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Wenn aber die jungen Leute des Dorfes der Elsbeth begegneten, die da blühte wie eine Rose, schlug Niemand vor ihr ein Kreuz, sondern Jeder nickte ihr den freundlichsten guten Tag; und wenn sie vorbei war, blieb wohl Mancher gar still stehen und sah ihr nach. Denn Elsbeth war eine schöne Frau, und sie schien mit jedem Tage schöner zu werden, daß sich selbst die Mädchen in Goldenthal darüber wunderten. Dennoch war sie nicht kostbarer gekleidet oder geputzter, als andere Frauen waren. Aber man mochte sie sehen Sonntags oder Werkeltags, Morgens oder Abends, sie war immer, als wollte sie zum Tanz gehen. Sie arbeitete in der Sonnenhitze auf dem Felde und im Garten; sie ging in den Stall und besorgte Kuh und Schwein; trug Gemüs und Eier zum Verkauf in die Stadt – und dabei war sie allezeit sauber und zierlich, und kein Fleck an ihren Kleidern.
»Ich glaube beinahe, die kann auch schon hexen!« sagte die Löwenwirthin, indem sie eine Prise Schnupftabak nahm, und sich die Nase mit dem Aermel wischte.
»Ja wohl!« sagten die jungen Männer alle: »Die kann es. Wenn Elsbeth nicht schon verheiratet wäre, sie würde uns allen die Herzen aus dem Leibe hexen, so schön ist sie!«
Und die verheirateten Männer im Dorfe verfuhren gar oft grob mit ihren Weibern, und gaben ihnen Schmähworte und Ohrfeigen, daß sie nicht auch so schön geblieben waren, wie die Schulmeisterin. Dann heulten die Weiber und fluchten und schworen und zerkratzten ihren Männern das Gesicht mit ihren langgewachsenen Nägelkrallen.
Zwei Mädchen, welche Elsbeths Freundinnen waren und bald Hochzeit machen wollten, kamen zu Elsbeth und sprachen: »Du bist nun seit Jahr und Tag eine Frau, und bist so hübsch wie eine Jungfrau. Und alle Männer bewundern dich, und alle Weiber müßen dich beneiden. O Elsbeth, sage uns an, wie du das machest? Denn siehe, du weißt es, sobald bei uns eine Tochter einen Mann hat, wird sie häßlich und wüst, und die Liebe hört auf. So ist es nicht bei dir.«
Die junge Schulmeisterin antwortete und sprach: »Ich will es euch sagen. Die Weiber haben allein die Schuld. So lange sie Jungfrauen sind, und den jungen Burschen gefallen wollen, schmücken sie sich, und alles Geld, was sie haben und verdienen, stecken sie in neuen Putz. Da sind sie sauber und glatt, daß ihre Stirn glänzt an der Sonne, und ihr Haar ist wie gemalt. Haben sie endlich einen Mann, da denken sie nicht mehr daran, gefallen zu wollen. Da gehen sie des Morgens lange umher mit Stroh und Bettfedern im ungekämmten Haar; vergessen, sich jedesmal zu waschen, wenn sie unrein werden, und denken, wenn sie recht wüst kommen, das stehe einer Frau gut, und man sehe ihr an, daß sie viel handthiere. Dann muß gespart werden; der Mann braucht Geld, und man kann es nicht mehr, wie als Tochter, in allerlei Putzkram stecken. Das Gewand wird alt und beschmiert und schadhaft; das Ausbessern kostet viel Geld, und Selbermachen hat keine gelernt. So gewöhnt man sich an Lumperei und Sudelei, und die Frau wird vom Unflath entstellt und wüst, weil sie nichts mehr auf sich hält. Und sie wird endlich dem Manne selbst gleichgültig oder zum Ekel, und dann kommt der Unfriede ins Haus, sobald die Frau mit Löchern in den Strümpfen geht.«
Die Mädchen sprachen: »Elsbeth, du hast wohl Recht.«
Die junge Schulmeisterin sagte: »Als ich den Oswald nahm, dachte ich sogleich darauf, wie ich ihm beständig gefallen könne, denn ich hatte ihn gar lieb. Und ich nahm mir vor, noch mehr auf mich selber zu halten, als zuvor, und nie vor seinen Augen zu erscheinen, als gewaschen und zierlich, allzeit mit unbeflecktem Gewand. Darum nahm ich sorgfältig meine Kleider in Acht; darum mußte es in meinem Stall und in Küche und Keller so sauber sein, als in einer Stube. Der geringste Fleck in meinem Anzuge mußte sogleich ausgemacht werden. So blieben meine Kleider wie neu, und ich selber blieb darin meinem Manne alle Tage neu.«
Die Mädchen sprachen: »Aber Elsbeth, die Zeit zerreißt endlich das sauberste Gewand; woher ein neues Kleid anschaffen, wenn der Mann kein Geld gibt?«
Elsbeth antwortete: »Ich gebrauche weniger Geld zu Kleidern, als Andere. Denn ich bessere mit wenigen Nadelstichen das kleinste Loch aus, damit es nicht größer werde. So kostet es nichts als Faden und Zwirn. Andere aber tragen ihr Zeug, bis es alt ist, und lassen daran, was schadhaft ist; dann wird aus einem kleinen Loch ein großes, und in kurzer Zeit wird alles zu Fetzen, und man muß neues Gewand kaufen, während ich immerfort mein altes trage und damit viel Geld erspare. Hausfrauen, die nicht flicken und nähen können, verschwenden großes Geld und gehen doch wie aus dem Koth gezogen.«
Als Elsbeth solche Worte redete, wurden die Beiden Mädchen roth, und fingen an zu weinen und sprachen: »Wir haben nicht so sauber nähen und flicken gelernt, wie du. Das wird uns viel Schaden im Hause bringen, und wir sehen viel Leiden voraus, und wir können es nicht ändern.« Und die Mädchen gingen traurig weg.
Darauf erzählte Elsbeth ihrem Manne das Gespräch mit den Freundinnen und sagte, sie wolle beide nähen und flicken lehren, denn es erbarme sie, wenn die beiden Mädchen sollten unglücklich werden.
Oswald drückte seine gute Frau an sein Herz und sprach: »Damit wirst du dir einen Segen Gottes verdienen und selber ein Segen dieses Hauses werden. Nicht nur die beiden Mädchen lehre, sondern Alle, die von dir lernen wollen. Viele Haushaltungen im Dorfe werden arm und elend bei aller Arbeit und Mühe, weil die Weiber nicht die rechte Haushaltungskunst verstehen. Sie verstehen nicht, ihre Gärten mit allerlei gesundem Gemüse zu bepflanzen, damit sie Abwechslung bei den Speisen haben. Wollen sie einmal gut kochen, thun sie viel Speck und Fett und Schmalz und Oel an, und kostet viel, und wird doch nichts Rechtes, sondern ein ungesundes Essen. Die schlechte Nahrung setzt schlechtes Blut ab und böse Säfte. Davon kommen Krankheiten, die kosten viel Geld, und mit dem Arbeiten geht es bei kränklichen Leuten schlecht. – Eben so ist's mit den Kleidern. In den Dörfern sind wohl Näherinnen, aber weil sie mit dem Nähen ihr Geld verdienen, hüten sie sich wohl, Andere anzuweisen. Die nun nicht flicken und nähen können, gehen mit Löchern in Aermeln und Strümpfen, oder so grob geflickt, daß das Geflickte ärger dasteht, als das Zerrissene. Immer muß bald wieder Neues angeschafft werden, das kostet viel Geld und macht arm. Es ist wohl himmelschreiend, daß nicht in jedem Dorfe wenigstens eine brave, verständige Frau ist, eine Pfarrerin oder Haushälterin des Pfarrers, eine Amtmannsfrau oder eine Müllerin, oder Eine, die das Kochen und Gärtnen, das Nähen und Flicken versteht, und unentgeltlich die Bauerntöchter unterrichtet. Das würde viel Geld und Wohlstand im Dorfe behalten, und viele frohe, glückselige Ehen machen. Elsbeth, geh', verdiene dir einen großen Gotteslohn.«
So sprach Oswald.
Und alsbald ließ Elsbeth freudig ihre zwei Freundinnen kommen, und zeigte ihnen alle Tage in einer Feierabendstunde die Kunst, beim Nähen des Weißzeuges feine, gleichmäßige Stiche zu machen, abgeriebene oder schadhafte Stellen der Kleider, oder Risse in denselben so säuberlich zu vernähen, daß man den Schaden kaum sah. Sie lehrte sie, Hemden für Männer, Weiber und Kinder zu schneiden, mit möglichster Benutzung der Länge und Breite der Leinwand. daß es nicht viel Abfall gab; eben so Strümpfe aus Wolle und Baumwolle stricken, mit zierlichen Zwickeln, oder die Löcher darin unsichtbar machen. Sie führte sie im Haus umher; da war beständig aufgeräumt, denn Alles hatte seinen Platz, und wer etwas gebrauchte, legte es sogleich wieder an den Platz, wohin es gehörte. Und sie führte sie in den Stall und Keller; da war es reinlich und trocken, und weil man immer gern säuberte, war nie darin auf einmal viel zu thun. Und sie führte sie in den Garten, und lehrte sie allerlei Küchenkräuter säen und setzen, und wenn sie reif waren, wie man sie bewahren und benutzen könne zu schmackhafter Nahrung. Und sie führte sie in die Küche, und lehrte sie die Speisen sauber und reinlich bereiten, und kochen mit wenigem Fett und einfacher Zuthat, daß dennoch alles sehr angenehm, nahrhaft und gesund ward. Zuweilen wurde sogar ein Braten gemacht und kostete wenig. Elsbeth hatte von der Mutter gelernt, in der Geschwindigkeit allerlei Suppen zuzubereiten und das Fleisch auf allerlei Weise zuzurichten, und für den Winter Bohnen, Sauerkraut, Kohl, Gurken und anderes Gewächs einzumachen.
Die beiden Mädchen wunderten sich sehr, denn sie hatten dergleichen bei ihren Müttern nie gesehen, und freuten sich, wenn sie Hochzeit gehabt hätten, wie sie ihren Männern gütlich thun wollten, ohne daß es mehr kostete, als sonst.
Da sie nun andern Mädchen sagten, was sie bei der Schulmeisterin alles erfuhren und lernten, und wie sie ganz wie die Elsbeth werden wollten, kam von den andern Mädchen eins um das andere zur Elsbeth und bat, ebenfalls ein wenig unterrichtet zu werden Zuletzt ward es bei der Elsbeth wie eine wahre Schule. Denn weil Elsbeth allen jungen Männern gefiel, wollten alle Mädchen wie Elsbeth werden.
Oswalds Frau hatte wohl Anfangs etwas Mühe, hintennach aber befand sie sich gar wohl dabei. Denn nun hatte sie viel Hülfe im Garten und im Stall, und Andere mußten für sie zuweilen kochen, und Andere für sie feines Zeug nähen, wenn es sonst nichts zu thun gab. Und man sah es schon folgendes Jahr vielen Gärten bei den Häusern im Dorfe an, daß da neue Ordnung hineingekommen sei. Und eine Nachbarin schaute der andern über den Hag, und sah, was sie pflanze oder säe, und wie sie es mache, und bettelte um Setzlinge oder Samen. Danach, wie der Sommer und Herbst kam, trugen viele Bauernweiber vom Ueberfluß ihres schönen Gemüses zum Verkauf in die Stadt, und brachten schönes Geld wieder nach Hause. Das machte allen große Freude, nur denen nicht, die es nicht so hatten. Die gingen dann auch zur Elsbeth und fragten um dies und das. Und Elsbeth gab guten Rath, und Alles, was sie wußte und, seitdem sie unterrichtete, noch selber gelernt hatte. Sie that das sehr gern, denn sie war herzgut, und Worte sind ja nicht kostbar, zumal jungen Weibern.
Das erwarb der Schulmeistern viele Liebe und angenehmen Ruf, und Jedermann lebte ihr zu Gefallen. Und alle Welt im Dorfe hatte rechtes Mitleiden mit der hübschen guten Frau, daß sie den Oswald zum Manne habe, weil er doch in die Hölle müsse. Denn man wußte wohl, er sei ein Hexenmeister, der böse Künste treibe und mit Leib und Seele verloren gehe.