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Doch verstund der edel Fürste, Herzog Ernst, wohl, daß kaiserliche Gewalt großmächtig ist und weit ausgebreitet, des er dieser Tage einst in Lebens Not möchte kommen. Und gedachte, es wäre besser, wenn er eine Zeit wiche dem kaiserlichen Zorn hie auf Erden, denn daß er stätiglich mit Kriegen, Mannschlacht, Rauben und Brennen, mit Mehrung der Sünde sein Leben verzehre. Darum er – es wäre dann, daß er hie in der Zeit GOTT, dem obersten Kaiser, durch reuige Beichte genug täte – mit den Werken ewiglich müßt verloren werden. Und sammelt in Kürze zusammen fünfzig Ritter, die von Geschlecht, Geburt, Gestalt und tugendlichen Sitten und Werken zumal adelig gezieret waren. Und mit kurzer Vorrede sprach er zu ihnen: »Allerliebsten Freunde und getreuen Mitgenossen der Ritterschaft, mich vermahnet gar viel Sache, daß ich etwann eine Zeit aufhören soll von der krieglichen Durchächtung, die ich, mitsamt euch, lange Zeit wider den Kaiser hab geübet und getan. Des ersten: daß ich Mangel und Bruch habe, an ritterlichem Solde auszugeben; zum andern Mal: zu gleicher Weise, als ein Schiff unter Weilen von dem ungestümen Winde etliche Zeit aufwärts wider des Wassers Lauf mit Schwimmen widerstände, es wolle oder wolle nicht, so muß es weichen und fließen kleine Zeit, wo es des Windes Kraft hinschlägt und treibt. Also, wiewohl daß die Kraft des Kaisertums unbillig und unverdienlich wider mich strebt und streitet, so mag ich doch größerer Gewalt nicht allzeit widerstahn. Die dritte und die größte Sache, die mir am allernötigsten ziemet: daß ich GOTT, den obersten Kaiser, Dem ich Sein menschliche Kreatur so mannigfaltig Hab getötet, wieder versöhne. Denn ich weiß nicht den Tag oder die Stunde, wenn GOTT, der strenglichste Richter, kommt und an die Türe meines tötlichen Leichnams klopfet, und mich vielleicht schlafen findet in der Missetat so mannigfaltiger Mannschlacht und anderer meiner sündlichen Ungerechtigkeit; darum Er mich ausschließe und verstoße von dem Abendessen Seines Göttlichen Hausvaters. Das selbe Urteil des strengen Richters fürchte ich zumal sehre, und habe mich, mit willigem Fürsatz, bedacht, daß ich wölle, um genugzutun für meine Sünde, heimsuchen und nach Christlicher Gewohnheit fleißiglich anbeten und andächtiglich ehren die Stätten der Geburt Christi, Seines bittern Leidens, Seiner Heiligen Urständ und auch Seiner würdigen Auffahrt gen Himmel. Nun bedenkt euch itzo daraus, was ich begehre, oder was ich euch rätlich vermahne!O ihr aller mein getreuesten Freunde, sintemal, daß ihr mir wider den irdischen Kaiser, der wider mich des ersten unverdientlich und darum unbilliglich zornig ist gewesen, als Gesellen in Treuen und Freuden, in Ängsten und Nöten, zu Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit – nach dem, als es sich gebühret – geholfen und mit Arbeit beigestanden: also viel mehr vermahne ich euch alle sehr bittlich mit demütigem Fleiße zur Versöhnung des Himmlischen Kaisers, der um gar billige Sache größlich wider uns erzürnet ist. Denn wir haben Ihm Seine Glieder abgeschlagen und ertötet, der da ist ein Haupt aller Christenheit. Um Seine Lieb und um meine Huld, der ich etwann euer Herre bin gewesen, aber itzt euer Mitgeselle, flehe ich euch, mit mir heimzusuchen soliche obgemeldte Stätten, und daß ihr euch in Kürze wollt zu dem Weg fertigen!«
Von Stund an gaben sie alle, willmütiglich und durch GOTTes Einsprechen, und einmütiglich ihre Gunst darzu; und nahmen alle, des ersten Herzog Ernste, darnach Graf Wetzel, mitsamt den anderen allen, aufgehefte Kreuze an sich, und baten den Gekreuzigten GOTT, Jesum Christum, daß Er ihnen, durch Mitteilung Seiner Göttlichen Gnaden, gäbe solichen guten Willen, strenglich. Ihm zu Lob und zu Ehren, mit den Werken zu vollbringen, nach Nutz und Frommen ihrer Seelen. Daß aber Niemand gedächte, als denn in solichen Sachen gewöhnlich ist, daß sie das von bezwungenlicher Not der Arbeit mehr täten, dann um GOTTes Lieb und Ehre, so ließen sie sich von Neuem bereiten und machen alles streitbarliche Gezeug, was zu dem Streite bequemlich und not mocht gesein.
Soliche Verwandlung des strengen Fürsten und Herzogen, die GOTT an ihm hätt gewirkt, ward gemeinlich ausgerufen, und von Jedermänniglich vernommen, wie daß er, um GOTTes Willen, wöllt mit einem ritterlichen Heere fahren in das Elende, und wöllt, um Gnad zu erwerben durch sein Gebete, treulich und mit Andacht heimsuchen die Stätten jenhalb des Meers zu Jerusalem, da GOTT unser aller Heil durch Sein bitters Leiden hätt gewirket. Diese Märe machte seinen Freunden ein groß Trauern und seinen Feinden frohlockende Freude und Wunnsamkeit.
Da das die Kaiserin, seine Mutter, vernahm, da sandte sie ihm fünf hundert Mark Silbers und viel Pelze grauer und bunter Farbe, die mit kostlichem Purpurkleide waren überzogen, und sonst viel kostliches Gewands von Seiden, mit Golde zierlich benähet: das er mit großer Dankbarkeit von seiner Mutter Adelheid nahm, und mitteilet es seinen Mitgenossen.
Nach kurz vergangener Zeit kam der gesetzte Tag der fürgenommen Wallfahrt. Da kam zu dem Herzog Ernst eine große Menge Volkes, und besonders die vorgemeldten fünfzig Ritter; und baten ihn fleißiglich, daß er sie seiner Wallfahrt gen Jerusalem wolle lassen Mitbrüder sein und seine Diener. Da lobet Herzog Ernst GOTT, dem er, mitsamt ihnen, großen Dank saget von ganzem Herzen für solichen ihren guten Willen. Und er nahm sie also süßmütiglich auf in seine brüderliche Gesellschaft.