beigebrachten Fuhrwerkes vom brennenden Sopokinie, wo russische Reiterei ihre verfahrene Artillerie im Stich ließ, am lang hingestreckten Südrand des Urwaldes, 42. D. bald am Ostrand. In ihm trat unbeschreibliches Chaos ein, da A. Below aus West-Südost, Eichhorn aus Nordost eindrangen und Granaten aus jeder Himmelsgegend einschlugen. Das einstige im Garenneholz bei Sedan war nichts dagegen. Um sich zu retten, bildeten sich im Südwestteil der Wälder dichte Sturmscharen, die auf jeden anderen Durchbruch verzichteten, weil sie die Schwäche der allein in Süden sparenden 31. D. nicht überschauten. Sie drängten über Bochatry zur Straße Lyck–Grodno, wo sie jetzt Litzmann allein auffangen mußte. Erreichung dieses Rettungswegs war für beide Parteien das Hauptgebot der Stunde, Vernichtung oder vollkommener Sieg standen auf dem Spiele. Siewers eilte schon früh zum Njemen zurück, nicht um sich in Sicherheit zu bringen, wie man ihm vorwarf, sondern um die Lage besser zu überschauen. Er tat daran ganz recht und darf man ihm nur die Verspätung des Rückzugs verübeln. Doch ein bisher »siegreiches« Heer kommt es schwer an, ohne äußerste Nötigung alle seine eroberten Stellungen aufzugeben. Es ließ jetzt erneut Entsatzkolonnen des 2., 15. K. aus Grodno und Olita ab, eine große aus Lomscha von der Bobr-Armee wollte bei Kolo Litzmann in den Rücken fallen. Sie kam aber nicht nahe heran, von der neugebildeten Seitenhut aus dem Weg gewiesen, hauptsächlich von 9. I., 34. R. Die Saarbrücker befanden sich dagegen in ungemütlicher Verfassung, vollauf beschäftigt, die aus Westen hervorquellenden Massen in den Wald zurückzuscheuchen. Nach Osten erübrigten sie nur ein Bataillon als Seitendeckung. So wiederholte sich genau die Lage der Garde bei Lodz–Borowo, wie ja der ganze Vorgang an jene Novembertage erinnert. Damals mißglückte drei Divisionen das kecke Unterfangen, diesmal gelang einer einzigen Division die Durchführung einer theoretischen Unmöglichkeit. Wir stehen nicht an, die unverzagte Haltung der 31. D. zum Allergrößten im Weltkrieg zu rechnen, man sucht in der Kriegsgeschichte nach ähnlichem und findet nichts, denn die Lage der Div. Dupont bei Ulm 1805 unterschied sich im Wesentlichsten davon. Wie verschwindet alles, was selbst deutsche Truppen je vollbrachten und worüber einst viel Rühmens war, neben dem Überlegenheitsgefühl unserer Kämpfer im Weltkrieg! Und wir wiederholen: hätten Briten und Franzosen Gleiches vorzuweisen, welche Reklame würde sich auf Kind und Kindeskinder vererben!
Die westlich Augustowo eingeschlossenen Russen hatten dort weder Zeit noch Raum, sich aus dem Westteil der Wälder so zu entwickeln, daß ein Durchbruch nach Lipsk ihren Großteil retten konnte. Immerhin hätten ansehnliche Haufen sich davongemacht, wenn nicht die Straße rechtzeitig gesperrt, und Litzmann war noch nicht so weit, als der Hauptschwarm unmittelbar südwestlich abbog. Da stürzte sich die Saarbrücker Vorderbrigade selber südlich und stellte sich, die Bobrbrücke sprengend, quer über die Grodnostraße. Dabei marschierte sie an der eigenen Divisionsfront vorbei, so daß die Schwesterbrigade allein ihre Stelle einnahm. Obschon aber Siewers genug Truppen vom Njemen ausschickte, taten sie der umringten Division doch nichts, obschon für die rechte Hälfte die Gefahr im Rücken aufs höchste stieg. Eichhorns rührige Kavallerie kam hier zu Hilfe und arbeitete mit dem Karabiner. Vor der linken Hälfte zerstoben heulend in schreckhafter Überraschung die Flüchtlingsschwärme, die sich durchzukommen mühten, von kaltblütigem Feuer in Massen zu Boden gestreckt. Sie bogen auf innere Waldungen aus, ihr Geschütz unbedeckt stehenlassend. Am 19. wurde 31. durch die 42. Schwester-Div. erlöst, der Ring war nicht gelockert, sondern fester geschlossen, denn nun kam Litzmann endlich heran, Falk reihte sich an, Durchbruch wurde aussichtslos, als Marrwitz den Schnittpunkt der Straße Sejney–Augustowo im Rücken faßte. Blindes Durcheinander, 25. K. scheint an der See-Enge entflohen nebst sibirischen Teilen; alles übrige im Waldnetz gefangen. Was querfeldein ins Freie entwischen wollte, ließen unsere freistehenden Batterien herankommen und überschütteten die Verzweifelten mit Kartätschen, falls sie todesmutig das Bereich von Granaten und Schrapnells durcheilten. Der Hohlweg nach Sarskilas, wo viele Russen sich im Halbkreis eingruben, füllte sich mit Leichen, man zählte dann 7000 am Rittergut Wolkusch.
Doch neue Schwankung trat rückwärts ein; böse Entlastungsoffensive Litvinows vor Neidenburg war im Gange, zu ihrer Abwehr rief General d. Art. Scholtz zu seinen Allensteinern die ganze zu Litzmanns Deckung bestimmte Seitenhut herbei, so daß dieser wieder auf sich selbst angewiesen. In dieser Phase der Entscheidung rückte er endlich an den Bobr heran, 80. R. D. zersprengte bedeutende Massen, die sich übers Wasser retten wollten. Viele ertranken, die meisten gaben sich gefangen. Endlich erreichte auch Falk das Nordufer des Bobr bei Lipsk. Von der Mitte beeilte sich 75. D. vorwärts zu kommen, 251. R. stand südöstlich Augustow im Kampf, 77. R. D. stellte sich zwischen Waldwegen und Augustowo-Kanal auf und reichte bereits der 31. D. die Hand. Sie scheint um 78. R., 42. D. herumgerückt zu sein und kam deshalb vorwärts, weil letztere durch den Großkampf bei Makarze–Wolkusch zeitlich aufgehalten. 78. D. ruhte sich jetzt aus, 42. D. aber war noch nicht mit sich zufrieden und erstürmte im Waldinnern den Kanalübergang bei Plaska. Vom Kanal bis Lipsk waren also jetzt drei Div. vereint, 1. Kav. D. traf knapp rechtzeitig ein, um Rückendeckung der 31. D. zu übernehmen, 76. R. D. rückte an. Südwestlich stand nur 79. R. D. nebst Falk. So blieben am letzten Entscheidungspunkt nur 12 Brig. verfügbar, um dem umstellten waidmüden Hirsch den Genickfang zu geben, der aber den Jäger aufs Geweih nehmen kann, wenn er rechtzeitig losrennt. Am Rennen ließen es die Russen nicht fehlen, doch wars zumeist planlos wirres Davonrennen. Wo sie ernstlich Miene machten, sich in dichte Sturmknäuel zusammenzuballen, geschah es tapfer, aber nicht weise. Zweifellos konnte planmäßiges Handeln noch den Ring sprengen, wenn auch mit schwersten Opfern. Man durfte nicht erwarten, einer hier bei Lipsk mindestens noch doppelten Übermacht den Kehraus zu machen. Hätten die Russen sich anfangs nicht töricht versteift, nach Nordosten den Ausweg zu suchen, der nur im Südosten erreichbar war, so hätten sie nicht einen vollen Tag verloren und Lipsk erreicht, ehe die Brücke gesprengt. Dort abgedrängt ballten sie sich schon am 19. an der Süd ostecke der Wälder bei Lipinu–Wolkusch zusammen. Hätten sie sich unmittelbar nach Westen gewandt, so fanden sie dort nichts mehr als 79. R. D., über welche wegspazierend sie irgendwo Anschluß an Litvinow gewinnen konnten. Sehr gewagt, doch ein Teil hätte sich durchgeschlagen, immer noch den vorzuziehen, was jetzt hereinbrach. Tatsächlich umlagerten nur drei deutsche Divisionen den Wald, dem Heraustritt der Massen auflauernd, denn Falk im Süden bei Holjanka trug nichts zur Entscheidung bei, die sich auf engstem Raum abspielte. Noch unternahm am 20. der Feind verzweifelte Sturmläufe auf den pressenden Ring sowohl von innen als von außen, wo starke Kolonnen über den Bobr vorbrachen, aber nochmals bei Szabin, wo 80. D. schon vorher die Flüchtlingsmassen auffing, vor ihr kehrtmachten unter Einhauen der 4. K. D. Nichtsdestoweniger kam am 21. nochmals das 2. K. von Grodno–Olita her über den Strom, doch die rasch herangezogene 78. D. und 1. K. D. wehrten den Anprall ab, 31. D. veränderte kaum ihre Stellung.
Bis zum 18. hatte man 60 000 Gef., 98 Gesch. in Händen, seither häufte sich jeden Tag die Beute. Doch gelang es Litzmann und Falk nicht, als sie das von Saarbrücken besetzte Lipsk erreichten, das Südufer des Bobr zu erklettern, wo der Feind heftiges Feuer spie. Solche Rückenbelästigung fesselte aber vier Brigaden und zahlreiche Kavallerie, für die Schlußentscheidung außer Spiel. Der Russe dachte nicht mehr daran, nach Südwest entkommen zu wollen, sondern verdoppelte seine letzte Anstrengung nach Nordost, durch Kanonendonner unterrichtet, daß aus Kowno starke Ausfälle erfolgten. Sie wurden vom dortigen Flankenschutz der Königsberger und Tilsiter Wehrmänner abgeschmettert, Garde nur in Rückhalt. Das Gefecht war ernst, wie der Verlust beweist. Das 2. r. K. brachte so wenig, wie das 15. K. aus Grodno, den Eingeschlossenen Entsatz, die nochmals wütend gegen die 65. Brig. ausfielen, was deren tapferen General v. Estorff, das Leben kostete. Doch der letzte Widerstand erlosch, alles kehrte ins Waldinnere um, 31. D. bekam so freie Hand, sich gegen Grodno zu wenden, wo der Feind sich verspätet nochmals vorwagte, doch bei Golinka sehr den Kürzeren zog. Lauenstein leitete geschickt diese Gefechte, noch am 27. nordwestlich Grodno, dem Eichhorn den Oberbefehl des ganzen Außenrings übertrug. Der alte Generalstäbler erwies sich auch später in Kurland als geborener Frontoffizier. So erteilten aber am 22. den Todesstoß nur 42., 77. R. D. und Marrwitz, vor dem nunmehr noch die Reste von 4 Div. die Waffen streckten. 27., 28., 29. D., 51. R. D. mit dem Kommandierenden, Stabschef und Artillerieinspektor des 20. K., 27., 28. D. mit beiden Divisionären, dem Chef 53. R. D. und drei Brigadegeneralen, im ganzen 30 000 mit 11 Generälen. 73. D. und Sibirier schon vorher auseinandergesprengt, ebenso 56., 97. R. D. Vom 25. K. und 1. Kosakend. (ihr Hetmann gefangen) retteten sich freilich noch größere Teile. Gefallen 6 Brigadiers, 11 Obersten, verw. 11 Gen., 32 Obersten. Absuchen der Wälder vervollständigte die Beute, die auf 110 000 Gef., 300 Gesch. stieg. 31. D. erbeutete allein 88 sowie 50 volle Munitionswagen auf der Lipsk-Chaussee, sowie man im Forst 100 Gepäckwagen an einer einzigen Stelle auflas. Gesamtverlust mit 165 000 wohl zu niedrig geschätzt, nach 2320 toten und verwundeten Offizieren zu schließen, was nach niedrigstem Maßstab 1 = 30 schon 70 000 Mann ergibt. 3., 20. K. waren total vernichtet, überhaupt 9 D. weggewischt, nur 2 retteten sich in aufgelöstem Zustand, außerdem sind Verluste des 2., 15. K. und der Garnisonen von Kowno–Grodno–Lomscha beizuzählen. So wird der Gesamtverlust sich sicher 200 000 sehr genähert haben, weshalb Entente-Fabel auch schloß, wir müßten 100 000 verloren haben! Der G. St. antwortete: »noch nicht ein Sechstel dieser Summe«, was unsrer einen Annahme 16 500 entsprechen würde, doch der anderen Angabe »weniger als 15 000« widerspricht und wohl auf Ungenauigkeit beruht. Denn ein Teil, sei es auch ein kleiner, der 1. L. W. D. (Verl. etwa 1250), 10. (etwa 1600), 11. (nur 350 erkennbar), 3. R. D. (2., 9. R. 885, 34., 49. auch 760) muß doch für Scholtz abgerechnet werden, außerdem rechneten wir 1200 für 14 Ers. Batl. mit, von denen möglichenfalls ein Teil bei Mlawa oder Prasnitz focht. Rechnen wir dagegen 3650 Saarbrücker inkl. Märzlisten (1570 der 31. D.), so werden wir nach obigen Abzügen auch nur 6200 Eichhorn 7800 Below erhalten. Auch ist nicht mal sicher, ob der G. St. nicht Scholtz mitzählt, denn das Telegramm des Kaisers hob 147. hervor. Man wird also gestehen, daß nächst Tannenberg, wo allerdings die deutsche Minderzahl viel ausgesprochener war, noch nie ein so riesiger Erfolg mit so geringem Verlust erfochten wurde.
Daß unser Heer das erste der Welt sei, galt früher unseren Alldeutschen schon für ausgemacht ohne stichhaltige Gründe, da manches im deutsch-französischen Feldzug falsch oder einseitig ausgelegt wurde. Im Weltkrieg aber ward für alle Zeit festgelegt, daß deutsche Wehrmacht wirklich die erste und oberste auf Erden sei, nicht wegen mustergültiger Führung, sondern wegen unübertrefflicher Mannschaft. Nun könnte Ludendorff für sich anführen, daß er eben dies in Rechnung zog. Wie, für die L. W. und die Miliz der Reservekorps? Dann müßten die Militaristen ihre Kasernensprüchel ja selbst verleugnen, denn wenn 21. K. hier den Leistungsrekord schlug, so erzwangen die bewährten alten Truppen der 3., 4., 5. Brig. bei Lyk rein nichts und es wäre übel ergangen, wenn nicht L. W. und Eichhorns junge Reservetruppen so große Erfolge errangen. Kann man aktenmäßig belegen, daß Hindenburg ursprünglich etwas anderes beabsichtigte als Überrumpelung der russischen Winterquartiere und Wiedergewinn der Linie Lyk–Stallupönen und, wenn möglich, Augustow–Suwalki? Der Appetit kommt beim Essen, die Einkesselungsidee mag in schwachem Umriß vorgeschwebt haben, ergab sich aber erst allmählich durch Eichhorns erstaunliche Märsche. Hier gilt wohl wörtlich: »der Erfolg übertraf jede Erwartung.« Gelegentliche Äußerungen Napoleons, daß er nie einen bestimmten Plan habe, was Moltke für sich aufgriff, sind mißverstanden worden, es widerspricht ja auch Napoleons anderem Satz: »Mein Plan bleibt immer derselbe«. Selbstredend ziert es den Feldherrn, wenn er aus unberechenbaren Vorfällen und Umständen blitzschnell Nutzen zieht und seine Pläne entsprechend erweitert. Nun zeigte sich aber der große Urwald den Deutschen weder bei früherem Vorgehen noch beim November-Rückzug als Hindernis. Allerdings preßte man elf Div. mit allen Trainkolonnen dort zusammen, so bot dies das für Einkesselung Ausschlaggebende: lokale Behinderung des Rückzugs. Doch der andere Faktor entsprechender Übermacht fiel weg und konnte ihn bloße Qualität ersetzen? Nein, das völlige strategische Versagen des rechten Flügels bewies die Unmöglichkeit einer Einschließung bei normalem Verlauf. Das Festkleben vom 9.–14. vor Lyk machte einen dicken Strich durch Ludendorffs Rechnung, wie immer sie gelautet haben mag. Aber wenn die Rechte unter jeder Erwartung blieb, so schnellte die Linke ebenso unerwartet vor. Flugs griff Ludendorff zu, hier könnte man ihn »Hazardeur« nennen, er vertraute auf sein Soldatenglück und russische Unbehilflichkeit und langte nach dem höchsten Preis. Dafür soll man ihn warm loben. Hätte er nur in entscheidender Schlußphase des Weltkriegs den gleichen festen Willen gezeigt! Doch so ist der Krieg. Dort ungeahnter Fehlschlag, hier unberechenbares Glück. Wer je diese Winterschlacht nachahmen wollte, würde sich in die Nesseln und in die Tinte setzen, womit der gewöhnliche Schreiber immer nur den äußeren Mißerfolg begießt. Wir unsererseits kennen nicht Erfolg und Mißerfolg bei Beurteilung von Kriegshandlungen: Wir finden die »gescheiterte« Oktoberoffensive großartig genial, desgleichen die strategische Anlage der Lodzoperation, obschon ihr taktischer Erfolg doch wesentlich ausblieb. Aber für den gewaltigen Sieg der Winterschlacht schwärmen wir nicht, denn theoretisch war er unmöglich und gehört eigentlich mehr der kecken 31. D. als sonstigem Geschehen. Das ist eben Glück. Für künftige Kriegführung wird diese Abnormität viel Schaden stiften, indem die Herrn Einkesseler hier ein neues Sedan finden werden. Schlieffens Cannä-Phrase ist aber ein leeres Phantom, da derlei erstens einen Hannibal und Varro, zweitens besondere lokale und taktische Bedingungen erfordert, die heut nicht mehr vorliegen. –
In Schnee und Koth konnte niemand den Vorwärtsdrang befriedigen, doch stampfte man zwischen Kowno und Mlawa knietief durch Moräste, die blutig anliefen. Die Welt wunderte sich, daß die russischen befestigten Flußlinien noch nicht zum Falle reif seien, und schrieb es einer Schwächung Hindenburgs zu. Diese war jedoch gering, und aus V. L. wird ersichtlich, daß schon wieder 28 Ers., 8 L. St., 12 L. W. Batl., 20 R. Schwadronen, 16 aktive nach Osten abgingen. Es könnte Schmerzen machen, daß die Februarlisten nur von 3 Regimentern der 79. R. D. und von 3 der 77. und 2 der 78. etwas verzeichnen und zwar recht wenig, nur bei K. Marrwitz von 6 Rgt. In den Märzlisten findet man aber bis 3. oder 6. sogar 672 von 78. D., 1300 v. 79. D., 3680 v. 76. D. (1965 v. 255. R.), 3800 v. 75. D. (1100 v. 250. Badische bis 28.) Wir verrechneten einen kleinen Teil davon für Februar, es liegt auf der Hand, daß Marrwitz unmöglich in der Masurienschlacht so litt. Der Fall liegt anders. Wir sahen, daß Below Truppen zu Scholtz entsendete, Eichhorn tat später desgleichen; da Ludendorff rechtzeitig Gallwitz verstärkte, gegen den sich wilder Kampfzorn Ende Februar entlud. Deutsche Darstellung verweilt bei diesen Kämpfen, gibt aber zu, daß im März aufs heftigste am Orcyc gefochten wurde. Und zwar den ganzen Monat, so 59. R. bis 30. (1415). Ein Teil Märzlisten könnte sich hier auf Februar beziehen, doch da zunächst nur 2 r. K. mit viel Kav. zum Entsatz von Prasnyez erschienen, ist wenig glaubhaft, daß Gallwitz damals schon so schwer litt, noch weniger daß 76. R. D. den Rückzug deckte, der Weg von Augustow war zu weit, nur 255. R. als Vorhut käme in Betracht. Ihr Verlust entfällt ebenso sicher auf März, wie der von 38. Thür. D.; erst am 1. erhielt Gallwitz seine Verstärkungen. Auch scheint kaum möglich, daß 79. D. bei Grajewo so viel mehr verlor als 78. in der Hauptschlacht und ist hier maßgebend, daß 250. R. gleich bis 10., 15., 18., 28. März genau unterscheidet, ähnlich 251., 252. bis 10., 19., 30., also den Verlust ganz sicher auf März verschiebt. 75. D. war aber zu Scholtz verschoben, wo sie später durchweg focht. Ähnlich bei den Saarbrückern 166. bis 13., 174. bis 13., ebenso unterscheiden 137. bis 9., 11., 24., 29. (zusammen 1950), 70. bis 4., 9., 30. (1115), wobei der Verlust sich sogar bis Monatsende steigert. Wir taten also ein Übriges, wenn wir 2450 von 5550 März- zum Februarverlust rechneten, und es steht hier bombenfest, daß der Märzkampf äußerst heftig war, obschon der H. B. sich möglichst ausschweigt. Offenbar griff Rußki auf der ganzen Front Grodno–Kowno an, um Eichhorn beim Abräumen des Schlachtfeldes zu stören. Auch 5. G. verzeichnet diesmal 650. Wir bemühten uns, beiden Angaben des Hauptquartiers »noch nicht ein Sechstel«, »weniger als 15 000« gerecht zu werden, mehr als 15 000 kostete die Winterschlacht keinesfalls, um so betretener macht der große Verlust Eichhorns im März, der keinenfalls unter 15 500 betrug, dazu noch Litzmann und Falk 2000. Indessen sind 76. R. D. und vielleicht noch 75. davon abzuziehen, die zu Gallwitz und Scholtz abgingen. Eichhorn stand jetzt dem Njemen, Below dem Bobr, Gallwitz dem Narew gegenüber. Wir finden 24. R. bis 29. (825) zweifellos bei Below, 151. (1945) von 10.–27. bei Scholtz, obschon sonstige Allensteiner nur 3100 verloren. Auch die dortigen Kämpfe waren im ganzen erheblich (5850 L. W. usw., etwa 16 600), noch schwerer rang Gallwitz, wo auch neu 38. D. 3100 verlor, mindestens 29 000. Dazu 76. R. D. Außerdem 5000 in Galizien inkl. Beskidenkorps (25., 35. R. D. unterm dorthin versetzten Marrwitz, Linsingen 1., 4. D., 48. R. D., 3. G. D.), vor Warschau (2000 v. 49. R. D.), 11 000, Summa 79 000 (730 Kav., 410 Art., bemerkenswert noch 2100 der Ers. Rgt. Reinhardt und Rüdiger, 2150 des 54. I., was möglichenfalls weite Nachträge enthält, 810 vom 5. Ers. Batl.). Das ist sehr viel im Vergleich zu früher, obschon es sich freilich auf viel größere Massen verteilt, die Ersatzregimenter (aktivierter L. St.) verloren allein 17 250, außerdem 1., 3. Ers. Kavallerie 325.
Was geschah denn? Aus Resten stopfte der Großfürst mit unglaublicher Schnelligkeit das 3. r., 3. sib. K. wieder voll in Olita und Grodno und hieß sie dort vorgehen, 2., 13., 15. K. aus Kowno, Augustowo. Dies alles lief auf 50 km Front an, die üblichen Siegesberichte verstummten aber bald, nach schwerem Kampf bei Augustowo, vom 8.–11. wich die neu erstandene Übermacht auf die Festungen zurück. Man erwartete Angriff auf Grodno, der ausblieb, Hindenburg nahm seine Linie bis Sejni zurück, die aus Kowno nachdrängende neue 10. A. wurde dort Ende März gründlich abgetan. Zuletzt näherte sich Eichhorns Rechte wieder dem Bobr. Längs der Bahn nach Wirballen verlief die Sache tragisch, bei Krasnopol deckten 2000 r. Leichen die Walstatt. Die Schlacht bei Bierzniki seit 8. endete mit Zersprengung des 3., 2. r. K. durch die Saarbrücker. Below-Scholtz wehrten sich nach Kräften gegen Plehwe, der 14 I., 4 K. D. versammelte, um Gallwitz' Linke zu umfassen, während dessen Rechte noch an der Weichsel focht. Gegen Below suchten besonders 1., 2. Garde D. Litvinows aus Lomscha vorzukommen, umsonst, auch aus Ostrolenka am Narew glückte nichts. Grimmig aber stürmten die Barbaren bei Mlawa und Prasnycz vor, in 10 Tagen zählte man 34 Stürme, was nur ihren harten Blutverlust vermehrte. Seit 15. fielen sie zu Tausenden bei Jednorosch, Ciechanow, Wach nordöstlich und westlich Prasnycz. Doch ließ Gallwitz viel Erschöpfte und Verwundete in Kosakenhand, die Schlacht war lang und sehr blutig auch für uns. Ein Raubzug sogenannter Reichswehr nach Tilsit und Memel endete kläglich, tapferer Landsturm, Ers. Königsb. und Stettin unter General Pappritz zersprengten 18 000 Russen, sie flohen; von Litauer L. W.-Dragonern zusammengehauen. Östlich Plock, südwestlich Kolno, nordwestlich Ostrolenka ging es nicht besser. Eichhorn machte 11 000 Gef., Below 4350, Gallwitz 6950 und 1000 wehrhafte erfahrene Mordbrenner schleppten derbe Fäuste Tilsiter Landsturms in Gewahrsam. Danach beurteile man die Schwafeleien von russischen »Siegen«, Rußki berühmte sich »zwei deutsche Korps« besiegt und dem 21. K., »dem besten von allen«, 12–15 000 außer Gefecht gesetzt zu haben.
Leugnen läßt sich freilich nicht, daß Nikolai seine Muschiks, denen er deutsche Äcker versprach, zu einer neuen Anstrengung entflammte. Dies bedenkliche Vorschreiten gegen Gallwitz endete mit Zurückverlegung an den Orcycfluß, man mußte also von Mlava ablassen. Dort wurden mal 48 stürmende russische Kompagnien von 10 deutschen total vernichtet; bei Kopusnik kamen 164 deutsche auf 906 russische Tote. Väterchen Zar füllte die gehorsamen Sklavenreihen schon mit L. St. 2. Klasse ohne Gewehre, eine Schinderei, die selbst echtrussischen Leuten gegen den Strich ging. Hatte man im November 45 K. nebst 25 R. D., so war die Zahl auch jetzt nicht geringer, obschon so riesenhafter Verlust nicht ganz ersetzt werden konnte. Als nun Przmysl in Galizien nach rühmlicher Verteidigung fiel, war Nikolai nicht von der fixen Idee abzubringen, daß die Karpathenpässe der gerade Weg nach Ungarn seien, hier machte er die unerwünschte unangenehme Bekanntschaft eines bärbeißigen Herrn namens Linsingen und verzehrte in wahnwitzigen Alpinistenklettereien die frische Armee Brussilow. Er dachte wie Wallenstein vor Stralsund: »und wär's mit Ketten an den Himmel geschmiedet«, das Gebirge muß fallen. Wir hadern nicht mit solcher Ausgeburt eines großangelegten Strategenkopfs, der alle taktischen Rücksichten mißachtet und den Erfolg von Alpengipfeln holen will, wo er den strategischen Punkt entdeckt. Das waren diese Pässe und wer zweifelt, daß er seinen Willen durchgesetzt hätte, wenn nicht die Nibelungen ins Hunnenland gefahren und mit Nibelungentreue Schildwacht an Ungarns Toren geworden wären. »Für diese deutschen Hunde müssen wir uns opfern!« knurrte ein »magyarischer« Professor einem Berliner, jüdischen Zeitungsschreiber zu. »Nemet« heißt in Ungarischen »Deutscher« und »Hund«. Wie singt Byron? »O Menschen, ihr Hunde! Ich schmeichle Euch, Hunde sind weit besser als ihr!«
Wieder staunt man über Aprilverlust der Saarbrücker: 7350 (2000 v. 131., 760 bloß von II/138.). Ungeheuerlich, wenn man es mit H. B. vergleicht, wonach rein gar nichts am Njemen geschah. Irgendwo wird ein Tatbestand unterschlagen. 38. R. K. 1115, 39. R. K. 1770 usw. Monatsverlust 26 750, wovon 4750 in den Karpathen. Also große Ruhepause, bei Linsingen große Heldentaten wie die Erstürmung des Doppel-Zwinin. Vor Warschau »ungeheure Mengen erstickender Gase«. Sobald der russische Generalstab diesen Geruch verspürt, muß man sich die Nase zuhalten, da stinkt etwas faul im Staate Mongolien. Im Norden Einfall in Kurland nebst viel Reiterei, geniale Diversion Ludendorffs. 6., 78. R. D., 3., 6. Kav. D. genügten hier zunächst, dann bayr. K. D., deren 2. Brig. bei Kiely 14, 145 verlor. Die Reiterscharmützel waren ernst, noch ernster die Gewaltmärsche, am 29. legte General v. Crailsleim 80 km zurück. Bald folgten 1. noch 36., 80. R. D., letztere schlug die 73. r. an der Dubissa. Im Mai am Dunajec und San 2200 der Div. Besser, 1515 Bayern, 6415 Garde, 4500 Emmich, 6000 K. Francois, 2540 D. Behr = 25 000. In den Karpathen 5000 (1200 v. 35. R. D.). Im Norden neuer Zweifel, weil Mai- größer als Aprilverlust. Vor Warschau 5., 49. R. D. usw. 3000. Gallwitz (1154 v. 107., 133. sächs. L. W., 550 Westpr.), Scholtz, Below 4000, Eichhorn (21. K. 2075), 5000 Lauenstein in Kurland, 1. R. K. 2100 (5. R. 800), 6. R. D. 1200, 78., 80. R. D. 1270, Kav. 400 = 5000. Summa rund 47 000 (inkl. 340 Art., 692 P.). Amtlich wird freilich Verlust der 11. A. in Galizien auf 27 867 Deutsche angegeben und mögen dabei Nachträge aus Junilisten vorliegen. K. Lauenstein, später A. Below, erkaufte glänzenden Erfolg bei Schaulen und Libau billig. Hessische Drag. und b. Chevauxlegers kreuzten immer siegreich die Säbel mit Garde- und Amurkosaken, Ussuritern und Russen.
Im wunderschönen Monat Mai ist in Italiens Herzen die Liebe zur Fratellanza aufgegangen. Abällino der große Bandit aus des Waldes tiefsten Gründen spielte mit gezücktem Messer den Fra Diavolo, wozu ihm Gabriele der Verkünder ein putziges Heldenlied sang. Das zog viele Kräfte Österreichs ab (nach und nach 300 Batl.), zu dessen Stützung etwas geschehen mußte. Daß man aber erneut 8 deutsche Divisionen nach Galizien versetzte und noch 6 andere folgen ließ (außerdem schon 7 früher dort) war des Guten zu viel und die ganze Schöpfung eines neuen Feldmarschallats Mackensen vom Übel. Um Hindenburgs unbequeme Machtfülle mit höfischen Undank zu beschneiden, raubte man ihm das neugebildete 41. R. K. Francois (Litzmann trat für Marrwitz beim 38. ein) und die 9. A. vor Warschau. Er behielt nur 8., 10., 12. A. (Gallwitz, jetzt so genannt), während die neue 11. A. Mackensens außerdem das k. k. K. Arz und 4. k. k. Armee sich unterstellt hatte. Mit solchen Kerntruppen wie Garde, Hannoveraner, Bayr. D. Kneußl und solchen Massen (16 verbündete D.) nebst einer gewaltigen Artillerie war es kein Kunststück, die r. 3. A. zu sprengen und später, unterstützt von Borovic und Böhm, auch 3., 8. A., frontal aus Ostgalizien herauszudrücken. Der Stabschef v. Seekt erwarb sich viel Verdienst um unermüdliche Vorbereitung, es wäre besser gewesen, wenn man dort Strategie getrieben hätte. Der staffelförmige Angriff vom rechten Flügel her, gelehnt an 21. öster. D., konnte nichts vollbringen, als die Russen vom Duklapaß abdrängen, was gar nicht nötig war. Brussilow konnte sich nur ruhig in den Paßschluchten festklemmen, wo schon eine halbe Million Russen bluteten und verbluteten, das hätte nur seinen Rückzug nach Lemberg verzögert und daher verschlimmert, während hier nur ein paar Div. durch Emmich zersprengt wurden, der sich übrigens verspätete oder eben noch nicht heran sein konnte, so daß Mackensens Angriff verfrüht und schlecht angelegt war. Wir finden es unverantwortlich, daß Kneußls Bayern (3., 22. I., 13. R., 21. Art.) sich lange am 2. allein im Berggelände abquälen mußten, nur unterstützt von I/46. R. der 119. D. Behr (46., 58. I., 46. R.) und rechts von Österreichern. Vorgehaltene Schutzschilder schirmten dort nicht vor Flankenfeuer. Auch bei Gorlice erschossen nur die zugeteilten 29 Batterien (2 Gebirgs-, 4 öster. Positions-) den Eingang in festgebautes Schanzwerk der Waldhöhen, schwere Minenwerfer versetzten den verduzten Feind in Schrecken. Eine richtige Materialschlacht, wobei Brände das Schlachtfeld für hellsichtige Artillerie beleuchteten und eine lodernde Naphtafabrik schwarzen Rauch in Wolken den Verteidigern ins Gesicht sandte, als der »Holzhof« in die Luft flog. 82. R. D. Fabricius tat das Beste, Ers. Batl. Breslau von 271. R. eroberte den hochgelegenen Judenkirchhof von Gorlice. Die festungsartigen Kuppen frontal anzurennen war ein Unding. Bei 81. R. D. Stocken mußte man 1½ stündige Kanonade mit 18 schweren Batterien einlegen, um Flankenbestreichung zu entgehen. Als noch um den Westhang des Pußkibergs sprühender Kampflärm tobte, wollten die allzu tapfern Res. Regimenter den gefürchteten Kanianiecewald stürmen, wo an gemauerten Wällen des Bahndamms der Feind sich setzte. Kein Ineinandergreifen, nur wildes Losschlagen. 268. R. litt erschreckend. Doch gegen deutsche Infanterie, die Lorbeer pflanzen will, ist kein Kraut gewachsen. Kaum waren die ersten 269er im Wald, nur wenige, so wurden ihrer immer mehr, sie brachten Drahtscheeren mit, um die Netze aufzureißen. Doch von Erleichterung durch Arz' Ungarn und Galizier war keine Rede. Bis endlich die Fahnen ihres 56., 100. Rgt. auf dem Pustkigipfel wehten, wurden sie erst durch unaufhaltsamen Anlauf der 3. Gardebrig. fortgerissen. Doch obschon auch die Franzer alles vor sich niederwarfen und 1. Garde ihren Ehrentag von Großgörschen hier in blutigem Jahrhundertjubiläum beging, so konnten auch hier nur 30 Batterien (dabei 1. G. F. sowie 3 öster. Haubitzbatterien) den Sieg aus feuerspeienden Wäldern erschießen, wo ein recht bitterer Lorbeer wuchs. Bei 114 Batterien Mackensens (26 Arz) errechnen wir nur 684 Geschütze (die gewöhnlichen Angaben 1500–2000 sind lächerlich). (Außer Korpsbestand hier 237. Art., 8., 14., 20. R. F. Art., Teile von 3., 4. F.). Doch dies vierstündige, deutsche Trommelfeuer wirkte wie nie ein gegnerisches im Weltkrieg. »Die Kanonade erreichte große Heftigkeit« umschrieb der russische Bericht die förmliche Zerschmetterung der Vorderlinien. Mit solcher Artillerie und solcher Infanterie kann man sich den Luxus wüster Frontalstöße gestatten. Was sie kosten, ist eine andere Frage. Laut der amtlichen G. St. Schr. habe 82. R. D. nur 509 verloren (6 Off., wovon 4 aufs Breslauer Batl. entfallen), soll das »Tote« heißen? Denn sonst klingt die Angabe völlig unglaubwürdig. Sie verlor im Mai nicht weniger als 2250 und es läßt sich gewiß nicht annehmen, daß die folgenden Kämpfe so viel blutiger waren. Unstreitig hatte 268. (1560) seinen Hauptverlust am 2. Mai, 81. R. D. verlor 3750 und die Schlachtschilderung selber lehrt, daß sie bedeutend litt. Bei Div. Behr verzeichnen 46. R. überhaupt nur Verlust bis 7., 58. I. bis 11. Ebenso hatte nur 4. G. Brig. Verlust in der zweiten Monatshälfte, 3. G. Br. (2400) ganz bis 10., bei 1. G. D. litt nur 2. G., der Verlust nahm nämlich fortwährend von rechts nach links ab und beweist dies die Unrichtigkeit der Anlage auch taktisch, denn anschließend siegten 9 böhmische, 14. Tiroler K. des Erzh. Josef Ferdinand mit leichter Mühe, weil dort die Stellungen geringfügiger und die Verteidiger mit u. A. fünf Duma-Brigaden (L. St. »Reichswehr«) schwächer waren.
Der Hauptangriff hätte also am unteren Dunajec einsetzen sollen, vor allem aber aus strategischen Gründen. Schritt man dort überraschend schnell über Tarnow zum San vor, so manövrierte man nicht nur Dimitriew aus seiner überstarken Gorlicestellung heraus, sondern bedrohte so schon seinen Rückzug und den Brussilows, so daß sie Hals über Kopf nach Lemberg davonlaufen mußten, wo die Verfolgung nordwestlich von Lemberg schon bald die Rechte des dortigen verwickelten Befestigungssystems aufrollen konnte. Man hätte sich einen vollen Monat und neue schwere Opfer gespart.
Als die Naphtaquelle hinter Gorlice in Flammen und Rauch aufging und die helle Sonne herrlichen Frühlingswetters nicht so heiß brannte als die Kampfhölle da drunten, zogen die Sieger über ein düstres Schlachtfeld, das angeblich 30 000 tote und verwundete Russen bedeckten. Die 11. A. verlor aber selber reichlich 10 000 (7000 Deutsche, wovon nur 830 Bayern, 3. Augsburg verlor 600 am »Jägerhäusl«), 17 000 Gef., 16 Gesch. waren doch zu wenig, um davon großes Geschrei zu machen. Die von oben her betriebene Mackensen-Reklame begann aber schon mächtig, die Konkurrenzfirma Falkenhayn-Mackensen nebst ihrer kaiserlichen Filiale tat sich auf. Der überwundene Gegner zeigte sich meist matt, nur hier und da kam es zu gräßlichem Handgemenge, sonst hielten die Überrannten die Hände hoch und die Batterien fuhren ab, ohne den deutschen Infanteriesturm abzuwarten. Schon am 3. wehten die Fahnen von 267., 268. R. auf dem beherrschenden Berg der dritten Stellung südlich Jaslo, am 4. verlor Dimitriew den Kopf, um ihn an die Wand zu rennen, sein Gegenstoß mit 5 Inf., 3 Kav. D. wollte den Bogen um Brückenkopf Jaslo herum nicht eindrücken lassen. Umsonst, er mußte unter Brückensprengung nördlich zum San abziehen, nachdem er auf einer Länge von 16 km eine Tiefe von 30 km in vier Stellungen fahren ließ. Damit gab er Brussilows rechte Flanke preis und Emmich erreichte in Gewaltmarsch, den sich 22. Pfälzer anschlossen, die Gegend nördlich des Dukla, von wo seine Batterien den Paß bestrichen. Als am 6. Mackensen die Wisloka überschritt, hatte die Garde freilich noch 20 Gesch. erobert und die Gefangenenzahl stieg sehr, denn am linken Flügel auch bei 3., 10. D. und Tiroler Kaiserjägern des Erzherzogs ging alles glatt am Schnürchen talwärts. Während am rechten sich steile Berge vor den Reservetruppen auftürmten, die sie kämpfend erkletterten. Hier hielten auch r. 3 Brig., 10. D. und Rgt. 296 zäher aus, als 63., 31. D. gegen Garden und Mährer, und 9. D. nebst Hälfte 61. gegen Behr und Kneußl. Hier wich Dimitriew unter Entleihung der 61. R. D. von Brussilow, erkannte aber richtig seine Nordflanke für strategisch wichtiger und ließ dort 4 separierte Regimenter und den Hauptteil 70. R. D. sogleich durch 205. Rgt. der 52. Kaukas. Div. stützen, die dann selber folgte. Noch weiter nördlich baute er 5., 42. D. nebst zwei separierten Regimentern auf. Dort kam General Besser so unbemerkt über den Dunajec, daß der Uferwechsel nur 14 von I/II/219. R. kostete und sieben Russenbataillone das Häuflein nicht mehr verdrängen konnten. Dies Einstoßen des Brückenkopfes verwirrte nicht, wie man deutscherseits annimmt, Dimitriew zur Entsendung seiner bei Jaslo ausgeladenen neuen Reserven (21. Kaukas. D. und Sibirier), nordwärts, sondern er erkannte eben, nicht Mackensen, daß nur dort ein Stoß strategisch gefährlich sei. Von seinen 14 Div. verschob er also jetzt den Hauptteil nach Norden. Im Süden gerieten 58er in solche Verstrickung, daß sogar Behrs Artillerie in Gefahr geriet, doch sie schmetterte kaltblütig alles nieder, was aus Cieklun hervorquoll. Nur das aufopfernde Siegbeharren von Bayr. 13. R. und ihrer Batterien führte zur Umfassung der Russen, die auf der Ostra Gora verduzt die Waffen niederlegten. Wenn der offizielle Bericht statt 13. R. die 22. I. lobt, die fast gar nicht focht, so rechtfertigt man diese übliche Bevorzugung der Aktivtruppen höchstens dadurch, daß die Pfälzer hier die Beine statt der Arme anstrengten und am 5. früh die Karpathenstraße sperrten. Hier liefen aber nur wenige abziehende Kolonnen Brussilows Emmich in die Arme. Auch die 8. A. entkam ohne wesentliche Gefährdung, für diesen nahen und billigen Vorteil trieb man den obendrein verspäteten Keil an falscher Stelle ein und trieb so nur die 3. A. auf ihre richtige Rückzugsbasis zum San. Dimitriew, Bulgarenfürst in russischen Diensten, konnte nichts dafür, daß die »unerschütterlichen« Russen deutsche Kanonade nie ertragen lernten und sich schon an der Wislocka in solcher Zerrüttung befanden, daß Bataillone von 7 verschiedenen Div. sich bunt durcheinanderdrängten und die kaukasische 52. D. nur 9 von ihren 36 Gesch. rettete. Doch umsonst winkten den Tirolern schon Tarnows Türme aus der Ferne als Siegespreis, bei raschem plötzlichen Hauptdurchbruch auf Tarnow wäre man mit dem notgedrungen vom Dunajec abziehenden Feind zugleich in der San-Linie angekommen. Nun sammelte sich dort erneut die 3. A. und das strategische Ergebnis war Null. Übrigens glückte auch Verschleierung der Absichten so wenig trotz deutscher Gegenbehauptung, daß Nikolai schon 63. D. aus Warschau, 2. sib., 3. kauk. K. über den San verladen ließ, sogar eine Div. 15. K. vom Njemen her. Trotz 400 000 Toten im fünfmonatlichem Karpathenkampf, die er zynisch zugab, hatte er noch Nachschub genug und eine furchtbare Befestigung bei Lemberg geschaffen. Wie es jetzt nach unbeständigem Sonnenschein in die qualmende Naphtaquelle hineinregnete, so war auch deutsche Aussicht auf rasches Vorwärtskommen verregnet. Zwar hatte man zuletzt bei 150 km Länge der jetzigen Linie 50 km Raum gewonnen, jeden Tag steigerten sich die bisher so dürftigen Siegesfrüchte, am 7. sollen die Gefangenen schon auf 70 000 angeschwollen sein (ein Drittel davon für Erzherzog und Boroevic, angeblich 10 000 für die Bayern, deren 13. R. kräftig bis Besko drang), da die Nachhuten sich feige ergaben und Emmich nach 40 km Marsch den Rest einer von Borovic zersprengten Division abfing. Dies Nachtgefecht der 77er bei Naphtabrunnen jenseits der Jasiolka und das der todmüden Div. Behr, die sich unter persönlichem Zuspruch ihres wackeren Divisionärs bei Rymanow zusammenraffte, brachte viel weniger ein als gehofft, obschon Kav. Rgt. Wedel Besko, eine ungarische Schwadron Koslo überrumpelte und ein Leutnant der Braunschweiger Husaren 400 Gef. abkniff. (Von Kav. Verl. nichts bekannt, vielleicht hier 6. Hus. der 5. K. D., die 50 am 11. verloren). Dimitriew kniff im Auto aus (Gouverneur Kitschenko kippte im Auto um und fiel in deutsche Hände) und ließ seine Papiere und Kriegskasse in Jaslo, viele D. waren so gut wie aufgerieben, von der 8. A. das Korps Kornilef, dessen Kommandierender sich im Gebirg verirrte und gefangen wurde. Brussilows 4., 49. D. schlugen sich durch, doch 49. zählte nur noch 1500 Gewehre, 4 Gesch. (48. angeblich ganz geopfert, um den Abzug zu decken). Stimmt das, da sie demnach nur vorher 8300 gezählt hätte, wenn man ihre vor Borovic oder Emmich kapitulierenden Teile addiert? Die 8. A. litt eben schon vorher bedeutend am Lupkow- und Duclapaß, sie wußte aber wie die 3. mächtige Brückenköpfe am San hinter sich. Zur Rechten Dimitriews drängten sich Teile von 51 Regimentern vor dem 9. öster. K. zusammen, weil man, längs Mackensens Front nach Norden vorüberziehend, in völlige Unordnung geriet. Die russische patentierte Generalstabsfabrik bedeckte sich wieder mit Ruhm: »der Feind zeigt Symptome der Ermüdung!« Welche bitter empfundenen Symptome die eigenen Reihen zeigten, ward verschwiegen. Indessen muß gesagt werden, daß Dimitriew, den man nachher abkanzelte – wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen – Mackensens Rechte aufhielt und so auch Brussilows Abzug degagierte. Eine frische Festungsbrigade aus Przmysl und 39. kaukasische stürzten auf Krasno, zwei Div. auf Besko vor, sie wurden in die Flucht geschlagen, doch Emmich verlor dabei 1100 (vorher nur 550 und dazu 450 Behrs am Wyslock) und die eigentliche Dunajecschlacht bis 7. nebst Verfolgung bis 10. kam uns keineswegs billig zu stehen: wahrscheinlich 4000 Garde, 6000 Francois und, da wir aus V. L. feststellen, daß 520 von 46. R. bluteten, vermutlich 1500 Behr (58er bei Cieklun), bei den Bayern ist die Mailiste für 13. R. offenbar zu niedrig und die Junilisten zu hoch für damalige Kämpfe, dienen also teilweise zur Ergänzung der Mailiste. Wir dürfen wohl 2000 Bayern annehmen, so daß die 11. A. am Dunajec–Wisloka fast 14 000 Deutsche verlor, dazu wohl 3000 Arz und 7000 des Erzherzogs. Österreicher sind aber gefälligst »auch Menschen« und wollen mitgezählt werden. Der famose Durchbruch kostete also inkl. Emmich im ganzen 25 000: ungefähr soviel, als Tannenberg und Winterschlacht zusammen, wo eine Minderzahl 400 000 Russen außer Gefecht setzte, die Hälfte davon gefangen nebst 850 Geschützen. Was bedeuteten daneben 69 Gesch., 255 Masch. G. und angeblich 103 500 Gefangene bis Mitte Mai! Wir bestreiten nicht, daß vielleicht 60 000 Russen t. und verw., doch bei der maßlos hohen Gefangenenziffer sind wohl liegengebliebene Verwundete mitgerechnet, außerdem ergibt Zusammenstellung der Einzelziffern nur 85 000, was wohl das Richtige sein dürfte! Offenbar sind 20 000 beigezählt, die Borovic und Marrwitz in die Hände fielen. Mackensen hatte eben Übermacht, besonders an Artillerie: seinen gefeierten Durchbruch, für den er flugs den Marschallstab erhielt mit Hindenburgs (Ludendorffs) Triumpfen zu vergleichen ist schlechtweg lächerlich. Es bedurfte neuer schwerer Kämpfe, um den Feind auch nur der Sanstellung zu berauben, von Lemberg war man noch recht fern und jede Umfassung dorthin im Nordosten fortan ausgeschlossen. Nur diese aber als innere Umfassung konnte Wert haben.
Nicht weniger als 26 Div. wobei sich Armenier, Turkmenen, Georgier befanden, drängte Nikolai am untern San zusammen, doch die Reste der 3. A. schob er nach Osten zur »Restaurierung« ab. Unglaublich, aber wahr: 15 neue Div. hatte er als Ersatz hergebracht, zunächst ein aus 7 verschiedenen Div. regimenterweis kombiniertes K., 13. sib., 3. kaukas. Schützendiv., das ganze 15. K., Plastun-Kosakendiv. zu Fuß, Trans-Amur-Grenzwacht, dazu 2. sib. K., von dem nur eine Brig. bei Jaslo mitgefochten hatte, und 52. D. des 3. kaukas. K., dessen 21. D. freilich zerstört. Bei Sieniava, Radymow, Jaroslau entspann sich also eine neue Schlacht, sie wird aber zu Unrecht als besonders blutig geschildert. Behr (930), Francois (600), Kneußl (700) folgten der 8. A. auf Przmysl, der Erzh. verlor wahrscheinlich 10 500 Österreicher und 2000 Besser, dessen 220. R. vornan stritt, Arz 3000, Garde 2450, Emmich 2850 = 24 000, also Monatsverlust Mackensens nach dieser neuen Berechnung mit Zugabe aus Junilisten inkl. Art. und P. und Zwischengefechten über 50 000 (24 000 Österreicher). Emmich faßte bei Rowne zunächst nur mit der 20. D. zu, focht aber dann bis 20. zwischen Wislock und San und verlor am meisten von da ab, wobei die Oldenburger und Braunschweiger am meisten litten. (Übrigens ließ er 73., 164. bei Reims zurück). Der russische Blutverlust bei wiederholten rasenden Gegenstößen war auch hier unübersehbar.
Die ganze südliche Russenfront kam ins Wanken, des Erzherzogs Vordringen längs der südlichen Weichsel zwang zum Abzug von der Nida, der Umfang des Rückwärtsschwankens erstreckte sich auf 300 km bis zu den Ostkarpathen. Überall wehten die Fahnen der Verbündeten vorwärts, das beharrlichste Lügen konnte den Pariser Lüge-Experten nicht verhehlen, daß der neue Siegeszug keinen Aufenthalt kenne und den ganzen Sommer füllen werde. Doch was dem einen recht, ist dem andern billig: wenn wir unsre Rückzüge an der Ostpreußischen Grenze mit Recht leicht nehmen, warum sollte Nikolai sich nicht überzeugt haben, daß es mit dem Abzug von Nida, Dunajec, Karpathen nichts auf sich habe und seine südwestlich vorgeprallte Spitze verkürze? Fatal blieb nur die Nötigung, Przmysl zu decken. 41. R. K. nördlich 3. öster. K. südlich, Kneußl nebst 46. Schlesiern östlich, schlossen am 24. die Festung ein. Deshalb mußte Iwanow, sein Satrap auf der südlichen Kriegszone wie Rußki auf der nördlichen, den Kampf noch am Westufer des San bei Jaroslau aufnehmen. Dort war der hochstämmige Schloßpark mit uralten Eichen wie dazu geschaffen. Hier lagerten 41., 45., 62. D. mit noch unberührter Frische. Wieder kam es zu kunstlosem Frontalraufen. Dimitriews Quartier im Hotel Krakovia in Jaslo hatte ratlose Hilflosigkeit verraten, doch Iwanows und Brussilows harter mitleidloser Wille trotzte den Muschik-Kohorten aufs neue rechtgläubigem Opfermut »Alles für den Zaren« ab. Noch wuchs sich die Niederlage nicht ins Breite aus. Hier waltete keine strategische Feinheit wie bei Ludendorffs epochalen Kunstwerken, nicht Führung, sondern taktische Überlegenheit der Truppen entschied. Selbst die Österreicher bedurften keines Ansporns, jetzt das Äußerste aus sich herauszuholen. Den Antrieb angeborener Tapferkeit, der allzeit ihre Heere beseelte, verdoppelte der eifersüchtige Wetteifer, es den beneideten Malefizpreußen gleichzutun, und das befriedigte Aufatmen erblichen Mißtrauens in die traditionell unglückliche Führung, endlich unter reichsdeutschen Befehl zu stehen. Jaroslau eroberten am 15. gemeinsam Garden und Honveds, erstere nahmen Schloß und Meierhof, letztere die baumlose Jupanokakuppe, Gardeulanen und Honvedhusaren ritten abends in Stadt und Bahnhof ein. Die Garde wandte sich gegen den Flußwinkel von San und Wislock, schon erzwangen aber »die Braunschweiger« den Übergang an anderer Stelle. Wirklich nur sie? Immer wird dies Rgt. gerühmt, immer das Oldenburger Rgt. übergangen, doch immer hatte es den größeren Verlust, so weitaus auch hier. Daß die Grenadiere Elisabeth-Alexander hier stürmten, ist laut V. L. ebenso unwahrscheinlich, Franz und Augusta müssen es vollbracht haben. Bald drohten deutsche Feuerschlünde auch nach Przmysl herüber.
Das Gesamtbild einer ungeheuren Verwüstung mußte wohl den zähesten Moskowiter entmutigen. Die Überlegenheit der verbündeten Artillerie erwies sich überall als gradezu erschreckend. Alle hufeisenförmigen Batterieeinschnitte der russischen, so lange ausgebauten Schanzlinien, lagen in Trümmern, die Drahthindernisse wurden größtenteils schon weggefegt, ehe unsere kühnen Pioniere sie durchschnitten. Das verbündete Fußvolk besaß stets die größte Feuerüberlegenheit beim Schußgefecht, was man auch beim Stürmen ausnutzte, unaufhörlich feuernd, bis zum letzten Laufschritt-Anrennen in die feindlichen Gräben hinein, und auch hier beim Handgemenge überwogen Mut und Kraft der Deutschen und Ungarn entscheidend. Hier und da wehrten die uniformierten Muschiks sich mit stumpfsinniger Wut, im allgemeinen aber wollte ihr Händehochhalten oder Waffenwegwerfen und Ausreißen kein Ende nehmen. Nirgendwo barg man rechtzeitig das Kriegsgerät. Wie rasch entfiel den Russen die Stütze ihrer Proviantierung und Ausrüstung, der Stapelplatz Tarnow, dessen reiche Hilfsmittel man fast kampflos dem Sieger überließ! Die Brücken über Dunajec und Wisloka hatte man freilich zerstört, was später dem Nachschub, besonders der Belagerungsartillerie, deren Durchschlagskraft Przmysl zu Fall bringen sollte, Aufenthalt bereitete. Doch das blose Erscheinen von Streifparteien und geringen Vorhuten der Verbündeten genügte, die Russen zu verscheuchen, ehe sie ihr Zerstörungswerk begannen. Daher der ungehinderte Weitermarsch Mackensens zum San. Die Naphtabrunnen und -Gruben zündeten die Verfolgten meist so ungeschickt an, daß die auflodernden hölzernen Bohrtürme und Öltanks (bei Gorlice auch eine Schwefelsäurefabrik) dem Verfolger als Fanale den Weg wiesen und die Gefahr steigerten. Manche Kosaken verbrannten dabei. Die brüderlich Verbündeten zogen überall jubelnd in die Schlacht, in einer wahren Verklärung siegessicherer Vaterlandsliebe unter heimatlichen Liedern. Drüben bei den Halbasiaten nichts als dumpfes Schweigen oder viehisches Geheul, Angst und Grauen auf den vertierten Gesichtern. Die neue 42- cm-Haubitze der Firma Skoda, die so ungewöhnliche Leistungen vollbrachte und mit Krupp um die Palme wetteiferte, von besonderer Schußgeschwindigkeit, schlug manche russische Soldaten mit Wahnsinn und Blindheit. Die 300 kg schweren Geschosse flogen zuerst auf 12 km Entfernung nach den Tarnowstellungen, später in steilem Bogen auf den Hügel von Szczyamowica, den Schlüsselpunkt der dortigen Linien. Die deutschen 42er und Skodas 30- cm-Motormörser räumten schrecklich auf. Noch auf 3000 m Ferne warf der Luftdruck die Russen um und tötete viele, betäubte andere, im Einschlagsraum starben viele am Herzschlag auch ohne Wunden.
Italien behauptet, sein Treubruch habe die Entente gerettet. Nur vergessen die Tapfern zu bekennen, daß sie ihren Verrat vor den großen Maierfolgen der Mittelmächte ausführten und sich die Sache zweimal bedacht haben würden, wenn sie die Wahrheit gekannt hätten. Nachher machten sie die sauren Trauben damit verdaulich: grade deshalb hätten sie kommen müssen, um etwas rauben zu können (in Ententesprache: um die Befreiung der Welt zu fördern), weil sonst Deutschlands Sieg unvermeidlich gewesen wäre. Das ist aber leeres Geflunker. Sie hätten es nicht gewagt, wenn nicht die Ententelügen bis zum letzten Augenblick die wahre Lage verschleiert hätten. Wir müssen immer betonen, daß Lügen nicht immer kurze, sondern recht lange Beine haben und ihren praktischen Zweck erfüllen. Anderseits haben sie freilich die Gewohnheit, wie ein Australischer Bumerang auf den Schützen zurückzuprallen, in seine Hand zurückzukehren. Statt des freundlichen Spaziergangs nach Wien, von dem die Italiener träumten und durch welche schwindelhafte Suggestion der Kriegshetzer sie sich auf das gefährliche Abenteuer einließen, fanden sie eine uneinnehmbare Front und erreichten mit entsetzlichen Opfern und trotz größter Anstrengung – das muß man ihnen lassen; ihre Tapferkeit überraschte vielfach – nichts als Blamage. Belohnt von Undank der Ententegenossen, die sich natürlich keinen Pfifferling um Italiens eigene Interessen scheerten, brachten sie aus dem Weltkrieg hauptsächlich die Herzstärkung heim, daß sie durch ihren Verrat ihn endlos verlängerten. Denn es läßt sich nicht leugnen, daß ohne Italiens Eingreifen schon früher Niederwerfung Rußlands vollendet worden wäre. Da Österreich gezwungen war, starke Kräfte zur Bewachung der Südgrenze bereit zu halten, sind erhebliche Gruppenmengen den Galizischen Kämpfen entzogen worden. Das Schicksal stellte Österreich vor eine neue Belastungsprobe, doch Gott weiß am besten, wie er seine Mühlen malt. Unendlich schlimmer wäre es gewesen, wenn man an Italien schon damals die Grenze abgetreten hätte, strategische Stellungen ersten Ranges, um womöglich später doch noch wieder von Italien verraten zu werden. Auch ohne dies wäre Italiens drohende Neutralität mit frischem Heer und noch nicht ruinierten Finanzen unbequem und peinlich gewesen, selbst beim Friedensschluß. Jetzt wo Gott die Dinge so gelenkt hat wie er will, darf man ruhig sagen, daß Italien sich damals verdientermaßen in eine Sackgasse geritten, uns aber einen Gefallen getan hat. Das Aufflammen des Rachezorns in Deutschland und Österreich stärkte den moralischen Faktor. Kichert nicht dämonische Ironie aus dem Schicksalsschluß, daß die Isonzofront auch wieder nur durch Verrat zusammenbrach, Ungarn aber so wenig davon profitierte wie Italien? Frage an Doktor Eisenbart: wann war je das Sheklerland rumänisch, wann je die Theißebene, Mazedonien und Albanien serbisch oder Trient und das von Österreich gebaute Triest zu Italien gehörig? Zu Venedig? Dann dürfte man ebensogut Cypern, Kreta, Morea, Korfu beanspruchen. Doch wann war Fiume je slawisch? O Landsleute Machiavellis, o gläubige Hausnarren des Verkünders Gabriele, wie seid Ihr hereingefallen! Die gleiche Borèvezahlung, die man Euch in die Hand drückte, steckte Euch die Warnungstafel Jugoslawien auf.
Am San blieb die Lage bis in den Juni unverändert, trotzdem Emmich den Feind auf den Knüppeldamm von Radymno warf, und die zu früh brechende Holzbrücke dort vielen Tod oder Gefangenschaft brachte, trotzdem alle Gegenstürme sehr blutig scheiterten und die Verbündeten schon 30 km des Ostufers besetzten. Iwanow behauptete die Umgegend von Siemiava und band so dauernd Mackensens Linke, den Erzherzog. Offenbar hielt der Großfürst deutsches Vordringen nach Norden für gefährlicher als nach Osten, was wieder sein strategisches Klardenken offenbart. Doch er brauchte nichts zu fürchten, Mackensen und Falkenhayn waren nicht Hindenburg und Ludendorff. Bei solcher Bewandtnis gab der Großfürst Galizien noch nicht verloren, grade deshalb, weil diese Nichtstrategie nur auf Befreiung Galiziens bedacht und auf eine Schlacht bei Lemberg erpicht war. Lemberg besaß aber gar keine strategische Bedeutung, denn Heranlotsen der Heere Böhm und Linsingen dorthin konnte den Gegner doch nur zum Ausweichen zwingen, ohne seiner habhaft zu werden. Die innere Umfassung über die Weichsel hätte dagegen Nikolais Aufbau im Kern getroffen. Der allergnädigste großmächtigste Zar aller Deutschen, der immer dort im Feld auftauchte, wo es etwas zu siegen gab, überzeugte sich huldreichst, daß »seiner« Garde nichts Übles widerfuhr. Weiteres war aber nicht zu entdecken, man hielt zwar Freund Nickys treue Scharen mit eiserner Faust im Zaum und zählte jetzt schon 175 000 Gefangene auf – natürlich Böhm mitgerechnet und Puhalla, der an Stelle des zum Isonzo abgerufenen Borovic trat –, aber man steckte fest. Als man die seit 12. angezündeten Naphtabrunnen und Erdpechgruben allmählich löschte, erlosch vorerst auch die Angriffskraft.
Man nimmt fürlieb mit dem, was man kriegen kann, nämlich Przmysl. Am 23. eroberte Puhallas 10. K. einige Außenwerke, Böhms Linke schloß die Südfront ab, das sie begleitende Beskidenk. lagerte vor der Gürtelfestung Mosciska, am 31. erstürmten Kneußls Bayern die Nordfront. Da geschah noch Unangenehmes. Der Großfürst befahl Flankenstoß, während Garde, Arz, Emmich, in Kähnen und Pontons übergesetzt, sich am rechten Ufer eingruben. Am 27. errang Iwanow bei Sieniava etwas, was nach Erfolg aussah. Bereits seit 19. bedrängte er am linken Ufer den Erzherzog, bis 3. Juni rollten Donnerschläge von Gewitter und Kanonen über den Strom. Das 3. kauk. K. will den Verbündeten 7000 Gef., 14 Gesch. abgenommen haben. Deutscher Bericht spricht nur von 6, wahrscheinlich nach bewährter russischer Methode verdoppelt, aber obschon jedes russische Nachstoßen über den San und erneute Anläufe gegen Radymno mit Vernichtung ganzer Regimenter endeten, so dienten die Tiroler und Böhmen des Erzherzogs nicht als genügende Eisenschranke. Russischen Meldungen, daß drei Tiroler Regimenter zu bestehen aufhörten, folgte zwar der hinkende Bote verhüllten Mißerfolges, ein Meisterstück unfreiwilligen Humors, aber leider war etwas Wahres daran, daß die San-Schlacht überhaupt keinen entschiedenen Erfolg bedeutete und eiligst 22. D. von Prinz Leopold hergeschickt wurde, um den Erzherzog zu stützen, neben ihm Emmich. Mit den anderen Teilen, wozu er jetzt auch K. Francois zwischen San und Wesznia heranzog, stürzte sich Mackensen nach Osten vorwärts, um Entsatzversuche abzuwehren, Augusta-Grenadiere beteiligten sich an Einnahme Przmysls, die am 2. Juni alles bisherige Blendwerk zu Schanden machte. Gleichwohl auch dies ein halber Fehlschlag, denn die Besatzung entzog sich durch geschicktes Entweichen am 4. der Kapitulation, ein Vorgang, der bei wirklicher Einschließung unmöglich sein sollte. 22. Pfälzer genossen den Ruhm drei Forts erstürmt zu haben, die Hauptsache gegen die halb in Stand gesetzten und neu ausgestatteten Forts tat natürlich die Artillerie. Die San-Schlacht hat insofern theoretische Bedeutung, als sie zum Entsatz einer Festung unmittelbar vor deren Toren geliefert wurde, wie einst bei Alesia und Turin, im ersteren Fall mißglückend für das Entsatzheer, im zweiten für den Belagerer. Der Großfürst, später auch persönlich in Nähe Lembergs erscheinend, lenkte Iwanows Bewegungen meisterlich und hätte Mackensen leicht in verzweifelte Lage am rechten Ufer gebracht durch den Stoß am linken Ufer im San-Winkel, wenn er mit Österreichern zu tun hatte. Mackensens Gegenstoß am rechten Flügel mit Garde und Arz glückte freilich, doch eben nur wegen der großartigen taktischen Überlegenheit deutscher Truppen. Daß seine Linke nicht zerbrach, verdankte er der unbrechbaren Festigkeit der Niedersachsen, wobei hier Oldenburger und Braunschweiger wetteiferten. Mackensen handelte mit einer Verwegenheit, die man immer lobt, wenn sie Erfolg hat, immer tadelt, wenn sie bestraft wird. Maßnahmen, die nur mit übermenschlicher Leistung der Truppen rechnen, darf man nicht billigen, denn es könnte eben da auch anders kommen. Den Zweck, russische Teile in die Festung abzudrängen und jede Verbindung zwischen ihr und dem Entsatzheer zu lockern, erreichte man gar nicht, es blieb frontales Abringen, das nur den Nordfaktor der Festung freilegte. Mackensen spielte als Hazardeur, der auf sein Glück baut. Nun, es heißt ja »Sulla Felix«, »Cäsar und sein Glück«, Marmont rief bei Elbodon, als ihm die Beute entrann: »Auch Wellington hat seinen Stern«, doch der Stern war eben seine eigene Unfähigkeit, das Glück zu erfassen. Cäsar hatte stets unfähige Führer gegen sich, Mackensen aber hier einen ihm geistig weit überlegenern Feldherrn, und doch überstand er die Krise? Jawohl, sein »Glück« war einfach sein unbesiegbares Heer. Im übrigen bewahrheitet sich unsere Kritik, daß Rechtsstaffelung nichts entscheiden konnte, da die linke Flanke stets gefährdet blieb, zumal Ewert damals noch bei Opatow-Kielce sich von Dankl-Woyrsch nicht aus dem Stand heben ließ und tatsächlich später den Erzh. beunruhigte. Hier lag natürliche Schwäche, um so mehr als starke Abgaben zum Isonzo schwächten; erst im Juni durch Dankl's 6., 17. K. ersetzt. Nur starke Linksstaffelung hätte den Feind zwischen Dunajec und San früher gebrochen, früher den San erreicht und Przmysl rechtzeitig nach Osten abgeschnitten. Das lange frontale Raufen gab den Russen obendrein den Gewinn, daß sie alle Zeit behielten, vor Lemberg gewaltige Schanzlinien zu errichten. Wohl hatte Mackensen seinen Stern Soldatenglück auf Kosten seines Heeres, das sein rücksichtsloses Nichtmanövrieren zu büßen hatte, doch diese Art Glück ist treulos, das Ende trägt die Last.
Lemberg! schrie jetzt die ganze Donaumonarchie. Die ganze? Bei den Ruthenen rollte oft der russische Rubel, von Tschechen und andern Slaven war nichts zu erwarten als widerwillige Heimtücke und offenes Überlaufen. Jene »böhmischen« Regimenter, die sich brav schlugen, bestanden aus Deutsch-Böhmen wie 6. Eger, 32. Tetschen, die ein besonderer Armeebefehl lobte neben 31. Neu-Sandek. Letzteres also Ruthenen und neben Pflanzers Steirern hielten sich brav die Kroaten. Wir denken nicht daran, den Magyaren ihren Ruf zu schmälern, obschon wir keine Lust haben, andern als deutschen Brüdern von Wien bis Innsbruck ein Lob zu singen. Jedenfalls ragten aber das 61. Rgt. Banater Schwaben oder jenes schlichte westungarische Rgt. aus dem deutschen Karpathenkomitat hervor, das im Vorjahr mit zwei Drittel Verlust den Höhenkamm Polichna erstürmte. Die Walachen und Szekler des 12. Siebenbürger K. Köweß (jetzt unter Woyrsch) taten trefflich ihre Pflicht, doch 51. Hermannstädter Sachsen am meisten. Gendarmerieoberst Fischer, der Schill der Bukowina, war ein dortgebürtiger Deutscher. Das Tiroler »Edelweißkorps« genoß besondere Volkstümlichkeit und es war erfreulich, daß es mit Besser's Norddeutschen Schulter an Schulter focht, wie freilich auch Szurmays Magyaren mit den Norddeutschen des grimmen Bothmer am Dnjestr treue Kameradschaft hielten.
Diese Waffengenossenschaft zu zermürben hielt Nikolaiwitsch, die größte Persönlichkeit auf Ententeseite, durch ruchloses Vergeuden von Millionen Muschikleben immer noch für möglich. Doch Unkenntnis der wahren Kriegsgeschichte bleibt ein unberechenbarer Rechenfehler. Wie die Franzosen stets Napoleons Genie mit Frankreichs Gloire verwechseln, so erzieht man Briten und Russen im Wahn ihrer Unbesiegbarkeit. Da wird der ganze Feldzug von 1812 im Sinn gefälscht, sogar die klägliche Beresina-Niederlage zu einem Triumpf, Niederlagen wie Zorndorf-Eylau-Borodino zu Siegen, Pyrrhussiege wie Kunersdorf zu Vollsiegen umgelogen und verschwiegen, daß dort nur Österreicher gewannen und ebenso in Suwarows plumpen Metzeleiden bei Novi und Trebbia. Sebastepol, Plewna, Mukden sollten doch Bescheidenheit lehren, doch der neue Drillorganisator glaubte mit eisernen Besen allen Unrat ausgefegt zu haben. Als ob das Innerste sich äußerlich ändern ließe! Die Offiziere blieben gradeso ungebildet und roh, die Mannschaften gradeso stumpfsinnig ergeben. Wie die Mongolen bei Liegnitz, die Türken zweimal vor Wien, so muß das Slaventum sich notwendig am Germanentum brechen. Moderne Kriegstechnik stellte ja psychische Faktoren erst recht in den Vordergrund. Das der Zähigkeit russischer Soldaten gespendete Lob bedarf vieler Einschränkung. Riesige Übermacht, die allmählich 3 Millionen Gefangene abliefert, meldet Bankrott an. Der Mißerfolg des unglücklichen russischen Hannibal – denn solche Rolle war dem fanatischen Panslavisten Nikolai beschieden – macht uns nicht blind für die Großartigkeit seiner Pläne, die Sicherheit seiner Massengruppierungen, die strategische Richtigkeit seiner wechselnden Absichten. Doch das riesigste bestgerüstete Heer, wie es Rußland nie auch nur zum hundertsten Teil früher ins Feld stellte und es nie wieder auch nur annähernd vermögen wird, erwies sich als untaugliches Instrument für ihn, der solche Machtmittel in der Hand hatte. Denn was seinem Pflichteifer fehlte und fehlen mußte, weil er eben ein Slave war, das waren Gründlichkeit, Genauigkeit, Feinheit deutschen Kriegsapparats. Bezeichnenderweise zeigten seine Heere Gelenkigkeit und Vorbereitung nur bei – Rückzügen. Charakterologisch trennte den Slavenfürsten, dessen allem Schein abholde Verachtung von Titulaturen an Peter d. Großen erinnert, wenig von Ludendorff-Hindenburg, zumal er als Privatmann ein hochanständiger weißer Rabe im großen Korruptionsnest war Kriegsminister Suchamlinow, den man wohl ungerecht als diebischen Genüßling verdammte, schwärzt zwar in seinen Erinnerungen den Großfürsten an, will ihm jedes Verdienst rauben und malt ihn als Unhold, doch die Tatsachen sprechen deutlich dagegen. . Gleiche fanatische Staatsliebe, doch die deutschen Meister schöpften aus geistigen und moralischen Tiefen, wie sie wahrlich keinen Romanow zu Gebote stehen. Wer verkennt die historisch-symbolische Tragik, daß das zaristische Rußland bei seinem Untergang den einzigen wahren Feldherrn aufstellte, den es je erzeugte, ihm aber kein bloßer Scipio mit Überlegenheit militärischer Institutionen, sondern selber ein Hannibal-Genie gegenübertrat! Die Vernichtung der frischesten tatenlustigsten Heere mit relativ besten Bestandteilen, die dauernde Zersetzung der Wehrmacht lastete schon zentnerschwer auf den Russen. Sie schlugen sich in Galizien nur selten gut, wenn von oben aufgepeitscht und gegen Österreicher. Auch wollen wir dem Heldentum der Karpathenwächter Borovic' gerecht werden, die der Russen Spannkraft schon brachen. Mackensens Feldzug könnte also nicht entfernt der Arbeit Hindenburgs gleichkommen, selbst wenn die Ausführung irgendwie strategischer Handhabung entsprochen hätte. Statt dessen rollte der Sturmbock einfach weiter auf Lemberg. Feste druff! war das einzige Leitmotiv.
Und gleichzeitig hatte Ludendorff schon eine neue Idee ausgeheckt, deren Fruchtbarkeit sich bis zum Ende erwies, den Einfall in Kurland statt der erwarteten ungaren Offensiven gegen Njemen und Narew. Darin beirrten weder Seitenstöße aus Kowno noch Entlastungsstöße östlich Augustowo noch Angriff des 1. Turkestanischen K. bei Prasnicz. Deutsche Reitermassen streiften an der Dubissa, wobei Oberst Prinz Ulrich der Ludwigsburger Schwabendragoner blutete. Richthofen, ein neuer Zieten, handhabte sein K. K. mit gleicher Gewandtheit wie bei Dinant, Bassée, Lodz, wobei eigens gebildete Masch. G. Schwadronen unsre Überlegenheit sicherten. Vorrang deutscher Reiterei und ihrer ausgezeichneten Führer über jede andere soll und muß hervorgehoben werden. Heerabteilung Lauenstein hatte bei Schaule-Rosaule harte Gefechte gegen rasch zur Düna aus Kowno entsendete Massen und man konnte der nicht erheblichen Maibeute sowie des Besitzes von Libau nicht froh werden, da wir auf dem Marsch nach Mitau wichen und tatsächlich 9 Gesch. verloren. Die Russen behaupteten die bayrische Kav. D. und ein preußisches Gardergt. (5. G.) bei Schaule verjagt zu haben, indessen erging es einer Kaukasischen Schützen- und der 15. r. Kav. D. bei Rossieni noch schlechter. Doch auf solche Nebendinge kam es dort nicht an, sondern auf die strategische Wendung, die weite russische Linie noch mehr nach Norden auseinander zu zerren. Schon damals sann Ludendorff auf Durchbruch nach Wilna, suchte den wahren Erfolg in der Zukunft, bis er reifte. Litzmann trieb die Wirballen zustrebenden Kownokolonnen in die große Waldung westlich der Festung, deren Kanonen den Ostrand deckten. Bei Vorstoß auf Schirwindt mußten sich 3000 abgeschnittene Russen ergeben, bis zum Njemenufer verfolgt. Gallwitz, der von allen Seiten Verstärkungen erhielt, setzte sich vor der Orzyelinie fest; Junigefechte dort und am nördlichen Narew waren blutiger, also heftiger, als man nach magern offiziellen Notizen glauben sollte. Die neuen russischen Rekrutenmassen ließen weniger Gefangene fahren als vormals die Aktiven. Selbst hier bewährt sich nicht ein Übergewicht von Drill über Volksaufgebot. Übrigens reihte man deutscherseits jetzt den aktivierten L. St. als Infanterieregimenter mit fortlaufender Nummer ein.
Im Juni entwickelte sich der Feldzug in Kurland weiter, wo jetzt Below kommandierte mit einem Teil seiner früheren Armee, die Scholtz schon im Mai übernahm. Belows Kämpfe seit 8. am Windaukanal und östlich wurden jetzt viel blutiger, besonders die Richthofens. Hindenburg war durch viel Kavallerie verstärkt, während diese bei Mackensen sehr fehlte. Sonst aber erhielt nur er Zufluß älterer Kerntruppen, 22. R. K., 22., 56., 107. D., 8. bayr. R. D. Er hatte jetzt 15 Deutsche, 6 öster. D., davon 15 aktive; sehr viel mehr als Hindenburg je auf einen Fleck besaß. Außerdem wurden ihm Böhms 13 D. unterstellt und 5 D. der aufgelösten 1., 3. öster. A. auf den Erzherzog übertragen. Summa inkl. Marrwitz 42 D. Der sogenannte Durchbruch konnte also losgehen, wobei das Beskidenkorps Marrwitz sich rechts anschloß gegen die 20 km lange, mit Drahtverhauen reihenweise durchzogene Stellung Moskiska. Sie trotzte lange genug, obschon Böhm gegen sie tiefe Minen sprengte, während der Angriff am 13., 14. bei Lubaczow–Javorowo guten Verlauf nahm. Allein, gegen den Erzherzog fühlte Iwanow an den Dnjestrsümpfen bei Nizniew einen harten Schlag, obschon er übertrieben schwadronierte, Tiroler 29. Jäger seien »fast ganz niedergesäbelt«. Böhm und Linsingens K. Szurmay befanden sich südöstlich und östlich Lemberg im Vorgehen. Um Linsingen von der durch Bothmer heiß erkämpften Stryj-Linie abzudrängen, warfen sich zwei von Lemberg weggezogene Korps am 8.–11. auf seine Mitte bei Bucacz, bis wohin Bothmer zur Rettung des umfaßten Pflanzer über den Dnjestr vorbrach über Zydaczow, sie widerstand, doch unter bedeutenden Verlusten besonders des Lehrrgts. und der Ostpreußen. Gerock und Hofmanns Madjaren machten den Bedrängten bei Stanislau Luft; Pflanzer und sein Unterführer Cibula übten, aus der Verstrickung befreit von Rohatyn her glückliche Umgehungen bis ans waldige Dnjestrufer. Sein Kampf bei Zalescyki war glücklich, doch was wäre aus ihm geworden ohne Linsingens Aufopferung, der sich in Leschitzkis Rücken warf und so selbst in größte Gefahr geriet! Hell strahlten deutsches Pflichtgefühl; deutsche Treue. Und wie hat Ungarn gedankt!
Frontalbestürmung der Lemberg-Linien bot meist das gleiche Bild. Schwere Artillerie zerbrach die Stützpunkte des trefflichen Aufbaus (Einrichtung der Wälder mit Astverhauen), erst wackerer Widerstand, dann planlose Flucht Hals über Kopf. Iwanow stand mit der 8. A. östlich, der neugebildeten 3. A. nordöstlich. Gegen den Erzh. 3. Kauk., 23., 29. K., gegen 11. A., 28., 17. K., 2., 5. Kaukas., 12. K., 4. Kav. D., gegen Marrwitz 7., 21., noch andere K. traten gegen Böhm in Tätigkeit. Da man in dieser Kriegsgliederung je 5 D. des 8., 12. K. und 3 des 23. (inkl. 3. G. D., siehe Lodz), begegnet, so betrug die gegen Mackensen fechtende Masse 29 D. Später trat am Nordflügel noch 2. sibirisches K. dazu, außerdem demonstrierten am Tannewsumpf 3 L. St. D. und Reiterei gegen 4 des Erzh. als Seitenhut, der mit öster. 9., 10., 17. K., deutsche 22. D. östlich den San anging. Da die Bayern Kneußls und Steins sowie 107. D. und 88. R. Brig. des 22. R. K. als Reserve ausgeschieden, griff Mackensen nur mit 12 D. an, denen sogleich 22 gegenübertraten. Die Bestückung der Festung Lemberg, wo sich ein Gürtel von 60 Befestigungen auf 50 km Umkreis schlang, davor die gewaltige Stellung Magierow-Grodeck, verstärkte die Zuversicht der Verteidiger, zumal Umgehung der äußeren Flanke ausgeschlossen und Südostflanke durch die Seekette der Werescyca gedeckt.
Es ist bemühend, diese ganz gewöhnlichen taktischen Schläge mit den feinen Schachzügen Linsingens zu vergleichen. Kühnheit? Die bewies er viel mehr als Mackensen. Der hatte gut reden in seiner gesicherten Lage mit solchen Kräften, während Linsingen sich nur auf wenige deutsche Kerntruppen verlassen konnte. Als man ihn zur Rettung Pflanzers aufrief, handelte er mit äußerster Kühnheit, doch mit klarer Erkenntnis des Rechten in solcher Zwangs- und Notlage, nach drei Seiten frontmachend in Angriffstempo, um dem Feind zu imponieren. Nicht nur verdient dies vollen Beifall, sondern Bothmers späterer Flankenmarsch, um sich, das Nordufer des Dnjestr räumend, am Südufer dem Szurmay auf Linsingens linker Flanke umringenden Feind vorzulegen, gehört zu den bewundernswertesten strategischen Märschen. Linsingen und sein Stabschef Stolzmann dachten stets strategisch bei ihren vorzüglichen taktischen Handlungen. Während Bothmer über die sehr tapfer fechtenden Madjaren bei Strych den Schild hielt, bluteten seine Nachhuten bei Zurawno wie Thermopylenstreiter, ein Bataillon des Lehrrgts. focht bei Bucacz bis zum letzten Mann. Dieser heiße Juni kostete Linsingen fast so viel, als alle Karpathenschlachten unter riesigen weißen Bergen. Gebenedeit sei das deutsche Heldenblut, das dort floß, doch verflucht sei jeder Tropfen, der je wieder für Rettung sogenannter Bundesgenossen vergossen wird, die solche Treue mit Verrat und Undank lohnen!
Diesmal sollte Linsingen zu Mackensens Deckung herhalten und über Dnjestr zur Umfassung Lembergs vorstoßen. Gelang dies auch nicht rechtzeitig, so fesselte er doch viele Kräfte, die sich sonst in Bothmers rechte Flanke eingedrängt hätten. Obschon man nichts davon erfährt, muß der Kampf Szurmays längs der Schleife, wo der Strych in den Dnjestr mündet, hartnäckig gewesen sein, denn die ihm beigegebene 4. D. litt bedeutend. Die Rechte, verstärkt durch das in Gewaltmarsch hergeführte 10. R. K. (aus Frankreich verladen) und anscheinend 122. Württ. (v. A. bei Leopold), konnte zwischen Halicz und Martinow nur stellenweise die mit Weiden bestandenen Stromufer erreichen. 224. R., bis zum Hals im grünlichen Wasser watend, erklomm zwar die Lehmwände der Nordseite, obschon Getroffene in der Strömung versanken, doch kamen nur wenig Österreicher hinüber, nur Hofmanns furchtbare Beschießung von Halicz verhinderte, daß eine Schlappe am 23. nicht gefährliche Folgen hatte. Da riß wieder Bothmer alle aus der Not. Mit unwiderstehlicher Todesverachtung trieben Garden und Ostpreußen aus den Brückenköpfen den Feind über die aufflammende Holzbrücke von Chodorow und zwangen zum Weichen auf Bukacz. Weiter über dem Swirz, wo umsonst bräunliche Schleusengewässer entgegengurgelten, über die Geila- zur Zlotalipa ging Linsingens Siegeslauf bis 7. Juli. Gemessen an der Größe des Erreichten, war sein Blutopfer nicht zu groß. Statt Mackensens Büffeltaktik volle strategische Handlungsfreiheit.
Zwischen Tannewsumpf und Dnjestr war nur frontaler Zentrumdurchbruch möglich. Das mußte mit schweren Opfern verknüpft sein. Freilich verrechnete sich der Feind, daß die Angriffskraft gedämpft sei. Gerade die Korps, die bisher am schwersten litten, nahmen das Schwerste auf sich und bluteten entsprechend, die Märker Helden aus Flandern, deren gelichtete Reihen viel neuer Nachwuchs füllte, traten würdig zur Seite. Diese drei Korps trugen die Schlacht, der Zentrumdurchbruch gelang, doch mit so geschwächten Kräften, daß die Spitze abbrach.
Arz' Österreicher brachten meist nicht die einzunehmende Stellung hinter sich, wenn Garde und Märker weit vorausstürmten. Gleich am ersten Schlachttag überrannten die Garden völlig die 34. und vom 2. kauk. K. die Grenadierdiv., doch bald schon hing die Linke ab, Emmich und Behr (56., 119. D.). Die Kasseler Div., deren 167. angeblich Sieniava erstürmte (V. L. sagt Null) und 26. öster. L. W. D. konnten erst später zur Ablösung herangezogen werden, festgehalten durch heftige Angriffe auf den Erzherzog. Dessen tapfres 9. K. erstürmte zuletzt Piscorvoice und am 15. war die Schlacht an der Lubaczowka, Niederung und Hochfläche, derart entschieden, daß der Russe auch die unbezwungene Moseiska räumte, weil unser Zentrumkeil sie schon im Rücken faßte. Anfangs ging nach fürchterlicher, die berühmte am Dunajec übertreffender Kanonade das Fußvolk überall entschlossen zum Sturm vor und nahm die feindliche Vorderlinie. Doch da türmten sich wieder neue Stellungen entgegen. 43. R. D., 201. R. vorauf, konnte ihr Geschütz nicht durch Waldschluchten heranschaffen, nur dem blanken Stahl erlag hier der Russe, schon begannen die großen Verluste. Emmich und Behr brachten zwar ihre Sturmscharen durch Dickicht und Lichtungen hindurch, doch litten besonders die Oldenburger so erheblich, daß Emmich am 16. weiteren Kampf aussetzte, sich die bayrische R. D. Stein und 88. R. Brig. ausbat. Behrs Verlust war so groß, besonders beim Fraustadter Rgt., daß er vom Schauplatz abtrat. Auch 107. D. Moser mußte schon bei den Brandenburgern nachfüllen, die neben der 2. Gardediv. den unwegsamen und schier undurchdringlichen Urwald von Ladowa säuberten, wo aus Büschen und Gestrüpp des Unterholzes ungesehene Feinde feuerten. Kühler Waldschatten an schwülen Mittagen nahm die Stürmer täglich auf, aber immer wieder mußte er in einer neuen Waldung erzwungen werden. (Moser, der laut G. St. Schr. den Angriff später stark unterstützt haben soll, blieb aber tatsächlich in Reserve, sein 52., 227. R. litten sehr wenig). Francois' brave Schlesier warfen das 8. r. K. erst nach dreitägigem Kampf vor sich her, das mehrfach hervorgehobene Beskidenkorps tat wenig. Zuletzt schieden am linken Flügel die kernigen Niedersachsen, die sich heftiger Bedrohung durchs neu eintreffende 2. sib. K. entledigten, ebenso aus wie Div. Behr und die bayr. 8. R. D. trat an ihre Stelle in Ablösung der Märker Brigade Reuter. Die Bayern traten hier herzhaft auf, am 17., 18. in Richtung des Bergzuges Zaluka-Gora, 19. R. »hatte Schwierigkeiten«, II/23. R. brach in die Feindeslinie ein, 22. R. litt »ziemlich stark«, am 19. räumte der Russe die gewaltige Befestigung, doch 22. R. litt in Buchczuycenwald, zuletzt siegten II/22., III/23. (das 173 verlor), der russischen Garde Mahly entreißend. Doch litten die von G. St. Schr. hervorgehobenen Bayern ungleich weniger als 56. D., deren 88., 118. Hessen, 35. Brand, die Schlesier der 119. D. heraushieben. Das Korps Behr muß hier ausnehmend ungünstige Verhältnisse getroffen haben, ohne daß amtlich etwas darüber verlautet. Nichts hört man auch vom ernsten Ringen Bessers auf des Erzherzogs linker Flanke, wo besonders 217. R. schweren Stand hatte. Wieder waren Garden und Brandenburger weit voraus (3. G. Br., 204. R. in Niemirow), 9 km weit aufs Wilki-Plateau, obschon sich der Feind mit voller Wucht auf sie warf. In einer Breite von 50 km rangen hier sechs verbündete Divisionen gegen neunzehn russische, bis Kanonade deren Willen brach. Am 19. trat innere Umfassung bei Magierow ein, so daß man Grodeck am 20. geräumt fand. Die Russen ergaben sich massenhaft, trotzdem man ihnen den üblichen kalten Aufschnitt verabreichte, die Deutschen würfen alle Gefangenen in den San oder Dnjestr! Die Magierowhöhen fegte die nachfahrende Artillerie der Garde derart rein, daß man mühelos hinaufkam und am 21. durchschritt die 1. G. D. schon die Verbindung Ruska–Lemberg am Bahnhof von Dobrosin. Unterm belebenden Einfluß dieses stürmischen Durchbruchs ward die ganze Rechte mit vorgerissen: Arz über den Horoscykoberg, Francois weit über das versumpfte Werescykatal, wo am 19. wildes Getümmel herrschte, Marrwitz über Balawa. Der dort feierlich besichtigende Kaiser sah aber nichts rechtes wie gewöhnlich, er kam immer an die falschen Regimenter und die falschen Stellen, so wie sein Lieblingsfach falsche Zitate gewesen waren. Marrwitz marschierte zwar über Berg und Tal, hatte aber vorerst nur mäßiges Gefecht, Francois links von ihm und Böhms 4. K. rechts von ihm im Seerevier machten dem Feind ganz anders die Hölle heiß. Nordöstlich der 27. öster. D. drang die 29. D. des 19. K. über die Werescyka, nördlich stürmte 18. K. bis in den Westsaum von Grodeck, 102. Rgt. der 9. D. erstürmte den Marktplatz, während im Dnjestrtal 5. K. den Mündungswinkel zwischen dem Haupt- und Nebenstrom mit 14. D. vom Feinde säuberte. Die Hoffnung, zugleich mit dem Feind, dem man auf dem Fuße folgte, in seine Hauptstellung einzudringen, hatte sich nicht erfüllt. Bei dessen Rückzug machte sich der Mangel an Reiterei fühlbar, mit der man so schlecht versehen war und die nur dazu diente, eine am linken Flügel entstandene Lücke zu schließen. Das bißchen Gardekavallerie trabte vor und nahm eine ganze Brig. gefangen, doch wesentlich übernahm nur Artillerie die Verfolgung, gegen welche schon die schweren Kaliber aus Lemberg ihre grobe Stimme erhoben. 44. R. Art. bekam hier schweren Verlust, als sie ihrer bisher seitwärts gestaffelten und jetzt auf gleiche Höhe mit der Garde vorstrebenden Division folgte.
Der großfürstliche Feldherr legte Gewicht darauf, vor allem seinen Nordflügel zu halten, und drückte schwer auf den Erzherzog, dessen 17. K. sich den Bayern anreihte. 56. D. vor Deutschbach vereitelte einen wilden Nachtangriff der 3. G. D. und Sibirier, dann ruhten hier die Waffen, auch bei Emmich-Behr und dem Erzherzog, die staffelförmig den Durchbruch der Generäle Falkenhayn, Plettenberg, Arz, Francois folgen sollten. Denn Disposition vom 19. sah nichts Geringeres vor als die feindliche Hauptmasse nordöstlich abzudrängen, von ihrer südöstlichen Front zu trennen, die Böhm aufrollen sollte. Man sieht: innere Umfassung, Mackensen hatte also seinem Meister etwas abgeguckt. Nur sonderbar, daß nichts glückte, denn wenn Zwei dasselbe tun, ist's nicht dasselbe. Als die vorige Sonne sank, beleuchtete sie neue Hauptstellung dicht vor den deutschen Batterien. Bei schon völlig aufgegangener Sommersonne 5 Uhr morgens lärmte entsetzliches Wirkungsschießen, das binnen zwei Stunden die so viele Monate emsig gepflegte Lembergstellung vernichtete. Elisabeth-Grenadiere, ungedeckt auf steinigem Boden vor einer Sumpfstrecke mit Schrapnells bestreut, brachen am ersten los, der Angriff begann überall ungleichmäßig zwischen 7 und 8 Uhr, Böhm verschob gar den Angriff bis nachmittag, erst bei Nacht brach er in die feindliche Hauptstellung ein. Dagegen überstieg Marrwitz die Stawki-Werke und das Bollwerk des Pachthofs Balawa. 82. D. lag unbeweglich vor Magden-See und Sumpfstreifen, deren wenige Durchgangspunkte der Feind bestrich. Dagegen ließ sich D. Stocken nicht aufhalten, diesen milizartigen Regimentern stürmte 268. R. Brandenb. vorauf, gegen Pod Capam, das schlesische I/II/267. R. ließ sich aber auch nicht lumpen, eroberte eine Batterie und nahm seitwärts Stellung, während die Märker die eroberte Schanzhöhe gegen zweiseitigen Massensturm behaupteten. Die Schwesterdivision spiegelte immer noch trübselig ihre Bajonette in sonnbeglänzten Seewogen, ein breiter Morast trübte die Aussicht, und als man endlich das Seeufer an der Sägemühle erstritt, erhob sich gegenüber aus Sumpfwiesen ein von Drahtnetz umwundener Felssteilrand. Indessen erstieg Stockens 269. R. den Schanzberg Krolowa und behauptete ihn bei Einbruch der Dunkelheit, doch mit überaus hartem Verlust, während die G. St. Schr. diese blutigste Episode nur nebenher erwähnt. Von Russen war nichts mehr zu sehen als Leichenberge. Nach 13-stündigem Kampf ging man ermattet zur Ruhe über.
Die Garde aber stand noch früher auf und siegte fröhlich weiter. Nachdem 3. Brig. sich zum Sturm erhob, rasselte ihr eine Batterie 2. G. Art. nach und I/207. R. stürzte links davon durch Astverhaue, hinter sich lichterloh brennende, von den Barbaren nach alter Sitte angesteckte Gebäude, die dichten Qualm gen Himmel sandten. Bald zerflossen die erdfarbigen Menschenklumpen an einem hochgelegenen Wirtshaus und es ging in flottem Tempo weiter. 203. R. litt grausam durch Flankenfeuer aus Lipnik, doch die beiden Brandenburger Regimenter kannten als echte Kriegsfreiwillige keine Furcht und hatten bald die ganze Grabowkistellung samt vielen Gefangenen. Links von ihnen, während 43. R. A. auf gewonnener Höhe Lipnik beschoß, bewältigten 205., 206. R. nicht eine vorgelagerte Schlucht, die sich mit verstümmelten Leibern füllte, auch litt die nirgends erwähnte Schwesterbrigade, besonders 208. Rechts von 3. G. Brig. liefen die Franzer gewaltig an, den Pfad nach Magierow freilegend, 4. G. Art. bombardierte sofort und sicherte so diesen Schlüsselpunkt dem glückenden Sturm. 1. G. D. Prinz Eitel fand den Weg durch Niederschlag gefällter Bäume erschwert, doch durchzog 2. Brig. eine abfallende, von Anfang bis Ende durch Masch.-G. bestrichene Enge bis zur Bachkrümmung an Piaskowokirche. Durchwaten versumpfter Bachsohle bot zu viel Zielscheiben, doch das von Magierow herüberdröhnende Hurrah der Grenadiere zwang den Feind zum Verlassen der Höhen und Schluchten. Als die Sonne spät sank, sprengten 1. G. P. schon die Schienen östlich Magdan, 2. G. lagerte zwischen Bahn und Lemberger Chaussee. Auch 44. R. D. überwand zuletzt den Feind bei Lipnik, links von ihr nahm Div. Moser eine wichtige Höhe. Diese alte und junge Garde hatten zusammen 11 Kuppen einem an Zahl, doch nicht an Wut übermächtigen Gegner entrissen, beide R. standen jetzt mitten in und schon hinter der russischen Schlachtordnung, deren 27 km lange Mitte zerstückelt und eingerissen war, Vorderspitze schon 16 km tief eingebohrt. Allmählich kamen Moser und Emmich nachgerückt bis an die Chaussee, diese beste Verbindung mit Lemberg war also verlegt, der Feind mußte auf der Straße Zolkiew–Wielke nach Norden abziehen. Erbost über Verlust seiner Eroberungen glaubte er Lemberg noch halten zu sollen, zur Deckung des Rückzugs blieben drei Korps stehen. Marrwitz' Hessen bedrohten schon am 21. die vor 82. R. D. stehenden Verteidiger im Rücken, so daß sie sich ins Braunkohlenrevier Glinskow zurückwarfen. Am 21. machte die vom Kaiser allzufrüh beglückwünschte 35. R. D. Schmettau den Weg zur Nordwestfront frei und so auch die Bergwerkstellung Glinskow unhaltbar. Schmettau manövrierte mehr als er focht, dagegen verloren 83. R., 168. I. fast 1700 und wie gewöhnlich griff die Fama fehl; nicht 35., sondern 25. R. D. siegte. Francois drängte nun gegen Zolkiew vor, bei diesem Schlußkampf muß 269. R. seinen nächst 58. I. jeden Monatsrekord schlagenden Verlust vermehrt haben. Desgleichen 1., 3. G. heute bei Pily, da sich ihr beträchtlicher Verlust sonst nicht erklären läßt. Arz konnte indessen die Bahnstrecke noch nicht erreichen und der russische Nordflügel suchte die zerschlagene Mitte durch Ablenkungsoffensive zu entlasten. Bei Deutschbach begegneten sich beide Parteien am 20. angriffsweise, Stein rang der russischen Garde den Ort ab und H. B. spricht von 2500 Gef., obwohl die Rgts.-Geschichte vom 23. R. nur von 800 weiß. Beim Erzherzog war die Schlacht lebhaft an beiden Enden sowohl südlich bei der Kasseler Div., besonders beim nirgendsgenannten 83., als nördlich bei Besser, dessen 218. und besonders 217. seit Anbeginn sich in Kampf und Verlust teilten.
Aus einer Schlacht bei Zolkiew wurde nichts, der Russe nahm sie nicht mehr an, obschon fünf über Rava Ruska abfließende geschlagene Korps wieder kehrtmachen sollten. Der Lemberger Flügel faßte solange festen Fuß, bis Marrwitz an die Nordwestfront pochte und Böhm an der Westfront rüttelte. Am 22. früh erstieg Wiener L. W., 19. K. die erste Bastion, dann fiel eine nach der anderen, die Lysagora vor 27., 43. D., die Westfront vor 29. D., so wurde Lemberg mit Sturm genommen von 1., 24. Niederösterreichern. Man begreift nicht, daß die Nachhut so heil entkam, obwohl deutsche Artillerie die Abmarschstraße beherrschte. Alles was bei Lemberg stand, wandte sich östlich, alles Übrige nördlich. Der Zentrumkeil konnte nicht ausgewirkt werden, der Feind behielt doppelten exzentrischen Rückzug ins Hinterland. Natürlich war auch dies ein gewisser Erfolg, sonst aber blieb »der große Sieg bei Lemberg« von zweifelhafter Güte, man mußte sich mit der großen moralischen Wirkung begnügen. Wie kam das? Den ursprünglichen Vorsatz, am Südflügel über den Dnjestr zu umfassen, ließ man fallen als Zeitverlust und aus taktischen Gründen. Zeitverlust ist aber nur dann eine militärische Todsünde, wenn dadurch eine günstige Gelegenheit verpaßt wird, nicht dann, wenn abwägendes Warten eine Gelegenheit erst zur Reife bringt. Taktische Rücksichten treten in den Hintergrund, wenn große strategische Interessen den Vordergrund füllen. Der Verlauf erwies obendrein, daß die Seekette, die Brückenköpfe, die Forts leichter zu überwinden waren als die berg- und waldreiche Mittelstellung. Möglich, daß der Feind sich dann dem Schlag entzogen und Lemberg geräumt hätte. Dies zu vermeiden und unter allen Umständen zu einer Entscheidungsschlacht zu kommen war alte preußische Maxime, aber wagen ohne wägen ist stümperhaft, Schlagen um jeden Preis eine Eselsbrücke für Gedankenlosigkeit. Es war auch ganz unwahrscheinlich, daß der Feind Lemberg ohne äußersten Widerstand aufgab, denn seine Prestige-Pression auf Rumänien stand auf dem Spiele. Vielmehr würde er dann seine ganze Hauptmacht zur Dnjestrseite geworfen haben und erst dies hätte ermöglicht, das von Truppen entblößte Zentrum früh zu durchbrechen, es wäre dann schneller und viel verlustloser erfolgt. Eine so furchtbare Stellung rein frontal anzuschneiden fällt keinem Besonnenen ein, man wird sich schön hüten, derlei zu versuchen nur im Gefühl taktischer Überlegenheit. Warnendes Beispiel: Wellingtons Talavera.
Von der Fabel, man habe dies sogar noch gegen große Übermacht gewagt, sprechen wir Mackensen frei, ernstlich fochten 38 verbündete gegen vielleicht 35 russische D., es mögen auch nur 32 im ganzen gewesen sein, was aber hier meint: rund 520 russ. Bataillone gegen rund 420, wovon 180 deutsche, die in Rußland immer doppelt zählen, macht also 600! Der Scherz soll sagen: Mackensen focht mit so günstigem Kraftverhältnis, wie nie sonst ein deutscher Feldherr im Weltkrieg. Trotzdem war die Grodeckstellung zu furchtbar, und teures deutsches Blut durfte nicht vergossen werden für einen äußeren Erfolg. Man wird uns vorhalten, daß doch hier Zentrumstoß und innere Umfassung praktiziert wurden, was wir so warm empfehlen. Aber nicht, wenn es sich um lauter Plateauschluchten handelt, die notwendig den Stoß verlangsamen oder ganz aufhalten. Es konnte nichts helfen, daß endlich am 20. vier Divisionen an der großen Chaussee standen, alles andere weit zurück, damit ließ sich dies große Feindesheer nicht sprengen. Daß man überhaupt so weit kam, verdankte man der abnormen Fähigkeit unserer alten und jungen Garde – wir werden die ruhmvollen Märker Kriegsfreiwilligen fortan so nennen – und der abnormen Leistung einer auch an Zahl weit überlegenen Artillerie, worin Mackensen gleichfalls mehr bevorzugt als je ein anderer deutscher Führer. Für solche Artillerie gibt es keine »Stellungen«, sie schießt alles in Grund und Boden? Dann ade, Kriegskunst! Dann gibt es künftig nur noch Wirkungsschießen mit Gas- oder Dynamitbatterien, dann brauchen wir keine Heere, nur Technik und Ballistik. Gottlob sind wir noch nicht so weit. Vor solchen Linien manövriert man, greift sie nicht blindlings von vorn an. Friedrichs schräge Phalanx warf stets alle Kraft auf einen Bergflügel, bei Prag versprach sogar der Frontalangriff, übrigens unter Umfassung durch Zietens Kavallerie an der Sazawa, großen taktischen und noch mehr strategischen Erfolg, den Feind vom Plateau in die Mausefalle hinabzustoßen. Auch Napoleons waghalsige Angriffe bei Craonne–Laon verfolgten wohlbedachte Ziele. Bei Lemberg war derlei ausgeschlossen, der Feind konnte sich hier immer von einem Berg zum anderen zurückziehen, indem er uns dauernd Blut abzapfte, und behielt selbst im ungünstigsten Falle offene Rückzugslinien.
Mackensen erinnert an Massena bei Busacco, auch insofern als dieser nicht sofort auf Neys Antrag losrannte, ehe der Feind sich droben eingerichtet. Wollte Mackensen den Ney spielen, so hätte er nicht mindestens acht Tage nach Przemysls Fall vertrödeln, sondern mit Allen, was er grade zur Hand hatte, vom San her nachstoßen sollen. Ging dies nicht, dann mußte er warten, bis Böhm nahe heran war. Dann aber mit vereinter Übermacht an Truppen und Material – denn so stand es – war etwas ganz anderes geboten, nämlich alleiniges Schwergewicht am linken Flügel. Das wußte der Großfürst auch sehr gut, daher verstärkte er unablässig seinen Nordflügel, warf auch seine Reserve 2. sib. K. sogleich hierher, weil er nichts so befürchtete als Durchbruch bei Deutschbach. Dies rollte die Lemberglinie von selber auf, denn wie durfte man im bloßgelegten Süden verharren, wenn der Gegner im Norden gegen Tomassow marschierte! Taktisch hätte dann der Rückzug von Lemberg, Böhm auf dem Halse, sich sehr unzweckmäßig gestaltet, da dann wirklich eine Spaltung eingetreten und die ganze Russenmacht nordöstlich abgedrängt wäre. Strategisch aber war dies für uns der grade Weg nach Iwangorod-Brest, Bug- und Weichsellinie wären vier Wochen früher in unsere Hand gefallen unter Ersparung maßloser Opfer. Wir treten der Wahrheit nicht zu nahe, wenn wir den Material- und Truppensieg bei Lemberg für feldherrlich ganz unfruchtbar und trotz scheinbarer äußerer Gewinne an Gefangenen und Trophäen für einen Fehlschlag halten, dessen Folgen sich in der späteren Bilanz herausstellten. Mackensen wurde zwar nicht zurückgeschlagen, wie damals Massena bei Busacco, doch seine Gefühle hätten die gleichen sein sollen wie die Massenas, als den Tag darauf St. Croix die Umgehungsstraße nach Coimbra fand und hiermit Wellingtons Berglinie von selber unhaltbar wurde. Übrigens scheint erst am 19. eine strategische Auffassung in Mackensens Disposition hinein, bisher wollte er nur »schlagen«, Hauptschlacht um jeden Preis. »Befreiung Lembergs« war aber nur ein politisches, kein militärisches Ziel.
So drängt sich auch eine gewisse Ähnlichkeit mit Borodino auf. Hier verwarf Napoleon den Umgehungsvorschlag Davouts aus triftigen lokalen Gründen, der Zentrumstoß glückte, im Vertrauen auf seine bessere Artillerie und Infanterie gewählt, an Kavallerie besaß er große Überzahl, was nachher für Verfolgung ins Gewicht fiel. Zuletzt stand Div. Friant so weit vorn wie Prinz Eitel bei Pily. Die Opfer waren furchtbar, doch »wir hätten mehr gelitten als die Russen, wenn sie nicht Wiedereroberung versuchten«, wodurch sich zuletzt ihr Verlust wie 5 zu 3 gestaltete. So auch bei Lemberg. Hier aber endet die Ähnlichkeit. Erstens war die Borodinostellung der Russen unverhältnismäßig schwächer, zweitens schlugen sie sich heldenmütig, was man bei Lemberg höchstens fürs 8., 23. K. behaupten darf, Mackensens Sieg ward schon hierdurch erleichtert, drittens war damals das Kampfobjekt Moskau für beide Parteien hundertmal wichtiger als hier Lemberg. Napoleon durfte wirklich keinen Tag verlieren, mußte die stets ausgewichenen Russen zur Schlacht stellen, diese aber konnten ihre heilige Hauptstadt nicht ohne Schwertstreich entblößen. Nichts davon durfte bei Lemberg einen Strategen bestimmen. Gewiß war für jede Partei von hoher Prestigebedeutung, ob Lemberg fiel oder sich hielt. Doch fallen mußte es, sobald Böhm und Linsingen sich bis zum Dnjestr durcharbeiteten. Ob es 8 Tage früher oder später fiel, war völlig gleichgültig, Zeitnot drängte nicht. Iwanow handelte aber auch verkehrt. Die Wiedereroberungsversuche besonders Brussilows steigerten nur eigenen Verlust; wäre man ruhig Tag für Tag zurückgegangen, so hätte man den Gegner das für ihn einzig Schlimme zugefügt: Schmälerung seiner Kräfte ohne entsprechende Wiedervergeltung. Das war ja gerade das Wunderbare bei Hindenburgs Vernichtungsschlachten, daß sie so unglaublich billig zu stehen kamen, denn den Luxus großer Verluste durften die Mittelmächte sich nicht gestatten.
Daß die Brandung aus Süden auch zu Weichsel und Bug hinaufschlagen und dortige Linien unterhöhlen werde, ließ sich voraussehen. Aus der klassischen russischen Meldung »In Lemberg hört man Gewehrfeuer« hörte man nicht heraus, daß Lembergs Fall auch Rückzüge der Dnjestr- und Pruth-Armee nach sich zog. Politische Gründe geboten aber, sich an der beßarabischen Grenze möglichst stark zu halten, so daß dort noch später Pflanzer alle Hände voll zu tun bekam, ebenso der von Linsingen am Dnjestr-Stryj belassene Heerteil Bothmer. Mackensens und Böhms Vormarsch nach Norden und Osten hatte es zunächst leicht, hier stellten sich keine ordentlichen Befestigungslinien entgegen wie im Norden, wo das vorspringende Festungsdreieck der Weichsel Georgiewsk–Warschau–Iwangorod nördlich durch die Festungskette bis Kowno gedeckt wurde. So verrückte sich dort die Frontlage bis Kurland im Juni noch nicht und der Laie, der nach äußeren Raumgewinn urteilt und dem alle »Siege« gleich sind, ohne die Bezahlung dafür zu kennen, erhob ein Hosiannah für den neuen Stern Mackensen. Wie mag Meister Ludendorff bitter gelächelt haben!
Indem die 11. A. nordwärts umschwenkte, bot das nächste Ziel Cholm, Knotenpunkt von Bahnlinien. Bei Krasnic-Zamosk konnte man den Zusammenhang der russischen Gruppen lockern und möglichenfalls später Iwangorod im Rücken bedrohen. Böhm füllte den verlassenen Raum im Osten, nahm aber später Front nach Nordosten, Linsingen mehr nach Osten, bisher nordwärts gerichtet. Umgruppierung und Verlegung der Etappen erforderten freilich Zeit, doch wenn die Kämpfe bis Mitte Juli nicht viel zu bedeuten hatten, so sah sich Mackensen dann bis Ende Juli ungebührlich stillgelegt. Die Hoffnung Nikolais trog zwar, der mittleren Weichselstellung Luft zu machen, wo die 4. A. Ewert vor Woyrsch zurückwich. (Dessen herrliche L. W. litt leider erheblich, sonst blieb der Nordkampf bis zum Njemen stationär, nur daß Eichhorn den Gürtel um Kowno etwas enger schnallte. Ludendorff wartete auf das Signal zum Losbrechen, sobald Lemberg fiel, was aber so lange währte. Das schloß nicht aus, daß sich Gallwitz schon ernst verbiß, um russische Streitkräfte zu binden). Doch sein Druck auf die 4. öster. A. war so kräftig, daß der beidseitig der Lublin-Chaussee vordringende Erzherzog seine Vorhuten zurücknahm und die 11. A. sich nördlich Zamosc versagen mußte. Irgend ein wichtiger Erfolg war Mackensen nicht beschieden.
Beim Fehlen jeder Zeitangaben, was jetzt neuerdings eintrat, kann man Juni-Juli-V. L. nicht genau auseinanderhalten, auch verbreiten viele »Nachträge« Unsicherheit. Das Publikationsdatum der Einzellisten muß fortan Aufschluß gewähren, indem man damit die historischen Vorgänge vergleicht. Auf Grund dessen fügten wir bei Div. Behr 450 mehr im Mai aus Junilisten hinzu. Mit Abzug dieser betrug ihr Verlust bis Anfang Juli 4000 (1800 von 58.), überraschend viel für wesentlich nur zwei Kampftage bei Einleitung der Lembergschlacht. Hatte sie Anfang Juli irgendwo zu leiden? Da Kneußls Bayern im Juni in Reserve blieben und nur ganz zuletzt einige Bataillone zur Verstärkung von Francois unbedeutend vorgingen, fügten wir 2000 aus Junilisten dem Maiverlust zu, bleibt 600, was ganz angemessen, 13. R. litt jedenfalls außerordentlich nur im Mai. Emmich 3750 (76 Art. u. P.) entspricht den Umständen, diesmal hatten die Braunschweiger (1275) die Vorhand. 1. Garde D. 1700, 2. G. D. 2700, dazu 58 Kav., 88 Art., 35 P., rund 4600. Div. Besser 2960 (1545 v. 217.), Kasseler D. 1158, 8. bayr. R. D. 1250, Marrwitz 3500, Francois 4450 (1535 v. 269.). Beim 22. R. K. wird offenbar, daß Juli-Listen stark heranzuziehen, da 1400 (67 v. 44. R. A.) keineswegs genügen, wir rechnen 4400, Div. Moser 350, 56. D. 1800 (900 v. 118., 630 v. 88.). Summa rund 32 000. Rechnet man 45 000 Österreicher hinzu, so bekommt man eine respektable Summe, wenn man bedenkt, daß die Schlacht nur 8 Tage währte und nachher nur wenig Berührung mit dem Gegner stattfand. Bis 16. hatte Mackensen 59 000 Gef. und 194 500. Insgesamt-Ziffer bis 1. Juli scheint fantastisch, selbst wenn die Österreicher enorm viel Gefangene machten. An deren Gefangenenzahlen, von Anfang an bedeutend, glauben wir nicht, weil sonst die unverhohlene Verachtung, die man bei jeder Gelegenheit russischerseits an den Tag legte, zu unerklärlich wäre. Nur 511 Off. bei solcher Ziffer scheint auch verdächtig, 96 Gesch. ist sehr wenig als Trophäe nach Hindenburgischen Begriffen.
Linsingen verlor 11 350 (dabei 1715 v. 14., 1160 v. 224. R., 1400 v. 1., 1270 v. Lehrrgt.). 4. D. litt am meisten, sie hing sich Böhm am Dnjestr an, dagegen 10. R. K. fast gar nicht, es figurierte nur und ging bald nach Elsaß.
Seither waren neue 4 Ers., 4 L. W. Rgt., 15 L. St. Batl. sowie viele Ers. Rgt. in »Infanterie« mit fortlaufender Nummerierung von 184.–371. geschaffen. Die meisten davon erst in Ausbildung begriffen, 25 davon in V. L. vorerst bemerkbar. Sie (5300), 17 Ers. Rgt. (1700, dabei 722 von 4.), 360 Art., 500 P. außerhalb gewöhnlichem Korpsverband 125 sonstige Reiterei, sind auf die verschiedenen Nord-Armeen zu verteilen. (Übrigens befanden sich an Württembergern 13. Art., 116. R. Art., 9. P. K. bei Linsingen). Armee Leopold: 3600 schles. L. W., 535 sächs. L. W., 1300 v. 5. R. D. (545 v. 3. R. Jg.), 510 v. 49. R. D.) usw. = 6500. Gallwitz: 5000 Westpr. (2222 v. 128., 175. 100 P.), 1325 Pommern (1237 v. 34.), 3600 G. R., 1800 Thür., 620 Württ. (119., 121., 125.), 1500 sächs. L. W., 1000 sonstige L. W., 1700 D. Wernitz usw. = 17 000. Scholtz: 1650 Allensteiner, 1500 v. 5. pomm. Br., 1000 Falk (100 P.), 1750 L. W., 850 R., 385 L. St. usw. = 7500. Eichhorn: 1300 Saarbrücken 1450 D. Königsberg, 975 G. Gren., 4000 v. 75., 76., 77., 79. R. D. usw. = 8000. Below: 1. R. K. 2800, 6. R. D. 800, 78., 80., 36. R. D. 5450, Kav. 1300 (410 Bayern), L. W. 2575, 5. G. 732 usw. = 14 000. Man rang also in Kurland blutiger als man nach den Berichten glauben sollte. 80. R. D. mußte an der Dubissa zurückgehen, an der Windau 6. Kav. D., bayr. K. D., bei der 5 Batt. der Abteilung Butlar, vereinte ihre 2., 5. Br. mit 22. K. Br. als Div. Eglofstein, begleitet von I/5. G. R. Total im Norden 53 000. Monatsverlust rund 97 000 (2500 auf Mai übertragen). Hindenburgs Kämpfe, die man schon als quantité négligeable zu behandeln anfing, waren also laut Verlust ernster als Mackensens »Siegeszug«. (Gallwitz' Einzelverluste zeigen übrigens, daß er nicht am Orcyc östlich, sondern mehr nordwestlich am blutigsten vor russischen Stellungen focht). Er allein oder doch vorzugsweise, schwächte die Russen so ungeheuer, daß sie bis 1. Juli schon 128 000 t. und verw. Offiziere in Petersburger Listen zugestanden. Wenn sie also bis nächstes Neujahr, bis wo der Offiziersverlust mindestens 250 000 betrug, einen Gesamtverlust von 3 Mill. inkl. Gefangene gestanden, so war dieser biedere Freimut nur Fälschermär, da man 50 Mann pro Offizier rechnen muß, beim erschreckenden Offiziersmangel oft sogar 100:1. Wahrscheinlich soll es heißen 3 Mill. Tote! Rußland verlor nämlich im Weltkrieg eingestandenermaßen über 4 Mill. Tote, auch das aber ist Mache und der Kelch noch nicht zur Neige geleert. Eine andere Angabe »6 Mill. Tote« trifft das Richtige, weil nur 18 % der schwerer Verwundeten geheilt wurden. Vom so beliebten Strohmann in Kopenhagen, wohnhaft in Fleetstreet, auf den sich die Londoner Presse stets berief, bezog man die Information, wir hätten bis Oktober 1 670 000 verloren, gleich darauf wurden es 2½ und eine Million Süddeutsche und Sachsen extra, die in den Listen nicht enthalten sei! Tatsächlich betrug unser Verlust bis 1. August 595 000 im Osten, 1 115 000 im Westen, Die Zeit war vorüber, wo Hindenburg sparsam haushalten und das Verlustgesetz von 1:10 oder 20 den Russen aufzwingen konnte.
Der Juli war noch blutiger als der Juni. Bothmer: 3100 Garde (Füs., Lehr., Schützen), 5650 v. 48. R. D. (1790 v. 224. R. 1445 v. 221. R.), Württ. 122. I. 1300, 116. Württ. P. K. 75. Mit Zuschlag von Art. und P. 10 500. Da auch die Österreicher des K. Hofmann und 38. D. entsprechend litten, hatte also das Ringen zwischen Tarnopol und Styr großzügigen Ernst. – Bugarmee Linsingen: 2650 Ostpr., 3450 Pommern (1240 v. 49.), 11. b. D. 2600 (1890 v. 13. R.), 41. R. K. 5200, Marrwitz 5250, Moser 800 (775 v. 227. R.), Masch. G. Abt. von 5., 7. K. D. 166 usw. = 20 500. – Mackensen: Garde 7345 (1. G. 1415, überhaupt 1. G. D. 3725, Art. 211, Kav. 92. P. 69), Emmich 5450 wiederum 2200 Oldenburg), 22. R. K. 5800, 56. D. 360, 22. D. 1380, 47. R. D. 1250, Kav. 150 (17. Hus. 45) usw. = 21 750. Summa im Süden 53 000. Außerdem viel von 600 P., 600 Art., 215 Kav., 283 M.-G., Radfahrern, außer Korpsverband. Dagegen ist Verlust von 23 Ers. und L. W. Ers. Rgt. (3300) und neuen Inf. Rgt. (6500) nebst 10 einzelnen »Feldbatl« auf die Nordarmeen zu verteilen. Hier Leopold: 2000 Schles., 445 sächs. L. W., 316 v. 19., 20. sächs. Ers. L. St. Rgt., 550 v. 5. R. D., 1240 v. 49. R. D., mit Zuschlag 6000. Gallwitz: 4900 Westpr. (1159 v. 128., 121. P.), 2500 G. R. (820 v. G. R. Jäger), 5. G. Br. 1400, 93. R. 1140, Thür. 2680, Württ. 2500, Pomm. 1165 (100 P), 50. R. D. 975, Beselers L. W. usw. 3300, 4. Jg., 4. R. Jg. 320, mit Zuschlag 26 000. Scholtz: 75. R. D. 2400, 9. Pomm. 1205 Allensteiner 5350 (3635 v. 59., 148., 151.), 1. K. 2600 und 1700, 10., 11. L. W. D. 1300, R. 500, L. St. 415 (28 Batl), 329. – 31. R. 1900, mit Zuschlag 19 000. Wahrscheinlich 600 Garde L. W. bei Gallwitz, auch ein Teil G. Kav. hierher, nicht bei Mackensen. – Eichhorn: 1500 Saarbrücker, 634 Königsberg, 3500 v. 76., 77., 79. R. D. (75. entlehnt zu Scholtz), 930 v. 28., 29. Bad. Ers. Rgt., mit Zuschlag 8000. Below: 1., 2. L. W. D. 2200 (1. L. W. 773), 1. R. K. 4950 (2400 v. 3., 18. R.), 2400 v. 78., 80. R. D. (1240 v. 258. R.), 1888 v. 20., 35. R., 1500 Kav., mit Zuschlag 14 000. Total im Norden 73 000. Monatsverlust fast 127 000. Auch sind wohl noch 1000 beizufügen von 32 Off., 1447 M. ohne Rgts.-Ausweis in Extra-Lazarettlisten, sowie von 475 bei 57 Armierungsbatl., Fuhrpark, Minenwerfern, Fliegern, Sanitätern. Dieser sonst nie im Osten erreichte Monatsverlust legt Zeugnis dafür ab, daß diesmal ein Entscheidungskampf Rußland zu Boden warf. Wir benutzten hierbei die Listen bis 10. August, bis 5. wäre vielleicht ratsamer. Denn es ist kaum denkbar, daß die Fülle der Julilisten irgend welcher Ergänzung bedarf. Wir glauben aber, durch Erfahrung belehrt, an nichts, was aus amtlicher Quelle stammt, und nur, wenn wir uns auf deren Gefechtsbericht verlassen, fallen einige Einzelverluste bei Gallwitz als zu gering auf. Da dürfte man also aus Augustlisten ergänzen, auch bei Div. Moser, bei der die Juliliste sich nur auf ein einziges Rgt. bezieht, oder bei Woyrsch' Landwehr, die anscheinend weniger litt als im Juni, obschon in beiden Fällen die Taten unterstrichen werden. Wer hat Unrecht, V. L. oder Gefechtsberichte? Erstere sind Beweis – Dokumente, letztere doch nur Behauptungen. Denn umgekehrt summiert sich Verlust der anderen L. W. sehr hoch (10 000 inkl. sächs. L. W., exkl. Woyrsch), höher als man erwarten würde (wo verlor z. B. 8. L. W. 1130). Da nun durchschnittlich fast alle Einzelverluste sich mit offenkundigen Tatsachen decken, d. h. weder zu hoch noch zu niedrig scheinen, wird man in den wenigen zweifelhaften Fällen wohl eher die amtlichen Berichte als die V. L. anzweifeln. Denn wie kamen letztere dazu, plötzlich in einigen Fällen unvollständig zu sein, da sie doch sonst sogar überraschend hohe Ziffern bieten? Sei dem wie ihm wolle, wir möchten gleich die Augusttabelle anschließen aus Listen bis 10. September.
Wir finden hier 22. R. K. belastet mit 5670 (206., 208. allein 2365) und zwar hauptsächlich am Schluß. Das steckt über vieles ein Licht auf und widerspricht keineswegs dem Kampfverlauf, sondern nur der offiziösen Versicherung auch im Juli, die Verluste seien »verhältnismäßig gering« gewesen, weil die herrliche Führung immer so hübsch flankierte! 3650 Hannoveraner (diesmal Braunschweiger am meisten: 1487), Garde 5500, bei Monatsmitte schon auf Abtransport nach Arras (wiederum 1. G. D. 3165, 2. G. allein 1605), 47. R. D. 1655, 22. D. 1960 (950 v. 82,), 119. D. 1050. Linsingen: 11. b. D. 2120 (wiederum 1250 v. 13. R.), 4. D. 3470, 1. D. 2425, 107. D. 1975 (1285 v. 232. R., 690 v. 32. R., vielleicht gehört Hälfte davon zum Juli), 41. K. 2725, Warrwitz 3400 (1085 v. 118. R.), 32., 71. Thür. 415. Bemerkenswert, daß Linsingen, obschon er die stärksten Stellungen zu nehmen hatte, minder litt als Mackensen, weil er eben flankierend drückte. Es ist jammervoll, wie Garde und Brandenburger in Mackensens »Frontalrauferei« hingeopfert wurden. Bothmer verlor nur 2900, wies also trotz Weichen von Hofmanns Österreichern zuletzt den Feind leicht ab, falls nicht aus Septemberlisten viel Nachträge beizurechnen. Dazu 1.–4. Jägerregiment 460. (Im neugegründeten Alpenkorps waren 3 Rgt. bayrisch). A. Leopold: 4070 schles. L. W. (1085 v. 37.), 5. R. D. 855, sächs. L. W. 455. Württ. 625. Bayern 300, 49. R. D. 800 = 7100. Gallwitz: 50. R. D. 625 (falls 281 von 21. Jg. dabei) Westpr., 141. (1455), 175. (1142), 21. (979), 5. (750) usw. = 4850. Pommern 2606 (1702 v. 42.), Thür. 1934 (1155 v. 94.), Württ. 2408 (1043 v. 119,), G. D. 1756 (1080 v. 93. R.), G. R. 3732 (1820 v. 1. G. R., 628 R. Jäger, 64. R. 745, 2. G. R. 445, Art. 94), sächs. L. W. 2300, 89. L. W. usw. und 4. Jg. 770, L. St. Ers. 1000, 329.–31. Inf. 1600, 342.–44. I. 1850 = 25 500. Scholtz: 5. Brig. 400 (63 P.), 11. L. W. D. 1583. sonstige L. W. 1065, 3. R. D. 1600, Allensteiner 4100 (1585 v. 147. inkl. Ers. Batl.). 75. R. D. 3300 (2030 v. 249.), 750 L. St., 2. D. 4100 (1540 v. 4., 1455 v. 44., 977 v. 33., 116 P.), dazu 991 v. 41., 350 v. 45. Zusammen 17 500. Eichhorn: 785 Saarbrücker (184 P.), Litzmann 1225, Königsb. 747, Bad. Ers. Rgt. 530, sonst. Ers. 657 = 3950, was natürlich zu wenig ist, offenbar hier die neuen, nicht zum älteren Verband gehörigen Inf. Rgt. (2500), neuer Ers. 1135, sonstige Kav. 258. – Below: 1. R. D. 3150 (975 v. 1.), L. W. 900, 20., 24. R. 700, 78., 80. R. D. 1270, 36. R. D. 2500 (5. R. 662, 54. I. 790), Kav. 1500 = 10 000. Sinken des Verlustes zeigt an, daß der russ. Widerstand durch die am 14. Juli einsetzende neue Offensive gebrochen, nachdem am 21. Schaule vom 1. R. K. erstürmt, das nebst 78. R. D. auch am 14. August den Gewinn behauptete. 3. Kav. D. wurde freilich bei Kirli bedrängt, doch r. 5. K. D. vom 1., 4., 5. bayr. K. Brig. geschlagen. Total für August 107 000. (B. 11. D. von 2. Mai bis 1. Sept., 228 Off., 8691 laut Kr. Archiv, also etwas mehr, als wir den V. L. entnahmen, es kann sich auch bei andern Angaben um geringe Schwankung handeln). Inkl. 642 P., 713 Art., 442 Diverse im Norden rund 70 000, im Süden 37 000.
Dies beweist klar genug, daß Hindenburg–Ludendorff allein den Feind in der Zange hielten in unablässigen furchtbaren Kämpfen, während Mackensen und Linsingen notgedrungen losließen, weil ihnen Iwanow zwischen den Fingern entschlüpfte. Ferner wird klar, daß Woyrsch eben nur Anfang August am Ostufer der Weichsel schwer kämpfte und daß überhaupt größerer Zuschlag bei Juliverlust einzig bei Moser, Gallwitz und Scholtz nötig erscheint, wir im Übrigen einfach uns damit abfinden müssen, daß die Augustkämpfe bei Gallwitz–Scholtz heftiger waren als im Juli. Hindenburg also den stärksten Widerstand zu brechen hatte. Mangels jedes Datumsanhalts läßt sich absolute Genauigkeit der Statistik nicht durchführen. Doch ihre Wahrheit wird zur Klarheit, da man sich der Anerkennung nicht verschließen darf, daß sie sich überall mit den Ereignissen deckt. Nicht tabellarisch, sondern hieße auf tiefere Einsicht verzichten.
Wenn russische Spionage den Juniverlust der Verbündeten in Galizien auf 150 000 übertrieb (höchstens 90 000), so kam er leider im Juli dieser Summe schon näher, denn der Erzherzog und Puhalla litten bedeutend. Puhallo? Wir folgen älterer allgemeiner Schreibart. Stegemann ist uns hierfür nicht maßgebend, seine Unzuverlässigkeit ist so groß, daß er z. B. erst Lauenstein falsch mit 3 Inf. 2 K. D. begabt, später plötzlich richtig 2 Inf. 3 K. D. sagt, 18. K. statt 11. an Gallwitz verleiht und was der Schreibfehler mehr sind. Da von den russischen Regulären 1. Linie nur noch Trümmer vorhanden, muß man die stumpfergebene Waffentreue der hordenweis beigetriebenen Muschiks anerkennen. Sie hielten länger aus als möglich schien, gestützt auf glänzende Schanzkunst, oft unter deutscher Kanonade, so daß viele arme Teufel mit dem Spaten in der Hand fielen. Doch daß die Julifrüchte, statt reif in den Schoß zu fallen, überaus sauer in Südpolen schmeckten, mit dicken Blutstropfen vom Baum geschüttelt – »ich danke für Obst und andere Südfruchte« sagt der Berliner – hatte man Mackensens geringer Gärtnererfahrung zu danken. Er dachte an Fallobst, doch die goldenen Äpfel des Sieges saßen so fest, daß er sich beim Schütteln die Arme rausreckte. Als Hindenburgs weises behutsames Zuwarten gegenüber den Fluß- und Festungsfronten, weshalb Rußki nur noch um Kurland sich sorgte, plötzlich in rasende Offensive überging, geschah es mit niederschmetternder Gewalt an entscheidender Stelle, wobei er sogar anfangs überlegene Kräfte zusammenschob. Er spielte nur mit Rußki bei Mitau und Kowno, tändelte fast am Njemen, um über Narew-Bobr großartige innere Umfassung nach dem Bug vorzunehmen. Dort hoffte er Mackensen bald zu finden, dem doch bis dorthin weder Festungen noch breite Flüsse den Gang hemmten. Aber da machte er die Rechnung ohne den russischen Wirt, der sich zu ungestüm Besuch verbat, und ohne Mackensens plumpe Draufgängerei, der mit der Tür ins Haus fiel und sich die Hörner ablief. Er verbrauchte auch noch Kerntruppen Linsingens, der sein Kommando der Südarmee an Bothmer abtrat. Mußte übrigens sein, daß G. Füs. und Lehrrgt. im Juli förmlich hingeopfert wurden, wollte man den Bundesgenossen besonders feine Truppen auch dort ständig vor Augen führen? –
Mackensen versteifte sich darauf, der vor Woyrsch auf Iwangorod abziehenden 4. r. Armee schon an der Weichsel in den Rücken zu fallen, zu welchem Behuf man immerfort nördlich frontal gegen furchtbare Stellungen anrennen mußte, in deren Auswahl die russische Heeresleitung stets unleugbare Geschicklichkeit bewies. So lief man Gefahr sich festzurennen und kostbare Zeit zu vergeuden, dabei stets in der rechten Flanke durch die feindliche Bugarmee beengt. Böhm sollte ostwärts ausgreifen, ohne das an Mackensen übergebene Korps Marrwitz, während Mackensen mit allen Kräften nordwärts dem Feind auf dem Fuße folgte, der Vormarsch ging also strahlenförmig auseinander. Es ließ sich voraussehen, daß Mackensens rechte Flanke dauernd Deckung bedurfte, infolgedessen Böhm seine Linke mehr nördlich nach Kamionko Strumilowa umbog. Übrigens stieß man schon am 23., 24. Juni auf neue vorbereitete Nachhut- und Aufnahmestellungen. Marrwitz mußte sogar heftige Angriffe aushalten. Eine eigentliche Auseinandertrennung der zwischen Tanew und Lemberg geschlagenen Massen fand nicht statt, die zerspaltenen Hälften blieben durch die jetzt am Bug sich sammelnde Gruppe verbunden. Erhielt der Feind fortwährend frischen Zufluß? Man sollte es glauben, denn man begreift nicht, wie die zerschlagenen Heere Dimitriew und Brussilow noch so viel Widerstandskraft entwickelten. Die Auflösung der Verbände war so ungeheuerlich, daß sich schon am fünften Schlachttag an einer Stelle vierzig Mann ergaben, die vierzehn verschiedenen Regimentern angehörten: bataillons- ja kompagnieweise irrten die Truppen durcheinander, meist ohne Befehlshaber. Der russische Soldat als solcher ist also nicht nur stoisch tapfer, sondern auch vertrauenswürdig, da er sogar auf eigene Faust sich sammelt und seinen Dienst versieht. Daß er freilich nicht einfach steht und fällt, wo man ihn hinstellt, wie die Legende will, erfuhr man genugsam. Er konnte weder den Granathagel noch das Handgemenge ertragen, wenn die Germanski wie Berserker auf ihn losdroschen, nachdem sie durch Engwege, Wälder und Höhen ihre Fahnen flattern ließen, des ärgsten Feuers spottend. Ihre moralische Überlegenheit vermochte so Großes, eisernes Pflichtgefühl und trotziger Siegeswille taten ihr Werk. Der zum Feldmarschall ernannte Mackensen verlangte schier Übermenschliches, doch die Truppe gab freiwillig ihr Bestes her.
Obwohl Mackensen seit 26. Juni in flottem Ausschreiten nordwärts Boden gewann, am 28. schon bei Tomascew 70 km von Lemberg, lag auf der Hand, daß er sein geplantes Einschwenken nach Nordwesten nicht durchführen könne, wenn ihm fortwährend der Feind in der rechten Flanke auf dem Halse blieb. Man vereinbarte daher, daß Böhm mit seiner Hauptmacht nordöstlich zum Bug marschieren und die Freilegung der Galizischen Grenze dem Korps Szurmay und den sonstigen Heerteilen zwischen Dnjestr und Pruth überlassen solle. Diese Deckung schien um so nötiger, als der Feind, zwischen Weichsel und Bug gut angelehnt, zu seiner Linken leicht per Bahn von Brest und Kowel her neue Verstärkungen heranziehen konnte. Gerade deshalb, um jede solche Bewegung im Keim zu ersticken, wäre empfehlenswerter gewesen, auch den Hauptteil der 11. Armee nordöstlich auf Wolynsk und Sokal abzudrehen, dort den Bug zu forcieren und dem russischen Rückzug bei Brest zuvorzukommen. Als am 4., 5. Juli Böhm und Linsingen die Zlota- und Geila-Lipa erreichten, schien eine ungeheure Umzingelung der russischen Macht bevorzustehen, doch die Maschen des Netzes rissen, der Russe schlüpfte bei Brest hindurch, weil Mackensen zu weit nordwestlich abirrte und so am letzten Ende einen Luftstoß tat. Allerdings scheinen hierbei Fehler gewisser Unterführer vorgekommen, aber im Grunde ließ sich doch annehmen, daß der vor Iwangorod weichende russische Heerteil seine rückwärtige Verbindung bedroht fühlend, rechtzeitig sich aus dem Staube machen werde. Dagegen würde plötzlicher Rechtsabmarsch nach Nordosten dem feindlichen Hauptheer bei Cholm die rückwärtige Flanke abgenommen und es in größte Verwirrung gebracht haben. Der Einwand, es würde sich dann offensiv auf den Erzherzog und Emmich, die wir uns als nordwärts gerichtete Linke den Abmarsch der übrigen fünf Korps verschleiernd denken, geworfen haben, rechnet nicht mit der inneren Zerrüttung der russischen Masse, die wohl noch Kraft, defensiv in »uneinnehmbaren« Stellungen sich aufzupflanzen, doch zu raschen Bewegungen nicht mehr die Fähigkeit besaß.
Sobald Böhm die Gegend südlich Krystinopol, wo die Rata in den Bug mündet, erreichte, sah sich Marrwitz frei, Mackensen zu folgen. Ihm wurde jetzt auch die von Linsingen abgezweigte 4. Pommerdiv. zur Verfügung gestellt, später auch noch die 1. ostpr. sowie 107. Div. dorthin verlegt. Seit 25. war die Umgruppierung im Gange, am 28. waren die gesteckten Ziele des Vormarsches erreicht, wobei diesmal der Erzherzog (mit unterstellter Kasseler Division) und Emmich den Vortritt hatten. Der Russe baute endlich am Tanew ab, in den folgenden Tagen standen russische Nachhuten schon südlich Krasnik und bei Josefo an der Weichsel. Drei nördlich der Weichsel verbliebene k. k. Divisionen der früheren Armee Dankl, bald darauf nach Lemberg verladen, sollten als Heergruppe Puhalla die 40 km breite Lücke zwischen Böhm und Mackensen füllen und gegen Sokal sichern. Linsingens neue »Bugarmee« war nun fertig, doch nicht als selbständiger Körper, sondern Mackensens eigenem Bedürfnis anbequemt. Das war richtig gedacht, wenn man nur zum Ziele nahm, die Weichsellinie von Süden aufzurollen. Nicht aber, wenn man sich ein höheres Ziel steckte, vom Bug her die r. 3., 4., 8. Armee so zu umfassen, daß man sich quer über die Bahn Brest-Kowel stellte und den Feind zwang, entweder um seine Lebensadern mit verkehrter Front zu fechten oder mit Verlust aller Verpflegungs- und Nachschubbasis nach Nordosten zu fliehen, wo man ihn vor den Rokitnosümpfen erreichen konnte. Das alles ist später versucht worden, aber als es zu spät und wirkliche Sperrung bei Brest nicht mehr vorhanden war. Man könnte vielleicht entgegenhalten, daß wir doch sonst kein Freund so weiter exzentrischer Operationen seien. Das ist jedoch Verwechselung der Begriffe. Die taktische Umzingelung auf dem Schlachtfeld gelingt nur in seltensten Fällen durch abnorme Unfähigkeit des Gegners und konzentrisches Operieren getrennter Hälften ohne inneren Zusammenhang ladet zu Teilniederlagen ein. Ganz anders aber steht es mit umfassendem Flankenmarsch der Hauptmasse, während eine kleinere Abteilung, den Gegner täuschend, in der Front demonstriert. So verfuhr Napoleon bei seinem großen Rechtsabmarsch auf Smolensk, um vor dem Feind die Moskauer Straße zu gewinnen. Etwas Ähnliches denken wir uns hier. Unter viel ungünstigeren Umständen wußte Ludendorff später im Norden seine Wilna-Zange anzulegen. Zentrumstöße sind schon recht, wo sie hinpassen, doch nur so unvergleichlichen Truppen konnte Mackensen weiterhin zumuten, den Stier bei den Hörnern zu packen. Die Verluste waren auch danach! Die Anfangsschlachten bei Krasnik blieben günstig, obschon man uns nicht einreden wird, daß Besser bei Erstürmung und Verteidigung der in Kalkstein ausgehauenen Höhengräben der Whynica bei Idalin nur 300 Mann verlor. Ebenso sonderbar mutet an, daß die Russen 11 500 Gef. verloren, wenn dabei nur 41 Off. waren. Die russische Meldung leugnete auch alles, sprach von 2000 deutschen Gefangenen und 2000 deutschen Leichen und bei letzterem müssen wir leider wohl beistimmen, obschon umgekehrt deutscherseits wohl richtig 3000 russische Tote am 7. Juli nachgezählt wurden. Die Schlachtfelder am Por und Wieprz sahen gräulich aus, unstreitig wurde aber der Erzherzog am 9. bei Wilkolas geschlagen, sein Verlust war sicher groß, da seine zwei deutschen Div. im Juli allein 2650 verloren, mag auch die russische Meldung von 15 000 gef. Österreichern gewaltig übertrieben sein. Mackensens Mitte (Garde, Hannoveraner, Brandenburger), bei Izbica in Verteidigung gedrängt, blutete entsetzlich am 16.–23. bei Krasnostow-Tarnogora-Borek und es war wenig Trost, daß die Russen den Kampf »unterbrachen«, d. h., sich über die Urzadioka zurückzogen. Da uns Mai-Juni-Juli allein im Osten 275 000 kosteten, so wurden sie auf beiden Kriegstheatern (im Westen Schlacht bei Arras) nur vom ersten Vierteljahr des Weltkrieges an Blutschwere übertroffen. Bei den Russen werden unsere eigenen Annahmen wahrscheinlich von der Wirklichkeit überholt, ein einziges Rgt. verlor einmal 1800 Tote an einem einzigen Tage, während deutsche Einzelverluste sich auf weiteren Zeitraum verstreuen. – Die Flanken waren noch nicht gesichert. Östlich an der Huczwa nahe dem Bug, vermochte K. Francois als rechte Vorderstaffel Linsingens noch keinen festen Stand zu gewinnen. Westlich befand sich seit 19. Juni Woyrsch im Vorgehen, der Russe räumte längst das Bergland um Kielce, am 2. Juli den Tarlower Brückenkopf, am 6. Juli entriß die wackere L. W. ihm reihenweise Stellungen westlich der oberen Weichsel. Es gab Reibungen südlich der unteren Weichsel bei Dochow, doch kamen die Dinge hier erst spät ins Rollen. Erst am 20. sahen die Schlesier den 1 km breiten Strom, auf dessen Anblick bei Iwangorod wir so lange verzichten mußten. Trotz »Gaswolken der deutschen Vergifter« benahm sich das Moskauer Grenadierkorps fest genug bei Josefo (nur 700 gefangen), wo Woyrsch mit dem Erzherzog in gewisse Fühlung trat.
Auf der Ostseite hatte jetzt Linsingen innere Berührung mit Böhm. Ihm gegenüber schlug sich der Feind mit fanatischer Verbissenheit, weil er dort noch keine vollen Niederlagen erfuhr, und machte jeden Bodengewinn streitig. Über der Mackensen-Reklame kam Linsingens Heldenarbeit zu kurz. Seine frühere Überquerung des breiten Dnjestr gehört zu den Glanzleistungen des Feldzuges. Bei Zydasczow pirschten sich die Ostpreußen an einen so schroffen Berghang heran, daß sie oft auf allen Vieren hinanklommen, während von oben die Grabenstaffeln und längs der Stromschleife vorspringende Bergecken auf die Kühnen Geschosse ausschütteten. Die Garden bewältigten, wo Flußränder einen senkrechten Lehmberg bildeten, die sibirischen Schützen bei Chodorow. An anderer Stelle durchschwammen »Westpreußen« und »Württemberger« den Strom und schossen sich bis zur Brust im Wasser heran. Hier wichen finnische Schützen. Westlich davon erzwang 48. R. D. den Übergang, den hinter dem Nordufer wieder Hochwaldhöhen beherrschten. Man kann daraus den Hochverlust dieser Truppen in Juni-Juli-Tabelle ableiten. Im Juli, während jetzt Linsingen sich als Rechte Mackensens anhängte, folgte Woyrsch als linke Seitenhut dem abziehenden Feind bis 22. Juli in einem Zuge nach Iwangorod und Prinz Leopolds schwache Linke stürmte den äußersten Fortgürtel Grojec-Blonie vor Warschau. Woyrsch demonstrierte bei Alexandria, ging am 28. blitzschnell über die Weichsel und nistete sich dort ein. Verlust gering, man verließ sich vorerst auf tüchtige Kanonade.
Auf der äußersten Nordflanke richtete unsere Eroberung sich so rasch ein, daß das »Gouvernement Libau« durch eigene Radfahrer und Kraftwagen seine Geschäfte besorgte. Die starke Reiterei bei Schrunden u. Windau umwickelte eine große Kownokolonne und half Litzmann, der in den weiten Wald westlich der Festung eindrang. Doch arbeitete man am Widowki-Kanal mit Unzulänglichkeiten. Östlich der Dubissa und bei Schaule bekam man endlich die Oberhand, glühende Julihitze trocknete den matschigen Boden. Im Juni hatten schon 1., 18., 258.–60. R. bedeutenden Verlust, ungewöhnlichen auch die sehr werktätige Reiterei. Im Juli rührte der Russe sich weniger an der Dwina als am Njemen, wo Eichhorn heftige Angriffe abschlug und am 12. Juli den Feind näher nach Kowno heranklemmte. Seit 14. erreichte Belows Linke Mitau und nahm Stellung westlich von Riga, seine Mitte zwang die 5. r. Armee bis ans Dünaufer, die Rechte warf seit 21. den Feind auf Kowno, während Eichhorns Reitervorhut den Njemen zwischen Olita und dem jetzt isolierten Kowno überschritt. Belows Gefechte bei Papeljani und Tukkum am 18., 19. waren glänzend und vor seinen stark eingesetzten Kürassieren und Ulanen vermochten die Petersburger Gardereiter und finnischen Dragoner nicht das Feld zu halten. Auch die sächsischen Karabiniers der 8. K. D. tummelten sich hier unter Richthofens Leitung. Nirgendwo konnte der Russe stehen, wo der Deutsche hintrat. Trotz unaufhaltsamem Vormarsches (gleich am 13. Gewaltmarsch von 52 km) genoß man geregelte Verpflegung durch ganze Geschwader von Kraftwagen. Ein Marsch von 100 km brachte die Mitaubahn in unsere Gewalt. An der Windau trugen Pioniere Schnellbrücken, ließen sie ins Wasser, Schwimmer zogen Pontons an Seilen herüber. Anderswo an der Brücke schoben sie seelenruhig nicht-explodierende Sprengkästen bei Seite. Die Aa-Brücke brach unter Wagen und fliehenden Letten, die Russen schossen auf die Wehrlosen wie einst an der Beresinabrücke. So lustig lebte sich's im »Gottesländchen« Kurland! –
Am 9. Juli fand ein Kronrat beim Zaren statt: soll man die Südgouvernements aufgeben? Denn Zugang nach Kiew öffnen, hieß die ausgiebigste Verpflegungsbasis in Frage stellen und Rumäniens zweideutige Haltung beeinflussen. Andererseits setzte Festhalten der Weichsellinie einer strategischen Gefahr aus. Scylla und Charibdis, kampfloses Aufgeben des Festungsgebietes und planmäßiges Weichen würde die künstlichen, politischen Maschen der Koalition lockern und bis zur Wolga traf man nie wieder in der Tiefebene Anlehnungspunkte. Man blieb also. (Pariser Zeitungsstrategen wärmten die alte 1812-Legende von überlegtem Rückzug Kutusows bis Moskau auf, während dies unfreiwillig aus militärischer Schwäche entsprang). Nikolai nahm also den Handschuh auf. Iwanow sollte im Süden, Rußki im Norden dem Ungewitter begegnen, auch der blamierte Dimitriew tauchte aus der Versenkung auf als Überwacher von Iwangorod–Warschau. Deutscher Kriegsrat, zu dem Sr. M. Hindenburg zuzuziehen die Großmut hatte, beschloß alles mögliche Schöne. Dem guten alten Hindenburg, dieser untergehenden Sonne, fiel die Kleinigkeit zu, die ganze Festungslinie von Dünaburg bis Warschau zu sprengen; der aufgehende Morgenstern Mackensen sollte sein Licht leuchten lassen über Brest-Litowsk und Kowel. Lieber Maler, mal' Er mir! Der Feind hatte doch auch ein Wörtlein mitzureden. Die Frontbreite war auf 1500 km (im Winter 1000 km) von Dubissa bis Pruth angeschwollen, in solchem Maßstab Krieg führen, ist kein »Kriegsspiel«. Mackensens Vormarsch sah leider anders aus, als die frische schneidige Bewegung in Kurland oder Litzmanns kühner Nachtzug durch den Südteil des Kowno-Großwaldes, wo er viele schnarchende Russen am Bahnhof Raslawa abschleppte, oder Woyrsch' ganz ausgezeichnete flotte Operation. (Obschon er dabei das Siebenbürger K. Köweß zur Seite hatte, scheint Verlust der bewundernswerten Schlesisch-Posenschen L. W. in den Julilisten zu gering, man wird wohl etwas aus Augustlisten beifügen müssen?).
Man überwies zwar Mackensen jetzt etwas mehr Kavallerie, doch diese kam auf Sand in sengender Hitze, wo viele Pferde an Herzschlag starben, durchschnittlich nur 1½ km pro Stunde vorwärts. Die Eisenbahner erwarben sich besonderes Lob für den Nachschub, doch vorn brauchte man Gewaltmärsche durch elende Wald- und Hohlwege über Höhen und Sümpfe. Das ließ sich aber voraussehen, schon die Karte lehrte die Unbeholfenheit der Angriffsrichtung, die von Anfang an weiter nordöstlich hätte verlegt werden sollen. Von 16.–30. mußte man sich in bitteren Frontalstürmen Bahn brechen, um Cholm zu erreichen. Als der Feind sich bei Chmiel auf eine zu 25 km verengte Front setzte, bedurfte es fünfmaliger Stürme, dann erst war der »Sieg« errungen. (Was ein Bericht hier vom Westpreußischen Korps schwärmt, erledigt sich damit, daß es bei Prasnycz focht. 105. R. D. ist gemeint). Ob der Feind »in wilder Verwirrung« abzog, wissen wir nicht, jedenfalls vollzog er den Rückzug unangefochten und Mackensens Verlust war stets übergroß, wobei man den großen des Erzherzogs nicht vergessen darf. –
Inzwischen hatte Gallwitz wie schon lange das schwerste Tagewerk der Hindenburgfront. Seine prächtigen Truppen kamen im Juni zu beiden Seiten ihrer Kernzitadelle Prasnycz der 1. r. A. immer näher auf den Leib. Die Stuttgarter Div. bewies am 12. bei Patolenka ihre gewohnte Tatkraft. Am 15. ging es am Omulew heiß her, eine Stellung wurde genommen und verloren. Am 25. stürmten die Schwaben und Stargarder Füsiliere die Morawkohöhen nördlich Prasnycz. Am 7., 8. Juli focht man nordöstlich davon im Orcyctal. Südöstlich bei Racionz gab es nur kleine Reiterscharmützel. Die deutsche Kavallerie erwies sich im Weltkrieg jeder anderen überlegen. Ein besonders famoses Gefecht hatte die sächs. Kavallerie Div. in Kurland bei Hofzumberge und Friedrichshof am 17., 18. unter Beihilfe von 2., 8. Jäger z. Pf. und Radfahrkompagnien der 1. Jäger nebst zwei reitenden Batterien, wobei ein Wettlauf mit zwei russischen Bahnzügen stattfand, deren Besatzung die nächsten Stationen unfahrbar machen wollte.
Jetzt mußte sich zeigen, ob die auserlesenen wetterharten Verteidiger der Prasnyczstellung besser unsere Kanonade ertragen könnten als die in Kurland, wo neben den Drushinen des Landsturms auch gute Linientruppen beim ersten Granathagel ausrissen. Deutsche sogenannte Objektivität pries zähes Beharren der Moskowiter in findig ausgebauten Musterstellungen, in Wahrheit konnte kein Rechtgläubiger das Teufelswerk der gottlosen Beschießung aushalten. Ihren Rückzug deckten sie dafür durch Sengen und Brennen, Wegtreiben von Menschen und anderem Vieh, Abmähen der Getreidehalme. (In Kurland flohen sie freilich so rasch und die Deutschen folgten so schnell, daß dies Land verschonter blieb als Polen, Litauen, Wolhynien, oft durchkreuzte ihre Angst die lieblichsten Absichten). Das Gefährlichste beim Überrennen ihrer Stellungen war deren stinkender Unflat, während ein russischer Beobachter, der als Losung deutscher Schützengräben »Licht, Luft, Raum« angab, noch hinzufügen sollte: Wasser, denn für Sauberkeit, Waschen, Baden, traf man stets sorgfältige Vorkehrung.
Bisher pochten die Russen auf die Unerschütterlichkeit ihrer Linie Prasnycz–Ostrolenka. Jetzt bekamen sie die Bescheerung, daß es auch damit »Essig« war, ein sauerer Trank ward ihnen eingeschenkt. Wir haben bei Scholtz stets viel L. W. berechnet, der Übersichtlichkeit halber, aber es war auch L. W. in Kurland und bei Eichhorn, angesichts der großen Verluste 20. K. darf man wohl kaum geringere Julieinbuße der L. W. unter Scholtz annehmen. Daneben waren alle L. St. Batl. dort versammelt, wohl auch fast alle L. St. Rgt., sie benahmen sich sehr brav, sowohl bei Abwehr im Juni als bei Juliangriff schon seit 15. Er war so stark, daß nach Niederlage bei Nowogrod die Ostrolenkaforts am Westufer geräumt wurden. Die L. W. warf den Feind noch mehr nach Osten, längs der Narewfront oberhalb Ostrolenka tobte eine große Schlacht am Jaßufer seit 27., die erst am 1. August zu deutschem Vorteil endete, nördlich der Straße Lomza–Rozan und mit Eichhorns 75. R. D. nordwestlich. Während dieser heftigen und blutigen Offensive, deren Bedeutung erst aus V. L. hervorgeht, deckte 2. D. die linke Flanke Gallwitz' und hatte dabei ihr besonderes Abenteuer, das zum Rahmen der großen Gallwitzschlacht gehört.
Diese Entscheidungsschlacht des Feldzuges hätte eine noch bedeutendere Wirkung gehabt, wenn Südpolen, wo Iwanow von einem Abschnitt zum anderen sozusagen eine Festung hinter der anderen baute, damals schon ganz unter deutschem Druck gelegen hätte. Doch die schreckhaften Stellungen, besonders die am Nordufer der Zolkiewka, siebenfach stockwerkartig gebaut, 4 km tief und von Garden, Sibiriern, Kaukasiern besetzt, hielten ununterbrochen von Tag zu Tag den Frontalangriff auf. Am Gielzew verbluteten die Oldenburger an einer vielumstrittenen Höhe, nur unsere Kanonade zerschmetterte zuletzt die Russen. Nachdem die Garde bei Krasnostow am 16. durchbrach, währte das wilde Raufen an der Wolicamündung bis 19. fort. Eine frische Petersburger Gardediv. deckte durch verzweifelten Gegenstoß am 23. den Abzug, ehe eine Schlinge sich zuzog. Als Emmich über den Gielzewkanal auf Pioski verfolgen wollte und die Gardekav. mit ihren Hufen Roggen- und Buchweizenhalme und Leichenhaufen zugleich zertrat, traf sie ein Überfall von Sibiriern und Kosaken am 22. Die Braunschweiger wurden überwältigt, ein Dutzend Haubitzen und viele Masch. G. schwiegen, deren Kanoniere und Schützen sich bis zum Tod verteidigten, die wüsten Kerle plünderten im Feldlager, bis heransausende Batterien sie zermalmten, schwere Gardereiter zum Karabiner griffen, Schwärme des Leibbatl. sich sammelten. Die asiatischen Gespenster verschwanden, tausende von Leichen bezeugten ihre Lebendigkeit.
Den Bugübergang Sokal, wo man drei Drahtverhaue mitten im Flußbett unter dem Wasserspiegel versenkte und die Türme des Bernhardinerklosters mit Maschinengewehren spickte, konnte Puhalla erst nach vieltägigen Kämpfen nehmen, wobei die L. W. Rgt. Troppau und Olmütz die vom Ufer terassenweise ansteigenden Befestigungen rühmlich erkletterten. Linsingens Bugarmee begleitete fortwährend seitwärts das Vorgehen der 11. A., indem er eine Wegsperre nach der anderen niederwarf. Die Feinde warfen sich auf das Verbindungsglied Marrwitz und suchten Linsingens Linke umzubiegen. Sie kannten ihn aber schlecht, wenn sie wähnten, er werde deshalb das entschiedene Vorrücken seiner Rechten einstellen. Nachdem er sich mit sehr viel Blutvergießen endlich eine flankierende Linie erkämpfte, zwang er Iwanow zum Abbauen vor Mackensen. Der Erzherzog, obschon seine Tiroler wiederholt im Vordringen gestört, verwandte seine Deutschen Bessers so gut, daß sie in Lublin einzogen. Besser tauchte später schon nördlich Novo Alexandria auf, wo Dimitriew bei Kurow ein Gefecht gegen Woyrsch unterhielt. Marrwitz näherte sich am 31. südöstlich Cholm, so daß dieser wichtige Ort endlich besetzt werden konnte, da Iwanow, um nicht von zwei Seiten überflügelt zu werden, nordöstlich auswich. Er verlor sehr viel Menschen, doch verhältnismäßig wenig Gefangene und noch weniger Material und schwelgte in Bildern von 15 000 gefangenen Österreichern und riesigen deutschen Verlusten, letzteres leider der Wahrheit nicht ermangelnd. Die Seinen taten ihre Pflicht für Gott und den Zaren, doch wie sollte sie nicht entmutigen, daß die deutschen Teufel gleichsam wie feurige Drachen über »uneinnehmbare« Stellungen wegflogen! Der Zar selber, nach Cholm geeilt, betete inbrünstig vor allen Heiligenbildern, doch sie erhörten den Toren nicht. Und doch erreichte Mackensen noch weniger als im Juni, das Russenheer war tief erschüttert, doch noch nicht in seinem Gefüge gelockert. Wenn man von Truppen- und Materialsiegen reden konnte, so verdankte man es einzig der Bugarmee Linsingens. Denn Puhalla lag bei Sokal festgebannt unter erneuten russischen Angriffen bis in die Feldküchen hinein, die vorerst noch Umfassung auf Wladimir–Wolynsk verboten. Mit schwerer Mühe setzte Linsingen durch, daß eine Art innerer Umfassung herauskam.
Im ursprünglichen Angriffskreis von 35 km lagen 10 Russendiv. in gewaltigen Stellungen bei Terebin und Teratyn. Schon vom 15.–19. tobte Kampf von Marrwitz bei Grabonice, von Gerock bei Metellin. Letzterer ließ sein bisheriges K. am Dnjestr, vereinte hier Div. Moser und Kneußl. Ähnlich ging Francois nach Frankreich und Gardegeneral Winkler übernahm sein »41.« K. Solche Art, mit Einheiten und Kommandos herumzuwerfen, mögen die Halbgötter des Großen Generalstabs verantworten. Welchen Sinn hatte es übrigens, das frühere 40. R. K. jetzt 41. K. zu nennen, da doch 81., 82. D. einfach die früheren 79., 80. waren, vermindert um zwei Regimenter. (38., 39., 40. R. K. jetzt à 6 Regimenter ineinander verteilt). Ein Fremder, der sich in dieses Labyrinth verirrt, weiß nicht mehr ein noch aus. War dies der Zweck der Übung? Übrigens hieß Div. Kneußl jetzt 11. bayrische. Die 8. bayr. R. D. ging nach den Vogesen zurück, Div. Behr blieb nach ihrem schweren Verlust in Reserve, 56. auch. Dagegen war wieder mal eine neue 105. D. gebildet, die neben der Garde focht. Man muß wie bei 56., 107. D. an keine neue, sondern nur alte Bestandteile denken, aus ihrem früheren natürlichen Verband herausgeschält. Das 41. K. marschierte rechts um Marrwitz und dann die anrückende 1., 4. D. herum auf die äußerste Rechte den Bug entlang, fiel also für alle ersten Kämpfe völlig aus. Was dieses »Bäumlein verwechsle dich!« wieder bedeutet, wissen die Halbgötter. Solche Zeit- und Kraftberaubung durch unnütze Märsche entspringt nur aus Eigensinn und Laune. Die rechte Flanke war ja hinreichend durch Puhalla (4 Inf., 3. Kav. Div.) gedeckt. Doch nicht mal mit den 4 ihm verbleibenden Divisionen konnte Linsingen den Angriff eröffnen, denn 1. D. Conta war noch nicht heran, als Heerreserve gedacht. Außerdem hatte Marrwitz nur 35. R. D. bei Zaborce, 25. R. D. blieb außer Spiel und Marrwitz zögerte bis 16., weil links von ihm K. Arz westlich Savidniki »noch nicht auf gleiche Höhe kam«. So stürzte sich am 15. zunächst nur 107. D. auf die Stellung westlich-nordwestlich Terebin, rechts davon 11. bayr. nordöstlich bei Metellin. Daß diese 3 Div. nur mühsam vorwärts kamen, begreift man. Erst als die Westpreußen bei Zaborce durchdrangen, begann auch 4. D. die furchtbare Grabowice-Stellung aufzurollen, erst am 17. unterstützten die Ostpreußen die eindringenden Bayern, erst am 19. warfen diese fünf Div. den Feind heraus, der sich hinter Moor, Sümpfe, Bäche, Wälder versteckte und jede Annäherung durch Unbrauchbarmachung der ohnehin grundlosen Wege erschwerte. Selbst stärkste Artilleriearbeit konnte lange diese Schanzen nicht sturmfrei schießen. Eine soldatische Großtat, solche von doppelter Übermacht verteidigte Stellung zu bezwingen! Doch kein Denkmal der Führung, die weder ihre Kräfte beisammen noch einen klaren Plan hat, immer von vorn draufschlagend! Was Linsingen, der doch ein vernünftiger Mann war, zu solcher Schlächterei bewog? Vielleicht Mackensens unheilvolle Draufgängermethode, der zu möglichster Eile antrieb. Das war nun ganz verkehrt. Denn je länger die Russen an der Wolika blieben, desto mehr reifte die Möglichkeit, sie beim Abzug auf Brest scharf zu fassen, falls Woyrsch und der Erzherzog bei und südlich Iwangorod vorkamen. Auch 41. K. und Puhalla mußten erst am Bug Raum schaffen, um eine Umfassung zu ermöglichen. Da an Abschneidung russischer Teile vorerst garnicht zu denken war, hätte 8tägiges Warten keinen Zeitverlust, sondern nur Gewinn bedeutet: Ausreifen der Lage. Bei Lodz erwies sich doch Linsingen als zeitweiliger Cunctator, bei Ypern auch, hier aber litt er an krankhafter Überstürzung. Herrgott! es eilte ja nicht so! Offenbar lernte er in den Karpathen und am Dnjestr, daß deutsche Infanterie sozusagen das Himmelsgewölbe stürmen könne. Man feste druff wie Blücher oder richtiger Steinmetz! Tatenlust ist eine schöne Sache, doch nicht im Übermaß, die armen Truppen büßten dafür. Besonders die Bromberger kämpften mit unglaublichen Schwierigkeiten. Und kaum war dies vorüber, als das tapfere bayrische 13. R. schon wieder auf neue vorbereitete Linien stieß innerhalb des Guzwaabschnittes. An diesem Nebenflüßchen des Bug focht man grimmig bei Houbiaszow in sumpfiger Niederung. Diesmal trugen die Ostpreußen den Kampf vorwärts. Zunächst kam Mosers 227. R. vor Nieledow zum Stehen, doch weit nordwestlich davon eroberten Pommern und Westpreußen schon am 19. abends die Waldgegend bei Nechania westlich von Teratyn, wo der Russe sich stellte. Am 20. nahm Moser Nieledow, die Bayern umgingen, die Ostpreußen stürmten auf der Stirnseite, am 21. war die ganze Aufnahmestellung der Cuczewa bezwungen. Während die Pommern weiter nördlich über Ostrow vordrangen, 49er vorauf, war am 22. endlich 81. R. D. den Bug entlang gegen Brussilows Linke vorgerückt, erfolgreich, doch auch hier mit bedeutenden Opfern. Jetzt zersprengte Conta den Feind nördlich, Kneußl kam bis östlich Teratyn, wo neue Linien östlich bis Annapolwald Halt geboten. Vom Kirchhof nördlich Kulakowice sprühte unabläßig Feuer, jeder Schritt vorwärts trank deutsches Blut, der zähe Feind gab weder Kampf noch Stellung auf, nutzte die Feuerkraft seiner Schanzwerke aus und stärkte sich auf den Flügeln. Marrwitz zog jetzt seine Hessen in die Vorderfront, sie und 4. D. blieben am 25. im Vorposten, doch am 27. wich ihre Linke einem mächtigen Gegenstoß, der gleichzeitig K. Arz zurückdrückte. Die Hessen litten bedeutend und es ist wieder unbillig, die 35. R. D. wie bei Lemberg in den Vordergrund zu rücken. Am Ostflügel nahm 81. R. D. am 23. das Walddorf Szpikolosy, rechts davon setzte sich 82. D. erst am 27. in Besitz der Waldstraße Annapol–Horodlo. Dieser Kampf war sehr hart, nach Verlust von 270. R. zu schließen, die G. St. Schr. über die Bugarmee verweilt zu einseitig beim Zentrumkampf, wo 11. b. 1. D. viel minder litten als 82. R. 4. D. auf beiden Flügeln. Bayern und Ostpreußen nahmen zwar am 24., 25, zwei Dörfer mit Sturm, doch unter wütendem Handgemenge an Wiesengehöften und Brennerei von Stevankowice kam man nicht wesentlich weiter, Flankenfeuer aus Teratyn war zu mörderisch. Freilich zerschellten unabläßige Gegenstöße unterm Wirkungsschießen unserer Batterien, immerhin hielt man Teratyn fest. Winkler erbat jetzt Conta's Unterstützung, weil man sonst ostwärts nicht weiter könne. Auch vor ihm tat sich eine neue Stellung auf, deren Durchbruch indessen taktisch aussichtsreich und strategisch entscheidend gewesen wäre. Statt dessen zog Linsingen sein Zentrum ganz links hinüber und vereinte 11. b. 1., 107. D. zu einer einzigen Stoßtruppe. Allerdings stand man schon nördlich Teratyn, das wegzunehmen die Hauptaufgabe wurde. Am 29. früh begann die schwere Artillerie ein mächtiges schärfstes Wirkungsschießen gegen den hochgelegenen, von zahlreichen Erdwerken umkränzten Ort. Volle acht Tage hatten die blutigen Einleitungskämpfe gedauert, die sehr geschickt angelegte Zentralstellung blieb noch unversehrt, als Ostpreußen und Bayern durch breitgegürtete Drahtfelder eindrangen und Moser am 30. früh den Stützpunkt nahm. Von letzterem heldenmütigen Angriff hört man viel, doch wollen V. L. nicht dazu stimmen. Hatte die brave D. ein gefeites Leben? Doch mag sein, daß 232. R. hier und nicht im August den Hauptverlust hatte.
Nach Teratyns Verlust bog sich der Feind in eine womöglich noch stärkere Stellung zurück, die Winkler bei Horodlo vorteilhaft angreifen konnte. Linsingen griff aber nochmals zum Zentrumstoß über Strzelce, wo Höhen und Waldränder ein Vorgehen erschwerten. Dennoch erwies die schier unglaubliche Überlegenheit einer deutschen Stoßgruppe sich unwiderstehlich. Vor ihrem Ansturm, am 31. mittags begonnen, fiel die ganze Stellung. Doch ist die Vorstellung offenbar falsch, daß dies ohne Mit- und Einwirkung der Flügel geschehen sei, der hohe Verlust Winklers und der Pommern zeugt dafür, daß sie gewiß seit 27. nicht müßig blieben, ebensowenig Marrwitz. Gleichwohl zeigte der Zentrumstoß seinen entscheidenden Vorteil, indem Moser westlich, Conta östlich bis in den Rücken der Marrwitz und Winkler gegenüberliegenden Linien faßten, so daß letztere nun auch zum Nachstoßen über die Bahnstrecke Cholm-Lublin-Iwangorod frei wurden.
So laut wir dies begrüßen, müssen wir doch veranschlagen, daß deutsche Kerntruppen dazu gehören, und der Verlust war auch danach: 19 000 Mann für 7 D. ist eine starke Nummer und wird nur dadurch überboten, daß 6 D. Mackensens bis Cholm relativ mehr verloren und die ganze Operation inkl. Erzherzog mindestens 60 000 kostete, wo nicht mehr, denn 14 östr. D., Puhalla ungerechnet, werden im Vergleich zu 15 deutschen wohl ziemlich gleichviel verloren haben, zumal der Erzherzog unstreitig viel Gefangene einbüßte, D. Besser ausgenommen. Der Feind litt allerdings bedeutend mehr durch Verfolgungsfeuer, sobald er aus einer Stellung herausgeschossen, und stete Gegenstöße. Auch lieferte er trotz aller hier bewiesenen Zähigkeit an Linsingen 21 450 Gef. ab (wir addieren stets die Einzelangaben, ohne uns auf vage Gesamtziffern zu verlassen), doch nur ein Geschütz, das sagt Vieles. Die Schlachten bei Teratyn – Krasnostaw – Krasnic – Lublin waren für 27 verbündete D. noch blutiger als die bei Lemberg und mit noch unvergleichlich geringerem Ergebnis. In der Hast, die Bulletins nur mit recht viel Schein- und Halberfolgen zu spicken, erinnerte Mackensen an Kluck bei Combles-Amiens, nur daß diesmal die Lorbeeren nicht billig, sondern schauderhaft teuer waren.
36 Tage brauchte das unentwegte frontale Nachrennen bis Cholm, wo man nach 14 Tagen Vormarsch zu stehen sich schmeichelte. Aus Furcht vor Zeitverlust verlor man unwiderbringlich Zeit. Hätte man sofort den Vormarsch nordöstlich an den Bug angetreten, statt nördlich und nordwestlich, um recht bald Anschluß nach Iwangorod zu bekommen, so hätte man sehr viel früher auf Linie Brest-Kowel drücken können. Da die deutsche Zange nur von Süden zugriff und Iwanow mit unheimlicher Schnelligkeit und Umsicht (in diesem Zweig des Kriegswesens Meister) erst zwischen Bug und Wiprz 50 km, dann 100 km bis zur Weichsel mit befestigten Stellungen überspannte, lehrte ein Blick auf die Karte, daß nur baldigster Bugübergang diese Linien unhaltbar machen konnte durch verderbliche Bedrohung aller rückwärtigen Verbindungen Iwanows. Linsingens Stunde kam, doch entschloß man sich schon reichlich spät zur Aufstellung einer Bugarmee. Statt aber wenigstens jetzt sofort den Weg nach Grubiascow einzuschlagen, d. h. nach Wladimir-Wolynsk, wurde Zeit durch den Abmarsch Winklers verplempert, statt allgemeiner natürlicher Rechtsziehung, wobei 41. K. einfach die Raumstelle des K. Marrwitz eingenommen und Gerock und Conta längs dem Bug vorgerückt wären. Und schon hatte sich Mackensen selbst frontal verbissen und blieb nur ängstlich darauf bedacht, daß Linsingen an ihn anschließe. Ergebnis: rohe Frontalrauferei auf der ganzen Linie unter Entrichten härtesten Blutzolls. Obschon der Kampf bei Sokal nicht harmlos ausfiel, bildete Puhalla, mit Kavallerie stattlich versehen, dort eine eingebogene Hakenflanke gegen jeden Seitenangriff aus Podolien, Linsingen nordwestlich davon hatte also nichts für seinen Rücken zu befürchten, wo ja auch südöstlich Böhm am Rand Galiziens eine Schutzmauer bildete. Die Entscheidung lag ausschließlich bei der Bugarmee, die man auf 10 D. hätte erhöhen sollen, während Mackensen sich möglichst passiv verhielt. Er passiv!, ihm so etwas zuzumuten wäre Beleidigung, feste druff, dem Feind an der Klinge bleiben, wie der Kunstausdruck lautet, den ein Stümper wie ein Meister gebrauchen kann, der Eine am falschen, der Andere am rechten Ort.
Der Feind wußte besser, worauf es ankam. Er lockte Mackensen im Zentrum sich nach, bis er sich die Zähne abwetzte, hielt den Erzherzog erst nur flüchtig auf, dann immer hartnäckiger, ihm einen Rückschlag versetzend, und richtete sein Augenmerk vor allem darauf, ob Linsingen an den Bug marschieren werde. Daher die in jedem Bericht übergangenen blutigen Kämpfe gegen Winkler. Hätten dort 5 statt 2 D. angegriffen, so wäre durch Durchbruch bei Horodlo die ganze Mordschlacht bei Teratyn unnütz geworden. Übrigens verwendete Mackensen nachher Marrwitz nur für seine eigenen Zwecke, nämlich zu Umfassung der vor Arz und der am 29. vordringenden 1. G. D. gebildeten Schlußstellung von Bialeka vor Cholm, vorher bei Ignasin. Unter Vorantritt von 21 schweren Batt. drängte Emmich auf Biskupice, doch die Entscheidung brachten die Märker, die bei Trowniki das russische Zentrum durchbrachen. Der Erzherzog hatte es leicht, da er nur noch Nachhuten nördlich Chmiel vor sich hatte, die sein 18. K. wegstieß, doch wäre liegen geblieben, wenn nicht Besser unentwegt auf Kazimierz ausgeschritten wäre. Iwanows Rechte mußte ausweichen, da er sonst in Woyrsch' Sphäre geriet. Die Deutschen folgten auch keineswegs wie ein Sturmwind über Getreidefelder und Schluchten durchs Flußdefilée, sondern die Artillerie hatte durch Hinab- und Hinauffahren an beiden hohen Ufern viel Aufenthalt, als Iwanows Hauptquartier schon längst aus Cholm verschwand. Wie Napoleon beim Anblick der russischen Hauptstadt krampfhaft lallte: »Moskau, Moskau!«, so begrüßte wohl Mackensen, als er am 1. August einzog, das Ziel seiner Sehnsucht: Cholm, Cholm! Und was hatte er davon? Einen Bahnknotenpunkt, nichts weiter.
Der Feind entkam auf beiden Seiten. Obwohl Bessers unermüdliche Westfalen am 1., 2. August ihre Schlesischen Landsleute und Siebenbürger Sachsen südlich Iwangorod begrüßten, so marschierten die erschöpften Österreicher nicht schnell genug, um Dimitriew östlich Iwangorod abzuschneiden, wo ihn Woyrsch schon stellte. Der Erzherzog war gewiß ein tapferer und recht befähigter Herr, doch er sagte sich wohl: Wozu halt so a grausliche Hetz?! Mei Spezi, der Mackensen, verlangt zu viel, dös geht uns goar nix an! Da hatte er eigentlich nicht Unrecht. Er sollte jetzt eine Aufgabe erfüllen, die von rechtswegen Linsingen an anderer Stelle zukam. Puhallas Brave, die sich bei Sokal unübertrefflich hielten, warfen den Feind jetzt weit zurück, doch russische Nachhuten (18., 42., 70. D., wobei Rgt. Kostrona sich auszeichnete) deckten den Rückzug auf Kowel so lange, daß erst am 4. August Linsingens 5. Kav. D. an Wolynsk vorüberzog.
Österreichische Gefangenenangaben lassen wir als unzuverlässig fliegen, doch daß Mackensen inkl. Linsingen 75 742 (323 Off.) 10 Gesch. erbeutet habe, ruft uns gelegentliche Äußerung des russischen Generalstabs ins Gedächtnis, die Deutschen zählten ihre Gefangenen öfters doppelt. Nun, das taten alle Ententisten nachweislich, doch deutscherseits lief wohl auch manche Übertreibung mit unter. Nach der neuerdings amtlich gebuchten Angabe für Linsingen, die angesichts der Kampfverhältnisse auch schon recht hoch erscheint, ist ausgeschlossen, daß Garde 10. K., 22. R. K. noch rund 54 000 Gef. dazu gemacht haben sollten, da deren Siege noch viel minder durchschlugen als die Linsingens. Die russ. Art. mag ziemlich früh das Weite gesucht haben, doch wenn in einem ganzen Monat nur 10 Gesch. in so vielen erstürmten Stellungen verloren gehen, so ist ein Heer nicht wirklich geschlagen.
Selbst jetzt noch war der Augenblick gegeben, über den Bug (Conta erreichte Dubienka am Ufer) nach Kobryn zu folgen und so alles russischerseits westlich Stehende abzudrängen. Tatsächlich faßte Linsingen Rechtsziehung östlich des Bug gegen die Rückzugsstraße Kobryn–Brest ins Auge, doch es kam nicht dazu. Mackensen holte Linsingen westwärts ab, da er selbst sich nordwestlich statt nordöstlich vorschob, ein schädliches Abirren vom Ziel, wenn er das von Iwangorod Abziehende noch überholen wollte. Gleichwohl blieb Iwanows Lage noch bedenklich, wenn er Linsingen nicht aufhielt. Er bezog daher seine allerstärkste Stellung bei Sawin, ein Meisterwerk der Verteidigungskunst. Linsingens verordnete Linksschiebung fraß wieder unnütz Zeit, so daß erst am 9. Bombardement gegen die Sawinlinie anhob. Sibirier und Garden waren zum Äußersten entschlossen, Hineinschneiden in den Weichselrückzug zu verbieten.
Um diese Zeit tobte noch ein scharfes Treffen am Ostufer der Weichsel bei Damascew zwischen Woyrsch und Dimitriew, während am Westufer das Siebenbürger K. Köweß den Außengürtel Iwangorods angriff, doch erst bis 8. die Ostforts eroberte und so mit dem braven L. W. K. König wieder zusammenschloß. Vor Warschau fielen die Forts der inneren Rings nacheinander unter mäßigen Kämpfen, am 5. August zogen die Deutschen in die polnische Hauptstadt ein, bis 8. verjagten sie eine Nachhut aus Praga und traten den Marsch auf Minsk an, schon in Fühlung mit Gallwitz, dessen Rechte, seit langem den Außenforts von N. Georgiewsk nahe, seit 7. die große Festung umstellte. Da bis 10. auch Scholtz über den Narew kam und Eichhorn sich allmählich Kownos bemächtigte, stand dem Vormarsch aller Hindenburgischen Heere auf Wilna–Minsk nichts im Wege. Da Gallwitz Rechte über die Bahnlinie Ostrow–Lublin und die Wysakostraße bald den Bug erreichte, bei Malkin die große Bahn Warschau–Wilna–Petersburg durchschnitt, die sich dort mit der Lublinbahn trifft, so schien ein Finis Russiae bevorzustehen. Allein wenn der für die Weichselheere noch offene Rückzugsraum sich auf 100 km verengte, so hielt man verfrüht ihre Widerstandskraft für erledigt. Kowno erlag nicht dem Bombardement mit schweren Kalibern, Eichhorns Aufgabe blieb bis 18. August ungelöst und seine spärliche bisherige Beute (7430 Gef., 4 Gesch.) ermutigte nicht zur Annahme, der Russe könne und wolle nicht mehr fechten. Er hielt sich freilich Scholtz gegenüber, nachdem auch dieser die Narewfront durchstach, nicht mehr auf. 41. D., die schon so oft geprüften 59er voran, trieb die 57. r. D. und 227. r. Rgt. am 7. nachts durch den Tarnowwald vor sich her. Es war naßkalt, doch Dorfbrände wärmten, am 9. hatten unsere Batterien auf der Podgorzehöhe Lomscha unmittelbar vor sich. Fort 4 fiel beim ersten Anhieb. Der Sonnenaufgang durchleuchtete die feucht durchtränkte Erde, als in düsterem Glanz von dreißig brennenden Dörfern die deutschen Heersäulen sich zum Bobr wälzten.
In Südpolen ging das Frontalraufen weiter. Marrwitz erneut weiter nordwestlich geschoben, als linke Staffelspitze vorn, rechts von ihm säuberten die Bromberger Sümpfe und Hohlwege eines Seeplateaus wieder unter viel Blutvergießen, während am Ostflügel 82. D. die an den Bug gelehnte Opalinstellung ohne besondere Schwierigkeit durchbrach. Offenbar übte hier Puhallas Vorgehen am Ostufer seitlichen Druck. Gerock mußte aber immer noch zentral hämmern, am 10. stürzten Bayern und Zarengarden wütend aufeinander los, die altberühmten Leibwächter Preobraschensk und Ismailow (»Kulm« 1813 im Befreiungskrieg) gingen in Bajonettkampf völlig unter, ersteres Rgt. schlug sich bis zur Vernichtung: 1500 Tote, nur 200 gaben sich gefangen. Wir unterstreichen, daß dies wiederum 13. b. R. vollbrachte, während die Offiziösen immer so tun, als ob Pfälzer und Augsburger Kasernisten den Ruhm dieser Kämpfe trügen. Endlich am 11. erzwangen die in Reserve getretenen Ostpreußen (warum denn? Pommern und Bayern litten viel mehr) nach furchtbarer Kanonade den Einbruch bei Bukowo, in folgender Nacht warf ihr Sturm den Feind mit Kugel, Handgranate, Bajonett aus der Sawinstellung durch versumpfte Wälder vor sich her. Jetzt plötzlich schob Mackensen die Kasseler D. zu Winkler. Ihre Thüringer waren am 3. zur Garde herangezogen worden und am Leuczusumpf beinahe einem Flankenstoß erlegen, da K. Arz wieder mal nicht planmäßig eintraf. Stegemann läßt schon bei Sokal »Thüringer fechten«, wie bei Lemberg »Sachsen«, 22. D. kam erst jetzt an den Bug, doch weiß man nie recht, was im H. B. Thüringer bedeutet, ob diese oder ein Reserveregt. Statt 22. gingen 119. und die neue 103. D. am 9. mit der Garde auf Bobryk-Olcachow los. Nach heftigem Gegenstoß, dessen am 14. Buches Schlesier Herr wurden, wich Iwanow auf Brest. Die Gardekavallerie D. erschien zur Ablösung der für Offensive freizumachenden 81. D., sogar Emmich sollte zum Bug abrücken. 125 km Gewaltmarsch durch Staub und Hitze, reine Kraftvergeudung, gleich darauf Transport nach Belgien, so ging man mit den Truppen um! Offenbar setzte Linsingen endlich eine Operation östlich des Bug durch, doch selbst jetzt noch hintertrieb Mackensen sofortigen Flußübergang, immer nur um das eigene Wohlergehen der 11. A. besorgt. Er sträubte sich wegen befürchteter Flankierung aus Kowel, was Linsingen als Hirngespinst verwarf. Kaum lagen Garde, deren 1., 4. Brig. der Julikampf schwächte, und Arz in ernsteres Gefecht verstrickt, als Marrwitz ganz nördlich drehen und fortan stets westlich des Flußes bleiben mußte, also für jede Operation östlich des Bug ausfiel. Die Russen wurden nun allgemach nach Wolhynien hineingedrängt, wobei sie das Land greulich verheerten und Millionen Einwohner ins Innere verschleppten. Der russische Generalstab, dieser Meister blutrünstiger Kolportagephantasie, bemäntelte alle Grausamkeiten mit Tiraden über »Attila und seine Hunnen«. Künftige Historiker, die diese Zeit nicht miterlebt haben, werden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen über so schamlose Verlogenheit, wie sie in schlimmster geschichtlicher Vergangenheit nie möglich gewesen wäre, daß die Barbaren ihre Mißhandlung von Millionen unglücklicher Landsleute den »Hunnen« zur Last legten. Doch das Schicksal verschmähte den feigen Lippendienst betrunkener Popen und legte dem Zarismus ein vollgerüttelt Maß der Vergeltung auf.
Die schwankende Lahmheit in Mackensens Bewegung stach bedeutsam vom Schwung und Siegeseifer der schlesischen L. W. ab, als sie das Moskauer Grenadierk. überrannte, durch verwegenen Flankenmarsch zur Radomkamündung nördlich Iwangorod überging und jenseits umging. Durch schmale Durchgangsbrücken ergoß sich bei Iwangorod eine solche Sturmmasse über die Weichsel, daß Verfolgung sich stets zu neuem Angriff zuspitzte. Durch Sandbänke, Weideninseln, Schilfschlamm übersprang 3. L. W. D. die gleißende Wasserfläche. 6., 7. L. W. vorauf, dann L. W. Breslau und Brieg ging es unter Feuerschein vieler Brände Iwangorods und dortiger Getreideschober das jenseitige Plateau hinauf und das L. W. K. König nebst R. D. Breslau feierte lauter Ehrentage in Festhalten der Sperre. Dies war die Art, keinen zeitraubenden Aufenthalt zu gestatten, wo Frontalstoß nichts versprach. Hätte Linsingen mit gleicher Entschlossenheit gehandelt wie Woyrsch unter viel verwickelteren Verhältnissen, dem ein breiter Strom und Verteidigungsterrassen mit achtfachem Ausschuß entgegenstanden, so würde sofortige Rechtsziehung ihm unnütze Opfer erspart haben. Auch Woyrsch Erfolg wurde getrübt durch Trödelei und Mangel an Entschlußkraft auf Mackensens linkem Flügel, wo der Erzherzog am 2. nur 15 km südlich Iwangorod stand. Verfolgt man den Ausschlupf der Russen, als sie am 4. zwischen die Weichsel-Forts zurückfluteten und auch Brest einpackten, so sieht man deutlich, daß er Flankenstoß gegen die Rückzugskolonne wohl hätte ausrichten können. Erst am 10. holte er den Feind ein, gemeinsam mit Woyrsch, der aber, wie sein starker Verlust beweist, dem Abzug stets an der Klinge blieb. Die Schlacht bei Damaszew gegen ihn hatte Dimitriew so heftig geliefert, als scheere er sich keinen Deut um drohende Abschneidung, und man nahm seinem Rückzug nur 3000 Gef. ab, während er südlich der Weichsel sehr viel mehr verlor. Da Dimitriews Rechte unter Smirnow noch am 7. hinter Warschau stand, hätte man ihm sicher mehr Abbruch tun können. Auch hier klappten die Dinge nicht, wie überall, wo Mackensens Einfluß hinreichte, den man darob als glorreichen Sieger pries. Dimitriews eigene 3. A. entkam über Brest, die ihn unterstellten 4., 2. A. über Brest und Pinsk.
Schon am 28. Juli regneten Bomben deutscher Luftschiffer auf die Rückzugsstraße. Es kam dem neuen Oberstabschef Alexejew hart an, den als »Feldmarschall« paradierenden Prinzen Leopold (lies Stabschef Oberst Hofmann) in Warschau einzulassen, da die künstlich niedergehaltene Polenfrage damit in akutes Stadium trat. Obschon am 14. Räumung begann, fiel Smirnow noch am 17. gegen Scheffers rechte Flanke aus bis 29. Doch er zögerte viel zu lange, die Südforts zu räumen, wo am 3. Aug. Sächsische L. W., neue Infanterieregimenter und Württemberger gegen Werke 1–5, 49. R. D. nebst bayr. L. St. gegen 6–9 sich in Kampf setzten. Der Sturm ging glatt durch, doch ermöglichte die Besatzung den Abzug durch inneren Fortverband und die mürrisch schweigende Hauptstadt. Scheffer-Boyadel zog unter vaterländischen Liedern bis in die östliche Vorstadt, das alte Schloß und sein Park empfingen aber Kugelsaaten vom Ostufer, der Russe hatte überall seine Freude daran, Zerstörungswut an Polen und Ruthenen auszulassen, die seine Tartarenarbeit am liebsten ausgerottet hätte. Alle Maschinen, deren man habhaft werden konnte, packte man nach Petersburg ein, sogar die Druckerpressen. All das forderte nachher der biedere neue Polenstaat von Gnaden Clemenceau-Wilsons von den bösen Deutschen zurück, welch seltene Unverschämtheit uns natürlich nicht wundert. Legts zum Übrigen! Das Phantom des Panslavismus, als ob die Großrussen Verwandte der Sarmaten wären, weil sie wie die tartarischen Bulgaren eine Sprache mit slawischer Wurzel annahmen, spukte so herum, daß die Befreiten eiligst wieder nach den Unterdrückern hinschielten. Den Dank für die Befreiung trugen die edlen Polacken so echtpolnisch ab, daß Deutschland es hoffentlich nie vergessen wird. Mit Betrübnis sahen die echtrussischen Leute der Polizei, dieser ärgsten Verbrecherbande, und der aus den Gefängnissen losgelassenen Sträflinge sich um Pogromhoffnung betrogen: Zu rasch waren die Deutschen da, mit denen nicht zu spaßen ist, mit ihnen die Ordnung. Doch der Pole fühlt sich nur wohl unter polnischer Wirtschaft, nirgends erhob er die Hand für die ihm verheißene Auferstehung, ballte sie nur im Sack und gab dann dem verwundeten Löwen Eselstritte. Ein solches Volk von so frecher heimtückischer Gemütsart ist keiner Unabhängigkeit würdig, sondern nur französischer Vasallenschaft.
Scheffers 49., 84. R. D. verfolgten Smirnow, K. K. Frommel links als Deckung, zum Nurcec und Bug, 5. R. D. erzwang am 23. den Übergang. Mackensens Verfolgungsmarsch nordwärts westlich des Bug ging den gewohnten Schneckengang. Marrwitz 118. R. eroberte am 7. ein gefälltes, mit Draht umwickeltes Waldstück, lange hielt die bewährte 3. Sib. D. aus. Iwanow rang nur um Abtransport nach Brest über Wlodawa, wohin Winkler von Grubeszow her vorstrebte. Das Reiterkorps Hehdebreck (7. K. D. 11. Honv. K. D.) hatte früher nicht ohne Verlust Linsingens linke Flanke gedeckt, eine ganz untunliche Aufstellung, da es von Anbeginn auf die Bug-Flanke gehört hätte. Dort trabte es jetzt vor, 4. Schles. Drag. verfolgten die Orenburger Kosaken über das angezündete Wolynsk. Den General Mitschenko erwarteten Transportzüge in Kowel für Brest, sein 31. K. kam aber nicht so wohlfeil davon, wie die anderen russischen Teile, obschon die »rotrussische« Erde Wolhyniens sich dem Einmarsch durch Torfstrecken, Versumpfung, Felshügel, dichten Holzbestand widersetzte. Am Westflügel ähnlicher Aufenthalt. Am 7. war die Schlacht des Erzherzogs bei Lubiartow heiß, weniger für die polnische Legion (Galizier Freiwillige) als für die böhmische 21. L. W. Div. und die Tiroler, deren 55er die verderbenspeienden Höhen nahmen. Ja, kämpfen konnten die Österreicher, wenn sie wollten, doch zögerten so lange, bis der Feind sich wieder ordentlich einnistete. Er stand hier noch längs der Reichsstraße Lublin–Cholm und der Bahn Lublin–Iwangorod, auf Südseite der Bahn nach Ruska Wola umgebogen, wo Besser durchdrang, was den Mut der Österreicher hob. Diese von Woyrsch schon in der Luftlinie umfaßte Stellung war eine russische Unverschämtheit aus Verachtung der k. k. Schlamperei. Als der Erzherzog endlich die Bahn Iwangorod–Brest am Wiprz-Bogen überschritt, hatte die ganze russische Rechte sich schon glimpflich herausgewickelt. In der russischen Meldung vom 10. riecht es zwar nach »erstickenden Gasen«, ein böses Zeichen, lies: allgemeiner Rückzug nach Wlodawa. Doch Iwanows Mitte westlich der fast senkrecht laufenden Straße Cholm–Wlodawa–Brest war eben auch entkommen, während die Linke östlich der Straße mit ihren flankierenden Vorsprüngen Linsingen lange genug aufhielt. Immer noch lenkte ihn Mackensen von der richtigen Aufgabe ab, mit Uferwechsel auf Kobryn zu marschieren. Warrwitz wurde ganz losgelöst und hatte noch am 16. unangenehmes Gefecht. Iwanows Stellungswache fand immer wieder Auskunftsmittel.
General v. Seeckt ordnete die Verpflegungsmaschinerie vortrefflich, pünktlich bekamen die Truppen täglich dreimal warmes Essen samt Bier und Mineralwasser, reichlicher Gemüsebestand vervollständigte die gute Küche. Statt der verschleppten Landbebauer draschen deutsche Arbeiterbataillone, mahlten die Feldmühlen. Denn Eisenbahner, Pioniere, Schipper stellten geschwind wieder her, was die Barbaren beschädigten, Feldbahnen führten Lastwagen und Proviant herbei, beförderten fahrplanmäßig, zur Front vorgearbeitet, die Kämpfer. Das war alles schön und gut, doch später geriet man aus dem Sandboden auf noch unwegsameres Gebiet, Verpflegungsstörung zwang im September zum Haltmachen. Hätte man früher Rechtsabmarsch angetreten, so würde der Feind nicht Zeit behalten haben, alles Eßbare auszurotten. Die Russen verbrannten die Ernte mit den Dörfern, ihre Verwüstung unterschied fein zwischen den Marken des Zartums Moskau und fremdstämmigen Polen, Litauern, Esthen. Man nennt dies Panslawismus. Selbst der heiligen Ruthenenstadt Cholm hinterließ Iwanow ein brennendes Andenken, Dimitriew verschonte weder Iwangorod noch später Brest. Der Gospodar aller Reußen flehte vor Cholms wundertätigen Heiligenbildern, der Herrgott von Dennewitz war mächtiger, und was die unerforschlichen Mächte ihm noch aufgespart als Vergeltung der Trauerspiele auf allerhöchsten Befehl bei der ersten gescheiterten Revolution, ahnte niemand. Wahrscheinlich billigte der hartköpfige und keineswegs »schwache« Tyrann (die Art, wie er nachher den angeblich allmächtigen Onkel Nikolajewitsch absägte, zeigte seine Stärke) auch diese Nachahmung von 1812. Doch ging es wie bei Wellingtons Verheerung vor Portugal, die mitgeschleppten Menschen- und Viehherden belasteten den Rückzug. Auch in Kurland geleiteten ihn tausend Feuersbrünste, sogar das gemähte Getreide verzehrend, doch die Letten blieben im Lande und retteten viel. Aus Wilna nahm man alle Monumente und Glocken fort, die Einwohner der großen Stadt empfingen nachher die Deutschen mit Freudentränen. In Riga richtete der Gouverneur unberechenbaren Schaden an, hinterließ einen verfluchten Namen. Daß die Riga–Orel–Bahn all ihr Material auf die Petersburger Linie verlegte und Dünaburg oder Minsk wie ausgestorben sich von Bewohnern entleerten, hieß selbstmörderisch wüten und es macht lachen, wenn heute die Zarenanbeter über den Sowjet-Terror heulen, als sei dies etwas Ungewohntes. Immer thront das Gespenst Iwans des Schrecklichen über dem heiligen Rußland und die Sowjets trieben es kein Jota schlimmer als dies alte System der Menschenschinderei und stinkender Korruption.
Laut H. B. stieß nur Linsingen noch auf starken Widerstand, Mackensen nur auf Nachhuten mit unbedeutenden Kämpfen. Das ist handgreiflich unwahr, angesichts der immer noch schweren Verluste aller Teile, auch D. Behr mußte wieder ins Vordertreffen. Ja ja, Statistik liefert oft peinliche Überführung. In Wahrheit stellte Iwanow sich noch wiederholt und Marrwitz wurde ganz losgelöst, um Arz zu helfen. Inzwischen sicherten sich Gerock und Winkler Brückenköpfe am Bug, um gegen Kowel zu sichern, zeitraubende Besorgnis, denn Luftaufklärung stellte keine Anwesenheit größerer Massen dort fest. Erst spät durchmaß Winkler das Wald- und Sumpfgebiet von Kobryn, so kam man natürlich nicht rechtzeitig zu Umfassung und Abschneidung der auf Brest Abgezogenen. Brest war längst geräumt, der Feind entkommen, als Teile von Marrwitz und Gerock aus Südwest, Arz aus West, die Brandenburger aus Nordwest am 26. früh die Bugveste besetzten. Denn wo blieb die Umfassung aus Süd- und Nordost?
Erst zuletzt ans Ostufer übertretend, ließ Iwanow die ganze Gegend östlich des Bug frei. Man hätte daher, so viel bisher versäumt, noch nach Einnahme von Cholm am besten getan, sofort ostwärts abzuschwenken, wodurch man die bei Wolynsk Stehenden zum Ausweichen ostwärts auf Luzk zwang, der russischen Hauptmacht aber in Flanke und Rücken kam. Den räumlichen Umweg wog zeitlich die bessere Wegbeschaffenheit auf. Mackensen konnte mit eigener entsprechender Rechtsziehung als Linsingens Flankenschutz dienen. Jedenfalls verlief dann Abzug von Iwangorod wie von Brest nicht so glimpflich wie bei frontalem Nachstoßen. Was halfs, daß Brandenburger und österreichische L. W. bei Erstürmung der großen Lagerfestung in Bravour wetteiferten! Der Feind drehte den Rücken und uns eine Nase. Bei neuer Umgruppierung traten wieder unnütze Verschiebungen ein, indem die Bayern nach links um Moser herummarschierten. Die Nötigung, nach links aufzuschließen, um die innere Flanke der 11. A. zu decken, war um so hinfälliger, als der Feind gar nicht daran denken konnte, gegen sie offensiv zu werden und ihr Vorwärtskommen gar nicht geboten, vielmehr vernünftiger war, Iwanow lange westlich des Bug hinzuhalten, bis Umgehung östlich des Bug ausreifte. Zweifellos handelte Linsingen auf Mackensens Anweisung, die ganze Entwicklung handelte aber einer kräftigen Strategie zuwider, falls man Großes erreichen wollte. Falsche Staffelform blieb bis 25. bestehen, insofern Marrwitz ursprünglich nördlich weit voraus war, Winkler südlich zurückhing. Umgekehrtes Verhältnis wäre richtig gewesen. Indem nun Gerock aus Süden gegen Brest vorging, Conta und die neben ihm eingeschobene 22. D. ihre Stoßrichtung nordöstlich nahmen, Winkler aber zu gleichem Zweck noch nicht auf gleicher Höhe war, mußte letzterer dann gleichwohl bis 15. Sept. die Hauptrolle übernehmen und am weitesten östlich die Initiative auf Pinsk als Vorderstaffel durchführen. Man stülpte also mit Platzwechsel innerhalb des gleichen Aktionsradius die Staffeln um, erst linke, dann auf einmal rechte Staffel weit voraus; ein Manöver, wie es nie bei überlegter besonnener Massierung vorkommen darf. Marrwitz und die ihm links angehängte 47. R. D. wurden also jetzt zum versagten Flügel, auch 4. D. trat auf den Fleck, damit Gerock nördlich davon den Stoßflügel mit Winkler bilden könne. Es bleibt unbestritten, daß frühere Rechtsschwenkung auf Kowel sicher Pinsk eine Woche früher erreichte und so den Russen nur Abzug auf Kobryn freigelassen hätte, was ihre Lage ungemein verschlimmerte und sie förmlich Spießruten laufen ließ, wenn sie überhaupt noch die Rokitnosümpfe erreichen wollten. Statt die Kowelchaussee zu benutzen, watete man vorwärts durch tiefen Sand, der besonders den Trainkolonnen nachteilig war. Am 21. befand sich Marrwitz in heftigen Ausschreiten auf Kodem, auf das Arz 8 km nördlicher losging. Links davon holten die Brandenburger nordwestlich aus unter offenbar schwierigen Kämpfen, wie ihr Verlust beweist. Garde und Hannoveraner, die schon erheblich litten, machten Halt. Daß letztere ein starkes Erholungsbedürfnis bekundeten, ist wieder ein Beleg für mindestens Gleichwertigkeit von Reservistenkorps, denn 47. R. D., 41. R. K., die geradeso lange im Feuer standen, verschmähten es, auf Ausruhen anzutragen. Winkler ging vielmehr so energisch vor, daß er am 23. ein bedeutendes Stück Weges fechtend vorwärtskam, bei Oltusz auf gleicher Höhe mit Conta, dem der Feind wilden Widerstand entgegensetzte und dann auf Oltusz wich. Südwestlich durchmaßen die Bayern fechtend eine weite Strecke, während die Kasseler nordwestlich schon des Feindes Flanke berührten und Moser am Bahnhof Demascew seine drei Thüringer, Posener, Brandenburger Reserveregimenter zu gebührender Geltung brachte bis Bahnhof Dubica, in der Luftlinie schon weit nordwestlich der Kasseler. Am 24. bedrängte Gerock den Feind derart, daß Moser schon nordöstlich Kodem stand, während am anderen Ufer Marrwitz die Brester Südforts beschoß. Conta machte Halt, General Dieffenbach drang aber mit seinen Kasselern schon weit nördlich über die Bahn Brest–Kowel hinaus, die gleichzeitig von Winkler gesperrt werden sollte. Dort zog das r. 31. K. in wirrer Unordnung ab, verfolgt vom Kav. K. Heydebreck. Dagegen schädigte Gerock in den schwach verteidigten Ostforts wieder sehr wenig den Abfluß der Russen, die meist schon nach Kobryn 45 km von Brest fortrollten. Den Preis der ganzen Augustverfolgung bildeten hier nur 9225 Gef., auch die Beute im niedergebrannten Brest, über dem eine schwüle Rauchwolke lagerte, war spärlich: Zu gründlich arbeitete Kommandeur Leining mit Petroleumbegießen und Zündschnuren. So mager endete die große Operation mit großer Enttäuschung. Für verspätetes Eintreffen Linsingens auf der Rückzugstraße (siehe Lodz) trifft Mackensen die Hauptschuld, weil er nicht früh genug den Plan faßte und außerdem die Bewegung dauernd durch Linksziehen beeinträchtigte. Schwebte ihm Abschneidung der aus Iwangorod Abziehenden vor, so mußte er dies doch schon am 7. als unmöglich erkennen, keinesfalls versprach dies so viel als Entscheidungsschlacht bei Brest, die unter Heranziehung von Woyrsch und Puhalla notwendig mit Katastrophe enden mußte, falls Linsingen rechtzeitig Kobryn erreichte. Jetzt tauchte bei Linsingen der Gedanke auf, die von Kobryn östlich auf Pinsk Abziehenden in die Rokitnosümpfe zu drängen, doch auch dafür ging zu viel Zeit verloren. Marrwitz befand sich schon nördlich der Kobrynstraße, fiel also für südliche Umfassung aus. Gerock wurde nordöstlich abgedreht, später geriet auch Dieffenbach in solche Richtung, so daß zuletzt nur Winkler und Heydebreck den Stoß auf Pinsk führten. Fortwährendes Drängen nach Norden statt nach Osten ließ dem Feind Zeit genug, auch Pinsk vor den Deutschen zu erreichen. Nur sein 31. K. kam nicht mehr nach Kobryn durch, ins südöstliche Sumpfland versprengt. Heydebreck zersprengte die 3. r. Kav. D. und ritt gegen Mitte der Straße Kobryn–Pinsk an. Winkler folgte, so gut er konnte, bis wo die Chaussee sich mit Bug-Don-Kanal schneidet. Drei Kanäle und die Lesna überbrückten zwar unsere Pioniere mit spielender Leichtigkeit; doch hinter dem Bugkanal setzte sich der Russe zu mehrtägigem Nachhutkampf bis 2. Sept., wo 22. D., 82. R. D. die Kobrynstellung aus dem Gelenk drehten. In Brest wurde die 11. A. aufgelöst, um einer anderen Bestimmung entgegen zu gehen. Garde, 10. K., 22. R. K., 11. bayer., 119., 56. verschwanden. (Stegemann zählt freilich noch 10. R. K., das schon im Juli in den Vogesen focht; damit wird sein Erscheinen auch früher bei der Südarmee apokryph, kein Bericht weiß davon.) Mackensens Feldzug erwies sich als glatte Niete im August wie im Juli, nichts als Raumgewinn ohne Zertrümmerung der Feindesmasse. »Ich sehe nur eins, die Masse«, sagte Bonaparte, doch man darf nicht mal sagen, daß Mackensen »zu viel sah«, er sah strategisch überhaupt nichts und schwankte dabei fortwährend in seiner Auffassung.
Im September drängte Gerock zur Jasiolda nach, unterstützt von Gardekav. D., die fortan zur Bugarmee übertrat. K. Conta (1., 22. D.) marschierte aber hinter Moser herum nordwärts, so daß solche Truppenkreuzung das Einfädeln der neuen Operation bis 9. verzögerte. Nach Westen blieb nur K. Arz das Bindeglied zur A. Leopold, die zwar ununterbrochen gegen das Pripetrevier vorging, doch nirgends den Feind richtig zwischen die Finger bekam. Der Erzherzog nebst der Honvedreiterei marschierte südlich zur A. Puhalla und gab nun besser an Marrwitz ab, so daß die Österreicher »endlich allein« und der beschämenden Aufpasserei der »Brüder aus dem Reich« ledig waren. Man merkte es später. 35., 47. R. D machten den Anfang im Sprengen der Jasiolda-Linie, dreieckig winklig mit Front nach West und Südost angelegt. Vor Conta zog sich der Feind in die Rokitnosümpfe zurück, durch deren schmale Dammwege er sich leidvoll hinwälzte. Die große vorspringende Landzunge zwischen Ostausläufen des Bug-Kanals und dem sumpfigen Ostlauf der Jasiolda säuberten Moser und Winkler. Auf 150 km langem Vormarsch konnte der Verpflegungstrain nicht nachkommen, trotz Mühseligkeit, stetem Marschierens und Fechtens setzte Linsingen den »letzten Hauch von Mann und Roß« daran, so daß am 12. beide Ecken der letzten russischen Verteidigungsstellung sowohl vor 1. als 81. R. D. umfielen, Moser durchbrach das Zentrum. Er und Winkler ruhten nicht bis der Feind aus Pinsk in die Pripetsümpfe verschwand, Conta sperrte am 16. den Oginskikanal am Einfluß der Jasiolda. Man rieb sich die Hände, daß das große Sumpfrevier nun die russische Macht in dem Nordteil von Minsk bis Riga und den Südteil zwischen Rowno und Pruth trennte. Diese Trennung fruchtete aber wenig, jeder Teil kämpfte nun für sich allein und Durchbruch zwischen beiden auf innerer Linie verbot sich gerade durch dies Gelände. Dagegen genügten wenig Truppen, den Feind am Pripet festzubannen, nur 35., 47. R., 4., 107. D. nebst Arz blieben gegenüber im Verein mit A. Leopold. Linsingen mit K. Conta und Winkler nebst Garde u. 5. K. D. ging ab in Richtung Rowno, wohin bereits der Erzherzog voraus war. Links davon besetzte Puhalla Kowel. Mit diesen links und rechts ihm unterstellten Österreichern hatte Linsingen den Stochod-Abschnitt vor sich.
Auch die Septemberoperation wurde ein kalter Blitz, der nicht einschlug. Daß die Barbaren tausende unglücklicher Einwohner als Maske deutschen Kugeln entgegenstellten, half ihnen nichts, doch verloren sie äußerst wenig Material, nur Krankheit räumte im Sumpfgebiet schrecklich unter ihnen auf. Immerhin gestattete jetzt die beträchtliche Verkürzung und Straffung der Front erhebliche Truppenersparnis auf Strecke Kowel–Baranowitschi, da der Feind sich an der Jasiolda nicht entwickeln konnte und seine Macht wenigstens zwischen Wilna und Rowno auseinanderfiel. In der Schlußphase bis 16. erfüllte Linsingen seine Aufgabe taktisch sehr gut: Herausmanöverieren des Feindes, ihm keine Ruhe gönnend, aus jeder Nachhutstellung ohne besonderen Verlust. Doch als man durch Gehölz und Morast vorwärts tappte, erwarb man nirgends die Aussicht, die Entkommenen in die Rokitnos zu werfen. Wutknirschend, doch meisterlich leitete der Großfürst den Rückzug, der kalte Mut seiner Truppen aber, die in dieser kritischen Lage nicht in Auflösung verfielen, erwarb sich die Achtung gerechter Kritik.
Die aufgelöste Bugarmee erstand in neuer Gruppierung als Südarmee (4 D., 14 österr. D.), ihr lag ob, in Verbindung mit Böhm und Bothmer den Feind aus Podolien zu vertreiben. Wenn man Rußland schon für erledigt hielt, so stützte man sich hoffentlich nicht auf schwindelhafte Gefangenenziffern im Süden, die uns schamrot machen. Wo um Himmels willen sollen denn plötzlich seit 2. Mai 591 000 Ges., 360 Gesch. 1142 Masch. Gew. herkommen? Man prüfe doch die Einzelangaben und vor allem die Möglichkeiten aus den Kampfhandlungen. Die österreichischen Meldungen sind kalter Aufschnitt mit Prestigesauce wie die russischen. Bei den Geschützen sind aber Festungsgeschütze in Przemysl, Lemberg, Brest, Iwangorod mitgezählt, meist unbrauchbar gemachte. Dagegen scheint die offizielle Petersburger Angabe ein ehrliches Dokument, daß bis Mitte August 43 224 Off. getötet, 161 443 verw., 18 605 »vermißt« seien, letzteres nicht immer Gefangene, sondern unaufgefundene verendete Schwerverwundete. Rechnet man 210 000 Off. t. und verw., so bekommt man eine Mannschaftsziffer, daß sich die Haare sträuben, und schon jetzt wahrscheinlich 4 Mill. Tote. Denn die mit ihr selber durchgehende deutsche Objektivität – für Ausländer, nie für Landsleute – rechnet spaßhaft niedrig 1:40, da die russischen Offiziere auf Befehl seit langem sich schonten und hinter der Front blieben, weil Offiziersersatz unmöglich wurde. 1:100 und mehr ist der richtige Satz. Smirnow, Chef der 2. A., der sich durch unmenschliche Blutbefehle auszeichnete, rechnete im Tagesbefehl Ende Juli jeden Verlust bis 50 % als »normal«, nur bis 75 % als »schwer«, da denke man sich das Nötige! Diesen ungeheueren Aderlaß zapften nur zum geringsten Teil die Südarmeen den Russen seit Mai ab, sondern Hindenburgs Heere, die ja schon 9 Monate früher an der Arbeit waren. –
Wir sehen, daß Eichhorn bisher gegen Kowno nicht viel ausrichtete, während Below immer derber aufs Dünaufer bei Friedrichsstadt seine Hand legte. Was über die brennenden Brücken floh, zermalmten die Geschosse. Dies war schon am 3. Sept., dagegen fiel Kowno am 18. August trotz teilweise verzweifelter Gegenwehr, diese weit ausgebaute und schon seit Juli 1914 in Kriegsbereitschaft gesetzte Ausfallpforte. Sie ging in Trümmer durch grauenvolles Bombardement. Unsere »fleißige Berta« verwandelte das Hauptfort mit 17 Treffern in eine hohle Ruine. Die Besatzung entkam. Kommandant Gregoriew schimpfte zwar erbittert auf seine Offiziere, wanderte später aber selber ins Zuchthaus wegen Mangel an Fürsorge und persönlicher Feigheit. Seine Truppen schlugen sich hartnäckig, doch dann kam der Zusammenbruch, denn Eichhorn erntete außer unermeßlicher Beute von Geschützen, Munition, Proviant noch 20 000 Gefangene. Der r. G. St. fügte uns auf dem Papier »enorme Verluste« zu, die V. L. sagen das Gegenteil. Eichhorn brachte dann auch Ossoviec, vier zickzackartige Forts, zu Falle und erreichte die Bahnlinie Grodno–Wilna, wo seine Batterien sich ins Feuer setzten. Teile von Scholtz brachen eine Nachhut bei Tycocin, besetzten am 24. Bialystok, drangen in dortigen Urwald ein, am 30. stand er bei Novi Dwor schon westlich Grodno, während damals Gallwitz' Heersäulen südlich von Bialowinskaforst vorüberzogen. Während man über Eichhorns auffallend geringen Verlust staunt, läßt der blaße H. B. auch nichts durchscheinen, was Scholtz' hohen Augustverlust erklären könnte, insofern aller Wahrscheinlichkeit nach 2., 37. D., 75. R. D. im Juli mehr litten. Wir könnten also mindestens 3000 dorthin übertragen. Indessen waren die Übergangskämpfe vom 1.–3. sowie an der Bahn Ostrolenka–Ostrow und Troscyn und an der Ikwa-Mündung 6. heftig und mögen sehr blutig gewesen sein. Als der Zar am Jahrestag von Borodino 6. Sept. den Oberbefehl übernahm, hörte er schon die traurige Mär, daß am 3. auch Grodno fiel, als Scholtz Einlaß begehrte. Die 3 Hauptforts am Flußknick wurden von L. W. und Badensern der braven 75. R. D. im ersten Anlauf erstürmt, am Bahnhof kam es noch zu erbittertem Straßenkampf, die Einschließung war aber hier auch so unvollkommen, daß die Besatzung mit fast all ihrem Geschütz entwischte. Ehe es so weit kam, hatte A. Gallwitz zur selben Zeit, wo Mackensen unfruchtbare kostspielige Raumgewinne erwarb, in gewaltiger Schlacht. Prasnycz–Pultusk den Feind zerschmettert, die Narew–Wkra-Festungsfront gesprengt und den nördlichen Bug eher überschritten als Linsingen den südlichen.
Nach dieser Untermalung gehen wir daran, Einzelheiten zu behandeln. Zunächst sei festgestellt, daß man in aller Stille vorerst eine Übermacht versammelte, den Feind gründlich über das bevorstehende Ungewitter täuschend. Er verließ sich vertrauensselig auf seine gewaltigen drei Linien hintereinander und vergaß, daß Prasnycz schon so oft den Besitzer wechselte. Die Ereignisse in Südpolen und Kurland zogen Rußkis Aufmerksamkeit ab. So lagen damals nur 1., 2., 11. sib. Div. bei Prasnycz, denen sich bei Ciechanow das 1. turkest. K. anschloß. Während 5. A. die Düna, 10. A. den Njemen verteidigten, welch letztere auch Scholtz beschäftigte, sollte die 1. A. (4., 5., 21., 27., 1., 4. Sib., 1. turkest. K. nebst Schützen- und 3 R. D.) große Teile an Iwanow abgeben, die zum Abtransport bereit standen. Heergruppe Gallwitz bestand ursprünglich nur aus 17. R. K. Zastrow (dann Surén, früher Deimlings Divisionär bei Ypern, 14., 85. L. W. D.) und dem Thorner R. K. Dickhut (1 Ers. 3 L. W. Brig.) in Richtung Plonsk, die nur gegen die Südwestflanke der Ciechanowstellung in Betracht kamen, ferner aus G. N. und 26., 86. D. Erst später trat 3. D. hinzu, angeblich erst im Juli bei Willenberg zusammengezogen, indessen griff laut V. L. unstreitig 34. Rgt. schon im Juni ein, obschon amtlich nur die Stuttgarter damals hervorgehoben. Die Zusammenziehung bezieht sich nur auf Beigabe von 93. R. zu 42., 34. I., dieser schon im vorigen Oktober hervortretenden Truppe. (Die amtliche Schrift »Durchbruch am Narew«, deren dankenswerte Aufschlüsse doch mancher Retouche durch Verlustuntersuchung bedürfen, nennt sie »Anhaltiner«, das Rgt. wurde aber neben 64. R. in Berlin gemustert. Schon begann man, viele Div. in nur 3 Rgt. umzuwandeln, siehe 1., 22., 56., 107. D., 81., 82., 50. und 8. bayr. R. D.). Die 5. pomm. Brig. blieb bei Scholtz. 4. G. D. bestand sogar nur aus 7 G. Bat. mit Zusatz von 4. L. W. Diese Garde Brig. war von Eichhorn ausgeliehen, außerdem trat Scholtz wenigstens formell das 1. K. ab, jetzt aus 2., 37. D. zusammengesetzt, denn es schied eine kombinierte D. Falk als linke Flankendeckung am Orzyc aus. 9. A. Leopold durfte sich so abwartend verhalten, daß sie 50. R. D. zu Gallwitz schickte, nachdem sie schon viel früher Teile und dann das ganze 17. K. und 38. D. (94., 95., 96.) abgab. Von ihr kam jetzt auch noch Ers. D. Menges und 83. D., zuletzt sandte Hindenburg auch noch die aus Frankreich verladene 54. D. Von diesen operativ im Juli bei Gallwitz mitwirkenden D. waren aber zunächst nur 8 für den Hauptangriff vorhanden. 86. D. bestand aus den früheren Ers. Rgt. Reinhardt, Wenzel, Gropp, zwei Ers. Batl. und 2. Jäger. Was jetzt 11., 13., 17. K. hieß, entsprach keiner ursprünglichen Gliederung: 13. K. Watter – 3., 26. und 4. G. D. als Linke westlich des Orzyc, 17. K. Pannewitz – 35., 36. und G. R. D. als Mitte, 11. K. Plüskow – 38., 86. D. als Rechte. Westpreußen und G. R. hatten bedeutenden Juniverlust hinter sich, ebenso litt die L. W. Zastrow's, deren 14. D. mit Brig. Pfeil (85., 101.) Plüskow rechte Flanke gegen Ciechanow deckte, dort zog sich eine andere mächtige Befestigungslinie bis zur Weichsel fort. Die eigentliche Prasnyczstellung mit 7 km Tiefe dehnte sich von Grudusk bis Jednorozec am Orzyc. Beide Linien verband eine Schanzlinie nördlich der großen Mlawa-Chaussee. Erst wenn alle diese Vorder- und Riegelverschlüsse gesprengt, konnte man den gekrümmten Narewbogen Pultusk–Rozan–Ostrolenka anschneiden. Die ständigen Festungen waren allerdings vernachlässigt und verfallen, doch sie feierten eine Auferstehung wie bei Warschau, wo man eine Unmenge Feldbefestigungen anlegte. Unsere Sturmtruppen führten aber 240 schwere Geschütze bei sich und die amtliche Schrift vergißt, daß nur die Artillerie den ersten Einbruch erzwang, denn unser Verlust war bis 15. ziemlich gering, der Widerstand im Zentrum matt, weil durch Kanonade gebrochen.
Wir folgen stets höheren Gesichtspunkten als unkritische Referate, die möglichst gleichmäßigen Erfolg anpreisen. Wir erkennen wieder mal, daß Flügelflankierung nicht ausreicht, wofür sich der einfache Grund aufdrängt, daß der Verteidiger erfahrungsgemäß seine Flanken am stärksten versorgt und nicht für sein Zentrum fürchtet. Zwar zog Gallwitz, um Frontalopfer zu sparen im Norden nur einen Feuerring, dessen Wucht die fest eingebauten russischen Geschützgruppen so wenig widerstanden wie die verdrahteten Werke. Dennoch erfolgte der entscheidende Einbruch im Zentrum, von wo er sich dauernd fortsetzte. Das Gesetz innerer Linie ward um so anschaulicher ins Taktische umgesetzt, als Watter erst dann durchdrang, sobald er selber bei Rozan zur Mitte der Schlachtordnung wurde, nach Vorgehen des 1. K. unterhalb Ostrolenka. Schon am 14. mußte er anordnen, daß Falk ihn am Orcycufer begleiten solle. Die Stuttgarter Brig. Stein ging zwar am 13. im Anschluß an Pannwitz nordöstl. Prasnyc schnell durch die erste Linie hindurch. Herzog Urach sammelte sich zu neuem Anlauf, doch links davon kam 3. D. Staabs bald zum Stehen unter schwerem Kampf von 93. R., nicht der immerfort hervorgehobenen Stargarder Füsiliere. (Bei dem harten Juniverlust erinnern wir freilich daran, daß wir Junilisten bis 10. Juli berechnen, wie Julilisten bis 10. August und daß die Möglichkeit vorliegt, die Listen seien so prompt erschienen, daß man die erste Juliwoche nicht zum Juni einzubeziehen braucht. Sobald wir dies zulassen, würde der von uns errechnete Juniverlust sich bedeutend vermindern, dagegen der Augustverlust, sobald wir nichts davon auf Juli beziehen, über jede Wahrscheinlichkeit anschwellen). 4. G. D. Schweinitz kam erst recht nicht über die erste Linie hinaus. Gardejäger erhielten südwestlich Jednorozec einen scharfen Gegenstoß, 5. G. Gren. erleichterten zwar die bedrängte 3. D. durch Wegnahme der Lipa-Höhe (ein Ortsname, der an Gardetat bei Königsgrätz erinnert). Doch mußte Gardebrig. Goltz jetzt los- und von 4. L. W. abgelöst werden. Das brave 93. R. stieß endlich in die zweite Linie hinein, doch man erhielt aus der dritten Linie so scharfes Feuer, daß man von weiterem Einbruch Abstand nahm. Fünfstündige Kanonade erschütterte zwar die 2. sib. D., durch mehrfache Gegenstöße geschwächt, doch blieben ihre 16 Batl. gegen 27 deutsche kampffähig. Auch beim rechten Flügelkorps Plüskow war der Erfolg nicht »außerordentlich«, sondern unvollkommen. Koburg-Gothaer 95. nahm zwar schon früh den vorgeschobenen Posten Grudusk mühe- und verlustlos infolge Artilleriewirkung, doch die südlich Grudusk flankierende erste Linie Lysakowo wurde von 96. Gera und Pfeils L. W. nur beobachtet, nur 94. schloß sich dem Vorgehen der 86. D. Wernitz an und überrannte gemeinsam mit Brig. Windheim die kurze Zwischenlinie bei Kolaki. Die dritte – hier eigentlich zweite – Linie Gorna lag weit dahinter, einfallender Nebel hinderte Beschießung. Erst spät abends warfen sich die Weimaraner auf den stärksten Punkt und waren siegreich, worauf 11. sib. D. an Prasnycz vorbei abzog, von den bisher untätigen 96ern bis in die dritte Verteidigungslinie gefolgt. Diese gab man aber nur deshalb auf, weil nordwestlich Prasnycz Pannewitz ununterbrochen durchbrach. Neben ihm fand die von G. St. Schr. stets besonders gepriesene Brig. Großmann nur schwachen Widerstand, denn sie litt durchweg am wenigsten. Auch verdankte sie ihren äußerlichen Erfolg nur der G. R. D. Albrecht, 2. G. R. vorauf, die schon sehr früh die Höhen- und Waldkette Zborz–Kosnew überwand. Ebenso kam 26. D. Heineccius links davon ungemein schnell vorwärts. Danziger Grenadiere und Graudenzer erstiegen unwiderstehlich die Höhen. Hier vereinten sich 71., 81. Art. der bisher im Rückhalt stehenden 35. D. Hahn mit 36. Art. Brig. Diese zentrale Kanonade tat größere Wirkung als jede andere. Wenn binnen »5 Minuten« die Wamprahöhen fielen, so erweckt der von uns gebuchte geringe Verlust der 36. D. kein Bedenken. Dagegen zieht die G. St. Schr. fortwährend 1. G. R. heran, das anscheinend minimal blutete. Will man dem beliebten Rgt. einen Lorbeer zuschanzen, der dem nur eingangs erwähnten 2. G. R. gebührt? Und die Hauptarbeit verrichtete Berliner 64. R., das sich längst Garderang erwarb und dessen 3. Batl. die Werke von Choimowo nahm, 1. sib. D. fluchtartig über die dritte Linie trieb. Inzwischen war D. Hahn, ins erste Treffen eingeschoben, mit 141. entscheidend vorgebrochen, den Feind südöstlich hinabwerfend, der größte Erfolg des Tages. Das Bollwerk Prasnycz nachts räumend, wich der Feind ins zweite Hauptsystem Ciechanow–Krasnosielc.
Auch dies war schon angeknabbert, denn weit südlich gewann 85. L. W. D. beidseitig der Bahnstrecke Boden. Die Turkestaner machten Miene, die Linksseite der neuen Schlachtordnung stark zu halten, aus Osten und Norden trafen allmählich immer mehr Verstärkungen ein. Überrascht von plötzlichem Angriff, der ihm schon 6000 Gefangene kostete, wollte der Russe den deutschen Vormarsch brechen, den am 14. Regen und Nebel erschwerten. Wieder erreichte Watter erst abends Krasnosielc, vor diesem Orzyc-Brückenkopf blieben Garde und Falk liegen, Pommern und Württemberger betasteten nur südwestlich davon die Hauptstellung. Am Südwestflügel nahmen 5 thür. Batl. und Korpskavallerie (6. Kür.) Verbindung mit 85. L. W. D. auf, während 94., Batl. Koburg und Brig. Pfeil sich zu Durchbruch auf Paluki anschickten, Marrwitz lag bei Klonowo vor der Hauptfront. Die von D. Hahn gerissene Bresche sprang in der Mitte weit vor, Heineccius teilte ihr 36. Art. zu, dagegen 72. Art. zur D. Albrecht, wo der Hauptteil der Mörser und Haubitzen kanonierte. Am 15., 16. ballten die Sibirier wieder ihre gelichteten Reihen, im Nordosten rollte 4. sib. K. heran, nach Pultusk–Rozan 33., 40. D., so daß die zunächst fechtenden 80 r. Batl. auf 144 schwollen gegen vorerst nur 120 deutsche inkl. L. W. Doch konnten am 15., 16. Sibirier und Turkestaner nicht wehren, daß Pannewitz seinen Keil tiefer und spitzer hineintrieb. Dauernd lag das Schwergewicht im Zentrum. Man messe auf der Karte die Entfernung von Opinogora nach Karninowo und Krasnosielc: wie weit beide Flügel zurückhingen. Nur der Zentrumstoß machte die nach Norden gebogene Linie des Orzyctales unhaltbar und drückte auf die Ciechanowlinie nieder, zwang sie zum Ausweichen auf Pultusk. Unsere Linke blieb versagt, die Orzyclinie erwies sich als zu gefährlich für frontale Berennung, auch die Thüringer verhielten sich zuwartend angesichts überstarker Stellung. Dagegen hing sich die am 15. nachmittags anlangende und Plüskow überwiesene 50. R. D. Goltz rechts der Angriffsgruppe Warnitz–Albrecht an, vor Linie Opinogora–Zielona–Grabowo am ungründlichsten ausgebaut. Hier drang man durch, angeblich gab das vom rechten Flügel Pannwitz' herangezogene 128. seinem Stoß besondere Wucht, zwei Zbiki-Höhen überkletternd. Brig. Großmann nahm Grabowo, unterstützt von 18 leichten Haubitzen der Div. Goltz, die ihre 99. Brig. bei Klonowo vorbrachte, so daß der Feind zwischen zwei Feuer kam. Als 229., 230. R. aus Südwest und Rgt. Reinhardt aus Südost einschwenkten, schlug sich die 11. sib. D. nur unter schwerem Verlust durch. Auch half den Turkestanern nichts, daß sie gegen die Thüringer offensiv ausfielen. Brig. Unruh wurde bei Paluki Meister, 96er eine Stunde später bei Opinogora. Sie hatten, von der G. St. Schr. wenig beachtet, hier den weitaus blutigsten Kampf. 35. D. kam an der Einbruchsstelle Bobowo nicht vorwärts, der Feind trat ihr sogar angriffsweise mit Verstärkungen entgegen, hinter sich eine neue Riegelstellung bis über die Pultusker Chaussee, quer im Winkel zur Hauptlinie erbaut, was Flankierung aller Durchbrechenden gestattete. Doch mit Beihilfe der 36. D. blieb dies 20 km breite Befestigungssystem in der Mitte durchrissen. Fortwährend bei Ciechanow ausgeladene Verstärkungen verbluteten, tropfenweise bei zwecklosen Gegenstößen verbraucht. 14. L. W. D. drückte südwärts, Dickhut näherte sich sogar der Nordwestseite von N. Georgiewsk.
Besprechung von Ludendorff mit Gallwitz legte fest, daß Plüskow auf Pultusk, Pannewitz zwischen diesem Ort und Rozan, Watter auf Rozan vorgehe. Noch teilte man zu früh das Fell des russischen Bären, der grimmig brummend seine Tatzen vorstreckte und sich aus seiner Höhle nicht so mir nichts dir nichts ausräuchern ließ. Am Orzyc kam 4. sib. K. an und die Schlachtordnung erst nach hartem Kampf am 16. zum Gleiten. Falk überschritt den Orzyc, 5. G. Gren., 4. L. W. desgleichen südwestlich Krasnosielc. Staabs (früher Allensteiner Divisionär, Auseinanderreißen des Kommandos schien eine Spezialität des Weltkrieges) erstritt spät abends den Übergang mit der Pommernbrig. Ölzem, deren bisher geschontes 42. sehr erheblich litt, die Stuttgarter aber griffen erfolgreich bei jener Querstellung ein, die sich mit der Vorderschanzlinie in spitzem Winkel schnitt. So erleichtert, warf Hahn die russische Vorderlinie um und sprengte den Riegel an der als Festung ausgebauten Zuckerfabrik bei Szaszuki, nachts die Wengierka überschreitend, die mit dem Orzyc weit südlich Krasnosielc zusammenfließt. So bestimmte es Ludendorff, um die Orzycstellung zu Fall zu bringen. 141. Kulm benahm sich hier besonders tapfer, am linken zusammenstoßenden Flügel der 36. D. besetzte 176. das große Dorf Krasne, sein »blutiger Häuserkampf« ist wohl mythisch, da ihm laut V. L. nur wenig Mannschaft verloren ging. Weiter westlich und südlich drang man mühsamer vor, wobei r. 14. Kav. Brig. umsonst 229. R. attakierte. Mittlerweile befand sich Pfeils L. W. schon westlich der Chaussee nach Nasialsk, 85. L. W. D. besetzte Ciechanow, von wo die im Osten umgangene 11. sib. D. sich unter Opferung von Nachhuten rettete; 14. L. W. D. und K. Dickhut berührten sich nördlich Plonsk, am 17. vollzog sich Zernierung von Georgiewsk aus Nord und Nordwest, die Turkestaner wichen südlich Pultusk aus, die beträchtliche Marschleistung der L. W. wenig störend. Doch waren deren Gefechte nicht unerheblich, wie man nach der G. St. Schr. vermuten sollte, sie litt sogar ansehnlich. Am 17. erhielt die r. Mitte wohl neue Verstärkung, Goltz und Albrecht blieben gefesselt, dagegen zwang Hahns Wendung ostwärts die vor den Schwaben standhaltenden auf die sehr feste Schanzhöhe Krzyzewski zurück, wo sich das 1. sib. K. aber zähe wehrte, obschon aus Süden von Hahn, aus Westen von Urach, aus Norden von Staabs angegriffen. Schweinitz arbeitete sich weiter vor, doch hatten 4. L. W. und Falk, noch nördlicher in verdrahtetem Waldgebiet das 1. K. den immer stärker werdenden Feind abzuwehren. Das 4. sib. K. war durch Turkestaner Schützen und 33. D. verstärkt, dagegen 2. sib. D. beim Abzug vom Orzyc durch Hahns Masch. G. völlig zersprengt worden, ganze Bataillone vernichtet. Am 18. verschwand der Russe hinter den Narew, 36. D. folgte, bis wo der Orzyc in den Narew mündet. Der ganze rechte Flügel, auf den zuletzt ein Nachdruck des Angriffsmanövers lag, lag jetzt fest zur Berennung von Pultusk, wo 40. r. D. sich setzte. Schon aber lagerte auch Watter im Halbkreis vor Rozan. Am 19. verblieb eine Nachhut noch am Nordufer, wo Urach seine 20. Ul. aufstellte und mit 65. Art., 13. P. schon die Angriffsrichtung südlich Rozan, zwei die Chaussee beherrschende Höhenschanzen und dahinter zwei Forts, sachgemäß bearbeitete. Auf der Westseite zogen sich die Werke in weitem Bogen nordwärts. Am 20. erstürmte 121. die ganze Front nördlich und südlich der Chaussee, hielt scharfe Kanonade und noch schärfere Gegenstöße aus, tat diesmal mehr als die Olgagrenadiere, die ihnen sonst voraus waren.
Voll Zuversicht um ihre Festungen zusammengeballt, gingen die Russen aber jetzt mit einer Entschlossenheit vor, die ihnen Ehre macht. Während Hahn Übergangspunkte suchte, brachen zwischen ihm und Urach acht frische Batl. durch, andere Schlachthaufen setzten bei Ostrykol über. Ulanen und I/125. (welches in der G. St. Schr. stets in erster Linie genannte Regiment selbst heute minder litt, als 119., 121.) hielten den Stoß so lange auf, bis 141., II/176. nebst Batterien 71. Art. und 4. Jg. z. Pf. aus Süden kehrtmachend heran waren, später auch 128., 176. eingriffen. Heineccius beließ im früheren Aufmarschfreuen nur Danziger Grenadiere und Teile 72. Art., auch sie sahen sich heftig angegriffen, während Heineccius gleichfalls nach Nordosten kehrt machte. Hierdurch zerfiel die Tageshandlung in zwei Hälften. Das r. 21. K. (33., 44. D.) bei Rozan griff Watter an, wurde aber infolge Flankierung durch Pannewitz' genannte Rgt. bei Napiorka abends über den Narew zurückgejagt. Dagegen sah es nördlich Pultusk so aus, als ob G. R. vor 40. D. weichen müsse. Indessen eroberte 2. G. R. (angeblich 1.) abends Boby zurück, D. Goltz hielt gegen 4. D. aus, obschon angeblich schwer mitgenommen (keine Spur). Zuletzt ging 4. r. K. blutig geschlagen auf Pultusk wieder ab. Säbel und Lanzen von Kosaken zersplitterten an den Bajonetten von 1. G. R., das in vollem Lauf den Reitern begegnete wie einst Rgt. Bernburg bei Liegnitz. Rußki wollte aber den Strom nicht fahren lassen, Ausladung der Warschauer Bahn bei Ostrow brachte neue Verstärkungen für Rozan und Orzycmündung, obschon im Norden am 20. früh A. Scholtz nach dreitägiger Schlacht den Feind den Narew hinab nach Lomscha warf und 1. K. mit Übergang bei Ostrolenka drohte. Scholtz schob es aber am 21. wieder abwärts nördlich von Rozan, offenbar um entstandene Lücken zu schließen. Hieraus entstand später ein neuer furchtbarer Seitenkampf, auch 83. Div. war dorthin unterwegs wie in Vorahnung.
Die anfängliche deutsche Übermacht, als 73 Batl. auf 48 sibirische stürzten und 32 Turkest. Batl. 48 L. W. Batl. gegen sich hatten, verkehrte sich schon gründlich ins Gegenteil. Jene drei sib. D. waren freilich erledigt, doch traten für sie jetzt schon 6 frische D. nebst frischer Turkestanischen Schützendiv. mit 112 Batl. ein gegen 82 deutsche inkl. Golk. Die Reste der Sibirier und 1. Turkest. K. schienen auch genügend, um Zastrow fernzuhalten. Die Russen waren zwar schon sehr geschmolzen, doch die vorbereitete starke Flußstellung glich dies aus. Es schien daher nötig, daß 85. L. W. D. nach der Mitte östlicher aufschloß, ebenso die der 14. L. W. D. beigegebene Garde Kav. Brig. (G. Hus., 2. G. Ul., 3. Zietenhusaren). Sie machte aber dann beschwerlichen Nachtmarsch hinter den rechten Flügel der 36. D., der am 23. früh den Narew überschreiten wollte.
Es kam unbedingt darauf an, auch den Nordlauf des Stromes in die Hand zu bekommen. Oberhalb Ostrolenka erwiesen sich bisher alle Versuche des Generals von Eben, sein 1. K. hinüberzubringen, als untunlich. Am 24. wollte aber Falk den Übergang unterhalb erzwingen, wo man nordwestlich Kamionka ein Furth entdeckte. In Reserve standen Teile der 37. und später 83. D. bereit, 150 Geschütze versammelt, um den Durchbruch zu erzwingen. Schon brüllten auch vor Pultusk und Rozan sechs 30- cm- und zwölf 43- cm-Mörser, da man am 23. stürmen wollte. Während 1. K. ober- und unterhalb Ostrolenka demonstrierte, wobei 33er die Flußinsel Kordowo besetzten, vereinten sich K. Dickhut und 14. L. W. D. als Belagerungsk. vor Georgiewsk, letztere immer noch ohne Brig. Pfeil, die nebst 85. L. W. D. den Weststurm auf Pultusk durchführen sollte. Außerdem zog Ludendorff auch noch die Breslauer Ers. D. Menges aus der 9. A. heraus und in Gallwitz' Rechte hinein. Was von Artillerie zur Stelle, mußte die Brückenköpfe zermalmen, die der Feind im Norden rein defensiv, im Süden offensiv verteidigte. Der Fluß selber mit Inseln und Sandbänken war vielfach seicht, leicht durchschreitbar, doch konnten Artillerie und Train nur auf Brücken passieren: Pionierarbeit. Am 22. kam es nur zu Einleitungsgefecht von zwei Punkten: nördlich Rozan, wo Schweinitz' Garden schwungvoll die letzten zwei Schanzhöhen eroberten, nördlich Pultusk, wo die kaum aufmarschierten Thüringer sofort den Brückenkopf von Zambski nahmen und so für folgenden Übergang Bahn schafften. 160 Stück jeden Kalibers sollten die Werke sturmfrei schießen, gegen die von Brig. Großmann zu nehmenden Trojani-Schanzen wirkte eine Batterie der Riesenmörser, nach der alten Leuten-Tradition »Brummer« oder im Volksmund »dicke Bertha« genannt. Warum nicht gar »faule Grete«, wie einst gegen die Quitzows, stürzten doch auch hier Raubritterburgen ein! Das Ende des Zartums kam nahe heran.
Genauer betrachtet, erfolgte der Pultuskangriff der R. Gardebrigade Zaworowski, der Div. Goltz und Wernitz sowie der 85. L. W. D., 38. D. folgendermaßen. Am 23. im frühesten Morgendämmer warfen sich 344., 341., 342. auf die Nordwestschanzen, zwei Stunden später Sächsische und Mecklenburger L. W. und 96. I. an der Nordfront, drei Batl. von Goltz und I/95., links davon 64. R. (Immer will die G. St. Schr. 1. Garde R. in den Vordergrund bringen, dies geht unmöglich an, da sein großer Augustverlust nur dann auf Juli fällt, falls die Listen seit 10. August einen unerhört verspäteten Nachtrag bedeuten). Der Sturm, auf lauter einzelne Punkte angesetzt, geschah ungleichmäßig, je nachdem die Artillerie wirkte, seit frühsten Morgen begonnen. Bei G. R. wurde der auf 8 Uhr festgesetzte Sturm um eine Stunde abgesagt. Tatsächlich machten 1. G., 28. P. die Chmielewowerke sogar erst vor Mittag sturmfrei, dagegen brachen Vorderkompagnien des Berliner R. Rgts. schon nach 8 Uhr südwestlich Boby ein, unter Vorantritt des 1. Batl. machten die Märker bis ½10 schon reinen Tisch. (Daß sie dabei nur 56 verloren, klingt unglaubwürdig, würde aber den winzigen Monatsverlust vom 1. G. R. glaubhaft machen). Rechts davon stürzte sich I/231. R., kaum daß die letzte deutsche Granate in die Gräben hagelte, auf den am Nordrand aufragenden Gutshof Szlacheki und hatte nach blutigem Ringen die ganze Stellung. Es war 10 Uhr, das Dorf brannte, der Feind floh. Doch nur in fünf Laufgräben, von wo er mörderisches Feuer ergoß. Der hohe Getreidestand und darin versteckte Masch. G. verursachten Zögerungen, die mit Drahtscheren vorspringenden Pioniere sanken tot und verwundet. Das heldenmütige Bataillon schlug aber immer wieder den Sturmmarsch, sechs andere Kompagnien erklommen eine beherrschende Höhe. (Nicht 230., wie G. St. Schr. sagt, 229., 230. fochten laut V. L. so gut wie nicht und auch späte Augustlisten bestätigen die geringen Einbußen der 50. R. D., warum sollen wir also an andere Nachträge bei 1. G. R. glauben?) Nach Abschlagen äußerst heftiger Gegenangriffe eroberte 231. das Pelta-Ufer, dies von Nord nach Süd in den Narew strömende Flüßchen bot Uferhöhen als Standort der nacheilenden Artillerie, sie bewarf derart das Gelände, daß der Feind seinen Abzug nur mit schweren Opfern bewerkstelligte. Was südöstlich in Gräben ausharrte, ergab sich um so rascher, als nach Mittag 1. G. R. (wohl Verwechselung mit 2.) den Sturm vorwärtstrug. Als ein Halbbataillon sich voll Kampfeifer schon zwei Stunden früher an die Schanzen heranwagte, waren sie noch heil, sonst lag dort alles voll Toter und Verwundeter unter Granatsplittern, die Reste flohen, verfolgt von den Berlinern, während G. R. die Flußschleife bei Grojec durchwatete oder abends auf einer Laufbrücke überschritt. Die Sturmverluste waren hier lächerlich gering: 167. (Auch dies übersteigt aber weit den von uns gebuchten Juliverlust von 1. G. R., es wird Verwechselung mit 2. G. R. vorliegen, warum wird dies Rgt. nie mehr genannt?, da doch sein Verlust beweist, daß es vornan war? Das ist doch verdächtig, mutmaßlich muß man stets 2. für 1. lesen, das in früheren Monaten arg gelichtete 1. blieb wohl in Reserve). Dagegen büßte das tapfere 231. R. über 900 t. u. v. ein, ein Unterleutnant führte das 1. Batl. zuletzt auf seiner Trauer- und Ruhmesstätte. (In früheren Kämpfen demonstrierte Goltz offenbar nur). Keine deutsche Truppe focht tapferer im Weltkrieg, sie riß die besonders starke und von Artillerie nicht genügend bearbeitete Stellung und 2480 Gef., 15 Masch. G. an sich. Bei Wernitz riß 342. (früher Wentzel) nach vorn aus, aus mißlicher Lage von II/96. erlöst, worauf der Stoß bis Dombiny gelang, 341. (früher Reinhardt) links davon befreite 344. (Rgt. Gropp) von Flankierung, dann wurde die ganze Stellung genommen. (Nur 344. litt einigermaßen). Der Feind verzog sich überall in den Innenkreis. Jetzt holte man auch die L. W. herbei, um am Westufer entlang zu drängen, doch der Feind wehrte sich entschlossen in Waldverhauen und Übermüdung aller Truppen verbot ferneren Abendangriff. Bei Sonnenaufgang fand man das Nest leer, Albrecht war schon drüben, während 230. R. in Kähnen übersetzte. Goltz' R. P. K. und Wernitz' zwei Ers. und L. W. P. K. arbeiteten nicht so flink, als die zwei Albrecht zugeteilten Komp. 28. P., die nach langem Marsch und nach langer Bahnfahrt angelangte D. Menges schob sich hinter G. R.
Die Weimarer nahmen erst am 23. abends das starkverschanzte Zambski, nachdem I/94, östlich den bei Kalinow übergesetzten Danziger Grenadieren folgend, in den Rücken fiel, worauf sich die Besatzung ergab nach einigen Feuern ihrer Masch. G. vom Kirchturm. Erst am 24. abends zimmerten die beiden Thüringer P. K. die Brücke für Artillerie. 95er aber kamen bald bis zum Westrand der Sumpfzone von Pulwy, an deren nordöstlichen Vorderrand 7 Gardeschwadronen am 25. streiften. (95. litt überraschend wenig, indes 94. bei Zambski und 96. noch später ihren Verlust vermehrten). Viel früher glückte der 36. D. rascher Uferwechsel in der zickzackförmigen Flußschleife bei Rowy, sie hatten am Südufer heftige Angriffe zu bestehen. Auch 35. D. kam mit 6 Komp. 61er hinüber, trotzdem Kosaken und 4. Turk. Rgt. sich entgegenstemmten. Doch hielt der Feind immer noch das Nordufer, wo er sich östlich des Bahndammes einbaute, erst spät am 24. durchwateten 141., 176. den Fluß und drangen bis Borki.
Bei Rozan bedachten »240« Geschütze Vielleicht nur 140, u. a. 39 Batterien hier, 53 von Pultusk. Man sieht, Spezialangaben widersprechen sich oft, so daß unsere skeptische Anzweifelung mancher Punkte freien Spielraum hat. die Verteidiger mit solchem Feuersegen, daß sie am 23. schlaff und entmutigt alle Werke preisgaben. Ihr Einbruch am 22. hatte II/III/5. G. und G. R. Jägern nur 3 Off., 170 gekostet, am 23. nahmen II/III/34., III/93. R. neue Schanzen blitzschnell, nur eine versteckte Waldschanze bereitete der 12. Komp. der Stargarder plötzliche Vernichtung; 5 Off., 100 M. sanken; sonst kostete der ganze Zauber nur 64 M., obgleich man 1100 Gef. machte. In der Nacht flohen die Russen aus der Stadt, natürlich nicht ohne sie anzuzünden. (Es sieht den Polen ähnlich, daß sie für russische Schandtaten Schadenersatzrechnung an Deutschland präsentierten). Der Flußübergang am 24. ging nicht so leicht, weil jenseitige Waldhöhen und Bebuschung der angelagerten sandigen Uferniederung vor den Militärkasernen der Ostrow-Chaussee die Sperrung begünstigten. Allerdings spie unsere Feldartillerie, nach Abschiebung aller schweren Geschütze zum Belagerungskorps vor Georgiewsk, vom überhöhenden Westufer Verderben in die russischen Reihen und riß breite Sturmgassen. Doch russisches Strichfeuer zwang 5. G. Gren. und 4. Batl. 4. L. W. vom Übergang abzustehen, bis die Nacht hereinbrach. Dann gelang es hinüberzukommen. Am 25. abends drang die L. W. auf Fähren und Pontons bei Sielun nördlicher über den Fluß, am 26. hatte 2. Batl 4. L. W. eine wichtige Höhe im Besitz. (Nur ein Scharmützel, siehe den geringen Regimentsverlust). Nach fieberhafter Arbeit zwei pommerscher P. K. kamen I/II/34. am 25. aus der Stadt heraus, säuberten die Kaserne mit dem Bajonett gemeinsam mit I/III/125.
Noch mehr hätte bei Pultusk erreicht werden können, doch mit Fehlschlägen muß man im Kriege rechnen. Schande genug für die Russen, daß sie sich einen Strom mit zwei Eckpfeilern binnen zwei Tagen entreißen ließen. Ihr Rückzug zwischen Serock und Ostrolenka erreichte jetzt eine Weite von 120 km, auch die Bug-Linie schien bedroht und Entsatz von Georgiewsk geboten. Infolgedessen ermannten sie sich am 26. zu Gegenstoß mit großen Massen: Außer den schon vorhandenen 2., 11., 12., 77., 78. D. noch 59., 63., 68. R. D., 1., 3., 6. Schützenbrig., also inkl. 4., 21. K., 1. sib., 1. Turk. K. mit 280 Batl., dazu 6., 8., 14. Kav. D. Obwohl die Deutschen auch Vorhut 83. D. bei Sielun an sich zogen, hatten sie doch gewaltiger Übermacht standzuhalten. Der Anlauf erfolgte auf 65 km Front, am Westufer von Serock her gegen 85. L. W. fortgesetzt. 78. D. stürmte gegen die 5. G. Gren. heran. (Sie verloren weit mehr als die von G. St. Schr. hervorgehobene 5. G.). Sie warfen aber eine mit wildem Mut stürmende Brig. in den Wald zurück und auch dort hinaus. An den Rozankasernen rang 34. D. gegen 42. Inf., 93. R. (Die hier wie stets obengenannten Stargarder verloren nur halb so viel als die Greifswalder und dreimal weniger als die Berliner oder Anhaltiner). Schwer hatte es 119., doch behielt Herzog Urach seinen Posten. Pannwitz, bei Borki zurückgeworfen, hielt sich am Pulwy. Die heftigsten Anstrengungen der frischen 74. D. und des 1. sib. K., das freilich längst den Großteil seines Bestandes verlor, gegen Westpreußen und Olgagrenadiere erzielten keinen Erfolg, obschon auch eine Turk. Schützenbrigade Heineccius' rechte Flanke bedrohte. Die Thüringer wurden mäßig belästigt, dagegen fielen 11., 12. D., 1. Schützenbrig. mit voller Wut auf die gemischte Front am Pulwy, auch auf Goltz und Albrecht, die sich ruhig behaupteten. Südlich der Straße Pultusk–Bug griffen die frische 2. und die zerschlagene 40. D. Wernitz an bei Holandry, sehr heftig 1. Turk. K. und die freilich schon arg zerschmolzene 11. sib. D. bei Bosinna die 85. L. W. D., die unter Mitwirkung der Brig. Pfeil den Stoß abschlug. Ob eine andere Div. 27. K., die 43., auch eingesetzt, bleibt fraglich. Jedenfalls wurden 5., 27. K. zurückgeschlagen, sie litten stellenweise furchtbar, ihre Kraft war gebrochen. Trotzdem währte der Kampf Tag und Nacht bis 29., L. W. und Wernitz blieben standhaft, nur verbot Gallwitz bis zur Grenze des K. Watter jede weitere Offensive, weil Ermüdung und Munitionsmangel sich geltend machten. Auch waren die Verluste der Westpreußen nicht gering gewesen. G. St. Schr. erzählt wieder mal von 1. G. R., daß es vorgehen wollte, doch höherer Befehl es zurückhielt. Solch ewiges Verweilen bei einer Truppe, nach deren Spezialrapport offenbar gearbeitet wird, die aber gar nichts tat laut V. L., wird auf die Dauer unerträglich. Watter machte seit 27. noch einige Fortschritte, die vollzählig angelangte 83. D. Stumpf (329. I. bis 31., davon sieben L. St. Batl.) schwenkte hingegen am 24. diesseits nach Norden ein, um durch Wald und Sumpf nach Kamionka vorzudringen zur Entlastung des seit 24. in hartem Kampf stehenden Falk. Diese frische deutsche Div. löste die selbstgestellte Aufgabe glänzend. Der Feind stellte auch südlich Rozan seinen Gegenstoß ein, wobei er eine große Zahl Masch. G. zurückließ. Wir wenden uns jetzt einem Seitengefecht zu, das im Rahmen der A. Scholtz sich abspielte, so bedeutend, daß wir es von Scholz' übrigen Kämpfen absondern.
Bei Kamionka standen am nächsten zum Fluß Batterien, nordwestlich Maki, rückwärtige Geschützstände schossen flankierend nach Nordost. Der Feind lauerte hinter überhöhenden Waldhügeln über der Wasserfläche und hielt das ganze Ufer unter Schuß. Da überschritten plötzlich 6 Komp. 33er die Ostrolenkabahn im Norden, als wollten sie umgehen. Keine Stunde raste die Kanonade, die ganze Waldstellung verwüstend und niederschlagend, als südlich davon südöstlich Macki I/III/4., II/III/44. sich auf den Fluß stürzten, auf der Flanke gedeckt durch 9./33., dahinter 2., 5., 12./33. des Batl. Hartmann und I/4. Sofort kam II/44. hinüber, ein Halbbataillon I/4. links II/44. und 5./33. rechts folgten, doch um 4 Uhr morgens war es schon zu hell, um mitten im Gewässer das Feuer herauszufordern, daher nisteten sich die Übrigen am diesseitigen Ufer ein, ebenso das noch vorn durchbrennende I/4., das die Kameraden nicht allein lassen wollte. Granaten und Schrapnells hielten auch Batl. Hartmann nicht auf, das noch seine Restkompagnien ans Ufer brachte. Dort führten nun 13 Kompagnien einen Heldenkampf gegen wahrscheinlich ebensoviele Bataillone. Später wuchs noch diese Zahl, da zu 35.–39. r. Rgt. noch zwei Schützenregimenter und 271. stießen, im ganzen 32 Batl. Zwölf Angriffe abschlagend, denen nur einmal ein Erfolg gegen 3., 4./4. zu winken schien, hielten diese Neu-Spartaner ohne Thermopylenpaß aus. Ein Ablenkungsversuch der 33er bei Kordowo mißlang, der herbeieilende Stumpf hatte 329. südöstlich Kanionka heranbringen wollen, doch nur eine Komp. faßte jenseits Fuß. In der folgenden Nacht schwamm die Hälfte von II/44. mit Waffen und Gepäck hinüber, da der nur bis Flußmitte reichende unfertige Steg brach. Doch die von 37. D. herbeieilenden III/147. und später II/151. gelangten nachts wirklich auf Pontons ans Südufer am Wald von Zaren, durch dessen schattige Kiefern und Nebeldunst gedeckt, halbwegs zwischen Kamionka und Macki. Ein rascher Versuch, sie in den Fluß zu werfen, endete mit Vernichtung dortiger Russen. Am rechten Flügel wagte sich eine Kompagnie 33er tief in die Waldung, erbeutete ein feuerndes M. G. und richtete mit dem Bajonett ein Blutbad an. Am linken Flügel schlugen sich 3., 4./4., welches Rgt. nicht umsonst den Namen »Friedrich d. Gr.« führt, mit dem Bajonett durch, denn stets erwies sich der Deutsche im Nahkampf dem Russen so überlegen wie im Schußkampf. Doch nur 8 Off., 130 erlagen nicht der Umzingelung. Auch am 25. war den jetzt jenseitig fechtenden 34 Komp. unmöglich, durchs Gestrüpp des Überholzes vorwärts zu kommen, russische Geschosse fegten den ganzen Wasserspiegel und wühlten das Flußbett auf. Durchwaten wurde verhängnisvoll, wenn man Schießbedarf hinüberschaffen wollte. Die vordersten 10 Kompagnien, zerschossen wie sie waren, hatten sich obendrein fast ganz verschossen.
General Stumpf sah ein, er tue besser, der G. D. auf Sielun zu folgen, er vollzog dort den Uferwechsel, 331. vorauf. In der Nacht zum 23. trafen I/147. sowie andere Teile von 150., 151. jenseits ein, die Abgekämpften ablösend. Sie trugen den Südflügel etwas weiter, doch der Impuls hielt nicht vor, gegen solche Übermacht ließ sich nicht aufkommen. Außer einer Pontonfähre konnte man keine Brücke herstellen, mit Mühe und Not holten Schwimmer vom Westufer Brot für die Hungernden, heldenmütig schleppten Krankenträger auf einem Nachen die Verwundeten nacheinander durch die Todesgefahr. Der reißende Strom ging hoch mit Leichen. Auch 26. Juli verstrich ohne Besserung der Lage, doch stutzte der Feind vor dem energischen Auftreten Stumpfs. Gallwitz befahl jetzt dem General Eben, mit allen Verfügbaren gleichfalls hinter Stumpf auf Sielun abzumarschieren, da die frische 54. D. (27., 86., 90. R.) am 27. zur Ablösung eintraf. Schon aber fanden I/III/33., I/III/150. bei Kolaki Raum zum Brückenschlag, wohin auch 54. D. abmarschierte, da Übergang bei Ostrolenka dem 90. R. zu viel Mühe bereitete. 10. Jg. z. Pf. verschleierten den Abmarsch nach Süden, auch wurde des Feindes Aufmerksamkeit dadurch abgelenkt, daß Teile 75. R. D. an der Rogozamündung den Narew überschritten. Die Absicht war, mit 54., 83. D. dem seit lange ostwärts abgerückten 4. sib. K. in den Rücken zu fallen, während Watter über die Bahnlinie zum Bug vordringen und so Ebens Flanke decken sollte. Um den jetzt entscheidenden Nordflügel zu verstärken, wurde am 30. die D. Albrecht zu D. Schweinitz in Marsch gesetzt, am 2. Aug. auch D. Goltz. Sie langten aber erst an, nachdem bereits die 2., 37., 54., 83. D. den Feind niederrangen. Die Ostrolenkaschlacht gewann eine Steigerung, bei der 147. und besonders 151. größere Opfer brachten, als ihre schon so lange fechtenden Landsleute der 2. D. General Stumpf zeigte hier Selbständigkeit des Urteils, indem er sich, am jenseitigen Ufer durch versumpften Wald nordwärts marschierend, bei Lipianka in die Südflanke der r. Uferstellung warf. Plehwe, der diese Schlachten leitete, zog eilig 59. R. D. hierher. Am 31. griffen r. 59., 68. R. D. südlich Kamionka Stumpf so überraschend an, daß dessen brave Landstürmer wichen. Doch 54. D. stellte das Gefecht her, besonders 27. R. mit großem Verlust. Abends eroberten die Insterburger Füsiliere unter Oberst Weike den nordwestlichen Hochwald, wo der Feind so lange im Sichern saß. Die Russen (9., 10. Sib., 5. S., 63., 68. R. D., 78. D., letztere aus Süden herangeholt, und eine Schützenbrig.) sahen sich ernstlich gefährdet. Denn am 2. eroberten die Allensteiner Korczoki, von wo bisher die russische Art. verderbliches Längsfeuer durch den Narew sandte. 54. D. drang östlich Kamionka vor, nächtlicher Gegenstoß vom Gutshof Borovic scheiterte. 1. K. zog sich wieder nordwärts und erzwang am 3. vollen Übergang beim niedergebrannten Ostrolenka und bis zur Rogozamündung, wo anscheinend 75. R. D. bisher heftig rang. Die Halberstädter, Mecklenburger, Holsteiner der 54. D. warfen südlich den Feind, wobei Stumpfs L. St. Regimenter wieder kräftig mitwirkten. Daß diese unerschrockenen Milizen den Kampfplatz verließen (Stegemann), ist Verleumdung. Sie überschritten die südöstliche Bahn Ostrolenka–Ostrow, nunmehr erreichten auch die Garden westsüdlich davon Nogawki, die Offensive verlief staffelförmig mit vorgenommener Rechten. Die Kämpfe, schon im Juli sehr blutig, wurden Anfang August noch blutiger. (Die amtliche Angabe, Stumpf habe nahezu 3200 verloren, kann nur den ganzen Zeitraum umfassen, denn im Juli verlor er lt. V. L. nur 1900, ihm bluteten im ganzen 64 Off., so daß die Mannschaftsziffer wohl stimmen mag). Die Russen schlugen sich zäher als irgendwo in den Narewschlachten, auch ihre Artillerie war zahlreicher und wirksamer, doch die wütenden Gegenstöße ihrer 6 D. an dieser Stelle rieben sie so auf, daß man allein 4000 Tote vor Falks Mittelfront zählte. Daß ihre Niederlage zuletzt eine gründliche, zeigt Einbuße von 9800 Gef. Da 75. R. D. an der Skewamündung vordrang, so klemmte sie den Feind beklemmender ein. Auch hier stieß man auf so verzweifelte Gegenwehr, daß 249. R. fast ganz verblutete.
Damals zerschoß A. Leopold die Bloniestellung, Gruppe Beseler die Serockschanzen vor Georgiewsk, dagegen war Eichhorn noch 6 km von Kownos Südwestforts fern und Belows Rechte in Kurland mußte neue Massen abwehren. Doch Hindenburg suchte die Entscheidung ausschließlich bei Gallwitz, obschon er Scholtz noch 58. D. überwies nördlich 37. D., um endlich auch dort südlich des Narew weiterzukommen. Während Plüskow inkl. D. Menges das Belagerungskorps Beseler (Suren und Dickhut) deckte, dehnte sich Pannwitz ostwärts, Watter östlich des Orztales. Eben stieß jenseits der Bahn schon auf Dumabrigaden, was immer einen russischen Verzweiflungsakt bedeutete. (Die übrigens im allgemeinen vortreffliche G. St. Schr. wird hier so unklar, daß sie 4. sib. K. kurz vorher bei Kamionka zitiert, es aber dann im Süden herauslösen läßt, wohl Verwechselung mit 4. r. K.) Indessen gestaltete sich Gallwitz' Vorschreiten bis über Ostrow als sehr verlustreich und bis 10. als kein Kinderspiel. Trotz Zeichen der Auflösung wehrte sich die so zahlreiche 1. r. A. mit stumpfer tierischer Wut. Eben drang seit 4. andauernd vor, wobei 2., 37., 83. D. scharf ins Feuer kamen, westlich der Chaussee Lomscha–Ostrow, während Scholtz' Linke auf Lomscha–Grodno im Fluß blieb. Am 6. füllte Goltz die Schlachtreihe Watters, der jetzt 5 Div. bei sich hatte und eine heiße Schlacht bei Gaworowo lieferte. Pommern und Garden griffen dann die Wonsevostellung von vorne an, wobei 1. G. R. bedeutend litt, G. R. Jäger relativ noch mehr, während die Stuttgarter in die Flanke kamen. Goltz verlängerte nach Norden. Am 9. verkündeten Flammensäulen überall den vollen Rückzug, die Russen eilten dem Bug zu, wo Westpreußen, Wernitz, Gardekav. schon Wyrszkow zustrebten, sie ließen in diesen fünf Tagen 24 903 Gef., 6 Gesch., 82 Masch. Gew. zurück. Am 10. war der Einsturz der russischen Zentrale zwischen Njemen, Weichsel, Bug entschieden, Gallwitz-Scholtz setzten unnachgiebig den Marsch fort, ununterbrochen den Feind vor sich aufrollend.
Allerdings leuchtet nicht ein, daß der August für sie so blutig wie der Juli, und wir müssen daher wohl Abstriche machen und auch noch fernere Listen bis 15. August zum Juli schlagen. Laut amtlicher Angabe verlor Gallwitz bis 20. Juli 14 300 (285 Off., über 3000 tot und vermißt). Wir haben in Gesamttabelle Gallwitz' Verluste nur nach Gattungen, nicht nach Divisionen gegliedert. In letzterer Form ergibt sich für Juli bei Watter: 26. D. 2500, 3. D. 2300, 4. G. D. inkl. 4. L. W. 1600 = 6400, für Pannwitz: 4900 und 2500 = 7400, für Plüskow rund 3650, Thüringer und Goltz und vielleicht 1000 Wernitz = 4650, für 17. R. K. und Dickhut anscheinend sehr viel, mindestens 5500, vielleicht mehr, denn 4. Jg., 4. R. Jg. fochten laut V. L. früher notorisch dort, wo sollten sie sonst hingekommen sein? Garde L. W. wird nirgendwo genannt, wir bekennen unsere Unkenntnis, wo focht sie am wahrscheinlichsten als früher bei G. R. und blieb bei Suren? Daß größere Teile sächs. L. W. bei 9. A. fochten, halten wir für ausgeschlossen, da außer 107., 133. auch noch 101., früher bei Inovlodz, notorisch zur Gallwitzgruppe gehörte. Ist unsere Voraussetzung richtig, so taucht der Skandal auf, daß die amtliche Schrift wieder mal gleichgültig über L. W.-Blutungen weghüpft. Da ihre Gegner, die Turkestaner, die sonst höchstens mal einige Thüringer vor sich hatten, so gut wie aufgerieben wurden, ist solcher Verlust der braven Landwehr mehr als wahrscheinlich, also war ihr Vordringen erst auf Ciechanow, dann auf Nasielsk–Serock–Georgiewsk eine bedeutende Kampfhandlung. Rechnen wir von obigen rund 24 000 also noch 9700 für den Kampf bis 30., so erscheint dies genügend. Indessen bedürfen eines Nachtrages vielleicht 1. G. R., 42., 94., 119., die in Augustlisten mit insgesamt 5700 prangen, auch bei 141. Westpr., sowie 93. R. mit dort 2600 weiß man nicht, was man damit im August anfangen soll. Ja, wenn wir Akten darüber hätten, dann würden wir wissen und uns die Schuppen von den Augen fallen! In obigen 14 300 sind die härtesten Julikämpfe vom 15.–20. enthalten, dagegen kostete Erstürmung von Rozan–Pultusk nach genauer amtlicher Angabe spottwenig, die einzige Ausnahme 231. R. ist in Juliliste ganz genügend mit 900 verzeichnet und Augustlisten fügen wenig hinzu, wobei wir auch die zu Goltz gehörigen 21. R. Jg. mitzählten, bei der scheußlichen Verbände-Zerreißung mag es aber ebensogut wo anders eingereiht sein. Weshalb 119. im Juli so viel mehr als 121., 125. verloren haben sollte, ist unerfindlich, es kann ebensowenig wie 42. bei der zweiten Russenoffensive in Rozan so viel verloren haben, auch liegt nirgends in den Umständen, weshalb 93. R. seinen ohnehin schon hohen Juli-Verlust weit über 2. G. R. erhöht haben sollte. Doch bei 94., 141., 175. werden wir wirklich je 500 für Juli mehr rechnen; um des lieben Friedens willen je 500 Pommern und Schwaben, diese 2000 sind das Äußerste, was wir als Zuschlag zugestehen. Mit 1900 Schwaben, 3200 Westpr., 1435 Thüringern, 2100 Pommern im August erreichen wir die niedrigste Quote im Vergleich zu 3000 Schwaben, 5400 Westpr., 3180 Thüringern, 1635 Pommern im Juli. Fügen wir dann noch 500 G. R. hinzu, so daß D. Albrecht 3000 im Juli und 3232 im August verlor, so taten wir ein Übriges, denn wenn die Pommern zu gering bemessen schienen, so bedenke man, daß diesen zwei Regimentern noch 93. R. hinzutritt, so daß 3. D. dann 2800 verlor, also mehr als 4. G. D. Wir würden überhaupt nicht an Zuschlag denken, wenn nicht die magere V. L. der gepriesenen D. Wernitz sich vornehmlich erst in den Augustlisten fände, was nicht angeht. Somit Juliverlust 26 500, Augustverlust 22 000.
Letzteres ergibt ein unanfechtbares Bild. Rechte: 38. D. angehängt im Bugwinkel, 36., 35. über Adamow und darüber hinaus, 86. D. bei Wyrzkow (zusammen 6100 für 4 Div.) Dieser Flügel in Richtung Slomin hatte es nicht schwer. Mitte 26., 3. D. über Worsenow längs Chaussee Rozan–Ostrow (5100 für zwei Div., wobei wir im Vergleich zu 3200 der 3. D. schon zweifelten, ob wir guttaten, 500 Schwaben abzuziehen.) Linke 4. G. D. Albrecht, Goltz über Gansorowo und nördlich Wonsewo (rund 6000 für 3 D.) Beseler 5500 entfällt auf Belagerung von Georgiewsk, die also inkl. Kampf bei Serock doch nicht ein bloßer Spaß war, wie man annimmt.
Bei Schultz' 2., 37. D. sind unstreitig Zuschläge für die letzte Juliwoche zu machen. Von Falks 6575 im Juli-August kommen sicher 4000 auf Juli, von 9450 Allensteiner 4500. Beide jetzt über Andozeghi bis zum großen Wald (7500), 54., 83. D. (eigentlich Gallwitz) über Wismino–Turbin bis Südrand der großen Wälder (3600), alles Übrige über Grodno bedarf keiner Berichtigung. Somit Scholtz Juli 21 250, August 15 700. Nur ihrer großen Truppenzahl verdanken die Russen, daß ihre erst spät über Grodno entweichenden Beobachtungsposten gegenüber Augustow nicht abgeschnitten wurden. Nachdem sie alles Land zwischen Wkra, Weichsel, Bug an Gallwitz verloren, blieb ihnen keine Wahl als nach Abbröckeln ihrer Front südwestlich Wilna sich in den Bialowinskaforst zu werfen. Als Eichhorn gegen Wilna aufbrach, stellten sich ihm 3 frische Reservedivisionen entgegen, nacheinander ausgeladen und vorgeschickt, daher Regiment nach Regiment überrannt. Außer 3. sib. K. traf er Kaukasier und Teile der »Finnischen Armee«, lauter Altrussen. Er deckte Berennung von Grodno vor jeder Beeinflussung außer diesem Dienst für Scholtz breitete er sich am 30. längs Bahn Grodno–Wilna aus, die seine rührige Reiterei überschwemmte. Um die Einknickung der neuen Nordfront zu stören, unternahm das Dünaheer einen Ausfall van Dwinsk–Jakobstadt her, der bis Bausk führte, wo York 1812 die Russen schlug. Below war jenem alten Eisenfresser geistig sehr überlegen und jagte die Einbrecher bald zurück, sie fürchteten schon für Riga auch von der Seeseite. Es war jetzt an Scholtz, den Feind von Eichhorn abzuziehen. An den Nurzucwäldern überwand Gallwitz erbitterten Widerstand von Sibiriern südöstlich auf Bielsk gerichtet, um den Bug oberhalb Brest zu erreichen. Es war ein Stoß ins Leere. Der Großfürst gab Verteidigung des Bug auf, den auch Smirnow räumte. Leopolds Linke und Gallwitz' Rechte kreuzten sich im Bielowico-Urwald, auch Woyrsch' kräftiges Nachdrängen (großer Verl. der L. W. beweist, wie ernst es ihm war) faßte Nachhuten der 4. A. nicht mehr ab.
In Georgiewsk rissen unsere Geschosse Löcher von 10 m Umfang 4 m Tiefe. Eine Riesengabe der »Fleißigen Berta« schlug in das berühmte dreiteilige Fort 15, vor dessen Drahtzäunen, eisernen Palisadenwänden, tiefen Ringgräben, glatt ansteigenden Hängen zweimal der Sturm einer schlesischen Brigade von Menges und hannoverisch-brandenburgischer L. St. stockte, am 16. eine so klaffende Bresche, daß die Stürmer der L. W. B. Pfeil bald selber Tore und Kasematten einschlugen. Noch in gleicher Nacht fielen F. 14 und 16 nach. Tag und Nacht ergoß die terassenförmige Feuerstellung ihre Blitze und spielte eine Musik auf, daß dem Kommandanten, General d. Kav. Bobyr das Herz sank. Am 17. vernichtete man mit Naphta viele Vorräte, schlug am 18. die Zugtiere tot, am 19. fielen kaum Geschosse am Konstantintor, als auch schon alles in die Keller flüchtete, um nach Aufhören der Beschießung schleunigst Saufgelage zu veranstalten. Fürwahr die geeignete Stimmung gegen Andrang begeisterter Landwehr! Graf Pfeils Ostseemänner und Sachsen stürmten unter lautem Singen über Fort 3 in die Innenfestung, über Stock und Stein durch Nebenwasser der Wkra jagten unsere Batterien vor und eröffneten betäubendes Feuer gegen die brennende Zitadelle.
Während Evert auf Pinsk–Slonim nordöstlich wich, stellte sich Smirnow an der Jasiolda. Die schwache A. Leopold blieb ihm auf den Fersen, über die Lesna durch die unheimliche Wildnis des Urwalds, an dessen Ausläufern heftiger Kampf entbrannte. 35. R. D. war zum K. Scheffer gestoßen, die Art. kam aber auf grundlosen Moderdämmen nicht durch, trotzdem erzwang die nur aus L. W. und L. St. bestehende 84. D. den Austritt aus den Waldungen. Dies war am 6. Sept. zur selben Zeit, als Marrwitz' Hessen den Brückenkopf des Karthäuserklosters von Bereza angriffen, die Ostpreußen Chomsk und Mosers Div. Drohizyn erstürmten. Als am 15. Winkler in die Pinsker Kathedrale Einquartierung legte, am 3. Okt. durch Gardekav. abgelöst, die an den Sanddünen des Oginskikanals ausschwärmte, übernahm Woyrsch den Oberbefehl der neuen Linie. Auch Arz' Österreicher traten unter sein Kommando, die am 24. Baroniwitschi zustrebten, nachdem Woyrsch am 17. das Schara-Bollwerk Slonim brach. Smirnow wehrte sich immer noch mutig, 23. L. W. mußte als Vorhut am rechten Scharaufer wütenden Angriffen Trotz bieten. Da aber Gallwitz unter scharfen Streiten die Zelwianka, dann mit Scholtz zusammen die Lebiodafront durchriß und seine Westpreußen unterhalb die Schara überschritten, wich der Russe auf Lida, von Scheffer am 24. über die Jatra verfolgt. Um diese Zeit fesselte Below die r. 5., 12. A. bei Dünaburg durch glückliche Ablenkung bei Lennewaden und Friedrichstadt-Jakobstadt, so daß sie nicht an der Wilija eingriffen, als dort Not an Mann war.
Eichhorn hatte bisher wenig erreicht, seine Linke bei Troki klebte fest und doch sollte hier die Entscheidung fallen, K. K. Garnier (1., 4. K. D.) vermochte bisher nur seine Flanke zu decken. Da befahl Ludendorff die größte Kavalleriebewegung, die je ausgeführt: Murats Verfolgung nach Ulm und Jena, Stuarts Washington-Raid oder die Reiterschlacht bei Brandy Station sind nichts dagegen. Wir hatten gegen Marrwitz' große Massierung im Herbst 1914 einzuwenden, daß er das wahre Ziel Ypern aus dem Auge verlor. Hat Richthofen die Wilna-Manöver geleitet, so ist er der größte bisherige Handhaber von Reiterei seit Hannibal, er brachte die ganze Vollkommenheit deutscher Vorzüge in dieser Waffe und deren Wichtigkeit zur Erscheinung. Das Außerordentlichste war die große Täuschung. 3., 6., 9. K. D. überfielen nordwärts an der Swenta die gegen Belows Rechte fechtende Dünaarmee, warfen die russische Kav. über den Haufen am 11. bei Uzjani und jagten durch Rückendruck bei Dowzeli das 3. r. K. nach Alexandrowsk, auf welchen Brückenkopf Belows Inf. sofort nachdrängte, schwenkten dann ostwärts unter nochmaliger Umwerfung russischer Geschwader und dann erst pfeilschnell südlich in den Rücken von Wilna, senkrecht wie der Kondor auf die Beute herabstößt. Zwischen Narocz- und Swicsee in die breitgewundene Flußschleife der Wilija einbrechend, erreichten 6., 9. K. D. Smorgon, 3. K. D. Molodezno, Garniers' 4. D. schloß sich an 60 km östlich Wilna. Die Bahnstränge Wilna–Dünaburg, Witebsk–Molodezno, Wilna–Smorgon waren am 15. zerrissen in ihrer Hand, die große Reiterschlacht bei Soly, wohin die Masse südwestlich abschwenkte, zu ihren Gunsten entschieden. Büchsen der Radfahrjäger, berittene Masch. G. Träger, leichte Gesch. ermöglichen heute der Kav. mehr als früher, doch wie kommt es, daß nur die Deutschen davon richtigen Gebrauch machten. Auch Funkspruch und Telephon wurden wohl angewendet, sonst hätte man nicht die bayr. K. D. auf Belows rechter Flanke rechtzeitig anrufen und herbeibringen können. Da auch 1. K. D. am 20. in letzter Stunde eintraf, fochten 6 K. D. – nicht »mindestens 7«, wie Stegemann schreibt – gegen ungefähr ebenso viele russische nebst 3 r. I. D. und weit überlegener Art. Solch ungleiches Gefecht gereicht den tapfern Reitern und geschickten Führern zur Ehre, nicht aber Eichhorn, der zu spät seine Linke verstärkte, oder Ludendorff, der nicht dafür sorgte. Sieht ihn das ähnlich? Nein, offenbar sagte man bisher nicht die Wahrheit, nämlich daß die große »Zange« auf Wilna ursprünglich nicht in der Absicht lag, sondern die Zange innerer zentraler Umfassung durch rechtzeitiges Kneifen über den Bug, um die 1., 4. A. einzukreisen. Daher die ungewöhnliche Verstärkung der 12. A. im Juli. Ihm warf der Großfürst daher besondere Massen entgegen, die sich – es läßt sich nicht leugnen – verzweifelt schlugen und Gallwitz' Zug zum Bug sehr verlangsamten. Erst als man erkannte, daß Gallwitz nicht mehr rechtzeitig durchgreifen werde, wurde die innere Umfassung nördlich hinauf verlegt zwischen Düna und Wilija. Nur 77. R. (nicht 75., wie Stegemann schreibt, sie war bei Scholtz in Grodno) 115. D. und ein paar kleinere Teile waren imstande, den schmalen Bruchpunkt zu verschließen, durch den 22 r. D. ostwärts schlüpfen sollten. Daß ihnen dies gegen eine so schwache Klammer gelingen werde, ließ sich voraussehen. Natürlich bauten sie bei Lida ab und wichen hinter die Beresinasümpfe. Doch Alexejew, der recht kaltblütig operierte, sicherte den Abzug zu seiner Rechten, indem er dreiseitig die deutsche Reitermasse zu erdrücken suchte. Die 3. K. D. tat am meisten Schaden durch Aufheben von Proviantdepots und Munitionskolonnen; Pappenheim's 2. Schw. und Radfahrer zersprengten allein die Etappenbatt. bei Wilejka, da sie 1 Gesch., 4 M. G. bei sich führten. Die Rache fiel daher am 21. auf diese Flügeldiv., sie mußte mit Verlust ihrer standhaltenden Batterie, deren Kanoniere sich niedermetzeln ließen, aus Wilejka weichen, Garnier den Rückzug der Reitermassen am Narocz am 23. decken, die nachgeschickte deutsche Inf. sehr weit ausweichend. Über Einzelheiten siehe später.
Durch Einnahme von Bialystock (Knotenpunkt der Bahn Wilna–Petersburg, Wilna–Warschau, Baranowitschi–Minsk) war auch die Verbindung nach Riga–Petersburg unterbrochen. Als die Armee Gallwitz nach anstrengendem Waldmarsch die Hauptstraße nach Norden am 2. September besetzte, war die russische Front ganz auseinandergespalten. Diese umschrieb jetzt eine Linie mit Minsk als Angelpunkt, die von Riga dorthin reichen sollte, südwärts durch das Wolynische Festungsdreieck bis zur Ukraine und Bessarabien. Die nördliche Hälfte dieser Front war bei Kowno–Bialystock gesprengt und mußte auch noch für Wilna fürchten, wohin sich die Russen auf allen Wegen vom Njemen im Abzug befanden. Wären die Südheere gleich glücklich gewesen, so konnte sich völlige Absperrung des russischen Nord- und Südflügels vollziehen. Doch es sollte nicht sein. Ein ebenso glänzender und wichtiger Erfolg war bei Georgiewsk errungen, das schon am 20. fiel. Die Augusttrophäen steigerten sich fortwährend. In Kowno zählte man ursprünglich nur 400 Geschütze, zu denen 200 bei Eroberung der Südostfront hinzutraten, nach gründlicher Ausräumung und Nachlese ergaben sich aber zuletzt 827 und endlich gar 1300 Geschütze, die Masse erbeuteter Masch. G. ließ sich gar nicht feststellen. In Georgiewski glaubte man anfangs nebst 700 Geschützen (125 nach Erstürmung der ersten zwei Nordforts), 84 000 Gefangene (6 Generale) erbeutet zu haben, es waren indessen 1200 Geschütze, 90 000 Gefangene (15 Generale, 1000 Offiziere) und eine Nachlese übertraf noch diese Ziffern: 1640 Geschütze. Überhaupt belief sich die deutsche Augustbeute auf wahrscheinlich 2700 (nicht 2200) Geschütze, fast 272 000 Gefangene, wovon etwa 152 000 laut den Einzelmeldungen auf die Nordfront entfallen dürften.
Am 18. sprengte Bobyr die Narewforts, die Südforts ergaben sich. Nach nur sechstägiger Berennung öffneten 100 000 Russen den 50 000 Stürmern die Tore. Die Eroberung von Georgiewsk – keiner Stadt, sondern einer riesigen Lagerfestung mit einem Durchmesser von 64 km – war das würdige Werk des Eroberers von Antwerpen. General von Beseler verfügte über viel Artillerie, obschon nicht so zahlreiche wie vor Kowno, wo drei- und viermal mehr 42 und 21 cm Geschütze als vor Lüttich gedonnert hatten. (So gewaltig vermehrte sich die schwere Artillerie während des Feldzugs.) Indessen gedachte er mit Infanteriestürmen wie bei Antwerpen frisch zuzugreifen und schien hierfür nicht gerade geeignetste Truppen zu besitzen. Denn seine aus den Armeen Gallwitz und Leopold nebst neuen Rekrutenregimentern gebildete Heerabteilung bestand ausschließlich aus Landwehr und Landsturm. Wie so oft, wurde aber auch hier das militaristische Vorurteil zu schanden, diese milizartigen Aufgebote zeigten sich der schwersten Aufgabe gewachsen. Ihr Verlust beweist, daß die Verteidiger von F. 15 und Neumodlin sich nicht leicht in ihr Los ergaben. Freilich hatte Feuerorkan die Hauptstellung der Außenforts schon sehr früh gelockert. Eßwaren für 100 000 Mann auf 3 Jahre, 7 Millionen Patronen, 180 000 Geschützschuß, solche Ausrüstung, solche Besetzung! Petersburg stattete dies Wunder, das noch über Antwerpen ging, mit Verratmärchen aus. In Berlin sang man zu Glockenklang »Nun danket alle Gott!«
Umsonst fädelte Eichhorn die Schlacht bei Wilna ein, wofür ihn die Fama mit besonderem Lorbeer krönte. Die Umfassung mißlang, der Feind rettete sich mit Hinterlassung von viel Geschütz und Gepäck. Schon am 18. zog sein Unterführer Litzmann in das ihm Rosen streuende Wilna ein, nachdem er die Seeenge von Troki durchquerte. Verstreuen zerbrochener Feindwaffen wäre ihm lieber gewesen! Nichtsdestoweniger blieb Ausnutzung der Reiterwaffe hier von besonderer Bedeutung! Die bisher im Norden operierenden deutschen Geschwader schwenkten südlich ab, um östlich längs der Bahn nach Dünaburg den noch bei Wilna verknäuelten Russen in den Rücken zu kommen. Schon am 12. unterbrachen zwei Kavallerie-Divisionen die Bahn nach einem Ritt von 30 km und schoben ein Detachement mit Masch. G. und Radfahrern gegen die Bahnstrecke Molodezno–Polotzk (zwei aus dem napoleonischen Feldzug wohlbekannten Punkte) vor. Rittmeister von Pappenheim erfüllte diese Aufgabe und streifte schon – unglaublich, aber wahr – 130 km östlich von Wilna. Die Hauptmasse wandte sich am 14. nach der versumpften Beresina, um die Bahnstränge zu zerstören, die von Lida nach Minsk und von Minsk nach Smolensk führen. Ein Jägerbataillon folgte und benutzte eine große Wagenkolonne, deren man sich bemächtigte, zu schnellerem Vorwärtskommen. Diese Weiterfahrt führte zunächst nach Wischnew, 87 km südöstlich von Wilna, über Smorgon. 3. K. D. deckte die Flanke nach Polotzk zu. Der Posten von Smorgon, der ahnungslos vor sich hinträumte, wurde überfallen, der Bahnhof zerstört. Nun traten freilich vier feindliche Reiterdivisionen bei Soly auf, welche die Wegnahme von Smorgon nicht ruhig hinnehmen wollten, man holte daher auch die 4. K. D. herbei und ging sogleich unerschrocken gegen die Verteidiger der russischen Etappen los. Am 16. erstürmten abgesessene Schwadronen mit Karabiner und Bayonett das Rittergut Soly und machten viel willkommene Beute, feindliche Infanterie zersprengend. Gleichzeitig zersprengte 3. K. D. den Feind bei Wilejka und warf sich am 17. trotz sumpfiger Straßenniederung und starker Besetzung auf Molodezno. Die Husaren und Dragoner konnten zunächst nicht durchdringen, aber Rittmeister Lehmann sprengte mit seiner entsendeten Schwadron Jäger-zu-Pferde die Gleise der Bahnstrecke Minsk–Smolensk in der Nacht zum 20. bei Zodzino, 80 km südöstlich Wilejka, 200 km hinter der feindlichen Front! Das soll erst einer nachmachen. Endlich merkte der Gegner die volle Gefahr und schickte gen Nordosten aus Oschmiana ein ganzes Armeekorps vor, wo zunächst nur die 6. russische Kav. Division gestanden hatte. Da jedoch noch Garniers 1. Kav. Division zur Verstärkung eintraf, so hielt die vorderste Division am 19. Smorgon fest und schlug weit überlegene Kräfte ab, mußte aber am 20. das feindliche Ufer der Wilna räumen. Eine ostpreußische Grenadierbrigade vermochte zunächst den Ort nicht vom Feind zu säubern, eine ostpreußische Landsturmbrigade trug indessen am anderen Morgen den Sturm vor, bis die schwarzweiße Fahne vom Kirchturm wehte. Doch von da an begann das Übel. –
Nachdem Below seit 14. August mit 1. R. K., 78. R. D. bei Shymanzi, mit dem Kav. K. und 5 beigegebenen Bataillonen des Generals Butler an der Jora operierte, stand er am 14. mit 39. R. K. bei Alexandrowsk, mit 350. L. W., 3. b. K. Br. am Dryswijati-See. 6., 9. K. D. riefen am 15. die bayr. K. D. (1., 4., 5. Br. nebst 6 Masch. G. Schwadronen) zur Hilfe gegen Widerstand bei Widsy. 350. L. W. folgte dem Reitermarsch auf beschwerlichem Sandboden südöstlich Naroczsee, jede Bayernschwadron zählte nur noch 50 Pferde. Obschon 20. r. K. und große Reitermassen seit 21. die 3. K. D. bedrängten und so die deutschen Geschwader an der Wilya im Rücken bedrohten zwischen Narocz- und Dryswijati-See, setzten 9. und bayr. K. D. nebst 115. D. ihre Umgehung fort, 77. R. D. focht am 26. bei Dolginow, 1., 3., 4. K. D. vertrieben die r. Reiterei am Narocz. So erzählt B. Kr. Arch., will also von Abschütteln der Reiterei nichts wissen gegenüber Stegemanns Pessimismus, der unsere Inf. dort 60 km zurückmarschieren läßt, um einer Umklammerung zu entrinnen. Tatsächlich verlegten aber unsere Geschwader jetzt ihre Bahn nordöstlich um die litauische Seeplatte, schlugen den Feind südlich des großen Dryswijatisees und ermöglichten Belows Fußvolk, das am 17. Widsy wegnahm, Herankommen an Dünaburg.
Im September zwang man den Feind, den ganzen Raum zwischen Njemen und Pripet zu räumen. Doch Scholtz brach erst am 11. harten Widerstand bei Skidel, Gallwitz am Marktdorf Rozana, Leopold in südlicher Berührung damit bei Isabelin, wo einst Secken und Schwarzenberg rauften. Diese und die Schlachten am Nurzec waren sowohl für 49. R. D. und besonders Schles. L. W. als für 35., 36., 38. D. und besonders 50. R. D. außerordentlich ernst. Die Westpreußen verließen sogar die Schlachtfront. Vor Friedrichsstadt ritt Belows Reiterei gewaltig an, im Brückenkopf ergab sich fassungslos 11. Schützenregt. einer einzigen Kompagnie, am 30. wurde sogar Dünaburgs Brückenkopf angetastet, Eichhorn focht schon auf den aus Napoleons Rückzug bekannten Feldern von Smorgon und Malodezno, doch die Nachbararmeen gerieten ins Stocken. Nachdem Gallwitz das wichtige Ostrow noch im Straßenkampf von Haus zu Haus nahm, schied er selber aus, um ein Heer gegen Serbien zu befehligen. Daß man Hindenburg seinen bekanntesten Unterführer raubte, gehört zu den mannigfachen Schikanen gegen ihn und besonders Ludendorff, als wolle man ihm absichtlich volle Ausnutzung seiner Siege erschweren. Scholtz hätt's auch getan. Below, dessen Reiterei an den großen Seen streifte und am 29. bei Postawy die feindliche in die Flucht schlug, der aber nicht restlos siegreich blieb und angeblich nach russischer Meldung in blutigem Ringen vor Dünaburg 18 Haubitzen verlor, trat sein Kommando später an Fabeck ab und ging auf militärische Erholungsreise nach dem Balkan. Diesen energischen und fähigsten Unterführer entbehrte nun Hindenburg auch.
Prinz Leopold (lies Oberst Hoffmann) errang am 28. die Brückenköpfe der Sarzara bei Baranowitschi und machte dann Halt. Die r. 1. und 2. A. waren nun gänzlich ins Pripetrevicr zurückgeworfen, 4. A. Ewert entzog sich aber jeder Einwicklung durch so kräftigen Gegenstoß am Oginskikanal, daß sogar unsere Art. durch Reiterattacke in Gefahr geriet. Allgemeiner Rückzug auf Minsk. Im Vergleich zu Belows eleganter Leichtigkeit und Schwungkraft fiel Gallwitz' Nachstoßen schwerfällig aus, wie seine erstaunlich großen Opfer beweisen. Daß Ewert als neuernannter Leiter der Mittelgruppe den entschlossensten Widerstand leistete, zeigt richtige Erkennung der Absichten Ludendorffs.
Um Eichhorns Operation zu decken, ließ Ludendorff Belows Rechte längs Straße Kowno–Dünaburg vorgehen. Umgehung über Wileiki, wobei man Nachtmärsche daransetzte, trieb das 3. r. K. in wilde Flucht. Weitere Umgehung am Wavbensee folgte dem Beispiel eines einzeln vorausschwimmenden Musketiers. Mit Automobilkolonnen herbeigeholte Verstärkungen machten am 22. Nachtangriff auf eine zu Below versetzte Schles. L. W. Brig., beim Schanzen beschäftigt, die aber manch harten Moskowiterschädel mit dem Kolben einschlug. Enger schloß sich der Kreis um Dünaburg. Belows Linke hatte es härter. Die zum Schutze Rigas berufene 12. A. sah ihre Vorhut und die zerschlagene 3. Schützendiv. fliehend auf sich zukommen. Hier war es, wo abgesessene Schwadronen die Kaukasier so einschüchterten, daß sie hinter die Düna einbogen. Belows Truppen können nicht hoch genug gerühmt werden, sie wuchsen sich alle zu Garderang aus, ihre Führung stand auf der Höhe, musterhaft. Below hatte wesentlichen Anteil an Eichhorns halbem Erfolg, auch Schultz, der auf Sa-Beresina einschwenkte, über welchen schicksalsvollen Nebenfluß des Njemen unsere 10. und 8. A. gemeinsam den Feind zurückdrückten. Eichhorn zertrümmerte am 23. den Widerstand und erweiterte bis 30. seinen Radius. Ludendorffs Bewegungen verbanden sich also durchweg vortrefflich, doch Linsingens unfreiwilliger Stillstand ohne sein, aber durch Mackensens Verschulden, beraubte uns jedes entscheidenden Gesamterfolges. 27 000 Gef., 9 Gesch. als Monatstrophäen von Eichhorn. Scholtz boten dafür keinen Ersatz. Wie im Norden auf 300 km, entspann sich im Süden auf 240 km ein Großkampf.
Alle Niederungen überschwemmende Wolkenbrüche kamen den Russen sehr gelegen, die sich an den Gorgyn schmiegten vor Puhallas vorgebogener Staffel, der nach dem Styrufer strebte. Sein Kav. K. Kirchbach überrumpelte die Südforts von Dubno. Böhm überrannte den Feind vor Brody am Schloß Treuenfels, Dominikanerkloster, Teufelsfelsen, Kohlenmine, dem östlichen Sperrfeld, eine Schanzfront von 60 km Breite durchbrechend: Die Österreicher schlugen sich hier mit größter Tapferkeit. Anfang September wich der Russe aus Brody und Luzk, dessen Forts der Erzherzog mit K. Roth stürmisch überfiel. Nach Ikwa und Styr kam jetzt der Gorgyn an die Reihe mit seinen Nebenbächen. Bei Stubla lief eine Teichkette in Morastdickichte aus, doch nichts half, Iwanow wich auf Rowno. Wütender Ausfall vom 7.–15. auf Bothmer vor Tarnopol verfehlte seinen Zweck, ihm sofort die Strypa zu entreißen; lawinenartig anschwellende Gefangenenziffern Iwanows entsprachen dem dringenden Bedürfnis, des Zaren Kommandoübernahme prahlend zu verherrlichen. In erster Meldung 150 gef. Deutsche (in Wahrheit 32), zuletzt wurden es 17 500 (383 Off. dabei, vorher zählte er schon 400!), als gütige Beigabe am 10. nochmals 7500 (nur 55 Off.) nebst 33 Geschützen. »Unser Verlust ohne Bedeutung«, ja freilich, zahllose Menschenleben waren für ihn bedeutungslos. Bothmer mußte allerdings bei Trembowla einen Flügel zurücknehmen, aber er bot noch trotzig die Stirn wie ein verwundeter Löwe. Auch an der Serethmündung, wo es bei Pflanzer zu gegenseitiger Vermengung kam, und bei Dubno rechnete der Zauberkünstler Iwanow 12 200 Gef.; redete sich aber später am 18. mit auserlesener Bosheit heraus: natürlich seien alle Gefangenen »mit einigen Ausnahmen« Österreicher, auch alle eroberten Geschütze österreichisch. Als dieser parthische Pfeil flog, rächte sich das k. k. Kriegspressequartier, solche Scherze seien »bei jetziger Lage Rußlands« nur zu begreiflich. Zu dieser Lage trug Österreich wenig bei, wohlfeile Ironie pachtet nicht die Wahrheit. So sehr wir gegen Iwanows Prahlsucht uns auflehnen, so wenig glauben wir dem H. B., daß Bothmer nur 346 t. und v. hatte. Er mußte zum Strypa-Ufer rückwärts durch neue 80 km umspannende Offensive, die auch Böhm und Puhalla bis 22. zu stark rückgängiger Bewegung zwang. Doch dringlichste russische Übergangsversuche bei Roscyce am Styr, wo Bahn und Straße den Fluß überschreiten, konnten nicht Fuß fassen. Linsingen behielt Einwirkung auf die Bahn Kowel–Rowno–Kiew und ließ Iwanows stürmisches Tempo sich ausrasen, das Bothmers österreichische K. Szurmay und Hofmann aus Burkanowald trieb, doch vor dessen Deutschen am Gladkiwald niederbrach, er troff von Russenblut. Bothmer mußte dann freilich bei Bieniawa über die Strypa zurück, doch hielten Ungarn den Brückenkopf Buczacz. Beim Stoß auf Böhm ging manches Dorf von Hand zu Hand, sein 8. Rgt. wurde bei Gowoditsche zersprengt, Oberst gefangen, Fahne genommen, dagegen stießen bei Aleksiniac 85., 32. nebst 29. Feldjäger und 9. L. St. Linz die Eindringlinge aus ihren Gräben wieder ans Ostufer. Am 19. verteidigte 69. Rgt. den Ikwa-Abschnitt gut, eingedenk des erlauchten Namens seines Titularinhabers »Hindenburg«. Doch der Erzherzog und Puhalla mußten Luzk und Dubno räumen, Iwanows' Kav. K. beunruhigte bei Kolki am Styr. Kirchbachs aufmerksame Reiterei, teilweise geschlagen, wurde jetzt wieder dreist, noch dreister der russische G. St., der schon 70 000 Gef. seit Ende August ausprahlte. Puhalla hatte freilich schwere Stunden, L. W. von Eger und Nordböhmen raufte im Bajonettkampf bei Rostocki, bei Wiedereinnahme von Luzk streckten angeblich 6000 die Waffen. Bei Podhaize wehrten sich Ungarn umsonst mit dem Bajonett, die unvermeidlichen »1800 Gef.« stellten sich ein, doch »orkanartiges Feuer des Feindes zwang uns gegen die Ikwa zurückzugehen«. Zwölf Glieder tiefe Massen opferten sich am 25. umsonst bei Aleksiniac. Gerade als in Frankreich die Entente ihre ganze Kraft einsetzte, erlahmte Iwanow, und kaum war er defensiv abgeflaut, als Linsingen auf dem Schlachtfeld mit den ersten Ostpreußen eintraf. Es war wie ein Zauberschlag, wie bei eines Napoleons Ankunft, doch nicht er zauberte, sondern der Ruf: »Die Deutschen sind da!« Die Österreicher bekamen wieder Mut. Am 27. über den Styr zum Angriff übergehend, erfocht er schon am 1. Okt. einen großen Sieg, indem er Iwanow am Karminbach bei Boguslawski wieder auf Rowno drängte.
Bei Bothmers Rückzug befleißigten sich die Kosaken großer Keckheit, schwärmten weit am Strypaufer. Doch zwei begeisterte ungarische Schwadronen befreiten ein von dreißig Sotnien umzingeltes deutsches Batl. und österreichische Batterien, deren Kanoniere den letzten Schuß verfeuerten und ihre verstummten Stücke mit dem Karabiner verteidigten. Bei deutscher Waffenbrüderschaft entsprach die österreichische Leistung meist einem hohen Maßstab. Sogar die polnische Legion und ein Ukrainer Freiwilligenbataillon stritten hier wacker Schulter an Schulter mit Deutschen, als Sturm auf Sturm abgeschlagen wurden, noch am 30. unter ganz erschrecklichen Verlusten. Die Garden bestatteten allein 1168 Russen. Am 1. Oktober endeten Iwanows »Siege« mit blankem Fiasko, doch der Ewert von Leopold und Gallwitz zugedachte Schlag ging fehl. Im Norden stand Below 15 km von Dünaburg, Eichhorn um 120 km vorgeprallt. An der See-Enge östlich Smorgon (kleine Teiche, inmitten der Dryswiati-See) vereitelten Eichhorns Linke und Belows Rechte Rußkis ausschweifende Hoffnung, sich zwischen beide einzuschieben. Vielmehr schoben sie sich selber so weit vor, daß Rußki (5., 10., 12. A.) von Ewert (1., 2., 4.) völlig getrennt, wie letzterer auch mit Iwanow (3., 9., 11. A.) keine direkte Fühlung mehr hatte, so daß durch beide innere Umfassungen die russische Masse in Stücke auseinanderfiel.
Dagegen zerrann der Wahn, die anfangs bei Wilna strategisch förmlich abgeschnittenen 22 D. taktisch abschneiden zu können, so wenig wie einst Napoleon bei Witebsk und später Smolensk eine Überflügelung im Großen gelang. Durch Unterbrechung aller Bahnlinien nach dem Innern wurde freilich das stöhnende und schnaufende Rückwärtswälzen des russischen Heereslindwurmes martervoll, doch das unwirtliche mit Seen durchsetzte Gelände verbot überall ein rasches Überwältigen des Raumes und die Ententepresse jubelte, den Deutschen sei ihr Plan mißglückt. Die Streifzüge von Eichhorns Reiterscharen, 70 km nordwestlich beginnend und bald Sprengtrupps bis in die Beresinasümpfe tragend, übertrafen noch Stuarts und Forrests Raids im amerikanischen Sezessionskrieg und zeigten, wie leicht diese bewegliche Waffe Nachhuten aufhebt und den feindlichen Rückzug vorauseilt. Hätte man früher Mackensen reichlich mit Reiterei ausgestattet, wer weiß, ob das Ergebnis ganz so unbefriedigend blieb! Hätte er rechtzeitig Pinsk und von dort Minsk erreicht, so wäre die Beresina kein Rettungshafen für Ewert geworden, die Deutschen hätten sich in seinem Rücken die Hand gereicht. Nur nach Südosten blieb den von Lida-Molodezno Weichenden ein Durchschlupf offen. Als aber Scholtz bei Lida-Saberesina, Gallwitz am 27. bei Wischnew, Leopold am östlichen Ausläufer des Njemenbogens einbrachen, hatten die vielen wütenden Gegenstöße Ewert so weit freigemacht, daß er nördlich des Pripet eine neue fortlaufende Verteidigungsfront bezog. Die Deutschen hatten jetzt eine so verkürzte Front, daß man sich auf Festhalten des Gewonnenen beschränken durfte, und die russische Bewegungsfreiheit war so unterbunden, daß die späteren Massenoffensiven aus zureichenden Gründen des Atemschnappens erfolgten. Die Zeiten waren heute andere als 1812 und Wilnas Verlust, das uns eine neue prächtige Depotbasis gewährte, aus wirtschaftlichem Zwang für den Riesenkörper des Russenreichs, gerade so einschnürend wie der von Lodz, Warschau und Kowel. Nach russischer Meinung hätte auch Riga fallen müssen, wenn Ludendorff Ernst machte. Doch Falkenhayn soll es geradezu verboten haben, daß der große Feldherr diesen neuen Lorbeer um seine Stirn flocht. Seine Lobredner nennen es weise Vorsicht, wir sehen darin nur unzeitige Bedenklichkeit und etwas Anderes. Während man dem Schoßkind Mackensen neue Gelegenheit zu äußerem Erfolge gab, stand Ludendorff gleichsam kaltgestellt im toten Winkel, wo er seine geniale Operationsbegabung nicht ausnutzen konnte.
Beim Ausziehen der Verlustlisten fragt sich stets, ob die Ereignisse selber auf hohen oder niedrigen Verlust schließen lassen. Obschon 1., 3. G. Brig. schon bei Arras fochten, sind bei 2., 4. die Verluste so ungleich und geringfügig bis 30., daß sie nicht zur grimmen Arrasschlacht stimmen. Indessen mag es so sein. Dagegen kann das 10. K. seinen Septemberverlust (1210) nur noch in Rußland gehabt haben (Listen bis 20.), da es damals bestimmt noch nicht in der Champagne eintraf. Wäre dem so, würde sich nur bewahrheiten, daß dort der Sept. viel unblutiger verlief als man glaubt. Wir betonen nochmals, so großartig fast durchweg V. L. und Tatsachen zusammenstimmen, so ist unmöglich für Jeden, der nicht im G. St. Archiv sitzt, kleine Irrungen zu vermeiden weil Gliederungen der neuen D. nicht immer nachweisbar und die G. St. Schriften selten Aufschluß gewähren. Wir bekennen freimütig, daß uns Bestand der 84. D. fremd ist, wir auch nicht wissen, ob unsre Vermutung für 4. Jgr. 4. R. Jgr. stimmt, die ja auch in Kurland bei der Kav. gewesen sein sollten. Linsingens 4. D. verlor 1850, 1. D. 1455, 22. D. 900, Moser 730, 41. R. K. 4400 (1030 v. 272., 1320 v. 268.), Bayern 1440, 32., 71. Thür. 884. Besser 1510, Gardekav. 53, 5. K. D. bei Kirchbach und Kav. Wedel 60, Summa 14 500, wovon 7600 nach Norden unter Befehlsbereich der 9. A. bei Logoschin. Der Kampf am Oginskikanal war also noch recht blutig für das vielgeprüfte 41. R. K., Linsingens Einbuße bei seinem dreitägigen Vorstoß bis Monatsschluß angemessen. Ferner noch 1530 v. 22. R. K. Ist das Nachtrag oder verweilten z. B. 203., 208. noch hier? Hessen 1000 (630 v. 83. R.) Bothmer: 1720 G., 930 R., natürlich litten hier die Österreicher vierfach. Württ. 720 ? 1., 3. Jägerrgt. 58. Summe für Süden 20 450. Hierzu Pioniere (116. Württbg. K. 25 bei Bothmer) und Artillerie. 9. A. Leopold: 84. D. 1800, 35. R. D. 1500 (72. L. W. 1350), 5. R. D. 2135, 49. R. D. 2200 (800 v. 225.). Woyrsch ungeheuer viel: im Anfang 4640, Monatsmitte 2340, Schluß 1665, von welchen 8650 jedoch 2000 zu Below in Kurland abzuziehen. Zusammen 14 500 inkl. sächsische L. W. Der Kampf von Sazawa und Jasiolda war also ernster als zu erwarten, wieder trug die brave schlesische L. W. die Hauptlast. Gallwitz: 5230 v. Goltz' 229., 230. R. 1655 Württ., 454 Pommern, 93. R. 150, G. 380, G. R. 1550 (45 Art.), Thür. 3900, Westpr. 5645, 344., 341. I. 1050. L. W. und Ers. 4000, wovon sächsische L. W. 3150 (1960 v. 101. mit Ers.-Batl. = 24 000 inkl. 4. Jäger (15 100 rechter Flügel). Eine Überraschung, denn H. B. läßt nirgends erkennen, daß auch jetzt Gallwitz den allerstärksten Kampf hatte. Der Bugübergang scheint ihm nicht leicht geworden, man erzählt da eine Geschichte von einem zusammengesetzten Res. R. (Hamburger, Berliner, Ost- und Westpreußen), von dem 6 Komp. sich abgeschnitten am Ostufer Tage lang behaupteten. Nirgendwo bei Scholtz findet sich eine Truppe, die derart gelitten haben könnte, nur bei Goltz, dessen 21. R. Jg. wir nicht mitrechneten.
Schultz: Ostpr. 800, L. W. 1000 (775 v. 84.), Allensteiner 3835, R. L. St. 452, 329.–32. Inf. 1975 und 27. R. 793, 9. I. 935 = 9800. Eichhorn: Lietzmann 2100, L. W. 475, Saarbrücker 2965, Königsberg Ers. 2000, L. St. Rgt. 1., 2., 10. usw. 1285, Ers. (Kurnatowski 720) 1350 (6 Regimenter) 3. R. Jg. 549, Kav. 360 = 11 200, doch ist möglich, daß 800 Ostpr. von Scholtz hier beizurechnen. Es wäre merkwürdig, wenn man in der Wilnaschlacht wohlfeiler davonkam, als bei Scholtz' Vordringen über Grodno, wo anscheinend auch 75. R. D. damals noch bei ihm mitwirkte.
Below: L. W. 1325, R. 1820 (1100 v. 59. R.), 36. R. D. ohne 54. I. nur 500, 20., 35. R. 367, Lauenstein 2 600 (1 158 v. 260.), schles. L. W. 2 000, Kav. 270 = 8 900, anscheinend zu wenig, vielleicht wirkten einige bei Scholtz verzeichnete Truppen bei ihm mit. Hier wie bei Eichhorn entspricht Kav. Verl. den wahren Verhältnissen. Dazu 425 P., 490 Art., 200 noch nicht gerechnete Jäger, 522 Minenwerfer usw. Total rund 90 500. Beute: 96 000 Gef., 37 Gesch., so wenig nach der neuen Mode, weil die russische Artillerie auf und davon fuhr, sobald die Dinge nur ein bißchen sengerig wurden. Das immer spärlichere und kostbare Material schonend, ließ sie das Fußvolk ohne Schutz, was dessen Blutverlust steigerte.
Bei gewaltiger neuer Schwächung sowie Unterhöhlung des Aufbaugerüstes auch im Süden bei Dubno–Luck erwartete man Vorstoß auf Kiew, welche Umgruppierung Ludendorff vorschlug, der überhaupt darlegte, man müsse vorerst mit Rußland abrechnen und den Dingen im Westen ruhig ihren Lauf lassen. Zunächst ging freilich die serbische Angelegenheit allen vor, nach deren Erledigung hätte nichts im Wege gestanden. Doch Falkenhayn paßte das Dareinreden eines überlegenen Geistes nicht, er entschied sich für Offensive im Westen, wo er allein hantieren und sein Licht auf den Scheffel stellen wollte. Mit diesem folgenschweren Verzicht auf jede rasche weitere Ausnutzung des russischen Zusammenbruchs begann Deutschlands Niedergang. Denn nur mit den Waffen in der Hand ließ sich ein Separatfrieden von Rußland erpressen, den man durch vernünftige Überlegung vom Zaren zu gewinnen sich schmeichelte, in tiefer Unkenntnis der wahren Umstände, daß der Zar, innerlich Rasputingläubig, der seinen Untergang bei längerem Kriegführen weissagte, ein Gefangener des englischen Botschafters Buchanan war. Denn dieser gefährliche Intrigant drohte schon damals, wenn die Militär- und Großfürstenpartei nicht mehr bestimmenden Einfluß besaß und zum Teile selbst die Aussichtslosigkeit erkannte, dafür die revolutionären Elemente auszuspielen. Ließ man daher Rußland Zeit sich zu erholen, so wuchsen die Köpfe der bernäischen Hyder nach. Nur neue Stiche ins Lebensmark, wie es Wegnahme der Ukraine gewesen wäre, konnten Rußland friedensreif machen. Da dies unterblieb, hatte man den Ostkrieg noch nahezu 2 Jahre auf dem Halse, während er vielleicht nach Neujahr zu beenden war.
Immerhin war es eine seltene Leistung leichtfertiger Fälschung, wenn Kitchener orakelte, das Russenheer sei intakt geblieben. »Die Meisterschaft des russischen Rückzugs«, dessen mehrfache Geschicklichkeit wir nicht leugnen, erklärt sich wesentlich dadurch, daß wir eben nicht »an Zahl und Munition überlegen« waren, wie Kitchener phantasiert: recht naiv angesichts der sonst schadenfroh angepriesenen »unzählbaren Bataillone« des Barbarenreichs. Vielmehr, wenn man den Russen Millionen nach Millionen wegfegte, so besaßen sie doch immer wieder Übermacht, nur die Qualität sank fortwährend. Das wird von Mitkämpfern bestritten. Man merkte kein Nachlassen der Energie bei diesem schon ganz ungedrillten Volksaufgebot, aber es war doch himmelweiter Unterschied vom aktivierten L. St. unserer 83., 84., 86. D. oder all den neuen R. K. und der L. W., die sich wie Veteranen schlugen. An Kitcheners Verdrehung ermißt man den Fluch parteilicher Oberflächlichkeit, die sich nicht genauer unterrichten will. Welche Vorstellung bekam das unmündige Publikum von Deutschlands Streitmacht, wenn sie den Russen »an Zahl überlegen war« und gleichzeitig im Westen Millionenheere bekämpfte! So »unversehrt« blieb der russische Koloß, daß er fünf Monate brauchte, um seine verrenkten Glieder zu recken und ein Lebenszeichen zu geben! 14 Div. der Ostfront entziehend, durfte man mit möglichstem Minimum von Kraft dort auskommen. Bedenkt man, welche furchtbare Westschlachten gleichzeitig durchfochten wurden, scheint Deutschlands Ringen als titanisch.
Umjubelt vom Betscherski-Regiment in seinem Hauptquartier, gab der Zar dem strammen Nikolaiwitsch, der bei der Kritik aller Narren in Ungnade fiel, einen Eselstritt nach dem Kaukasus und bedeutete Rußki, der Iwanows Verheißungen »absurd« nannte, sein Gesundheitszustand sei angegriffen. Iwanow kündigte im Oktober Linsingens Zermalmung an und drängte, als er seine Stoßkraft gegen Czartorysk schleuderte, nicht nur den Erzherzog verlustreich zurück, sondern auch am 18. Ostpreußen und Kurhessen, doch schon am 21. war der Vorteil aufgezehrt. Obschon plötzliche Kälte trübe Sumpfgewässer in Eisklumpen verwandelte, Marsch und Biwak verschlimmernd, für Artillerie undurchführbar, während der Feind mit schwerem Kaliber vom Styr herüberschoß, durchstürmte der Ostpreußen unwiderstehliche Heldenkraft die Ufer, auch Verteidigung von Czartorysk durch 83. Kurhessen war ein Heldenstück, zwei abgeschnittene Füs. Kompagnien verwandelten einen russischen Erfolg bei Kolki in verdutzten Mißerfolg, solche Nibelungenstreiche waren ja bei uns nichts Seltenes. Anfangs am 1. Oktober holte Iwanow sich sogar eine regelrechte Niederlage (5400 Gefangene), bei Czartorysk siegten wir anfangs, auch stürmisches Drauflosrennen bei Tarnopol am 8. kam zwar wiederholt in Bothmers Linien, doch die dort das Schlachtfeld besäenden russischen Toten legten nachher ein Zeugnis ab, daß der Feind zurückwich. Iwanows »Siege« verfingen sich in der eigenen Schlinge, ihre dicke Auftragung erweckte in Paris und London die Forderung weiterer Großtaten. Iwanow sträubte sich, die Wahrheit einzugestehen, sein fruchtloses Bemühen täuschte also Durchbrüche um jeden Preis vor und er gebärdete sich, als wolle er mit Gewalt den Sieg an seine Fahne fesseln. Doch fester Wille zum Sieg ermangelt der Kraft, wenn der Gegner sich auf kein Erschrecken einläßt. So bedeckte ein Anlauf auf Prinz Leopold nur die Russenfront mit Gefallenen, ein Massenangriff am 3. im Norden zwischen Postawy, Naroczsee, Smorgon verhalf nur zu ungewöhnlicher Einbuße des Angreifers.
Unsere nördlich so weit vorspringende Front bog sich freilich im Süden erheblich rückwärts, wo sie in österreichische Stellungen überging, und hier hatte nun Iwanow endlich Czartorysk nebst 6 verlassenen Geschützen, von kaninchenhafter Fruchtbarkeit seiner Einbildung vermehrt. Doch bei weiterem Vordringen auf Kukle am 22. brach die Südspitze des 25 km tiefen Keils ab. 10. k. k. K. D. Herberstein schlug die Zuspitzung schräg beiseite. Des Erzherzogs Ulanen der Polnischen Legion zu Pferd und zu Fuß ließen sich so wenig von Kosaken einschüchtern wie Puhallas Geschwader, die weit die Podolische Steppe umspannten. Daß »preußische Batl. nahezu aufgerieben« seien, ist nach V. L. Fabel, nur 83er litten schwer, auch Bessers 220. R. Erst spätere Novemberlisten bringen bedeutenden Verlust der Ostpreußen und ähnlich der Hessen, weil jetzt deren Offensive begann. Weil Iwanow den ungünstigen Umschwung weder würdigte noch zugab, nahm das Ringen noch viel Zeit in Anspruch. Er war darauf versessen, den verfluchten Linsingen zu schlagen, weshalb sein Toben gegen Böhm und Bothmer nur Scheinmanöver, letzterer mußte am 31. westliche Höhen aufsuchen. Die Ostpreußen eroberten aber am 29. den Mühlberg bei Kamienuchi unter mörderischem Gemetzel mit blanker Waffe und der Erzherzog warf den Feind bei Ruska, Bessers 218. im September, 220. im Oktober gingen hier vorauf. Noch im November ließ Iwanow seinen Teufelstanz los, der sich freilich so abkühlte, daß Linsingen und seine Unterführer wieder zum Kormin vorrückten. Bothmer schien verwundbarer. Schon früher hatte der kraftvolle Bayerngraf für 75 km Front nur 70 000 Gew. gehabt, seine Ungarn gaben jetzt wiederholt nach, es ging hart her, bis er im Nov. erneut die frohlockenden Einbrecher über die Strypa zurückwarf. 48. R. D. und besonders die vielgeprüfte 224. R. Weimar fochten bis zur Vernichtung, doch zuletzt zersplitterten an Bothmers straffer Parade Iwanows Primen und Terzen, er steckte die Klinge ein, um lieber auf Pflanzer einzuhauen. Er und Brussilow, Dimitriew und ähnliche Schwarmgeister erfüllten die Luft mit leerem Tamtam, doch Bedächtige wie Rußki und Ewert sahen düster in die Zukunft, die Offiziere gaben sich keinen Illusionen hin, die Truppen spürten überall, wie es stand. Iwanow schlug geckenhafte Pfauenräder für die schönen Augen der schönen Marianna, nur die Schwätzer der Duma glaubten noch an ihn. Für ihn war Linsingen der beste Fieberarzt, er ließ ihn sich ausrasen und gab ihm dann eine kalte Douche. In die Zwangsjacke brauchte man ihn freilich nicht zu stecken, sein militärisches Talent bestreiten wir nicht. Wenn er nur seine echtrussische Aufschneiderei gemäßigt hätte! Neben den ganz plumpen Materialschlagern der werten Bundesgenossen im Westen macht er noch eine gute Figur, auch Rußki und Ewert manövrierten oft geschickt unterm Einfluß des Großfürsten, der übrigens seine Verbannung zum Kaukasus alsbald durch Türkenbesiegung ruchbar machte. Mit seinem Abscheiden verödete das großgeistige Militärische der Ostfront, wir unterstreichen aber zum Ruhme Ludendorffs, daß überraschenderweise die Entente nur in Rußland fähige militärische Köpfe hatte.
Es war gottvoll, daß eine Null wie Pau den Russen Lehren geben sollte. Das russische Heerwesen stand sonst unstreitig unter dem französischen, in dieser Hinsicht bleiben sich die Dinge immer gleich wie die Rasseneigentümlichkeiten, doch die Sowjets haben auch militärische Begabungen gezüchtet, wie man denn die geistigen Fähigkeiten der Russen nicht gering veranschlagen darf, siehe Literatur. Wenn wir eine scharfe Sprache gegen ihr Barbarentum führen, ihre Verschlagenheit und Bosheit, so trifft das weniger die analphetische Masse als das abscheuliche System ihrer »höheren« regierenden Stände vom Isprawnik bis zum Fürsten. Darüber wissen unsere Gefangenen Bescheid. Doch stand es bei den Franzosen anders? Der Poilu war oft gutmütig, selbst der Schwarze manchmal ein Samariter, Offiziere und Beamte aber rücksichtslose Bestien. Ermordung Rasputins und Wittes, die lindern wollten, entsprach der bekannten Parole »Absolutismus gemäßigt durch Meuchelmord«, doch Jaures und viele Andere sind geradeso ermordet oder in contumaciam zum Tode verurteilt worden, weil ihr Vernunftreden »Defaitismus« hieß. Es rast der See und will sein Opfer haben! Du kennst den Schützen Poincaré, suche keinen andern! Durch diese hohle Gasse des Imperialismus muß er kommen, es führt kein anderer Weg nach Küßnacht – und zur Ruhr.
Daß man den in den Wolken hängenden Sieg gefälligst jetzt bestimmt herunterholen müsse, versicherte an Iwanows Stoßflügel ein Tagesbefehl des kommandierenden General Brinken. (Auch so ein echt russischer Name. Die verfolgten Stammesbrüder waren allzeit getreuste Knechte des Zaren, eine Art Hofjuden, nur auf Badereisen in Deutschland empfahlen sie sich als Märtyrer, weil sie nicht alle fetten Stellen den Moskowiten wegschnappen konnten, was sie Russifizierung nannten). Doch Wenige teilten den sowohl kindlichen als verbrecherischen Optimismus, besondere Schlauberger des neutrale Geschäfte machenden Rumänien fügten Mark und Krone ihrer geheimen Münzsammlung bei, Bratianu schillerte in sonderbaren Farben und verpaßte den Augenblick, wo sein Kriegseintritt Rußland entlastet hätte. Trotz hochtrabender Redensarten, die im Nebelmond einen Nebel nach Petersburg verbreiteten, schnitt Iwanow auch im November schlecht ab. Seine Kollegen, ob sie russische oder deutsche Namen trugen, taten es ihm in Entstellungen gleich. Ewert schwelgte im erhebenden Bewußtsein glücklicher Oktobervorstöße und ließ als Beweismittel 5100 Gef. zurück, welche Ziffer (5226) er sich selber zuschrieb. An der Schleuse des Oginskikanals bekam er eine Schlappe. Daß der Stoß ernst gemeint, zeigt allerdings die starke Einbuße der unverwüstlichen Schlesier Winklers. Auf dem Kurländischen Schauplatz gewann Ludendorff in Fabeck ein tüchtiges Ausführungsorgan. Er bekam aber erst freie Hand, nachdem viele Einbrüche von überfallartiger Schnelle am Drysjawatisee, wo eine kühn attakierende russische Dragonerbrigade niedergeknallt wurde; südöstlich vom Narocz- und südwestlich vom Wizniesee abgewehrt. Die dann scharf südlich erst in senkrechter, dann gewundener Linie bis Smorgon laufende Front Eichhorns mußte im Rücken freigehalten werden. Die r. 12. Armee verschaffte sich Raum zum Aufmarsch, Fabeck mußte gegen die riesige Übermacht – denn die schwer aufs Haupt geschlagene 5., 10. A. bestanden immer noch in ansehnlicher Stärke – alles Entbehrliche von Eichhorn und Scholtz aussaugen. Daß sein Ringen im Oktober-November blutiger war als sonst irgendwo im Norden, obwohl Ewert auch bei Smorgon gegen Eichhorn heftigen Sturm entfesselte – auch dort veränderte sich die platte Ebene durch wahre Hügel fruchtlos geopferter Russentoten –, wird man aus dem sonst hier redseligen H. B. kaum entnehmen. Um so lauter reden die V. L. besonders 1., 255., 260. R. und selbst die zahlreiche L. W. bezahlten ihre Siege teuer, während Rußkis Blutbad kaum dem Iwanows nachstand. Während Fabecks Rechte manch harten Strauß bestand, endete Betastung seiner Linken westlich Dünaburg mit »Einstellen des Angriffs«, wie Rußki zugab. Am 9. Oktober spürte man aber Rußkis Generalangriff nach jeder Windrichtung, sowohl bei Illuxt als bei Widsy und am Miadziolsee, dessen Inseln uns als schwimmende Zitadellen dienten. Die Artillerie trommelte auf verschüttete Gräben. Am 14. zählte man bei Gotani vier große Stürme, doch die Stürmer stolperten über eigene wegsperrende Leichenberge. Die Chaussee bedeckte sich mit Haufen toter und verstümmelter Krieger. Als am 15. der Morgen graute, wälzte sich ein schleimiger Lindwurm von lehmiger Erdfarbe heran: 24 Glieder Tiefe, ungeheuerlich! Sechsmal wogten diese Kolonnen unter mähende Todessense, deutsche Feuerrohre starrten zielsicher entgegen, Maschinengewehre schütteten wie aus Gießkannen den Sprühregen ihrer Schrapnellgüsse. Ostpreußische und Rheinische R. neben 7., 22., 23., 37. L. W. schlugen Mann wider Mann drei Angriffe nieder, mit fünf war der 17. gesegnet. 4., 14. r., 5. sib. K. nebst R. Divisionen und finnischen Schützenbrigaden ließ Rußki in der Hölle deutschen Feuers braten. Am 18. überwog erschöpfte Betrachtung der aufgeschichteten Leichenhügel. Treue Sibirier folgten dem Beispiel der Polen, indem sie am 19. kompagnieweise überliefen, 2400 Gef. rekrutierten sich wohl teilweise daraus. Da Rußki noch nicht nachgab, wurde sein neuer Stoß westlich Postawy auf- und abgefangen. Mittlerweile verfolgte Fabecks Linke, das prächtige Schloß des Grafen Plotow bei Illuxt und das stattliche Brauereigebäude fielen nach sorgsam stiller Vorbereitung den Deutschen zu, Tausende (4300) ergaben sich ohne Schwertstreich dem schwungvollen Sturm, in der Kirche sang man nachher zu Orgelspiel das alte Trutzlied: »So fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen«. Die 17. r. D. ließ am Schloßberg 900 Leichen liegen, vier frische Schützenbrigaden hielten jedoch die Verfolgung auf. Das war am 23. Dies sollen die sechs deutschen Angriffe sein, die am 24. mit Emphase abgeschlagen wurden – im russischen H. B. Sintemal die »niedergemähten« Deutschen mit affenartiger Geschwindigkeit wiederkamen, wollten sie ihre Fahne bis über leichenüberfüllte verschanzte Kirchhöfe bis Eckau tragen und so geschah es. Die russische Gardeart. konnte gegen die deutsche nicht aufkommen, ihre Generale Hofmann, Gliedmann und Stabschef Hansen fielen, echtrussische Leute mit verruchtem deutschen Namen, offenbar Verräter des Mütterchens Rußland. Am 28. fabelte Rußki von Beschießung der Deutschen durch ihre eigene Artillerie, »die hinten stand«, (wo sollte sie sonst stehen?) und »Überstürzung«. Er ging sehr hübsch bei Iwanow in die Schule, diese Überstürzung erreichte schon den Rigaer Meerbusen, wo man Strandbatterien aufpflanzte. Neuausgehobene Letten und Esthen, denen der Deutschen- noch über den Russenhaß ging, bezahlten hier ihre patriotische Wut teuer. Auch im November sahen die 3. r. K. und andere ansehnliche Kräfte scheel zu, wie die kecken Deutschen den Ring um den »Ring von Riga« schlossen. Starke Diversion zwischen Schwanten- und Ilsensee führte nur zu halber Vernichtung ganzer Divisionen, gerade hier machte unsere Rechte den weitesten Sprung bis 5 km vor Dünaburg. Angespornt durch französische Siegesfabeln, die immer kleinlauter verklangen, verfiel Rußki böser Enttäuschung und machte später dem hoffärtigen Dimitriew Platz. Minsk bekam hohen Besuch, Luftflieger beehrten auch Riga, dessen Bedrohung einen Lebensnerv traf, im übrigen hatte man es ruhig bis zum Styr, nur selten tummelten sich beide Parteien innerhalb des Pripetgebietes, das Ewert mit sogenannten »Jagdkommandos« verseuchte, bäuerlichen Freischaaren, oft in erbeutete deutsche Uniformen gesteckt und heimtückisch aus Büschen schießend. Doch blieb er zwischen Minsk und Beresina eingeklemmt, wie die Nordarmee längs der Düna. Angelehnt an den Rigaer Meerbusen, beschoß Fabeck jetzt auch Dünaburg, doch ohne Erfolg. Denn dortige Bastionen bestanden statt aus Stein, Beton, Panzerplatten aus dickem Sand, in dem sich die Granaten verfingen. Ihre Anstelligkeit im Ausheben von Gräben, Aufwerfen von Erdauffüllungen übertrafen die Russen dort selber. Tiefe Gänge mit Stufen, überdacht von Balkengehege und Rasendecken, spotteten der Schrapnells, wo winklige Fuchslöcher in den Boden gegraben. Japan, freundlich über Europa hohngrinsend, spendete neue Geschütze für neue Rubel. Wer ahnte damals den Rubelkurs Null?! So weist seine natürliche Anlage Rußland auf Defensive hin, im Einzelkampf mit Deutschland läge es in wenigen Monaten ohnmächtig zu Füßen des Siegers. Beherzigenswerte Lehre für beide Teile. Jetzt schlang sich ein Gürtel verscharrter Erdwälle mit Brustwehren, tiefen Gräben, spitzen Pallisaden längs der ganzen deutschen Front, dem russische Sturmböcke nichts mehr anhaben konnten. Vielmehr richteten Bothmers Deutsche und eine Siebenbürger Honveddiv. mit Hermannstadt-Kronstadt-Landsleuten am Teich von Simicovice die r. 11. A. furchtbar zu. Begeistert durch die Nähe des Gospodars und Zarewitsch, zum Tode feierlich eingesegnet durch Popen in vollem Ornat, wie sie einst bei Borodino Muttergottesbilder durch die Reihen trugen, widerstanden die armen Muschiks doch nicht den Masch. G. vom Kirchturm, nachdem die Verteidiger der Kirche erschlagen und K. Marschall ein- und durchbrach. 224. R. sprengte das »berühmte Rgt. Dünaburg« und die sibirischen Schützen. Was den Teich im Rücken hatte, erstachen die Bajonette oder es ergab sich: 6300 Gef.
»Hagen ließ er stehen und lief Gernoten an«, heißt es im Nibelungenlied, jetzt beehrte Iwanow den Linsingen mit seinem werten Besuch. Doch dessen hungernde Braven, oft nur auf Inhalt ihrer Brotbeutel angewiesen, im Matsch knietief versinkend, oben Granatengeplatze unten Grundwasser, vergällten ihm die innige Schadenfreude. »Das Feuer aus dem Harnisch er ihm zu hauen begann«, wieder mußten sich Kompagnien mit toller Verwegenheit durchhauen in einer Feuergasse. Da gellte der Schlachtruf »Rache für Czartorysk«, gemeinsam mit abgesessenen Ungarn stießen die in die Enge Getriebenen alles nieder, was aus dem Styrsumpf herauswollte. Iwanow jubelte, »er schlug ihm eine Wunde, die war tief und lang« unter überschwänglichen Glückwünschen, »da priesen ihn die Seinen als streitbar und gut.« Doch als sein grimmer Gegner »der Wunde ward gewahr, das hat mich erst erbittert«. Und als der Russe ihn wieder anrannte, ließ er »ihn schlagen nicht einen Schlag, mit Schüssen und mit Hieben lief er ihm entgegen«. Hohe Brände bezeichneten das Entweichen der Angreifer aus vier Befestigungen hintereinander, der Sümpfe Eiskruste brach, Tausende ertranken, 4000 Tote, 12 000 Gef. lagen am Westufer. Bald war vollzogene Tatsache, daß Iwanow sich nie wieder dort niederlassen dürfe. Nur durch Aufopferung des Fußvolkes konnte er seine Artillerie retten, wagte sich nicht mehr für Fechterstreiche in solches Schlachthaus. Vorläufig, denn seine Ehrsucht mußte sich Siegesbulletins sichern, so lange sein Heerkadaver sich solche Stoßtaktik gefallen ließ. Kein Mann wurde dem deutschen Marsch nach Westen oder Serbien entzogen, wenn er sich dies zu erzwingen einbildete. Oder tönte er nur ein Echo aus blecherner Kindertrompete nach für geschmacklose Siegesfanfare, die aus Arras und Loos herübertönte? Nur gleichartiges Echo einer geifernden Blamage.
Erst Ende Dezember ordnete Iwanow umständliche Bewegungen an und verbrannte zur Weihnachtsfeier Dörfer statt Kerzen, wo er mit der neuen Beßarabischen Armee in die verwundbare Stelle der Bukowina traf. In der Sylvesternacht gratulierte er auch Bothmer, auf dessen Vorfeld am rechten Flügel bei Bucacz er eine Hekatombe von Gefallenen zum Jahresabschied türmte, mit rasender Kanonade, am Neujahrsmorgen mit rasendem Sturm. Die Schanzen bei Bukanow donnerten ihm ein Prosit Neujahr entgegen, dessen unhöfliche Aufnahme seiner Begrüßung ihn so erboste, daß er wie besoffen ins Feuer rannte. Ende: Verbrauch der ganzen neuen R. A., in Stücke zerbrochen. Wo er Gewalthaufen 16 Glieder tief aufstellte, als sei es an den üblichen 12 nicht genug, zerstoben sie wie Spreu im Winde. Die Schlächterei warf auf Serbiens Zertrümmerung nicht den fernsten Schatten und die im Norden von 20 auf 30° steigende Kälte trocknete an Linsingens Front den weichen Boden, während am Opinskikanal alle Bretterstege, Knüppeldämme, Unterstände von Nässe volliefen. Schneepflug-Lokomotiven, Bohrmaschinen für steinharten Boden, Schlitten, Wärmezellen für Wasserdampf, Filzmatten und Holzplatten als Grabendiele, Schneeschuhe, Pelze, Wollsachen, wie konnte Rußland solche Vorkehrungen unserer Kriegsindustrie nachmachen! Vor Bucacz erfroren mal 800 Russen an einer einzigen Stelle. Das Ausland ließ sich durch Phrasen blenden, damals schrieb ein Schweizer: »Käme es auf Heldenmut an, dann gewänne Frankreich den Krieg«. Solche Albernheit verdient Anprangerung. Nichts gibt den Franzosen solchen Vorrang, nirgends entdeckt man ungewöhnliches, denn stürmischen Elan konnten auch Russen und Briten aufweisen. Bei den Deutschen stand Ungewöhnliches auf der Tagesordnung, im größten aller Kriege seit Erschaffung der Erde schwangen sie sich zur größten Leistung auf.
Iwanow verschmolz 10 Div. neuer Truppen (L. W. und L. St. 2. Kl.) mit alten Überresten. Er legte ausgiebiges Trommelfeuer auf Einzelpunkte abgegrenzter Zonen, dann rasten tiefgegliederte Massen mit viehischem Hurrahgebrüll los, die ersten Reihen mit hocherhobenen Händen, die dann plötzlich Handgranaten warfen, die letzten Reihen hinten von Masch. G. bedroht, wenn sie Miene machten zu weichen. Abenteuerliches Vorgehen von Tscherkessischer und Kosakischer Reiterei setzte nicht stahlharte deutsche Nerven voraus. Bald schmolzen Bataillone von 1000 auf 130 Mann. Am 19. Januar erquickte man sich an besonders gediegener Schlächterei mit der Parole: »Der Zar befiehlt Czernowitz zu nehmen, der Soldat darf dort zwei Tage plündern.« Bravo! Es ging hoch her, der Leichenschmaus mundete bitter und verpestete die Luft. Vor einem einzigen Bataillonsabschnitt Bothmers lagen 800 Tote und General Leontiews täppische Munitionsverpulverung am Südflügel bekam ihm gleich übel gegen Steirer und Kroaten. Bei Bucacz riskierte man Vorschnaufen von Panzerautos, doch sie wurden ebenso abgeschossen wie die fünf Staffeln des Fußvolks. Das ganze harmlose Vergnügen kostete 70 000 Tote und Verwundete. Nichts konnte die Niederlage abwenden, obschon Iwanow sich, wenn er abblitzte, wie der Recke Iring des Nibelungenliedes benahm: »Einen ließ er stehen und lief den Andern an!« Bothmer glich dem grimmen Hagen, »das war ein übler Mann«, doch ein Kirchhof im Bereich Linsingens füllte sich auch mit neuen Russengräbern.
Daß man die Nationaloper »Für Gott und den Zaren« so mit neuem Waffengerassel spielen durfte, verschuldete Mackensens kunstloses Nachlaufen, dem der Feind überall entkam. In Anerkennung solcher Verdienste setzte man den neuen Feldmarschall nach Serbien, wo man ihm sonderbarerweise Gallwitz, den Sieger der Narewschlacht, unterstellte und eine k. k. Armee Köweß. Diese gewandten Unterführer, die energischen Bulgaren und die eigenen unvergleichlichen Truppen vereinten sich mit den minderwertigen (deshalb hochgepriesenen) Serbischen, ihm einen Lorbeerkranz zu flechten, an dem seine Oberführung herzlich unschuldig war. Denn zu »führen« gab es hier nichts, sondern nur drauflos zu marschieren; die Serben leisteten in denkbar stärksten Bergstellungen elenden Widerstand. Wie wir dies trotz aller Tiraden des H. B. wissen? Durch die äußerst geringen Verluste der deutschen Truppen. Sobald mal die Donau überschritten, hatte man gewonnenes Spiel. Den berühmten fünffachen Donauübergang vollendete aber Mackensen, indem er allen Regeln der Kunst hohnsprach.
Der Serbische Feldzug glich inzwischen einer lustigen Zauberposse mit Bergkulissen, die aus der Ferne imponierten. Bloße Kletterpartien gegen völlig unzulängliche Gegner, das beweist der Oktoberverlust. Bayern 1600, Württbg. 558 und 22. R. K. 930. Dies sind die einzigen für uns feststehenden Verluste, denn was ist »10. D.« in Serbischer Meldung? Was sind die Ost- und Westpreußen? Vermutlich 2. Jäger (715) und einige Rgt. »Thüringer und Hessen«. Es ist uns versagt, tiefer in die Geheimnisse dieser Truppengliederung einzudringen. Obschon uns verwegenste Zerreisung der Verbände nicht wundern würde, verdrießt uns die Zumutung, es könnten ost- und westpreußische Bestandteile älterer K. hierher gewandert sein. Indessen ist dem so: 1175 v. 151. und 800 Westpr., 1000 Thüringer und Hessen bluteten hier. Inkl. 4. Jg. (151) rund 7000. Österreicher geringer und beträchtlicher bulgarischer Verl. gehen uns nichts an.
Hier sei der ganze Oktoberverlust in Rußland zum Vergleich verzeichnet. Bothmer litt entsprechend: 48. R. D. 3880 (1885 v. 224.), Garde 790 (420 Schützen), 54. I. 577 usw. = 5300, seine österreichischen Korps natürlich dreimal mehr. Linsingen: 1. D. 690, 22. D. 1670 (1175 v. 83.), Besser 1815 (990 v. 220.), Gardereiter 76, andere Kav. 100 = 4350, überraschend wenig, doch ist 41. R. K. (3200, 1258 v. 268., 269.) beizurechnen, vielleicht auch Teile Woyrsch (2000), sächs. L. W. (570) der A. Leopold. Frühere A. Gallwitz: 945 G., 655 G. R., 248 Pommern, 93. R. 410, L. W. 1900 (805 v. 89.), Thüringer 578, Westpr. 800, Wernitz 800 = 6350. Scholtz: Pommern 390, Allensteiner 2000, Ostpr. 2. D. 1550, L. W. 2475, L. St. 380, 5. R. D. 1925, 329.–32. I. 1240 = 10 800 inkl. 800 sonstige R. Indessen trat ein Teil davon unter Eichhorns Kommando. Bei ihm 76. R. D. 2655, 75. R. D. 1455, bad. Ers. D. 1467, Königsberg 1040, Ers. 720, L. St. 768, Reiterei 300, Saarbrücker 8835 (unter Beirechnung der davon abgetrennten 97., 137.) sowie 52. R. 600 (wie denn 5. R. D., 2. D. von Scholtz bei ihm fochten) = 17 800. Below: 2400 schl. L. W. (1930 v. 7., 37.), 1. R. K. 4100, L. W. 5350 (1215 v. 33., 1125 v. 4.), 39., 40. R. K. 4900 (1120 v. 255.), 6. R. D. 600, Reiterei 1475, 345.–52. I. 1600 (1335 v. 349. I.), 371.–81. I. 4825 (2485 v. 372.) = 25 250. Der Kurische Feldzug verlief also unvergleichlich ernster als der Serbische. Bei unsern Tabellen werden eben statistische Pfosten eingerammt, Einzelgenauigkeit aber wird ungeheuer erschwert durch die vielen vermischten Neubildungen. Wer soll begreifen, daß Generalkommandos des 4., 10. R. K. in A. Gallwitz lauter ihnen fremde Bestandsteile hatten: 101., 103., 105., 107. D., 11. b. 3. K. während A. Köweß 22. R. K., 26. D. bekam! Vielleicht 1250 v. 6. D. in mittleren Novemberlisten und einiges andere dem Oktober beizuzählen, jedenfalls aber Kampf im Norden unverhältnismäßig blutiger. Außerdem 715 Art., 1240 P. (385 v. 23.). 142 Radf., 172 Masch. G., 169 Mineurs, 123 Schipper = 2600 auf Below und Eichhorn zumeist zu verteilen. Bei Eichhorn ist wohl einiges besonders von 38. R. K. auf September zu übertragen, obschon sehr möglich, daß die Listen die Wahrheit sagen: Schlacht bei Wilna minder ernst als Oktoberschlacht bei Smorgon. Ferner möglich, daß Eichhorn Kräfte an Fabecks Rechte lieh. Bei der L. W. tauchten schon 349., 350. auf. Total 82 000. –
Überm Konak (Königsschloß) Belgrads wehte schon am 9. Okt. die deutsche Fahne, 44. R. D. war mit einem Satz über die Donau, nachdem ihre Vorderkompagnien die Zigeunerinsel in einem Kampf Einer gegen Zehn den Serben aus den Zähnen rissen. Allerdings war unsere Kanonade überwältigend, doch eine starke Serbendiv. der 3. A. Jurisic hätte die äußerst feste Stellung unter allen Umständen halten können, da das 8. öster. K. auch nur einen Teil über den Strom brachte. Man denke sich Belgrad von Deutschen verteidigt, »kein Bein« wäre lebend über das vom Kugelregen durchsiebte Wasser gekommen, obendrein bei Hochwasser und einem Sturm, daß die Pontons kenterten, Menschen und Fahrzeuge von der Flut weggerissen. Die aufs doppelte verstärkten Serben zeigten sich nicht mal fähig, am 15. den Avalaberg zu behaupten. Noch unglaublicher war Gallwitz' plötzlicher Übergang am 7. gegenüber dem hohen Anatamaberg und Ram, wo 101., 103. D. (genannt 10. R. K.) ohne weiteres hinüberschifften und gleich 14 km Gelände des Südufers besetzten. Woiwod Missic, Befehlshaber der 1. A., ließ sich durch Manöver bei Orsova täuschen? Dann waren es eben Toren, denn ein Kind konnte begreifen, daß der Gegner eine große Donauinsel weit östlich Semendria benutzen werde, wo dann auch 11. b., 105. D. zuerst in kleinen Boot-Paketen, erst allmählich in Pontons übergingen. Als die Serben sich von blöder Überraschung erholten, stürzten sie sich mit zehnfacher Übermacht auf die wenigen übergesetzten Abteilungen, die unverzagt angriffsweise entgegenkamen und am 10. die Ramhöhen erstritten. Hätten hier auch nur wenige Beherzte gestanden, so hätten sie unfehlbar die Übergesetzten in den Strom gestürzt. Auch unsere besten Krieger sind keine Halbgötter, und wenn die Bayern bei dieser Gewaltprobe nur 10, 400 verloren, so genügt dies völlig, um über den serbischen Heldenmut ins Klare zu kommen. Nur wo sie in Festung Semendria wohlgedeckt auf die in klitschnassen, vom Wind umgelegten Kukurezfelder des Nordufers schießen durften, hielten sie das 3. K. im Zaum. Bei ihm erriet wohl auch niemand, daß es aus 6., 25. D. bestand. Ebenso gut wie hier hätte der Übergang auch bei Belgrad mißglücken sollen und müssen, wie ja auch das österr. 19. K. westlich an der Save nicht hinüberkam. Mackensens Verfahren konnte daher nur mit zwei Faktoren rechnen: blindem Glück oder, was das nämliche, Unfähigkeit und Feigheit der Serben. Sobald 43. R. D. die Avala nahm, wichen sie auch vor 3. K. aus der Festung Semendria und ließen sich die feste Reljelinie abnehmen. Bei Pozarevac ballten sich drei serb. Div. (48 Batl.) in überstarker Stellung. Sobald aber Flankenbedrohung links und rechts bemerkbar wurde, riß Missic vor dem Frontalanpacken des 4. R. K. einfach aus und setzte sich erst an den Pforten der Kolumbara, des wildesten, unwegsamsten Gebirges von Europa. Den Bayern kostete ihr unablässiges Hinauswerfen der Vaterlandsverteidiger aus einer Höhe in die andere 15, 600. Die 26. D. bei Köveß kam ohne Kampf als Reserve hinüber, ebenso 107. von Gallwitz, dessen übrige Div. nur den Bayern ins nördliche Morawethal folgten; man kann daher unsere Gesamteinbuße bis 17. auf höchstens 3000 schätzen. Wie die Großtaten schwäbischer und auch österr. Pioniere, dieser glänzend geschulten Truppe, bei Belgrad nie unter solchem Unwetter den Strom bezwungen hätten, wenn die Serben nicht so schwächlich ihre Königsburg verteidigt hätten, so war diese rasche Niederwerfung der Avala- und Pozarevaclinie mit so geringem Verlust trotz schlüpfriger, sturmzerwühlter Wege nur möglich bei elender Haltung der serbischen 1., 3. A. Sie konnte auch von Glück sagen, daß das österr. 19. K. in der Mocwa und oberen Drina festgehalten wurde, und erst am 19. Obrenovac, am 25. Waljewo nahm, bis dahin durch serbische L. St.-Freischaren unermüdlich belästigt. Nur von diesen gilt, daß sie »mit Ingrimm fochten« (Stegemann), während »auf der ganzen Nordfront« davon keine Rede sein kann. Und diese verzagten Serben hatten sich als Besieger Österreichs gefühlt, 10 Monate ausgeruht, während die Deutschen fast alle am Bug abgekämpft waren. Sie gingen guten Mutes an die neue Donauarbeit, so sehr übertraf deutscher Kriegerwert auch den der Westvölker, die immer gleich mürbe, langer Erholung bedurften. Insofern strahlt der serbische Feldzug in hellstem Glanze für die Truppen, nicht die Führung.
Der serbische Feldherr Putnic hatte 2 Div. Juresics aus der Mocwa ins Rudnikgebirge gerufen und dachte so die Schlacht anzunehmen, zu der jetzt auch 6. Div. im beschleunigten Tempo östlich Kragujewac heraneilte. Mittlerweile überrannten aber die Bulgaren die 4. A. Gojcovic im Timoktal und der beste serbische General Stepanovic vermochte auch im Süden dem ungestümen Feind nicht den Eintritt ins Wardartal zu verwehren, von wo angeblich ein französisch-britisches Hilfsheer kommen sollte. Die großen Herrn der Entente blieben jedoch ihrer Gewohnheit treu, die kleinen Völker ihren edlen Zwecken »für Freiheit und Recht« zu opfern und beeilten sich keineswegs, ohne damit zu rechnen, daß den Mittelmächten der Boden unter den Füßen brannte, im Balkan fertig zu werden und so endlich die gerade Bahnlinie Berlin–Wien–Kanstinopel zu öffnen. Auf dieser Front gegen den »treulosen« Nachbar, den sie doch selbst im Balkankrieg geopfert hatten, stritten die Serben allerdings mit Wut. Dagegen zeigten sie bis 23. bei Palanka keine Lust zur Gegenwehr, die Bayern und 122. R. der 105. D. standen schon am westlichen Morewufer, bulgarische Reiterpatrouillen reichten Gallwitz die Hand. Mit einer durch nationale Rachsucht erhitzten Tapferkeit zerschlugen die Bulgaren trotz großer lokaler Schwierigkeiten die ganze Grenzfront Nisch–Üsküb. Von da ab ging alles für sie glatt durch Ebene, während im Landesinneren die Kolumbara uns unübersteigliche Hindernisse zu bereiten schien. Nichtsdestoweniger verbesserte sich der schon an den Pelonkabergen so mittelmäßige Widerstand keineswegs; 22. R. K. erstieg den Rudnikpaß, Kragujewac fiel beim ersten Anhieb, 3. K. löschte den Stadtbrand; am 23. Nov. fielen die dahinter aufsteigenden Höhenrücken vor 11. b., 6., 26. D. Die Württemberger hatten geringen Verl., die Bayern ließen auf dem langen Worawamarsch, wobei sie im Lepnicatal nebst den Schwaben von 122. R. ein hitziges Gefecht hatten, wieder nur 600 und in den Novemberkämpfen nicht viel mehr. Zeigt das nicht deutlich die Geringfügigkeit des serbischen Kampfwerts? Wir betonen nochmals, daß im Oktober höchstens 8500 Deutsche bluteten, 6. D. einbegriffen. Und das heißt hoch rechnen, denn wenn 11. b., 6., 26. D., 22. R. K. zusammen nur 4500 verloren, so ist nur für 105. D. ein ähnlicher Verlust denkbar. 101., 103. fochten offenbar sehr wenig, 107. laut Oktoberlisten noch gar nicht. Daß Mackensen noch genügend frische Reserven besaß, zeigt sein Absenden von 22. R. K., 11. b. D. nach Frankreich schon nach der ersten Novemberwoche. 22. R. K. bestand vorher einen starken Kampf bei Kraljevo–Krusovac bis 7. Nov., wo die Serben viele Tage die Brücke der West-Morava verteidigten. Dies stimmt daher vollkommen zu den Novemberlisten, die erst jetzt größeren Verlust der Brandenburger ausweisen. Nur der schlimme Charakter der Bergwildnis steigerte jetzt unsern Verlust im letzten Verzweiflungskampf der Serben. 26. D. verlor aber nur dann mehr als im Okt. falls 122. I. bisher von ihr getrennt, wieder zu ihr stieß, was insofern wahrscheinlich, als es noch Neujahr mit ihr bei Ypern focht. Vier preußische Jägerbatl. litten so ungemein, 3 davon im November, daß nicht angängig, sie anderswo (bei der Kav. in Kurland) anzunehmen. Für sie war ja dieser Bergkrieg das geeignetste Kampffeld, auch steht fest, daß später eine Jägergruppe unter Otto v. Below im Wardartal auftrat. Bedenkt man, daß sie von Köweß im Ibartal über Novibazar westlich, von Gallwitz nordwestlich, von den Bulgaren südwestlich in die Schraube genommen wurden, nachdem Stepanowic' tapferer Verzweiflungsstoß nach dem Wardar gescheitert, so liegt auf der Hand, daß sie sich im Amselfeld vor Pristina wütend wehrten und bei Durchschlagen südwärts nach Albanien ihre ganze Kraft zusammennahmen, also hierdurch unser Verlust bedeutend stieg. Wir zweifeln nicht, daß bei richtiger Leitung die Kapitulation des ganzen Serbenheeres möglich gewesen wäre, von dem nach gräßlichem Rückzug durch schneeberieselte, orkangepeitschte Einöde sich noch 50 000 Soldaten und Flüchtlinge, Bewaffnete und Unbewaffnete, bei Skutari sammelten und auf italienischen Dampfern nach Korfu fuhren. Die liebenswürdige Entente beschlagnahmte aus freier Hand diese Griecheninsel, welche schwere Neutralitätsverletzung natürlich »für Freiheit und Recht« geschah. Wehe König Konstantin, wenn er darob gemuckst hätte! Dagegen scheuten sich die Mittelmächte, irgendwie die neugriechische Grenze anzutasten, was für ihre Operationen gegen Saloniki nötig war, welche griechische Stadt die Entente gleichfalls zur Hochburg der Gerechtigkeit erhob. Würde Konstantin Einspruch erhoben und der Ententesöldner Venizelos wegen deutscher angeblicher Neutralitätsverletzung Griechenland zum Kampf fortgerissen haben? Sehr unwahrscheinlich, denn wie die Armee dachte, zeigte später der Übertritt eines ganzen griechischen Armeekorps, das nicht für die Entente kämpfen wollte, und die tapfere Beharrlichkeit, womit das Volk später der Hungerblockade trotzte, mit der die Völkergouvernante England das heilige Hellas zu Ententeidealen erzog. Es bleibt also verächtliche Michelschwäche der deutschen Politik, daß sie sich auf eine Abwehrflanke gegen Saloniki beschränkte, statt die kleine Armee Sarrails, dem Joffre dort einem stillen Wirkungskreis anwies, sofort ins Meer zu drängen, ehe ihm größerer Zuwachs blühte. Noch waren es lange nicht 35 000, wie vorgesehen, später über 100 000, Überbleibsel des Gallipoliabenteuers. Daß die stärkste Flotte nichts gegen Strandbatterien erreicht, wird dort bewiesen, unsere Artillerie hätte der Flotte kaum erlaubt, die Einschiffung zu decken, jedenfalls war Behaupten Salonikis unmöglich, sobald die Landbefestigungen und die Besatzung überwältigt. Ursprünglich mag auch deutscherseits so etwas beabsichtigt sein, denn deutsche Brigaden erschienen im rechten Flügel der bulgarischen Wardararmee. Doch bald erstarb jede Initiative unter dem linden Säuseln der geheimrätlichen Wilhelmstraße und das kleine strategische Unreinlichkeitstüpfchen Saloniki entwickelte sich zu fressender Schwäre.
Betrachten wir Novemberverlust in Rußland, so treffen wir: Bothmer G. 820, 48. R. D. 4150 (224. N. 1437) usw. = 5000, Linsingen 1. D. 2800. 22. D. 2400 (839 v. 167.) usw. = 5500. Schlägt man österr. V. L. noch so hoch an, wird doch klar, daß man relativ zu viel Geschrei von den Südkämpfen machte, denn sogar Prinz Leopold litt ähnlich: 49. R. D. 2750, Woyrsch 1900 (1385 v. 38. L. W.) usw. = 5000. Eichhorn, der jetzt die frühere Front von Gallwitz übernahm und nach links die Strecke südlich des Narocz, wobei die um Leopold verschobene 5. R. D. endgültig ihm zufiel: 3200 Saarbrücker 38. R. K. 2000 (253. R.), 5. R. D. 1000, 86. D. 3515 (2915 v. 341.) Ers. 3200 Kav. 250 = 13 200, woraus ersichtlich, daß die Schlacht an der Beresina bis Narocz nie abriß. Verlust der am linken Flügel stehenden Saarbrücker im Oktober-November gibt zu denken, daß der Feind offenbar schon damals in dieser Richtung sich anstrengte, stets ohne Spur von Erfolg. Scholtz mit Neugruppierung jetzt nördlich verschoben, wo früher Belows Rechte stand: 3700 (1385 v. 2. D., 64 v. 23. P., 350 v. 349. L. W.) Fabeck: 4450 R. (1. R. 1210) 39., 40. R. K. 7200 (1247 v. 260. R.) L. W., L. St. 2665, 1. R. Jg. 325, Kav. 465 = 15 150. Im Vergleich zum Oktober besänftigte sich also das Ringen ein wenig. Nun also Serbien: 22. R. K. 2215 Württ. 1000 und 1000 v. 122. R., Bayern 853, 6. D. 3950, Moser 1300, 4. Jg. 244, 1. R. Jg. 275, Gebirgsmasch. Abtl. 296, alles Übrige ist Konjunktur, etwa 800 Westpr., 1625 Ostpr. (1441 v. 41. ?) Thüringer 2000 (72. R. 1000?), 25. D. 2800 (1643 v. 116. I.) usw. = 18 400. Ferner sind zu verteilen 8500 neue Inf. auf die Nordarmeen 780 Art., 111 P., 260 Diverse, 590 Extraverl. Total 76 000.
Man soll nichts verschwören, doch es scheint kaum möglich, daß 101., 103., 105. D. mehr verloren als andere Teile, 101., 103. kamen wohl erst im Nov. vor Pustina ernstlich zum Schlagen; die Bayern verloren in beiden Monaten nur 57, 2400 (wieder 13. R. allein 1060), was, gleichmäßig auf 10 D. erweitert, 24 000 ergibt, nicht wie nach unserer Berechnung 26 000 und was obendrein als Norm nicht zutrifft, da 26., 107. (die zu Eichhorn zurückging) 43., 44. R. D. weit weniger verloren. Vermutlich haben wir also noch zu hoch geschätzt. Das erst am 12. über Kragujevac nachrückende Alpenk. hat erst eine Dezemberliste, die also wie auch eine der 107. D. zu Nov. gehören könnte, doch ist möglich, daß bei Verfolgung nach Albanien oder Wardar Gefechte stattfanden. Bezeichnenderweise litten die Jägerbatl. am meisten, auch die 2. des 22. R. K. Denn das Ganze war ein Weidmannspirsch, wie auch wohl etwas vom neuen Jäger-Alpenk. schon im November hier zu rechnen aus Dezemberlisten. Erkennbar sind für 101., 103., 105. D. die Rgt. 41, 45, 152, 71., 32., 72. 4., 129., 175., 122. R. Leugnen läßt sich nicht, daß drei davon erheblich litten und 6. D. (20., 24., 64.) auch, doch im Ganzen will das nichts sagen! Auch etwaige Nachträge aus Dezemberlisten (vielleicht 4500, die aber als Wardar-Verluste denkbar) ändern wenig das Bild. Daß ein Feldzug, der in 2 Monaten so wenig kostet, nichts Ernstes bedeutet, ist klar. Damit soll natürlich nicht die herrliche Haltung, besonders des 22. R. K., in wildem Gebirge beeinträchtigt werden, wohl aber das Fama-Geschrei, als ob Mackensen dort Cäsars veni, vidi, vici hätte sagen können. Die Helden des Tages waren die Bulgaren, ihrerseits begünstigt durch flankierende Lage ihrer Grenzen. Ohne sie hätte man an die kecken Donauübergänge nicht denken dürfen, obschon wir Mackensen zutrauen, daß er auch ohne dies sein Glück im Draufgehen versucht hätte. Man spie zuvor den unglücklichen Potiorek an, munkelte sogar von Verrat, weil sein Mißerfolg gegen Serbien nach anfänglichem großen Erfolg (»Belgrad liegt zu Füßen Ew. M.«) nicht verstanden wurde. Die k. k. Sanitätsschlamperei trug ihm dies ein, obschon gerade er nicht wie Mackensen ins öde Hochland, sondern in Serbiens Kornkammern einbrach. Doch nicht seine Führung wurde besiegt, vielmehr handelte sie weit richtiger nach den Regeln der Kunst, indem sie einheitlich an der Westecke stieß.
Mackensens fünf Donauübergänge sind theoretisch verdammenswert, hier gab es keine »Scheinmanöver«, sondern jeder Brückenschlag war ernstgemeint. Was Flußüberschreitung ins Gelach hinein angesichts wachsamer und überlegt handelnder Feinde bedeutet, lehren Aspern und Katzbach, zugleich lehren Napoleons ungeheure Vorbereitungen vor »Wagram«, wie sehr bittere Erfahrung die Schwierigkeit würdigte. Dabei kamen ihm obendrein noch Donauflottille und Lobau zu statten, was alles an der serbischen Donau fehlte, die auch dort viel breiter als bei Wien und hinter der ein Hochplateau mit Hochgebirge im Hintergrund aufsteigt. Gallwitz' am östlichen Donaubruch übergehende Abteilungen verdienten von Rechts wegen das Los der Franzosen an der Schwarzen Lake. Das alles glückte, auch bei Belgrad, wo die österreichischen und deutschen Pioniere unsagbare Mühe hatten? Jawohl, wenn zwei Brandenburger Kompagnien auf der Ziegeninsel zwei serbische Regimenter in die Flucht schlagen und anderswo bei Gallwitz sich Ähnliches begab, d. h. wenn völlig abnorme Truppenleistung gegen abnorme Untüchtigkeit in Frage kommt. Wellington sagte bescheiden, was sonst nicht seine Art: »Mache ich Fehler, reißt mein Heer mich heraus.« Da übertrieb er, aber bei Mackensen trifft zu, daß man mit so unvergleichlichen Truppen selbst den Teufel aus der Schanze schlagen könnte, selbst wenn man nichts als Fehler macht. Das Nämliche gilt für den Gebirgskrieg, wo unerhörte Umgehungskletterei verlangt wurde, aber unverdrossen der deutsche Musketier und Jäger das Unmögliche vollbrachten. Die Deutschen fühlten sich eben ganz so wie einst die römischen Legionen in ihrer besten Zeit und eine »Zehnte Legion« gab es nicht, denn alle standen auf ungefähr gleicher Höhe. Die Serben aber erinnern lebhaft an die glorreichen Belgier, nur gegen den bulgarischen Todfeind schlugen sie sich erbittert, vor den Deutschen hatten sie sofort einen heillosen Respekt, der sie seelisch übermannte. Und das nach der Großprahlerei über Potioreks unverdiente Niederlage! Die liebe Entente konnte mit ihrem rührenden Stolz auf die »Märtyrer« Serbien und Belgien einpacken, obschon noch heute bei ihr das Geschwätz über deren Heldenmut im Schwange geht. Übrigens retirierten die Serben mit solcher Geschwindigkeit aus ihrem Land hinaus, daß die Schlacht bei Pristina wiederum kein Sedan wurde. Wo Mackensen die Schraube drehte, da lief die Maschine schlecht. Daß die Reklameberichte über völlige Vernichtung der Serben maßlos übertrieben, zeigt ihr späteres Fechten bei Saloniki, in Frankreich und Rußland, da sie sich doch nicht aus ihrer Heimat rekrutieren konnten. Dieser blendende Feldzug wurde erledigt durch die Truppen, dem Staabschef Seeckt kommt das Verdienst zu, daß er sein Möglichstes für den Nachschub tat. Trotzdem bildeten sich die braven Soldaten zu Hungerkünstlern aus.
Wir wollen das unermeßliche Selbstvertrauen des schneidigen Mackensen, dessen prachtvolle Kriegergestalt äußerlich faszinierend und repräsentativ wirkte, nicht beleidigen. Doch es stimmt bitter, daß sein »Ruhm zum Himmel stieg«, wie der Dulder Odysseus sich vor den Phäaken rühmt, während eines der größten Kriegsgenies aller Zeiten im Norden versauerte und umsonst in Falkenhayn drang, eine Umgruppierung gegen Kiew zu etwas Großem zu gestalten. Mir wollen nicht an persönliche Mißgunst glauben, zumal Ludendorff in seinen Schriften ritterlich das ihm angetane Leid vergißt, was bei einem stolzen ehrgeizigen Mann bis ins Mark fraß. Doch ein Oberleiter von subalterner Auffassung braucht eben nur subalterne Köpfe, alle geniale Himmelsstürmerei war ihm ein Horror. Seltsamerweise ließ F. aber seinen berühmten Feldmarschall Mackensen jetzt in der Versenkung verschwinden, aus der ihn erst Ludendorff wieder hervorholte. Als Unterführer in Rumänien war er an seinem Platz und benahm sich so erfreulich, daß er dort den Donauübergang viel richtiger praktizierte als in Serbien.
Dort sank unser Verlust im Dezember auf 185 Württ., 600 Alpenk., 300 Hessen, 290 Jäger, 207 Gebirgskanoniere- und M. G. Schützen; bloße Nachlese dieses lustigen Feldzugs, den jetzt auch 22. R. K., 3. K., 26. D. eilig verließen, ihre Arbeit war getan. Nach Unterwerfung Montenegros, wo die Hammeldiebe sich höchst unköniglich bewährten, und Säuberung Albaniens blieb nur noch das Saloniki-Abenteuer zu erledigen. Die militärische Eselei dieses rein politischen Schachzugs hätte von Rechts wegen schlimm für die dort unter Sarrail vereinten Franzosen, Briten, Serben enden sollen, doch wer ermißt des Schicksals Wege! Auch hier begönnerte es starre unbelehrbare Hartnäckigkeit. Trotz zwei schwerer Niederlagen durch die derb zufahrenden Bulgaren, trotz Hunger und Seuchen unter gleichen Schwierigkeiten wie bei Gallipoli, beharrte man, ans Meer geklemmt, in unmöglicher Stellung, um das Balkan-Prestige und Fühlung mit heimlichen Landesverrätern in Bulgarien und Ungarn nicht aufzugeben, und trug dafür am Schluß unverhofften Lohn davon. Das Schicksal amüsiert sich manchmal ironisch.
Ganzer Dezemberverlust nur 24 700. Bothmer (1168 G.) und Linsingen (747 vom 1. Ostfr.) litten wenig, Nordfront relativ noch weniger. Nur 227., 232. R. Mosers (1355) fallen auf, bei 32., 71. Thür. (1130), 20. R. Jg. (399), Allensteiner (1202), Ostpr. (1165) ist unklar, was sich davon noch in Serbien befand. Woher 1700 Nachtrag vom 22. R. K.? Im Januar glatte Ruhepause, 9800 Februar noch mehr 5750, nur 608 v. 54. I. erwähnenswert. Moser ging zu Eichhorn, obiger Verl. wohl noch November-Nachtrag. Neue Inf. und Ers. Rgt. trafen ein, und obschon 7. D. schon im Westen und 4 andere vom Balkan folgten, hätte man Kraft genug gehabt, durch Umgruppierung Offensive auf Kiew durchzudrücken. Als ob dem Feind so etwas schwante, unterbrach er im Februar–März die Ruhe durch einen heftigen Stoß im Norden. Des dort jetzt regierenden Hitzkopfes Dimitriews unüberlegte Kampflust schätzte Fabeck nach ihrem Werte. So hoch im Norden wachsen keine Lorbeeren, wenigstens nicht für Vorwitzige, die sich an deutschen Disteln die Finger wund reiben. Am blutgeröteten Schwantensee machten sie einen Nachtbesuch, doch als die trübe Novembersonne tagte, verschwanden die Gespenster mit wildem Geheul unter festem Zugriff norddeutscher Fäuste. Von da ab schwieg das Gewehrfeuer, doch Dimitriew kramte allerlei Märchen aus, die Hindenburg sogleich als »freie Erfindung« aufdeckte. Er war allzeit ein Schwerenöter im Ausspritzen seiner Phantasiedrüsen. Kollege Iwanow zauberte auch wieder einen Patrouillengang von Bothmer als mißlungenen Einbruch vor.
Bis Neujahr kostete der Ostkrieg rund 1 092 000, der Feind verlor sicher 10 Mill. t. u. verw., Gefangene ungerechnet. Solche Bilanz kann man sich gefallen lassen. Indessen torkelte der russische Koloß auf seinen tönernen Füßen, als ob er im Zusammenstürzen noch den Gegner durch plumpe Gewalt der Masse umwerfen könne. Die 2. A. Ewerts war neuerrichtet unter einem neuen Führer, sie sollte die Keule schwingen, wo der Narocz seine trüben Fluten wälzte. Langsam tappte der Moskowiterbär über das Frühjahrseis, um den Gegner in tödlicher Umarmung seiner Pranken zu erdrücken.
Bis zum Frühjahr verhielten beide Parteien sich so gleichgültig, daß Abfangen des tödlich verwundeten Generals Faberius mit dem Stab 82. D. durch ein Jagdkommando Aufsehen machte. Wir versagen uns fortan, auf späteres mit dem Kopf an die Wand Rennen näher einzugehen, die Sache beginnt langweilig zu werden. Alle russischen Offensiven gleichen sich wie ein faules Ei dem anderen, unterscheiden sich in nichts im Süden und im Norden. Ob man die vergessene Größe Kuropatkin in Lebensgröße aufstellte oder Iwanow durch seinen noch turbulenteren Unterführer Brussilow ersetzte, in dieser Neuauflage vermehrten sich nur die Druckfehler, d. h. die Verluste und die kleinen Gewinne selber waren Nieten, weil der Einsatz in dieser Tombola die Lotterielose hundertfach überzählte. Wir schreiben keine pragmatische Chronik mit trockener Aufzählung der Vorgänge, wir ergründen und erläutern, wo es etwas zu lernen gibt, übergehen alles Bedeutungslose. Passives Ausharren im Erreichten, Unvermögen des Gegners, durch falsche Aktivität den Bann zu brechen, wo Einschränkung zur Einschnürung wurde. Zersplittern der aufs Große angelegten Feldherrnnatur im Norden an kleinliche Aufgaben bieten ein unerfreuliches Bild, das selbst der ruhmvolle Heldenmut schlesischer L. W. bei Baranowitschi und Mannestrotz der Ostpreußen und Hessen am Styr nur unfruchtbar beleben. Die große Operation Ludendorffs erlosch im Herbst 1915, alles was später kam, war öder Stellungskrieg, wozu ihn Falkenhayn verurteilte. Erst ein Jahr später wich der Alb von Deutschland, als Hindenburg dem Osten den Rücken wandte, wo er nichts mehr zu suchen hatte, da die Dinge dort automatisch ihren Gang gingen. Jede kaputte Offensive wurde ein neuer Nagel zum Sarge des Zarentums. Nur eine Handlung halten wir der Erwähnung wert, das Frühjahrsringen gegen Eichhorn, das im März 1916 einsetzte.
Hier kommt man mit Statistik ins Gedränge, denn Listen vom 11. März bis 6. April ergeben nur 8450, für Saarbrücker 86! Irrt also H. B. nicht, Abschlagen der ganzen Offensive habe uns nur 70 Tote gekostet? Das heißt unerlaubt scherzen, denn selbst 700 Tote langen sicher nicht. Man muß diesmal Aprilliste beifügen und auch das genügt nicht. Hier interessieren 769 Saarbrücker (196 v. 131.), R. 34. (934), 232. (813), 52. (443), 264. Elbsachsen 843, Pommern 379. L. W. 467 sowie 266. R. in zwei Listen 670; endlich 343. I. 560. Nur 250. R. (1452), 251. R. (1464) entsprachen dem Ernst des Ringens. Man ist gezwungen, noch etwa 15 000 der Mailisten beizufügen, wobei sich dann freilich herausstellt, daß auch hier nach beliebter Methode der H. B. viel zu früh »Schluß« rief und Schluß der Debatte auch erst Ende April eintrat, wenn nicht sogar später. Jede andere Verlustauffassung ist unglaubwürdig. Vielleicht brachte das Einlaufen so vieler Verdunlisten das chronologische Erscheinen der Listen in Unordnung, jedenfalls dürfen wir hier zum ersten Male uns nicht auf sie verlassen? Erstaunliches Mißverhältnis beiderseitigen Verlustes verdient Beachtung, nur durch Geländeumstände erklärbar, obschon die Russen doch wohl den Stoßpunkt auswählten, den sie für den leichtesten und geeignetsten hielten. Das Gefechtsfeld der Saarbrücker (ohne 97., 137.) hatte vor sich eine Reihe von See-Engen. Linke nördlich am Madsjolkafluß, Rechte mit 17 Rgt. am Narodzsee, östlich davon Postawy. Südlicher 138. und L. St. Allenstein, links und rechts verteilt L. St. Schlawe. Ganz nördlich besetzte 131. die »Hindenburgschanzen« vor der Hauptfront bis zum Kamaikefluß, an dessen Nordufer 3. K. D. (6. K. K.) mit 14. Hus. vor Wileity anschloß. Südlich rückwärts die 42. D. Bredow, dahinter 115. D. Kleist. In dieser Luftlinie dehnte sich nach Osten der lange schmale Glodnosee nebst zwei kleineren Seen mit der Woronaz-Enge bis zum großen Miedziolsee, den eine Schanzreihe mit dem dreimal größeren Narodzsee verband. Hier lag 31. D. und hatte Möglichkeit der Unterstützung durch 80. R. D. Redern westlich des Narodz, weiter rückwärts konnte 119. D. herangezogen werden, die nach der Champagneschlacht zur A. Eichhorn kam, vorher bei Baranowitschi. Auf Nordflanke der 42. D. lag 107. D. Moser im zweiten Treffen. Der Feind versammelte gegen diese fünf schwachen Div. die größte Übermacht. Gruppe Pleschkow: 1. K. (22., 24., 59. D.) am Moschaikisee, 1. sib. K. nördlich Postawy, 10. K. (6., 8. D.) und an der Madsjolka 34. K. (56., 104. D.). Diese erdrückende Übermacht vermehrte noch 4. sib. K. gegen 31. D. am Miedziolsee, im ganzen 13 I., 2. R. D. gegen 4 deutsche, 1 K. D. Auch gegen 73. R. D. Seidewitz südwestlich des Norodocz wälzte sich riesige Übermacht heran. Gruppe Balujew: 5. K. (7., 10. D.), 3. Sib. (1., 7. S. D.), 35. (55., 67. D.) und die Uralkosaken. Weiter südlich sollte 36. K. (25., 68. D.) unser 3. R. K. (3., 5. R. D., 10. L. W. R. D.) am Wizniewsee fesseln. Hinter der altbewährten 75. R. D. am langgestreckten Swirsec war jetzt 86. D. Wernitz von der Beresina hergerufen, rechts rückwärts von ihr 9. K. D. Heuduck mit ihr zugeteilten Jäger- und L. St.-Bataillonen nebst 21. L. W. und 170. L. W. Brig. Groppe (48., 24. L. W.), die sich später als rechte Flankendeckung am Rand des Ostupi-Bruchs aufpflanzten, vor welchem östlich der große Tschastazsumpf sich vorlagert. Dies weite Bruch südlich des Narodz schützte gegen den aus Südost kommenden Angriff Balujews, andererseits hatte 75. R. D. das Ladisti-Bruch hinter sich, was einen Rückzug gefährdete, auch gestatteten drei Seen vor der Front verschleiertes Herankommen von Balujews rechtem Flügel. Im Ganzen entluden sich 19 D., 3 K. D. gegen zunächst nur drei Div. Südlich davon bis Smorgon wurden 78. R., 14. L. W. D. kaum angegriffen, wohl aber die Nordflanke an der Birwata (17. L. W. D., 3., 8. K. D.) beunruhigt, hier schloß Schultz an mit 1. K. K. (2. und bayrische K. D., 3. I. D.) bei Widsey, 39. R. K. (77. R., 87., 88. D.) am Drysjawatisee und weiter nördlich 1. K. (37., 108., 2. D.). Gegen diese Linie ging General Schilinski mit 18., 40., 89. D., 70. R. D. vor, 24. D. des 1. K. wurde zu ihm abgeschoben. Am Drysjawati suchte die russ. Art. durch hochgesteigerte Tätigkeit von der großen Durchbruchsabsicht gegenüber Eichhorn abzulenken. Kav. K. Trubetzkoi und 79. R. D. zogen zur Düna ab, um über Geplantes zu täuschen. Zwei gleichbezifferte russ. Div. wollten nämlich dort über 78. und 79. R. D. bei Illuxt herfallen. Es blieb bei der guten Absicht, denn die Kurlandarmee schlug mit 41., 109. D. drei feindliche D. (78. und 5. sib. K.) gehörig bei Jakobstadt. Bis 26. sprengten deutsche Kanonenkugeln das Dünaeis. 13. sib., 119., 120. D. nebst Seesoldaten und 3 Lettenbatl. gingen am 21. auf 6. R. D., 1. L. W. D. nebst L. St. los und verseuchten den vereisten Tirolsumpf und die Chaussee Erkau–Kekkau mit Rauchgas. Doch 35. R. ließ sich nicht einschüchtern, zuletzt bläute die L. W. im Mitauer Kronforst die Eindringlinge gründlich durch. Indessen war dies Gefecht nicht so bedeutend, wie die amtliche Schrift über die »Frühlingsoffensive« meint, denn laut V. L. bluteten knapp 800 Deutsche (190 v. 35. R., 44 v. 20. R., viel L. St.). Alles in Allem. Stegemanns Romantik, daß die Verteidiger an Gas erstickten, irrt. Die Mitau-Front war durch Abladung der 84. L. W. D. zu Eichhorn geschwächt, nur zwei L. St. Batl. aus Kowno dafür eingetauscht, doch L. St. gab jetzt kaum einer Aktivtruppe etwas nach. Bei Friedrichstadt erhielt 1. R. K. als Ersatz für 59. R. das von Scholtz geschickte 147. (Die amtliche Schrift druckt wohl falsch 137, wie auch auf Karte 9. statt 3. D. eingetragen!) Hier fielen Russen in Menge am Brückenkopf der Dünainsel, Dünhof; eine von 9. A. geschickte D. brauchte nicht mehr einzugreifen. Verlust etwa 400 (145 v. 1. R.), 41. D. südlich Saalburg gegen das 38. K. aber 850 (309 v. 152.), der Feind sicher das Fünffache, wobei 148., 152. I. am 26. März sogar M. G. erbeuteten. So bemühten sich 10 r. umsonst gegen 8 d. D., wie nicht anders zu erwarten. Vor Fabecks Front bluteten 21 000 Russen, 735 Gef. Schilinskis Angriff auf Scholtz nahm ähnlichen Verlauf, obschon er gegen 88. D. Panzerautomobile verwendete. Schon am 19. verjagten Schützen der 2. K. D. angeblich die 18. D., 70. R. D. bei Maschkola, natürlich nur deren Vorhut. (Angeblich schon 7. Kür., 12. Hus., doch 2. Hus. bluteten am meisten, 12. wohl Verwechslung mit 2.). Nach dem zweiten Gefecht bei Maschkola gegen 8. und Leibhusarenbrig. stellte seit 26. der Feind jeden Angriff ein; 3. D. hatte schon am 19. mit 4. L. W. das 93., 95. r. Rgt. bei Albrechtshof und Tartarenschanze vernichtend geworfen, mit 34. Pommern an der Sonnenburg nordöstlich Widsey, sie verloren damals nur 51, bei späterer Belästigung das Doppelte, jedenfalls ein billiger Spaß. 42. wird nicht erwähnt, am Sekla-See nördlich davon gehörte Sonnenburg zu seinem Stellungskreis. L. W. und Reiter jagten Schilinski 280, später noch 520 Gef. ab, der an Scholtz' Front 5600 Leichen ließ; 2. K. D., bei deren zweitem Gefecht sich jetzt Kür. und 12., 14. Hus. beteiligten, verlor 151, die ganze Inf. bis zum 1. K. möglichenfalls 1000, obschon wir es den V. L. nicht gut entnehmen. Denn 42. I. focht unzweifelhaft, von 580 Pommern in März- und Aprillisten entfallen wohl 380 auf diese Gefechte, denn die russische Kanonade am Drysjawatisee wirkte nicht unbedeutend. Verl. 39. R. K. sehr schwer festzustellen, wie überhaupt hier überall, 37., 41. D. verloren 875, 2. D. und sonstige Ostpreußen erst 217, dann aber verlor 33. allein 370, laut Mailisten nochmals 175, dagegen 45. nur 21, 4., 44. nur 94, von welchen insgesamt 877 wohl sicher 640 auf die Kämpfe Ende März und Anfang April entfallen. Da auch auf 37. D. 165 zu rechnen, so ist durchaus irrig, daß 1. K. ziemlich unbehelligt blieb, es verlor im ganzen sicher 1000, der Angriff war heftiger als aufs 39. R. K., von dem hier allein die Rede ist. Daß Schilinski vor 77. R. D. zusammenbrach, trifft schwerlich zu, diese Div. (255.–57.) litt fast gar nicht. Großes Lob verdient 2. K. D. Bei diesen Verlustansätzen sind Pioniere und Art. nur oberflächlich mitgerechnet. Sie litten erheblich, besonders 1. P., 16. Art. allein 84, auch 52. stets scharf im Feuer. Beim 1. R. K. können wir unmöglich die Julilisten als Nachtrag benutzen, wo 1. R. 605 verzeichnet. Vielleicht litt aber 379. L. W. bei dortigen Kämpfen. Schwere Schmerzen bereitet aber unserer notgedrungenen Unkenntnis 41. Ostpr., das im Juli 466, im Juni 1100, im Mai 741 verzeichnet. Wo? Ging es mit 1. D. nach Verdun, ging es zu Linsingen? Übrigens ist Eichhorn im April auch bei Smorgon angegriffen worden, denn 5. G. verzeichnet 470. Laut H. B. hätte man ihn im Sommer ziemlich in Frieden gelassen, doch in Julilisten geht es mehrfach hoch her und wir können Zweifel nicht verbergen, daß H. B. uns wieder mal zum Besten hat und andauernde schwere Kämpfe das vorgetäuschte Erlöschen der russ. Offensive im Norden ersetzten. Doch 265. R. mit 1633 und gar Saarbrücker 97. (2000), 137. (900) sind gar zu auffällig, es scheint klar, daß es sich um Nachträge zum Frühjahr handelt. Der H. B. täuscht in jedem Falle doppelt: Entweder macht er aus großem einen harmlos gewesenen Märzverlust oder er unterschlägt spätere viel blutigere Kämpfe nach seiner üblichen Art (siehe Champagne, Arras, Somme), feindliche Offensiven beliebig für beendigt zu erklären. Die Sache ist aus, Punktum, streu Sand drauf, doch sie geht immer fort, da schweigt man, um sich nicht zu blamieren. Von letzterem Vorwurf kann man sich nicht reinwaschen, aber hat man vielleicht doch Recht mit dem geringen Märzverlust, da es die V. L. bestätigen? Oder befinden sich diese ausnahmsweise wegen Verdun- und Sommeschlacht für Ostfront peinlich im Rückstand? Von diesen Übeln möchten wir diesmal letzteres wählen, denn die Märzschlacht im Naroczrevier war derart fürchterlich, daß dort nur große Einbußen gelten können und lange Aprilkämpfe (Mailisten) uns weiteren Verlust zufügten. Und das muß man gar noch aus Juni-Julilisten ausstopfen? Nein, wenn Märzlisten zu niedrig, Mailisten gerechtfertigt durch Übertragen auf April, Juni-Julilisten sonst guten Grund haben.
Märzkampf im Norden scheint matt im Vergleich zur dreitägigen Hauptschlacht, die General Ragosa, jetziger Chef der 2. A. mit erweiterter Vollmacht, dem General Hutier, Chef des »verstärkten 21. K.« lieferte. Neue Besen kehren gut, doch hier bedurfte es besonderer Besen, um den Abmarschboden bei jäh einsetzender Schneeschmelze des Tauwetters reinzufegen. Gewartet durfte aber nicht werden, so gebot die Angst in Paris wegen der Verdun-Gefahr. Die hartgefrorenen Seen waren schon in Eisgang. Doch trotz der über sie ausgespannten Drähte und möglichster Verschanzung aller Ufer dehnte sich Hutier zu weit auf volle 100 km mit seinen Nebengruppen, um nicht die Möglichkeit offen zu lassen, daß eine überstarke Stoßmasse eine Seeenge glücklich passieren werde. Balujew führte sogleich 96 Batl. heran, Pleschkow 128, zur Verfügung blieben noch 80. (Die G. St. Schr. verrechnet sich »368«, wobei sie 27. K. doppelt zählt und so überall Konfusion schafft. Auch »66 d. Batl.« Hutiers ist falsch, es waren 76). Rechtzeitig erkannte Ludendorff, daß selten eine Truppe größerer Gefahr gegenüberstand und das Saarbrücker K. erdrückt werden sollte, er warf alle nahen Reserven dorthin. Unsere schwachen Linien bewahrten aber so viel elastische Stahlhärte, um jedem Hammerschlag ein unzerbrechlicher Ambos zu sein und den Hammer selbst zu zersplittern.
Das 6. Kav. K. Garnier (Neuerung: K. K. mit Infanterie überall ausgestattet wie zu Gustav Adolfs Zeit) an der Birwita hätte Pleschkow energisch angreifen sollen, weil es die linke Flanke der Saarbrücker deckte. Hier vertrieb aber seine 89. D. nur Feldwachen der L. W. und verhielt sich still, so daß die zahlreiche Art. der 3. K. D. ungestört in die rechte Flanke des 1. r. K. schoß. Dagegen stellte er die 1. schwere Art. D. nordöstlich Postawy auf, 10. schw. Art. D. südlich Narocz, sie begannen gleichzeitig gegen Hutier zu donnern. Dieser, früher bei der Garde, zeigte die kühne Zuversicht, die ihn später als Eroberer Rigas und Armeeführer an der Avre so namhaft machte. Diesmal muß man die russische Wahl der Angriffsrichtung gut finden, Hutiers Stellung hatte ins Auge fallende Gebrechen, zumal die Waldschluchten im Osten ein nahes Versammeln gestatteten und die beiderseitigen Gruben sich oft nur auf dreihundert Schritt voneinander entfernten. Besonders gegenüber Wileity-Mosheiki in der Nordecke der Angriffswelle fand der Feind ein wahres Versteck für Schützenlinien und Batterieeinschnitte, während die Deutschen um sich her kahle Ebene hatten, wo kein Baum im versumpften Boden wuchs. Nur an zwei weit vorspringenden Punkten berührte die vom Feind benutzte Waldzone die deutsche Front, dort im sogenannten »Hindenburg«- und »Lagardewald« (offenbar von I/17. nach dem Wald bei Luneville getauft, wo sie ihre erste Feuertaufe erhielten) hatte man zwei Lichtungen durch Baumniederschlagen freigelegt, die »Hindenburg«- und südlich »Muli-Schneise« an der Kamaika und Olsiza, um besseres Schußfeld zu gewinnen. Die Russen hatten in dieser Richtung bis auf 700 Schritt Deckung und konnten längs 12 km Front nahe genug an die Gräben der 42. Div. Bredow herankommen. Dies ganze von Seen und Bächen durchzogene Gelände füllte bei Schneeschmelze alle Schützengräben mit Wasser, das in der flachen Niederung wie in Tellern zusammenlief. Unter unsäglichen Mühen mußte man daher schon seit November erhöhte Erdwerke und hölzerne Aufbauten über ersoffenen Gräben ansetzen, was bei Wechsel von Landregen, Frost, Schneewehen, Tau eine Sisyphusarbeit bedeutete. Weidenzäune und Tannenverschläge boten keinen Schutz, erst weiter hinter dem Sumpfland konnte man eine zweite schwache Lehmwelle aufbauen von Goduzischki nördlich bis Olse südlich. Brach der Feind an der im Halbkreis vorgebogenen Stellung der Mulischneise durch, so ging mindestens die ganze Artillerie verloren, da ihr Zurückschaffen durchs Sumpfland ebenso unmöglich wie ausreichender Geschoßersatz durch Munitionskolonnen. Da also jede tiefere Staffelung der Verteidigungsstellung sich verbot, so muß man die Nichträumung der Vorderlinie fast leichtfertig nennen, da man den dort liegenden Truppen schier Unmögliches zumutete. Bei jedem anderen Heer wären dies verlorene Posten gewesen, hier aber rechnete Hutiers stolzes Vertrauen auf die grenzenlose Aufopferungsfähigkeit deutscher Pflichttreue. In der Nacht zum 18. schlich das 34. r. K. durch die Dolska- und Waronazenge und über das Eis des schmalen Glodowosees heran, die Artillerie schwieg absichtlich, um die Deutschen nicht aufzuwecken! Doch die ließen sich nicht überrumpeln, das Vorhutregiment der Div. Kleist, 40. R., stand wachsam auf seinem Posten, aufsteigende Leuchtkugeln überglänzten das schillernde Eis und auf 100 Schritte streckten runde Salven besonders das 223. Rgt. (56. Div.) nieder. Schweigend wie sie kamen, verschwanden die Russen, nur das Ächzen Schwerverwundeter tönte durch die Einöde von Eis und Sumpf, viele Tote begrub das Wasser. Es sollten nicht die letzten Toten, nicht die letzten Schreie der Verstümmelten an dieser Stelle sein. Als der Morgen des 18. anbrach, erschütterte ein Trommelfeuer die ganze Gegend, vom schwersten Kaliber bis zur Revolverkanone spie der Feind seine giftige Wut aus. Die Generale Seydewitz und Heuduk, gegen deren Front diese Hölle zuerst losbrach, konnten zunächst nur dreißig russische Feuerschlünde erkennen, alles übrige lag versteckt am Bladosee und südlich bei Izoroda am Nordsaum des Tschistrzsumpfes. Über die breite Wasserfläche des Narocz sausten Stahlgranaten herüber, die von Japan und Amerika grüßten. Sie schlugen auch in das große Bruch bis ins Kavallerielager ein. 250., 251. R. erduldeten andauerndes Kreuzfeuer, im Bereich des letzteren flog der aus Stein gebaute Gutshof Moscyea gleichsam in die Luft, aus seiner Grundmauer herausgehoben und umhergeschleudert. Um 7 Uhr fingen russische Steil- und Flachbahngeschütze vor Wileity und Kurty her ihre Arbeit an, die Stellung der 131er aufwühlend und zerkratzend, südöstlich davon raste ein wahrer Orkan von Postawy her gegen die 17er und den Allensteiner L. St. am Olsyzatal, vom Sadowasee gegen die 138er. Die mühsam geflickten Dammgräben rissen, das Wasser gurgelte hervor, die aus klaffenden Unterständen aufgescheuchten Verteidiger standen knietief im Wasser hinter zerfetzten Brustwehren, wo Granat- und Minensplitter umherwirbelten. Während schon früh das Feuer gegen die Punkte Wileity und Mosheiki sich abschwächte, schwoll es zu wildem Vernichtungswillen gegen die kurze Strecke zwischen dem zertrümmerten Sumpfdorf Buzilischki und der Mulischneise. Aus dem silbrigen Schimmern der Birken und Weißpappeln, wo die russischen Feuerschlünde drüben unerkenntlich maskiert blieben, sprühte fortwährend gelbes Höllenblitzen in die Obstbaumallee der Sumpfwiese von Buzilischki, die bald Lenzblüten tragen sollte, jetzt aber zersplittert vom Blitz erschlagen. Die später unter den verkohlten Baumtrümmern dort aufgeschichteten Leichen fegte die Kanonade wieder auseinander. Wie die 131er diese Schrecknisse überdauerten, ohne mit Mann und Maus zugrunde zu gehen, schien später unfaßbar. Unfaßbarer freilich, was G. St. Schr. wohlweislich verschweigt, die winzigen Einbußen. Zum Teil durfte man es dem wunderbar genauen Schießen der deutschen Artillerie zuschreiben, die nach dem Schall den Standort der verborgenen russischen Batterieeinschnitte entdeckte und deren Schußrichtung verwirrte. Bald genug schlugen deren Geschosse nicht mehr richtig in die Gräben, sondern dahinter ins Sumpfland ein, wohin man unnützerweise Sperrfeuer gegen dort nicht vorhandene Reserven verlegte. Die 42. Art. Brig. und besonders die Abteilung Osiander der 15. Art. kämpfte schon um neun Uhr eine starke Geschützgruppe nieder, die von Sabrodje her östlich der Chozily- und Dumblaenge die 17er flankierte. Ebenso brachten die deutschen Batterien im südlichen Gefechtsfeld die Massenbatterie auf dem 300 Fuß hohen »Feldherrhügel« gegenüber 250. R. um elf Uhr mit Gasgranaten zum Schweigen, Protzkarren und Munitionsdepots treffsicher in die Luft sprengend. Die Stellungen der Div. Seydewitz waren in unvergleichlich besserem Zustand, vom Gelände begünstigt, als die der Saarbrücker, sie litten daher noch viel weniger durch dreieinhalbstündiges Trommelfeuer. Als um ½10 Uhr das 5. r. K. sich gegen 251. R. wendete, verrechnete man sich sehr betreffs Wirkung der Kanonade, wie es ja auch den Franzosen so oft passierte. Etwas früher um 9 Uhr schob sich das 4. sib. K. gegen den Südflügel der 31. D. vor. Im Norden währte das Trommelfeuer, wie es eine Stunde später begann, um so länger, noch bis elf Uhr, ehe man sich entschloß, aus den Waldzungen gegen die 42. D. vorzubrechen. Diese füllte ihre Reihen durch eintreffende Bataillone der 107. Div., welche General Moser durch Sumpf, Lehm, Gestrüpp rastlos heranführte. Die Russen öffneten gegenüber den 131ern eine zweihundertfünfzig Schritt breite Sturmgasse zwischen den Drahtverhauen vor den dichtgefüllten Gräben, aus denen die Massen hervorkrochen wie ein bräunliches Reptil, Schützenschwärme in Schneehemden vortreibend, die sich kleiner Schlitten bedienten, um Schutzstahlschilde vor sich her zu schieben. Die weißen Hemden der Scharfschützen, um sich dem Schneeboden anzupassen, erweisen sich jetzt sehr unzeitgemäß. Näher kamen die Pelz- und Lammfellmützen, öfters stockten die anschwellenden Haufen, stolpernd vor niedergestreckten Baumriesen, ungewollten natürlichen Wegsperren. Obwohl jetzt auch Wileity wieder unter Trommelfeuer lag, harrte die Besatzung, 14. hessische Husaren, treulich als Artilleriedeckung aus, die Geschütze der 3. Kav. Div. schossen überquer und es gelang, das Feuer von 80 Geschützen auf die Mulischneise zu vereinen wo Regimenter des 1. sib. K. ansetzten. Die Gehölze krachten nieder, als dicke Kompagniekolonnen aus ihnen Mann an Mann hervorbrachen, schon auf 1000 Schritte auseinandergestäubt. Schon um halbzwölf erlosch der erste Sturmeifer. Die Deutschen sprangen an die Brustwehren, wo noch etwas davon übrig war, oder schossen frei und hoch auf Trümmern stehend in die Horden der Sibirier hinein. An der Hindenburgschneise fand das 1. r. K. kein besseres Los. Zweimal opferten sich 22., 59. Div. in verzweifeltem Anrennen. Die 131er allein dünkten sich Mannes genug, sie abzuwehren, es wäre aber schwerlich gelungen, wenn nicht wahrscheinlich schon jetzt Mosers 232. R. dort einrückte. Vernichtend schlug auch Flankenfeuer von Wileity her hinein, wo die hessischen Reiterschützen allein einen leichten Stoß abfingen. Teile des 15. K. tasteten an der Kowalienge, am Sadowasee und Dukiholz vor, wurden aber von den 17ern (meist Westfalen) und 138ern unsanft empfangen. Deren Verlust blieb jedoch äußerst gering, auch bei 131. lange nicht so groß, als man erwarten sollte. Die zerwühlten Sumpfschanzen müssen also doch mehr Schutz gewährt haben, als die deutsche Schilderung Wort haben möchte.
Hier erstarb der Kampf völlig, doch von ein bis drei Uhr ließ Pleschkow im Norden nochmals Trommelfeuer los, dann jagte er erneut sein 1. K. ins Verderben. Die Husaren, Wileity gegen jetzt ernsteren Angriff der 24. Div. festhaltend, räumten mit Maschinengewehren aus der Flanke unter den Stürmern auf. Die Nacht brach herein, im Sumpfeis lagen 4000 Erschossene, viele Angeschossene erfroren in der Nachtkälte. Der Ruhmestag der 131er war vorüber. Noch blutiger endete die Schlacht am Südflügel, während im Zentrum 34. und 4. sib. K. gegenüber der 31., 115. Div. sich tatlos verhielten. Um 10 Uhr war die 10. Div. aus Nachovice am Nordrand der Sümpfe gegen 251. R. vorgebrochen, die 7. nördlich davon aus dem Birkenwäldchen, über Lutherhöhe und Tannenschlucht, bis zum Erlenwald am Südufer des Narocz, wo 250. R. sie festen Fußes erwartete. Der Sturm brach schon vor elf Uhr zusammen, mittags aber ging am Südende das 36. K. gegen die Landwehrtruppen am Wizniewsee vor, 68. Div. über Makaryce auf das »Beobachterwäldchen« vor Iwanki, wo 24. L. W. sie am Nordrand des Wizniewsees auffing. In der linken Flanke vom linken Flügel des 3. R. K. artilleristisch bearbeitet, fluteten die Russen vor den über den Südostrand des Sees heranfliegenden Granaten rückwärts. Schlimmer erging es der 25. Div. nördlich davon, die in dichter Masse bei Ostrowlawy die 48. L. W. berannte und sich todesverachtend dreihundert Schritt vor den Drahtverhauen niederlegte, um 4 und 5½ Uhr den Sturm erneuernd. Die Märkische Landwehr war nicht zu brechen, in die rechte Flanke schlug das Geschützfeuer der Div. Seydewitz über das Bruch weg, im Schutz der Nacht floh die Division in wilder Panik. Sie soll 3000 Tote verloren haben, von einer Brig. kehrten nur 250 lebend aus dem Gemetzel heim. Baluchew hatte inzwischen nach Mittag das 5. K. dreimal vorgeführt, die Tannenschlucht und die Senke vor Mokrycze füllten sich mit Leichen, unbezwungen standen 250. auf Friemelhöhe, 251. auf dem »Granathügel«. Ihr Verlust war unendlich geringer als der am Nordflügel, dabei setzten sie dem Feind noch mehr Leute außer Gefecht. Zwischen den beiden Seen lagen nahezu 5000 Tote. In der folgenden Nacht gab es Alarm vor 40. R. und am Nordrand des Narocz gegen Vorposten von 166. (31. Div.). Am 19. kam es bei Baluchew nur zu matten Vorstößen, das Angriffsfieber verkühlte sich zu sehr, dagegen tat vermehrte schwere Artillerie den Gräben der Div. Seydewitz viel Schaden. Gegen das Zentrum, gegen das gestern etwa 6000 Granaten verfeuert waren, geschah heute noch weniger. Dagegen tobte erneutes Trommelfeuer, diesmal auch gegen 138. bei Doworotshany. Zweimaliger Abendangriff der 22. Div. und der dort eingetroffenen 1. sib. Schützendivision endete mit Vernichtung der ersteren, besonders ihr 85., das alte berühmte Rgt. Wiborg, schmolz bis morgen früh auf eine Kompagnie (d. h. Verlust von 15/16 %). Die Sibirier sanken auch haufenweise. In der Nacht wurde Wileity durch die 24. Div. von drei Seiten berannt, die Hindenburgschneise erneut durchschritten, doch die Artillerie Garniers, Husaren und 131er schlugen alles ab, obschon hier die Schneehemden, die man anderswo obwarf, sich den Schneehügeln anschmiegten und die Russen diesmal auch bei Buzilischki nahe über den Sumpf kamen. Handgranaten und Sprengminen zerrissen dort den Drahtverhau, doch die Verteidiger sprangen aus den hoch voll Wasser stehenden Gräben und verwendeten ihre eigenen Handgranaten mit tödlicher Wirkung, woran sich auch die Pioniere beteiligten, alle Leichtverwundeten schossen mit, kaum daß ihnen Notverband angelegt. Dies Ausharren verdient um so mehr Bewunderung, als das ganze Gelände im Wasser schwamm und die einschlagenden Riesengranaten nicht etwa Sprengtrichter, sondern Untiefen schufen, aus denen die Flut hervorgurgelte. Die 27. Pioniere pumpten umsonst, auch ihre Spatenarbeit kam nicht vom Fleck und kein Verteidiger hatte mehr einen trockenen Faden am Leib, der Nachtfrost setzte Eis in die triefenden Gewänder. Ihre toten Kameraden schwemmte das Eisgewässer langsam an ihnen vorbei. An Feuermachen und Kochen war natürlich nicht zu denken. Überall spritzte Schlamm bis über die Köpfe und klebte an den Mützen, in die Gewehrmündungen und Maschinengewehrverschlüsse, die man unablässig reinigen mußte, sofern sie nicht überhaupt zerschossen waren. An der Mulischneise griff das 1. sib. K. wütend an, doch Major Fischer, Kommandeur der 131er, durfte sich auf Reserveleutnant Oppen verlassen, der an der Schneise Wache hielt, unterstützt von Schützen und Maschinengewehr der Divisionskavallerie (7. Dragoner) und Allensteiner Landsturm. Letzterer mußte einen Augenblick weichen, nördlich der Schneise quollen russische Schlachthaufen hinein wie durch geöffnete Schleuse. Ein Gegenstoß der 17er brachte nur teilweise Entlastung und die vorderste Batterie mußte ihre 10- cm von herbeieilenden Infanteristen bedienen lassen. Doch Sperrfeuer der 15. Art. machte dem Feind unmöglich, Reserven aus Mikulischki (nordöstlich Buzilischki) heranzuführen, Menschen und Bäume im Lagardewald purzelten durcheinander. Trotz der eingerissenen Verwirrung tat jeder seine Pflicht im Übermaß, auch die Fahrer der Patronenwagen, die für Buzilischki und Mulischneise gefüllt bis in den Sumpfwald rasten oder sich zerschossen fortschleppten, bis die Nichtstreitbaren – Spielleute und Train – die umkippenden Fahrzeuge entleerten und die Patronengurte in die Gräben trugen. Im Morgengrauen führte Major Fischer, beritten vor der Front, einen Gegenstoß mit 17ern und einem Halbbataillon 227. R. der Div. Moser, bald nach 3 Uhr früh war alles vorüber, die Russen wie ein verflattertes Geisterheer des Wilden Jägers im Nebel verschwunden. Als der Mond hoch stand, schien der Böse hier Meister; als trübe Sonne stieg, funkte wieder ein Hoffnungsschimmer.
Diese Nachtschicht von besonderer Furchtbarkeit brachte Pleschkow nicht den kleinsten Gewinn. Am 20. tobte nur Artillerieschlacht, lange Erschöpfungspause. Gegenüber der Mulischneise fügte sich das ganze 227. R. ein, drei andere Bataillone Mosers hatten schon an der Nordflanke ihren Schutz zugesagt und wahrlich nicht im Abwehrkampf versagt. Batterien der Div. Kleist wurden zu Div. Bredow hinübergezogen, erstere war an der Spory-Enge vom 34. K., Div. Berrer an der Lotwa-Enge nördlich des Miadziolsees vom 4. sib. K. nur mäßig belästigt worden. Baluchew begnügte sich mit zwei einstündigen matten Vorstößen nachmittags gegen Seydewitz; einen Versuch des 36. K., bei Ostrowlany Sturmkolonnen zusammenzuziehen, verhinderte schon die zusammengefaßte Kanonade. Indessen sollte am 21. nachts noch ein Hauptschlag gewagt werden, Ragosa schob neue schwere Artillerie am Narocz vor, äußerst ungehalten über den doppelten Mißerfolg seiner Unterführer. Noch hatte er starke unberührte Reserven an Ort und Stelle, während die Deutschen durch Lehm, Schnee und Eis herankeuchten. Div. Wernitz über den hartgefrorenen Smirsee, um den Perekybach zu überschreiten und etwa am Kirchhof von Pranoza bis zum Pionierpark und Gr. Stern östlich Ponki sich hinter Seydewitz zu entwickeln. Die 80. R. Div. näherte sich ursprünglich gleichfalls dem Südstrand des Narocz, wurde aber nordwärts abgedreht, denn das Divisionskommando Bredow im Gut Tschwejaty, nach welcher Richtung über Norkewitsche der russische Generalstab ursprünglich den Durchbruch plante, berichtete ans Generalkommando in Kobylik, daß bei ihm Unterstützung nötig, infolgedessen General v. Redern 34. R. dorthin abmarschieren ließ. Die Heldendivision Bredow war am Rande ihrer Kräfte. Zur tötlichen Ermüdung gesellte sich Erstarrung der geschwollenen Füße, von Eiswasser vollgesogen. Die aufgezehrten Nerven verlangten nur Schlaf, verschmähten selbst Rum und Kaffee. Um Mitternacht ergoß sich plötzlich über die im Schlamm Versunkenen neues Trommelfeuer von Geschossen aller Kaliber, untermischt mit Gasgranaten, gefolgt von viermaligen Angriffsstößen. Wie diese von den aufschreckenden todmüden Schläfern abgeschlagen wurden, weiß kein Mensch zu sagen. Doch das Wunder war da, der Russe ließ nur zahlreiche Tote vor den Drähten, an denen sie sofort festfroren. Gleichwohl schien es, als habe Pleschkow nur necken und ermüden wollen, denn bei sinkender Nacht und Morgennebel, durch Schneetreiben verdichtet und durch Ausströmen von Gasrauch verstärkt, stürmten nach vier Uhr früh die 22., 59. sowie die frische 76. Div. (27. K.) von Mikulischki, das 1. sib. K. von Wukhersje überraschend dicht an die mehrfach von Minenwurf verschütteten und von Schneesturm geblendeten Verteidiger heran. Rechts und links der Mulischneise brachen die Sibirier ein bis zu den Stützpunkten »Masuren« und »Lagarde«. Ein einzelner Gefreiter Beyer, dessen Name Verewigung verdient, opferte sich hier als Winkelried, allein mit unablässigem Handgranatenwurf den Eingang sperrend, ein Heldenbild über erschlagenen Kameraden. Ihm gebürt ein Denkmal an dieser Stelle. Die Siegesfreude der wilden asiatischen Bären währte nicht lange. Was in den Rücken der Allensteiner gelangte, wurde vom Allensteiner Landsturm Mann für Mann niedergemacht. Entschlossener Gegenstoß von 52. R. der Div. Moser befreite die immer noch mit einem letzten M. G. feuernde Gruppe Oppen, der Feind suchte nach fünf Uhr in Auflösung den Schutz der Waldung wieder auf. Weiter nördlich hielt III/70., besonders 9. K. Mathieu, den Graben vor Buzilischki, Kompagnie Hesse der 131er den Hindenburgwald, dagegen erlaubte ein Versehen der Ablösung bei II/131. den Russen einen Einbruch südwestlich davon in Richtung Milkuschki, wobei ein im geräumten Graben verbliebener Fähnrich den Heldentod suchte und fand. Man stoppte zwar den Einbruch, auch bei Wileity trotzten noch immer die hessischen Husaren, und das Sperrfeuer der Geschützgruppe Osiander verunmöglichte dem ungestümen Angreifer ein Nachfüllen von Reserven. Doch eine kilometerlange Lücke von ansehnlicher Breite war gerissen zwischen Wileity und Buzilischki und so konnte es nicht bleiben, zumal ebenso betrübende Nachricht aus Süden eintraf und sofortige Umkehr der ganzen verfügbaren Reserve, nämlich Div. Redern, dorthin gebot. Mosers marschmüde Schlachthaufen traten nacheinander dafür ein.
Um ½2 Uhr nachts brach die 7. Div. unmittelbar am Naroczufer bei Zamorocze westlich des Erlenwaldes vor, eine graugrüne Gaswolke überwogte die Gräben, das grüne Licht der Leuchtkugeln aufsaugend, als die Verteidiger ihre hinteren Batterien am großen Bruch verständigen wollten. 250. R. und die vierundzwanzig Divisionsgeschütze, deren Kommandeur Major Jentsch zu Schnellfeuer überging, trieben dennoch den Eindringling wieder zurück, doch schon drangen die 10. Div. und eine Brig. der 8. sib. hinter dem rechten Flügel des tapferen Regiments ein. Diese sechs Regimenter überschwemmten in sechs bis acht Angriffswellen längs dem Moorwald des Pachthofes Stachavice (westlich des gleichnamigen Dorfes) die nach Norden bis hinter die Lutherhöhe führende Schlucht. Da alle Maschinengewehre des 251. durch plötzlichen Feuerüberfall der russischen Schwerartillerie zertrümmert, konnte der Stoß nicht aufgehalten werden und die Russen schwenkten auf die Sanddüne des Seerands bei Blizniki ein, I/250. abschneidend und vernichtend, der Bataillonschef Hauptmann Fröhlich wurde als »vermißt« nie mehr lebendig gesehen. Soeben langten schwache Teile von 21. L. W. und auch von 264. R. Rederns an, doch drei Kompagnien konnten den Feind um so weniger aufhalten, als die Barbaren verräterisch die Hände hochhoben und dann tückisch Handgranaten schleuderten. Die Trümmer der zersprengten beiden Reserveregimenter mußten sich bis Mokrycze und Friemelhöhe zurücklegen. Das rückwärts in Reserve stehende 249. R. entzog sich aber dem Stoß und litt sehr wenig. Auch südlich am Ladiski-Bruch liefen 25., 68. Div. wieder an. (Die amtliche Schrift verschreibt sich hier wieder »28.«). Der Stoß muß sich nordwärts bis zur Ziegelei und Elisenhöhe der Jäger- und Landsturmstellung Heuducks ausgedehnt haben, da dahinter der »Jägerfriedhof« Verluste angibt. Vor den derben Martern der 48. L. W. schnitt der sehr zuversichtliche Feind wieder so schlecht ab, daß er 200 Gefangene verlor. Indessen wissen V. L. von lebhaftem Gefecht auch der 21. L. W. Vierstündiges Herabrollen der Angriffswellen von den Makarczehöhen ließ nur wie verbrandeten Schaumschlamm zahlreiche Menschentrümmer im morastigen Boden stecken. Das Kreuzfeuer deutscher Artillerie unterband jede Vorwärtsbewegung. Auch gingen jetzt viele Bataillone der Div. Mernitz (341.–44.) zwischen Swir- und Wizniewsee vor. Bereitstellen der Uralkosaken zur Verfolgung hatte Ragosa wahrlich zu früh angeordnet! Von seinem Ziel, Eroberung der Bahn Wilna–Dünaburg war er am Abend des letzten Großkampftages weiter entfernt als je. Denn vor Abend trafen 264., 266. R. der Div. Redern ein, deren General vorerst das Kommando des Südflügels übernahm, das er später an den Kommandierenden des 3. brandend. R. K., dem sächsischen General v. Carlowitz abtrat. 34. R. scheint aber in allen Folgetagen nicht von seinem Ausflug nach Norden zurückgekehrt. Mit Hilfe von 249. R., 21. L. W. schlug Seydewitz allein schon vormittags einen Sturm auf Friemelhöhe ab. Bis zum Abend führte Baluchow neue Streitkräfte aus Süden her vom Slobodosee heran, wobei sogar frische Feldartillerie voraustrabte, um die Angriffspunkte näher heran zu verlegen. Vom 35. und sib. 3. K. machte er aber zu spät Gebrauch, um noch an ernstlichen Erfolg denken zu können, so übermütig ihn sein Teilsieg am Naroczsee machte. Da Ragosa den mit trauriger Spannung seiner Siege harrenden Verbündeten doch mit irgend etwas aufwarten mußte, so kehrte er den Spieß um und erzählte wunderbar, daß er deutsche Offensiven vereitelt habe! Ob er wirklich sogar vernichtete Regimenter über Nacht wieder aus Rekrutendepots hinter seiner Front ausfüllen konnte, wie die amtliche Schrift behauptet, steht dahin. Das aufgeriebene Rgt. Wiborg stellte er jedenfalls nicht wieder her. Dagegen holte Pleschkow jetzt 45. D. des 27. K. herbei. Ehe er sie einsetzte, entriß ihm am 21. abends ein Gegenstoß des Generals Moser, an den das Kommando im Nordabschnitt überging, alle errungenen Vorteile durch unwiderstehlichen Vorstoß von 52., 227. R., an dem sich angeblich 17er (schwerlich, winziger Verlust) und Teile der unermüdlichen 131er nochmals beteiligten. 22., 59., 76. und Brigaden der 24. D. wurden gänzlich aus dem Sumpfgelände bis über die Waldzungen zurückgetrieben, 400 Gefangene hinter sich lassend. Anscheinend griff auch das 170. badische der Div. Kleist in diese Kämpfe ein (falls nicht Verwechslung mit 70. Saarbrücker vorliegt). Neben dem von Major Fischel schon früher eingesetzten 227. R. focht wohl noch länger 232. R., jetzt auch mit großen Opfern 34. R., welchen Löwenanteil dieser beiden Regimenter Flex verschweigt. Mosers in Galizien stolzbewährte Regimenter lösten die erschöpften 131er nun völlig ab, die endlich wohlverdientes Ruhequartier gewannen, und übernahmen allein deren Kampffeld mit gleichem Heldenmut. Nicht minder die Pommern vom 34. R. Bis zum 23. waren auch sie durchnäßt bis auf die Haut, dann froren die Kleider steif durch Kälte bis 25., worauf wieder Tau und Regen sie durchtränkten. Das alles bei Biwak im Freien mitten im »Totensumpf«, wo man die eingebaute Artillerie nicht im Stich lassen durfte. Tag für Tag wechselten Trommelfeuer und russische Einzelangriffe ab, doch erst am 26. schwang sich Ragosa zum letzten Großkampf auf, nachdem am 23. früh die 138er ihm noch die Schande antaten, dem 34. K. eine verschanzte Stellung am Uferwald des Sagetschsees vor der Nase wegzunehmen und auch auf der Nordflanke die 17. L. W. Div. Esebeck das Dorf Welitoje wegschnappte. Warum Pleschkow das 13., 34. K. so gut wie nicht verwertete, ist ungeklärt; vielleicht griffen Teile davon über Postary ein. Dieser letzte allgemeine Angriff am 26., 27. endete jedenfalls so ergebnislos wie alle anderen. Das 1. K. war bereits erledigt, das 1. Sib., 27. K. strengten sich nochmals an, doch die 1. Sib., 76. Div. waren schon zu morsch geworden, als daß die erst später eingesetzte frische 45. Div. und die 2. Sib. anders als vorübergehende Stundengewinne verzeichnen konnten, die zuletzt alle wieder verloren gingen. Der Hinauswurf von sechszehn russischen durch vier deutsche Regimenter schloß für Ragosa hier den unrühmlichen Kampf, den Baluchew gleichfalls zu lange fortsetzt«. Die neue deutsche Linie Mok–Blozniki am Narocz hielten 264., 266. R., 21. L. W., untermischt mit den so hart mitgenommenen 250., 251. R. Die Obersten Monteton und Graf Finkenstein schlugen das 3. K. immer wieder vom Fuß der Friemelhöhe gegen die Tannenschlucht zurück. Baluchews vergrämter Kampfgrimm wollte aber nicht nachlassen. 7., 25. Div. waren unbrauchbar geworden, die zur Schlacke verbrannte 10. ließ sich am 26. nochmals brav neben der frischen 7., 8. sib. Div. vorführen, ebenso die Hälfte der 68. neben der frischen 55. (35. K.) Zwölf Stunden lang wogte erneut der Kampf, doch 70 Geschütze des Obersten Opitz verleideten den Stürmern endlich das Wiederkommen, nachdem 341., 344. der Div. Wernitz unter General Adriani die deutsche Front verstärkten. Noch aber brüllten die russischen Batterien vom eroberten »Granathügel« südlich Mokazyca und Redern entschloß sich kurzer Hand, diesen beherrschenden Stützpunkt den Sibiriern zu entreißen. Am 27. früh nahmen 343., 344. den Punkt samt allem dort eingebauten Material, 341. erstritt die Waldung bis nahe zu den Tannen der blutbesudelten Schlucht. Doch ehe die Sibirier auf beiden Flügeln schützende Erlen und Birken aufsuchten, kostete es noch tagelangen Kampf. Trümmer der 10. D. stürzten in die Stachowicoschlucht ab, südlich des Bruchs wich 55. D. nach kürzerem Ringen. Die angekommene Div. Behr brauchte angeblich nicht mehr verwendet zu werden, doch verlor 46. noch 158 und das Gefecht dauerte in der Südzone noch lange fort. Bachulew blieb ein Starrkopf. Doch das Schicksal der großartig ausposaunten Offensive, zu der in Postavy der Zar selber erschien, war besiegelt.
Noch vier Wochen lang lag man sich gegenüber, bis am 28. April deutscher Gewaltstoß, 266. Schleswig voraus, die ganze frühere Stellung zurückeroberte. 5600 Gef. bezeugten den Sieg, schon früher verlor Ragosa 4500, der nicht verschmähte, 162 d. Gef. nicht zu vergessen. Er mag wohl 120 000 tot, verw., verm. aus den Listen gelöscht haben, 7., 10., 22., 25., 59. D., 8. Sib. mehr oder minder ganz aufgerieben. Was bis zu 28 000 Gewehre aufgefüllt, kam mit 3000 oft ohne Gewehre aus dem Feuer, bis zu 300 aufgefüllte Kompagnien mit durchschnittlich 30. Die Regimenter 38., 85., 88., 98. waren völlig zu Grabe getragen, andere wie bei 10. D. verloren die Hälfte des Bestandes. »Ein Schlachten war's, nicht eine Schlacht zu nennen«. Aufs Äußerste rangen 224 r. mit 54 d. Bataillonen, denn laut V. L. fochten 34., 52., 227., 232., 250., 251., 264., 266. R. mit hartem Verlust, außerdem 341.–44. I. und Saarbrücker mit Energie, die braven L. St. Bataillone und 21. L. W. nicht zu vergessen. Man muß unstreitig den Gesamtverlust bis Ende April zusammenrechnen, dann tritt auch Zugabe bis zu Juniliste in Kraft, man begreift, daß in diesen Sümpfen und Schluchten die Nachlese erst späte Rapporte zuließ.
Die amtliche Schrift wird als »Walter Flexs letztes Werk« angekündigt, als ob dieser später gefallene, in weitesten Kreisen unbekannte Lyrikanfänger eine Art Theodor Körner wäre. Die anregende Schilderung, kernig und kräftig geschrieben, benutzten wir namentlich für Angaben der »versumpften Lage« und sind dafür zu Dank verbunden, wie überhaupt allen diesen Büchlein, die im Auftrag des G. St. auf dessen gespendeten Unterlagen aufgebaut. Doch immer muß man sie mit Vorsicht kritisch prüfen. Das eigene Miterleben färbt subjektiv die Anschauung, für einen Leutnant des 131. steht sein Rgt. immer obenan, erst später flicht er Lob der Div. Moser ein, als habe sie erst als späte Ablösung den Stoß aufgefangen. Dies kann nicht sein, denn wie hätte sie sonst mehr als Div. Bredow verloren. Auch 34. R. litt dauernd und zunehmend, so daß die Gefahr erst nach Abtreten Bredows am höchsten stieg. Nicht als ob wir dem 131. seinen schon in der Winter- und noch früher der Lothringerschlacht begründeten Ruhm schmälern wollten, doch sein Anfangsverlust war laut V. L. überaus mäßig, er fiel nur auf, weil Verlust aller anderen Saarbrücker gar so winzig (90 v. 17.), nur 166. schwang sich zu 137 auf. Selbst wenn man aus Mailisten schöpft, könnten die Saarbrücker nur wenig verloren haben, sogar 27. P. nur 28, 15. Art. nur 11, von Div. Kleist findet man so gut wie nichts in den V. L. und das im H. B. genannte »Hallenser« Regt. verdient nicht Hervorhebung, wenn damit 26. R. gemeint sein soll. Sagte Hindenburg: »Die 42. D. hatte es am schwersten« und beehrte nur die Saarbrücker mit Belobigungsbesuch, so war er falsch berichtet und beging eine Ungerechtigkeit gegen Moser. Denn dieser muß sich schon sehr früh dem Feind entgegengeworfen haben. Verluste reden eine beredtere Sprache als die üppigsten Ausschmückungen, 131. hätte sich unmöglich halten können, wenn nicht 232. R. sofort nach 52. R. eingriff. Sein großer Verlust ist in jedem späteren Stadium ausgeschlossen, da die Schlacht am Nordflügel früher (Anfang April) endete als am Südflügel. Moser und 34. R. führten daher den wahren Hauptkampf, als der Russe am heftigsten drängte. Die zirkulierende Behauptung, das Ganze habe nur 70 Tote gekostet, ist geradeso ungenau wie die von »4 Verwundeten« bei Wileity, 14. Husaren verloren nämlich genau 14 und es werden doch wohl noch andere Reiter, Batterien, L. W. etwas dort geblutet haben. Das alles unterstreicht nur, daß die Saarbrücker im März erstaunlich wenig verloren. Ließ unsere Art. den Feind nirgends mehr heran? Sicher irrt Flex, daß am 18. der Nordflügel mehr litt als der Südflügel. Auch späte Mailisten bringen nicht scharfe Herannahme der Saarbrücker: 538, während 227. R. hier schon 576, 341. I. 746 angibt. 240 v. 344., 289 v. 266. R. wohl bis März–April zurückreichen. In Junilisten trifft man wieder nur 236 Saarbrücker (104 v. 131.), so daß deren Gesamtverlust samt Märzlisten rund 1000 betrüge. Man setzte sich nach den ersten Rapporten in den Kopf, daß das 21. K. alles tat, und vergaß dabei den Zusatz »das verstärkte«, d. h. Moser, Seydewitz, Redern. So allein müßten wir urteilen, wenn nicht plötzlich in Julilisten 97., 137. mit sehr großem Verlust auftauchten. Freilich waren diese anderen Div. zugeteilt, doch wir sehen nicht ein, wo auch sie einen so hohen Verlust anders als im Frühjahr gehabt haben könnten. Oder doch? Das Wunderbare ist, daß in anderen Fällen, z. B. bei der Reiterei, die Märzlisten ganz rechtzeitig erschienen und sich offenbar mit der Wirklichkeit decken. Sind am Ende die treuen V. L. auch hier zuverlässig, d. h. die ganze Aufmachung der Märzschlachten künstliche Übertreibung außer am Südflügel, der Aprilkampf durchweg bedeutender und dann mit Zwischenpause erneut im Sommer fortgesetzt? Jedenfalls dürfen wir 18. März bis 28. April nur als einheitlichen Akt betrachten und erhalten mit Ergänzung aus Mailisten für 34., 250., 264., 227. R. als Verlust: 3200 Seydewitz, 2700 Redern, 1600 Wernitz, 1850 Moser, 1400 Saarbrücker, 500 L. W. (217 v. 21.), L. St. Alleinstein-Schlawe 255, wahrscheinlich bei Heuduck 1. Jäger 88, Behr 158, Kleist 250, Summa 12 000, sieht anders aus als »70 Tote!«
Junilisten (22 700), Julilisten (41 000) setzen in Verlegenheit, denn dies ist nichts, was auf großen Angriffsspektakel schließen ließe. Wir müssen aber stets festhalten, daß die Deutschen in der Abwehr unendlich weniger verloren als die Angreifer und daß im Süden nur 30 000 Deutsche standen, wie umgekehrt 30 000 Österreicher im Norden bei A. Leopold. Die österreichische Einbuße im Süden mag sehr groß gewesen sein, die deutsche dort jedenfalls nicht, obschon Hindenburg viele Truppen zur Hilfe schickte. Nach wie vor standen ihm 85 D., 20 K. D. Kuropatkins und Ewerts gegenüber, und wenn diese noch nachher erhebliche Verstärkungen zu Brussilow schickten, blieb doch im Norden die Übermacht viel größer. Angeblich 1 600 000 Russen gegen 600 000 zwischen Dünamündung und Oginskikanal auf 600 km Front, im Süden nur 650 000 gegen 460 000 auf 500 km. Hatte der Russe solche Geringschätzung für die Österreicher, daß er dies nicht erhebliche zahlenmäßige Übergewicht dort für genügend hielt? Obschon Iwanows Angriffe dort im Vorjahr die Streitmacht vergebens schwächten, scheint uns die Stärke im Süden zu niedrig angegeben, ohne zu verkennen, daß 2 250 000 noch eine respektable Masse bedeutet, wenn Einbuße von vermutlich 10 Millionen voranging. Eine geringere darf man nicht glauben, da Rußland seine Massen bis zur Erschöpfung aushob, so viel man eben bewaffnen konnte. Indessen beanstanden wir noch obige Ziffern, denn 130 I. D. à 16 000 ergeben allein 2 100 000 Bajonette, obendrein dürften 43 I. D. Brussilows nebst zahlreicher Reiterei nach gleichem Maßstab wie die im Norden ohnehin 800 000 betragen haben und zwar Streitbare in 4 neu aufgefüllten Heeren. 9. A. Leschitzki nebst dem großen K. K. Keller gegen die Bukowina, wo die Reiterei mehr Platz zum Einhauen hoffte wie 7. K. K. in der Naroczschlacht, das umsonst auf Gelegenheit harrte. 11. A. Sacharow bei Tarnopol sollte Bothmer brechen, 7. A. Scherbatschews bei Rowno, 8. A. Kaledin am Styr auf Linsingen losgehen. Der Stoß verteilte sich strahlenförmig auf 350 km, ein bestimmtes Ziel ist nicht erkennbar. Vielmehr neigen wir der Meinung zu, daß eigentlich nur ein großes Ablenkungsmanöver vorlag, um möglichst viel Kräfte von Hindenburg wegzulocken und nochmals im Norden dessen geschwächte Linie zu berennen. Unter solchen Umständen kam die Nordoffensive sehr verfrüht, und wie es im Krieg oft zu geschehen pflegt, wuchs sich die Neben- zur Haupthandlung aus. Fünftägiges Geschütztrommeln bis 4. Juni erschütterte die Österreicher, die sorglos und gelassen in guten Stellungen dem Angriff entgegensahen. Der Erzherzog benahm sich wie ein echtes Weaner Kind mit italienischem Blut, trank Champagner und ließ der Mannschaft im Graben Straußsche Walzer vorspielen. O du mein Österreich! Indessen würde der geringe Juniverlust, der sich erst im Juli hob, nur wieder unsre These belegen, daß die Trommelei immer die Schanzen und nicht die Menschen anging, den Nerven ans Leder ging, nicht dem Leben. Gleichwohl wäre selbst ein deutscher Gesamtverlust von 64 000 im Juni-Juli nicht natürlich, wenn es sich dabei vorwiegend um Linsingen-Bothmer handelte. Ersterer hatte vorerst vorn nur 22. D. (1500), Besser litt wenig, selbst 41. R. K. der anstoßenden Nordfront verlor nur 400, Kav. 200. Hinzu später Moser 2600 (232. R. 1950). 971 v. 7., 37. L. W. aus Kurland, 1300 Bayern, 5200 Hannov. Möglichenfalls Ers. Rgt. Rosen, bisher a. d. Yser, das dort nicht 1038 verloren haben kann und 1900 vom 22. R. K. Bothmer hatte ursprünglich nur noch die im Vorjahr neugefüllte 48. R. D., sie verlor 3660, 105., 119. D. je 2000. Jedenfalls ergeben Juni-Julilisten für Linsingen-Bothmer höchstens 22 000 inkl. Art. und P. Bothmers 16. Württ. P. K. litt andauernd. Man wird hier wohl aus Augustlisten etwas zuschlagen müssen.
Die Österreicher ließen sich sorglos überrumpeln, die Deutschen hielten ruhig stand, das war alles in der Ordnung wie zu erwarten. Die Kasseler Div. bedeckte sich hier mit Ruhm. Der Erzherzog soll sich auf einer Jagdpartie befunden haben, mußte die Armee verlassen, schade, er war sonst kein übler Heerführer und fiel wohl mehr als Sündenbock, um dem strebsamen Jüngling Karl Platz zu machen, der sich als Thronfolger an der Front lieb Kind machte. Dagegen läßt sich der hohe Verlust im Norden nicht mit dem Wenigen zusammenreimen, was man amtlich für gut hielt mitzuteilen. Böswilligen könnte der Verdacht keimen, daß höfische Hintertreppen-Intrigen ein möglichstes Totschweigen über Hindenburgs auch jetzt noch mühevollste Arbeit verhängte. Man redet nur van einem großen Angriff Kuropatkins in Kurland vom 3.–20. Juli an der Mitaufront, doch viele Angriffe drängten sich, gegen 3. R. D. (860), 79. R. D. (1500), 1. R. K. (1000), 6. R. D. (400, 35. R. 298), welch letztere vor Riga also am wenigsten litt, obschon nur ihr Kampf hervorgehoben. Doch dürfte 335. Inf. (910) dort mitgewirkt haben. Auf der Smorgonfront und am Narocz wurde auch bis 9. Juli von Balujew angegriffen. V. L. v. 80. R. D. bestätigt, dagegen ist möglich, daß Woyrsch' Baranowitschi-Kampf nur übersichtlich in Augustlisten. Inkl. 97., 131. und anderen Truppen kostete die neue Nordschlacht mehr Blut als die Südschlacht, wo nur die Massen österreichischer Gefangener unangenehm auffielen. Pioniere (1. wieder allein 114) und Artillerie (wieder 117 v. 16., 52.) litten empfindlich, ohne daß vorwiegend Art.-Kampf in Hindenburgs Schlachtreihe herrschte.
107. D. eilte Linsingen zu Hilfe, ebenso 37. L. W., 19. D. kam aus Frankreich. Die Schlauheit der Österreicher brachte wieder mal den Stein der russischen Offensive ins Rollen, während Ewert an deutscher L. W. sein Mütchen kühlen wollte. Da kam er an die Rechten! Überzeugt, daß von Rußland kein Gewaltstreich mehr zu erwarten sei, hatte man 1. D. von der Südfront noch Verdun geschickt, was sich jetzt rächte. Außerdem traten im August neue r. Ersatztruppen hinzu.
Nach unerhörten unmenschlichen Verlusten trommelte der Zar doch wieder 3½ Millionen Effektiv unter die Waffen, wobei 125 000 Kav. und 40 Kosakenregimenter. Das ist billig und niedrig geschätzt, während die Russen 40 d. Div., 10 K. D. höchst lächerlich auf 1 200 000 angaben. Selbst bei Vollbestand wären dies höchstens 500 000 Inf., obschon 17 L. W. D. und auch manche Ers. D. stärker formiert. Mit 650 000 ists genug, denn wenn der Times-Oberst Repington 39 (es waren 37) verbündete D. der Südfront auf 900 000 bei 550 000 Bajonetten schätzte, so geht wirklich nicht an, 35 Kanoniere, Reiter, Train auf 55 Infanteristen zu rechnen. Der Wunsch war hier überall Vater des Gedankens, die Verbündeten hatten schwerlich mehr als 1¼ Mill. noch bei der Fahne. Kuropatkin mußte 5 R. D. an Brussilow abgeben, Ewert sandte A. Lesch gegen Linsingens linke Flanke, 41. R. K. Gronau. Bei solcher Übermacht liegt eine gewisse Härte in Maßregelung des Erzherzogs J. Ferdinand wegen mangelnder Fürsorge, denn da Scherbatschef und Kaledin es an eindringlichen Beweisen ihres Angriffswillens nicht fehlen ließen, so verargen wir den Österreichern nicht allzu sehr ihr Nachgeben unter solchem Druck. Übrigens sind Brussilows »121 000 Gef., 130 Gesch.«, wovon 70 000 allein auf Kaledin kommen sollen, sicher unmöglich, da laut ihm selber Scherbatschew sowie Leschnitzki gegen Pflanzer nur 37 000 Gef. hatten. Und hier war der Zusammenbruch am ärgsten; Pflanzer verlor den Kopf, lief über Dnjestr und Strypa bis 10. fort, entblößte Bothmers Südflanke wissentlich, während er ihn um Hilfe anging. Erst als Bothmers eiserner Wille beim widerstrebenden Conrad durchsetzte, daß ihm Pflanzers Hauptteil unterstellt wurde, schöpften die Österreicher wieder Mut und bewahrten trotz erneuter Rückschläge Fassung im Vertrauen auf deutsches Kommando. So viel bedeutet im Krieg ein einzelner Mann an rechter Stelle. Doch hätten öster. 6., 13., 9. und K. Hofmann den Anprall nicht überdauert, wenn nicht 48. R. D. und ihr Führer Oppeln sich über alles Lob erhaben betragen hätte. Diese Hessen und Thüringer wurden in Schlachtenfeuer und Sonnenbrand fest wie Eisen. Des Russen fernes Ziel war Lemberg, doch er erreichte nicht mal Kowei. Auch von den Österreichern erbittert bekämpft, erlebte Kaledin an der weidenumbuschten Stochodinsel Swidniki böse Stunden, deutsche Artillerie sang den Russen allenthalben am Stochodufer ein stürmisch Lied, das betäubend auf die Nerven schlug. Vor Bessers Paderbornern und Mindnern floh ein sib. K. aus der Sumpffestung Liniewka, ganze Sturmhaufen ersoffen kläglich. Wo die Russen am 14. siegessicher durchwateten, wichen sie vor Linsingens beständig wachsendem Gegenstoß. Die Kav. K. Keller und Bebrassow, Andrängelung an Bothmers Sphäre, erhielten grobe Abweisung. Umbruch bei Stanislau verriegelten bayr. Pioniere und zwölf Tscherkessenschwadronen bei Thumacz wurden in langen Garben niedergelegt und wandten die Gäule. Was sonst in Staubwolken herankam, floh am 2. Juli, als Pickelhauben über Kornfelder auftauchten, heiße Sonne löste ein Leichenfeld in Verwesung auf, Trommelfeuer einer französischen Artilleriemission erstarb in Gewitter und Platzregen. Der sagenhafte Hüne Graf Keller bewies jetzt auch blutend, daß er nicht kugelfest sei, wie die Muschiks glaubten. Umsonst zündeten die Russen am Paßeingang der Waldkarpathen die Waldung an, die Verteidiger schauten gelassen in das Flammenmeer nieder.
Der ehrliche Rußki verübelte mal einen Petersburger Siegesbericht, wo kein Schuß fiel, doch man bedeutete ihm barsch, dies sei höhere Politik. Der Streberwühler Brussilow, dessen Intrigen gegen seine Kollegen beim Zaren Gehör fanden, braute mit Staatsrat Pahlen Aufmunterungen für's mißgestimmte Entente-Publikum und fabrizierte zuletzt 260 000 Gefangene, da das Papier geduldig ist. Der so überaus siegreiche pfiffige Kosake Kaledin verhielt sich aber mäuschenstill bei Swidniki, als zu beiden Seiten dieser Keilspitze der Kampflärm herüberscholl; sie knickte ein, als durch dicht niederhängende Brandwolken und rotleuchtende reifblühende Mohnbeete der deutsche Fuß die russische Siegesflamme zertrat, so wie Platzregen den Brand der Ziegelmauer löschte. Linsingens Löschungsarbeit erstickte den Feind im Sumpf, Kaledins Plan wurde bei Kisielin zu Wasser, ebenso wie Gorbatkowskis zwischen Düna und Meer südlich Riga. Die zwei Petersburger Gardek. hatten im Juli kein besseres Los am Stochod, als das Moskauer Grenadierkorps vor Baranowitschi, dessen 6000 Tote den schlesisch-polnischen Wehrmännern zu Füßen lagen. 53. Rgt. trat mit 3250 an, kam nach 14 Tagen mit 100 aus der Kampfhölle heraus, obschon zwischendurch mit 2450 wieder aufgefüllt. Bei Kuropatkins Angriffen über die Düna, wobei seine Pontons oft bald voll von Kugellöchern und Wassern waren, an der Düna und im Schlamm wälzten sich ganze Bataillone in ihrem Blute. Nicht anders vor Eichhorns Front. Trommelfeuer durchpflügte allerorts unsere Gräben, bei Smorgon verdunkelte am 2. Juli riesenhafte Explosion den Sommerabend, doch zwei sächsische Kompagnien warfen rachedürstig zwei eingedrungene Batl. aus dem Trichter, zwei Beßarabische Rgt. wurden hier ebenso niedergemacht, wie anderswo vor den Brustwehren der Brandenburger sowohl der 5. als im Norden 6. R. D. Doch gar zu viel tschechische und ruthenische Überläufer und Verräter blieben im russischen Kampfgarn hängen, österreichische Hungermüdigkeit sprach sich aus. Erpressen kleiner lokaler Erfolge ohne sie zu vertiefen machte doch Buridans Esel in Rumänien schlüssig, welch Bündel Heu er zu wählen habe. So büßten wir dafür, daß Falkenhayn die Welt mit dem Verdun-Abenteuer erfüllte und Ludendorffs Mahnung, seit Herbst 1915 Rußland keine Erholung zu gönnen, in den Wind schlug. Auch büßte man für Conrads Starrsinn, seinem Lieblingsobjekt in Südtirol bei Asiago zu fröhnen, da er wie der ermordete Thronfolger stets von billigen Siegen über Italien schwärmte. Dafür hatte er den unendlich wichtigeren Punkt der Linie Kowel–Czernowitz außer acht gelassen und ihm Kräfte entführt, die er nun doch wieder nutzlos dorthin zurückschickte. Unstreitig war Conrad ein Stratege, das zeigt sein kühnes Verfahren bei Kriegsbeginn, ein Mann von Ideen, doch sein übertriebener Nimbus dürfte nun wohl erblichen sein. Sein schwarzgelber Egoismus fraß an unserer Kraft, die er doch immer wieder um Schutz anflehen mußte. Es sah schlimm aus, als am 12. Juni Kosaken weit über Luzk auf Kowel ritten, die Trümmer der gesprengten Scharen des Erzherzogs wehrten sich sehr ungleich ihrer Haut. Sacharow trieb Puhallas Linke abwärts und fesselte Böhm, der aber ruhig standhielt. Der so links gedeckte Bothmer war am 16. Herr der Lage, nachdem ein Überfall am 14., vor dem selbst die altbewährte 39. Honvedd. ausriß, am Fels Oppeln verstrudelte. Scherbatschews Stürme verarmten ihn an Mannschaft, selbst Leschitzky, obschon am 17. Czernowitz betretend, fühlte nicht mehr die Kraft, aus der Sereth- in die Pruthlinie überzugehen. Erst am 28. raffte er sich mit neuen Verstärkungen so auf, daß er Pflanzers Rechte ganz aus der Bukowina auf die Karpathen drängte, Kolomea ging verloren, die Linke wich auf Thumacz. In der dunstigen Schwüle, wo die üblichen schweren Wetterwolken von den Karpathenspitzen ins Dnjestrtal die weite Landschaft überzogen, begrub das mannshohe Korn ganze Massen gefallener Tscherkessen, Kosaken, südrussischer Husaren und Dragoner, die 30 Kav. Rgt. Kellers unternahmen unablässig große Attaken. Für ihre gegen die Deutschen ewig unfruchtbare Tätigkeit wollte sich die früher so stolze Kavallerie des Zaren hier an Österreichern rächen, die zu entscheidender Niederlage verdammt schienen. Diese hielten sich tapfer, doch nicht eher schwand den Russen ihr Siegestaumel, als bis die aus Serbien angerückte 105. D. ihre Helmspitzen sehen ließ. Da wandte sich alles zur Flucht, vorprallendes Fußvolk und nachhauende Reiter. Trotzdem noch furchtbares Ringen von 129. I. bis 5. Juli, doch 119. D. vom Narocz rückte ein und an diesem Brechpunkt vergrollte die Gefahr wie ein abziehendes Gewitter. General v. Seeckt als sogenannter Stabschef des ratlosen Pflanzer übernahm die 7. A. als deutscher Verteidiger der Karpathenpässe, die einen düstern Schlagschatten in die rumänische Ebene hinüberwarfen. Die Dacier als angebliche Lateiner und wirkliche Französlinge, die in Bukarest nur an Pariser Boulevards denken, vergaßen mit slawischem Leichtsinn, daß sie alles und jedes ihrer Hohenzollerndynastie verdankten und nur vom russischen Heißhunger etwas zu fürchten hatten. Sie wetzten die Waffen für fetten Raub – Pardon, für Freiheit und Recht.
Inzwischen schirmte Linsingen seine Flanke vor Wolhinsk mit den Armeegruppen Bernhardi und Falk, erstere siegte auch am 21. Juni mit 2. öster. K. und 11. b. D., die soeben – unglaublich aber wahr – frisch aus der Verdunschlacht eintraf. Ihre 9 Batl. bestanden wohl fast nur aus Rekrutenersatz, doch sie schlugen 22 r. ab. Am 23. kam die vielgeprüfte 107. D. bei Helenowka ins Gedränge, besonders 232. R., und General Marrwitz, der hier kommandierte, wurde hinter Luzk abgedrängt, dann am 5. Juli die Österreicher bei Kolki geworfen. Da stellte 37. Hannov. Br. (aus der Champagne) das Gefecht wieder her, am 6. stand L. St. Passau fest und mutig. (Selbst Elsaßwinkel kehrte man also leer, um die Lücke zu stopfen). An anderer Stelle stürmten am 29. acht D. unter Besobrasew mit ungeheurer Wucht heran, hier hieben 1., 3. G. Ul. und ein L. W. Ers. Rgt. (wohl Rosen) eine Weile die Österreicher heraus, doch verlor man das wichtige Trystin ans 2. Petersburger G. K. Langsam wich Puhallas Linke erneut, auf Boehm bei Brody zurückgeworfen. Hindenburg hatte noch 108., 86. D., 9. und bayr. K. D. geschickt. Kav. K. Hauer, K. Gronau und die von Woyrsch abgezweigte 7., 37. L. W. wurden von Lesch heftig angefallen, 26. öster. L. W. wich, doch I/343. der anrückenden 86. D. sprang hilfsbereit ein. Indessen wurde die Lage recht mißlich. Durch 14 frische Div. aus Norden und aus dem Hinterland verstärkt, drang Kaledin, nachdem er den breiten Fluß seiner Massen aus dem Styrbogen ins sandige Stochodufer abgeleitet, erneut vor, durch die Niederlage bei Swidniki nicht lange aufgehalten. Es scheint, daß Lüttwitz das ganze 10. K. herschaffte, denn 20. D. scheint nicht an der Somme gefochten zu haben, ihr Verlust im Juli-August überstieg noch den der 19. D. Man erfährt leider zu wenig von den Standorten der Hannoveraner, die offenbar den Hauptanprall auf sich nahmen. Am 8. schien Linsingens Stochodlinie beinahe gesprengt. Puhalla verlor gleichzeitig bis 27. die Lipamündung, Boehm das große Proviantlager Brody, ein unersetzlicher Verlust, Sacharow triumphierte. Die 50- km-Lücke nach Aufreißung der Front Luzk–Dubno schien sich westwärts zu vertiefen. Bei Luzk trat die Zarengarde an, zwei auserlesene Korps, auf 70 000 neu aufgefüllt, nachdem sie im Vorjahr auf die Hälfte schmolz, an verschiedenen Stellen als Triarier eingesetzt wie die preußische Garde. Vier andere frische K. waren am rechten Flügel des Angriffsbefehls gewärtig, 1. sib., 1. turkest., 23., 39. K. Linsingen soll rund 10 d. D. gehabt haben (die österreichischen waren kaum noch kampffähig). Wir können erkennen 86., 107., 108., 22., 19., 20., 11. b. und wohl 25., 47. R. D. nebst einer gemischten L. W. D. Inwiefern das Kommando 22. R. K. mitwirkte, d. h., ob Teile der 43. R. D. vorkamen, wissen wir nicht. Denn einerseits focht 44. D. bestimmt bei Verdun, andererseits ist der Verlust überhaupt zu groß, um zur Stochodschlacht zu passen. Denn hier verloren die Bayern Ende Juni nur 24, 1260, erst Mitte Juli hatten sie viel zu leiden; man muß überhaupt zu Augustlisten Zuflucht nehmen, um bedeutende Verluste Linsingens festzustellen. Indessen mag eine abgetrennte Brig. 22. R. K. mitgewirkt haben.
Nochmals hatte General Ragosa am 2. bei Baranowitschi die schlesische L. W. und das Siebenbürger K. Henriquaz so bärenmäßig angerannt, daß die erste Linie der Gräben und Feldschanzen verloren ging und am 3. Skrobewa-Kortschewa in Feindeshand blieb, so verzweifelt Szekler, Walachen, Karpathendeutsche sich dawider stemmten. Das war eine stärkere Wiederholung des Angriffs vom 13. Juni abends, wo japanische Geschütze, belgische Panzerautos, französische Masch. Gew., amerikanische Munition gemeinsam für Freiheit und Recht die Landwehrmänner von jener Hochkultur zu überzeugen suchten, die man analphabetisch den Hunnen vorbuchstabieren muß. Diese Barbaren verbaten sich aber den freundlichen Unterricht durch Züchtigung ihrer Lehrmeister, so daß Ragosa in bleichem Schrecken das Kolleg abbestellte. 24 Elitebatl. fanden bei 4 L. W. Batl. keinen Einlaß. Jetzt aber war dies anders, das Trommeln länger, der Sturmbock dicker. Gleichwohl durfte der Russe vor der zerschossenen Windmühle von Daxowo sein Panier nicht aufpflanzen, das war beschlossene Sache, hier hieß es »bis zum letzten Blutstropfen«, drüben »Goroditsche oder der Tod«. Ein fürchterliches Oder – nun, dann eben Tod, denn nie wird der Russe Goroditsche hinter Skrobowa–Wygode–Dorowo erreichen. Diese neue Schlacht entbrannte, als grade Linsingens Linke 33 km zwischen Styr und Stochod zurück mußte. Die Bewegung gegen Kowel setzte sich dann fort. Hier erschien auch General Litzmann; mit welchen Kräften, ist nicht ersichtlich. So niedergedrückt war Österreichs Stimmung, daß sein Unabhängigkeitsdünkel sich endlich dazu verstand, die ganze Ostfront bis zum Sereth unter Hindenburgs Kommando zu stellen, während der Thronfolger Karl sich zum Schein den kleinen Karpathenwinkel vorbehielt unter Leitung Seeckts. Die Dinge nahmen allmählich ein anderes Gepräge an, die Österreicher atmeten auf, ihrer eigenen unheilbaren Schlamperei bewußt, schämten sich des Vorgefallenen und stritten von jetzt ab mit Zusammenraffen der letzten Kraft. Es war Zeit, denn Brussilows neuer Angriff drohte alles wegzuschwemmen. Fath mußte den Stochod und einen Teil der Kowelbahn räumen, Bernhardi und Lüttwitz sahen an den Sandbänken von Liniowka, den Birken von Janowka, den Waldwiesen bei Trystem den Stürmer in ungezählten Tausenden verenden, doch immer wieder kommen. In Richtung Wolynsk opferte sich der Angreifer in wahrer Tollwut wieder bei Kisielin. Auf den drei Straßen, die dort durch rötliche Tannen hinführen, beleuchtet von taghellem Feuerschein der Brände, türmten sich Wegsperren zahlloser zuckender Russenleiber. Aus dem vordersten Vorwerk Lenowka sprühten unsre Masch. G. wie ein »Todesstrahl«. Hier, wo nur Deutsche fochten, blieben riesigste Übermacht und wahnwitzigste Menschenvergeudung völlig fruchtlos. Südlicher am Swiniuchiwald bei den Österreichern gelang ein Einbruch, doch deutsche L. W., ein Rekrutendepotbataillon, 2. G. K. Brig. stellten das Gefecht wieder her. Als Besobrasew bei Trystem über den Stochod drang, glaubte er viel gewonnen zu haben, doch furchtbar litten 3. Gardediv. und die Leibgarderegimenter Wolynsk und Litowsk. Noch gab der Feind seine Absicht nicht auf, nach Kowel durchzudringen, was er auch an andern Punkten versucht hatte. Nur bei Janowka gelang an einer schwachen Stelle ein Eindrücken der Front, östlich von Kowel schlugen k. k. Truppen (?) jeden Angriff ab, und wo in der Nacht eine Schützendiv. heranschlich und am hellen Tag Sibirier und Turkmenen aufs westliche Stochodufer hinüberkamen, übermannte sie die verstärkte bayrische Division unter schonungslosem Gemetzel. Daß er die geringe Tragweite seines wilden Andrangs nicht verbergen konnte, dafür rächte sich Brussilow durch Hinopferung ganzer Massen. Sein Verlust überstieg jedes natürliche Maß. –
Inzwischen nahm Ragosa den Kampf gegen Baranowitschi wieder auf. Die schlesische L. W. wurde bei Dorowo–Lalusy überraschend am 3. früh nach Überschreiten der Szaczara aufs wütendste angefallen. Gleichzeitig ging die Rechte der dritten Armee Lesch mit dem 9. und 25. K., frisch aufgefüllten und ausgeruhten Truppenkörpern, gegen die anschließende Stellung Kartschewo–Koldytschewosee vor, wo die zu Armee Leopold gehörige österreichische Heeresabteilung mit Trommelfeuer, zum Teil schwerster Kaliber überschüttet wurde. Dieser Angriff hatte anfangs Erfolg, bis bei Skrobowa Brandenburger Reserveregimenter (besonders 8., 48.) vorbrachen und den Feind völlig über den Haufen warfen, der mit Verlust von 1600 Gefangenen floh. Der besonders gegen den rechten Flügel (6., 19.) der schlesisch-posenschen Landwehr gerichtete Stoß des früher schon so furchtbar mitgenommenen Grenadierkorps und der frischen 81. Division scheiterte in gleicher Weise, die tapfern »Schlesier« (d. h. Posener und Schlesier) verteidigten ihre aufgewühlten und zertrommelten Gräben kaltblütig und machten im Gegenstoß 700 Gefangene. Doch litt hierbei 19. L. W. bedeutend. Die Russen erwiesen sich am 4. so eingeschüchtert, daß drei neue tiefgegliederte Massenanstürme schon durch Sperrfeuer abgewiesen wurden. Hier holte Ewert noch die 11. sibirische Schützendivision, eine auserlesene Truppe, heran, während ihm für die folgenden Tage andere Korps (10., 35., 3. kaukasische, 3. sibirische) zur Verfügung standen, im ganzen 224 Batl. Am 5. ließ er daher erneut auf der Front Lalusy–Zirin anrennen, umsonst. Nur bei Skrobowa behauptete der Russe noch eine Reihe eingetrommelter Gräben. Deutsche Reserven (Div. Zöllner) unterstützten die Österreicher, am 6., 7. währte der Kampf mit etwas vermindeter Heftigkeit fort. Am 7. früh legte sich neues schweres Feuer auf die Landwehrstellung bei Darowo, worauf ein plötzlicher An- und Überfall der sibirischen Schützendivision erfolgte. Ihn bestrafte ein Verlust von fast Dreiviertel des Bestandes! Keine Batterie hatte getrommelt, keine Trommel ward gerührt, doch man muß früh aufstehen, um Deutsche zu bemogeln, und selbst dann mißlingts! Der 2. Grenadierdivision nördlich davon ging es nicht viel besser. Auch bei Wygoda und Zirin erging es frischen russischen Divisionen schlimm. Die deutsche Artillerie verwandelte das Zurückwogen in wilde Flucht, eine 21- cm-Mörserbatterie wird im Bericht des großen Hauptquartiers besonders erwähnt. Auch »Beskidenk.« (35. R. D.) war etwas im Feuer, jedenfalls aber unser Verlust erstaunlich gering, was jeden überraschen wird, der noch an Blutbäder durch Trommelfeuer glaubt, das freilich die Siebenbürger viel schlechter ertrugen als die L. W., deren Haltung jeglichem Lobe zu groß ist. Bis zum 14. gab es noch hinhaltende sehr verminderte Kämpfe, dann brachen Woynas Brandenburger in die früher den Österreichern abgenommenen Grabenlinien bei Skrobowa ein und warfen mit geringem eigenen Verlust den Feind hinaus. Ihn zwang sein außerordentlicher Verlust zur Neuordnung und Ruhe, bis er am 25. nochmals am Skrobowabach sein Glück versuchte. Nach erneutem orkanartigem Trommelfeuer, so schlecht gezielt und von so geringer Wirkung, daß es am 8. früh mit 7400 Schuß den Schlesiern nur fünf Verwundete gekostet hatte, stürmten die 55., 67. Division (35. K.) und die 52. (Kaukasier) so dicht nebeneinander vor, daß sie nur eine Frontbreite von drei km umschrieben. Umsonst. Am 27. mittags leiteten siebzehn Batterien einen neuen Angriff diesmal des sibirischen Korps ein, das um halbneun Uhr abends und dann noch dreimal in der Nacht bis halbsieben Uhr morgens die Brandenburger zu werfen suchte. Diesen Unbesiegbaren gegenüber ein törichtes Beginnen, das unheilvoll endete. Die zweite und dritte Schlacht von Baranowitschi schlossen mit vollem Erfolg der Deutschen. Ewert ließ 5500 Gefangene und viel Maschinengewehre als sichtbares Zeichen der Niederlage zurück, außerdem 40 000 Tote auf der Strecke, was deutscherseits allzubescheiden mit 60 000 Verwundeten ergänzt wird: eine seltsame Rechnungsart, der wir oft im Weltkrieg begegnen, die aber aller Möglichkeit hohnspricht, da immer noch mindestens zwei oder drei Verwundete auf einen Toten zu rechnen sind, oft genug noch wie in früheren Zeiten vier und fünf. Ewert würde also verhältnismäßig noch mehr als Brussilow gelitten haben, was wenig glaublich, weshalb wir Brussilows Verlust mit 250 000 als viel zu niedrig angesetzt erachten. Brussilow war mindestens doppelt so stark als Ewert und kämpfte pausenlos, die Armee Kaledin war gradezu vernichtet. Ob mit oder ohne Wissen Ewerts log auch diesmal der russische Generalstab, Ewert habe am 25. selber 4000 Gefangene, 5 Geschütze erbeutet. »Dieser amtliche Bericht ist Wort für Wort unwahr« sagt der deutsche Bericht kurz und bündig! Das österreichische Hauptquartier veröffentlichte zwei Richtigstellungen der moskowitischen Prahlereien und verzichtete mit Recht darauf, bis ins Einzelne zu gehen. Man mußte es aufgeben, den russischen Lügen Schritt für Schritt nachzugehen. Es ist möglich, daß Brussilow nahezu 100 000 Gefangene, 100 Geschütze erbeutete, obschon wir dafür keinen sicheren Anhalt besitzen, und die Verbündeten mögen also von Baranowitschi bis zum Sereth etwa 250 000 inkl. Gefangene im Juni-Juli eingebüßt haben, was man gegen die Österreicher als den markantesten russischen Erfolg im Weltkrieg selbst dann bezeichnen muß, wenn er nach unserer Meinung mit 500 000 Russen erkauft war. Denn mit doppelter Übermacht und doppeltem Verlust einige Vorteile erringen, war schon eine große Leistung. Auch in Norden, wo 20 000 russische Geschosse die Seeufer schlitzten, schmolzen viele Bataillone auf 50, eins sogar auf 20, doch dort wie bei Smorgon und Baranowitschi erzielten die Russen nicht den kleinsten Erfolg, weil eben dort keine Österreicher standen. Laut V. L. erreichte Brussilows Andrang im August den Klimax. Obschon möglichenfalls Teile der Augustliste sich auf Juli zurückbeziehen, so lehrt Bothmers riesiger Gardeverlust 3750, wie hart es dort herging, während bei Woyrsch nur 19. L. W. (1035) die Bitternis der drei Baranowitschi-Treffen zeigt und wir Gesamtverlust seiner L. W. im Juni-Juli nur auf 3500 summieren dürfen inkl. 7., 37. Eine große Menge kleiner Verluste bringt den Augustverlust auf 51 900, wobei sich aber Saarbrücker mit 2180 (995 v. 137.), Westpreußen 4745 finden (1545 v. 129.), wohl auch 1000 Pommern, und überhaupt der Verlust im Norden weit überwiegt, obschon von Westpr. das Meiste im Süden zu rechnen. In den Karpathen 1370 Ostpr., 2000 Bayern. Bei Linsingen trifft man nur 1., 3. G. Ul. (145), 227. R. 650, bayr. Kav. 182, 341. I. 830, Hannov. 4000, Bayern 1000, sonst unbedeutende Verluste, wobei wir ehrlich bekennen, daß wir nicht im Bilde sind, d. h. uns von seinen Verstärkungen kein Bild machen können. War darunter 116., 118. R. (600)? Ebenso blieb uns verborgen, ob D. Behr (im Juli 1500, August 2438, meist 58., September 1980), später nach Frankreich zurückwanderte; 58er allein 1838, im Sept. nochmals 1047.
Die Listen seit 7. Sept. bis 5. Okt. ergeben: 31 500, dabei im Norden (?) 3364 G. R. (95 P.). 684 v. 228. R., 251.–65., 66. R. 1477, Westpr. 2485 (1499 v. 129.), 349. L. W. 625, 1. R. K. 2400 inkl. 93. R. L. W., Woyrsch 2000, 41. R. K. 900, wahrscheinlich hier 273. R. 1260 usw. Im Süden höchstens 1700 Hessen, falls eben nicht 25. R. D. von weit her kam (»aus Frankreich« sagt russische Meldung, die sich auf 19. D. und neue sächsische Inf. Brig. beziehen könnte), doch 1330 v. 116. R. erscheint allzu hoch im Vergleich zu übrigen Verlusten, da Bessers 217. R. nur 631 verlor. Indessen wird es so sein und 129. Westpr. gehört eben zur 105. D., analog zu 58. I. litt sie im Juli-August bedeutend, so daß Bothmer im August wohl mindestens 11 000 Deutsche verlor und Linsingen, zu dem noch 1. L. W. D. stieß nebst einigen sonst im Norden stehenden R. Rgt., wahrscheinlich 8000. Die Schwierigkeit besteht darin, daß die Augustlisten bei Woyrsch sich zumeist auf Juli beziehen und wohl einiges bei Linsingen in Sept.-L. auf August, daß aber auf H. B. und andere Berichte nichts zu geben ist, wonach im Sept. bis Neujahr der Kampf einschlief, wenigstens keinerlei ernste Aktionen mehr vorfielen. Das ist natürlich falsch, nur der Fiktion entsprungen, daß die Russen kein Glied mehr rühren konnten. Unzweifelhaft gab es im Norden wie im Süden andauernd Zusammenstöße, bei Bothmer sogar Großkampf, jetzt 1. R. K. hier und Westpr., 119., 105. D., Bothmer verlor 7000 Deutsche; so verzeichnen Gardefüs. im Sept. 1215, 221., 223. R. 776. Ferner Kneußl 1205, bayr. Kav. 167, was wohl zum August gehört, 1. pr. Ul. 88. Die neuen 357., 358., 366., 374., 378. (3100), damals wo? In den Waldkarpathen 19. b. R. 662. Denn im äußersten Südwinkel entspann sich schon seit 4. Aug. ein wilder Gebirgskampf. Auch hier mußten Deutsche die Trümmer der 7. A. retten. General Conta erschien mit 200. D., 2. Jägerradfahrbrig., gefolgt von 8. b. R. D., von der Somme 1. ostpr. D. von Verdun. Wie diese abgekämpften Truppen sich durch Urwaldschluchten zu 1000–1600 m hohen Graten emporrangen und überall den übermächtigen Feind aus seinen Felsburgen herunterstürzten, war großartig. Nach den überstandenen Höllenmonaten betrachteten sie wohl dies gesunde Klettern in freier Luft als Lustbarkeit und das Hochgebirge als klimatischen Kurort! Unter tatkräftiger Mitwirkung einer braven Honvedd., die den Ormolui Mann wider Mann erstürmte, warf Conta den Russen von der Maguaklamm ins Kirlibabatal zurück und sperrte so den Zugang zu Pflanzers Rückzugsbasis. Auch dessen bedrängte Linke am Tartarenpaß wurde am 29. erlöst, als 117. D. von der Somme und eine L. St. Brig. als Retter auftauchten und r. 11., 32. D. vom verschanzten Kukul hinunterwarfen. Im Sept. erschien noch die an der Somme vernichtete und neu hergestellte 10. b. D., sofort besserten die Altbayern die schlechte Lage des 11. k. k. K. Hier griff auch 3. Jägerrgt. des Alpenk. tätig ein. Mittlerweile vereinten sich 4., 5. Chev. mit 18. pr. Hus. zu einer schwachen 3. K. D. zum Abgang nach Rumänien. Dortiger Verl. läßt sich aus Sept.-L. überhaupt nicht erkennen, vom Alpenk. nur 1500 (384 des Leibrgts.), wenn wir Septemberverlust bei Verdun abrechnen. Hierfür also Oktoberlisten.
In mondhellen Nächten und düsterschwülen Tagen währte das Würgen am Stochod bis 11. Aug. fort. 2. r. G. K. kam bei Trystem nicht weiter, 1. G. K. wenig bei Janowka, der Gardeobergeneral Besobrasew sah mit Schmerz seine Kerntruppen dahinschmelzen. Wo sie tags in deutsche Linien drangen, wurden sie nachts wieder herausgejagt. Die 77. D. des 1. sib. K. ging bei kühnem Angriff zuletzt erfolglos zugrunde. Dagegen drehte Sacharew die Rechte Boehms aus den Angeln, sein General Bock führte eine Gruppe in Bothmers linke Flanke. Nur das von Hindenburg geschickte Detachement Melior (3 Batl., 2 Kav. Rgt., 3 Batterien) schloß die Lücke. Als aber Sacharew die Bresche erweitern wollte, erschien General Eben mit 195., 197. D. und nun war es mit allen Fortschritten der Russen vorbei. Am 22. mußten sie auf ihren Lorbeeren ausruhen. Zur Rechten Bothmers hatte man Heeresgruppe Köweß eingeschoben, jetzt 3. A. genannt, um Stanislau zu decken. Doch da Scherbatschew frische Verstärkungen aus Beßarabien bezog, drängte er Ende Juli auf Delatyn vor, während Leschitzkis Kaukasier sich am 8. des Pruthtals bemächtigten. Thumacz fiel trotz opfermutiger Standhaftigkeit der bewährten 105., 119. D. und einiger Jäger- und L. W.-Abteilungen. 58., 129. I. standen wie die Mauern. Umsonst opferten sich die Germanen für die Madjaren, die Nibelungentreue in Etzels Land ist nicht am Platze und bekommt uns übel, der Panhunnismus mag sich untereinander auffressen. Jetzt riß die Verbindung des einsamen Bothmer rechts und links ab, der stolze Recke mußte sich zum Rückzug aus den Linien bequemen, die er so lange gegen alle Feinde verteidigte. Doch sein Abgang zur Zlota Lipa glich dem des grimmen Hagen, Schild überm Haupte, Schwert in der Hand. Seine im Juli geschonten Garderegimenter boten als Nachhut allen Verfolgern die Stirn, obwohl um schweren Preis. Die V. L. für August entsprachen außer für Woyrsch, wo sie offenbar verspätet für Juli nachhinken, durchaus den Tatsachen. Denn es ist irrig, daß am Stochod seit 10. August das stehende Gefecht abriß, es währte bis Ende Sept., wie B. K. Arch. ganz richtig sagt. Indessen befand sich Linsingen seit 30. Juli im langsamen Vorgehen und behauptete den Stochod, wo man sich von Ufer zu Ufer befehdete. Bis 2. Sept. bestand K. K. Hauer schwere Angriffe, wobei eine r. D. 2000 Tote liegen ließ. Bayer. Schwere Reiter und Ulanen verloren im Ganzen 7, 300, wobei offenbar Juligefechte einbegriffen. Hier hielt sich L. W. Batl. Glatz vorzüglich. Später im August griff 37. L. W. unerschrocken die ganze r. 73. D. an, abgeschlagen, doch keineswegs vernichtet. Bayer. Reiterschützen warfen sich entgegen und verloren angeblich auch 10, 300 laut B. Kr. Arch.; wir können dies aus den V. L. so wenig feststellen wie Einbuße von 343. I. der 86. D. und ostpreußischer L. W. Sie war gering, auch bei 41. R. K., von dessen angeblicher Bedrängnis man hier ein Wesens macht, während dessen frühere viel ernstere Kämpfe nie gewürdigt wurden. Man trieb den Feind zurück, der langsam abbaute und auf weiteres verzichtete, durch ungeheuren Blutverlust entkräftet. Das Unwetter vollzog sich nach den Waldkarpathen, auf die der Russe sich mit aller Kraft warf, weniger um Ungarn zu bedrohen, als um Rumänien zum Beitritt fortzureißen! Erst im Oktober machte man den durch österreichische Nachlässigkeit und Widerwilligkeit angerichteten Schaden wieder gut, unsere vielfach gebrochene Linie ließ sich wieder berichtigen. Rußlands zur Neige gehenden Kriegswillen belebte nur noch Hoffnung auf Rumänien, die Revolution keimte am Düna und Pripet, reifte auf den goldigen Kornfeldern des Dnjstr und Sereth aus dem Blut von Hunderttausenden von Toten.
Die berühmte D. Kneußl setzte sich nun wohl zur wohlverdienten Ruhe? Daß sie nach ihrer Verdun-Heimsuchung und dieser neuen Kraftprobe (Verl. seit Juni 67, 3527) gleich wieder ungebeugt in Rumänien auftrat, darf nie vergessen werden. Solche Hingebung durfte man unseren Kriegern zutrauen! In bitteren Stunden späterer Verzweiflung richtet jeden Deutschen der Gedanke auf, daß ein Volk, dessen unlautere Pöbelelemente aller Stände landesverräterisch oder kraß egoistisch die Nation entehrten, angesteckt vom allgemeinen Bazillus stumpfer, öder Gleichgültigkeit, dennoch im Inneren mächtige Seelenkraft bergen muß. Solche Aufopferung, Treue, Todesverachtung mit germanischem Berserkerhumor, wie des deutschen Soldaten im Weltkrieg, sind sie auf Gemeinheit, Treulosigkeit, Feigheit zugeschnitten? Wer im Krieg Übermenschliches leistet, kann der im Frieden ein Lump sein?
Wir sahen, daß im Ganzen die Österreichs Grundfesten erschütternde Brussilowoffensive durchweg für die dort nach und nach verwendeten etwa 20 D. unblutiger war als das fortlaufende Knabbern an unserer Nordfront, daß aber überhaupt jeder Monatsverlust im Vergleich zum Vorjahr äußerst gering war. Trotz der ungewöhnlichen Einbuße Österreichs an Gefangenen, Überläufern, Gerät und Raum hatte man den Ansturm insofern überstanden, als man auf verkürztere Front sich wieder einrichtete. Der Feind hatte im Norden, wo er vorsätzlich den Hauptschlag führen wollte, rein gar nichts erreicht, im Süden zwar Sereth, Pruth, Strypa, Ikwa, Styr überschritten, Czernowitz–Stanislau–Brody erworben, doch um den Preis völliger Zerrüttung der notdürftig neugesammelten Wehrkraft. Die Besten waren gefallen, Garden und Grenadiere aufgerieben, mit weit über 1 Mill. Toter und Verwundeter ist der Verlust eher zu niedrig angegeben. Nur die verstärkte A. Leschitzki war noch schlagfähig, auch sie verblutete in den Waldkarpathen. Dies war aber gleichbedeutend mit politischer Auflösung. Deutschland hatte das Spiel im Osten gewonnen, wenn die rumänische Trumpfkarte nicht den Rubber fürs Ententewhist machte. Wurde auch sie abgestochen, dann wurde Rußlands Kapitulation nur eine Frage der Zeit. Gleichwohl sah man im Herbst sorgenvoll in die Zukunft! Alles gegen Rumänien zunächst Aufzubringende überstieg nicht 60 d. Batl., während Österreich recht wenig zur Befreiung Siebenbürgens beisteuerte, das die hochmütigen Gernegroße der östlichen »Lateinischen Schwester« schon überschwemmten und plünderten. Die wenigen k. k. Wachtposten flohen in die Karpathen. Bulgarien gab ein Drittel seiner Streitmacht, die zermürbte Türkei drei Div. Das genügte kaum. Ward auch Rumäniens Truppenzahl »auf dem Papier« überschätzt, so rückte es doch mit 245 000 Gewehren und Säbeln, 450 Geschützen vor, jede Div. zählte 20 Batl. Gegen Bulgarien beließ man nur eine kleine 3. Armee Aslan, verstärkt durchs 47. russ. K. Auch 4. A. Presen fiel vorerst aus, da sie im Trotustal den Russen vor den Waldkarpathen die Hand reichte, um hier einen Flankeneinbruch zu erzielen. 2. A. Grainiceanu stand bei Kronstadt, 1. A. Culcer zwischen Hermannstadt und Petroseny mit Flankenschutz bei Orsova. Der Rumäne spielte also ein hohes Spiel, auf weiter Front auseinandergezogen und dachte gemächlich über Schäßburg in Ungarn hineinzuspazieren. Vor diesen 15 I. D. (300 Batl.), 8 K. Brig. wich General Arz auf die Deutschen zurück, von denen schon die Generale Morgen und Schmettow das Kommando von 3 österr. D. und 1 K. D. nebst L. St., Hus. übernahmen. Zunächst erschien 187. D. aus dem Elsaß bei Petroseny und verlegte dem Feind den Weg, der die 144. L. St. Brig. aus dem Vulkanpaß vertrieben hatte. Dann rollten von Verdun, Litauen, Kurland deutsche Kräfte an, 72. k. k. D. vom italienischen Kriegstheater. Mit scharfem Blick erkannte Ludendorff, daß Culcers zwei Gruppen durch ein Gebirgsmassiv am Rotenturmpaß geteilt und 2. r. A. noch im Fogaraschen Gebirge unentwickelt sei. Man mußte sofort bei Hermannstadt zuschlagen. Dem vom Oberbefehl entsetzten Falkenhayn anvertraute er diese Operation. Diesen hatte der schlaue Minister Bratianu bis zuletzt in Sicherheit gewiegt, ein unbegreifliches Versehen, da schon im Juli über Maßnahmen im Fall rumänischen Kriegseintritts beratschlagt wurde. Die dafür gesammelten R. K. Eben und Conta hatte man freilich alle aus der Hand geben müssen, um den Russen im Südosten entgegenzutreten. Trotz alles Sperrens schwarzgelber Einbildung mußte Conrad zugestehen, daß nominell Leopold von Bayern jetzt von Galizien bis zum Westhang der Karpathen kommandierte nur die 7. und neugebildete 1. A. Arz behielt sich der Thronfolger Karl vor, in Siebenbürgen befahl der Deutsche. Inzwischen hatte Mackensen mit 3 bulg. Div. und einem kleinen deutschen Detachement (21. I., 6. Ul., 21. Art.) die Dobrudscha umgerannt, bei Dobric und besonders bei Tutrakan am 6. vollständig gesiegt. Das 13. r. K. Bessarebescu wurde vernichtet, seine 20 Batterien, nebst 25 000 Mann streckten die Waffen, in den acht Panzerforts von Tutrakan, ihr Kommandierender ertrank in der Donau. Diesen fast unbegreiflichen Erfolg verdankte man den wenigen deutschen Geschützen und der Gruppe I/21 des Majors Hammerstein. Da jedoch 61. r. und eine jugoslavische Überläuferdiv. die Bulgaren bei Dobric bedrängten, warf Mackensen kurz entschlossen die Abtlg. Bode, zu der jetzt auch 45er aus Serbien heraneilten, nach Silistria zur Umfassung. Um die Flanke besorgt, ließ Aslan von Dobric ab und sich bei Resewa durch Bode so einschüchtern (hier fiel Prinz Wilh. v. Hessen bei 6. Ul.), daß er am 15. Front nach Westen schwenkte. Teschofs Bulgaren konnten aber frontal nicht Herr werden, Aslan entkam zum Trajanswoll und Topreisar wo er in befestigten Linien den Donaubrückenpunkt Cernavoda und das Zentraldepot Konstanza deckte. Ohne schwere deutsche Art. mußte Mackensen still liegen, sein kühner Sprung verfehlte sein Ziel, die Operation hatte nur den Zweck einer Diversion erreicht, rum. Reserven von Bukarest nach der Dobrudscha zu locken. Es ging also ähnlich wie im Vorjahr, wo er zu spät Lemberg und Brest zu fassen bekam. Indessen müssen wir seine Entschlußkraft loben, die ihm gegen einen anderen Gegner aber schlecht bekommen wäre und ohne seine kleine deutsche Brig. nichts gefruchtet hätte. Denn die Bulgaren erwiesen sich schwerfällig und zu keiner Verfolgung fähig, den Rumänen durchaus nicht überlegen, die nur bei Tutrakan in Panik gerieten, als sie deutsche Helme vor sich sahen: so groß war der Weltschreck deutschen Waffenruhms.
Von größerer Bedeutung war, daß General Sunkel mit 2 seiner Rgt. und 1 des Alpenk. die ganze Linke Culcers aus dem Petrofeny-Kohlenbecken bis 18. zum Vulkanpaß zurückwarf. 40 rum. Batl. hielten sich nicht für stark genug, ihn zu halten, Culcer ging mit neuen Verstärkungen dorthin ab und überließ seinem Unterführer Manolescu vor Hermannstadt seinem eigenen Gutdünken und damit seinem Schicksal. Denn es war Ludendorffs Plan, dies Mittelstück der rumänischen Schlachtordnung herauszubrechen, also die äußeren Linien des Gegners auf innerer Linie aufzurollen. Sunkel ließ nur zwei Bataillone am Vulkan zur Unterstützung der L. St. Brig., was natürlich den erneuten Vormarsch Culcers nicht bändigen konnte. Als dieser aber am 25. bei Petroseny wieder erschien, fiel längst die Entscheidung. Manolescu folgte wie Culcer dem Plan, die Rechte der Verbündeten zu umwickeln und sie im Marostal von ihrer Verbindungsbasis abzudrängen. Er staffelte sich daher nach links zum Haesbach, erweiterte aber so die Lücke zur 2. A., die nach Nordwesten sich von Morgen beschäftigen ließ. Seine Linke stieß am Cibin auf Deutsche und Honveds, die kräftig abwehrten, seine Rechte aber unter Pepovici vertrieb das schwache K. K. Schmettow am Alt. Er konnte also nicht mehr doppelseitig umfaßt werden, wurde aber unsicher, als er die erschreckende Kunde erhielt, daß Feinde am 24. den gewaltigen Grat von 2200 m oberhalb Rotenturm überzogen und sich in den Paß herabsenkten. Es waren 8 Batl. des Alpenk. unter Tutschek, die diesen erstaunlichen Flankenmarsch im Hochgebirge vollendet und die Straße nach Bukarest sperrten. (Es ist jedoch falsch, daß dies das ganze K. war, 14 Batl. waren zur Deckung west- und seitwärts geblieben; die Zusammensetzung ist schwer festzustellen, da es 7 Jägerregt. gab, die sämtlich Verluste hatten, wo standen die übrigen?) Die Operation gehört zu den kühnsten, die je ausgeführt, bei anderen Prahlhänsen würde man darüber in jedem Schulbuch endloses Geschwätz finden, Deutsche behandeln das Unerhörte als etwas Natürliches. Manolescu hielt tapfer Stand, seine rückwärtigen Staffeln suchten aber schon ostwärts nach Fogaras auszubrechen, mit rühmlicher Geistesgegenwart macht Schmettow teils gegen Fogaras Front mit Haubitzen, teils bestrich er mit Masch. G. der Chevauxlegers so wirksam die nach Osten führende Straße, daß Manolescu nach Süden abfloß, wo 10., 14. Jg. ihn am Rotenturmpaß mit vernichtendem Schnellfeuer abschoben. Gleichzeitig fiel Krafft mit dem Hauptteil des Alpenk. Nordöstlich in die linke Flanke. So wurde Manolescu endlich gebrochen, er selbst eilte fort, um »Verstärkungen zu holen«, sein Unterführer Pepovici gab am 29. bei Tolmesch das Spiel verloren. Durchbruch am Paß nicht mehr möglich, obschon Bukarester Reserven, auf die unglaubliche Kunde herbeigeeilt, bei Cateni am Ausgang des Paßes mit ungeheurer Übermacht das Leibbtl. (darauf war das Münchner Leibrgt. eingeschrumpft) umzingelten, die Leiber fochten an diesem Thermopylenpaß im Schatten der Alpenhäupter, jeder ein Leonidas, nichts konnte sie brechen. Doch es war Not am Mann gewesen, denn 2. rum. A. stand nur noch 15 km von Talmesch. Sie hatte Morgen zurückgedrängt, weil österr. 71. D. den Gehorsam weigerte und wurde erst durch beherztes Auftreten übermüdet anlangender Preußen aufgehalten, während Arz vor 4. r. A. fortwährend wich und auch Schmettows östr. K. D. nachgab. Aber wann war dies? Am 2. Okt., so viel Zeit gönnte Maderescu, Stabschef der 2. A., den Deutschen! Denn da die heftigsten Angriffe der Bukarester Reserven auf dem Rotenturmpaß nichts nützten, den Krafft jetzt mit dem ganzen Alpenk. besetzt hielt, so hatte die 2. A. nur noch Rückzugsstraße über den Pedelpaß nach Südosten und wagte daher nichts Großes, trat aber auch nicht rechtzeitig den Abmarsch an, sondern nahm die Schlacht am Geisterwald und bei Kronstadt an, was eine zusammenhängende Handlung bildet. In ähnlicher Lage hätten die Serben längst Fersengeld gegeben wie bei Pozare. Inzwischen siegte Mackensen, durch ein großes Türkenk. und 217. D. verstärkt, am 21. nach dreitägiger Schlacht bei Topreisar, überstieg er den Trajanswall, nahm Cernavoda–Konstanza, baute dann eine Verteidigungslinie und rüstete sich, um nach Westen einzugreifen! Er hatte den Feind im frontalen Draufgehen bedeutend geschlagen, doch nicht zertrümmert, auch der Feldzug seines Freundes Falkenhayn war in der Hauptsache gescheitert, des Feindes Masse dem zugedachten Schlag entronnen, die Absicht vereitelt, mit ihm zugleich in die Nordostpässe einzudringen.
Im Oktober stößt man auf Verluste, die man nicht unterbringen kann, wenn man amtlichem H. B. traut. Bei Bothmer 1. R. (1116), 59. (1027), 1. R. K., das auch sonst ansehnliche mittlere Verluste hatte, müßte also heftig vor Riga gerungen haben, es stand aber im Sept. an der Narajowka. Westpr. 4220, von denen jedoch ein großer Teil in südliches Kampfgebiet abzurechnen, 79. R. D. 1000, 250. R. 771, 900 Saarbrückener, Reiter 168, Hannoveraner nochmals 2300 bei Linsingen?, 1410 v. 8. b. D. Alpenk. 3280, 187., 189. I. 900, 252./54. R. 1000, Kav. 250, b. 13. R. 139, b. 22. I. 359, 11. b. Art. 80, sind alles, was wir für Rumänien mit Bestimmtheit feststellen, weil andere Kriegsgliederung uns nicht geläufig. 368. I. (1299), 371., 72. (1604) könnten hier wohl in Frage kommen, doch dem ist nicht so, daß wir auffallende Verluste in Rumänien suchen müßten, man findet sich damit ab, daß der Kampf in Rußland blutiger blieb, als ein neuer Feldzug. 413., 414. I. Württ. tauchten nach 393., 395. schon in den V. L. auf, trotzdem immer noch einzelne neue Ers. und Feldbataillone geschaffen wurden. Einzelnen Regimentern wie 44. Jüterbogk, 33. L. W. begegnet man nur einmal in allen Listen, viele Truppen führten ein beschauliches Reservedasein. Von etwa 43 700 im Oktober (1600 G. Bothmers) entfielen schwerlich mehr als 8000 auf Rumänien, wo aber auch Österreicher, Bulgaren, Türken mitspielten.
Trotzdem Brussilow vom 1. Juli bis 1. Oktober 86 000 Off., 1 780 000 verlor – man schaudert es zu schreiben – griff er tatsächlich vom 5.–29. Okt. nochmals an, wohl um Rumänien zu entlasten. Bothmer stand unbewegt, der Russe strauchelte vor ihm über die Narajowka zurück, Linsingen fing den Stoß vor Sokal auf und führte scharfen Gegenhieb zum Stochod. Als Nachhall dieses Schlachtlärms warf Woyrsch mit Eichhorns Aushilfe die Russen aus dem Skrobowastreifen vom Juli. Bothmer hatte im Sept. vom 1.–19. das Vergnügen gehabt, ungebetene Gäste mit Hilfe werter Freunde vor die Tür zu setzen. 15. Türkenk. Djevad Pascha war dem 6., 13. österr. ein Vorbild für solche Hausknechtsdienste. Das k. k. 9. K. bei Koniuchy-Zbornow half sich allein, vor Brzezany aber zerschlugen den Feind Garde und 105. sowie hier neu 1. R., 199. D. am 8. so sehr, daß nochmaliger dreitägiger Angriff am 16. nur noch eine Tat der Verzweiflung war. Damals kommandierte hier Gerock, später ins Trotustal versetzt. Brussilow konnte aber seinem Millionenverlust noch etliche Hunderttausende hinzufügen. Übrigens hat obige Ziffer keinen Wert, da hierbei noch nicht 20 pro Off. kämen, nach geringster Schätzung 1:30 kommen genau 800 000 mehr heraus! Selbst nach obigem Geständnis wird man wohl schwerlich Übertreibung darin sehen, wenn wir russischem Gesamtverlust 1916 inkl. Rumänien auf mindestens 3½ Mill. schätzen und bei unserer Statistik beharren, daß Rußland im Weltkrieg nicht 4, sondern 6 Mill. Tote verlor. Gefangene machte man nur noch wenige, Russen und Türken gaben sich nicht Pardon und an anderen Stellen war die Erbitterung gleich groß. Von dem Augenblick, wo die russischen Berufssoldaten durch wirkliches Volksaufgebot ersetzt wurden, gab es für Gefangene nur noch Tote. So geringschätzig wir über russische Wehrkraft geschichtlich denken, müssen wir doch die stumme fatalistische Hingebung der »5½ Mill. Bauern unter Waffen«, die ein russischer Minister 1916 zugab – natürlich das Vierfache vom Beginn bis Ende – anerkennen. Ein merkwürdiger amerikanischer Roman »Der dunkle Wald« schildert diese seltsame mystische Todessehnsucht für das heilige Mütterchen Rußland, keineswegs nur für den Zaren, denn bei den Revolutionären flammte nachher gleicher Fanatismus auf. Solche Möglichkeit einer Volksmassenleidenschaft macht das heilige Rußland zu einem gefährlichen Gegner und es war der Entente würdig, daß sie alle beispiellosen Opfer dieses Volkes vergaß und ihm einen Fußtritt gab, als habe es seine Zusage nicht gehalten und den Weltkrieg lau geführt. Ohne Rußlands Anstrengung, die nicht größer sein konnte und beispielslos dasteht – dort liefen keine »Unabkömmlichen« in Haufen herum – wären die Westvölker gleich im ersten Anlauf erlegen.
Im rumänischen Bewegungskrieg war Ludendorff wieder in seinem Element. Strategisch lag nahe, von vornherein den Nachdruck auf den Dobrudschaflügel zu verlegen, wodurch die Walachei in Flanke und Rücken gefaßt werden konnte. Politische und Nachschubrücksichten zwangen aber zu Hauptangriff an der Siebenbürger Grenze, wo die treulosen Rumänen in gemeinster Weise sich besonders an den »Sachsen« vergriffen. Das Vorgehen der A. Falkenhayn (anfangs nur 6 deutsche, 2 österr. D.) ordnete L. vorzüglich in möglichster Vermeidung des Frontalen so an, daß der Stoß schräg nach Südosten erfolgte, während Alpenk. Krafft als Seitenhut den Rotenturmpaß sperren und so die Rumänen von ihrer direkten Rückzugsbasis Bukarest abdrängen sollte. Die Ausführung entsprach nicht der Erwartung. Andererseits umging Mackensen nicht längs der Küste die starken Rumänenstellungen, in die sich auch russische Kräfte einschlängelten, sondern rannte wieder mal dreist und gottesfürchtig durch die Steppe frontal vor. Die zähe Tüchtigkeit der Bulgaren unter Teschof angefeuert durch schwache deutsche Hilfskräfte, erlaubte ihm wieder kunstlos zu »schlagen« und bei Konstanza, dem Stapelplatz hochgefüllter Warenspeicher, reiche Beute in die Scheune zu bringen. Deutsche Ulanen und Pommersche R. Inf. am linken Flügel vollendeten die völlige Niederlage. Nach Verl. von 170 Gesch., 41 000 Gef. und wahrscheinlich 50 000 Toten und Verw. (nicht 80 000!) konnte die rumänisch-russische Südarmee aber noch keineswegs als vernichtet gelten. Frühzeitige Erwerbung der Donaumündung bei Braila–Galatz hätte den Untergang rumänischer Wehrmacht beschleunigt, doch wieder mal machte bei Mackensen das glückverwöhnte Ungestüm einem Erschrecken vor Erfolgausbeutung und einer methodischen plötzlichen Bedächtigkeit Platz, ganz wie einst vor Cholm–Brest. Der psychologische Augenblick verstrich, wo man den gänzlich erschütterten Feind mühelos vor sich hertreiben konnte. Zu Besorgnis um die linke Flanke war kein Grund vorhanden, nachdem zwei dilettantische Donaumanöver der Rumänen an bulgarischer und ungarischer Grenze kläglich scheiterten, und es konnte Mackensen nur recht sein, daß sein Freund und Gönner Falkenhayn so wenig vorschritt, da die rumänische Hauptkraft weit im Norden gefesselt blieb. Doch es ging eben wie gewöhnlich bei exzentrischen Auseinandergehen getrennter Handlungen, es klappte nicht zeitlich und räumlich. Mackensen spielte seine führende Rolle schon aus, erst Einfügung einer neuen Donauarmee half ihm wieder auf die Beine. Indem man so lange eine weite Lücke beließ, stellte man selbst die Rumänen auf die innere Linie. Sie ausnutzen kann nur ein Meister, dennoch zwingt sich ihre Geltung oft örtlich von selber auf und so kam es später zu gefährlicher Krise.
Falkenhayns 9. A. hätte ebenso gut 13. heißen können, in nichts der früheren 9. ähnlich. Sie hatte 39. R. K. Staabs erst spät heran und zählte nur 51 d., 45 österr. Batl. inkl. Flankenschutz bei Orsova, wovon ursprünglich nur 55 Batl., 33 Schwadr. (3. d., 1. österr. K. D.) gegen 110 Batl., 32 Schwadr. der rum. 1. Armee versammelt. Trotzdem wurde diese teilweise bei Hermannstadt überrannt und auf die anrückende 2. A. am Fogarascher Gebirge gedrückt. General Schmettow mit der Reiterei und 51. Honveddiv. (überall die Österreicher deutschen Führern unterstellt) stieß südwestlich über die Aluta. Gefecht nordöstlich Hermannstadt, wobei zwei bayr. Schwadr. 3, 50 verloren, Täuschungsdemonstration am 22. (5, 80), Überfall und Zersprengung des 2. rum. Kav. Regt. am 29. durch 5. b. Chev., dann Flankendeckung nebst III/253. R. Die sächsischen 18. Hus. verloren 94, sollen sogar, durch 2. A. verscheucht, ihre Haubitzen verloren haben. General Morgen hatte als Korpschef wie gewöhnlich die schwerste Aufgabe, denn seine 4 Div. sollten zugleich links die 4. rum. A. an den Waldkarpathen fesseln. Während K. Arz zu seiner Linken Hilferufe ausstieß, löste der nie gewürdigte Sieger von Lowicz seine entsagungsvolle Aufgabe und hielt sowohl 2. als 4. A. ab, die 1. A. zu entlasten. Da Falkenhayn sich nicht beirren ließ und an Ludendorffs Direktive festhielt im kühlen Bewußtsein deutscher Unüberwindlichkeit, spotteten die hohen Valona-Berge umsonst des Frontalangriffs, im Rücken von Alpenk. umwickelt. Schmettows Karabiner knallten im Osten, seine Haubitzen verscheuchten den Feind abseits, dessen 1. A. sich in grenzenloser Verwirrung auflöste, im Gebirge eingeklemmt. Sie suchte den vom Alpenk. größtenteils besetzten Rotenturmpaß umsonst zu öffnen, wo eine anmarschierende Kolonne mit Mann und Maus auf der Strecke blieb oder abstürzend im reißenden Gewässer versank. Umsonst rollten aus Nord, West, Süd Menschenlawinen heran, sie glitten ab und schmolzen wie Schnee dieser Schluchten in Frühjahrssonne. Doch es war nicht Lenz, Herbststürme heulten bald um die umgebenden Berggipfel, der Aufenthalt für Krafft's Jägerälpler ward allmählich ungemütlich, das bayerische Leibbatl. »Prinz Heinrich« mußte bei Camani im Süden Raum geben, doch der Nordeingang blieb uns, südwestlich des Paßmassivs fiel alles unterm Feuer der Hannv. 10. R. I. und ihrer Gebirgsbatterie. Einen Einbruch der 4. A. gegen österr. 71. D., 6. K. Brig. bannte die Vorhut der anrollenden 89. D. Lüttwitz auf dem Fleck. Entsatzversuch der 2. A. scheiterte anfangs an Schmettows Husaren und Chevauxlegers, die 2. D. ward ins Fogarascher Gebirge versprengt; ihre Trümmer retteten sich auf Seitenpfaden. Was von Norden gegen den Paß gepreßt, füllte mit Leichenbergen und abgestürzten Wagenburgen die alles wegschwemmende wilde Aluta. Dreizehn Regimenter, ein Jäger- und ein Zollwächterbataillon sollen zu Grunde gegangen sein, doch nur 5., 49., 66. Rgt. werden genannt und daß nur 3000 Gef., 13 Gesch. den Siegern zufielen, zeigt klar genug, daß Einkreisen und Abschneiden durchaus mißlang. Nur 13. D. wurde wirklich vernichtet, geschweige denn »1. A.«, wie man anfangs den Mund voll nahm.
Schon vor 5 Tagen drang Ludendorffs Voraussicht auf folgerichtige Fortsetzung des Stoßes gegen die 2. A., deren Hauptquartier Kronstadt man taktisch in der Flanke, strategisch sogar im Rücken stand. Ihr verspätetes neues Vorgehen, dem sich nach Osten auch die per Auto angelangte 8. brandenb. L. W. entgegenwarf – ihr Verl. ganz unbedeutend, der aller übrigen Teile nur zu mutmaßen – am 30. September nördlich und südlich des Alt machte geplanten Flankendruck am Südufer untunlich. »Schweren Verlust Lüttwitz« findet man nicht in V. L.; doch sonst schien die Lage nicht unbedenklich. Morgen mußte sich opfern, nördlich des Flusses zum Angriff antreten, weil links von ihm nur noch Arz' tapfere 11. L. St. Brig. aushielt, also um jeden Preis die 4. A. gehindert werden mußte, ihre 100 Batl., 14 Schwadr., 288 Gesch. gegen unsere Verbindungsbasis auszuspielen. Während Staabs durch den Geisterwald vorging und bis 10. Oktober den östlichen Gebirgszug nicht bezwingen konnte, hatte Krafft nebst zwei österr. Gebirgsbrigaden auf jeder Flanke die aus Süden erneut andrängende 1. A. bis Curtea de Argos zurückzuwerfen, was erst spät durch den Gewinn des Mormontuplateaus gelang. Die Rumänen schlugen sich hier viel tapferer als je die Serben, immer wieder suchten sie das 600 Schritt breite Südende des Rotenturmpasses zu erstürmen. Wer diese Gegend aus eigener Anschauung kennt, würdigt die Leistung der Stürmer auf beiden Seiten. Um die Wahrheit zu sagen, übertrafen die kernhaften Söhne der österreichischen Alpenländer hier noch die deutschen Jäger, 2. Gebirgsbrigade vollzog bewundernswerten Bergmarsch von 63 km in 30 Stunden bis zum höchsten Gipfel des Bergstocks (2313 m), 10. G. Brig. erstürmte Bergkegel westlich des Passes. Doch seit 18. Okt. einsetzende Schneestürme mit Wettersturz bis 15 Grad machten den Verpflegungsweg am Fruntupaß schwer gangbar. Während Winde die Paßscharten und gewaltigen Gipfel umbrausten, mußte man oft nach drei Seiten gegen den Feindessturm frontmachen. Tutschek wich nach verunglücktem Vorstoß, wobei 7. sächs. Jägerregiment angeblich die Hälfte der Mannschaft einbüßte (laut V. L. 1008). Glücklicherweise wiesen schwache Kräfte den Vorstoß von zwei Div. westlich des Vulkanpasses ab, wo sie gegen Falkenhayns Rücken durchdringen wollten, sich aber dann auf Behauptung des Passes beschränkten. Kraffts Auftrag, nach Südosten gegen 2. A. einzuschwenken, war unausführbar, westlich der Aluta wurden die Verhältnisse so eigentümlich, daß man am 25. den verschneiten Fruntu räumte, dann wieder besetzte und ihn wieder dem Feind überließ, der erst am 9. Nov. dort abzog. Fortdauernd erhielt er Verstärkung aus Osten, wo Mackensens verderbliche Ruhepause zu wenig Kräfte band. Gleichwohl baute General Staberescu am 22. plötzlich an allen Hängen beider Flußufer ab, der Paß wurde am 27. völlig frei. Wir erklären uns dies nur durch Einwirkung böser Nachrichten aus Nordosten. Damals verlor aber I/18. R., welches Rgt. als Verstärkung von Tartarenpaß hierher kam, alle Offiziere, 250 Mann. Auch Kneußls 13. R. ließ sich ihr übliches Amt, am schwersten Posten zu leiden, nicht nehmen, westlich der Aluta zur Flankendeckung aufgestellt, wo 1. Jg. Rgt. (1., 2. b., 10. hannov. R. Jg.) allzu hitzig vordrang. Goigingers wetterharte Älpler gewährten wertvolle Hilfe, doch 18. b. R. allein eine zu geringe. Am 28. wollten 2½ rum. Batl. am Dreieckspitz der Mormonta ein Häuflein 10. I. im Nebel überrumpeln, doch die 300 Hannoveraner knallten die Stürmer auf 50 Schritt nieder, setzten den in Panik Flüchtenden tollkühn nach (350 t., 420 Gef.) und steckten mit brausendem Hurrah alle nebenliegenden Kameraden an. Wie hier floh der Feind überall bis 4. Nov., von drei beherrschenden Höhen wehten deutsche Fahnen, von allen Bergwänden weckte das Feldgeschrei der siegreichen Jäger ein Echo. Die frische 7. D. hielt das 3. bayr. Jägerrgt. am 7. nicht auf, Bumbuesti erstürmend und am 8. den Tod Prinz Heinrichs beim Leibbataillon rächend. Bei Pevisana hatten sich 1000 Rumänen ergeben, die Oktoberbeute Kraffts betrug 10 000 Gef., 37 Gesch., trotz erbitterter Tapferkeit ließen eben die Nerven der Rumänen gegen die härteren Nordländer nach. Doch eine Kompagnie ließ sich Mann für Mann im Handgemenge töten. Unsere Einbuße war viermal größer als im September, immer noch ließen auf der Bahnstation Curtea pfeifende Lokomotiven Dampf ab, die von Mackensen freigelassenen Kräfte heranholend. Dies wilde Raufen in wilder rauher Landschaft erinnert an Suworrons Alpenkampf. Doch alle Bergkämpfe des Weltkrieges stellen alles in Schatten, was von Ähnlichem staunend berichtet wird, Bolivars Andes-Zug inbegriffen.
Alleiniges Aufmerken aufs Alpenkorps verschleierte dem nichtsahnenden Feind, was sich im Westen vorbereitete. Da nämlich Falkenhayn die gesteckten Ziele nicht erreichte und nicht raschen Eintritt in die Walachei erzwang, besorgte Ludendorff unerwarteten Einbruch im Südwest am Vulkanpaß, wo der deutsche General Busse die 144. k. k. Feldbrigade und die Orsovagruppe leitete. Ihm traten jetzt 11. b. D. und 6. Kav. D. (nebst zwei Radfahrbatl.) zur Seite, mit allem Nötigen für Bergkrieg versehen. Inzwischen schlug Staabs die Linke der 2. A. bei Fogarasch, schweres Geschütz der 76. R. D. erdröhnte auf der Höhenstraße Kronstadt–Campolung. Morgen warf Teile der 2., 4. A. bei Udvarhely ins Marostal, parierte mit gewohnter Geschicklichkeit den Stoß nördlich des Alt und säuberte in raschem Vorschreiten Reps. Averescu, der sich als jetziger Oberleiter hier befand, galt für den entschlossensten rumänischen Führer, doch Kronstadts innere Verteidigung muß sehr schlapp gewesen sein, denn man liest nichts von Kampf um die »Zinne«, eine die Stadt überschauende Kuppe. Auch 4. A. wich auf der ganzen Linie ohne Not. Unter solchen Umständen hätte rasches Nachstoßen bis zu den drei Grenzpässen (Predeal, Törzburg, Tartaren) vielleicht gefruchtet. Man kam aber zu spät und fand Averescu vorbereitet. Höher lag der kürzeste Weg nach Bukarest, der Einbruch in die »kleine Walachei« über den Vulkanpaß war länger auf gleich schwierigem Gelände. Strategisch bleibt ungeklärt, ob Ludendorff das Moment der Überraschung nicht zu hoch wertete und gut tat, im Westen durchzudringen. Vielleicht sprach mit, daß man der in Bildung begriffenen Donauarmee Kosch sich nähern und so die Einkreisung der 1. A. vollenden wollte. Wir finden dies theoretisch unrichtig, man hätte den Zweck besser erreicht durch Einbruch im Osten, wodurch man die 2. A. von der 1. abschnitt und letztere völlig südwestlich abdrängte. Das wäre kaum langwieriger und bestimmt sicherer gewesen, wenn man die neuen Verstärkungen gegenüber Averescu verwendete. Man zog aber die taktische Erleichterung vor, denn da sich 2., 4. A. westwärts zusammenballten und 1. A. sich daher unwillkürlich östlich schob, sah sich ihre isolierte Linke unvermutet angefallen. Doch Nebelflor verhängte jeden Aus- und Überblick, mit »Unbilden der Witterung« entschuldigte Ritter Kneußl, daß man ihm die Sache so schwer machte, doch die Rumänen taten auch das ihrige. Als ihn »54. Generalkommando« ablöste, regelte es den Nachschub bis nahe an die Feindeszone, stattete alle Truppen mit Schneemänteln und Bergsteigerinstrumenten aus. Bei klarer Luft begann der An- und Abstieg, obschon sich die Rumänen auch hier tatkräftig entgegenwarfen. Am 11. Nov. erzwang General Kühne den Ausgang aus dem Gebirge und stieß den Feind aus Panzerforts südlich. Schwere Artillerie legte sie nieder, am 13. und später am Jiufluß war es bald um Rumäniens Widerstand getan.
Man vergesse aber nicht, daß schon mehr als ein Monat verstrich, seit Staabs gegen und durch den Geisterwald vordrang, in dessen dunklen Schluchten es geisterhaft zu rascheln schien und dessen Geisterspuk sich mit lautem Getöse belebte. Durch regenfeuchte Niederung konnte Staabs damals anfangs nur 20 km zurücklegen, und obschon 76. R. D. sich mit ungewöhnlicher Kraft in die Waldhöhen stürzte und nach Rache glühende Szekler Honveds ungestüm folgten, rollte erst Umfassung aus Norden durch General Sunkels 187. D. Averescus Flügel auf. Mit Verlust von 43 Gesch. entwischte er ins Becken von Kronstadt, man trieb ihn tiefer hinein, mußte ihn aber erst am Burzenbach und den Ostausläufen des Gebirges brechen. Die durch frühere Kämpfe gelichtete 71. öster. D. des Generals Goldbach und D. Lüttwitz zwangen die 4. A. zum Ausweichen nach Nordost, Schmettow hielt einen Vorstoß am Alt ab, die frische öster. 8. Geb. Brig. pürschte in Richtung Sinaia und jetzt warf Sunkel Averescus Rechte nach Kronstadt. Schon sah die Abendsonne den Rauch des Bahnhofs, von wo der Feind in wilder Flucht sich rettete. Südlich hinter sich hörte Oberst Gündell, dessen 189. schon am 7. abends eindrang, den Schlachtlärm der 76. R. D., die seit Tagesanbruch bis Mitternacht am Burzenbach gegen große Massen rang und alles niedermachte, was in ihre Reihen drang. Averescus Verluste waren ungemein groß, besonders durch Kanonade. Vor und neben sich hörte 51. Honveddiv. den Häuserkampf der 189er, der die ganze Nacht nicht abriß. Man rechnete auf Einwirkung der R. D. aus Süden, doch Averescu war nicht gewillt, sich dies gefallen zu lassen, und richtete gegen sie geradezu rasende Stöße. Endlich erstarben sie im wörtlichsten Sinne, bald rollten deutsche Salven vom Törzburger Paß mit schauerlichem Echo zum Königsschloß Sinaia hinüber, wo der Geist des seligen König Karol umging und über den Wahnsinn seiner Erben die Hände rang. Alle seine Reserven anhäufend, unternahm Averescu am 8., 9. verzweifelte Anläufe gegen Sunkel und die Honveds, von denen manche selbst aus Brasso (Kronstadt) stammten. Nach furchtbarem Kampf, in welchem 188. erheblich litt, wich der Feind, der schon wieder Kronstadt berührt hatte. Seine Artillerie fuhr beherzt bis in die Schützenlinien, mußte so aber 20 Geschütze mit niedergestreckter Bemannung und Bespannung liegen lassen, unsere Artillerie auf beiden Flügeln beschoß mörderisch die tiefen Massen. Gegen den angestauten Flügel der Nordarmee nördlich Szentpeter hielt Morgen mit seinen Österreichern und Schmettow unerschütterlich stand, während er Lüttwitz in den Rücken des Sunkel so hart zusetzenden Gegners sandte. Es war hohe Zeit, doch gebot sich jetzt allgemeiner Rückzug in die Pässe. 254. R. drängte weit voraus zum Tormöser Paß nach und sah von der Höhe die nach Sinaia abfließenden Marschsäulen, die seitwärts strebend sich in den Törzburger Paß zwängen ließen. Die 8. Gebirgsbrigade befand sich am majestätischen Königstein, einem der Jungfrau ähnlichen Bergjoch, das jedem Beschauer unvergeßlich bleibt. Schmettow klärte mit der ihm unterstellten Div. Goldbach nordöstlich auf, ins Bergtal absteigend, doch die Hauptpässe mit ihren Grenzforts trotzten noch. Sollte man sich vor ihnen verbluten? Der Silberdom des Butschetsch, des Großpapa dieser Alpen, leuchtete unheimlich herüber. Obschon die gehässigen Eroberer in Kronstadt ihre ganze Plünderungsbeute samt 200 Bahnwagen voll Proviant und Munition im Stich ließen und man 25 Geschütze auflas, fochten sie bei diesem letzten Zusammenstoß doch so stark, daß König Karol an seinem Werk, der rumänischen Armee, seine Freude gehabt hätte.
Irgendwelcher strategischer Erfolg blieb aus, man befreite Siebenbürgen und drängte frontal den Feind in seine Heimat zurück, verspätete Nachstoßen in die Pässe und konnte sie ohne Verstärkungen um so weniger nehmen, als Kraffts gehoffte Mitwirkung noch in weiter Ferne stand. So meisterhaft Ludendorff eine Operation mit innerer Umfassung veranlagte, reichten eben die Kräfte nicht aus und die Handhabung stand nur bei Morgen auf der Höhe. Dieser allein machte auch einige Fortschritte, als man ihm den Befehl der 76. R. D. übertrug, an der schwierigsten Stelle, wo am Törzburger Paß zwei ordentliche ständige Forts mit Betonierung und Zubehör die Bergstraße sperrten. Diese sonderbare Degradierung zum Divisionär, nachdem er soeben noch vier Divisionen kommandierte, verblüfft einfach und ist überhaupt ein Skandal, daß man Morgen nach seiner neuen glänzenden Leistung nicht den Oberbefehl des ganzen linken Flügels anvertraute. Hier traf übrigens die 12. bayr. D. ein, während 10. b. D. und 8. b. R. D. sich der österreichischen Ohnmacht in den Waldkarpathen erbarmten. Dort führten eine Zeit lang Kühne und Schmettow den Oberbefehl, wurden dann beide nach Westen berufen, wo für Kühne 41., 109. I. D., für Schmettow die 7. K. D. die dortige Inf. und Kav. ergänzen sollten. Die Russen in die Moldau eingerückt, übernahmen die Linien der 4. rum. A., versetzten der östr. 71. D. einen Schlag und marschierten mit starken Massen vor. Doch kaum schoben die Bayern sich beim 11. öster. K. ein, als man am 27. schon entschiedenen Erfolg hatte. Überall vom Oitoz- bis zum Tartarenpaß floß deutsches Blut für ein undankbares Habsburg und ein noch undankbareres Ungarn, das man noch obendrein mit Lebensmitteln versorgen mußte, dies faul bewirtschaftete reiche Ackerland, das bei besserer Bestellung eine Kornkammer Europas sein könnte. Gott lob verfolgte man auch minder ideale Zwecke als die Aufrechterhaltung sogenannter Waffenbrüderschaft, denn Besitzergreifung der rumänischen Petroleumlager war für uns eine Lebensbedingung von großer Wichtigkeit. Es war bezeichnend, daß die österreichischen Truppen immer deutschen Generalen mehr Vertrauen entgegenbrachten als den eigenen, im ganzen rumänischen Feldzug fochten die Bundesgenossen unter deutschen Kommandostellen. Auch am Vulkanpaß griffen Busses Österreicher herzhaft neben Kneußls Bayern an.
Während man im Osten den ganzen Oktober seit 14. mit Herumtasten verlor, erklomm Kneußl mit zwei bayrischen (13. R. zu Kraffts Flankenschutz abgegeben) und drei österreichischen (144. Brig., 9. L. St.) Regimentern den Vulkan, wo der Wetterumschlag zwischen Tauen und Gefrieren die Felsstufen im Lehmboden glitschig machte und man sich im eisigen Wind der Steigeisen und Bergstöcke bediente. Drunten tobte jedes Wässerlein jetzt als schäumender Gießbach, droben zog man selten mit Seilen, noch seltener mit Zugochsen einige Geschütze längs der Felswände hinauf. Dennoch überstieg man fechtend den Paß, wobei die Augsburger 8 Berggeschütze eroberten. Am Szurduk erbeuteten 22., III/3. noch 5 Gesch., 200 Gef. Am 27. öffnete der tapfere L. St. das Bistrinatal, wo die Tiefebene mit neugebauter Straße beginnt, die abgesessenen Schützen der 3. Kav. Brig. und später der 5. drangen vor, 12 Gesch. der 11. bayr. Artillerie fanden über verschneite eisstarrende Schluchten den Weg, gedeckt von 8. K. Brig. Doch schon griffen zehn rumänische Regimenter Kneußls vereinzelte Kolonnen an, deren Vorkommen brauender Nebel und heftiger Regen beeinträchtigten. Am 28. waren die Bayern geschlagen, am 29. füllten die Vorhut der 7. K. D. und ein Württemb. Geb. Rgt. kaum eine gerissene Lücke, am 30. machte das Gelände den Rückzug besonders bei der Reiterei unheilvoll, Ausgleiten und Stürzen von Pferden und Wagen führte zum Verlieren vieler demontierter Geschütze. Indessen hielten die Bayern noch den größten Teil der 24 km langen Paßstraße, hinter ihnen legten Armierungsbataillone neue Wege und Brücken an für die per Auto anlangenden deutschen Verstärkungen. Nördlich Bumbuesti drohten mehrere Grenzforts herüber, doch mit 30 d. Batl., 48 Schwadr. war Kühne stark genug, nachdem er Lagerplätze und Blockhütten mit Telefondrähten und Signalposten eingerichtet und seine Artillerie durch die langen Felswege an Abgründen vorbei hinüberschaffte. Auf Kneußls Bayern, die übrigens wenig litten und deren Niederlage daher übertrieben wird, darf kein Schatten fallen und der wackere 9. ungarische L. St. blieb ungebrochen, hielt auf der Westflanke einen heftigen Anprall nieder. Das verfrühte Unternehmen maß der Überraschung, da der Feind bei solchem Wetter sich keines Anfalls versah, zu viel Wert bei. Derlei genügt für den Anfang, doch nicht zur Durchführung mit unzureichenden Kräften. Doch Kühne ließ sich wirklich recht viel Zeit und das Glück forderte Ludendorff heraus, sich auch ohne gute Chancen zu behelfen, denn das arge Wetter legte einem zeitigen Weststoß zu große Hindernisse in den Weg. Doch wie es im Krieg und im Leben zu geschehen pflegt, hat jedes Ding zwei Seiten. Der lange Widerstand der Rumänen so weit vorn wurde ihnen später nachteilig, indem er das Herankommen der Donauarmee in ihrem Rücken zeitlich ermöglichte. Doch das gute Bahnnetz erlaubte eiliges Herumwerfen von Massen, jede Landesverteidigung hat heute den Vorsprung vor einer bald auf Fußmarsch angewiesenen Invasion. Dieser Vorteil steigert sich, wenn man Bahntransport auf innerer Linie besorgt. Das zeigte sich schon in der Marneschlacht und mehrfach in Polen! So ungünstig das strategische Bild für Rumänien Ende November erscheint, wenn man Aufstellungen auf der Karte mißt, so mußte jeder deutsche Erfolg in Frage gestellt werden, wenn die Teile nicht richtig ineinandergriffen.
2. Pommersche Grenadiere und Württemberger Gebirgsjäger drangen am ersten durch, Oberst Plantiers Batterien durchschossen die Panzerkuppeln der Forts, 109. D. Oettinger stand siegreich auf den Höhen von Lazoresci, am Südende des Passes lauerten 4. Ul., 4. Radfahrbatl. aufs Freigeben der Südstraße, um gegen die Talbahn anzureiten. Doch mancher Bojarensohn besiegelte drüben die Fahnentreue geradeso brav wie der Bayernprinz, die altrömisch lateinische Blutmischung mit hochgepeitschtem Rassenstolz schien doch kein leerer Wahn, auch hier durften Schmettows Geschwader sich nicht einbilden, sie könnten sich lustig vorwärts in die Ebene stürzen. Hätten die Serben, von denen die Entente Wunderdinge erzählte, sich bei Kragujevac so fest gehalten, so hätten sie Köweß' Austritt aus dem Bergland um viele Tage verzögert wie hier. Standhalten war nötig zur Deckung der mittleren Kampfzone des Alutatales, da Schmettow zum Gilortfluß hinstrebte, der senkrecht von Norden nach Süden die Westzone davon trennt. Die westlich der Gilortufer die Schienen aufreißenden 4. Ul. kamen in schlechte Lage, 7. Ul. in wenig bessere südwestlich von Targi Jiu, wo der Feind eine äußerst starke Stellung spannte quer zwischen Gilort und dem wilden Jiu, der nach Nordost umbiegt und nach Südwest abströmt. Nachdem die Schwaben ruhmwürdig wie immer als Vorhut eroberte Punkte festhielten (übrigens mit winzigem Verlust) und 144. k. k. Brig. Berger als östlicher Flankenschutz sich in schwerem Fechten dem Gilort nahte, gewann Kühne vollen Aufmarschraum, entwickelte die Bayern südöstlich Targi, Oettinger rechts daneben. 6. Kav. Div. ward losgelöst und zur 3. herangezogen, was der Feind wegen andauerndem Wirbeln von Schneeflocken nicht merkte. Dies Gestöber, am 17. zu Hagelschlag verdichtet, ließ zuvor im aufgeweichten Waldgebirge den Vormarsch stocken, verschleierte aber jetzt günstig die Bewegungen. In diesem Unwetter trabte Mutius' Reiterei hinter der Front herum und fiel dem Feind in den Rücken, der die Schwesterdiv. ihrer Waffe an wild dahinbrausendem Bergwasser scharf beschoß. Die vereinten Geschwader verfolgten in Richtung Dragasani, Knobelsdorffs Ostpreußen unter starkem Verlust von 146. und Oettingers Westpr. nebst 26. Thür. R. standen schon in gleicher Luftlinie wie Barbatesti am Gilort, an welchem Bahnpunkt dauernd Abladungen der 3. rum. A. aus Südosten stattfanden, die sich dort durch endlich anlangende Russen ersetzen ließ. Mackensen befand sich zwar endlich wieder in Bewegung, mittlerweile zog aber Falkenhayn die ganze rumänische Streitmacht (400 000 bei Kriegsbeginn) auf sich ab. Was von hartem Kampf Kneußls am Gilort berichtet wird, stimmt wohl kaum laut V. L. Auf rumänischer Seite war aber die Schlacht bei Targi so blutig, daß vom 15. Rgt. nur 80 Überlebende sich ergeben, alles übrige tot und verw., mehr kann man doch nicht verlangen. Wir lassen den Rumänen alle Ehre, daß sie todesmutig ihr Vaterland verteidigten. Nur 3600 Gef., 2 Gesch. bezeugten den Sieg Knobelsdorffs, der Schmettows 2. Kürassiere nach Craiowa südwestlich folgten. Erst später verengte sich Kühnes weite Spreizung, je näher man den Feind zusammenpreßte, der in neuen Verteidigungsabschnitt mit steilen Uferfelsen und hochgeschwollener Alutaflut eilte.
Mittlerweile hatte das Alpenk. fast nichts als Erfolge, wobei besonders 5. Jägerrgt. herangetragene Angriffe zum Siegessturm fortriß, doch neben deutscher um so preiswerterer Überlegenheit die rumänische Zähigkeit schätzen lernte, es schmolz auf ein Drittel! Jetzt waren vielleicht 140 rum. Batl. zwischen Pibesci und Slatina versammelt, doch schrecklich zusammengeschmolzen, bei Krafft verstärkte 73. öster., 126. sächs., bei Kühne 115. d. D., so daß jetzt 96 verbündete Batl. längs der Aluta vorrückten. Den Ernst der Lage offenbarte auch das Schicksal einer bis Orsova vorgeprellten Seitendiv., denn während die gemischte Brig. Szibo sie vorn fesselte, marschierte ihr Batl. Picht I/148. in den Rücken, bulgarischer L. St. aus Süden verhinderte Durchschlagen längs der Donau, ihre steigende Bedrängnis endete am 6. Dez. mit Kapitulation. Bis 27. Nov. verlor Statilescus Linke 20 000 Gef., was sich bei steter Einpressung nicht vermeiden ließ, und wich nordöstlich, die Straße nach Bukarest lag offen. Um diese Zeit drückte Morgen auf Campolung, Staabs bewegte sich südlich des Predealpasses, Averescu zog ab, um nicht abgeschnitten zu werden, legte sich südwestlich Bukarest vor, dessen baldiger Fall allgemeine Bestürzung in Ententekreisen erregte.
Gleichwohl hatten Kühnes Umgehungen viel zu spät Erfolg, überall fand er verschanzten Feind an Neben- und Zwischenflüßchen. Als er 24. abends die Wasserader des Hauptstromes bei Slatina erreichte, flog vor seinen Augen die Bahn- und Chausseebrücke krachend in die Luft. Der Alt ist hier 100 m breit, alle Schnelligkeit Schmettows mit 2. Radfahrbrig. blieb verlorene Liebesmüh. Von 12.–14. stand zwar im Zentrum Kraffts Leibrgt. groß da, doch kam nicht wesentlich vorwärts, am äußersten linken Flügel rang 12. b. D. schwer im Gebirge, unser Vorgehen stockte. Busses Österreicher empfing bei Dragasani an ungewöhnlich langer halbzerstörter Brücke ein Kugelschauer, noch am 26. überschüttete reichliche Eisensaat schwerer Artillerie vom überhöhenden Jenseits Ostpreußen und Pommern. Erst als die südwärts abgedrehten Hauptteile Kühnes in die Flanke drückten und Krafft mit 216. D. einen weiten Sprung vorwärts bis Curtea machte, war die Möglichkeit vorbei, hier eine Schranke vor Bukarest aufzurichten. Für Averescu manövrierte zwar der General Winter mit arger Kälte, die Paßverteidiger suchten sich aber selbst durch völlig nutzlose Anstürme zu erwärmen, denn was der Deutsche hat, das hat er. Übrigens stieß jetzt auch die 24. öster. D. zu Staabs, so daß jetzt im ganzen inkl. Oitozgruppe 78 öster. Batl. gegen Rumänien kämpften neben 150 deutschen. Siebenbürgens Befreiung und Rumäniens Eroberung kommen ausschließlich auf deutsches Konto, die wenigen Österreicher hatten durchweg deutsche Führer, wie auch am Oitoz der bewährte Gerock den Befehl übernahm. In 1400 m Höhe an der Felskuppe Popa hatte 8. b. R. D. beschwerliches Gefecht, braves Verhalten von 10. b. D. ermöglichte es Arz, die Russen abzuschütteln, die jetzt allein die ganze Waldkarpathenfront übernahm, so daß vermutlich starke Teile der 4. rum. A. ins Bereich der 2. und von da ins Kampfgefild des Argesch übertraten. Gegen Mackensen, der sich bei Cernavoda 140 km von Bukarest ganz auf Defensive verlegte, blieb neben jetzt 6 russischen nur 1 rum. D., so daß die gegen Falkenhayn verfügbare Macht erst jetzt 25 Aktiv- und Res. Div. betrug, allerdings erschreckend gelichtet und in ihrem Gefüge gelockert, dazu traten noch 2 russ. I., 2. K. D., die Übermacht blieb also bis zuletzt auf gegnerischer Seite, doch nicht so sehr gegen Mackensen, dessen 3. bulg. A. auch 6. Türkenk. bei sich hatte. Die neue »Donauarmee« unter Kosch (früher Chef 1. K.) betrat die Walachei mit 1., 2. bulg., 26. türk., 217. d. D., bei letzterer anfangs auch bulg. L. St., und Kav. D. Goltz (deutsche, öster., bulg.) nebst vorzüglicher öster. Pionierabteilung, der von Orsova hinaufgefahrenen Donauflotille und deutschen Motorbooten. Mackensens Stabschef, General Tappen, besorgte musterhafte Zusammenstellung und Vorbereitung, doch Div. Gallwitz bot ein Fragezeichen, lauter L. W. und L. St., beigesellte 3 Jägerbatl. alter Nummern, heut von nur rekrutenhafter Beschaffenheit. Da Kosch geradezu ins Herz des Feindes stieß, ließen sich hier Szenen wie am Rotenturmpaß und Jiu erwarten: was nicht Geschütze und M. G. fressen, das mäht im Nahkampf der blanke Stahl. Ob diese Deutschen, die doch den Vorrang beanspruchten, wie Römerlegionen von ihren Bundesgenossen, solchem Anspruch genügen würden? Ob es nicht errungene Erfolge schmälerte, wenn der rasende Gegner, um den sich ein Netz zusammenschnürte, Kosch in die Donau warf? Hier drohte für Bukarest höchste Gefahr, während die rumänische Hauptmacht noch im Norden verstrickt lag.
An den mit riesigen Schneemassen gefüllten Pässen verzögerte sich noch die Entscheidung. Erst am 29. wich hier der Feind, den man, besonders die Bayern, glänzend verfolgte, 120 km in 7 Tagen bis Ploesti. Die auf Targowista abziehenden 12., 22. rum. D. verloren dabei 10 000 Gef., 17 Gesch. Den nordwestlichen Alpenschutz der Hauptstadt hatte unser Alpenk. überrannt. In den letzten Kämpfen hatten die frischen Rgt. 181., 183. heftig gestritten und gelitten, bis 54. Art. den Feind brach. III/182. wird besonders gerühmt, doch dies Rgt. hatte es leicht, sein Verl. war gering, es wäre nicht das erste Mal, wo offiziell eine Truppe hervorgehoben wird, die nichts Besonderes tat, mit Benachteiligung anderer verdienter Truppen. Jedenfalls schlugen sich diese alten sächsischen Regimenter mit gewohnter Tapferkeit. Stratilescus Rechte trat 14 500 Ges., 14 Gesch. an Krafft ab, der abnehmende Widerstand fand aber neue bedeutende Stellungen am Argesch, hinter welcher Flußschranke man große Kräfte auch der 2., 4. A. sammelte, um auf Kosch zu fallen, wenn Not am Mann war. Und zwar nur auf dessen Linke, das 52. K. Türken und Deutsche, dann das noch zurück befindliche bulg. K. sollte durch heranrollende Russen gefesselt werden. Ludendorff verfuhr hier mit einem gewissen Leichtsinn, er kann sich die mißliche Lage Koschs nicht verhehlt haben, wenn der Feind energisch handelte. War denn auf Kühne Verlaß, daß er rechtzeitig die Alutafront breche? Infolge der Unmöglichkeit, sonstige unverregnete Wege zu finden, setzte er seine 4 Div. auf eine einzige Straße. Bei verzögerter Ankunft am Flusse fand er nur Überreste von Brücken oder gar keine. Schmettows K. K. stieß auf eingegrabene Jägerbatl. und die ganze rumänische Reiterei, die er erst am 27. verscheuchte. Obendrein teilte er sich vorher unter Verschickung der 7. K. D. Mutius nordwärts, weil am Jiu ins Gebirge Abgeschnittene emsig die Etappen störten. Drei Batl. und einige umherstreifende Schwadronen in seinem Rücken ließ Schmettow erst aufreiben, ehe 7. K. D. unter Zurücklassung der 5. Kür. wieder zu ihm zurückkehrte. Seitwärts hinter ihm hielt Hauptmann Picht drei Tage seit 22. heroisch Turn-Severin gegen wütigste Stöße des 1., 17., 31. rum. Rgts., die ihre einzige Rückzugsstraße wiederhaben wollten. Schmettows Radfahrbrigade (»Brigade« ein Euphemismus für 2 Batl.) wurde aus Westen dorthin abgezweigt, bulg. Grenzschutz aus Süden und 5. Kür. aus Osten herbeigeholt. Erst eine Woche später bließ man Halali, da die planlos durchs Jiutal Irrenden sich lange nicht ergaben und nur Überreste von 10 000 Streitern, 40 Gesch. endlich die Waffen niederlegten. Ritterliche Gesinnung geht mit uns einig, wenn wir bezeugen, daß die Rumänen allerorts ihre Waffenehre hochhielten. Die Lumpenhunde in Bukarest waren nicht wert, daß so brave Leute für sie durchs Feuer gingen. Andererseits zeigt der ganz geringe Verlust des Bataillons Picht die überlegene Fechtweise. Übrigens liegt die Frage nahe, wie hoch sich Bataillonsstärken noch beliefen. Durchschnittlich wohl 850, mehrfach aber nur 650, siehe Div. Gallwitz, auch von »schwachem Batl.« der 76. R. D. wird geredet, somit scheint sicher, daß die meisten Batl. nicht normal aufgefüllt waren. Jedenfalls bestand »Div.« Gallwitz, nachdem sie ihren bulg. L. St. anderswohin entließ, nur aus einer Brigade. Die aufrechterhaltene Angabe 4500 stimmt aber schwerlich, es waren nicht »6«, sondern 9 Batl., also doch wohl 6000 Gewehre; 7., 9. und b. 1. und 1. R. I. und Brig. Vogel, 22. schles. L. W., 15. gemischter L. St. (1 Batl. Kaiserslautern), 65. Art., vervollständigt mit schweren Batterien. War diese nach Zahl und Ausbildung schwache Truppe darnach angetan, einen Gewaltstoß riesiger Übermacht auf sich abzuziehen, bis endlich Nachbartruppen Erlösung brachten? Denn so geschah es. Kühne versagte im Südwesten entschieden unkühn, daß dafür Krafft um so kräftiger aus Norden drückte, ließ sich nicht voraussetzen. Das Endergebnis sah eben anders aus, als man beiderseits plante. Die Rumänen wollten Krafft nur hinhalten, bis im Süden ein Schlag fiel, der vielleicht das Gesamtbild änderte. Daß sie Kühne vernachlässigten, ist nicht ernst zu nehmen: einen Feind, mit dem man so lange handgemein, stellt man immer in Rechnung. Doch Kühne stand am 30. noch 40 km von Kosch entfernt, nur die inneren Kav. Flügel stellten einige Verbindung fest, Anhängung von Knobelsdorff und Busse an Krafft war ein grober Fehler Falkenhayns, da es damals nur darauf ankam, mit allen Kräften Kosch im südwestlichen Argeschbogen zu entlasten. Wahrscheinlich verfügte Ludendorff daraufhin Falkenhayns spätere Abberufung. Die rumänische Führung zeigte hier wohl großzügige Entschlußkraft, doch die Ereignisse überstürzten sich so, daß keine regelmäßige Abwehrhandlung herauskam und die Entscheidungsschlacht kunterbunt geliefert wurde.
Der 1. A. blieb nichts anders übrig, als ostwärts auszuweichen, obschon ihr Rückzug nach Süden strategisch richtiger gewesen wäre, von wo sie eine Flankenstellung gegen Kühne bewahrt haben würde. Doch sie war nun schon so nahe der Donau, daß sie Gefahr lief, bei weiterem Rückzug an den Strom geklemmt zu werden und das Schicksal der Orsovagruppe zu teilen. Vielleicht bewog auch das Winken dieser Möglichkeit einen so vorausschauenden Feldherrn wie Hindenburg, den Einbruch in der kleinen Walachei anzuordnen. Die Kavallerie Schmettow streifte schon weit in die Ebenen hinab und Bukarest war ja schon lange auch aus Silistria im Rücken bedroht und von deutschen Luftgeschwadern heimgesucht, jetzt drohte auch noch der eigentliche Donauübergang Mackensens.
Dieser täuschte den Feind über seine Absichten sehr geschickt. An mehreren Stellen wurden Donauinseln besetzt, das Nordufer von Silistria bis Rustschuk unter Feuer genommen, das Flußbett von der Motorbootflottille abgesucht. Bei Svistow, 100 km südwestlich von Bukarest, der engsten Stelle der Flußgrenze, wo der nahe Belmi-Kanal einen förmlichen Hinterhalt für Monitore, Motorboote und das gesamte Pontongerät gewährte, erfolgte am 23. November der große Übergang der neugeschaffenen »Donauarmee«. Der durch Scheinmanöver an anderen Punkten getäuschte, übrigens auch durch Vordringen der Kavallerie Schmettow im Nordwesten beunruhigte und irregemachte Feind leistete in seinen stark ausgebauten Stellungen bei Zimnicea und im vorgelagerten Sumpfwald fast gar keinen Widerstand. General Kosch, bei dem sich Marschall Mackensen aufhielt, ging auf Alexandria vor. Die Gefahr im Süden wurde so dringend, daß die rumänische Oberleitung alle Kräfte zusammennahm, um auf dem Südwestteil des strategischen Schachbretts einen Gegenzug zu machen und hier angriffsweise verfuhr, während sie im Nordteil zwischen Sinaia und Campolung sich defensiv behaupten wollte. Offenbar ist die 2. Armee aus ihrer ursprünglichen Stellung südwestlich verschoben worden, um die noch mehr erschütterte 1. Armee zu stärken, während die 4. Armee exzentrisch mit dem Rücken zur Moldau in den Ostkarpathen blieb, aber bereits die Fühlung sowohl mit der russischen Bukowina- als der 2. Armee verlor.
Falkenhayns Operation zeigt sich in der Hauptsache als zentraler Durchbruch zwischen der 1. und 2. Armee, die Umfassungen reiften viel später aus und haben zu keiner wirklichen Umzingelung geführt. Ein strategisches Sedan großen Stils ist nur ein Traumbild, dem man nachjagd und das heut in der Zeit der Eisenbahnen und Autos weniger denn je Wirklichkeit hat. Der Feind wird sich vermöge heutiger Verkehrsmittel fast immer auf der innern Linie retten können. Da die Donauarmee auf Dragonesci marschierte, mußten allmählich Kosch, Schmettow, Kühne und von Topolugu her Krafft zusammenschließen. Der feindliche Massenvorstoß schien also, schon ehe er begann, an allen Punkten aufgehalten. Das Alpenkorps erreichte am 30. Davidesti im Argesultal, wo das bayrische Leibregiment mehrere rumänische Truppenkörper zersprengte und 14 Geschütze nahm. Ein anderes bayrisches Regiment warf die 8. rumänische Division am 1. Dezember über Ratesti am Argesul zurück. Man stand hier und bei Manesti schon fast 40 km südöstlich von Campolung, von wo der Feind eilig abzog, von General v. Morgen gegen Targovistea gedrängt. Da allein vier Divisionen Krafft gegenüberstanden, sollte er von Kühne herausgehauen werden, dessen Linke von Salaru (weit südöstlich Pitesci) her unnützerweise diesem Feind in den Rücken ging. Seine Rechte aber warf sich viel zu spät in den Rücken einer ansehnlichen Masse, die aus allen herangezogenen Reserven gegen die Donauarmee geschleudert wurde. Letztere hatte später ihre Linke schon bei Mihalesci am Argesul, und was an der Donau vor ihr gestanden hatte, wurde nach Norden und Osten in das Festungsrayon von Bukarest getrieben. Den deutschen rückten bulgarische und türkische Streitkräfte nach. Erst am 27. abends stieß die deutsche Division nebst deutscher Kavallerie nördlich der Bahn nach Dragonesci am Calnisteaflüßchen auf starken Widerstand. Nach Erstürmung des Dorfes Prunaru, wobei fünf Geschütze erobert, wurde dort die Hauptstraße zur feindlichen Hauptstadt gewonnen. Koschs Reiterei berührte sich bei Plosca schon mit der Kavallerie Schmettow, während sein rechter Flügel einen andern Übergangspunkt gefunden hatte, indem er den Donauhafen und Bahnknotenpunkt Giurgeov von Rustschuck her eroberte, da auch ein Teil des bei Swistow übergesetzten linken Flügels von Westen (Alexandria) her hierher drang, d. h. am jenseitigen Ufer die Stadt in der Flanke packte. So wurde Bukarest immer näher bedroht. Allein, Koschs Linke mußte jetzt einen sehr starken Stoß aushalten. Alles was von der Aluta über den Vede vor Kühne wich (1. Armee) und große Teile der vor Campolung gewichenen und nach Norden zwischen Targovistea und dem Argesul nach Norden frontmachenden 2. Armee (die 4. wich von Sinaia abwärts mit ihrer Linken, während ihre Hauptmacht noch im Nordwesten bei Focsani stand), drängte sich in dem Raum am Argesul zusammen, verstärkt durch viele Reserven aus Bukarest, und ging hauptsächlich östlich Roside Vede und nördlich Alexandria zum Durchbruch vor. Die Kavallerie Schmettow hatte an der Vede hitzige Gefechte, die an die Reiterschlacht von Fere Champenoise 1814 erinnerten. Denn sie trat, allein auf sich gestellt, allen drei Waffengattungen gegenüber. Die rumänische Infanterie und Artillerie wurden von ihr verdrängt, Reiterattaken von abgesessenen Dragonern im Fußgefecht glänzend abgewiesen. Doch die Linke Koschs hatte am 28. bei Prunaru und Balaria auf der Chaussee Alexandria–Bukarest starken Widerstand beseitigen müssen, ehe sie am 29. nordöstlich gegen den Argesul drückte, und Kühne stand noch entfernt an der Bahn nördlich Rosi de Vede mit Front nach Osten. Die entstandene Lücke füllte zwar die Kavallerie beider Armeen mit Front nach Norden, doch der von ihr verfolgte Feind setzte sich unter Zufluß neuer Massen, drückte sie zurück. Der Zwischenraum zwischen Kühne und Kosch erweitert, Koschs Linke in der Flanke bedroht und zugleich von einer nordwestlich Bukarest neuvereinten Armeegruppe seitwärts angegriffen! In Entfernung von 20–25 Kil. von Bukarest begann jetzt eine große Schlacht am Argesul, indem Koschs Linke, zugleich aus Norden, Nordosten und Westen umringt, nach drei Seiten front machte. Es spielte sich ein wahrer Heldenkampf ab, nie haben deutsche Truppen besser gefochten. An dieser nicht von der Stelle weichenden Säule, die kein noch so wütender Stoß in ihren Grundfesten erschüttern konnte, brachen sich die Sturmfluten, obschon die Rumänen mit überraschender Willenskraft den Durchbruch auszuführen strebten. Nachdem die Deutschen zwei Tage allein aushielten, warfen sich die herbeigeeilte Türkendivision und die Kavallerie, zuletzt von Rosi her Kneußls Bayern auf die Durchbruchskolonne im Westen und trieben die Übermacht kraftvoll zurück. Jetzt griff auch Koschs Rechte ein und die aus Russen bestehende feindliche Masse südlich von Bukarest mußte weichen. Lange sah es auch hier nicht gut aus. Die anfangs von Giurgewo her gegen neu auftretende Russen siegreiche 1. bulg. D. traf am 1. Dez. heftigen Gegendruck durch Russen mit Panzerautos und frisch aus der Moldau gebrachte Rumänen, 12. D. südlich Mihalesci mußte nachgeben, die Besatzung von Giurgewo setzte die letzte L. St. K. ein. Denn gewannen die Russen die Chaussee Giurgewo–Bukarest, so war Kosch verloren. Die Russen standen erst dann von ihrem Beginnen ab, als die sonstige Entwicklung weiteres Kämpfen hier unnötig, ja unmöglich machte. Am entgegengesetzten linken Flügel holte Staabs die Paßverteidiger nicht ein, so eifrig Morgen ostwärts drängte, 253. R., 189. I. litten diesmal mehr als im Oktober. Allmählich blieben nur 3 rum. D. am Fuße des Gebirges, auch als Krafft ostwärts drängte, ward nichts abgeschnitten. Hier wären reichere Früchte zu pflücken gewesen, Falkenhayns ganze Linke trug nichts zur Entscheidung bei und die Einkesselungstheorie wäre auf ein Haar hart ihrer Fehlerhaftigkeit überführt worden. Gegen den Argesch gingen 4 D. aus Norden, 4 aus Westen, 4 aus Süden vor, von denen nur 9 zur Berührung mit mindestens 20 D. inkl. Russen kamen und am Entscheidungspunkt standen ganz unzureichende Kräfte dem Anprall achtfacher Übermacht. Ob Falkenhayns sofortige Unterstellung unter Freund Mackensen dem tadelnden Urteil Ludendorffs entspringt? Jedenfalls mißglückte die gewagte Operation nur deshalb nicht, weil die ungeheure moralische und taktische Überlegenheit deutscher Truppen ein unberechenbarer Faktor bleibt. Ohne dies in Anschlag zu bringen, würde jeder Offizier im »Kriegsspiel« die Partei Ludendorffs verloren geben. Der Feind mußte Gallwitz überwältigen, wenn dessen schlichte Helden nicht Übermenschliches taten. Sie taten es, doch auch so schritt man nur zum Abdrängen von Festung Bukarest, nicht zur Vernichtungsschlacht vor und in ihr. Mit allem, was sich wie gereizte Tiger auf Knobelsdorff stürzte, wurden die stämmigen Pommern und Ostpreußen als Tierbändiger fertig und alle aus Nordost abgegangenen Verstärkungen rangen den Westpreußen nicht das Dorf Ganasci ab, doch mit alledem stand man am 1. noch 50 km nordwestlich Bukarest und als am 3., 4. der Feind ostwärts ins Gebirge floh, ließ er nur 2600 Gef., 7 Gesch. zurück und war vor jeder Abschneidung sicher. Man hätte große Teile in die Forts drücken und zur Waffenstreckung zwingen können durch einheitliches Zusammenwirken von Morgen, Krafft, Kühne, Kosch. Doch Krafft konnte und wollte nicht warten. Sein ungestümer Andrang sollte Kosch entlasten, doch was wäre geworden, wenn bis 3. Kosch zertrümmert über die Donau geworfen war? Dann kam Kühne in mißliche Lage, Krafft durfte sein Vorgehen nicht fortsetzen, die rumänische Mitte erreichte den Fortgürtel für ihre vorteilhafte Frontalschlacht, ihre Linke drückte Kühne im Vedetal ab, jedenfalls behaupteten die Rumänen sich erneut zwischen Donau und Focsani, der Feldzug begann von neuem. An solchen Fäden hängen Kriegsschicksale, nicht nur libelli, sondern auch belli haben sua fata. Erst durch Meldung der links von Gallwitz gestaffelten Türken scheint dem Oberkommando aufgefallen, daß Kosch's Linke in der Luft schwebte und sich eine mächtige Stoßgruppe vorbereitete. Vor Kühne verschwand der Feind, bezog nur gegen Schmettow feste Deckungen, um alles gegen Kosch zu vereinen, eine durchaus sachgemäße Maßregel. Erst am 2. ordnete Falkenhayn ein Abdrehen Kühnes nach Südost an, was Mackensen noch leichtsinnig abänderte: nur Kneußl sollte auf Clepani abmarschieren, Oettinger gegen Bukarest decken, Knobelsdorff blieb bei Krafft, von dessen Sphäre mächtig angezogen. Bis dahin konnte Gallwitz längst vernichtet sein, wenn die Rumänen eben Deutsche und Gallwitz' Wehrmänner nicht Deutsche gewesen wären. Auf solcher Psychologie läßt sich aber nichts Verläßliches aufbauen, Falkenhayn und Mackensen bleiben hier durchaus verdammenswert, und wenn man Ludendorff einen Schuldanteil in die Schuhe schöbe, darf er sich verantworten, daß er so haarsträubende Unfähigkeit seiner nachgeordneten Organe nicht voraussetzen konnte.
Gegen Gallwitz traten aus West-Südwest Teile der 1. A. aus Nordwesten Hauptteile der 2. und über Bukarest verladene Divisionen der 4. A. an, nebst Moldaureserven. Bei Dragonesci kreuzt sich die 10 km lange Chaussee von Alexandria her mit der 30 km langen Donaustraße nach Giurgewo, die in die 50 km lange Nordweststraße nach Pitesci mündet. Kühne marschierte wesentlich nach Nordost auf die Querstraße Giurgewo–Clepani–Ganesci los, Krafft hing nördlich längs der 75 km langen Bahn Pitesci–Bukarest zwischen der Hermannstädter Bahn (65 km hinter Morgens Aufmarsch östlich Campolung). Alle diese bequemen Anmarschräume waren nach Süden und Westen noch für die Rumänen frei, die sich ganz leicht neben Kosch südwestlich eindrängen und ihn mit verkehrter Front, Rücken zu Kühne, aufrollen konnten. Wo sich Bahn und Chaussee nach Giurgewo schneiden, stieß die Staffeldiv. Hamid Bey schon auf rumänische Kräfte, so daß er Gallwitz nicht beispringen konnte. War je eine Lage verzweifelt, so schien es diese. Durchbrach der Feind die 12. bulg. Div., was tatsächlich geschah, so sah Gallwitz jeden Ausweg verlegt. Allein an der Entscheidungsstelle zählte man nachher Gefangene von 22 Inf., 6 Art. Regimentern; wir gehen nicht fehl, wenn wir die in Fluß gebrachte Stoßgruppe gegen Kosch's Linke auf 7–8 Div. beziffern. Gallwitz' 9 schwachen Batt. traten gleich anfangs 36 entgegen, die sich auf 72 verstärkten. Am 27., 28. wurden des Feindes Vorderdiv. derart von den Jägern und der schweren Artillerie gebändigt, daß 20 Gesch., 700 Gef. den Siegern zufielen, am 29. die immer neu verdichtete und nordwärts verlängerte Linie von der L. W. gesprengt und von Naipuwald her durch Verfolgungsfeuer der braven 65. Württ. Art. begleitet, wiederum 14 Gesch., 1000 Gef. erwischt. Dagegen drohte den 7., 9. I. und dem L. St. bereits links nördlich Umfassung. Major Aschauer erkannte im Walddickicht nicht, wieviel er vor sich hatte, Geschosse einer Flankenbatterie schlugen in die Westfäl. 3. ein, die Patronenmangel meldeten. Auch zwei Batterien, die dort heldenhaft vor der eigenen Schützenlinie auffuhren, mußten bald ihr Schnellfeuer einstellen, die eine hatte nur noch 35 Schuß, die andere nichts mehr zu verfeuern. Die Nachschubstraße lag unter feindlichem Feuer, Flankenschutz der Kav. Goltz fiel weg, sie bog westlich aus und suchte nordöstlich gegen einen Wald-Zweigweg der Clepani-Chaussee anzureiten. Das konnte Gallwitz wenig helfen, doch kam jetzt der tapfere Hamid Bey in treuer Kameradschaft seitwärts heran. Am 30. früh ging die L. W. unverzagt auf das befestigte Balaria los und warf den Feind in wildem Handgemenge über den Niaslow. Erst an diesem Abend zog sich die Wetterwolke zur Entladung zusammen. Während Goltz wieder wich, er konnte nicht anders, wollte er nicht umzingelt werden, und der zu langsam marschierende Türke das Staffeln zu wörtlich nahm, vorerst nur ein Batl. zur Verfügung stellend, stürmte Gallwitz am 1. weiter vor. Die schlesische L. W. erreichte den Argesch, links von ihr die bayr. und Holsteiner Jäger, 7. R. I. auf der Nordwestflanke. Nur 25 km vom Fortgürtel entfernt, sah man sich jetzt dem feindlichen Kraftbehälter unmittelbar gegenüber. Die Leistung war erstaunlich, doch der Verlust nicht gering, die ohnehin schwachen Kompagnien schmolzen stellenweise auf 100 Gewehre. Die rechte Flanke wurde unsicher durch Weichen der Bulgaren, die linke war umwickelt, der Türke in hartem Kampf bei Dragonesci, eine Inf. Brig. und rum. 2. K. D. drängten sich schon im Rücken ein, den durch mancherlei unnütze Entsendungen geschwächten Goltz vor sich hertreibend. III/115. L. St. hatte sich brav nordwestlich den bayerischen Jägern angeschlossen, letztere und 7 L. St. Kompagnien sollten die Lücke stopfen gegen so tödliche Drohung. Abends glich die Lage der Scheffels vor Lodz. Train und schwere Artillerie zurückschaffend, zog Oberst Vogel mit den Schlesiern und 5 L. St. K. Mitternachts wieder zum Niaslow ab. Erstaunlich genug, daß er sich unbehelligt loslöste. Am 2. zeigten die Halbmondkrieger den ernsten Willen, ihre deutschen Freunde herauszuhauen, doch Allah erhörte ihre Wünsche nicht und die Lage wurde schier unerträglich. Vormittags feuerten die Holsteiner Jäger nach West, dann mußten sie einen Halbkreis nach Nord- und Südwest bilden, in den sie die bayerischen Reste, noch 380 Büchsen aufnahmen. Das sich tapfer wehrende I/115. L. St. und 65. Art. wichen bis nördlich Naipu, wo man vor zwei Tagen so wacker vorging. Rückwärts, wo der Train sich sammelte, stellte sich ein bulgarisches Batl. mit 12 Geschützen ein, dicht verfolgt von Russen. Immer enger schloß sich der Feindesring und drückte den deutschen Bogen ein. Der Feind überschwemmte die Mitte und riß die Rechte der L. W. weg, drängte die Jäger und die von Stellung zu Stellung abfahrende Art. sogar aufs Nordufer des Niaslow ab, von wo sie aber unverdrossen nach Süden in vorquellende Feindeskolonnen hineinfeuerten; diese Batterien des Major Tuchen und die am Nordufer Eingenisteten blieben auch bei Nacht so standhaft wie die auseinandergerissene schlesische L. W. Sie blutet, doch verblutet nicht, verausgabt nicht ihre gesunde Nervenkraft. Vier andere Batterien nördlich Naipu schießen bis zur letzten Granate in die hineingepreßte Feindesklammer. Steigender Geschoßmangel gegen steigende Übermacht, die Sehnen zum Springen gestrafft, überhitzte Rohre dem Springen nahe. Die Einschließung war vollzogen, nach West, Südwest, Süd, Nordwest, Nordost, Nord hielt die kleine Heldenschar aus, doch wie lange noch?
Eine Oberleitung, die solche Krisen heraufbeschwört, wird man nicht gerade schön nennen. Es ist närrisch, die Rumänen hätten Kühne nicht beachtet, dessen Nahen durch Schmettow verschleiert worden sei. Im eigenen Lande durch Spione gut bedient, schätzten sie Kühne nur zu richtig ein. Nur eins bedachten sie nicht als möglich, daß eine Handvoll Reservisten, Wehr- und L. St. Männer zwei Tage lang einer gegen zehn ihnen die Zähne weisen könnten und dann eine einzige Div. Kühne's genügen werde, ihrer schon furchtbar erschütterten Übermacht den Genickfang zu geben. Solche Dinge scheinen um so märchenhafter, als ein gut Teil der hier fechtenden Rumänen noch frisch und nicht durch blutige Niederlagen verbraucht war. Indessen scheint trotz russischer Beihilfe die Heeresmoral auf Zero gesunken in Mißtrauen und Verzicht auf jeden glücklichen Ausgang, denn gerade hier, wo ihnen ein Erfolg winkte, versäumten sie den einzigen Augenblick ohne ihre übliche nachhaltige Ausdauer. Schlug ihnen die spartanische Tapferkeit der gefürchteten Deutschen auf die Nerven wie etwas Übernatürliches? Am 3. mittags änderte sich das Bild blitzschnell. Zu ihrem Staunen sahen die Jäger am Niaslow den Feind bei Stilpa fliehen, die Südgruppe sah Flüchtlingsschwärme sich vorüberwälzen und in Gärten Deckung suchen. Aus West-Nordwest platzten Schrapnells der 11. bayr. Art. im Rücken der rumänischen Nordgruppe. Was war geschehen? Kneußl nahte endlich in Eilmarsch über Clepani und überschritt den Niaslow auf Mihalesci zu. Erst aufgefangener Armeebefehl Stratilescu's klärte Falkenhayns tröstliche Zuversicht auf, der sich bis dahin schmeichelte, der Feind sei überall zum Argesch abgezogen. Beim Feind herrschte aber schon Unsicherheit, denn während Teile ostwärts in den Rücken der Bulgaren vorstrebten, arbeiteten sich Goltz und Hamid im freigelassenen Raum nördlich Balaria, von woher Gallwitz' Divisionsstab knapp der Gefangenschaft entrann, zu Kneußls rechtem Flügel durch. Eines drohenden Verhängnisses bewußt geworden, traten die Rumänen überall den Rückzug an, tatsächlich wagte der westpreußische L. St. wieder anzugreifen. Unter zähem Nachhutschutz gegen die Bayern drängten sich die abflutenden Massen über die Stilpabrücke, wo deutsche Artillerie aus zwei Seiten ein schreckliches Blutbad anrichtete. Ihre Überlegenheit und die Bänglichkeit der sonst so beherzten Rumänen vor dieser schmerzlich empfundenen Kanonade gab den Ausschlag. Am Ufer sah man unter wahren Leichenhügeln zwei vollständige Batterien liegen, Bemannung und Bespannung weggeputzt. Was noch südwärts stockte, starb entweder in auflodernden Dörfern oder trottete mit wehenden weißen Tüchern zu Gallwitz hinüber. Kneußls Linke ereilte, was zum Argesch sich rettete, an der Mihalscibrücke wiederholte sich das gräßliche Schauspiel vom Stilpa. Als man aber ohne Schwertstreich in Bukarest einzog, ward klar, daß der Feind in Masse hinter die Sereth und Focsani entkam, auch Morgen konnte den drei Div. nördlich Bukarest nichts anhaben. Daß man jetzt im Ganzen 160 000 Gef., 450 Feldgeschütze, Zentralpulverfabrik und Arsenal der Hauptstadt nebst reichen Vorräten bekam, ersetzte nicht das Scheitern des strategischen Planes, den Feind vor Bukarest zusammenzudrängen und zur Vernichtungsschlacht zu stellen. Wird dies endlich eine Lehre sein, nicht auf Einkreisung zu bauen und deren Gefahren zu erwägen?
Der Krieg setzte sich so zwischen Donaumündung und Sereth noch lange fort, ziemlich unrühmlich und nicht eben geschickt in Mackensens üblicher Manier geführt. Das entzog uns viele kostbare Kräfte, die wir im Westen brauchten. Der rumänische Feldzug war so wenig zu Ende, wie damals der serbische, wenn man Saloniki als »Fortsetzung folgt« betrachtet. Wie dort, nahm hier die Entente den Handschuh auf, Rußland verteidigte die Moldau. Man rief Kellers Reitermassen ins Land, Sacharew mit immer zahlreicher werdenden Russen führte, 2. A. Averescu sammelte sich nun mit Massenaushebung, 4. A. grub sich auf langer Front zwischen Braila a. d. Donau und Rimnicu a. Sereth ein. Ententeagenten verwüsteten alten Bodenwohlstand, wo es ging, nachher sollte Deutschland dafür bezahlen. Falkenhayns frontales Vorgehen gegen Rimnicu 20.–27. Dez. war ganz nach Mackensens Schule. Erfolge Morgens brachten keine Entscheidung, erst Umgehung Kraffts. Die Kerntruppen der 11., 12. b., 76. R., 41. D. schmolzen ohne gediegenes Ergebnis. Die rückwärtige Gebirgsflanke im Tortustal wurde von den Russen aufgerissen, die Österreicher bei Ostna geschlagen, doch der seit langem dort kommandierende Gerock schlug den Feind aufs Haupt, am linken Flügel schützte Gruppe Conta den bedrängten Thronfolger. Da Gerock im Ganzen vier d. D. hatte, wäre möglich, daß außer Bayern auch Thüringer und Hessen dort bluteten, doch entfällt dies wohl alles auf Linsingens Schlacht. Übrigens Deutsche u. Österreicher entzweit, Zerwürfnis zwischen Siegern und Scheinsiegern. Bei Bothmer 1750 G., ferner 2400 der 22. D., 2358 der 82., 83., 118. R., 168. I. Was von 49. R. D. 2500, 75. R. D. 1153, 27. R. 520, 61. L. W. 1244 usw. zeitweilig zum Süden abging, ist unklar. – 8. b. R. D. laut Kr. Ar. 96, 4000, allerdings schmolz laut Rgts. Gesch. 23. R. von 1500 auf 500 Gew., offenbar ist aber hier die ganze Zeit seit August gerechnet, wo noch 18. R. dort mitwirkte, laut V. L. Aug., Sept. 18. R. 1866, 19. R. 1167, im Okt. 22. R. 799, im Ganzen verlor die tapfere D. noch mehr als im B. Kr. Arch. angegeben, doch im November schwerlich mehr als 1000. – In Rumänien: Alpenk. 3200, 182.–84. I. 1200, 253. R. 573, 187., 189., 333. I. 1636, fehlt Ausweis für 5 Rgt., die wenig litten. Zusammen 8500, dazu 12. b. D. angeblich 150, 5000, mehr als jede andere, was viel zu hoch erscheint und offenbar Dezember mitrechnet. Bei Kühne 2. Pomm. 499, 146. allein 924, dagegen 148. 152. nur je knapp 400, 26. R. 400. Danach scheint 479 v. 22. b. keineswegs zu wenig, nur 155 v. 13. R. erklärt sich damit, daß es am Vulkan nicht mitfocht, 18. R. 500. Fehlt Verl. wiederum von 5 Rgt., hier nach Durchschnittsmaßstab 2250. Kav. 600. B. Kr. Arch. berechnet Gesamteinbuße von 11. b. D. höher, und da bayr. V. L. oft nachhinkten, steht wohl einiges in unkontrollierbaren Dezemberlisten. Gesamtverl. Walachei aber höchstens 20 000! Dobrudscha 21., 45. I. 800, Kav. 100, 22. L. W. 633, L. St. und Jäger v. 217. D. unerkennbar, deren Walacheiverlust naturgemäß auf Dez. Listen fällt. Somit kostete Niederwerfung Rumäniens seit Sept. etwa 33 000, wenn wir 2000 für Gallwitz bis 3. Dez. rechnen. Schwer litt nur Krafft, seine und auch Schmettows kavalleristische Leistung sind ganz hervorragend. Ganzer Novemberverlust bis 3. Dez. etwa 54 000. Dez. Verlust aus bekannten Gründen unbekannt. Jahresverlust etwa 350 000, der Gegner verlor das Zehnfache. Freilich verlor Österreich über 500 000, seine Wehrkraft erlitt einen argen Stoß. Nur unter deutschem Kommando schlugen die noch im Vorjahr recht rüstigen Streiter Habsburgs sich noch gut, der Russenschreck war nicht überwunden. Nur in den Isonzoschlachten gegen einen gering geachteten Feind, der sich indessen oft wacker schlug, leuchtete noch Radetzkis Geist. In deinem Lager ist Österreich! konnte man bei Boroevic noch rufen, sonst überall niedergeschlagener Mißmut bei Volk und Heer. Bulgariens Verlust in der Dobrudscha war nicht unbedeutend, doch nicht so bitter wie am Wardar. Auch dort brütete Kriegsmüdigkeit, in der Türkei die übliche Zerfahrenheit. Alle lieben Bundesgenossen hatten nur einen verbündeten Zweck, wie sie Deutschland auch wirtschaftlich aussaugen könnten.
1917 war der Leidenskelch noch nicht geleert. Falkenhayns Ringen am Focsani, starte permanente Befestigung, von Neujahr bis 7. Januar endete glücklich, nur durch Morgens glänzende Haltung, doch mußte General Gurko nun erst wieder über den Sereth geworfen werden. Braila fiel zwar am 5. durch Umgehung (wieder 217. D.), die Bulgaren bestürmten es lange umsonst, nun aber lag man festgefahren vor der Moldaufront.
In diese Zeit fiel der letzte Versuch Dimitriews, vor Riga die dort schwache Front (2., 3. D., 1. R. D., L. W.) am Tirolsumpf zu durchhauen mit Überrumpelung und Gasvergiftung. Am 10. Jan. schoß er schon nach Mitau, doch Papprite hielt mit ostpr. Zähigkeit aus, bis am 23. Verstärkungen von Stochod und Schara her zum Gegenschlag fertig. Qualm von Schnee und Gas schlug dem Feind ins Gesicht, die Aa-Ufer bedeckten sich mit Toten, Dimitriew floh nach Slock und Üzküll. Nach langer Waffenruhe bei Untergang der Zarenherrschaft, wo russische Soldaten schon mit deutschen freundlichen Verkehr pflegten, brachte Brussilow, der sich als Streber eifrig der Revolution anschloß, noch 23 D., 16 Kav. Rgt. zusammen, meist Asiaten und Tschechoslowaken und rannte am 1. Juli gegen Bothmer los, der ihn mit kühler Ruhe empfing, doch den es heiß dabei wurde. Strypa und Lipa rauschten auf und rauchten unter himmlischen und irdischen Donnern und Blitzen, echtpodolische Gewitter und grimme Schlacht vermischten ihre Schläge. Ludend. hatte sich zwei D. im Westen abgespart und hergeschickt, gerade auf sie fiel des Unwetters zuckender Strahl. 34. K. zermürbte mit 3 Div. die einzelne 15. R. D. Limburg, doch 17., 30., 68. R. gedachte der Champagne, die Rheinländer triumphierten, die Russen flohen vernichtet. An der Narejewka kam der Feind zu nichts, im Zentrum aber fiel er die zerfetzte Lisianafront der 24. R. D. Morgenstern mit 80 Batt. an. 7. Sib. K. brachte 104. R. zur Verzweiflung, doch die Sachsen widerstanden glorreich wie immer, General Landowski verzweifelte auch wie sein Kollege Skorobodke vor den gefürchteten Deutschen. Doch links davon verlor 107. R. die Höhen vor dem in roter Glut stehenden Brzczany ans 41. K., das sich zugleich mit dem 26. östr. maß. Die Sachsen verwehrten trotzdem Einbruch an der Zlota Lipa, die Türken Djewed Paschas schlugen dreifache Überzahl ab, ihr 20. D. focht erstaunlich gut, wie stets unter deutschem Oberbefehl. Das 12. finnische K. erlag im Handgemenge. Doch wenn 7. A. Bjekawitsch erfolglos blieb, zersprengte 11. A. Gutor an unserm linken Flügel 25. k. k. K. Hofmann und zugleich Boehms anschließende Rechte bei Kanuchy. Erst 32. L. W. 473. I. stopften die Lücke, der Feind stutzte, als er Deutsche sah, dann retteten Boehms 96., 97., 223., 237. D. unter Winkler. Leider fehlten sie so an der Westfront, wo sie nötiger waren, das bittre Muß für den klebrigen Bundesbruder klebte uns an wie eine kraftaussaugende Klette, Kerensky »spielte den Sadi Carnt«, wie Stegemann den Präsidenten der dritten Republik mit Lazare Carnot verwechselt. Der Diktator schmiß den bisher erfolgreichen Gutor weg, weil Ansturm seines 1. G. K. bei Zbarew zerschellte, und ernannte Kornilow zum Oberbefehlshaber der Südfront. Dieser gerissene Kosak rannte alsbald die 3. östr. A. Koitek über den Haufen, der Widerstand war erbärmlich, erst als am 11. Juli b. 16. 8. D. vor Halicz erschienen, schöpften die schlappen Österreicher Atem. Als Bothmer auch noch Teile der 24. R. D. und die bei Bzczany ausgeladene 75. R. D. sandte, erlosch die Offensive bei Kalucz, wo die Kosaken sogar Greisinnen ihrem Liebesdrang unterwarfen und sich im Schnaps berauschten, welchen Adamsapfel die satanischen Deutschen natürlich absichtlich zur Verführung rechtgläubiger Christen hinterließen. Das Gesindel fing an zu erschrecken, als die gottverfluchten Germanski ihr Nibelungenschwert im Etzelland erhoben. Die »Todesbataillone« Kerenskys, panslawistisch besoffene Schwärme gingen in sich. Als auch noch das Brandenb. 3. K. und 35. R. D. im Winkel zwischen Boehm und Bothmer erschienen, wurde Gutor, der sich noch im Besitz seines Kommandos behauptete, am 17. durch Feuerüberfall zersplittert und am Zboraw auf Tarnopol und Burkanow geworfen, durchs Serethtal verfolgt. Selbst 7. A. Köweß kam in Bewegung, besetzte Czernowitz und Radautz, nicht aus eigener Kraft, der Russe floh, um nicht von Bothmer abgeschnitten zu werden. Es ist herzbrechend, daß 8 brave D. im Westen fehlten, weil dieser geflickte Lumpenkönig Habsburg immer wieder Ruhepolster für seine Gichtbrüchigkeit bedurfte. Natürlich ließ sich auch die sogenannte k. k. 1. A. Rohr im Moldauer Gebirgswinkel schlagen, verlor den Oitoz, natürlich deckte Gerock mit 117., 218., 225. D., die gleichfalls im Westen fehlten, wohin seine früheren Truppen sich verabschiedeten, das Putnetal, natürlich warf sich Eben (an Stelle des nach Kleinasien beurlaubten Falkenhayn) mit 12. b., 76. R., 89., 115., 216., 217. D. und dem seit Mai in Frankreich weilenden und wieder hierher gesetzten Alpenk. auf Scherbatschew, der in Verbindung mit Rumänen diese Stöße führte. Morgen öffnete sofort das Susitatal, der Feind wich, Gerock drückte auf ihn, die neugebildete 2. A. Averescu's schwebte in schwerer Gefahr und der Rückzug forderte Vernichtung ganzer Brigaden. Am 12.–14. August in drückender Hitze wurde der Angriff in Mackensens kunstloser Weise geführt, so daß D. Lüttwitz aus der Front schied, nur Morgen den Feind nordöstlich abwarf. Die Schlacht bei Marasesti, die uns unnütz Blut kostete, mußte abgebrochen werden, obschon nur die Rumänen, deren feige Regierung nach Kischinew floh, sich tapfer wehrten. Die Russen wollten nicht mehr längs der ganzen Front, die Lenin-Diktatur brach herein. Um aber dem russischen Heer einen letzten Schubs zu geben, schien Bedrohung Petersburg nötig. Der neue Dünafeldherr Parski erwartete den Angriff der 8. A. Hutier auf der Meerseite von Ketkau her, doch G. K., 19. R. D., 14. b., 42., 203. D. überschritten bei Üxküll den Strom, machten das 21. r. K. nieder. K. Käthen wandte sich gegen Entsatz aus Dünaburg, K. Berrer erstürmte die Zügelberge, K. Niemann drang mit 2. G., 42. D. von Süden in Riga ein, K. Pappritz folgte dem auf Dünamünde weichenden Meerflügel und stand so bald am Westtor Rigas. Bis 4. Sept. war die große Stadt unser, elf r. D. zerstoßen, später eroberte Käthen mit 42. R. D. Estorff die baltischen Inseln unter Beihilfe der Flotte. Dies zwang Lenin an den Verhandlungstisch. Doch viel zu lange hielt die Zwischenzeit der Spannung die Feldgrauen in den Gräben, an unserer wirtschaftlichen Widerstandskraft fraß jeder Monat, in dem man immer noch 98 d. D. im Osten beließ, während 147 den scharfen Schwertstreichen im Westen den zerbeulten Schild Germanias über der vielfach klaffenden Brünne entgegenstreckten.
Auch erwies sich eine unberücksichtigte Beule nachher als Krebsgeschwür: Saloniki. Auch hier handelte das Schicksal als Alliierter der Entente, machte ein sinnloses Abenteuer zu einem Lotterietreffer. Dortige immer neue Ansammlung von Franzosen und Briten erinnerte an Wellingtons Strandfestung Torres Vedras mit ähnlichen lokalen Mängeln, doch zermürbte Bulgariens Kräfte. Bei Saloniki 79 000 Franz. 43 500 Engl. 10 600 Serben. 5 schwache deutsche D. kamen zu spät, als 2. 3. Bulg. D. unter verräterischer Bestechung einfach wegliefen. – In Rumänien angeblich 41% Österr. 38 D. 13 Bulg. 8 Türk. Ebenfalls blieben 10 d. D. dort, 5 in Ukraine, 7 in Oberost. (Hertling »1 Jahr i. d. R. Kanzlei« und »Amtliche Urkunden«.) Mit Rumäniens Opferung schnitt sich freilich die Entente selbst in die Finger, dies band Österreich und Bulgarien wieder fester, die sonst gern auf eigene Faust Frieden gemacht hätten. Besitznahme des reichen Landes erlaubte wirtschaftliches Weiterfristen. Als dann der Freimaurersendling Kerensky den Gambetta spielen wollte, legte ihm der Bolschewismus das Handwerk, denn Rußland war längst zu Tode getroffen. Wenn dann die Geschichte des Weltkriegs jäh abbricht und der Patriot sein Haupt verhüllt, so müßten die Deutschen schön dumm sein, fortan auf ihr bestes Rüstzeug im Völkerkampf ums Dasein zu verzichten. Nur ihr angeborenes Kriegertum kann ihre große Nation gegen neidische Mißgunst lateinischer und slawischer Imperiumanwärter schützen, denen ein Deutsches Reich ewig ein Dorn im Auge.
Als der Goldkelch des Großkapitalismus in wilhelminischem Feudalismus überfloß und ein byzanthinischer Karneval Cancan tanzte, rief laut Zedlitz der Herrliche: »Wer ist denn dieser Richard Wagner? Ein ganz gemeiner Kapellmeister!« Das ist ein Kaiserwort, daran darf man nicht drehen und deuteln. Damals blühten bürgerliche Konzessionsschulzen bei »feinen« Regimentern als seltene Veilchen im Verborgenen, während bei St. Privat noch bürgerliche Gardeoffiziere fochten. Nun schlug sich die prätorianisch erzogene Garde im Weltkrieg wirklich wie Triarier, sogar ihre Kavallerie, von der man sich schnöder Versumpfung versah. Doch taten L. W. und L. St. etwa Minderes? Der Kampf des vermischten Heldenhäufleins von Schlesiern, Westpreußen, Holsteinern, Westfalen, Württembergern, Bayern am Niaslow gehört zum Denkwürdigsten des Weltkrieges und sollte dem deutschen Volk nie aus der Erinnerung schwinden, wenn seine moralische Verseuchung gesundem Empfinden Platz macht. Man wird Psychologen und wahren Philosophen nicht weismachen, daß solcher Mannesmut nicht seelische Werte auslöst und jeder Pazifistenschmok mit einem Federstrich mauschelnder Phrasen die Fahnentreue bis zum Tode bei schlichten Wehrmännern wegwischen darf.