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Im Nebel hebt sich fern und dämmernd eine Brücke,
Und an der Ufermauer liegt ein Fischerkahn.
Den ganzen Tag schon seh ich Pfirsichblüten schwimmen –
Wo öffnet mir ein Tor zur Seligkeit die Bahn?
Zur Zeit Tai Yüan des Hauses Dsin, da lebte
Ein Mann in Wuling, der vom Fischfang sich ernährte.
Einst fuhr flußauf er.
Er vergaß, wie weit er schon gefahren.
Da fand er plötzlich einen Pfirsichblütenhain
Das Ufer viele hundert Schritt umsäumend.
Dazwischen stand kein anderer Baum,
Nur Duftgras, frisch und schön,
In das sich Blütenblätter niederstreuten.
Der Fischer war darüber sehr erstaunt.
Er fuhr noch weiter, um des Haines Ende zu erreichen;
Der Hain ging bis zum Quell des Bachs.
Da stand ein Berg.
Und in den Berg, da ging ein kleiner Gang.
Draus schimmerte es hell hervor.
Er ließ sein Boot zurück und trat hinein.
Anfangs war es sehr eng,
Daß grad ein Einzelner hindurchkam.
Doch als er wenig Schritte vorwärts ging,
Da öffnete sich's weit und licht.
Das Land war ausgedehnt und eben
Und viele schöne Häuser waren da.
Die Felder waren gut,
Und zwischen schönen Wasserflächen
Standen Maulbeersträucher
Und Bambuspflanzen aller Art.
Viel Pfade kreuzten sich,
Und aus den Dörfern klang
Der Hähne Krähen und der Hunde Bellen:
Und Menschen liefen hin und her und säten aus.
Männer und Frauen trugen Kleider
Ganz wie draußen in der Welt,
Greise im weißen Haar und Kinder mit ihren Zöpfchen:
Alle waren glücklich und zufrieden.
Als sie den Fischer sahen,
Da wunderten sie sich.
Sie fragten ihn, woher er komme. Er erzählte alles.
Da nahmen sie ihn mit sich heim, und setzten Wein ihm vor
Und schlachteten zum Mahle Hühner.
Als man im Dorfe von dem Mann vernahm,
Da kamen alle her und fragten.
Sie selbst erzählten:
Vor alter Zeit, als Tsin Schi Huang
Das Land in Unruh' stürzte,
Da seien ihre Väter
Mit Weib und Kind und allen Nachbarsleuten
In dieses ferne Tal gekommen;
Seitdem sei niemand wieder je hinausgegangen,
So haben sie sich von der Außenwelt getrennt.
Sie fragten, wer jetzt König sei.
Sie wußten nichts vom Hause Han,
Zu schweigen von den Dynastieen We und Dsin.
Der Mann erzählte ihnen alles, was er wußte.
Und alle hörten ihm verwundert zu.
Nun wollten alle ihn einmal bei sich zu Gaste haben,
Und alle setzten Wein und Speisen zur Bewirtung vor.
So blieb er ein paar Tage da,
Dann nahm er Abschied.
Die Leute in dem Lande sagten noch,
Es sei wohl nicht der Mühe wert,
Den Menschen draußen davon zu erzählen.
Als er herauskam, fand er auch sein Schiff noch vor
Und ruderte den Weg zurück.
Von Ort zu Ort behielt er alles im Gedächtnis.
Als er den Heimatort erreicht,
Ging zum Beamten er, ihm alles zu erzählen.
Der sandte Leute, mit ihm hinzugehen.
Er suchte nach den Zeichen, die er sich gemerkt.
Dabei verwirrten sie sich bald
Und haben jenen Weg nicht wieder aufgefunden.
In Nanyang lebte später Liu Dsï Ki.
Der war ein tüchtiger Mann.
Als er von der Geschichte hörte,
Da machte er sich frischen Mutes auf.
Doch eh er hinkam, ward er krank und starb.
Seither hat niemand nach dem Weg gefragt. –
Ihr fraget mich, warum im grünen Wald ich niste –
Ich lächle schweigend, und mein Herz ist selig leicht:
Die Pfirsichblüten schwimmen fort und schwinden –
Es gibt noch eine Welt, von Menschen nicht erreicht.
Vor dem Regen sah man kaum
Zarter Knospen Hülle,
Nach dem Regen zeigt sich nun
Üpp'ger Blumen Fülle.
Biene klein und Schmetterling
Fliegen um die Wette
Immerfort – als ob es hier
Keine Blumen hätte –
Über jene Mauer weg,
Können's kaum erwarten:
Wohnt des ganzen Frühlings Lust
Denn in Nachbars Garten?
Die Blumen blühn, und in den bunten Zweigen
Wiegt sich der gelben Sänger muntrer Chor.
Es grünt das Gras. An glatten Spiegels Ufer
Fliegt leis der weiße Reiher durch das Rohr.
Ein milder Hauch weht durch den klaren Himmel,
Und alle Menschen sind einander gut.
Im Abendschein erklingen Flötentöne,
Und mancher Kahn zieht heimwärts durch die Flut.
Ein jeder Augenblick der Frühlingsnacht
Ist viele tausend Silberstücke wert.
Die Blumen atmen reinen Wohlgeruch,
Der Mond streut seine Schatten rings umher.
Gesang und Flötenspiel tönt vom Balkon,
Leis ziehn die Töne durch die weite Ruh.
Die Schaukel steht im Garten einsam da,
Es sinkt die Nacht den Morgenstunden zu.
Schon wird es im Osten helle,
Bleich die Sterne flimmern all.
Und der Hahn fliegt auf die Mauer,
Ruft den Tag mit lautem Schall.
Ziehn die Wächter von den Wachen,
Wasseruhr ist auch zu End.
Noch hört man ein spätes Lachen,
Noch beim Mahl die Lampe brennt.
Weg der Mond, die Sterne schwinden,
Morgengrau kommt schon herbei,
In den Toren Schlüssel knarren,
Und es tönt der Elstern Schrei.
Der goldnen Schale Weihrauch ist verglommen,
Die Wasseruhr hat aufgehört zu tropfen,
Kühl weht des Morgenwindes leiser Schauer.
Es dringt die scharfe Kälte in das Zimmer.
Des vollen Frühlings Schönheit ist gekommen,
Sie scheucht den Schlaf und macht das Herz uns klopfen.
Der Mond senkt sich herab zur Gartenmauer:
Unter der Blumen Schatten ruht sein Schimmer.
Die ersten Frühlingsblumen
Sind schon verblüht im Mai.
Sie sinken zur Erde nieder,
Und andere sind an der Reih.
Schon fliegen die Schwalben am Dache
Geschäftig ab und zu.
Die Nachtigall schluchzt durch die Nächte
Und findet keine Ruh.
Sie ruft mit ihren Tönen
Dem Lenz und dem Frühlingswind –
Und will's noch immer nicht glauben,
Daß sie vorüber sind.
1
Der Weihrauch sendet Düfte aus,
Und bin ich auch nicht reich und schön:
Der Himmel ist uns Menschen hold,
Er schenk' uns bald ein Wiedersehn.
2
Versponnen bleiben auch zerrissene Fäden,
Und ewig bleibt die Liebe uns im Blut.
Wohl sterben jährlich alle Seidenspinner,
Doch ist ihr Grab die Wiege ihrer Brut.
3
Ich bette mich in weiche Kissen ein,
Mein Liebster kommt und kost mit mir.
Doch allzu ungestüm darf er nicht sein,
Nur rein bewahrt weilt Liebe lange hier.
4
Der Hunger ruft Speisen,
Die Liebe ruft Lieder.
Ich lehn' an dem Tore –
's ist Abend! Komm wieder!
5
Ich tret', noch eh mein Morgenkleid geschlossen,
Mit Falten auf der Stirn hinaus geschwind.
Ein Windstoß flattert in die leichte Seide
Und lüftet sie. Der böse Frühlingswind!
6
Wie freu ich mich des Wiedersehens! –
Doch was siehst du so streng darein?
Dreimal ruf ich und keine Antwort –
Warum willst plötzlich du so weise sein?
7
Ich habe dich lieb, möchte zu dir gehn,
Möcht wohnen ganz nahe bei dir.
Vor meiner Tür müßt ein Holderbusch stehn,
Dann könnt ich dich Holder immerfort sehn.
8
Die Lieb' im Herzen treibt mich dir entgegen,
Jedoch die Schüchternheit hält mich und will's nicht leiden.
Die roten Lippen öffnen sich zum Liede,
Und mit der weißen Hand rühr ich die zarten Saiten.
Im neunten Jahr der Yunghozeit
Im Anfang war's des letzten Frühlingsmondes,
Da kamen wir zusammen auf dem Kuai-Gi-Berg
Beim Orchideenpavillon im Schauyinkreis,
Um zu begehn den Brauch der Frühlingssühnefeier.
Da waren viele Weise denn beisammen,
Die Jugend und das Alter war erschienen.
Hier ragen hohe Berge, steile Klippen,
Der Wald grünt dicht, und üppig wächst der Bambus,
Und klare Bäche, Sprudelquellen
Durchschlängeln rings das Land mit ihren Krümmen,
Geeignet, um sich Becher schwimmend zuzusenden.
Wir setzten uns an Baches Rande nieder;
Und war auch keine Zither da noch Flöte,
Und nicht der Klang der Saiten, noch des Rohres Töne,
So sangen wir zu jedem Becher Weins,
Und machten dem Gefühl des Herzens Bahn.
An diesem Tage
Da war der Himmel klar und rein die Luft,
Ein milder Wind entsandte sanften Hauch.
Und breitet droben sich das große Himmelszelt,
So wimmelten am Grunde aller Wesen Menge.
So weit das Auge schweifte und der Sinn sich dehnte,
Genug des Schönen gabs zum Schaun und Hören:
Es war ein heiteres Beisammensein.
Die Menschen sind zusammen einen Augenblick.
Der eine greift in sein Gemüt und redet,
Was ihn darin bewegt.
Ein andrer spricht in Bildern,
In dunklen Gleichnisworten
Von Dingen und Ideen jenseits der Körperwelt.
Doch sind sie auch verschieden in dem, was ihnen wichtig;
Der eine ruhig sinnend und jener rasch entschlossen:
Sie alle freuen doch sich des Zusammenseins,
Und was die Gegenwart gewährt, befriedigt,
Und läßt des Alters Nahn vergessen. –
Und doch wie bald, wenn wir's erreicht, kommt Überdruß,
Und mit den Dingen wechselt das Begehren,
Und Schwermut ist es, die heran sich schleicht.
Was eben uns erfreut: in einem Augenblicke
Ist es verhallt, wie ferner Tritte Spur,
Und lebt nur fort in sehnendem Erinnern.
Und über kurz und lang nach manchem Wechsel
Ist alle Zeit vergangen und dahin.
Der Weise spricht: »Wie ernst ist doch das Leben!«
Wie schneidet dieses Wort ins Herz. –
Wenn man bedenkt,
Warum in alter Zeit die Menschen trauerten,
So ist es stets derselbe Grund.
Nie kann ich ihre Schriften lesen ohne Seufzen,
Und werde nie die stille Trauer los. –
Das aber weiß ich: es sind leere Worte,
Wenn einer Tod und Leben für das gleiche hält,
Und wenn er sagt, es sei nicht mehr noch minder,
Ob kaum geboren man dahingeht oder erst als Greis.
Einst werden nach uns kommen andere Geschlechter,
Die unser so gedenken wohl wie wir der Alten Zeit,
Das macht das Herz mir schwer!
Wenn wir die Menschen der verschiedenen Alter
An unserm Geist vorüberziehen lassen,
Wenn wir bedenken, was sie uns gesagt:
Sie lebten an verschiedner Zeiten Wende
Und jeder handelte auf seine Art;
Doch ein geheimer Schmerz ist ihnen allen eigen,
Darin sind alle gleich. –
So mag auch spät ein Leser dieser Zeilen
Zur Wehmut sich dadurch wohl stimmen lassen. –