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Lassen wir es uns gesagt sein: Der jesuitischste Jesuit unter den Jesuiten ist noch tausendmal weniger jesuitisch als die wenigst jesuitische Frau. Urteilen Sie danach, wie jesuitisch die Frauen sind! Sie sind so jesuitisch, daß selbst der feinste Jesuit nicht erraten würde, bis zu welchem Grade eine Frau jesuitisch ist, denn es gibt tausend Arten, jesuitisch zu sein, und die Frau ist so geschickt jesuitisch, daß sie das Talent hat, jesuitisch zu sein, ohne jesuitisch auszusehen. Man überführt selten einen Jesuiten, aber man beweist ihm manchmal, daß er Jesuit ist; versuchen Sie einmal eine Frau davon zu überzeugen, daß sie jesuitisch handelt oder redet? Sie ließe sich eher zerfleischen, als zuzugeben, daß sie Jesuit ist.
Sie und jesuitisch, sie, die Redlichkeit, die Zartheit selbst! Sie und jesuitisch! Aber was bedeutet das: jesuitisch sein? Weiß sie, was das ist, jesuitisch sein? Was die Jesuiten sind? Sie hat nie einen Jesuiten gesehen noch gehört. »Jesuitisch sind Sie!« und sie beweist es Ihnen, indem sie jesuitisch darlegt, daß Sie ein feiner Jesuit sind.
Hier eines der tausend Beispiele von weiblichem Jesuitismus, und dies Beispiel stellt das schrecklichste der kleinen Leiden des Ehelebens dar, es ist vielleicht das größte.
Getrieben von den tausendmal geäußerten, tausendmal wiederholten Wünschen Karolines, die darüber klagt, zu Fuß zu gehen,
oder daß sie nicht oft genug ihren Hut, ihren Sonnenschirm oder ihr Kleid erneuern kann, obwohl es zu ihrer Toilette gehört,
ihr Kind nicht im Matrosenanzug, als Ulan, als Artillerist der Nationalgarde, im schottischen Kostüm, mit nackten Beinen, Federn am Barett, im Jackett, im Überzieher, im Samtkittel, in Stiefeln, in Hosen gehen lassen kann;
daß sie ihm nicht Spielzeug genug kaufen kann, Männchen die ganz von selbst laufen, komplette kleine Hauseinrichtungen usw.; oder Frau Deschars oder Frau von Fischtaminel ihre Höflichkeiten nicht erwidern kann: einen Ball, eine Abendgesellschaft, ein Diner;
oder keine Loge im Theater nehmen kann, statt sich auf der Galerie unvornehm unter allzu galante oder grobe Männer zu setzen; beim Ausgang eines Theaters keinen Fiaker bestellen kann.
»Du glaubst zu sparen, du täuschst dich«, sagt sie zu Ihnen; »die Männer sind immer gleich! Ich verderbe meine Schuhe, ich verderbe meinen Hut, mein Schal wird naß, alles wird zerdrückt, meine Seidenstrümpfe sind mit Kot bespritzt. Du ersparst zwanzig Franken für den Wagen – nicht einmal zwanzig Franken, denn du nimmst für vier Franken einen Fiaker – also sechzehn Franken! und du verlierst fünfzig Franken an der Toilette, dazu leidet deine Eigenliebe, wenn du auf meinem Kopf einen schlappen Hut siehst; du erklärst dir nicht, warum: das sind deine verdammten Fiaker. Ich rede nicht von der Unannehmlichkeit, zwischen Menschen gezerrt und gepreßt zu werden, das scheint dir gleichgültig zu sein!«
Daß sie nicht ein Piano kaufen kann, statt eins zu mieten,
oder der Mode nicht folgen. (Es gibt Frauen, die alle Neuheiten mitmachen, aber zu welchen Preisen? … Sie würde sich lieber zum Fenster hinausstürzen, als sie nachzuahmen, denn sie liebt Sie, sie vergießt Krokodilstränen. Sie versteht solche Frauen nicht!)
Daß sie nicht in den Champs-Elysées spazierenfahren kann, weich in den Wagen zurückgelehnt, wie Frau von Fischtaminel. (Das ist eine, die zu leben versteht und die einen guten und gebildeten und wohlerzogenen und glücklichen Mann hat! Die Frau würde durchs Feuer gehen für ihn! …)
Schließlich sind Sie in tausend ehelichen Szenen geschlagen, besiegt durch das logischste Gerede (der selige Tripier, der selige Merlin sind nur Kinder, das vorangegangene Leiden hat es Ihnen manchmal bewiesen!), überwältigt durch die katzenhaftesten Zärtlichkeiten, durch Tränen, geschlagen durch Ihre eigenen Worte; denn unter solchen Umständen ist eine Frau wie ein Jaguar in die Blätter ihres Hauses geduckt; sie scheint Sie nicht zu hören, Sie nicht zu beachten; aber entschlüpft Ihnen ein Wort, eine Geste, ein Wunsch, ein Versprechen, so bewaffnet sie sich damit, spitzt es zu, hält es Ihnen hundert- und hundertmal entgegen … Sie sind geschlagen durch die anmutigen Affereien: »Tust du dies, so tu ich jenes.« Sie schachern dann mehr als die Juden, als die Griechen (die Parfums und kleine Mädchen verkaufen), als die Araber (die kleine Jungens und Pferde verkaufen), mehr als die Schweizer, die Genfer, die Bankiers und, was schlimmer ist als dies alles, als die Genuesen!
Geschlagen, wie man ist, entschließen Sie sich endlich, einen gewissen Teil Ihres Kapitals in einem Unternehmen zu riskieren.
Eines Abends, in der Dämmerstunde, wenn Sie nebeneinandersitzen, oder eines Morgens beim Aufwachen, während Karoline halb erwacht, rosig in ihrer weißen Wäsche daliegt, das Gesicht lachend in ihren Spitzen, sagen Sie zu ihr: »Du willst dies! Du willst jenes! Du hast mir dies gesagt! Du hast mir jenes gesagt!«
Schließlich zählen Sie in einem Augenblick die unzähligen Phantastereien auf, mit denen sie oft und oft Ihr Herz bedrängt hat, denn es gibt nichts Furchtbareres, als den Wunsch eines geliebten Weibes nicht erfüllen zu können! Und Sie sagen endlich:
»Gut, meine Liebe, es bietet sich eine Gelegenheit, hunderttausend Franken zu verfünffachen, und ich bin entschlossen, dieses Geschäft zu machen.«
Sie erwacht, sie richtet sich auf dem, was man ihre Sitzgelegenheit zu nennen pflegt, auf, sie küßt Sie, oh, ja … schön!
»Du bist lieb«, ist ihr erstes Wort.
Reden wir nicht vom letzten: das ist eine fabelhafte und unsagbare, ziemlich konfuse Klangkombination.
»Jetzt«, sagt sie, »erkläre mir dein Geschäft!«
Und Sie versuchen, das Geschäft zu erklären.
Anfangs verstehen die Frauen kein Geschäft, sie geben sich den Anschein, es nicht zu verstehen; sie verstehen es, wo, wann, wie sie es verstehen sollen, zu ihrer Zeit, zur rechten Zeit, durch ihre Einbildung. Ihr liebes Geschöpf, die entzückte Karoline, sagt, Sie hätten unrecht gehabt, ihre Wünsche, ihre Seufzer, ihre Toilettegelüste ernst zu nehmen. Sie hat Angst vor dem Geschäft, sie schreckt zurück vor Bürgen, Aktien und hauptsächlich vor dem Betriebskapital, die Dividende ist nicht klar …
*
Axiom
Frauen haben immer Angst, wenn etwas geteilt wird.
*
Schließlich fürchtet Karoline die Fallstricke; aber sie ist entzückt davon, zu wissen, daß sie ihren Wagen, ihre Loge, die verschiedensten Kleider für ihr Kind usw. haben kann. Sie rät Ihnen völlig von dem Geschäft ab, doch ist sie sichtlich glücklich zu sehen, daß Sie Ihr Kapital hineinstecken.
»Oh, meine Liebe, ich bin die glücklichste Frau auf Erden, Adolf hat sich soeben auf ein großartiges Geschäft geworfen. – Ich bekomme eine Equipage – oh! eine schönere als die von Frau von Fischtaminel: die ihre ist aus der Mode gekommen; die meine wird Vorhänge mit Fransen haben … – Meine Pferde werden mausgrau sein, die ihren sind Füchse, gewöhnlich wie Sechser.«
»Gnädige Frau, das Geschäft ist also …?«
»Oh, glänzend, die Aktien sollen steigen; er hat es mir erklärt, bevor er sich darauf eingelassen hat: denn – Adolf! – Adolf tut nichts, ohne sich mit mir zu beraten …«
»Sie sind sehr glücklich.«
»Die Ehe ist unerträglich ohne unbedingtes Vertrauen, und Adolf sagt mir alles.«
Sie oder du, Adolf, Sie sind der beste Gatte von Paris, ein anbetungswürdiger Mann, ein Genie, ein Herz, ein Engel. Auch behütet man Sie vor Belästigungen. Sie segnen die Ehe. Karoline preist die Männer – diese Könige der Schöpfung! –, die Frauen sind für sie geschaffen, der Mann ist edel, die Ehe ist die schönste Einrichtung.
Drei, sechs Monate lang exekutiert Karoline die glänzendsten Solokonzerte über dieses wunderbare Wort: Ich werde reich sein! – ich werde tausend Franken monatlich für meine Toiletten haben. – Ich werde eine Equipage bekommen! …
Vom Kinde ist nur noch die Rede, um zu bestimmen, in welches Pensionat man es geben wird.
Also, mein lieber Freund, wie weit ist das Geschäft?
Was macht dein Geschäft?
Und das Geschäft, das mir einen Wagen usw. verschaffen soll?
Dein Geschäft braucht lange Zeit! …
Wann wird dein Geschäft abgeschlossen sein?
Das ist ein sehr langwieriges Geschäft.
Wann ist dein Geschäft zu Ende?
Steigen die Aktien?
Nur du findest Geschäfte, die nie zu Ende gehen.
Eines Tages fragt sie:
»Machst du ein Geschäft?«
Wenn Sie nach acht bis zehn Monaten von dem Geschäft zu sprechen beginnen, antwortet sie:
»Ach, dieses Geschäft! … Machst du also wirklich ein Geschäft?«
Diese Frau, die Sie für dumm gehalten haben, fängt an, unglaublich viel Geist zu haben, wenn es gilt, sich über Sie lustig zu machen.
Während dieser Periode bewahrt Karoline ein kompromittierendes Schweigen, wenn man von Ihnen spricht.
Oder sie spricht übel von den Männern im allgemeinen: »Die Männer sind nicht, was sie zu sein scheinen: man lernt sie nur kennen, wenn man mit ihnen zu tun hat.« – »Die Ehe hat Gutes und Übles an sich.« – »Die Männer verstehen nicht, etwas zu beenden.«
Das großartige Unternehmen, das fünf Kapitalien für eins liefern sollte, an dem die mißtrauischsten Leute, die unterrichtetsten Leute, Senatoren und Deputierte, Bankiers beteiligt sind – lauter Ritter der Ehrenlegion –, dieses Unternehmen befindet sich in Liquidation. Die Kühnsten erhoffen zehn Prozent ihres Kapitals. Sie sind traurig.
Karoline hat oft zu Ihnen gesagt: »Adolf, was hast du? – Adolf, du hast etwas.«
Schließlich teilen Sie Karoline das fatale Ergebnis mit; sie beginnt, Sie zu trösten.
»Hunderttausend Franken Verluste! Man wird jetzt äußerst sparsam sein müssen«, sagen Sie unbesonnenerweise.
Der Jesuitismus der Frau bricht nun bei diesem Worte »sparsam« hervor. Das Wort »sparsam« legt Feuer an das Pulverfaß.
»Ah! das ist das Geschäftemachen! – Warum hast du, der du so klug bist, hunderttausend Franken riskiert? – Ich war gegen das Geschäft, erinnere dich! Aber du hast nicht auf mich gehört.«
Das Gespräch über dieses Thema wird erbittert.
Sie taugen nichts –, Sie sind unfähig –, die Frauen allein sehen richtig. – Sie haben das Brot Ihrer Kinder aufs Spiel gesetzt, sie hat Ihnen davon abgeraten. – Sie können nicht behaupten, daß es ihretwegen geschah. Sie braucht sich, Gott sei Dank, keinen Vorwurf zu machen.
Hundertmal im Monat spielt sie auf Ihr Unglück an: »Wenn der Herr sein Vermögen nicht in so einem Unternehmen hinausgeworfen hätte, könnte ich dieses und jenes haben.«
»Wenn du ein anderes Mal ein Geschäft machen willst, wirst du auf mich hören!«
Adolf ist beschuldigt und überführt, hunderttausend Franken gedankenlos, sinnlos, wie ein Dummkopf verloren zu haben, ohne seine Frau zu Rate gezogen zu haben.
Karoline rät Ihren Freundinnen ab zu heiraten. Sie beklagt sich über die Unfähigkeit der Männer, die das Vermögen ihrer Frauen vergeuden. Karoline ist rachsüchtig! Sie ist dumm, sie ist abscheulich.
Beklagen Sie Adolf! Beklaget euch, o Ehemänner! O Junggesellen, freuet euch!