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Andachtshymne

( Auf der Spitze des Gotthards.)

Dich, des Lebenden Born, der Geister verborgener Urquell,
Aller Gründ' unerforschlicher Grund, und Beginner des Anfangs,
Den die verschiedenen Zungen gesammt anbeten: Jehova!
Tien! Allah! Gott! Dich, Ewiger! Großer! o Erster!
Preise die stammelnde Lipp' in des Alls lobsingendem Einklang!
Groß, dir gleich im kleinsten Atom, und im Ganzen des Weltalls,
Zeigst du dich in der Perle des Thaus am zitternden Halme,
Hier auf der Erde, wie dort in der Siriussonne, die rastlos
Rund um den ewig beharrenden Pol durch ätherische Wüsten
Ringsum strahlende Kreise der rollenden Welten im Schwung dreht!
Groß im Geflüge, deß Jahr' ein Tag schon reift, und im Seraph,
Der von dem obersten Gipfel herab der Aeonengebirge
Tief auf den nimmer versiegenden Strom der Zeiten den Blick senkt.
O, du Größter! der Zeit und des Raums allwaltende Fülle!
Darf auch ein Sterblicher nahn dir, Namenloser! ein Lob dir
Stammelnd? Dir, den selbst mit ewigen Worten der Himmel
Nimmer zu nennen vermag? – Wenn deiner verborgenen Allmacht
Ihm enthüllete Tiefe den Strom des brausenden Weltalls,
O, nur ein Tropfen im Meere! verschlingt, blickt nieder der Engel
Höchster, und schweigt anbetend. Er selbst, den meine Gedanken
Kaum noch erreichen, verstummt, von ewigem Schauer durchdrungen.
Was denn vermag mein nichtiger Staub ohnmächtiger Kühnheit?
Gott! ich sink', ich verschwind', ich vergehe vor dir! – Und doch dies selbst,
Dieses Gefühl, zu versinken vor dir in erhab'ner Bewund'rung!
Hebt mich mehr, als das Höchste der Erd'; und das Knieen vor dir ist
Meiner Begeisterung schwindlichstes Ziel, mein stolzestes Steigen!
Schauer, (o selige, mehr als irdische Wonnen geliebt mir!)
Schauer des Himmels durchdringen mich hier in der Oede der Schöpfung.
Nahe den zuckenden Blitzen, umdröhnt von Donnergeroll rings,
Hoch auf dem einsam erhabenen Fels, am schwindlichten Rande
Des in verborgener Tiefe der Schlucht dumpfbrausenden Abgrunds,
Fühl' ich in hoher Entzückung die Kraft, die jeder Gewalt trotzt,
Kracht' auch ein auf den Trümmern der Welt des Himmels Azurdom.
O, wie verschwindet in diesem Gefühl der zagende Kleinmuth!
O, wie versinkt, als hübe sich hoch, hoch über den Erdstaub,
Körperentfesselt, die Seele, der niederen Sinnen Empfindung!
O, wie vergeht die vergängliche Lust! wie zündet des Himmels
Heilige Flamme mein Herz! Allmächtiger! hier, an des Lebens
Grenze, wo ringsum starrt des Entsetzens schweigende Heimath,
In der unendlichen Oede des Raums, auf der lustigen Spitze
Meines verwitterten Felsens, umstürmt von der Wolken Zerschmett'rung,
Steh' ich verloren, ein Nichts, und erhebe zu dir, in der Demuth
Andacht, meine gefalteten Händ': O Vater! o, willst du,
Einst, wenn zur Erde versinkt mein Staub, nur dies mir erhalten,
Dies anbetende Wonnegefühl, das ewig nur dich sucht!
Herr! ja, du willst! Dein Wille geschah! Dein Wille geschehe!
Du, du lebst in diesem Gebet! du schufst; und die Seele
Fleht' um ewiges Seyn. Stirb, Tod! in der Gräber Verwesung,
Tief in der Oede der Nacht, wo Thummimen verstummten, und Urims
Stimmen schwiegen erstarrt; wo des Altars Lampen erloschen,
Selbst auch der Altar sank, und das Buch des geöffneten Himmels,
Wieder zusammengethan, wegrollete, funkelt der Andacht
Gottentzündetes Licht. Vergehn auch Erden und Himmel,
Stürzt auch in's Chaos zurück mein Staub, und der prangende Weltbau,
Stirbt doch nimmer erlöschend, o Gott! der Funken, den selbst du
Fachtest zur Flamm' im Gebet des treu dich glaubenden Herzens.

*


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