Ludwig Rellstab
1812 – Ein historischer Roman
Ludwig Rellstab

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Zweites Kapitel.

Feodorowna war in der äußersten Wallung. Sie wußte in ihrer Beängstigung keinen Entschluß zu fassen. Bald wollte sie Gregor rufen, bald zu ihren Pflegeeltern hinabstürzen, bald ihrem Gatten alles entdecken. Mit tränendunkeln Augen betrachtete sie die Bildnisse ihrer Eltern. »O wie hold sind die Züge meiner Mutter, wie edel, feurig, männlich die meines Vaters!« Der Anblick der geliebten, ungekannten Toten drang, mit sanfter Rührung in ihre Seele. »O, ihr würdet euere Tochter wärmer geliebt haben!« seufzte sie bebend; »jetzt weiß ich, warum ich geopfert wurde!« Lange stand sie unschlüssig, von Schmerz und Bangigkeit der Seele bewegt. Endlich schellte sie Jeannetten und hieß sie Gregor rufen. Er hatte im Vorsaal gewartet, »O mein Vater, mein Retter, was hab' ich zu tun?« rief sie ihm entgegen und rang die Hände; »was soll ich Unglückliche nun beginnen?« Da fühlte sie Ruschkas Ring an ihrem Finger. »Dies ist das einzige Zeichen,« sprach sie, »an dem ich meinen Bruder wiedererkennen kann. Ach, und ich war jüngst nahe daran, es unwiederbringlich zu verlieren! Doch Gott wachte über mir! Es geschah – o vergebt, ich wollte bei einer müßigen Erzählung verweilen, jetzt, wo die Sekunden unschätzbar sind. Was ratet ihr mir, mein Vater? Was soll ich tun? Ich bin nicht mehr des Grafen Dolgorow Tochter, ich bin ihm nicht mehr das Opfer meines Lebens schuldig.« – »Du hast es gebracht,« unterbrach sie Gregor sanft, aber mit heiligem Ernst, »du bist die Gattin des Fürsten Ochalskoi, das unauslösliche Sakrament der Kirche hat euch vereinigt, denn dieses Band vermag nichts zu trennen als der Tod.« – »O himmlische Barmherzigkeit!« rief Feodorowna aus, »auch dann nicht, wenn es durch Trug und Lüge geschlossen ist?«

»Auch dann nicht, meine Tochter!«

»So mag ich seine Gattin heißen; aber niemals will ich es sein, bis mir der Bruder, den sie mir geraubt, zurückgegeben ist. O warum leuchtete das Licht der Wahrheit nicht einen einzigen Tag früher in das schwarze Gewebe des Trugs, ehe es die unauflöslichen Ketten um mich schlang! Gregor, ihr konntet mich retten aus diesem Abgrunde des Jammers, aber euere eherne Lippe schwieg!« Erschöpft sank sie auf einen Sessel und ließ die Arme ermattet niedersinken. Gregor trat zu ihr und ergriff mit der Rechten sanft ihre Hand, während er mit der Linken zum Himmel deutete. »Gelübde sind heilig, sind unverbrüchlich, meine Tochter. Der Herr segnet die, die ihm ihr Wort mit Treue halten. Dessen gedenke auch du, die du heute an heiliger Stätte ewige Treue, Liebe und Gehorsam gelobt hast. Und bedenke die Bitten der Sterbenden, bedenke, daß das Schicksal-«

»Wie?« rief Feodorowna heftig, »soll mich die Furcht vor einer neuen Freveltat dessen, der mir den Bruder raubte, zurückschrecken, meine heiligsten Rechte geltend zu machen? Ruschka fürchtet das Schicksal ihrer Brüder; soll ich darum dem meinigen auf ewig entsagen? Nein, hintreten werde ich vor den Grafen Dolgorow und ihn fragen: Wo ist mein Bruder? Nur seine Lippe vermag ihn mir zurückzugeben-«

»Teuere Tochter, du bist außer dir, du weißt nicht, was du tun willst,« entgegnete Gregor besänftigend; »aber du mußt ruhiger werden und anders handeln. Wie, wenn Graf Dolgorow Ruschkas Bekenntnisse verleugnete? Und muß er es nicht, wenn er nicht die verderblichsten Folgen auf sein Haupt laden will? Oder wähnst du, der Mut zur Lüge werde dem fehlen, der den Mut zur Tat besaß? Welche Beweise hast du wider ihn? Wird sein Zeugnis nicht so viel gelten als das der Leibeigenen Ruschka? Hast du die heilige Taufe nicht als seine Tochter empfangen? Habe ich selbst dir nicht in dieser Kirche die Schläfe genetzt mit dem geweihten Wasser des Herrn? O meine Tochter, bezwinge jetzt dein überwallendes Herz, denn nur Leid auf Leid würdest du häufen! Den Haß des Vaters, der Mutter, des Gatten würdest du auf dich laden, Zwietracht und Verwirrung aussäen und durch sie doch selbst nicht Rat, nicht Trost gewinnen. Und könntest du der heiligen Gelübde vergessen, die du vor wenigen Stunden getan? Ist es dein Gatte, der dich getäuscht hat? Darfst du ihm Treue und Gehorsam versagen, weil andere gegen dich ein Unrecht übten? Und war dieses Unrecht nicht mit tausend Wohltaten gegen dich verknüpft? Bist du nicht mit Sorgfalt und Liebe gepflegt worden ? Waren deine Pfleger nicht gleich deinen Erzeugern? Nein, meine Tochter, weiche nicht ab von dem Pfade der Sanftmut und Duldung, den der Herr dich gehen heißt. Bleibt dir noch eine Hoffnung den Bruder wiederzufinden, so bleibt sie dir nur, wenn du jetzt schweigend das Geheimnis in der Tiefe deiner Brust begräbst. Und weißt du denn, ob du nicht das Verderben über sein eigenes Haupt heraufführst,wenn du forderst, daß er dir zurückgegeben werde? Ahnest du, wie fern oder wie nahe er dir ist? Höre die Worte deines alten treuen Vaters, gelobe es in seine väterliche Hand, daß du seinem Rat folgen willst, dann wird er dir, solange er noch auf Erden wandelt, mit getreuer Liebe zur Seite stehen. Und ruft ihn der Herr hinüber, so soll sein Gebet dir noch jenseit den Segen des Himmels erflehen.«

Der Greis hielt Feodorownas Hand in seiner Rechten. Ein krampfhaftes Zucken bebte durch ihre im heftigsten Kampfe streitende Brust. »Nun wohl denn, es sei« sprach sie endlich. »Auch das ist überwunden! Ich gelobe dir zu schweigen, Gregor. Aber,« fuhr sie aufstehend, sich groß emporrichtend mit gen Himmel erhobener Rechten fort, »ich gelobe auch – und hier möge der Allmächtige meinen Eid vernehmen!– ich gelobe auch, von dieser Stunde an unablässig nach meinem Bruder zu forschen, und wenn ich ihn finde , so soll keine Macht auf Erden mich zurückhalten, ihn an das Herz zu schließen und zu rufen: Ich bin deine Schwester! – Ich muß jetzt wieder hinabgehen; ich kann es, ich bin gefaßt. Verlaßt mich, mein Vater; aber seht mich morgen noch einmal, bevor ich dieses Schloß vielleicht auf ewig verlasse.« Sie reichte ihm die Hand. Gregor legte segnend die Rechte auf ihr gebeugtes Haupt und schied dann in schweigender Rührung.

Feodorowna bedurfte noch einiger Augenblicke, um sich soweit zu sammeln, daß sie wieder in der Gesellschaft erscheinen könne; eben wollte sie das Gemach verlassen, als die Tür desselben sich öffnete und Ochalskoi eintrat. Erschreckt wich sie unwillkürlich einen Schritt zurück. Doch mit zuvorkommender Gewandtheit trat Ochalskoi ihr entgegen, küßte ihre Hand und sprach: »Habe ich Sie erschreckt, Liebe? Doch Sie werden es mit gewiß verzeihen, wenn meine Sehnsucht mich trieb, Sie aufzusuchen. Fast seit einer Stunde vermißt man Sie. Ich kann es nicht tadeln, daß Sie die Gesellschaft fliehen; aber Sie werden begreifen, daß mich dieselbe Neigung treibt. Feodorowna! Die glückseligste Stunde meines Lebens hat geschlagen! Ich schließe die Schönste, die Beste, die Liebenswürdigste ihres Geschlechts in meine Arme. Die Scheidewand der äußern Verhältnisse, die uns trennte, ist nun gefallen; werden auch Sie nun ganz mit Liebe die Meinige sein?« Er hatte sie bei diesen Worten vertraut umfaßt und küßte ihr die bleichen Lippen und Wangen. Zitternd vermochte sie weder zu widerstreben noch auf seine zärtlichen Worte zu antworten; verstummend duldete sie die Liebkosungen, zu denen er berechtigt war. »Wenn du willst, Feodorowna!« fuhr er vertrauter fort, »so ist der Augenblick unserer Vereinigung da. Wir müssen die raschen Minuten unsers Glücks einer eisernen Zeit so flüchtig entreißen, daß es grausam wäre, sie nur um einen einzigen Augenblick zu verkürzen. Holde, Geliebte, vermöchtest du das? Wir sind in dem vertrauten Heiligtum der Liebe, niemand wird uns mehr unterbrechen. Die Mutter selbst hieß mich dich aufsuchen. Die Gäste haben soeben das Schloß verlassen. Nur die Landleute und die Dienerschaft feiern jetzt noch auf ihre Weise bei Tanz und Spiel den Tag unsers Glücks – bereits habe ich auch Jeannetten hinabgesandt; oder bedürftest du noch etwas? Du Süßeste, es ist nur eine kurze Nacht, die wir dem strengen Schicksal rauben, das uns morgen schon wieder trennt! Nicht wahr, du heißest mich nicht wieder gehen?«

Die Beklemmung raubte der Unglücklichen die Sprache. Ochalskoi hielt ihr Schweigen für bräutliches Verschämen, ihr stummes Dulden für liebendes, nicht mehr widerstrebendes Hingeben, das krampfhafte Pochen ihrer Brust für die Wallung selig überdrängender Liebe. Heftig preßte er seine brennenden Lippen auf ihre erbleichenden und schloß sie mit der Rechten fest an seine Brust, während er mit der Linken, wie im süßen Spiel und Dienst der Liebe, ihre reichen Flechten löste. Mit schon weichenden Kräften suchte sich Feodorowna in betäubter Angst seiner Umarmung zu entwinden. Er hielt dies für ein Widerstreben der jungfräulichen Scheu, da die Kerzen noch auf ihrem Tische brannten. »Ich verstehe dich, holdseliges Mädchen,« flüsterte er, »und deine stumme Lippe ist süß beredt! Nur im heiligen Dunkel duftet die zarte Nachtblume der Liebe.« Mit einer raschen Bewegung löschte er die Kerzen und zog die halb Ohnmächtige zu sich in den Schoß, indem er sich auf ihr Ruhebette niedersetzte. »Das Brautgemach ist bereit, Feodorowna; umsonst ist dein scheues Widerstreben. Jetzt darf mir kein Sterblicher, kein Gott mehr das süße, heilige Recht rauben, diese holde Rose zu brechen, für mich zu brechen! Fliehe, du schüchternes Reh, verbirg dich in die weiche seidene Hülle des Lagers, das uns beide umfangen soll, fliehe, aber ich folge dir; zwei Minuten und wir sind auf ewig vereint.«

Hier ließ er die angstvoll sich Sträubende aus seinen umschlingenden Armen los. Sie wollte ihm entfliehen, aber sie wußte nicht mehr, was sie tat; bebend schwankte sie der Tür des Brautgemachs zu, öffnete sie, aber mit einem lauten Schrei fuhr sie zurück und sank bewußtlos auf den Boden nieder. Ochalskoi sprang, selbst erschreckt, hinzu, denn indem Feodorowna die Tür geöffnet hatte, sah er ihre Gestalt von dunkelroter Glut beleuchtet, und ein breiter blutiger Feuerschein fiel in das Zimmer. »Tod und Hölle, was ist das?« rief er, als ihm der glühende Widerschein aus dem Nebengemach entgegendrang. Es war das brennende Smolensk, dessen Flammen eben gewaltig durch die schwarze Decke des Rauchs brachen, die sie solange verhüllt hatte. Die Festung lag gerade den Fenstern des Brautgemachs gegenüber; die Vorhänge waren noch nicht herabgelassen. Ochalskoi hob die ohnmächtige Feodorowna empor, hielt sie in seinen Armen und suchte sie zu beruhigen. »Fasse dich, Teuere! Es ist eine furchtbare Brautfackel, die uns leuchtet, aber doch soll sie unsern holden Bund nicht stören! Die Zeit wird kommen, wo wir die Fackeln der Rache schwingen!«

Feodorownas Auge blieb geschlossen. Ochalskoi wußte nicht, ob er Hilfe rufen oder allein den Versuch machen solle, sie zu wecken. Der dunkelrote Widerschein der Feuersbrunst verhüllte die Todesblässe der Ohnmächtigen. Sie schien wie vom Rosenschimmer des Abends bestrahlt. Ochalskois Glut entzündete sich mächtiger an dem reizenden Anblicke. »Du wirst an meiner Brust erwachen, Süße«, sprach er, halb zu ihr flüsternd, halb zu sich selbst, und verlor sich in dem Anblicke ihrer Schönheit. »Ich tue, was ich darf«, rief er stammelnd, faßte sie in seine Arme und trug sie auf das bräutliche Lager. Mit bebender Hand löste er den Gürtel ihres Gewandes und öffnete die Busenschleifen, damit sie frei atmen sollte. »Feodorowna, erwache,« rief er, indem er glühende Küsse auf die hervorwallende Brust drückte; »oder nein, bleib in dieser reizenden Ohnmacht, bis du in meiner Umarmung zu einem neuen Leben erwärmt bist!« In diesem Augenblicke fielen drei Schüsse ganz in der Nähe.

»Was war das?« rief Ochalskoi und sprang auf, indem er die Geliebte losließ. Er riß hastig das Fenster auf und blickte hinaus. Der Ruf verworrener Stimmen und gleich darauf eine unregelmäßige Salve von Gewehr- und Pistolenschüssen, die aber von einer bedeutenden Anzahl unfern Kämpfender herrühren mußte, drang durch die Stille der Nacht in sein Ohr. »Überfall! Verrat!« rief er wild. »Tod und Verderben, und in dieser Stunde!« Mit diesen Worten sprang er heftig nach der Tür und stürzte hinaus. Im Schlosse herrschte schon ein unbeschreibliches Getümmel. Dienerschaft und Landleute waren zuerst durch den Ton der Sturmglocke, die die Feuersbrunst anzeigte, im Tanze gestört worden. Jetzt hatte man die krachenden Schüsse gehört und wähnte den Feind schon in den Mauern des Schlosses. Auf den Gängen und Treppen, in der Hausflur, in den Gemächern rannten Knechte und Mägde, Spielleute, Bauern und Landmädchen im verworrensten Getümmel durcheinander.

»Verrammelt die Tür!« rief Dolgorow. »Die Brücke herauf! Sammelt euch auf dem Schloßhof. Unverzagt! Es kann nur ein blinder Lärm sein!« Aber noch indem er durch diese Befehle vergeblich einige Besonnenheit und Ordnung herzustellen suchte, stürzte ein Landmann atemlos ins Schloßtor und rief: »Der Feind, der Feind! Sie überfallen uns! Flüchtet alle in den Wald!« Das erschreckte Gesinde, die Landleute und alle Mädchen stürzten mit lautem Angstgeschrei und Wehklagen in den Hof und Garten, teils um sich zu verbergen, teils um zu flüchten. Andere drängten sich durch das Schloßtor, um ihre Häuser im Dorf zu erreichen. Das Aufziehen der Brücke wie das Sperren des Tores war dadurch gleich unmöglich. Dolgorow hieb im heftigsten Zorn mit dem Säbel auf die Flüchtenden, die ihm nicht gehorchten, ein und erhöhte dadurch Schrecken und Verwirrung. Jetzt sprengte ein Trupp flüchtender Kosaken am Tor vorüber und schrie: »Der Feind, der Feind! Flüchtet, zündet an!«

Getümmel und Verwirrung waren unbeschreiblich; keiner hörte den andern mehr. »Es ist vergeblich, Widerstand zu leisten,« rief Ochalskoi, der sich indes mit Säbel und Pistolen bewaffnet hatte; »lassen Sie uns nur die Frauen retten! Wir flüchten durch den Garten und erreichen so den Wald, der uns vollständige Sicherheit gewährt!«

»Wenigstens das Tor muß gesperrt werden,« schrie Dolgorow außer sich, »sonst hilft uns die schimpfliche Flucht nichts mehr.« Jetzt fand sein Befehl Gehör, da eben der Eingang einen Augenblick frei wurde. Er selbst, Ochalskoi und drei beherzte Diener rissen schnell die Ketten, mit denen die Torflügel gegen die Mauer der Hausflur geschlossen waren, zurück, warfen die Pforte zu und schoben die eisernen Riegel vor.

Es war die höchste Zeit, denn in diesem Augenblicke sprengte Rasinski an der Spitze seiner Ulanen den Hügel heran, und kaum war das Tor geschlossen, so hörte man die donnernden Hufe ihrer Rosse auf der Zugbrücke.

Dolgorow und Ochalskoi flogen die Treppe hinan in das Brautgemach, um Feodorowna zu retten, während die Gräfin eiligst ihren Schmuck und das Notwendigste zusammenraffte, dessen sie auf der Flucht bedurfte. Das Getümmel hatte die Ohnmächtige aus ihrer Betäubung erweckt. Mit Fassung – denn äußerer Schrecken übte wenig Gewalt über sie, die jetzt nichts mehr fürchtete – hatte sie bereits ihre Kleidung geordnet, ihre wichtigsten Besitztümer – es waren nur Papiere und die Bildnisse der Eltern – zu sich genommen. Rasch warf sie den Mantel über und eilte festen Schrittes an der Seite des Vaters und des Gemahls in den Saal hinab, wo man die Gräfin antraf. Als man die Hausflur erreichte, tobten die Anstürmenden so gewaltig gegen das Tor, daß man in jedem Augenblicke ihres Eindringens gewärtig sein mußte. Doch konnten die Flüchtenden nicht sogleich den Hofraum erreichen, denn eine große Anzahl von Dienern und Knechten, die ihre Besonnenheit wiedergewonnen hatten, schleppten eben Heu, Stroh und Reisig in großen Bündeln heran, um den Torweg zu stopfen. »Wir wollen sie durch einen Feuerwall von uns trennen«, rief Dolgorow und schoß ein Pistol in das trockene Stroh ab, daß es sogleich Feuer fing. »Nur mehr Stroh, Holz und Heu heran, daß der Rauch und Qualm die Hunde ersticke, wenn sie in das Schloß eindringen wollen!« rief der erbitterte Russe, und die Diener töteten im Eifer fast die Flamme durch das rasch aufgeworfene Brennmaterial. »So, recht, ihr Bursche,« rief der Graf, »zündet das ganze Schloß an; da wir es verlassen müssen, wollen wir es wenigstens dem Feinde nicht gönnen.«

Da er sah, daß sein Befehl erfüllt wurde, eilte er nun dem Garten zu, durch den Ochalskoi und die Frauen bereits flüchteten, um durch dessen Hinterpforte den Wald zu gewinnen. In wenigen Minuten hatten auch die zurückgebliebenen Diener die Herrschaft wieder erreicht, und als man sich umsah, stieg bereits eine schwarze, dichte Rauchsäule im Schloßhofe empor. »Sie werden nicht lange im Schlosse hausen,« rief höhnisch jubelnd einer der Knechte, »denn in jedem Stalle brennt ein Bund Stroh. In zehn Mimten muß die Flamme hoch über die Schloßtürme zusammenschlagen. Sie soll uns, denke ich, auch ein Weilchen im Walde leuchten. Schade nur, daß wir die Pferde nicht mitnehmen konnten, aber dazu war nicht Zeit, vollends zum Satteln und Zäumen!«

»Schweigt jetzt,« gebot Dolgorow; »unsere Flucht sei so still als möglich.« Leise, aber mit schnellen Schritten eilten die Fliehenden vorwärts. Noch hatten sie nicht die Grenzmauer des Parks erreicht, als schon die rote Flamme hell durch die Bäume des Gartens blitzte. Durch die kleine Hinterpforte gewann man das Feld und eilte auf einem schmalen Pfade dem nahen Walde zu. Eben hatte man den Saum desselben erreicht, als eine Reiterschar im gestreckten Galopp um die Gartenmauer sprengte, um den Flüchtigen nachzusetzen. Vollen Laufes eilten diese dem Walde zu, doch die Reiter sprengten ihnen mit verhängten Zügeln nach, und noch ehe der sicher liegende Zufluchtsort erreicht war, pfiffen Pistolenkugeln durch die Luft und gleich darauf schwirrten schon die blinkenden Säbel über den Häuptern der Fliehenden.

Indessen hatte Rasinski mittels zweier rasch herbeigeschaffter Baumstämme das Tor des Schlosses gesprengt. Sowie es sich öffnete, drang ihm ein erstickender, funkensprühender Qualm entgegen. Doch plötzlich fuhr der Sturmwind durch die ihm geöffnete Bahn und jagte die Flamme hineinwärts, gegen Hof und Garten zu, und das glimmende Heu, Stroh und Reisig wurde von dem heftigen Luftstrome mit fortgetrieben; so bedurfte es keines künstlichen Mittels, um die Bahn zu brechen. In zwei Minuten hatte der Sturm es schon getan, so daß nur noch etwas Rauch und Asche in dem Vordergebäude des Schlosses die Spuren des angelegten Feuers verriet. Unverzüglich drang daher Rasinski mit seinen Scharen ein und rief: »Besetzt alle Eingänge! Laßt niemand hinaus. Boleslaw, du reitest links mit deiner Schwadron um die Schloßmauer, Jaromir rechts. Alle Gefangenen werden hierher gebracht. Niemand reite ins Dorf! Das Schloß ist der Sammelplatz für uns.« Somit sprang er vom Pferde und schritt hastig, von dem Boten, von Ludwig, Bernhard und mehreren Offizieren und Reitern begleitet, die Stiegen hinan, um das Innere des Schlosses zu durchsuchen. Leicht drang er durch die Reihe der Gemächer, in denen alle Türen offenstanden, alles die schleunigste Flucht der Bewohner verriet. Unzufrieden verweilte er endlich in dem großen Saale, indem er verdrießlich rief: »Sollte es doch fehlgeschlagen sein? Ich fürchte, das brennende Smolensk hat uns um die Beute betrogen und die Hochzeitsgäste zu früh auseinander gejagt!«

Der Bote zuckte die Achseln und erwiderte: »Meine Schuld ist es nicht, Herr Oberst; ich hatte gut berichtet. Wäre die Festung nicht in Brand geraten, so würden wir im Schloß gewesen sein, ehe ein Mensch unsere Gegenwart geahnt hätte, und die Generale sowie sämtliche andere hohe Personen wären unsere Gefangenen gewesen.«

»Ihr habt euern Lohn verdient,« erwiderte Rasinski, »nehmt.« Er warf ihm eine Börse mit Gold hin, die der Bote begierig einsteckte.

»Wenn wir jetzt nur etwas Infanterie und ein paar Kanonen hätten,« sprach Rasinski gegen die Offiziere gewendet, »so würde ich mich keinen Augenblick besinnen, damit der Armee auf die Arrieregarde zu fallen und ihr durch einen unvermuteten Angriff wenigstens einen Schrecken einzujagen. Doch so ist es nicht geraten, etwas weiter hinein ins Land zu unternehmen. Die Infanteriepatrouillen und der Pulk Kosaken, auf den wir an dem Dorfe stießen, muß doch Lärmen gemacht haben, und leicht dürfte eine überlegene Masse gegen uns anrücken, die uns bei dem einzigen schmalen Pfade des Rückzuges, den wir haben, höchst verderblich werden könnte. Ich bin also der Meinung, wir lassen zur Versammlung blasen, ziehen unsere detachierten Trupps wieder ein und gehen so still wieder über den Fluß, als wir gekommen sind.« Die Offiziere stimmten ein.

In kurzer Zeit kehrte Boleslaw, ohne auf etwas Merkwürdiges gestoßen zu sein, mit seinen Reitern zurück, bald darauf auch Jaromir. Der letzte brachte einige Gefangene von der Dienerschaft des Grafen mit. »Ich stieß,« berichtete er, »hart am Wald auf Fliehende. Es waren die Bewohner und Diener des Schlosses und einige Frauen dabei. Wir sprengten schnell auf sie ein; ein Teil flüchtete, der andere leistete Widerstand. Beim Glanz der Flammen, die von dem Schloßhofe herüberschlugen, bemerkte ich einen Offizier, der ein junges Frauenzimmer auf seinen Armen in das dichte Gebüsch, wohin unsere Pferde nicht vordringen konnten, zu tragen suchte. Rasch sprang ich ab, um ihn zu erreichen; als ich mich durch das Gehölz arbeitete und ihm nahe kam, setzte er die Dame auf den Boden und wandte sich mir entgegen. Ich rief ihm zu sich zu ergeben, doch er schoß nach mir, fehlte aber. Sogleich erwiderte ich den Schuß: er stürzte nieder. Eben wollte ich zuspringen, als einige Russen sich zwischen ihn und mich warfen und mich zurückdrängten, so daß ich fast von ihnen überwältigt worden wäre. Zum Glück erreichte ich noch eine freie Stelle, wo meine Leute mir rasch beispringen konnten. Sie arbeiteten mich los und wir machten drei Gefangene. Ihrer Aussage nach war der Getroffene der Fürst Ochalskoi, der sich heute mit der Tochter des Grafen Dolgorow, dem dieses Schloß gehört, vermählt haben soll.«

»Wäre uns wenigstens der eine Fang geglückt,« rief Rasinski unmutig aus; »doch schelte ich dich nicht deshalb, Jaromir, denn du hast mehr als deine Pflicht getan«, setzte er wohlwollend hinzu. »Aber das Glück hat uns nicht genug begünstigt! Laßt uns jetzt wieder aufbrechen, damit uns das Schicksal nicht gar noch einen ärgern Streich spielt!«

Nachdem man sich überzeugt hatte, daß unter den Gefangenen kein einziger von Bedeutung war, entließ man sie unter der Drohung, sie niederzuschießen, wenn sie sich wieder ergreifen ließen. So suchte Rasinski es zu verhüten, daß man seinen Rückweg ausspürte, weil er in dem Augenblick, wo er über den Dnjepr zurückging, durch einen Angriff in die mißlichste Lage kommen konnte. Auch wollte er die Leute bei der absichtlich ausgesprengten Vermutung lassen, daß er einen Rückhalt an einem starken Korps habe, welches in der Nacht,über den Dnjepr gegangen sei.

So setzte man sich denn wieder in Marsch, indem man die brennenden Ställe und Scheunen den Flammen überließ. Erst als sie wieder über die Furt des Dnjepr setzten und am Ufer desselben dahinzogen, bemerkte Rasinski, daß der alte Petrowski und Bliski, ein gewandter, tapferer Reiter, fehlten. Voll Besorgnis um sie sandte er Boleslaw mit einer kleinen Mannschaft zurück, um sie aufzusuchen. Zwei Stunden harrte er der Rückkehr desselben; endlich kam er, aber seine Bemühungen waren vergeblich gewesen. Die beiden wackern Kameraden schienen verloren. »Sollten wir diese beiden Tapfern zum Opfer bringen müssen?« rief Rasinski, und düstere Falten zogen sich um seine Stirn. »Freunde, laßt uns noch hoffen! Vielleicht sind sie nur versprengt und finden sich wieder zu uns. Wir müssen nun die Nacht schon vollends darangeben und wollen daher ganz langsam weiterziehen und von Zeit zu Zeit Zeichen geben. Hier sind wir ja in Sicherheit.«

So geschah es; die treuen Kriegsgenossen gehorchten gern, denn das wahrscheinliche Los ihrer Kameraden erfüllte sie mit stummer Trauer. Schmerz und Ingrimm mischten sich in ihrer Brust; still bewegte sich der Zug weiter am Ufer des Flusses dahin.

»Horch! Was war das?« fragte Rasinski den neben ihm reitenden Boleslaw. »Rauscht es nicht im Fluß? Es war, als ob am andern Ufer jemand hineinspränge. – Halt!« Sie lauschten mit scharfem Ohr. »Wahrhaftig, es schwimmt jemand herüber,« sprach Boleslaw leise; »sollen wir anrufen?«

»Wart noch ein wenig, bis wir genauer sehen; man kann nicht wissen, was es ist, denn wir sind jetzt schon dicht an der Festung. – Es sind zwei Schwimmer!« – »Wer da? Halt! Antwort!« – »Gut Freund«, antwortete Petrowski, und alles jauchzte auf vor Freude. Zwei Minuten später erreichten sie das Land. »Nur keine Umarmung!« rief Bliski, einige Kameraden drollig abwehrend; wir sind von oben bis unten voll Schlamm und Entengrütze. Brr! das Bad war frisch.«

»Woher kommt ihr zu Fuß? Redet, erzählt!« fragte Rasinski, der ihnen entgegengesprengt war. – »Bliski war mein Retter!« fing Petrowski an. – »Pah, laß mich erzählen«, unterbrach ihn der muntere Schwarzkopf Bliski. »Er stürzte, als wir nach dem Schloß zurückreiten wollten; drei russische Spitzbuben, die sich im Busch verkrochen hatten, sprangen daraus hervor und fielen über ihn her, um ihn zu plündern. Zum Glück sah ich's und fuhr unter sie. Doch einer schlug meinen Gaul mit einem Knüttel über die Nase, daß er scheu auffuhr und mich in den Sand setzte. Desto besser, dachte ich, und war schnell auf den Füßen. Gegen zwei hielten die Schufte nicht aus; aber die Pferde waren ins Feld gelaufen. Wir wußten nicht, ob das Krüppelholz nicht noch voll ähnlicher Früchte stecke, und suchten daher das Schloß zu Fuß zu erreichen, in der Hoffnung, unsere Tiere würden wohl den andern nachgelaufen sein. Doch da schnitt uns flüchtendes Gesindel aus dem Dorfe den Weg ab. Wir mußten in den Wald und kreuzten im Dunkel lange hin und her; die brennenden Dächer von Smolensk dienten uns jedoch zum Führer. Plötzlich stießen wir auf einen großen Weg, den ich gleich für die Straße nach Moskau erkannte, denn ich bin lange in Rußland gewesen und weiß hier Bescheid. Indem wir nun aus dem Gebüsch treten wollen, sieht Unteroffizier Petrowski zum Glück einen Trupp Reiter herankommen. Wir schnell unter das Birkengesträuch geduckt und keinen Laut von uns gegeben. Kaum waren die Reiter vorbei, so hörten wir das Rasseln von Kanonen, und gleich darauf sahen wir Artillerie anrücken. Es waren gegen hundert Geschütze und Pulverwagen, auch anderes Fuhrwerk in Menge; dann kam Infanterie, in langen dichten Kolonnen, dann wieder Kavallerie, kurz ein ganzes Armeekorps, das über eine Stunde lang an uns vorüberzog. Endlich wurde das Terrain frei, wir brachen hervor und sahen uns um; eine Zeitlang folgten wir der Straße, dann schlugen wir uns links und erreichten den Dnjepr in fünf Minuten.«

So voller Freude Rasinski auch war, seine Leute gerettet zu sehen, so erregte doch Bliskis Erzählung seine Aufmerksamkeit noch in einer andern Weise. Er schöpfte nämlich die fast zur Gewißheit gewordene Vermutung, daß wenigstens ein Teil der Garnison, vielleicht aber sogar die ganze, aus der Festung abgezogen sei. Deshalb beschloß er, den Versuch zu machen, durch die Wasservorstadt, die der Kavallerie zugänglich war, in die Stadt einzudringen, um der erste zu sein, der den offenen, wenngleich jetzt gefahrlosen Vorteil benutzte. Er befahl daher, in größter Stille vorzurücken, und hielt sich fortwährend dicht am Flusse. So erreichte er die ersten Häuser, ohne nur auf eine Schildwache zu stoßen. Eben begann der Tag zu grauen, als er in die Gassen einritt. Kein Laut, keine Spur verriet, daß noch Bewohner in dem halb zerschossenen, halb brennenden Steinhaufen verweilten. Man erreichte eine Quergasse; voll Erstaunen sah Rasinski auch durch diese Reiter hereinkommen. Sie waren von dem Korps des Fürsten Poniatowski; man begrüßte einander in froher Überraschung und setzte den Weg auf verschiedenen Wegen fort. Rasinski ritt dicht an dem Hauptwalle hin. Da sah er im Halbdunkel einen Menschen, behutsam umherschleichen. Er hielt ihn für einen Russen, und rief ihn in dieser Sprache an; doch derselbe antwortete nicht, sondern suchte zu entspringen. In der Hoffnung, daß der Mensch Auskunft geben könne, ob die Festung noch besetzt sei, sprengte Rasinski ihm nach, und mit Hilfe einiger Ulanen hatte er ihn bald so erreicht und umringt, daß er nicht weiter flüchten konnte. »Vive l`empereur« rief der entschlossene Soldat und legte sein Gewehr auf Rasinski an. Jetzt erst erkannte dieser die französische Uniform und verständigte sich mit dem, den er für einen Feind gehalten hatte. Es war ein Unteroffizier vom Davoustschen Korps, der den verwegenen Versuch gewagt hatte, allein über die Mauer in die Festung einzudringen. So wurde denn der Ruhm, den feindlichen Platz zuerst betreten zu haben, zum drittenmal zweifelhaft. Indessen die Hauptsache war erlangt, man befand sich darin; sehr bald überzeugte man sich auch, daß die, Russen die Festung verlassen und sich nach Abbrechung der Brücken auf das andere Ufer gezogen hatten, wo sie wahrscheinlich den daselbst gelegenen Teil der Stadt noch besetzt hielten.

Der Tag begann zu leuchten; seine Strahlen fielenlauf ein düsteres Schauspiel. Ringsum rauchende Trümmer, Haufen von Leichen, die halb blutend, halb verbrannt, meist entkleidet auf dem Boden lagen. Andere sah man ausgedörrt, schwarz vom Rauche und Brande, auf dem dampfenden Schutt; Teile des Körpers waren ganz vom Fleisch entblößt, weil die Flammen es weggezehrt hatten. Nur das nackte, verbrannte Gebein ragte noch hervor. Rasinski hatte das Regiment zurückgeführt, um die engen, durch eingestürztes Gebälk und Stein- und Aschenhaufen gesperrten Straßen nicht unnütz zu stopfen. Doch er selbst ritt, von Jaromir begleitet, wieder in die Festung zurück, um den Schauplatz der Verwüstung näher zu betrachten. »Ein trauriger Sieg,« sprach er zu Jaromir; »es scheint nicht der Mühe zu lohnen, so ungeheuere Kräfte an die Eroberung der russischen Steppen zu setzen, in denen man statt der Dörfer und Städte bald nichts mehr finden wird als die Aschenhügel, unter denen sie begraben sind.«

Selbst der fröhliche, lebensfrische, an die Gemälde des Kriegs gewöhnte Jüngling Jaromir war von einem stillen Grausen befallen, als er unter diesem dampfenden Chaos von Schutt und Leichen umherritt. »Freilich wohl,« entgegnete er auf Rasinskis Bemerkung; »und noch unbegreiflicher ist es mir, wie dieses verheerte Land die ungeheuern Massen der Völker nähren soll, die es überströmen. Ehe hier nicht aufs neue gesät und geerntet ist, sollte man glauben, daß kein lebendes Wesen sein Dasein nur einige Tage fristen könnte.«

»Der Wolf wird nach Polen und Preußen auswandern müssen,« warf Rasinski, innerlich grauend über den halb scherzhaften Klang seiner Rede, hin, »weil er hier Hungers sterben müßte. – Horch! Musik!« Es waren die französischen Garden, welche soeben mit klingendem Spiele in die Stadt einrückten. Der fröhliche Schall in dieser Stunde, in dieser Umgebung, glich dem furchtbarsten Hohne. Rasinski zog sein Pferd in eine Seitengasse zurück und ließ die Truppen an sich vorüberziehen. Die Spielleute bliesen die Marseiller Hymne, deren feurige Klänge sonst in jedem französischen Herzen die glühendste Begeisterung, in jedem Auge die Flammen des Muts entzündeten. Doch diesmal redete sie eine unverständliche Sprache zu den kampfgewohnten Scharen. Tiefer Ernst blickte aus ihren Zügen; starr hefteten sie das Auge auf die Verwüstung um sie her und zogen die schwarzen Brauen düster zusammen. Man entdeckte zwar keine Spur des Verzagens auf dem rauhen, sonnverbrannten, mit breiten Narben gezeichneten Antlitz dieser Krieger, doch auch kein Schimmer der Freude leuchtete in ihren Blicken. Mit stolz gehobener, aber finster gefallener Stirn schritten sie über Leichen, Gebeine und glühende Asche dahin; sie glichen einem heraufziehenden Gewitter in ihrer stummen eisernen Haltung.

Jetzt kam der Kaiser auf seinem arabischen Schimmel heran. Er warf die scharfen Blicke überall aufmerksam umher, ließ sich jedoch dadurch in seinem lebhaften Gespräch mit dem Grafen Lobau, der ihm zur Seite ritt, nicht stören. »Der Kaiser sieht aus wie bei der Parade in Dresden«, bemerkte Jaromir leise, doch mit dem Ausdruck des Erstaunens. – »Es ist in seiner Art,« erwiderte Rasinski, »sich im Sturme und Sonnenscheine stets gleichzubleiben. Doch wir wollen folgen; ich bin gespannt, seine nächsten Anordnungen zu vernehmen. Sie können uns vielleicht recht lebhaft in Tätigkeit setzen.« Mit diesen Worten sprengte er, von Jaromir begleitet, über die rauchenden Trümmer und neben dem Gedränge der einrückenden Kolonnen dahin, um sich dem Generalstabe anzuschließen, mit dem der Kaiser die Festung näher besichtigte.


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