Sagen aus der Hanse
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Der Schatz

In der Glockengießerstraße, hinuntergehend linker Hand, einige Häuser abwärts vom Glandorpen Hof, hatte vor hundert und etlichen Jahren ein alter Geizhals gewohnt, der so viel Geld zusammengescharrt, daß er damit nicht zu bleiben gewußt; dennoch hatte er keinem auch nur einen Pfennig gegönnt. Wenn er nun seine Kisten soll angesehn, schnitt es ihm durchs Herz, daß seine Erben, arme aber fröhliche Leute, nach seinem Tod alles an sich nehmen sollten, und so hat er ein gutes Teil im Hofe vergraben; aber da er plötzlich krank geworden, hat er sehr getobt und sich gewünscht: der Teufel solle sein Erbe sein.

Als er nun bald danach gestorben, hat man fleißig gesucht und alles umgekehrt, jedoch kein Geld gefunden: dergestalt daß leicht zu erkennen war, der Teufel sei des reichen Mannes Erbe geworden. Dennoch hat der den Kasten aus dem Hofe nicht wegnehmen können, weil ein Stein darauf gelegen, der mit einem Kreuz bezeichnet war.

Nun wohnte in diesem Jahr im gleichen Hause ein Brauer, der sich mit Mühe ernähren konnte, nebst seinem Weib und seinem Sohn, welcher beständig krank darnieder lag. So kömmt eines Tages ein fremder Mann und spricht zu ihm: daß auf dem Hofe ein großer Kasten mit Geld stehe, den er heben könnte, wenn er nur gewillt sei; wodurch er von aller seiner Not befreit wäre. Darüber ist der Brauer sehr froh und geht mit dem Fremden heimlich in den Hof; der zeigt ihm den Ort, und wie er den Stein wegnehmen müsse, um an den Schatz zu kommen. Das tut er auch; wie er aber mit dem Stein aus der Grube steigt, kömmt seine Frau gelaufen und schreit: »Ach, lieber Mann, was ist doch unserm Sohn widerfahren, daß er im Bett liegt und den Kopf in den Nacken verdreht!« Der Mann läßt den Stein sofort auf den Boden fallen und läuft der Frau entgegen; sogleich aber hat der Fremde den Kasten genommen und ist nach dem Stall zu gegangen und verschwunden.

Darüber sind die guten Leute heftig erschrocken: wie sie aber in die Stube kommen, wo der Sohn gelegen, ist er im Begriff aufzustehn, und von Stund an gesund, wie andere, und auch ein feiner Mann geworden, der sein Leben lang seine Eltern ernährte.

Etliche aber sagen, der Teufel habe nicht alles fortgebracht, und es liege dort noch ein Schatz, dem er nicht allein beikommen könne.

 


 


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