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»Bildliche Urkunden«, die als Dokumente für ein Ereignis oder einen Sachbefund ausgegeben werden, das bedeutet in unserm Zusammenhange: Photographien nach der Wirklichkeit oder nach Bild oder Schrift, die als Beweis für eine Behauptung gelten sollen. Die Fälschung ihres Beweiswertes ist möglich, indem man sie selber verändert, oder aber, indem man die Bilder als Zeugnisse für etwas ausgibt, was sie nicht darstellen, kurz gesagt: indem man die Unterschrift fälscht.
Beginnen wir mit einigen Bildern in Sachen der angeblichen deutschen Greuel.
Abb. 1 zeigt »die Greuel des Pogrom«, die »Rückkehr eines jüdischen Soldaten« im russischen Heere nach der Heimat. Dieses Gemälde von M. Maimon erschien nachgebildet im Mai-Juniheft 1906 der deutschen Zeitschrift für das Judentum »Ost und West« als Illustration zu einem Aufsatze »Verbotene Malwerke in Rußland«. Der jüdische Soldat, der verwundet im Kampfe für Rußland heimkehrt, findet Weib und Kind von Russen im Pogrom erschlagen.
Abb. 2 zeigt dasselbe Bild aus dem Pariser »Journal« vom 12. 2. 1915. Hier aber lautet die Überschrift: »Nach dem Durchzug der Barbaren«, und die Unterschrift: »Welch ergreifendes Bild, und täglich erlebt, dieses Dokument, das uns aus Rußland kommt! Ein verwundeter Soldat des Zaren hat Erholungsurlaub bekommen, um sich auszuruhen und die Seinigen zu umarmen. Er kommt an seinen Herd ... Entsetzen! Dort findet er Weib und Kind erwürgt und sein Heim geplündert«. Ein Dokument für das dargestellte Geschehen ist ein Gemälde ja überhaupt nicht. Vor dem schlechten Druck einer Tageszeitung kann ein williger und flüchtiger Betrachter glauben, er habe eine Wirklichkeitsaufnahme vor sich. Ob das beabsichtigt war, bleibe dahingestellt. Der Beweis der wissentlichen, der verleumderischen Irreleitung wird dadurch erbracht, daß das Blatt mit den hebräischen Zeichen neben dem Spiegel übermalt ist. Außerdem ist das Signet des Malers weggetuscht. –
Ich muß die Leser wegen der grauenhaften Bilder, die nun folgen, um Entschuldigung bitten. Es sind Bilder, bei denen kein Künstler gemildert hat, Bilder, die in der Tat Dokumente, das heißt: Beweisstücke für das dargestellte Entsetzliche sind, nicht Phantasiedarstellungen. Als ich die eidlich bezeugten und zu großem Teil auch von Neutralen bestätigten amtlichen Protokolle über die Greueltaten der Russen in Ostpreußen sah, wo kein Franctireurwesen Soldaten zum Rasen gebracht hatte und bei denen trotzdem das Bewiesene sich zu dem über deutsche Greueltaten Behaupteten wie ein Berg zu einem Hügel verhält, fragte ich einen hohen Reichsbeamten, warum man das nicht veröffentliche. Die Antwort hatte den Sinn: »Wir möchten unserm Volk nicht durch diese Scheußlichkeiten seine Vorstellungswelt beschmutzen«. Mir hingegen scheint, daß die Härte der Zeit auch zur Abhärtung bei solchen Eindrücken zwingt, wenn es um Wichtiges geht. Deshalb lege ich Bilder wie die folgenden, die den Ausländern als urkundliche Zeugnisse deutscher Taten vorgelegt werden, auch hier vor.
Abb. 3
Abb. 3 ist die Vervielfältigung einer photographischen Postkarte, die von jüdischer Seite aus Rußland nach dem Pogrom von Odessa 1905 verbreitet wurde. Ihre Aufschrift lautet verdeutscht: »Mutter und Kind von Banden (Chungany) grausam erschlagen zu Odessa«. Damit vergleiche man
Abb. 4
Abb. 4. Dasselbe Bild mit der Unterschrift, die wir hier nach »Le Miroir« von Mitte Februar 1915 photographisch wiedergeben. Die Deutschen waren es also, die »wie in Belgien und Frankreich« auch in Polen so gehandelt haben! Auch hier ist nachweisbar, daß der Betrug der Leser, die Verleumdung der Deutschen bewußt ist: bei der Wiedergabe ist der obere Bildstreifen der Postkarte mit der Inschrift weggelassen.
Abb. 5
Abb. 5 bringt die Seite 340 des russischen Buches »Der letzte russische Selbstherrscher«. Das Bild stellt die Leiche einer in Bjelostok beim Judenpogrom 1905 nach Folterung durch Russen getöteten Jüdin dar. Wir geben die russische Beschreibung in Faksimile mit. Da heißt es, daß sowohl der russische Minister des Innern wie der Justizminister von der Veranstaltung des Pogroms Kenntnis gehabt habe und daß es mit Billigung des Polizeiministers Derkatschew von russischen Soldaten vollzogen sei.
Abb. 6
Abb. 6. Dasselbe Bild, hier nach der »Critica« vom 24. Nov. 1914, unter der Überschrift » Die deutsche Barbarei, graphisches Dokument für die Geschichte.«. Die Photographien seien von russischer Seite zur Verfügung gestellt, so daß über deren Echtheit kein Zweifel bestehe. Die Unterschrift besagt: »Bauer aus der Warschauer Gegend, Schädel mit Kolben eingeschlagen«. Noch zwei weitere solcher Bilder sind zur ausgiebigeren Verleumdung der Deutschen beigefügt. Hier mag eines davon,
Abb. 7
genügen. Übrigens beweisen die Bilder dem Sachkenner schon durch die gestreiften Gebetmäntel, daß sich's um getötete Juden handelt.
Zu minder Krassem, aber für die Fälschungen gegen uns nicht minder Beweiskräftigem!
Daß wir Deutschen uns außer aufs Morden auch aufs Plündern und Rauben verstehen, wird unter Anwendung derselben Methode gleichfalls »dokumentarisch bewiesen«.
Abb. 8
Abb. 8 erschien am 9. Juni 1914 unter den »Bildern vom Tage« des »Berliner Lokalanzeigers«. Drei Offiziere mit ihren Preisen vom Heeres-Jagdrennen im Grunewald.
Abb. 9:
dasselbe Bild, wie es sich in »Wes Mir« (»Die ganze Welt«) umgestaltet hat. Unterschrift: »Eine Gruppe von Marodeuren, die Hände voll geraubter Beute«. Aber: Dokument! Es ist dem Photographen von »Wes Mir« »geglückt«, sie in flagranti »aufzunehmen«.
Von der »Reichswollwoche« brachten verschiedene deutsche Zeitungen Bilder, von jener Veranstaltung, welche mit Hilfe der Schuljugend für unser Heer gespendete Wollsachen aus den Wohnungen zusammenholte. Wir setzen als
Abb.10 und 11
zwei dieser Photographien nach der »Berliner Illustrierten Zeitung« her. Und stellen ihnen als
Abb. 12 und 13
dieselben Bilder aus »Le Miroir« gegenüber. Hier also ist zu sehn, was wir »mit der in Frankreich gestohlenen Wolle machen«, hier, wie wir unsern »Kindern die Rechtlichkeit lehren«, die sie »augenscheinlich so gut verstehen werden, wie ihre Eltern«, hier, wie man die Erträgnisse der »Plünderung« zurichtet. Beweis für das Bewußtsein der Fälschung: das Unleserlichmachen der Aufschrift auf der Tafel des Wagens.
Abb. 14 und 15
zeigen eine im engeren Sinne politische Verdächtigung durch eine angebliche Urkunde, die eine Fälschung ist. Die Schweizer sollten gegen uns gestimmt werden, indem man ihnen ein »Dokument« zum Beweis dafür vorlegte, daß Deutschland einen Überfall gegen sie bis ins Einzelne vorbereitet habe.
Abb. 16
ist eine Fälschung zur Empörung der Amerikaner gegen uns. Eine Photographie der Menge vor dem Schloß, als der Kaiser zum Volke sprach. Hier aber ward es als Beweis der deutschen Herzlosigkeit ausgegeben als Freudenkundgebung über die Versenkung der Lusitania! Auch die Lüge, daß aus Freude über das Gelingen dieses furchtbaren Notwehrakts die deutschen Kinder schulfrei bekommen hätten, wird immer noch weiterverbreitet.
Abb. 17 und 18:
eine Fälschung, die beweisen soll, wie die Aushungerungsabsichten Englands vortrefflich gegen uns wirkten.
Abb. 19:
Eine Fälschung, um die Größe unserer Verluste in den Schlachten an einem Beispiel anschaulich zu machen.
Abb. 20 und 21:
zwei Irreleitungen, um die Zerstörungen in Frankreich und Belgien durch bildliche Urkunden darzutun. Die Franzosen, Engländer und Belgier haben sich, genau so gut wie die Deutschen, durch militärische Rücksichten zum Zerstören von Bauten, von Orten gezwungen gesehn. Gezwungen, das beweist ja die Tatsache, daß sie es in ihrem eigenen Lande taten. Wer aber hat jemals in der feindlichen Presse das Bild irgend einer Zerstörung gesehn, die nicht als deutschen Ursprungs bezeichnet wäre?
Abb. 22 und 23,
die Bilder mit dem Flugzeug, enthalten weder Verleumdung noch Verhetzung. Ich setze die zwei Bildchen nur her, um wenigstens etwas aus den ungezählten Beispielen für die fälschende Berichterstattung mit pbotographischen Dokumenten zu geben. Am 24.7.1915 entführte übrigens der »Graphik« auf Flügeln der Phantasie nicht nur ein Flugschiff, sondern gleich eine ganze Flugschiffhalle, indem er eine zerstörte russische für eine deutsche ausgab.
Recht zu den Verhetzungen gehört dagegen die Gruppe nichtssagender und harmloser Photographien mit beweislos verdächtigender Unterschrift. Man nimmt von irgend einer Zeitschrift oder Postkarte eine Photographie, auf der etwa deutsche Soldaten vorkommen, und behauptet dann im Text: Hier verhält es sich so und so. Ein Futterwagen fährt durch einen Ort. Unterschrift: »Sie schleppen weg, was nicht widerstehen kann« (L'Illustration). Ein paar Soldaten rauchen, Unterschrift: »Sie rauchen gestohlene Zigarren« (The Times History of the War). Eine vergnügte Gruppe läßt sich photographieren, Unterschrift: »Eine Gruppe von Mordbrennern, offensichtlich hoch befriedigt von ihrer Arbeit« (L'Illustration). Hier mag die Wiedergabe von zwei Proben genügen:
Abb. 24:
ein Kleiderausklopfer, wie er überall in Deutschland in Gebrauch ist, ist bei einem Offizier gefunden worden. Er wird als Beweis dafür vorgelegt, daß deutsche Offiziere – ihre Burschen mißhandeln dürfen.
Abb. 25:
ein Mann, der irgend etwas in der Hand hält. Unterschrift: »Dieser Bürger aus Mecheln fand in seinem nach vorheriger Ermordung seiner Tochter niedergebrannten Haus nichts von dieser als diesen verbrannten Rest eines Fußes«.
Bis zu welchem Grade der Kritiklosigkeit bilden solche Darbietungen den gutgläubigen Durchschnittsleser abwärts! Es scheint in der Tat, als wenn insbesondere der französische die Bilder wie ein hypnotisierter ansieht, in dem nur der Hypnotiseur denkt. Ein deutscher Offizier gibt einer wegen Landesverrat unter Kriegsrecht Erschossenen den »Gnadenschuß«, wie das zur Sicherung möglichst schnellen und schmerzlosen Todes vorkommen soll. Der »Matin« bringt (5. Nov. 1915) ein großes Bild von einem »Gnadenschuß«, als bedeut' er nicht eine Linderung, sondern eine Brutalität. In andern Fällen hofft man sogar darauf, daß die Leser in einem Bilde das Gegenteil von dem sehen, was darauf zu sehen ist. »Wie sie sich ergeben« – »Le Matin« bringt noch am 7. November 1915 eine Photographie mit der Unterschrift: »Die Deutschen sind derartig toll (affolés), daß sie die Hände bis zu dem Augenblick in die Luft halten, wo sie in den Graben springen.« Es hält sie aber auf diesem Bilde kein einziger in die Luft, wird die Saite »boche« angeschlagen, schwingen eben alle Saiten im Klavier.