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Melanesien und seine Frauen.

Mit Melanesien, nach den dunkelfarbigen Einwohnern so genannt, bezeichnet man die Kette von Inselgruppen, die sich im weiten Bogen um die Nordostecke Australiens lagern. Alle Inseln sind vulkanischen Ursprungs, gebirgig und stark bewaldet. Einzelne, wie z. B. das gewaltige Neu-Guinea, die größte Insel der Erde, die um die Hälfte größer ist als das Deutsche Reich, sind noch in ihrem Innern unbekannt. Die Melanesier stehen kaum auf einer höheren Stufe der Gesittung als die festländischen Australier. Die an Stelle von Melanesier früher viel gebrauchte Bezeichnung »Papuas« gilt heute meist nur für die Bewohner Neu-Guineas und des Bismarck-Archipels.

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Abb. 15. Mädchen von der Astrolabe-Bai auf Kaiser Wilhelms-Land, 16 Jahre alt. (Bismarck-Archipel.)

Die melanesische Rasse ist wahrscheinlich aus einer Vermischung von malaiischen Völkern mit den negroiden Urbewohnern Australiens entstanden, wobei vermutlich das letztere Element das numerisch stärkere war, da es sich an dem neuen Typus am stärksten bemerkbar macht. Ihre Haut ist dunkelkupfer bis schokoladenfarbig. Charakteristisch sind die »wilden Frisuren«. Dabei ist das Haar nicht wollig, sondern nur stark gekräuselt. Die Schafte verteilen sich nicht über den Kopf, sondern wachsen in einzelnen Büscheln; jedoch ist die unförmliche Ausdehnung des Haarwuchses meist nur ein Werk der Kunst. Die tiefliegenden Augen, über denen die Brauen stark hervorstehen, blicken wild und mißtrauisch; die Nase ist öfters semitisch geformt. Für die Frauen sind noch besonders bezeichnend ein gedunsener, vorstehender Bauch, schmale Schultern und schlanke zarte Arme und Beine; doch sind ihre Hände und Füße groß. Die Brüste fand ich öfters tief herabhängend, zuweilen auch, besonders auf Neu-Guinea, europäischen Formen verwandt. Die Stirn ist schmal, der Mund groß, die Lippen sind dick und etwas aufgeworfen, aber nicht wulstig.

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Abb. 16. Papuafrauen von Merauke (Neu-Guinea) in vollem Schmuck.

Die Melanesierinnen sind eitel und unbeschreiblich empfindlich. Wegen eingebildeter Kränkungen vermögen sie stundenlang zu weinen und in lauten Reden ihr Leid zu klagen. Beim Tode ihres Mannes gehen sie an dessen Verwandte über. Obgleich weit besser gestellt als die Australierinnen, werden sie dennoch von ihrem Gebieter sattsam zurückgesetzt und dürfen gleich jenen nicht an seiner Mahlzeit teilnehmen. Von der Anmut und den Zierden des Familienlebens der Polynesier, die wir später kennen lernen werden, ist bei ihnen nichts zu bemerken. Betrachten wir nun die einzelnen Stämme.

 

Die Frauen der Papuas.

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Abb. 17. Papuafrau aus Irewowona (Yassiassi) zum Tanze geschmückt.

Wie gesagt, wollen wir unter Papuas im engeren Sinne allein die Völker auf Neu-Guinea und im Bismarck-Archipel verstehen, die zum Teil unsere politischen Landsleute geworden sind. Alle Versuche, sie einer Zivilisation zuzuführen, sind bis jetzt so gut wie gescheitert. Der europäische Farmer ist schon zufrieden, wenn sie nicht ihre Speere in seine Rippen stecken oder die Güte ihrer Keulen auf seinem Haupt versuchen, was von Zeit zu Zeit immer noch vorkommt.

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Abb. 18. Junges Papuamädchen von den Admiralitäts-Inseln. Der schön geschmückte Körper zeigt zahlreiche Ziernarben.

Der Anblick ihrer plumpen, knochigen, graulich-schwarzen Weiber mit den aufgeschwemmten Leibern, den scheußlichen Frisuren, dem vorstehenden großen Mund mit schwarz gefärbten Zähnen wirkt wenig ästhetisch. Nur unter den jungen Mädchen, die auch wohlgenährt und oft recht rundlich erscheinen, sich auch die Zähne noch nicht färben, sieht man hier und da erträglich hübsche Gesichter. Obwohl sie am Strande wohnen, ist den Papuas Waschen und Baden so gut wie unbekannt, wogegen sie überaus gern ihren Körper beschmieren, bemalen oder in unvollkommener Weise tätowieren.

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Abb. 19. Papuamädchen aus Motu (Neu-Guinea). Die V-förmige Tätowierung zwischen den Brüsten zeigt an, daß sie heiratsfähig ist.

Bei den jungen Mädchen auf Neu-Pommern herrschen musterhafte Keuschheit und gesittetes Betragen wenigstens gegenüber den Europäern, doch hält sie Pfeil für unsittlich, wenn sie unter sich sind. Dagegen verleugnen die Neu-Mecklenburgerinnen ihre niedere Moral nicht einmal Fremden gegenüber. Bei diesen findet sich übrigens der sonderbare Brauch, daß, wenn sie ihre Kinder verloren haben, sie ihre Brüste jungen Schweinen reichen. »Ich habe wiederholt Weiber gesehen,« erzählt Pfeil, »in deren Armen ein kleines, dünnes, langbeiniges, langschwänziges, stachelhaariges, schwarzes Schwein im Alter von etwa sechs Wochen behaglich sich rekelte, und mit ungeduldigem Grunzen nach der Brust langte.« Wie wir später sehen werden, begegnet man dieser Sitte nicht nur in Neu-Mecklenburg, sondern auch noch bei anderen primitiven Völkern in Südamerika und Afrika.

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Abb. 20. Frau von den Anachoreten-Inseln.

Die Geburt eines Kindes, besonders eines Mädchens, wird keineswegs mit Jubel begrüßt. Abortivmittel werden allgemein angewandt, indem die Schwangere von einer Anhöhe springt, sich den Leib massieren läßt oder ein Gebräu aus Baumrinde genießt; doch ist zu bezweifeln, daß dieses letztere allein die gewünschte Wirkung erreicht. Unfehlbar wird abortiert, wenn ein Kind von einem Europäer zu erwarten ist.

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Abb. 21. Mädchen von der Matty-Insel.

Oft tötet die Papuafrau das neugeborene Kind, indem sie ihm die Hand so lange auf den Mund legt, bis es erstickt ist, oder ihm die Brust eindrückt, bis das kleine Herzchen aufgehört hat zu schlagen. Doch gibt es auch Ehepaare, die eine Geburt herbeiwünschen. Alsdann machen sich die Mütter mit vieler Besorgtheit um den kleinen schwarzen Weltbürger der Zukunft zu schaffen. Pfeil erzählt darüber folgendes:

»Vor seiner Geburt schon ist er der Gegenstand abergläubischer Fürsorge und Furcht, und durch allerhand Kasteiungen, Entbehrungen oder Handlungen sucht die Mutter das erwartete Wesen zu beeinflussen. Sie genießt oder vermeidet gewisse Speisen, die jedoch der Mode unterworfen sind, damit das Kind schön und stark werde, dichten Haarwuchs, gute Zähne habe und wohlgestaltet sei. Fühlt die Mutter den Tag ihrer Entbindung herannahen, so begibt sie sich an den Meeresstrand und wirft sich, belastet mit einem Stein, den sie in beiden Händen trägt, in die Brandungswelle. Diese ist mitunter so stark, daß ein Entgegenstemmen und Aufrechtstehen unmöglich wird; das Weib wird schonungslos untergerollt, steht aber mutig wieder auf, um von neuem sich der Brandung entgegen zu stürzen. Damit glauben die Weiber sich eine leichte Entbindung und dem Kinde Wohlbefinden gesichert zu haben. Aus diesem Grunde sind sie auch taub für alle Vorstellungen der Europäer gegen eine so augenfällig verderbliche Sitte. Zu bemerken ist indessen, daß durch diese Gewohnheit anscheinend niemals Früh- oder Fehlgeburten herbeigeführt werden, wenigstens konnte ich keine in Erfahrung bringen und auf das Gewaltbad zurückführen.« Mehr als zwei Kinder werden aber nicht begehrt, finden sich daher nur in seltenen Fällen.

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Abb. 22. Salomo-Insulanerinnen in vollem Schmuck, mit rotgefärbtem Haar.

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Abb. 23. Die erste Stufe der Zivilisation. Eine von Missionaren gebildete eingeborene Lehrerin und ihre Zöglinge auf den Salomo-Inseln. Als Abzeichen höherer Gesittung tragen sie anstatt der Lava-Lava ein buntes Kattuntuch um die Lenden, den Sulu.

In früher Jugend macht sich schon ein Ausdruck von Roheit im Gesicht der Papuas geltend. In der Kindheit bestehen ihre Spiele darin, die Erwachsenen nachzuäffen. So tragen die Kleinen Holz herbei und Wurzeln, um sie auf einem imaginären Feuer zu rösten. Kaum daß sie laufen können, müssen sie der Mutter helfen, Holz aus dem Wald schleppen u. a. m. Roheit macht sich auch in ihren Handlungen gar bald bemerkbar. So pflegen die Buben ihre kleinen Schwestern mit ausgesuchter Brutalität zu traktieren. Nie darf aber die Mutter das Söhnchen dafür züchtigen, während der Vater in solch einem Sprößling den künftigen Helden und Mann erkennt.

Früh ist das Papuamädchen reif. Tritt die Pubertät ein, so muß sie sich zunächst etwa zehn Monate lang zurückziehen. Bald darauf, im Alter von neun bis zehn Jahren, wird sie geheiratet. Alte Jungfern, d. h. unverheiratete Mädchen über fünfzehn Jahre, gibt es unter ihnen nicht.

Die Brautwahl erfolgt streng nach dem System des Totem; Zuwiderhandelnde werden unbarmherzig getötet. Die Brautwerbung übernimmt der Onkel mütterlicherseits oder der Bruder des Freiers mit dessen Zustimmung.

Polygamie ist Brauch, doch findet sich wegen Weibermangels meist nur die Ehe mit ein oder zwei Frauen; sechs wäre die Höchstzahl. Übrigens lieben die Papuafrauen, denen Eifersucht wie Liebe zu ihrem Gatten gleich fremd sind, den Zuwachs durch andere Weiber. Wird ihnen doch, denen das Eheleben nichts weniger als eine Folge von Freuden ist, auf diese Weise ihre eigene Arbeit erleichtert.

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Papuaweib aus dem Rego-Distrikt (Brit. Neuguinea).

Ehebruch kommt selten vor, wird dann aber grausam mit dem Tode des Weibes bestraft. Geltung in der Gesellschaft ist für die Papuafrauen ausgeschlossen. Vielmehr sind sie hier wie in so vielen andern Ländern die besseren Sklavinnen und die Lasttiere ihrer Männer. Zu ihrer Beschäftigung gehört auch die Teilnahme am Fischfang und am Landbau. Gefangene Frauen werden als rechtmäßige Sklavinnen schonungslos behandelt. Übrigens gilt bei den Papuas Notzucht nicht als Verbrechen; im Gegenteil, die jungen Leute rühmen sich offen solcher Taten.

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Abb. 24. Neu-Kaledonierin. (Den Papuas verwandt, gehört ebenfalls zur melanesischen Familie.)

Der Unterschied in den Physiognomien der Frauen im Archipel und in Neuguinea ist nicht unerheblich, doch würde eine Unterscheidung hier zu weit führen. Zum Archipel gehören auch die kleinen Anachoreten-Inseln. Die Frauen sind hier von ziemlich kleiner Gestalt, dabei aber wohlgenährt; ihre Nasen sind auffallend breiter als die der Männer.

Abb. 25. Jugendliche Salomo-Insulanerin.

Sagen wir nun noch ein paar Worte über die Haartracht, obgleich die Papuas keineswegs so viel Gewicht auf diese Zierde ihres Hauptes legen wie ihre salomonischen Nachbarinnen. Am meisten finden sich die zu spiralen Büscheln gedrehten Haare. So auch in der Humboldtbay, wo beiläufig die Frauen besser gebaut und auch etwas heller als die Männer sind. In der Regel wird das schwarze oder schwarzbraune Haar kurz getragen und nur bei festlichen Gelegenheiten zu großen Perücken geformt. Bei den Motu im Port-Moresby-Distrikt (im Süden), die man zu den relativ hellsten Papuastämmen zählt, deren Physiognomien auch zivilisierter erscheinen, ist das Haar lockig, jedoch nicht wollig, und wird von den jungen Mädchen lang getragen, von verheirateten Frauen aber rasiert. Auch völlig schlichtes Haar findet sich hier und da, zweifellos ein Beweis des Überwiegens malaiischer Mischung.

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Abb. 26. Jugendliche Salomo-Insulanerin

Die Papuafrauen gehören zu den wenigen Stammen, die völlig nackt umhergehen. Nur an den Küsten, wo sie mit Europäern in Berührung kommen, ist ihnen dies verboten. Hier findet sich wenigstens an der »Vorderfront« die bekannte Lava-Lava, die bisweilen auch rings um die Lenden herumreicht. Mit Hals- und anderem Schmuck versehen sie sich je nach ihrem Wohlstand. Nur bei den Arfak im Arfakgebirge (unweit Doreh), wo noch strengste Zucht herrscht, bekleiden die Eltern bereits die kleinsten Kinder, die kaum laufen können, wie Erwachsene mit Lava-Lavas.

An den sehr beliebten Festen und Tänzen nehmen auch die Frauen teil, bald allein, bald mit den Männern; doch soll bei den berühmten Duk-Duktänzen den Frauen einiger Stämme verboten sein, zuzuschauen.

 

Die Frauen der Salomo-Inseln.

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Abb. 27. Salomo-Insulanerin mit der Lava-Lava bekleidet.

Die Salomoninnen sind von tiefschwarzer, fettglänzender Farbe. Ihre Stellung ist auf den einzelnen Inseln sehr verschieden. Auf einigen ist ihr Los ein recht hartes; gleich den meisten Papuafrauen und den festländischen Australierinnen gelten sie den Männern nicht viel mehr als Lasttiere, denen die härteste Arbeit aufgebürdet wird. Auf anderen, besonders auf den Eilanden der Bougainville-Straße, wo einst der bekannte Häuptling Gorai auf Zucht und Ordnung hielt, geht es ihnen besser. Sie werden weniger mit Arbeit belastet, sind daher oft wohlgenährt und erscheinen angenehm an Körper und Zügen. Die Weiber der Häuptlinge sind sogar von aller Feldarbeit befreit. Sie sind die Gefährtinnen des Gatten, bleiben in der Hütte, um ihn zu unterhalten, wenn er zu Hause ist, und sind erfahren in Handarbeiten aller Art. Man rühmt diesen Frauen das gleiche Selbstbewußtsein und die Energie nach, für die ihre Männer bekannt sind, die, wie man weiß, zu den blutdürstigsten Anthropophagen der Gegenwart zählen. In ihrem Wesen ist die Salomonin ziemlich zutraulich, in ihren Sitten keusch und züchtig. Der Reisende Romilly erzählt: »Wenn man von einer alten Frau mit ›Mein Kind‹ angeredet wird, so kann man sich auf sie verlassen. Sie wird einem bis zur letzten Möglichkeit beistehen und warnen, wenn Gefahr im Verzuge ist.« Auf die Jungfernschaft Unverheirateter wird viel Gewicht gelegt, und Fehltritte zeitigen oft die Ermordung der Schuldigen. Die Salomonin wird in frühester Kindheit verlobt und lebt dann zunächst in der Familie des Bräutigams. Polygamie ist Landesbrauch; gewöhnlich hat der Salomone zwei Weiber, nur die Häuptlinge besitzen deren mehrere, und die Mühe der Missionare ist gerade dadurch erschwert worden, daß die Eingeborenen sich weigern, ihr Besitztum an Weibern zu vermindern. Der vorhin genannte Häuptling Gorai soll 80-100 Weiber gehabt und sie gut behandelt haben. Die grausame Sitte, die erheischte, daß die Frauen der Häuptlinge unmittelbar nach dessen Tode im Schlaf erdrosselt werden, ist jedenfalls bei Gorais Witwen nicht angewendet worden.

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Abb. 28. Neu-Kaledonierin melanesischen Stammes.

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Abb. 29. Fidschimädchen in der Lava-Lava.

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Abb. 30. Neu-Kaledonierin polynesischen Stammes.

 

Die Frauen der Neuen Hebriden und Santa Cruz-Inseln.

Verwandte melanesische Stämme, doch wohl mit polynesischem Blut gemischt, bewohnen diese mit Urwildnis bestandenen Gruppen, die auch wegen ihrer zahlreichen, ewig brodelnden und Verderben speienden Vulkane bekannt geworden und wegen der beständig herrschenden Malaria, unter der auch die Eingeborenen zu leiden haben, gefürchtet sind. Die Farbe der Insulaner ist tief dunkel. Die Frauen, deren Brüste weit herabhängen, sind fast durchgängig von abschreckender Häßlichkeit, noch häßlicher als ihre Männer, was in allen Fällen auf das harte Los, das ihnen in ihrer sogenannten Häuslichkeit zufällt, zurückzuführen ist. Man sagt, daß sie Affen gleichen, besonders wenn sie in vorn übergebeugter Haltung durch das Dickicht huschen. Auf einzelnen der Santa Cruz- (oder Königin Charlotte-)Inseln erscheinen sie gänzlich verkommen, klein, mager und mit Geschwüren bedeckt, während sie auf anderen sich besser konservieren. Bis zum zehnten Jahre laufen sie völlig nackt umher, später bedecken sie ihre Scham mit einem an einer Gürtelschnur hängenden Blätterbüschel. Beliebt sind Bemalungen einzelner Körperteile. Nur der Häuptling pflegt mehrere Frauen zu haben, deren oft ausbrechenden Zank er durch sein Machtwort beschwichtigt.

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Abb. 31. Fidschi-Insulanerin. Die Züge und das filzige Haar, an die Papuas erinnernd, sind bezeichnend für die melanesische Familie.

Keuschheit der jungen Mädchen und züchtiges Wesen der Frauen wird auf beiden Gruppen bedingt; Ehebruch bestraft der beleidigte Gatte. Der Preis einer Frau beträgt drei Schweine bzw. zwei Flinten, die an den Schwiegervater zu zahlen sind. Auf den Neuen Hebriden brechen oft Fehden um Frauen und besonders wegen Frauenraub aus, obgleich auch dem Neu-Hebridier das Weib nur als ein niedriges zur Fronarbeit geborenes Wesen gilt. Alle Arbeit liegt in ihren Händen. Sie gräbt, pflanzt, sät, sammelt die Früchte und muß sie oft selbst in die Vorratshütten oder auf den Markt schaffen, wo sie gegen andere Erzeugnisse ausgetauscht werden. Sie schafft das Wasser herbei, sammelt die Lebensmittel für die Familie und bereitet sie zu; sie besorgt die Handarbeiten für das Haus und die Hausgeräte, flicht Decken aus Blättern und Borke, stellt die Tongefäße für die Küche her und ist geschickt in der Herstellung von allerlei Luxusgegenständen im Geschmacke der Eingeborenen, wie Hals- und Armbänder, Ketten aus Hülsenfrüchten und Schalen usw. Die Mädchen werden sehr jung verheiratet und sind nach den Berichten einer Missionarin sehr fruchtbar. Sie nähren ihre Kinder bis in deren drittes Lebensjahr.

 

Die Neukaledonierinnen und Loyalty-Insulanerinnen.

Auf Neukaledonien, der entlegenen französischen Sträflingskolonie, finden sich, seltsam genug, zwei anscheinend verschiedene Völker, ein sehr dunkles und ein sehr viel helleres, über deren ethnische Zusammensetzung man noch nicht im klaren ist. Hingegen haben sie alle mehr oder weniger die gleichen Sitten und Gebräuche.

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Abb. 32. Typische Fidschianerin mit wohlgeordneter Haartracht.

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Abb. 33. Fidschi-Insulanerin. Das herabfallende Haar ist ein Zeichen, daß sie unverheiratet ist.

Die Neukaledonierin liebt das Tätowieren ihrer Haut. Sie ist weit sittsamer gekleidet als viele andere Melanesierinnen, indem sie einen 18-22 cm breiten, mit langen Fransen bedeckten Gürtel um den Leib trägt. Das Mädchen ist mit zwölf bis dreizehn Jahren reif, heiratet aber erst mit sechzehn bis siebzehn und hört mit fünfundzwanzig zu gebären auf. Heiraten unter Verwandten werden gemieden; als besonders schimpflich gilt das Heiraten von Verwandten väterlicherseits, doch wird jedem Mann die Witwe seines verstorbenen Bruders als Gattin aufgehalst, selbst wenn er schon mit einem Eheweib versehen ist.

Infolge Frauenmangels sind viele Neukaledonier unvermählt, andere haben eine Frau (was wohl als das normale anzusehen ist), Bessersituierte drei bis vier und nur Häuptlinge haben ein Dutzend und mehr Weiber. Ich finde bis zu zwanzig erwähnt, von denen aber die aus den unteren Klassen erwählten nur als Kebsweiber gelten.

Dem Mann ist sein Weib nur Magd und Spielzeug; er behandelt sie schlecht und duldet sie nicht einmal bei seiner Mahlzeit. Dabei ist er aber eifersüchtig; er kann sie ohne weiteres verstoßen und im Falle eines Ehebruches töten, ebenso den Ehebrecher. Zum Glück pflegen jedoch die verheirateten Insulanerinnen treu und züchtig zu sein, nachdem sie vor ihrer Ehe als junge Mädchen geschlechtliche Freiheit in reichem Maße genossen haben.

Mit Scheu sehen die Neukaledonierinnen dem ersten Verkehr mit dem Manne entgegen, dann aber werden sie, leidenschaftlich wie ihr Temperament ist, oft genug zu Messalinen. Wie bei vielen andern Naturvölkern ist auch hier die Frau zu gewissen Zeiten »tabu«, d. h. unberührbar für ihren Mann; so zur Katamenialzeit, während der Schwangerschaft und während des drei Jahre lang andauernden Stillens.

Wie keine Zweite ist unsere Insulanerin in Abortiven bewandert, unter deren Mitteln eine »Bananenkur« besonders beliebt ist. Die Mühe des Stillens und des Aufziehens der Kinder erscheint ihr eben als eine Qual; auch wünscht sie sich ihre körperlichen Reize länger zu erhalten. Ziehen wir alle diese Umstände in Betracht, so ist die geringe Anzahl von Kindern, schließlich das bevorstehende Aussterben dieses wie so vieler anderer Völker der Südsee, nur allzu begreiflich.

Den vorigen nahe verwandt sind die Bewohner der Loyalty-Inseln (zu denen mitunter auch Neukaledonien gerechnet wird). Hier herrscht Polygamie in größerem Umfange. Gewöhnliche Insulaner pflegen 3 bis 4, Häuptlinge 20 bis 40 Frauen zu haben, woraus wir auch auf die größere Zahl von Frauen und sittlichere Gebräuche schließen können. Tatsächlich werden die Frauen der Loyalty-Insulaner nicht nur weniger hart, sondern oft mit Auszeichnung behandelt. Ja, die Beleidigung einer Frau durch den Mann eines benachbarten Stammes würde als gerechtfertigte Veranlassung für eine Befehdung der beiden Stämme gelten. Auf einzelnen Inseln, z. B. auf Uwea, wird auch Keuschheit der jungen Mädchen bedingt. Bei Festlichkeiten verlangt der Brauch, daß Männer und Frauen gesondert tanzen.

 

Die Fidschi-Insulanerinnen.

Es ist etwa ein halbes Jahrhundert her, daß die Bewohner der Fidschi- oder Viti-Archipels als die berüchtigtsten aller Anthropophagen der Erde galten. Den Geschmack für Menschenfleisch hat ihnen aber die britische Regierung gründlich verdorben, so daß in den durchaus zivilisierten Städtchen Suva und Levuka heute nur noch die ältesten Greise erzählen könnten, wie ehedem »eine Portion Menschenbraten« geschmeckt hat. Die Fidschianer zählen ebenfalls zur melanesischen Völkerfamilie, obwohl ihnen nicht wenig polynesisches Blut beigemischt ist. Zweifellos ist es dieser günstigen Mischung zuzuschreiben, daß die Fidschi-Insulanerin alle übrigen Melanesierinnen an körperlichem Reiz übertrifft. Man gewahrt eine gewisse Grazie und in den Zügen öfters schön gezogene Linien, die an die Polynesierinnen erinnern; andererseits aber zeigt die Fidschifrau wieder ein melanesisches Merkmal – geringere sinnliche Leidenschaft als jene. Immerhin sind wirklich schöne Gesichter und vollendet anmutige Gestalten nur vereinzelt und auch nur unter den jungen Mädchen anzutreffen. Im allgemeinen nähert sich der weibliche Typus dem männlichen. Nach ihrer Heirat welken sie bald und werden dann recht häßlich.

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Abb. 34. Unverheiratete Fidschi-Insulanerin.

Die schokoladenbraune Haut fühlt sich rauh an. Das Gesicht zeigt eine hohe und an den Seiten wie zusammengedrückte Stirn, tiefliegende schwarze Augen und unter der etwas abgeflachten Nase den für die melanesische Rasse charakteristischen breiten Mund mit dicken Lippen. Das ungepflegte schwarze Haar ist dick und sehr kraus, so daß es wollig erscheint. Auffallend sind die stark hervorragenden Warzenteile der sehr vollen birnenförmigen Brüste. Im ganzen ist die Gestalt ziemlich üppig.

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Abb. 35. Eine Fidschi-Insulanerin von hohem Rang. Melanesisch-polynesischer Übergangstyp.

Die Fidschianerin, die noch keine Zivilisation angenommen hat, bekleidet sich mit einem Gürtel, »liku« genannt, von dem Fransen aus der Hibiskusrinde hinabgehen, die bei Verheirateten bis zu den Knieen reichen. Bei diesem Volke sind es die Männer, die auf die Frisur großes Gewicht legen und für die Herstellung ihrer unförmigen Haarturbans eine Anzahl von Haarkünstlern beschäftigen. Die Frauen scheren das Haar gewöhnlich kurz, die Mädchen lassen es lang wachsen; alle aber schmücken es mit Schildpattnadeln, Kämmen aus Kokosblattrippen, Federn und besonders mit Blumen.

Auf die Keuschheit der jungen Mädchen wird wohl acht gegeben. Die Ehefrauen pflegen treu zu sein, sind aber trotzdem der Harte und oft Grausamkeit des Mannes ganz preisgegeben. Polygamie ist landesüblich. Der Mord neugeborener Kinder, besonders weiblichen Geschlechts (und ohne Ausnahme der unehelichen), dürfte auch heute unter britischer Verwaltung nicht ganz ausgerottet sein. Auch die Abtreibung der Leibesfrucht steht in Blüte. Wie bei vielen andern Völkern der Südsee bleibt auch hier die Frau drei bis vier Jahre nach der Geburt eines Kindes dem Manne völlig fremd. Daher tun die Missionare unrecht, der Polygamie zu steuern, wenn sie gleichzeitig einem Aussterben des Volksstammes vorbeugen wollen.

Nach einem alten Gesetz durften Bruder und Schwester nicht miteinander sprechen; doch finden diese und andere alte Gebräuche heute immer weniger Anwendung. Die Erziehung der Kinder läßt viel zu wünschen übrig; Strafen sind unbekannt. Das Los der Fidschi-Insulanerin ist ein recht hartes. Sie hat die ganze Wirtschaft zu führen, verfertigt Zeug und Matten, nimmt teil am Fischfang und ist das Lasttier auf Reisen. Der Fischfang gilt den Frauen indessen als ein Sport, der mit Leidenschaft getrieben wird. Einen reizenden Anblick genießt man von den Küsten dieser paradiesischen Eilande, wenn in abendlicher Stunde das Meer weit und breit von Hunderten von kleinen Lichtern der zum Fischfang ausziehenden Insulaner beleuchtet erscheint.

Den Fidschis verwandt sind die Bewohner der Banks-Inseln.

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Fidschi-Insulanerin.

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Abb. 36. Fidschimädchen in halb europäischer Tracht. Das Mädchen links ist ein Halbblut (von europäischem Vater).

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Abb. 37. Fidschi-Insulanerinnen beim Flechten.


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