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Es ist hohe Zeit, daß wir uns nach dem Helden dieser Geschichte umsehen, den wir vor zehn Jahren aus den Augen verloren haben, und von dem wir bis jetzt weiter nichts wissen, als daß er aus Amerika zurückgekehrt und über eine Gartenmauer gesprungen ist, um seiner schönen Cousine zu Füßen zu sinken.
Wir finden Hugo in Streit's Hôtel in Hamburg, wo er in der Bel-Etage ein höchst elegantes Logis bezogen hat. Er ist am Morgen des Tages, an welchem wir den Faden unserer Erzählung wieder aufgenommen haben, seiner Gewohnheit gemäß sehr früh aufgestanden und geht, nachdem er sein Frühstück eingenommen, mit hastigen Schritten im Zimmer auf und ab. Unterbricht er je zuweilen diese Morgenpromenade, so geschieht es, um einen Blick durchs Fenster zu werfen, oder die Zeitung zur Hand zu nehmen, die auf seinem Tische liegt. Aber er thut das mit sichtbarer Zerstreuung, und man merkt wohl, daß weder das rege Treiben auf der Straße, noch die neuesten politischen Nachrichten seine Aufmerksamkeit zu fesseln im Stande sind.
Louise hat ihrer Schwester nicht zu viel gesagt, indem sie Hugo als einen schönen Mann schilderte. Er ist groß und von athletischem Bau, jede seiner leichten, elastischen Bewegungen zeugt von Gewandtheit und einer außerordentlichen Körperkraft. Er hat sehr dunkles Haar und trägt einen krausen schwarzen Bart. In seinen schön geformten Zügen spricht sich die seinem Charakter eigene Zuversichtlichkeit, Kühnheit und Entschlossenheit aus; aber dieser Ausdruck wird von einem Zug von Gutmüthigkeit und Offenheit gemildert, der auf den ersten Blick für ihn einnimmt. Er ist ein Mann, dem man in allen Lagen des Lebens unbedingtes Vertrauen schenken würde, aber man fühlt auch, daß er zu fürchten ist, wenn sein Zorn erwacht. Er kennt keine Furcht, bietet muthig jeder Gefahr die Stirn, tritt überall gebieterisch auf und weiß sich überall durch seine hervorragenden, echt männlichen Eigenschaften Geltung und Ansehen zu verschaffen. Oft leuchtet aber auch aus seinem Auge das Feuer einer edlen Begeisterung, und man erräth dann, daß sein Herz für die sanftesten Regungen empfänglich ist, daß der Götterfunke der Poesie in seine Seele gedrungen, daß er alles Schöne und Erhabene mit leidenschaftlicher Liebe umfaßt.
An dem heutigen Morgen verschönert die Freude seine ohnehin einnehmenden Züge. Die Träume seiner Kindheit scheinen sich verwirklichen zu wollen. Er ist in seine Heimath zurückgekehrt, wie es ihm vor seiner Abreise seine jugendliche Phantasie kaum herrlicher hatte ausmalen können, frei, unabhängig, gesund und kräftig an Geist und Körper, Herr eines ungeheuren Vermögens. Sein heißer Wunsch, dereinst seinen Pflegeeltern zehnfach vergelten zu können, was sie an ihm gethan, kann jetzt in Erfüllung gehen. Schon seit Jahren hatte er in Amerika Kunde davon erhalten, wie ihr Reichthum dahin, ihre Umstände gedrückt seien; nun will er all ihrem Kummer ein Ende machen, ihnen alle Genüsse wieder verschaffen, an die sie ein üppiges Leben gewöhnt hat. Und Louise, die Gespielin seiner Kindheit, die Seele aller seiner Gedanken bei Tage, seiner Träume bei Nacht, das Ideal, das in seinem Herzen wohnte und ihn treu begleitete durch alle Zonen der Welt, er hat sie gesehen, geschmückt mit allen Reizen der Jugend und Schönheit, mit allen Gaben eines reichen Gemüthes und eines reinen Herzens und ausgestattet mit allen Vorzügen einer hohen Bildung. Und sie hat ihn so herzlich, ja liebevoll empfangen, als habe die lange Trennung die Erinnerung an ihn nicht geschwächt, als habe sie vielmehr das Band, das sich so früh um ihre Herzen schlang, noch fester geknüpft. War er nicht der Glücklichste der Menschen? Standen ihm nicht die schönsten Freuden offen, die das Leben bieten kann?
So dachte er und mußte sich Gewalt anthun, um seinem Entzücken nicht durch lautes Aufjubeln Luft zu machen.
Da wurde an die Thür gepocht, und auf sein: »Herein!« trat ein Mann ins Zimmer, von dem wir dem Leser eine flüchtige Skizze entwerfen müssen.
Der Bootsmann Jacob – seinen Familiennamen haben wir nie erfahren – war ein Matrose von echtem Schrot und Korn, ein kräftiger, stämmiger Mann nahe an fünfzig Jahren. Aus den derben, breiten Zügen seines wettergebräunten, von einem starken Bart umwallten Gesichts, sprach die Ehrlichkeit, Biederkeit, unverwüstlich gute Laune und die Zugabe von Mutterwitz, welche die Seeleute zu charakterisiren pflegen. Zwischen Jacob und seinem Herrn hatte sich ein eigenthümliches Verhältniß gebildet. Er diente als Matrose auf der »Anna Maria,« auf welcher Hugo die Reise nach Rio de Janeiro machte, und schloß sich damals dem Knaben mit einer Liebe und Zärtlichkeit an, die ihn, als Hugo seinen Entschluß kund gab, in Brasilien zu bleiben, bewog, seinen bisherigen Rheder den Dienst zu kündigen und im Hafen von Rio, wo er mit allen Verhältnissen genau bekannt war, Erwerb und Unterkommen zu suchen. Von Rio war er seinem jungen Herrn, denn als solchen betrachtete er den Knaben, überall hin gefolgt, und als Hugo nun später selbst ein Schiff zu führen bekam, verstand es sich von selbst, daß Jacob auf demselben Dienste nahm. Als Bootsmann hatte er die letzte Reise von New-York nach Hamburg mitgemacht, war mit seinem Herrn von Bord gegangen und bekleidete jetzt bei ihm eine Stelle, die näher zu bezeichnen einige Schwierigkeit hat. Er war nicht gerade sein Freund und Vertrauter, wenigstens nicht im gewöhnlichen Sinne des Wortes, aber noch viel weniger sein Diener, und dennoch schloß seine Stellung das Alles in sich. Er zeigte seinem Herrn oder Capitain, wie er ihn gewöhnlich nannte, den an Bord herrschenden blinden Gehorsam und würde es als Hochverrath betrachtet haben, sich gegen dessen Befehle aufzulehnen; aber er hätte sich für beschimpft gehalten, wenn ihm Hugo zugemuthet hätte, ein Paar Stiefel zu wichsen, oder einen Rock auszubürsten. Er mischte sich mit der Geradheit eines alten Seemanns, der seinen Werth kennt, und der Zuversichtlichkeit eines erprobten Freundes in alle Angelegenheiten seines Capitains, und unterließ es nie, diesem in allen vorkommenden Fällen seine Rathschläge zu ertheilen; aber er fand es auch ganz in der Ordnung, wenn ihn dieser mit einem kurzen: »Halt's Maul, Jacob« abfertigte.
Hugo erwiederte die Liebe und Anhänglichkeit seines Bootsmannes mit gleicher Wärme, und behandelte ihn mehr als einen alten treuen Freund, denn als Untergebenen. Sie betrachteten sich als durch die Fügung des Schicksals aneinander gebunden und nie dachte einer von ihnen an die Möglichkeit, daß sie sich je im Leben von einander trennen könnten. Man sieht, daß das Verhältniß des ehrlichen Jacob zu Hugo zwar viel von dem an sich hatte, welches auch andere Menschenkinder aneinander knüpft und mit dem Namen Freundschaft bezeichnet wird, aber auch stark an das eines Pudels zu seinem Herrn erinnerte.
Jacob machte, als er ins Zimmer trat, eine seemännische Reverenz, das heißt, er nickte mit dem Kopf und kratzte mit dem rechten Fuß hinten aus. Dann brachte er seinen gewöhnlichen Morgengruß an, indem er mit einer tiefen Baßstimme fragte:
»Gut geschlafen, Capitain?«
»O, vortrefflich, Bootsmann,« entgegnete Hugo, »und Du?«
»Ich hab' 'ne verdammte Koje, Capitain, ich glaub', es sind falsche Inhölzer drin; denn der alte Kasten knarrte immer, daß ich alle Augenblicke glaubte, er müsse 'nen höllischen Leck bekommen. Und dann ist er auch zu kurz; ich muß entweder die Füße oder den Kopf eine halbe Kabellänge herausstrecken, wenn ich gerade liegen will.«
»Laß Dir ein besseres Bett geben, Alter!«
»Ja, sehen Sie, Capitain, ich hab's dem Stewart – Schiffsjungen – na, Kellner mein' ich, schon gesagt; aber der Maulaffe behauptete, ich könnte mich schon so behelfen.«
»Ich will ihm befehlen, Dir ein gutes Bett zu besorgen. Sei heute nicht mürrisch, alter Zottelbär, sieh mich an, ich bin so froh, wie ich es noch nie im Leben gewesen bin. Wenn ich an meine gestrige Unterredung mit meiner Cousine denke, so weiß ich mich vor Freude kaum zu fassen. Wie liebevoll mich das Mädchen empfing!«
»Sie wären noch liebevoller von ihr empfangen worden,« entgegnete Jacob, »wenn Sie ihr gesagt hätten, daß der Dreimaster, den Sie befehligen, mitsammt der kostbaren Ladung Ihnen gehört, und daß Sie drüben in New-York 800,000 Dollar in der Bank stehen haben.«
»Dann würde ich aber nicht gewußt haben, wem ihr freudiger Empfang gelte, mir oder meinem Reichthum.«
»Das würde mir an Ihrer Stelle verdammt gleichgültig sein,« versetzte Jacob, »Liebe ist Liebe, mag sie kommen, woher sie will; das ist meine Meinung von der Sache.«
»Aber nicht die meinige, Freund Jacob. Ich bin sehr froh, bei dieser Gelegenheit Deine weisen Rathschläge nicht befolgt zu haben. Morgen werde ich sie wiedersehen und, gieb Acht, sie wird mir, dem armen zweiten Steuermann, ihr Jawort geben.«
»Es sollte mich freuen, Capitain, aber ich glaub's nicht.«
»Was glaubst Du denn, Unglücksvogel?«
»Nun sehen Sie, Capitain,« entgegnete Jacob, indem er seinen blanken breitkrämpigen Seemannshut mit dem Aermel polirte, »wenn Sie mir's nicht übel nehmen, so will ich Ihnen meine einfältige Meinung darüber sagen. Gestern war Fräulein Louise überrascht, Sie wieder zu sehen, und da ist sie denn in der ersten Freude so zu sagen mit vollen Segeln wie eine Avisjacht vor einer Sechsknotenbrise gelaufen, aber – ja, Sie dürfen nur nicht böse werden, Capitain – nun hat sie Zeit gehabt, sich die Sache besser zu überlegen, und sie hat die Segel gerefft, glauben Sie mir, sie hat gerefft. Sehen Sie, ich kann mir ganz deutlich vorstellen, wie sie über das Ding gedacht hat.«
»Laß hören, Jacob, wie hat sie gedacht?«
»Sie hat gedacht, Hugo – entschuldigen Sie, Capitain, aber wenn ich mich in des Fräuleins Gedanken hineinversetzen soll, so muß ich mich auch in ihrer Manier ausdrücken.«
»Genire Dich nicht, alter Bursche.«
»Der Hugo, hat sie gedacht,« fuhr Jacob fort und rieb mit noch größerem Eifer seinen Hut, »der Hugo ist ein verdammt stolzer Segler und so sauber aufgetakelt, wie eine englische Korvette; aber er hat keinen Proviant an Bord und ich auch nicht, und da könnten wir denn Schmalhans zum Kochsmaat haben, wenn ich mich von ihm ins Schlepptau nehmen ließe. Sehen Sie, das ist das Kurze und das Lange von der Sache. Hätten Sie dagegen meinen Rath befolgt – –«
»Laß es gut sein, mein ehrlicher Jacob,« unterbrach ihn Hugo und klopfte den Bootsmann auf die Schulter, » Du hast Louisens vermeintliche Gedanken vortrefflich wiedergegeben; ich danke Dir für Deine wohlgemeinten Rathschläge, kann sie aber leider nicht brauchen. Und nun, von etwas Anderem zu reden, hättest Du nicht Lust, Dir heute einmal einen recht vergnügten Abend zu machen?«
»Ei, wenn es darauf ankommt, so'n kleiner Heidideldum wäre so übel nicht.«
»Gut, denke Dir etwas aus; Dein Vorschlag ist im Voraus angenommen.«
»Wissen Sie was, Capitain?« sagte Jacob nach kurzem Bedenken und verzog seinen breiten Mund zu einem Lächeln, »ich könnte wohl Lust haben, mal ins Theater zu gehen.«
»In's Theater? Das ist ja bei Dir etwas Außerordentliches.«
»Hol's der Henker,« erwiederte Jacob und machte eine Bewegung, als habe ihn Jemand gekitzelt, »ich war noch nie drin, und es soll da, wie ich höre, sakerlotsch lustig hergehen.«
»Also, es bleibt dabei, wir gehen in's Theater. Welches ziehst Du vor, das Stadttheater oder die Thalia?«
»Ich möchte am Liebsten in's Olysium-Theater gehen, da draußen auf dem Hamburger Berg.«
»In's Elysium? Nun, meinetwegen; was wird denn heute dort gegeben?«
»Ich weiß es nicht, Capitain; aber als ich da gestern zufällig vorbeikreuzte, sah ich draußen vor dem Theater so'nen Komödianten stehen, verteufelt kurios ausstaffirt, in voller Rüstung, mit Helm und Schild, gerade wie man sie in 'ner Rüstkammer sehen kann, aber so blank und glänzend, wie 'ne Schiffskanone; und der rappelte den Leuten her, was das Stück enthalte. Es kämen, sagte er, unterschiedliche Mordthaten und Höllenfahrten drin vor mit bengalischem Feuer und dann auch 'ne Schlacht und so was; das Ganze sei verdammt lustig, sagte er, und koste nur 4 Schilling.«
»Gut, Jacob, Du sollst in's Elysium gehen, und die anderen Leute auf dem ›Albatros‹ sollen auch mit, alle, die dienstfrei sind. Und höre, Jacob, Du hast wohl auch alte Bekannte getroffen unter den Seeleuten im Hafen?«
»Nu, versteht sich, Capitain,« sagte Jacob schmunzelnd und zupfte seine Hosen in die Höhe, »Martin Grot ist wieder da und Krischan Meier und Peter Müller und der einäugige Jonas und der kleine dicke Benjamin, den sie immer das Spanferkel nannten, und Samuel Fischer, den sie den Spielmann nannten, weil sein Vater einmal bei einem Violinspieler gewohnt hat, und – –«
»Schon gut, lade sie Alle ein und sag' den andern Leuten, daß auch sie alle ihre Bekannten einladen sollen, versteht sich, nur Matrosen; und wenn Du so viele beisammen hast, als Du auftreiben kannst, so gieb mir Meldung.«
»Soll geschehen, Capitain,« sagte Jacob und krümmte sich vor Lachen, als ob er wieder recht tüchtig gekitzelt würde. Er machte dann seinen Kratzfuß und ging der Thür zu; aber er kehrte wieder um, sah seinen Herrn mit einer unbeschreiblich drolligen Miene an und fragte: »Sollten 20 Mann es wohl thun, Capitain?«
»Meinetwegen 40, 80; je mehr, desto besser.«
»Sehr wohl, Capitain, das wird 'nen merkwürdig schönen Jux geben.«
Jacob geht, um die Einladung zu dem merkwürdig schönen Jux zu besorgen, und Hugo setzt seine Morgenpromenade fort und baut, während er vom Ofen bis zum Fenster und vom Fenster wieder zurück bis zum Ofen geht, die prächtigsten Luftschlösser. Es ist etwas Schönes um das Luftschlösserbauen, und man soll Niemand in dieser Beschäftigung stören; wir lassen daher unsern Hugo allein und benutzen die Zeit, diejenigen Leser, die noch nie in Hamburg waren, mit einer von den Curiositäten der alten Hansestadt, dem Elysium-Theater, bekannt zu machen. Wir erfüllen dadurch zugleich eine Pflicht gegen uns selbst; denn ohne einige erläuternde Bemerkungen würden wir in der Folge leicht den Verdacht auf uns laden, als machten wir uns einer argen Uebertreibung schuldig, was doch keineswegs der Fall ist.
Das Elysium-Theater befindet sich in der Vorstadt St. Pauli auf dem früher und mitunter noch, jetzt sogenannten Hamburger Berg, der aber kein Berg, sondern eine Ebene ist, wie sie gar nicht flacher gedacht werden kann. Das Theater ist zwar klein, aber es sieht von außen ganz nett und einladend aus, und wer es nie besucht hat, macht sich schwerlich eine Idee von der eigenthümlichen Art und Weise, in welcher dieser Thespiskarren gelenkt wird.
Wenn man sich dem Elysium kurz vor dem Beginn einer Vorstellung nähert – die erste ist, wenn wir nicht irren, um 4 Uhr Nachmittags, die zweite und dritte um je eine bis zwei Stunden später – so wird man in dem hier immer stattfindenden Gedränge leicht eine sonderbar herausgeputzte, lange, hagere Gestalt gewahr, die sich durch ein auffallendes Gebaren bemerkbar zu machen sucht. Bald ist es ein General in glänzender Uniform, mit großen Epaulettes, goldenen Schnüren und Orden geschmückt, bald ein Ritter in voller Rüstung, dann wieder ein indianischer Krieger mit einem gewaltigen Federbusch auf dem Kopf, oder ein Mephistopheles mit rothem Mantel und der Hahnenfeder auf dem Barett, oder es ist ein Räuber in dem Phantasiecostüm – nicht etwa eines Räubers, nein des Herrn Directors! denn dieser ist es, der sich hier der erstaunten und schaulustigen Menge präsentirt und mit lauter Stimme und unvergleichlicher Zungengeläufigkeit das Stück dadurch zu empfehlen sucht, daß er einige Hauptmomente des Inhalts in gedrängter, aber drastisch wirksamer Weise hervorhebt. Da heißt es z. B. »Wir haben heute die Ehre einem hochgeneigten Publikum vorzuführen: der Ritter mit der ehernen Lanze oder der dreifache Brudermord aus Eifersucht, große Ritter- und Räubertragödie in fünf Aufzügen. Erster Platz 4 Schilling, zweiter Platz 2 Schilling, Kinder unter zehn Jahren zahlen die Hälfte. Treten Sie gefälligst näher, meine Herren und Damen, das Stück wird sogleich beginnen; es spielt im Schwarzwalde, theils auf der Burg Falkenhorst, theils in der Drachenhöhle – bitte, mein Fräulein, nehmen Sie bei Zeiten ein Billet! —– die Mordscene in der Felsenschlucht ist von schauerlicher Wirkung – Du Kleiner da, mache doch dem Herrn Platz – die Erstürmung des Nonnenklosters in finsterer Mitternacht, die Entführung der Nonnen – ach, Sie da meine Herren, gönnen Sie uns die Ehre Ihres Besuchs – so wie auch die Geistererscheinung, das Alles ist höchst ergreifend – Madame nehmen Sie gern Ihren kleinen Hund mit – im vierten Act kämpft der Ritter von Falkenhorst den Verzweiflungs-Kampf für Leben und Freiheit – seht Euch vor, Ihr Jungen, Ihr zerdrückt ja das Kind – im fünften Act geht die Burg Falkenhorst in Flammen auf – Alles mit bengalischem Feuer höchst kunstvoll und täuschend dargestellt – nehmen Sie gefälligst Billette, meine Herren und Damen, Sie werden es nicht bereuen – erster Platz 4 Schilling, zweiter Platz 2 Schilling, Kinder unter zehn Jahren zahlen die Hälfte!«
Während der Ritter mit der ehernen Lanze – der Director spielt nämlich jedesmal die Titelrolle – diesen Vortrag zu verschiedenen Malen mit großem Pathos wiederholt, füllt sich allmählig der Zuschauerraum. Er ist sehr klein und faßt im Ganzen vielleicht dreihundert Personen, enthält aber nur etwa halb so viele Sitzplätze, und zwar auf Bänken ohne Rücklehne. Die Herren und Damen, die der Director so freundlich eingeladen hat, sind Tagelöhner, Gesellen und Lehrburschen, Fischweiber und Gemüsehändlerinnen, Matrosen, Bauern und Straßenjungen. Diese braven Leute, die, mit wenigen Ausnahmen, noch nie ein Theater besuchten, haben die abenteuerlichsten Ideen von der dramatischen Kunst. So haben sie z. B. keine Ahnung davon, daß das Stück etwas den Schauspielern Vorgeschriebenes ist, sie sind vielmehr der Meinung, daß die Handlung keine erdichtete, sondern eine wirkliche ist; ebensowenig haben sie begriffen, daß sie sich nur als Zuschauer hier befinden, sie halten sich vielmehr für vollkommen berechtigt, selbst handelnd mit einzugreifen. Darum legen sie denn auch ihre Empfindungen offen an den Tag, nehmen für den Helden Partei, beschützen die verfolgte Unschuld, ereifern sich über die Schändlichkeit des erkauften Verräthers, zeigen sich bisweilen mit dem Gange und der Entwicklung der Handlung durchaus nicht einverstanden und verlangen nicht selten eine andere Lösung des Knotens. Oft geschieht es, daß der Held des Stückes nach dessen Schluß von seinen Bewunderern im Büffet tractirt wird, während der Intriguant in steter Gefahr schwebt, seine Bosheit durch eine energische Abprügelung zu büßen.
Es ist in der That nicht uninteressant, einer Vorstellung im Elysium beizuwohnen. Man bekommt dort Dinge zu sehen und zu hören, die man, so viel wir wissen, in keiner andern deutschen Stadt zu sehen und zu hören Gelegenheit hat, und die Fremden, die Hamburg zum erstenmal besuchen, verwenden daher auch gern eine Stunde auf diese ihnen ganz neue Unterhaltung.
Jacob hatte im Laufe des Vormittags seinem Herrn mit einer Miene, die deutlich zu erkennen gab, daß er mit sich selbst zufrieden sei, die Meldung gebracht, daß er 65 Matrosen beisammen habe, so flotte Burschen, versicherte er, wie je solche eine Schiffsplanke betreten, und Hugo hatte ihm die Weisung ertheilt, bei Zeiten die nöthigen 66 Billette zum ersten Platz zu kaufen und vor Beginn der Vorstellung seine Gäste gebührend zu bewirthen und vor Allem den Punsch nicht zu sparen, wobei er ihm jedoch zugleich empfahl, des Guten nicht zu viel zu thun, damit keiner über die Schnur haue.
Es ist jetzt gegen 4 Uhr Nachmittags, und der Director verkündet so eben in der oben bezeichneten Weise die Aufführung von Schiller's Räubern. In 17 Droschken erscheinen unsre 66 Matrosen. Sie steigen vor dem Theater aus, hören mit großer Befriedigung die Explication des Carl Moor und betreten den Musentempel. Im Büffet, wo zugleich die Kasse ist, an welcher der alte Moor und Amalia Billette verkaufen, werden sie von Jacob mit Grog, Branntwein und Punsch reichlich bewirthet, worauf sie sehr geräuschvoll ihre Plätze einnehmen. Das Orchester – das heißt ein junger Mensch vor einem in der Ecke links von der Bühne stehenden Fortepiano – hat das Präludium beendigt, und beginnt ein Potpourri aus der weißen Dame zu bearbeiten. Aber Boieldieu hat offenbar an das Elysium nicht gedacht, als er seine Oper schrieb, sie paßt nicht für die seemännischen Ohren unsrer Freunde, und bald hört man eine tiefe Baßstimme brummen:
»Sie da an dem großen Klimperkasten, spielen Sie was Ordentliches.«
»Ja, was Lustiges,« ruft ein Andrer, »ne Polka.«
»Wir wollen: Lott' ist todt, Lott' ist todt, Gretchen liegt im Sterben.«
»Nichts von Sterben, denn doch lieber: So leben wir, so leben wir, so leben wir alle Tage.«
»Ne, eine Polka, aber die: Ach ich bin so müde, ach ich bin so matt, möchte gleich zu Bette gehen – na, Sie kennen Sie ja.«
»Ja, die wollen wir!« erschallt es voll allen Seiten.
Der junge Virtuose fügt sich dem Wunsche des Publikums und spielt die Schlummerpolka. In dieser Hinsicht zufriedengestellt, fangen die Matrosen an, ihre Aufmerksamkeit andern Dingen zuzuwenden.
»Du, Jonas,« hört man einen rufen, »was bedeutet das große bemalte Bramsegel da vorn?«
»Nu, das ist doch der Vorhang,« lautet die Antwort, »dahinter wird ja das Stück gespielt.«
»Dann sieht man ja nichts.«
»Gieb Dich zufrieden, Peter, das Bramsegel wird in die Höhe gehißt.«
»Ja so.«
»He Du, Jacob, wie viele Mohren bekommen wir denn eigentlich zu sehen?« ruft ein Andrer.
»Drei Stück, Tobias, einen alten und zwei junge.«
Peter und Tobias beruhigen sich, und der Vorhang wird aufgezogen. Die im Theater stark vertretene Jugend läßt ein freudiges »Ah!« erschallen. Die erste Scene beginnt; aber kaum hat das Publikum begriffen, daß die beiden handelnden Personen der alte und der junge Moor sind, als man eine Stimme rufen hört:
»Was, das wollen Mohren sein? die sind ja ganz weiß.«
»Es sind weißgewaschene, Tobias,« entgegnet ein Anderer.
»Aber ich will keine weißgewaschenen; ich will wirkliche, schwarze Mohren. Jacob hat doch gesagt, es wären hier Mohren zu sehen.«
Die Schauspieler lassen sich nicht irre machen; sie spielen weiter, und bald offenbart sich die schändliche Denkungsart des Franz Moor; ein bittrer Groll gegen ihn fängt an, sich im Publikum zu regen.
»Das ist in netter Junge, der Franz.«
»Ein allerliebster Bengel.«
»Den möcht ich mal nach Herzenslust durchwackeln.«
»Hätten wir ihn an Bord, Krischan, wie wollten wir dem höllenbrandigen jungen Haifisch zusetzen – he?«
»Ja, wir wollten ihm den Buckel schmieren.«
»Aber die Mohren,« ruft Tobias, »wo bleiben die Mohren?«
In der zweiten Scene erhält Carl Moor die Antwort seines Vaters.
»Dieser Brief,« ruft er, »freut euch mit mir! Ich bin der Glücklichste unter der Sonne!«
»Ja, prosit die Mahlzeit, Du wirst Dich schön wundern,« antwortet ihm eine Stimme vom Zuschauerplatz.
»Aber das ist ja eben das Lustige dabei,« läßt sich ein Anderer vernehmen; es ist der kleine Benjamin mit dem Spitznamen: das Spanferkel.
»Ach, was es doch für böse Menschen giebt,« meint eine dicke Gemüsehändlerin und trocknet sich mit der Schürze die Augen.
»Werden nun endlich mal die Mohren kommen?« ruft Tobias, wieder in sein altes Lied fallend.
»Lies das Geschmier nicht,« warnt ein alter Steuermann.
Carl Moor aber läßt diesen wohlgemeinten Rath unbeachtet, liest den Brief, läßt ihn fallen und rennt hinaus. Roller nimmt den Brief von der Erde und liest ihn laut. Die Stimmen im Publikum lassen sich wieder vernehmen.
»Na, was hab' ich gesagt?«
»Das ist 'n verdammt guter Spaß, bravo!« ruft Benjamin.
»Schweig', Spanferkel,« sagt der alte Steuermann, »wie kannst Du so 'ne hundsfött'sche Niederträchtigkeit 'nen guten Spaß nennen?«
»Na, das muß ich schon sagen,« schluchzt die Gemüsehändlerin, »es giebt doch schrecklich böse Menschen.«
»Die Mohren, die Mohren sollen kommen,« brüllt Tobias. Carl Moor kommt zurück, empfängt den Eid seiner Genossen, und die Räuber verlassen die Bühne.
»Das nenn' ich wackre Burschen,« ruft der Steuermann, »Hurrah für die Räuber!«
»Es wird immer lustiger,« meint Benjamin.
»Aber wo zum Henker bleiben die Mohren,« schreit Tobias, »Jacob hat gesagt, hier wären drei Mohren zu sehen.«
Im zweiten Act steigt das Interesse für die Handlung immer mehr. Hermann, von Franz dazu angestiftet, bringt dem alten Moor die Nachricht von dem Tode Carl's. Man ist empört über diese Lüge; die Gemüsehändlerin und ein paar Bäuerinnen weinen bitterlich und klagen in einem fort über die Schlechtigkeit der Menschen, der alte Steuermann schwört, dem Halunken, dem Hermann einen Tritt zu versetzen, daß er acht Tage lang in der Luft herumfliegen solle, und unser Freund Jacob ist der unmaßgeblichen Meinung, daß etwas weniges Kielholen ihm nicht schaden könnte; nur der kleine Benjamin versichert, nie einen köstlicheren Spaß erlebt zu haben, und weiß sich vor Freude nicht zu fassen.
»Das Spanferkel soll das ewige Grunzen lassen,« heißt es aber.
»Ja, setzt ihn an die frische Luft, wenn er immerfort lachen will.«
Benjamin muß sich sein blau und roth carrirtes Schnupftuch in den Mund stopfen, damit sein Lachen, das er nicht unterdrücken kann, nicht gehört werde.
»Mein Fluch ihn gejagt in den Tod! gefallen in Verzweiflung!« klagt der alte Moor; das Publikum sucht ihn zu trösten.
»Aber es ist ja kein wahres Wort an der ganzen Geschichte.«
»Ihr Sohn war vor fünf Minuten hier, alter Kauz.«
»Ach, den armen alten Mann so schändlich zu belügen,« jammert die Gemüsehändlerin.
»Kommen denn die Mohren noch immer nicht?« läßt sich Tobias wieder vernehmen.
»So schweig doch endlich mit Deinen Mohren, Dummkopf!« entgegnet ihm ein Anderer. »Kannst Du das Ding denn gar nicht spitz kriegen? Die Leute heißen Moor, aber sie sind keine Mohren!«
»Aber Jacob hat gesagt – – –«
»Halt's Maul, Esel!«
Diese kleine Zwischenscene erregt allgemeine Heiterkeit, nur Tobias ist ungehalten und versichert brummend, er wäre gar nicht hergegangen, wenn ihm Jacob nicht weiß gemacht hätte, daß er hier Mohren zu sehen bekommen würde.
In dieser Weise geht es nun fort; die Stimmen der Schauspieler, so kräftig sie auch sind, werden häufig von dem Lärm im Zuschauerraum übertönt. Doch man ist daran gewöhnt und spielt, so gut es gehen will, das Stück weiter. Inzwischen haben sich noch einige Zuschauer eingefunden. Es sind ein paar Herren aus der gebildeten Klasse; sie bleiben dicht neben der Eingangsthür stehen, um sich den Rückzug offen zu halten. Auch Hugo befindet sich hier.
»Haben Sie je die Räuber in dieser Weise aufführen sehen, Reichardt?« fragte der eine seinen Nachbar.
»Es ist einzig in seiner Art,« lautete die Antwort.
»Es ist haarsträubend,« sagte ein Dritter, »wir hätten uns nicht von Dir überreden lassen sollen, herzugehen.«
»Der Mensch versuche die Götter nicht,
Und verlange nimmer und nimmer zu schauen,
Was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen!«
»Hier würden Sie die Pfeile Ihrer Kritik vergeblich verschießen, lieber Reichardt,« meinte der Erste.
»Sagen Sie lieber, mein bester Müller, diesen Augiasstall zu reinigen würde selbst ein Herkules vergeblich versuchen.«
»Das Publikum gefällt mir weit besser, als die Schauspieler.«
»Ich denke, wir haben genug von der Sorte, lassen Sie uns gehen, meine Herren.«
»Haben Sie denn so große Eile? Ich möchte doch sehen, wie die Geschichte abläuft.«
»Es wird eine Balgerei geben, wie es schon oft vorgekommen ist.«
»Ich kann in der That nicht länger hier bleiben; ich habe dem Doctor Schönfeld versprochen, drüben im Kaffeehause mit ihm zusammen zu kommen.«
»Vergessen Sie nicht unsere Verabredung, diesen Abend bei Wilkens zu soupiren.«
»Gewiß nicht, es ist eine Geschäftssache, die ich mit Schönfeld zu besprechen habe; in fünf Minuten aber ist sie ins Reine gebracht.«
»Apropos, ist der Doctor Schönfeld verheirathet? Man wollte es gestern Abend im Club behaupten.«
»Verheirathet? Daß ich nicht wüßte.«
»Nun wenn Sie es nicht wissen – – –«
»O, ich hab' mich nie um seine Privatangelegenheiten bekümmert; er kann längst Ehemann sein, obgleich ich nichts davon gehört habe. Mit wem soll er denn verheirathet sein?«
»Mit wem? Nun, mit Fräulein Lüders.«
Hugo, der nicht umhin konnte, jedes Wort zu hören, welches die Herren mit einander wechselten, aber ihrer Unterhaltung bis jetzt keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hatte, horchte bei dem Namen Lüders auf.
»Und wer ist Fräulein Lüders?« fragte Reinhardt.
»Ei, die Tochter des vormals reichen Kaufmanns Lüders, der vor einigen Jahren Bankerott machte.«
»Er hat, so viel ich weiß, zwei Töchter.«
»Ich rede von der jüngsten; sie soll sehr hübsch und, wie die böse Welt sagt, ein wenig coquett sein.«
»Sie hat kein Geld, und wie ich den Doctor Schönfeld kenne – –«
»Ja, lieber Freund, wenn man erst verlobt ist – –«
»Dann kann man noch immer zurücktreten.«
»Dann ist man aber kein Ehrenmann.«
Reinhardt zuckte mit einer vielsagenden Miene die Achseln, seine Freunde lachten, und alle verließen das Theater. Hugo's Gesicht hatte sich verfinstert; auch er ging gleich darauf fort. Du und ich, lieber Leser, könnten uns jetzt gleichfalls aus dem Staube machen, denn das Bild, das Du nunmehr von einer Aufführung im Elysium Dir entworfen hast, möchte Dir mehr als genügend erscheinen. Zudem ist es nicht Jedem rathsam, an dem Schluß einer solchen Theil zu nehmen, indeß darfst Du unter unserer Aegide jede Furcht bei Seite setzen, und wenn Du Dich noch eine Weile gedulden willst, so wollen wir auch die Schlußscene des vierten Acts mit ansehen, in welcher der alte Moor von Carl aus dem Thurm befreit wird.
»Erbarmen einem Elenden! Erbarmen!« bittet der alte Moor.
»Das ist meines Vaters Stimme!« ruft Carl.
Das Publikum ist auf's Höchste entrüstet.
»Was, sein Vater? Hat man je so 'ne Schändlichkeit gesehen!«
»Das hat der Franz gethan; na, ist das 'n gottverfluchter Heide!«
»Zehn tausend Klafter tief sollte man den niederträchtigen Schuft ins Meer versenken!«
Der alte Moor beginnt die Schilderung seiner Leiden, aber der Lärm im Zuschauerraum ist so betäubend, daß er sie nicht vollenden kann.
»Gebt ihm 'n Glas Punsch!«
»Eine Portion Beefsteack!«
»Ja, mit Spiegeleiern, das wird ihm gut thun!«
»Wo ist der Franz? Laßt den Henkersbuben kommen!«
»Der Franz, der Franz soll kommen!« ruft man von allen Seiten; der Lärm wächst von Minute zu Minute.
Es ist unmöglich, das Stück zu Ende zu spielen. Der Director tritt vor und erklärt, Franz Moor werde sogleich erscheinen.
»Freut uns sehr!«
»Wir wollen ihm sagen, was wir von seiner Liebenswürdigkeit halten.«
»Ja, wir wollen ihm zeigen, wo er her ist.«
Man ruft, schreit und tobt wild durcheinander. Die dicke Gemüsehändlerin hat einen Krampfanfall bekommen, die Bäuerinnen schluchzen laut, nur Benjamin verhält sich ganz ruhig. Jacob und der alte Steuermann denken, er würde jetzt wie alle Uebrigen tief ergriffen sein, und drehen sich nach ihm um. Er hat das Schnupftuch nun vollends in den Mund gestopft, aber das gewaltsame Unterdrücken des Lachens hat sein Gesicht blau gefärbt, die Adern auf seiner Stirn sind so dick, wie Peitschenschnüre, die Augen treten fast aus ihren Höhlen. Endlich fliegt ihm das Schnupftuch aus dem Munde, wie der Kork aus einer Bouteille Doppelbier, und er bricht in ein schallendes, nicht enden wollendes Gelächter aus.
»Köstlicher Spaß, verdammt guter Spaß!« gluchzt er in einem fort.
Franz wird jetzt von den Räubern herbeigeschleppt; eine Sündfluth von Schimpfreden und Verwünschungen ergießt sich über ihn. Man droht, die Bühne zu stürmen und an dem Bösewicht ein Exempel zu statuiren. Um dieser Gefahr vorzubeugen, macht der Director dem fünfactigen Stück schon im vierten Act ein Ende. Franz wird in den Thurm geworfen und dieser mit Schloß und Riegel abgesperrt. Ungeheurer Jubel im Publikum.
»So ist's recht!« ruft man.
»Das habt ihr gut gemacht!«
»Nun mag er sehen, wie es thut!«
»Laßt ihn vorläufig drei Wochen hungern, dann tractirt ihn Sonntags mit Schiffszwieback und faulem Wasser!«
»Und an den Werktagen mit einer kräftigen Prügelsuppe!«
Die Zuschauer haben ihre Plätze verlassen, der alte Moor, Carl Moor und die Räuber werden eingeladen, im Büffet eine Erfrischung zu nehmen, und Alles drängt sich nach dem Ausgange.
»Also richtig keine Mohren gesehen,« ruft Tobias, »na wart', das werd' ich dem Jacob heimzahlen.«
Im Büffet aber wurde noch ein lustiges Gelage gehalten, bis endlich Jacob bemerkte, daß seine Gäste die »rechte Höhe« erreicht hatten, und, der Mahnung seines Herrn eingedenk, das Signal gab, die Anker zu lichten.