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Die Bäuerin hatte das Rechte vorausgesehen Von den heimkehrenden Marktgängern, wie von den daheim Verbliebenen, kamen viele Männer und Frauen, um zur Verlobung Thoma's Glück zu wünschen. Die Bäuerin hieß sie willkommen und stellte Speise und Trank aus.
Als Landolin heimkam, dankte er den Leuten in der Stube nur unwirsch; er sah gar nicht aus wie ein Brautvater, und als der Galoppkübler ihn lobte, daß er seinen Stolz bezwungen und seine Tochter dem Anton gegeben, sah ihn Landolin mit einem stummen verächtlichen Blick au: wie kommt der Mensch dazu ihn zu loben und dazu über eine Sache, die ihn doch noch wurmt?
»Bauer, wie siehst Du denn aus?« fragte die Frau.
»Ja, wie seh' ich denn aus?«
»Wie wenn Du nicht eine Freude erlebt, im Gegentheil, wie wenn Du einen Verdruß gehabt hättest.«
»So?« entgegnete Landolin und wendete sich ab, er hielt es nicht für nöthig, seiner Frau zu berichten, daß er noch ärgerlich sei über die Verlobung und daß er einen häßlichen Auftritt mit dem Einhändigen gehabt, der sich ihm zutraulich genähert hatte.
»Bäuerin,« sagte er nach einer Weile insgeheim, »Stell' nichts mehr auf und mach', daß die Leut' fortkommen. Sei nicht so freundlich und red' nicht so viel mit dem Pack. Es ist eine Frechheit, daß sie kommen, mir Glück zu wünschen; ich brauch' ihre Glückwünsche nicht.«
Er ging in den Hof hinab und stand eine Weile bei dem Hunde, ja er sprach mit ihm: »Hast recht, hätt' Dich bei mir haben sollen, solche Gesellen soll man nicht mit einem Wort anrühren; nur den Hund auf sie hetzen.«
Da kam Vetturi barhaupt in den Hof gestürmt und rief: »Bauer! Ich sag's zum letzten Male, meinen Lohn will ich, mein Geld!«
»Was? Du willst was von mir? Augenblicklich marschirst Du Dich aus dem Hof. Fort! Wie? Du bleibst noch stehen? Zum letzten Male sag' ich: geh' gutwillig.«
»Ich geh' nicht.«
»Soll ich den Hund loslassen und auf Dich hetzen?«
»Brauchst den Hund nicht loslassen, bist selber ein Hund.«
»Was bin ich?«
»Was ich gesagt hab'.«
»Vetturi, Du weißt, ich hab' eine eisenfeste Hand. Geh'! Geh' oder ich schlag' Dich nieder, daß Du nicht mehr zuckst.«
»Thu's, schlag' mich todt, Du Menschenschinder, Du –«
Ein Stein war geworfen, ein Schrei war gerufen, ein Winseln wurde laut, daß selbst der Hund zu bellen aufhörte. Vetturi stürzte nieder, stöhnte laut auf, dann lag er regungslos.
Anton und Thoma waren eben beim offenen Hofthor angekommen, sie standen wie festgebannt. »Um Gotteswillen! Was ist da geschehen?« rief Anton und eilte auf den Niedergestürzten zu. Thoma aber stand eine Sekunde starr und heftete den Blick auf ihren Vater, der sich die Weste aufriß und das Halstuch lockerte, dann stürmte sie auf ihn zu, legte beide Hände auf seine Schultern und rief: »Um Gottes willen Vater! lieber Vater! Was habt Ihr gethan!« Er schaute sie an mit einem grausenhaft verwandelten Antlitze. Ist das der Blick eines Menschen in der Minute, da er einen andern getödtet hat?
Er schüttelte ihre Hände ab und sagte: »Laß mich!« Er war vor ihr, sie war vor ihm erschrocken. »Laß mich,« fuhr er mit stierem Blick seine inneren Handflächen betrachtend fort, »ich hab' nichts gethan! gar nichts.« Ein Schauer durchfröstelte Thoma: Der Vater lügt! Wie war die stolze Liebe zum Vater noch einmal zu Tage getreten, und nun?
In diesem Augenblicke geschah es, Vater und Tochter verloren einander.
»Er ist todt! Die Hirnschale ist ihm zerschmettert,« rief der Pferdeknecht Fidelis, der mit Anton den niedergesunkenen Vetturi aufgenommen hatte.
Gesenkten Blickes ging Thoma nach dem Hause; Landolin verließ den Hof und ging nach dem Brunnen jenseits der Straße.
Die im Hause versammelten Glückwünschenden kamen herbei, man klagte und jammerte und trug den Vetturi heim zu seiner Mutter.
Im Hofe Landolins war es plötzlich leer und still, nur eine Blutlache bei den aufgehäuften Pflastersteinen zeigte noch, was geschehen war. Die Hühner und Sperlinge waren herbeigekommen, der Oberknecht Tobias verjagte sie und kehrte schnell Alles weg, dann warf er den Stein und den Besen mitsammt dem Stiel in die Jauchengrube.