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In der Nähe von Neumarkt liegt der waldige Kühberg, nach dem dort wohnenden Wasenmeister auch Schinderberg genannt. Das Gebiet ist jetzt zur Gänze Eigentum des Marktes; früher gehörte nur ein Teil des Berges den Bürgern, während den Rest des Grundes die benachbarten Bauern besaßen. Da die Bürger aber gern den ganzen Grund haben wollten, suchten sie mit allen Mitteln zu beweisen, daß die Bauern ihren Anteil am Kühberg widerrechtlich erworben hätten und sie selbst die rechtmäßigen Eigentümer seien. Der Streit zog sich in die Länge, bis der Richter zur endgültigen Entscheidung beide Parteien zur Eidesablegung vorlud.
Auf einer kleinen Ebene auf dem Kühberg landen sich an dem dazu bestimmten Tage Richter und Rat, Bürger und Bauern ein, um hier unter Gottes freiem Himmel den Streit auszutragen. Der Richter erhob sich von seinem Sitz, brachte beiden Parteien ihre bisherigen Angaben nochmals zu Gehör und forderte sie auf, gewissenhaft anzugeben, was sie zum Beweis ihrer Behauptung vorzubringen hätten. Doch sollten sie streng bei der Wahrheit bleiben, da sie alle Aussagen durch einen Eid bekräftigen müßten.
Lange stritten nun Bürger und Bauern hin und her; jeder suchte sein Anrecht auf den strittigen Grund zu beweisen; aber alles Reden und Beweisen nützte nichts, keiner wollte nachgeben, und schließlich stand Aussage gegen Aussage. So forderte der Richter sie zu guter Letzt auf, ihre Aussagen zu beschwören. »Zwei von jeder Partei«, sagte er, »sollen vortreten und für alle den Schwur ablegen; jedem soll freistehen, auf was er schwören will.«
Zwei Neumarkter Bürger hatten sich im Einverständnis mit dem Richter, der es heimlich mit den Marktbewohnern hielt, schon früher verabredet, den Eid für ihre Mitbürger zu leisten. Der eine hatte einen Suppenschöpfer unter dem Hut verborgen, der andere Erde von seinem Garten in die Schuhe getan. Diese beiden traten nun vor und erklärten, den Eid für die anderen ablegen zu wollen. Der erste erhob, ohne wie üblich das Haupt zu entblößen, die Hand zum Schwur und sagte: »So wahr der Schöpfer nahe über meinem Haupte ist, gehört der Grund uns Bürgern von Neumarkt!« und der andere sprach: »So wahr ich auf meiner eigenen Erde stehe, ist der Grund unser Eigentum!«
Nun wäre die Reihe an den Bauern gewesen, ihre Sache zu beschwören. Aber diese waren viel zu verdutzt über die Schamlosigkeit der Bürger, die sich nicht gescheut hatten, einen Meineid zu schwören, und wurden nachgerade unsicher im Glauben an ihr gutes Recht Sie getrauten sich daher nicht, den Eid abzulegen; denn, dachten sie, am Ende wären sie doch im Unrecht und hätten dann einen Meineid zu verantworten.
Nur einer von ihnen war so überzeugt von seinem Recht, daß er vortrat und sagte: »Schwören wollen wir nicht, obwohl die Anteile am Kühberg unser vollkommen rechtmäßiges Eigentum sind; denn wenn auch wir einen Eid ablegen, wie es ihr Bürger getan habt, müßte eine Partei einen falschen Eid abgelegt haben. Da aber die Bürger immer eher recht haben als wir Bauern, würde man sagen, wir haben einen Meineid geschworen. Davor behüte uns Gott! Lieber sollt ihr den Grund haben! Aber so wahr ihr falsch geschworen habt, soll auf der Stelle, wo die beiden Meineidigen standen, kein Stämmlein Gras mehr hervorwachsen!«
Die Weigerung der Bauern, ihre Aussage zu beschwören, wurde als Eingeständnis ihres Unrechts angesehen und der Grund daher den Neumarktern zugesprochen.
Die Ebene auf dem Kühberg, wo dieser Handel sich begab, heißt im Volksmund heute die »Schwörtratte«, und auf einer Stelle, wo der nackte Felsboden zutage tritt, sollen die beiden Meineidigen und des Richters Tisch und Stuhl gestanden sein. Hier auf diesem Fleck, auf dem der Fluch der um ihr Eigentum Betrogenen ruht, hat der Teufel freien Spielraum, und er duldet nichts, keinen Grashahn, kein Steinchen auf dem ihm verfallenen Platz.
Aber auch den Richter, der im Einverständnis mit den Meineidigen war, traf der Fluch der Bauern; er war dem Teufel verfallen.