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5. Fälschungen des Ausdrucks

Die Photographien deutscher Gefangener aus »L'Illustration« und »Graphic«, die ich wiedergab, waren ungefälscht. Wir haben jetzt noch eine ganz besondere Art von Dokumentenfälschungen zu besprechen: Man verändert auf Photographien durch unauffälliges Übertuschen den Ausdruck und hält dann der Öffentlichkeit die Bilder als urkundliche Beweise für das vor, was man hineingefälscht hat. Man hat diese Technik bei uns noch nicht beachtet, bevor ich im »Kunstwart« auf sie aufmerksam machte: man hielt wohl für unmöglich, daß sich einer zur Erzeugung oder Verbreitung solcher Erbärmlichkeiten hergeben könne. Ich darf betonen, daß mir solche Bilder bis jetzt auch weder aus England, noch Italien, noch Rußland vors Auge gekommen sind. Alle meine Beispiele für diese Gruppe stammen aus Frankreich, wo anscheinend die Zurechnungsfähigkeit des anständigen Mannes durch den Krieg am schwersten litt.

Abb. 64

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ist ein Hauptbild, mit dem »Le Matin« vom 12. 1. 1915 seine erste Seite geziert hat. Die deutschen Heerführer »am Pranger«. Die Unterschrift zu lesen ist zum Verständnis nötig. Hier also sind »ihre Gesichter«: »ils ont sur eux toutes les souillures des infamies où ils ont trainé leur uniforme et leur drapeau«. Bei der Kleinheit unsrer Reproduktion sieht man das nicht gleich; bringen wir eins der Bilder auf die Originalgröße, das des Kronprinzen:

Abb. 65.

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Es genügt, eine beliebige nicht gefälschte Photographie wie Abb. 66 danebenzuhalten, um das Verfälschen des Charakteristischen ins Bösartige mit dem ersten Blick wahrzunehmen.

Im Brennpunkt des Hasses steht aber natürlich der Kaiser. In vollkommener Unkenntnis der Tatsachen hält man ihn ja für den »Angreifer«, in ebenso vollkommener Unkenntnis der politischen Möglichkeiten in Deutschland für den autokratischen Befehler des Krieges. Dieser Auffassung gemäß »stilisiert« man ihn nach einer ganz andern Richtung hin, als ihn etwa ein sozialdemokratischer deutscher Karikaturist stilisiert. Zu Millionen, vielleicht zu Milliarden von Abzügen werden vom Kaiser Photographien wiedergegeben, die ihn als hämischen, heimtückischen, größenwahnsinnigen Wüterich und Tyrannen zeigen. Es genügt, in

Abb. 67 bis 70


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einige von diesen angeblichen »Dokumenten« vom Aussehen des Kaisers neben nicht übertuschte gleichfalls aus der Gegenwart zu halten, aus der nach ausdrücklicher Versicherung das Bild des »Matin« ja stammt. Ist das derselbe Mensch? Die Fälscher haben ältere Photographien übermalt. Das angebliche Bildnis aus »Le Miroir« zeigt z. B. den Kaiser in der Jäger-Uniform, die er als Gast der Schweizer bei ihren Heeresübungen trug.

Zum Abschluß gebe ich, wie zum Beginn, eine Konfrontation von Urbild und Fälschung.

Abb. 71

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zeigt die Originalphotographie,

Abb. 72

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die Fälschung nach dem »Matin«. Man vergleiche dazu die Unterschrift. Das Belastendste bei dieser Ausdruckfälschung ist eine ganz unscheinbare Kleinigkeit. Auf dem Original hält der Kronprinz eine Zigarre derart vom Kaiser weg, daß ihn der Rauch nicht belästigen soll. Auf dem Matin-Bild ist diese Zigarre weggetuscht, welche die ungewöhnliche Haltung des Armes verursacht. Dadurch bekommt dieser Arm die gewünschte wütende Gebärde. Man vergleiche auch das Gesicht des Kronprinzen, das Gesicht des Kaisers und seine ganze Gestalt hier und dort, sowie hier und dort die Offiziere.

Vom schlichtesten Soldaten und von der Krankenschwester über Ärzte und Offiziere hin bis zu den Feldherren und dem Kaiser stellt man uns so in »authentischen Dokumenten« »nach der Natur« als ein Volk hin, dem der Verwüster, Schinder, Schänder, Mordbrenner, Mörder aus den Augen leuchtet. Mindestens als ein Volk ekler Halbtiere. Die Deutschen sind bekanntlich auch ein Volk, das vor allen anderen stinkt. »En famille« schreibt ein Pariser Blatt über eine Photographie von deutschen Soldaten, die Schweine heranschaffen. »Sie urinieren gleichsam durch die Haut«, hat ein »Forscher« drüben entdeckt, und in wie vielen Blättern ward das mit Behagen wiedergegeben! Nur die Elsässer stinken nicht, die ja nur zwangsweise deutsch wurden. Und gibt es in der Geschichte ein zweites Beispiel dafür, daß nicht nur der Pöbel, nein, daß auch die Zeitung, der Brief, das Gespräch des Gebildeten das ganze Volk seiner Feinde mit solchem Ekelnamen benennt, wie der Franzose mit seinem »boche«? Wir Deutschen brauchen nicht stolz zu sein, daß wir unserseits dergleichen nicht kennen, denn unseres Wissens hat sich auch kein andres Volk unsrer Feinde zu einem allgemeinen Pauschal-Beschimpfen dieser Art erniedrigt. Es ist wie die Fälschungen des Ausdrucks den Franzosen vorbehalten geblieben.


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