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»Ich wache ja. O laß sie walten
Die unvergleichlichen Gestalten,
Wie sie dorthin mein Auge schickt!
So wunderbar bin ich durchdrungen.
Sind's Träume? Sind's Erinnerungen?
Schon einmal warst du so beglückt.«
Als die Gefährten staunend von den Masten
Die Insel aller Seligkeit erschauten,
Zu der des Meisters Wille sie gesteuert,
Da priesen sie den Kühnen, lang Verhaßten,
Der sie mit Glut und Sehnsucht angefeuert.
Doch er, als Ziele ihm entgegenblauten,
Wandte sich still. Er fürchtete das Rasten.
Sein Herz verging in Weh, als die Gefährten
Mit irrer Inbrunst diese Ufer grüßten,
Die licht und schön wie Gottes Traumbild waren.
Mit Duft und Lied umfingen sie die Gärten
Und lockten lieblich mit den wunderbaren
Bekränzten Frauen, die an süßen Brüsten
Die letzte Sehnsucht sie vergessen lehrten.
Und als das linde Band der Rosenmauer
Sehnsucht und Seligkeit in sich vermählte,
Der Wollust Fackel purpurn aufgeglutet
Und wilde Wellen fremder Jubelschauer
Wie höhnend in die Einsamkeit geblutet,
Die sacht sein Herz zu neuer Inbrunst stählte,
Da schritt er abseits in verhüllter Trauer,
Und ruhte, wo mit wehmutsdunklen Zweigen
Zypressen träumten und die Sykomoren
Sich finster ballten, wie verstrickte Hände.
Tieftraurig sang der Wind auf fernen Geigen,
Und traurig sprach er sich sein Lied zu Ende:
»Was er besaß, das war ihm schon verloren,
Und nur, was er ersehnte, noch sein eigen.«
Sanft blühte aus der Nacht das Unbegrenzte,
Die letzte Lust, die noch sein Sinn begehrte.
Die Ferne funkelte mit zitternden Rubinen ...
Und als der Himmel sich mit Sternen kränzte,
Die ihm wie Kronen kühner Taten schienen,
Da schritt er einsam mit dem blanken Schwerte
Zum Strande, wo ein Tempel silbern glänzte,
Und ließ auf den verlassenen Altären
Die goldnen Spangen, die ihm nutzlos deuchten.
Noch einmal fing sein Blick die dunkle Runde:
Dann stieß sein Ruder trotzig von den Schären
Das Boot ins Meer. – Auf seinem blassen Munde
Stand Schweigen. Doch die Stirne trug das Leuchten
Der Gottversucher, die nicht wiederkehren ...
Nacht. – Die schlummernden Saaten hauchen
Heißen sinnbetäubenden Duft,
Dünste steigen in silbernen Rauchen
Aus der schwülen stockenden Luft.
Fernher droht ein Gewitterleuchten
Über dem dunkelnden Horizont.
Wolken umkreisen gleich aufgescheuchten
Vögeln den gelblich glimmenden Mond.
Und die Donner grollen mit schweren
Rufen in das harrende Land.
Über die reifen rauschenden Ähren
Streift es wie eine schweigende Hand ...
Zu Gott, hoch über dem wandernden Wind
Flehen die Äste mit frierenden Armen:
Erbarmen! Erbarmen!
O sieh, wir waren schon frühlingsbereit,
Nun sind
Wir wieder in weißer Wehmut verschneit,
Und ist doch schon Blühen in unserm Blut.
O schenk uns den warmen
Lenzatem deiner urewigen Glut
Und scheuche den scharfen schneidenden Schnee
Von unseren Blüten. Er tut
Ihnen weh ...
»Und ein Feuer fuhr nieder vom Herrn und
verzehrte die zweihundertfünfzig Mann.«
Der Abend kam durchs Sternentor der Welten
Und stillte der Empörer lauten Groll.
Wie Todesschatten lag auf ihren Zelten
Das Schweigen bange und erwartungsvoll.
Jäh unter sie war eine Angst getreten,
Und auf die Lippen, noch von Flüchen schwer,
Klomm blaß ein erstes Lallen von Gebeten –
Da zog schon fern ein dumpfes Rauschen her.
Ein Blitz fuhr auf ... Die Nacht ward steil zerbrochen,
Ein Feuerstrom sank aus der starren Wand
Und mitleidslos, wie es sein Wort versprochen,
Schlug alle Frevler Gottes starke Hand.
Mit Dunkel füllte sich die Himmelsschale,
In Wolkenflut ertrank des Mondes Horn,
Jehovas Sturm posaunte durch die Tale,
Und von den Höhen wetterte sein Zorn.
Ich weiß nicht mehr, wie mein Leben war,
Bevor ich die Frauen kannte.
Ich weiß nur, ein dunkles Beben war
In meinem Blute, wenn ich zur Nacht,
Aus einem lockenden Traum erwacht,
Die Dinge mit fremden Namen nannte.
Da warf ich mein Fieber in Bücher und Bild,
Bis sie mir ganz gehörten,
Durch die Gassen stürmte ich wild
Und durch die dunkelnden Gärten.
Alle Dinge, die ich berührte,
Schienen mir Rätsel und raunende Worte.
Ich fühlte vor mir die offene Pforte
Und war doch zu zag,
Die andern zu fragen, wohin sie mich führte.
Und wußte es endlich an einem Tag.
Kaum sinn ich noch, wer die erste war,
Von der mir die wilde Erkenntnis kam.
Mir ist nur, als ob ihr gelöstes Haar
Mich manchmal wie flüsternder Duft umwehte
Und ihre sterbende Mädchenscham
Noch einmal in meine Augen flehte.
Doch ich nahm
Sie hart, wie Tiere ihre Opfer packen,
Nahm sie in trotziger Knabenart.
Da, – durch den Schleier der Wollust sah
Ich glühend nah
Ihr Auge in eigenem Lichte flacken.
Dieser seltsame Blick!
Von Haß und Qual ein brennender Stoß
Und doch namenlos
Glänzend von einem quellenden Glück,
Tiefster Traum dem Trotze gepaart,
Als zitterten diese gierigen Augen,
Mit ihrem Hasse mich in sich zu saugen,
Als ob das Feuer, das rot sie durchrollte,
Mich ganz in den Flammen vernichten wollte.
Und ein tolles Verlangen hat mich gedrängt,
In allen Frauen
Ewig nur mehr diesen Blick zu schauen,
Tiefste Sehnsucht, begehrendes Grauen,
Weigern und Wille und Widerstand
Funkelnd in einem einzigen Brand. –
Und die sinkende Hand und über den Wangen
Wie stürzende Welle das rote Verlangen,
Die wilde Minute,
Da allen Sinnen das Band zerreißt
Und lodernd im Blute
Die Flamme des ewigen Willens kreist.
Seit jenem Tage hab ich verlernt,
Die laue Anmut der Städte zu sehn,
Die Wolken, die über die Wälder wehn,
Mit den Frühlingswinden über das Feld
Erschauernd zu gehn.
Mein Himmel ist nur mehr mit Frauen besternt
Und schwingt um mich als ewige Welt.
An ihnen zähle ich Stunden und messe
Tage und Taten nach ihrem Maß,
Denn der Tag, an dem ich keine besessen,
Ist einer, an dem ich zu leben vergaß.
Oh, von des Dunkels sinkendem Pfad
Leise schauernd ins laue Bad
Ihrer weißen Leiber zu gleiten,
Und von ihren vollen
Atmenden Brüsten
Wie von weichen Wellen gehoben
Zu den fernen lockenden Küsten
Unbekannter Lüste zu rollen,
Ganz in die purpurnen Tiefen der schwülen
Fremden Seelen sich einzuwühlen.
Und dann des Morgens die schimmernden Ranken
Ihrer Arme, die wild mich umblühten,
Sanft zu lösen von atmender Brust,
Nicht mehr zurücksehn, nicht mehr ihr danken,
Vorwärtsfiebernd mit neuerglühten
Sinnen fort in die Ferne zu wandern
Hin zu den andern
Harrenden Meeren der ewigen Lust.
Mein Weg geht weiter, ich halte nicht Rast.
Der Sehnenden Schrei,
Der Stöhnenden Fluch,
Der Verlassenen Schmach
Hetzt mir nach,
Doch schrill wie ein Tuch
Reißt hinter mir mein Leben entzwei.
Dem Unbekannten bleib ich nur Gast,
Was ich erstrebte, ist nicht mehr Begehr,
Was ich erlebte, leb ich nicht mehr!
Mein Weg geht weiter, wie durch den Wald
Gottes zornige Stürme brechen.
Ich werde nicht alt.
Die Gewalt
Der Sehnsucht befeuert
Mein Blut und erneuert
Den Willen, den tausend Siege nicht schwächen.
Denn jenes tiefste Geheimnis ist mein
Zu sein
Wie das Feuer, kaltfunkelnd im Edelstein,
Glut aus allen Poren versprühend
Und nie doch verglühend.
Der Atem von jenen, die ich bewältigt,
Hat meine Kraft nur vertausendfältigt.
Meine Seele flammt von der andern Licht,
Sie funkelt: und doch, sie verzehrt sich nicht.
Sie aber reißen sich nicht mehr los!
In allen den andern, die später kamen,
Liebt ihre Seele nur meinen Namen.
Aus zuckendem Schoß
Werfen sie Kinder ins Leben hinein.
Die sind nicht mein
Und ziehen doch nur meine Träume groß.
In ihren Augen
Glimmen die Funken von meinen Gelüsten,
Und sie saugen
Das Fieber aus ihrer Mütter Brüsten.
So kreist mein Wille in ewiger Flut,
Sie erben die Glut,
Und stumm schon hinter des Todes Türen
Werd ich noch tausend Frauen verführen.
Aber manchmal scheint dies alles so klein!
Denn hart vorüber am suchenden Blick
Laufen Straßen ins Land zurück.
Und Städte mit vielen Menschen sind
Irgendwo weit hinter Woge und Wind,
Und viele Frauen müssen dort sein,
Sanfte Frauen mit wiegendem Gang
Und heiße, von vielen Träumen ermattet,
Kinder, in deren Abendgesang
Ein erster fremder Gedanke schattet.
Alle
Haben mich nie gesehen,
Alle
Müßten erglühend vor mir stehen.
Der Gedanke verstört
Mein Glück, daß nicht alles mir gehört.
Ich will es nicht denken,
Daß Frauen sich auch an andre verschenken.
Ich wollte sie alle an meinen Händen,
Alle fühlen wie funkelnde Ringe,
Alle besitzen und alle verschwenden.
Ich möchte die Welt wie ein glühendes Weib
An meine verlangende Seele betten
Und ihren Leib
Mit den Flammen meiner zwei Arme umketten.
Alles, was lebt und lockt in den Dingen,
Möchte ich wie eine Frau bezwingen.
Doch was ich erfasse, es ist nur Teil.
Die Sehnsucht, der ewig glühende Pfeil,
Ob ich ihn rastlos ins Ferne versende,
Ewig schmettert sein Schwung am Ende
Bodenwärts
Und bohrt sich brennend ins eigene Herz.