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Als ich einst in Paglia übernachtete, traf es sich, daß in derselben Herberge, wo ich war, sich noch drei andere Reisende aufhielten, zwei von Pistoja, der dritte von Prato. Nach dem Nachtessen setzten sie sich, wie das so zu gehen pflegt, zum Spiele, und so dauerte es nicht lange, da hatte einer von den beiden Pistojern seine Barschaft verloren und saß bar und bloß da ohne einen Heller im Beutel. Da fing er an in seiner Verzweiflung heftige Flüche und Verwünschungen auszustoßen, und mit diesem schlimmen Abendsegen legte er sich schlafen. Nachdem die andern zwei noch eine Weile fortgespielt hatten, beschlossen sie, dem, der ins Bett gegangen war, einen Spuk zu spielen. Sobald sie daher merkten, daß er schlief, löschten sie die Lichter aus und versteckten das Feuer; dann fingen sie an laut zu sprechen und einen Höllenlärm aufzuschlagen, als kämen sie über dem Spiele in Streit.
»Du hast hinuntergesehen nach der Karte«, rief der eine. »Nein«, sprach der andere, »du hast nicht Farbe bekannt. Das Spiel gilt nicht.«
Dies und ähnliches riefen sie mit so lauter Stimme, daß der Schlafende erwachte. Und als er hörte, daß sie spielten und sprachen, als sähen sie die Karten, machte er die Augen ein wenig auf, und da er kein Licht im Zimmer sah, sagte er: »Was Teufels soll das heißen, daß ihr die ganze Nacht durch fortschreit?« Darauf drehte er sich um, als wollte er gleich wieder weiterschlafen. Die zwei Gesellen aber gaben ihm weiter kein Gehör, sondern fuhren in ihrem Treiben fort, so daß jener noch besser aufwachte und sich zu wundern anfing. Denn da er kein Feuer noch sonst eine Helle sah und sie doch spielen und streiten hörte, sagte er: »Wie könnt ihr denn die Karten sehen ohne Licht?«
Darauf sagte einer der beiden: »Es scheint, du hast zu deinem Geld hin auch deine Augen verloren. Siehst du nicht, daß wir hier zwei Lichter haben?«
Der, der im Bette war, richtete sich nun auf, stemmte sich auf den Arm und rief fast zornig: »Entweder bin ich betrunken oder blind, oder ihr macht Flausen.«
Die zwei andern standen nun auf und gingen vorsichtig nach dem Bette zu, lachten und taten, als glaubten sie, jener wolle sich über sie lustig machen.
»Ich sage«, fuhr er fort, »ich sehe euch nicht.«
Am Ende taten die beiden, als kommen sie in heftiges Erstaunen, und einer sprach zu dem andern: »Ei weh, ich glaube fast, es ist ihm ernst. Gib einmal das Licht her! Dann wollen wir sehen, ob ihm wirklich sein Gesicht getrübt ist.«
Darauf nahm denn der arme Schelm als gewiß an, daß er blind geworden sei, weinte laut und sprach: »O liebe Brüder, ich bin blind!«
Da fing er gleich an, Unsere Liebe Frau von, Loretto anzurufen und sie zu bitten, ihm die Lästerungen und Verwünschungen zu verzeihen, die er über sie ausgestoßen, weil er sein Geld verloren hatte. Die zwei Gesellen trösteten ihn jedoch und sagten: »Es ist nicht möglich, du mußt uns sehen. Das hast du dir nur so in den Kopf gesetzt.«
»Nein, nein«, entgegnete jener, »ich habe mir es nicht nur so in den Kopf gesetzt. Ich sehe euch so wenig, als wenn ich niemals Augen im Kopf gehabt hätte.«
»Dein Blick ist ja doch ganz hell«, antworteten die beiden. »Sieh nur«, sprach einer zum andern, »wie gut er die Augen aufmacht und wie schön sie sind! Wer sollte glauben, daß er nicht daraus sieht?«
Der arme Tropf weinte immer heftiger und flehte Gott um Erbarmen an. Am Ende sagten die beiden zu ihm: »Tue ein Gelübde, zu Unserer Lieben Frauen in Loretto barfuß und nackt eine Pilgerfahrt zu tun: denn das ist das beste Mittel, das es gibt. Unterdessen wollen wir nach Acquapendente und in die andern nahe gelegenen Ortschaften gehen und uns nach einem Arzte umsehen; wir wollen dir es an nichts fehlen lassen.«
Darauf kniete der Unglückliche sogleich im Bette nieder und tat unter unendlichen Tränen und in bitterer Reue über seine gotteslästerlichen Reden ein feierliches Gelübde, nackt zu der heiligen Jungfrau nach Loretto zu gehen und ihr ein Paar silberne Augen darzubringen, auch am Mittwoch kein Fleisch und am Freitag keine Eier zu essen und mit Wasser und Brot jeden Samstag zu Ehren der heiligen Jungfrau zu fasten, wenn sie ihm die Gnade erzeige, daß er sein Gesicht wiedererlange.
Die beiden Gesellen gingen sodann in ein anderes Zimmer, zündeten ein Licht an und traten unter schallendem Gelächter wieder vor den armen Schelm, der, wiewohl er sich frei fühlte von einer, wie sich denken läßt, nicht geringen Herzensangst, nicht nur nicht zu lachen, sondern nicht einmal zu sprechen vermochte, und die zwei Gesellen ließen ihn auch jetzt noch mit ihren Stichelreden nicht in Ruhe, sondern behaupteten, er müsse durchaus die Gelübde einlösen, denn es sei ihm ja die erflehte Gnade zuteil geworden.