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Garten zu Alhambra. Eine Terrasse, von Rosengebüsch umgeben. Tief im Hintergrunde ein erleuchtetes Gartenhaus, aus dem Musik schallt. Mondhelle Nacht.
Mohadin Zegri und Albin Hamar stürzen aus dem Palaste. Ihnen folgen: Malique Alabez, Almoradi Vanega, Gomel, Hamet Zegri und Almansor.
Mohadin.
Hierher, du Prahler, hier in's Freie 'raus!
Das Schwert gezogen, das so feig
Als deine Zunge keck und tapfer ficht!
Albin Hamar.
Bewähren soll es dir auf frischer That,
Daß ich ein Mann sey, der dir Rede steht!
Dein Drohen schreckt mich nicht und deine Stärke,
Auf die du trotzest! Dir in's Angesicht,
Stirn gegen Stirn sag' ich's noch einmal: Ja,
Der beste Ritter dünk' ich mich zu seyn
In Granada; den König, meinen Herrn,
Der mir gebietet, einzig nehm' ich aus,
Mohadin.
Elender Sklave, den ein Bastard zeugte!
Gomel.
Erkenne in den Zegris deine Herrn,
Die einst Cordova's Königskrone trugen.
Alabez.
Das lügst du, Gomel!
Vanega.
Könige sind wir!
Hamar.
Verleumder seyd ihr Zegris, Ritter nicht!
Almansor (das Schwert ziehend).
Nimm den Verleumder hin!
Mehrere Stimmen.
Das Schwert gezogen!
(Allgemeines Getümmel.)
Vorige. Muca tritt aus dem Palaste und stürzt sich zwischen die Kämpfenden. Die Musik verstummt im Palaste.
Muca.
Seyd ihr von Sinnen? Ras't ihr, Benceragen?
Was ficht euch an, ihr Zegris? – Friede! – Fort!
Die Schwerter in die Scheide! – Schreckt so wenig
Des König« Näh' euch, daß vor seinen Augen
Ihr Streit beginnet und die Schwerter zieht?
Mohadin.
Rühmt sich der Knabe keck in's Antlitz mir:
Er sey ein Besserer als ich!
Hamar.
Ich bin's!
Mohadin
Du lügst!
Muca.
Zur Ruhe, sag' ich! – oder fürchtet
Des Königs Zorn, der gegen euch entbrannt
In heft'gem Eifer, weil des Festes Freuden
Mit ungestümem Hader ihr gestört. –
Geweihet war die Nacht der frohen Lust;
Ihr aber habt der ritterlichen Art
So ganz vergessen, daß mit Streit
Die königlichen Hallen ihr entwürdigt;
Entäußert jedes Anstands, der euch ziemt,
Hat euch der Frauen holde Nähe nicht
Den Muth gebändigt, Würde nicht gelehrt.
Und dort, wo Sitte herrschen soll und Scham,
Im Kreise zücht'ger Schönheit, milder Huld,
Habt ihr ein störrisch mildes Wesen kund gegeben! –
Euch dieß zu künden, sandt' der König mich
Mit strengem Auftrag; denn fürwahr! es spielt
Mit seinem Leben, wer des Streites Funken
Noch einmal aufbläst, daß er Flamme wird.
Geendet auf des Königes Befehl
Der schnell den Saal verlassen, ist das Fest,
Der Reigen ist verstummt, und scheu entflohn
Aus dem Getümmel sind die zarten Fraun,
Wo ihre Gegenwart sich nicht geziemt.
(Zu den Zegris,)
Doch ihr, die ihr die Schuld der Störung tragt,
Und eures Königs Zorn verfallen seyd,
Mögt morgen Gnade flehn zu seinen Füßen!
Nun ziehet ruhig eures Weges fort!
Alabez.
Du sprachst ein weises und verständig Wort,
Und viel gerathner acht' ich's, zu gehorchen.
Hamar.
Des Königs Wille treibt mich nun von hier,
Dem ich mich füge, wenn auch freudig nicht;
Doch ausgefochten wird noch dieser Streit,
Wo Ort und Zeit sich uns gelegen zeigen.
Mohadin.
Und müßt' ich, deinem Schatten gleich, dir folgen,
Du sollst und dein verderbliches Geschlecht
Nicht meiner Rach' und meinem Haß entrinnen!
(Muca geht ab, Die Abenceragen folgen.)
Mohadin Zegri. Hamet Zegri. Gomel. Almansor.
Almansor.
Hört mich, ihr Zegris, Krieger, meine Freunde!
Ergreift die Stunde; günstiger erscheint
Als diese auch die kommende uns nicht.
Ist, innern Lebens voll, die Frucht gereift,
Und drängt und treibt hervor aus ihrer Hülse,
So brecht sie ab; die überzeitige,
Sie welkt, und eingeschrumpft fällt sie vom Baume.
Hamet.
Durchdacht ist unser Plan, ist reif zur That.
Almansor.
Säumt ihr noch länger, dorrt des Kernes Mark,
Und nur die trockne Schale bleibt zurück.
Hamet.
Laßt Augenblicks uns fort zum Kampfe eilen,
Es hüllt in günstig Dunkel uns die Nacht.
Almansor.
Das Blut so vieler edlen Zegris trieft
Vom Schwerte der Abenceragen nieder;
Mein tapfrer Bruder fiel durch ihre Hand.
Sie häufen Schmach auf Schmach und Hohn auf Hohn!
Hamet.
Ihr Reichthum ist's, der sie vermessen macht,
Almansor.
Kommt, folgt zur Stadt mir. –
Mohadin.
Hört erst meinen Rath.
Ihr kennt mich Alle, wißt, daß ich nicht zage,
Wenn mich die Lanz' umsaust, wenn Schwerter blinken;
Ihr saht im blut'gen Waffenspiel der Schlacht
Wohl Manchen todt vom Rosse niedersinken,
Dem ich die Glieder löste und in Nacht,
Vom Leben abgethan, die Seele sandte.
Gomel.
Wir kennen deinen Muth, du gabst uns Proben,
Mohadin.
Deß Leib aus Felsensteinen nicht gehaun,
Und der verwundbar ist dem blanken Eisen,
Er mag sich nahn, ich will in's Aug' ihm schaun,
Mich ihm ein Mann aus Lanz' und Schwert beweisen,
Mir ist der Sturm der Schlacht willkommnes Spiel,
Und dennoch rath' ich euch – es nicht zu wagen.
Almansor.
So sollen höhnend die Abenceragen
Und ungestraft an uns vorübergehn?
Mohadin.
Nichts kann's uns nützen,
einen Mann zu schlagen;
Sie sind nicht todt, bis nicht der letzte fiel.
Almansor.
Soll ungesühnt mein tapfrer Bruder liegen,
Kein Rächer ihm aus seinem Blut erstehn?
Mich soll nicht kühlend mehr die Luft umwehn,
Wenn ungebraucht ich dieses Eisen trage!
Mohadin.
Euch schlägt das Herz nicht feuriger als mir
Für unsre Ehr' und unsres Stammes Macht;
Was eure Brust entzündet und entflammt,
Ist Feuer, das aus meinem Busen stammt,
Ist Gluth, von meinem Odem angefacht! –
Auf meinem Haupte, ich gesteh' es frei,
Will ich Granada's Königskrone schauen,
Mein Leben wag' ich, gilt es diesen Preis.
Gomel.
Erring' ihn dir, du bist der Würdigste,
Und soll ein Zegris herrschen, mußt du's seyn.
(Für sich.)
Bis ich dir folge.
Mohadin.
Trugen Zegris doch
Des Reiches Zepter von Uralters her.
Das Anrecht unsres Stammes lös' ich ein.
Gomel (bei Seite).
Für mich, den Erben.
Hamet.
Auch der Schätze viel
Sind noch verborgen, die das Eigenthum
Der königlichen Zegris einst gewesen.
Mohadin.
Was ihnen sonst gehört, es falle wieder
An die beraubten Eigner nun zurück.
Almansor.
Wenn den Abenceragen es genehm.
Mohadin.
Sie leben nur, so lang' es euch gefällt.
Almansor.
Hemmst du allein doch den erhobnen Arm!
Mohadin.
Auf leichtrem Wege sichr' ich das Gelingen.
Gomel.
So laß uns hören, was dein Rath ersann.
Mohadin.
Dem Argwohn offen ist des Königs Sinn,
Der, düstern Geistes, Schlimmes stets besorgt.
Im tiefen Grunde seiner finstern Brust
Wälzt unaufhörlich sich das Rad der Zweifel,
Vom Strome bösen Blutes umgetrieben;
Furchtsam und vor dem eignen Schatten bebend,
In scheuer Sorge über Freveln brütend,
Die nur die Angst vor seine Blicke malt,
Sinnt er auf Rache schon für arge Thaten,
Die noch zur Stunde nicht geschehen sind.
Gomel.
Doch unentschlossen ist er, gilt's Gewalt,
Mohadin.
Nicht, wenn ein starker Rückhalt ihm gewiß.
Zwei Güter sind's, die ängstlich er bewacht,
So wie verborgne, unterird'sche Schätze
Der immer wache Kobold sorgsam hütet:
Die Herrschaft und sein Weib. Dort greift ihn an,
Zugleich an Beiden. Schreckt ihn auf. Es lähmt
Der jähe Blitzschlag Geist ihm und Besinnung.
Werft einen Brand in den gehäuften Zunder,
Macht eure Feinde zu den seinen: dann
Leiht euren Arm dem Feigen! Ruft in's Leben
Die blut'gen Träume seines heißen Hirnes,
Und, beim Propheten! Wunder sollt ihr sehn.
Gomel.
Ein kühner Anschlag, würdig deines Geistes.
Mohadin.
Dieß wohl bedenkend, mein' ich morgen schon,
Wenn anders Ort und Zeit sich günstig zeigen,
Vor seines Thrones Stufen mich zu stellen,
Und der Abenceragen ganzen Stamm,
Sie Hochverrathes und versuchten Mordes
Auf Leib und Leben zeihend, klag' ich an.
Almansor.
Nicht beifallswerth scheint mir dein Vorsatz.
Gomel.
Ei!
Strebt man nach Oben, bleibe Rücksicht fern,
Die in den Staub uns zieht, am Niedern haftet.
Wer eine Krone will, greif' auch nach ihr.
(Zu Mohadin.)
Dir stimm' ich bei.
(Für sich.)
So denk' auch ich's zu halten.
Hamet.
Doch höchst gefährlich scheint mir das Beginnen.
Gomel.
Doch ist der Preis wohl werth, daß man es wage.
Was Jeder will, entschlossen werb' er d'rum.
Du willst die Schätze der Abenceragen –
Nach Rache dürstest du für schwere Kränkung:
Nun – nehmt, was euch gelüstet! Kriegsstand ist,
Und gilt es, Todesfeinde zu verderben,
Ist List erlaubt wie offene Gewalt.
Mohadin.
Bist du so strengen Glaubens nun, Almansor?
Hast du den Tag vergessen, wo durch List
Dich Albin Hamar um den Preis betrog
In dem Turniere? Du zum Spott den Lachern,
Ein Hohnbild, standest vor den Fraun und Rittern?
Hast du's vergessen? – Rache schwurst du da;
Und heute scheust du dich, ein feiger Knabe,
Sie dir zu holen auf dem nächsten Wege?
Almansor.
Beim Allah! – Nein!
Mohadin.
Und war es nicht geheim
Verübter Mord, in dem dein Bruder fiel?
Almansor.
Im Blute räch' ich ihn der Benceragen.
Gomel.
Das heißt gesprochen wie ein Mann!
Hamet.
Bedenkt
Die Königin! Vom Stamm der Benceragen,
Wird sie gelassen sehn der Ihren Mord?
Mohadin.
Sie selbst auch klag' ich an; sie falle mit!
Das erste Opfer und das nöthigste.
Hamet.
Doch habt ihr –
Gomel.
Stille! – Seht, was regt sich dort?
Almansor.
Ich höre Stimmen.
Hamet.
Menschen nahen.
Mohadin.
Fort!
Nah' an dem Ufer ist ein stiller Ort,
Wo nichts uns stört; laßt dort uns, im Gebüsch
Verborgen, still, das Künftige besprechen.
Willkommen ist ja Dunkel dem und Nacht,
Der ausgeht, hohe Beute zu erjagen.
Es hält der Schütze in der Dämmrung Wacht;
Am Ufer landet, eh's beginnt zu tagen,
Mit starkbewehrtem Arme der Korsar;
Im Schutz der Nacht naht sich der Krieger Schaar,
Und pflanzt das Banner auf des Feindes Wällen.
Ja, rauschen Quellen nicht in Silberwellen
Aus finsterm Erdschacht, aus der Tiefe Schooß?
So wachs' auch unsre That im Dunkel groß;
Bald wird die Nacht zum Tage sich erhellen!
(Sie gehen ab.)
Die Königin Alfänna, Zelima, Esperanca treten aus dem Palaste.
Königin.
Wie lieblich ist es hier, so lau und mild!
Die Blumen duften rings im stillen Dunkel,
Nur von den süßen Sternen angeschaut,
Erschließt die Rose, liebend und vertraut,
So holden Augen ganz des Busens Fülle.
Laßt uns die warme Luft, die buhlend spielt
Um Blatt und Blüthe, laßt sie uns genießen;
Lustwandeln gehn: dort, wo die Wasser fließen
Des schönen Genils, wo die Schwäne singen,
Auf klarem Spiegel monderhellter Fluth,
Auf der die Nacht mit tiefem Schweigen ruht.
Zelima.
Gesteh', o Königin, so schönes Fest,
Wie heut, so wackre Ritterschaft,
An Adel und an Ruhm so hochbegabt,
Solch einen Kranz von wunderholden Frauen
Wird nicht so bald Alhambra wieder schauen.
Königin.
Des Festes Störung hat dich hart betrübt,
Denn ein verbundner Freund der zarten Liebe
Ist ja der Tanz. Er läßt die Saiten rauschen,
Daß freundlich tauschen die geheimen Triebe
So Blick als Worte, wo nicht Späher lauschen;
Unruh' dem Herzen gab des Festes Ruh',
Des Festes Unruh' wünschest sehnlich du.
Zelima.
Ich muß gestehn, zu tadeln find' ich sehr,
So frohe Stunden ungeschlachtet, roh
Durch Zank zu stören. Doch fürwahr,
So sind die Männer alle, rauh und wild.
Königin.
Doch deine Augen, meine Esperanca,
Sind auch, wenn Alles fröhlich, feucht und trübe.
Esperanca.
O, du hast nie geliebt, kennst nicht die Qual.
Königin
(ihre Augen trocknend).
Die Thräne straft dich Lügen, Esperanca!
Komm in die Laube dort. – Aus
meinem Munde
Erfahre dann von
deinem Herzen Kunde.
Gazul. Dann Alonzo in maurischer Tracht.
Gazul.
Hier ist der Ort, dieß sind Alhambra's Gärten,
In denen heut zu festlichem Gelage
Der Adel Granada's versammelt ist.
Wohl manchen edlen Ritter siehst du hier
Und manche Dame in den dunklern Gängen
Sich still begegnen, flüchtig Wort und Gruß
Und Liebesblicke tauschend, oder hörst
Zu der Guitarre süß und schmelzend klagen.
So stell' auch du dich an zu gleichem Spiele,
Ich such' im Innern des Palast's indessen,
Ob mir's gelingt, die Königin zu sprechen.
Leicht wird des Bruders Bitte sie bewegen,
Daß sie lustwandeln geh' in lauer Nacht;
So kann's geschehn, wenn günstig dir das Glück,
Daß du sie siehst. – Doch, Freund, bei deinem Leben
Sey mir beschworen: nicht ein einz'ger Laut,
Kein Zug des Athems, nicht des Laubes Beben
Verrathe dich! Ein Auge, das dich schaut,
Und dem Verderben bist du übergeben!
Alonzo.
Schließt euch zum Tode denn, glücksel'ge Augen!
Könnt ihr nur einmal in die Sonne blicken,
Erblinden mögt ihr dann! – O, süß Entzücken,
Sich ew'ge Nacht aus so viel Lichte saugen!
Alonzo (allein).
Nein, nicht länger kann ich's ruhig tragen,
Dir so nah', dich, Holde, doch zu meiden.
Sollt' ich heute noch vom Leben scheiden,
Sollt' ich mich durch Wog' und Flamme wagen,
Meiner Liebe soll es freundlich tagen,
Deine Schönheit soll mein Auge weiden,
Liebesblüthen sollen hold mir keimen!
Liebesblüthen sollen hold mir keimen;
O ihr süßen Lichter, Sterngebilde,
Helle Augen, die ihr klar und milde,
Glänzend wandelnd in den dunklen Räumen:
Lampen, die der Nacht Gewand umsäumen,
Goldne Funken auf dem dunklen Schilde,
Leuchtet mir auf meinem Liebeswege!
Leuchtet mir auf meinem Liebeswege:
Denn ihr seyd vertraute stille Zeugen,
Zart Geheimniß wißt ihr zu verschweigen.
Rausche, Quelle, Lüfte, säuselt rege
Durch das blühend duftende Gehäge,
Daß, gibt Herz und Seele sich ihr eigen,
Uns kein fremder Lauscher möge hören!
Uns kein fremder Lauscher möge hören;
Denn es späht der Neid mit arger Tücke
Nach dem scheu verborgnen Liebesglücke,
Möchte gern die zarten Freuden stören,
Die der Nacht und Stille angehören!
Daß ich dich zum Wonnetempel schmücke,
Berge mich, du Blüthenwald der Rosen!
(Er verbirgt sich hinter das Rosengebüsch. Man hört den Klang einer Zither.)
Königin Alfänna. Esperanca. Zelima.
Königin
(rasch hervortretend).
Horch! Klang der Zither? O, holdselig Spiel,
Wie dringst du lieblich durch die traute Stille!
O Quell der Sehnsucht, du versiegter Strom
Des alten Glückes, wirst du wieder wach?
Du Welt der Wonnen, strahlst du wieder neu,
Von heitrer Liebessonne angelacht?
Regst du die Flügel, o Erinnerung,
Brecht ihr hervor, ihr sel'gen Schmerzen all'?
(Sie bleibt in horchender Stellung stehen.)
Wie ist mir? – sind's Träume?
Wiegt gaukelnd die Seele
In Schlummer sich ein?
Verschwanden die Räume?
Die Zeit seh' ich fliegen,
Weit hinter mir liegen
Die Stunden der Pein! –
O, seyd mir willkommen,
Ich höre euch wieder,
O himmlische Lieder,
O Töne der Lust,
Von neuem entglommen! –
– Ihr glühenden Klänge,
O Liebesgesänge,
Zieht ein in die Brust!
Zelima.
Was ist dir, Königin? Dir selbst entrückt
Seh' ich dich plötzlich.
Esperanca.
Sprich, was dich entzückt?
Königin
(sie anblickend, nach einer Pause).
Habt Dank, daß ihr mich mahnet an mich selbst,
Und erdwärts wieder ziehet aus dem Himmel
Die trunkne Seele in die Wirklichkeit.
(beide umschlingend.)
's gab eine Zeit, ihr Lieben, lang' entflohn,
Wo Alfänna weilt' auf schönern Sternen;
Nun war es mir, als ob, aus weiten Fernen
Herüber zitternd, sich ein leiser Ton
Verklungner Lust mir an den Busen schmiege.
So – fort mich schaukelnd aus des Fittigs Wiege –
Trug des Entzückens Lichtstrom mich davon.
Ich schwang mich auf mit leuchtendem Gefieder;
Doch schnell geendet war der kurze Flug,
Und in der trüben Heimath bin ich wieder.
Zelima.
O, rede deutlich, daß ich dich verstehe!
Esperanca.
Den treu verbundnen Herzen gib Vertrauen,
Und laß uns hell, was dich betrübet, schauen.
Königin
(an Esperanca's Brust sinkend).
Mir war, als fühlt' ich Don Alonzo's Nähe.
Vorige. Alonzo stürzt zu der Königin Füßen.
Er ist's, er ist bei dir! – O hehre Nacht,
Die mich umschließet, nein, du trügst mich nicht!
O Lust der Himmel! ihr zu Füßen lieg' ich,
Umfasse ihre Knie –
Königin.
O Gott! ist's möglich?
Zelima.
Verwegne That!
Esperanca.
Ihr seyd verloren, Ritter!
Zelima.
Verloren bist du selbst, o Königin!
Esperanca
(Zelima fortziehend).
Fort! laß uns lauschen, daß sich niemand nahe.
Königin. Alonzo.
Alonzo
Ich athme wieder eine Luft mit dir,
Die Steine gießen ihre Strahlen wieder
Auf Alfänna's Antlitz, das ich schaue.
Königin
O Leben, laß mich los! Entzücken, tödte!
Alonzo
Zurückgekehrt ist mir des Glückes Sonne,
Des Baumes welke Krone grünet neu,
Aus jungen Knospen dringt der Zweige Laub
Und wieder Mark fühl' ich im Kern des Stammes
Erzeugend treiben, Leben ist in mir!
Königin
O Gott, wo bin ich?
Alonzo
(will sie umschlingen).
An der Liebe Brust!
Königin
Barmherz'ger Himmel! was beginnst du?
Alonzo
Rede!
Den alten Klang der Stimme laß mich hören.
O, laß mich träumen, weil doch nur ein Traum
Dieß kurze Glück, den flücht'gen Schaum
Der Stunden laß mich schlürfen, nicht zurück
Zieh' mir den Becher, aller Wonnen voll!
Königin
O, Don Alonzo!
Alonzo
Ja, dein Herz ist mein!
In seinem heil'gen Räume wohnt die Treue,
Die ewig frei ist, auch in Kett' und Banden!
Nicht recht' ich mit dem Glück; von seiner Gunst
Den bessern Antheil hat es mir gewährt.
Und wie der Stern am Pol, ein ewig Urlicht,
Nicht kreist am Himmel, wie die andern Lichter,
Nein, festgeheftet strahlt, unwandelbar;
So glänzt die treue Lieb', ein ew'ger Schein,
Durch meiner Nacht verhängnißvolles Dunkel.
Königin
So sprichst, du deiner würdig, Aquilar,
Und wieder find' auch ich nun Kraft und Muth!
Nicht mehr zu Lebenden sind wir gezählt;
Auf zwei entfernten Sternen angesiedelt,
Ist unsre Heimath weit getrennt im Räume,
Doch unser Auge reicht von Welt zu Welt!
Du kannst mich sehen, Theurer, wie ich dich,
Die Schwüre hören treu verbundner Liebe,
Die Perle schauen, die im Auge blicht;
Nur meine Hand erfassen kannst du nicht.
Alonzo
O Herr des Himmels!
Königin
Ohne Abschied nicht
Ziehst du von dannen, Thränen nimmst du mit,
Dich zu geleiten. Zieh' in Frieden nun!
Alonzo
Wohlan, ich scheide; von dem Leben scheid' ich!
Nichts bleibt mir übrig als Erinnerung.
Doch gib ein Pfand mir dieses Augenblicks,
Ein Angedenken in der Todesstunde
Des ird'schen Glücks, daß eine Blume doch
Ich mit mir nehme in die neue Heimath,
Wahrzeichen des verlornen Paradieses;
Daß ich den heißen Mund auf etwas drücke,
Das deine Hand berührt, dein Athem küßte.
Königin
O Gott! –
Alonzo
's ist ja so wenig, was ich flehe,
Und doch mein einz'ges, ganzes, einz'ges Glück!
Nicht grausam einem Sterbenden versage
Die letzte Bitte, seinen letzten Wunsch!
O, gib ein Zeichen dieser Stunde mir! –
Das Pfand des Schmerzes werde mir zur Lust,
Denn alle Lust fortan nur bleibt der Schmerz.
Vorige. Esperaza. Selima.
Esperanza
Um Gottes willen, flieht!
Zelima
Esperanca
Menschen nahen dort.
Königin
Nimm, Aquillar!
(Sie nimmt den Schleier vom Haupte und reicht ihn Alonzo'n. In demselben Augenblicke entfällt ihr eine Kette mit einem Bildnisse, die sie um den Hals trägt. Die Frauen entfliehen,)
Alonzo
O halte meine flieh'nde Seele auf,
Du Schleier, wenn ich sterbe!
(Er entflieht gleichfalls; die Kette bleibt am Boden liegen)
Mohadin. Gomel. Almansor. Hamet.
Mohadin
Seht, wer sprang
Dort in's Gebüsch?
Gomel
Frauen sah ich fliehn.
Almansor
Wer war der Ritter?
Gomel
Nicht erkannt' ich ihn.
Hamet
Vielleicht ein liebend Paar, das scheu entwich,
Gestört durch unsre Ankunft.
Gomel
(die Kette aufhebend)
Was ist das?
Mohadin
Des Königs Bildniß? Dieß Geschmeide kenn' ich.
Es trägt's die Königin an ihrer Brust.
Gomel
Ein sonderbarer Umstand.
Almansor
Traun! höchst sonderbar!
Mohadin
Beim Allah! seltnen Werths ist diese Kette.
Dieß Bild , seht her, mit Perlen ist's umwunden,
Und Perlen, wißt ihr selbst, bedeuten Thränen.
Nun denn, fürwahr! ich setze hohe Wette:
Nicht lange wahrt es, und in Granada
Wird man sie fließen sehn aus manchem Auge;
So schön ist keines, daß es thränenfrei!
(Sie gehen ab.)