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XIII. Kapitel. Das Judentum

Unterschiede unter den Männern. Zurückweisung der hierauf gegründeten Einwände. Die Zwischenformen und die Rassenanthropologie. Amphibolie der Weiblichkeit mit dem Judentum. Das Jüdische als Idee. Der Antisemitismus. Richard Wagner. Keine Identität mit der Weiblichkeit; Obereinstimmungen mit dieser: Eigentum, Staat, Gesellschaft, Adel, Mangel an Persönlichkeit und Eigenwert, Amoralität ohne Antimoralität, Gattungsleben, Familie, Kuppelei. Einzige Art einer Lösung der Judenfrage. Gottesbegriff des Juden. Seelenlosigkeit und darum Mangel an Unsterblichkeitsbedürfnis. Judentum in der Wissenschaft. Der Jude als Chemiker. Der Jude genielos. Spinoza. Der Jude nicht monadenartig veranlagt. Der Engländer und der Jude. Die Engländer in Philosophie, Musik, Architektur. Unterschiede. Humorlosigkeit des Juden. Wesen des Humors. Humor und Satire. Die Jüdin. Nicht-Sein, völlige Veränderungsfähigkeit, Mittelbarkeit beim Juden wie beim Weibe. Größte Übereinstimmung und größte Differenz. Aktivität und Begrifflichkeit des Juden. Tiefstes Wesen des Judentums. Glaubenslosigkeit und innere Haltlosigkeit. Der Jude nicht amystisch, sondern unfromm. Mangel an Ernst, Begeisterungsfähigkeit und Eifer. Innerliche Vieldeutigkeit. Keinerlei Einfalt des Glaubens. Innere Würdelosigkeit. Der Jude als der Gegenpol des Helden. – Christentum und Judentum. Ursprung des Christentums. Problem des Religionsstifters. Der Religionsstifter als Vollzieher einer eigenen Reinigung vom Verbrechen und von der Gottlosigkeit. In ihm allein eine völlige Neugeburt verwirklicht. Er als der Mensch mit dem tiefsten Schuldgefühl. Christus als Überwinder des Judentums in sich. Christentum und Judentum als letzte Gegensätze. Der Religionsstifter als der größte Mensch. Überwindung alles Judentums, eine Notwendigkeit für jeden Religionsstifter. – Das Judentum und die heutige Zeit. Judentum, Weiblichkeit; Kultur und Menschheit.

 

»Hiebei wird es darauf ankommen, etwas wirklich Vorhandenes deutlich auszusprechen, keineswegs aber etwas Unwirkliches durch die Kraft irgend welcher Einbildung künstlich beleben zu wollen.«

Richard Wagner.

 

Es könnte nicht wundern, wenn es manchem scheinen wollte, bei dem Ganzen der bisherigen Untersuchung seien »die Männer« allzu gut davongekommen, und in ihrer Gesamtheit auf ein übertrieben hohes Postament gestellt. Man wird zwar vielleicht auf billige Argumente verzichten, ihren Resultaten nicht entgegenhalten, wie überrascht dieser Philister oder jener Spitzbube wäre, zu vernehmen, daß er die ganze Welt in sich habe; und doch die Behandlung des männlichen Geschlechtes nicht bloß allzu glimpflich finden, sondern geradezu eine tendenziöse Vernachlässigung aller widerlichen und kleinen Seiten der Männlichkeit zugunsten ihrer höchsten Spitzen der Darstellung als einen Fehler anrechnen.

Die Beschuldigung wäre ungerechtfertigt. Es kommt mir nicht in den Sinn, die Männer zu idealisieren, um die Frauen leichter in der Schätzung herabdrücken zu können. So viel Beschränktheit und so viel Gemeinheit unter den empirischen Vertretern der Männlichkeit oft gedeiht, es handelt sich um die besseren Möglichkeiten, die in jedem Manne sind, und als vernachlässigte von ihm schmerzlich-hell oder dumpf-gehässig empfunden werden; Möglichkeiten, die als solche bei der Frau weder in Wirklichkeit noch in gedanklicher Erwägung irgend in Rechnung gelangen. Und es konnte mir hier auch gar nicht auf Unterscheidungen unter den Männern wesentlich ankommen, so wenig ich mich vor deren Wichtigkeit verschließe. Es handelte sich darum, festzustellen, was das Weib nicht ist, und da fehlte ihm denn freilich unendlich viel, was selbst im mittelmäßigsten und plebejischesten Manne nie ganz vermißt wird. Das, was es ist, die positiven Eigenschaften des Weibes (sofern da von einem Sein, von Positionen wohl gesprochen werden kann) wird man stets auch bei vielen Männern wiederfinden. Es gibt, wie schon öfter hervorgehoben wurde, Männer, die zu Weibern geworden, oder Weiber geblieben sind; aber es gibt keine Frau, die über gewisse umschriebene, nicht sonderlich hoch zu ziehende, moralische und intellektuelle Grenzen hinauskäme. Und darum will ich es hier nochmals aussprechen: das höchststehende Weib steht noch unendlich tief unter dem tiefststehenden Manne.

Jene Einwendungen aber könnten weiter gehen, und einen Punkt berühren, dessen Außerachtlassung der Theorie allerdings zum Vorwurf müßte gemacht werden. Es gibt nämlich Völkerschaften und Rassen, bei deren Männern, obwohl sie keineswegs als sexuelle Zwischenformen können gedeutet werden, man doch so wenig und so selten eine Annäherung an die Idee der Männlichkeit findet, wie sie aus der hier entworfenen Zeichnung derselben hervortritt, daß die Prinzipien, ja, die ganzen Fundamente, auf welchen diese Arbeit ruht, hiedurch stark könnten erschüttert scheinen. Was ist z. B. von den Chinesen zu halten, mit ihrer weiblichen Bedürfnislosigkeit und ihrem Mangel an jeglichem Streben? Man möchte hier allerdings noch an eine größere Weiblichkeit des ganzen Volkes zu glauben sich versucht fühlen. Wenigstens kann es keine bloße Laune einer ganzen Nation sein, daß die Chinesen einen Zopf zu tragen pflegen, und es ist ja auch ihr Bartwuchs nur ein äußerst spärlicher. Aber wie verhält es sich dann mit den Negern? Es hat unter den Negern vielleicht kaum je ein Genie gegeben, und moralisch stehen sie beinahe allgemein so tief, daß man in Amerika bekanntlich anfängt, zu fürchten, mit ihrer Emanzipation einen unbesonnenen Streich verübt zu haben.

Wenn also auch das Prinzip der sexuellen Zwischenformen vielleicht Aussicht hätte, für eine Rassenanthropologie bedeutsam zu werden (indem über einige Völker ein größeres Quantum von Weiblichkeit insgesamt ausgestreut schiene), so muß doch zugegeben werden, daß die bisherigen Deduktionen zuvörderst auf den arischen Mann und das arische Weib sich beziehen. Wie weit in den anderen großen Stämmen der Menschheit mit den für ihre Gipfel geltenden Verhältnissen Übereinstimmung herrscht, und was jene hauptsächlich davon zurückhält und so lange hindert, an diese näher heranzukommen, das bedürfte erst der Erhellung durch die eingehendste und lohnendste psychologische Vertiefung in die Rassencharaktere.

Das Judentum, das ich zum Gegenstande einer Besprechung zunächst darum gewählt habe, weil es, wie sich zeigen wird, der härteste und am meisten zu fürchtende Gegner der hier entwickelten und besonders der noch zu entwickelnden Anschauungen, wie überhaupt des ganzen Standpunktes ist, von dem aus jene möglich sind – das Judentum scheint anthropologisch mit allen beiden erwähnten Rassen, mit den Negern wie mit den Mongolen, eine gewisse Verwandtschaft zu besitzen. Auf den Neger weisen die so gern sich ringelnden Haare, auf Beimischung von Mongolenblut die ganz chinesisch oder malayisch geformten Gesichtsschädel, die man so oft unter den Juden antrifft, und denen regelmäßig eine gelblichere Hautfärbung entspricht.

Dies ist nicht mehr als das Ergebnis einer alltäglichen Erfahrung, und anders wollen diese Bemerkungen nicht verstanden sein; die anthropologische Frage nach der Entstehung des Judentums ist wahrscheinlich eine unlösbare, und auch eine so interessante Beantwortung wie die in den berühmten »Grundlagen des XIX. Jahrhunderts« von H. S. Chamberlain gegebene hat in jüngster Zeit sehr viel Widerspruch gefunden. Sie zu behandeln besitze ich nicht das nötige Wissen; was hier in Kürze, aber bis zu möglichster Tiefe analysiert werden soll, ist nur die psychische Eigenheit des Jüdischen. Diese geistige Artung des Juden scheint mir freilich eine ganz eigentümliche, einheitliche, von aller anderen Richtung des Geistes und Herzens, auf die wir bei den übrigen Völkern der Erde stoßen, wohl unterschiedene, wenigstens wird dies sich aus der Untersuchung an ihrem Ende ergeben. Darum glaube ich auch nicht, daß man das Jüdische rassenchemisch aus einer Kreuzung und Mischung verschiedener Völkerschaften erklären kann; denn solche Komponenten müßten wohl psychologisch verfolgbar und auffindbar sein. Das Judentum ist wahrscheinlich etwas völlig Einheitliches und jeder Versuch aussichtslos, es empirisch abzuleiten und zusammenzusetzen. Man kann alles eher sein als Philosemit, und doch zugeben, daß insofern dem Glauben der Juden, ein »auserwähltes Volk« zu sein, ein Wahres innewohnt. Diese Aufgabe ist eine Obliegenheit der psychologischen Beobachtung und Zergliederung; sie ist lösbar, frei von allen Hypothesen über nun nicht mehr kontrollierbare historische Vorgänge; und nur bedarf dieses Unternehmen einer um so größeren Objektivität, als die Stellung zum Judentum heute beinahe die wichtigste und hervorstechendste Rubrik des Nationales ist, welches ein jeder vor der Öffentlichkeit ausfüllt, ja allgemach der gebräuchlichste Einteilungsgrund der zivilisierten Menschen geworden scheint. Und es läßt sich nicht behaupten, daß der Wert, welcher auf eine offene Erklärung in dieser Frage allgemein gelegt wird, ihrem Ernst und ihrer Bedeutung nicht angemessen sei, und ihre Wichtigkeit übertreibe. Daß man auf sie überall stößt, ob man nun von kulturellen oder materiellen, von religiösen oder politischen, von künstlerischen oder wissenschaftlichen, biologischen oder historischen, charakterologischen oder philosophischen Dingen herkommt, das muß einen tiefen, tiefsten Grund im Wesen des Judentums selbst haben. Ihn aufzusuchen, wird keine Mühe zu groß scheinen dürfen: denn der Gewinn muß sie in jedem Falle unendlich belohnen. Der Verfasser hat hier zu bemerken, daß er selbst jüdischer Abstammung ist.

Zuvor jedoch will ich genau angeben, in welchem Sinne ich vom Judentum rede. Es handelt sich mir nicht um eine Rasse und nicht um ein Volk, noch weniger freilich um ein gesetzlich anerkanntes Bekenntnis. Man darf das Judentum nur für eine Geistesrichtung, für eine psychische Konstitution halten, welche für alle Menschen eine Möglichkeit bildet, und im historischen Judentum bloß die grandioseste Verwirklichung gefunden hat.

Daß dem so ist, wird durch nichts anderes bewiesen, als durch den Antisemitismus.

Die echtesten, arischesten, ihres Ariertums gewissesten Arier sind keine Antisemiten; sie können, so unangenehm sicherlich auch sie von auffallenden jüdischen Zügen sich berührt fühlen, doch den feindseligen Antisemitismus im allgemeinen gar nicht begreifen; und sie sind es auch, die von den Verteidigern des Judentums gern als »Philosemiten« bezeichnet und deren verwunderte und mißbilligende Äußerungen über den Judenhaß angeführt werden, wo das Judentum herabgesetzt oder angegriffen wird. Ein solcher vom Judentum fast freier Mann, und darum »Philosemit«, war Zola. Daß hervorragendere Menschen sonst fast stets Antisemiten waren ( Tacitus, Pascal, Voltaire, Herder, Goethe, Kant, Jean Paul, Schopenhauer, Grillparzer, Wagner), geht eben darauf zurück, daß sie, die so viel mehr in sich haben als die anderen Menschen, auch das Judentum besser verstehen als diese (vgl. Kapitel 4). Im aggressiven Antisemiten wird man hingegen immer selbst gewisse jüdische Eigenschaften wahrnehmen; ja sogar in seiner Physiognomie kann das zuweilen sich ausprägen, mag auch sein Blut rein von allen semitischen Beimengungen sein.

Es könnte dies auch unmöglich anders sich verhalten. Wie man im anderen nur liebt, was man gern ganz sein möchte und doch nie ganz ist, so haßt man im anderen nur, was man nimmer sein will, und doch immer zum Teil noch ist.

Man haßt nicht etwas, womit man keinerlei Ähnlichkeit hat. Nur macht uns oft erst der andere Mensch darauf aufmerksam, was für unschöne und gemeine Züge wir in uns haben.

So erklärt es sich, daß die allerschärfsten Antisemiten unter den Juden zu finden sind. Denn bloß die ganz jüdischen Juden, desgleichen die völlig arischen Arier, sind gar nicht antisemitisch gestimmt; unter den übrigen betätigen die gemeineren Naturen ihren Antisemitismus nur den anderen gegenüber, und richten diese, ohne je mit sich selber in dieser Sache vor Gericht gegangen zu sein; und nur wenige fangen mit ihrem Antisemitismus bei sich selbst an.

Doch dies eine bleibt darum nicht minder gewiß: wer immer das jüdische Wesen haßt, der haßt es zunächst in sich: daß er es im anderen verfolgt, ist nur sein Versuch, vom Jüdischen auf diese Weise sich zu sondern; er trachtet, sich von ihm zu scheiden dadurch, daß er es gänzlich im Nebenmenschen lokalisiert, und so für den Augenblick von ihm frei zu sein wähnen kann. Der Haß ist ein Projektionsphänomen wie die Liebe: der Mensch haßt nur, durch wen er sich unangenehm an sich selbst erinnert fühlt. Vgl. Kapitel 11, S. 320 f.

Der Antisemitismus des Juden liefert demnach den Beweis, daß niemand, der ihn kennt, den Juden als ein Liebenswertes empfindet – auch der Jude nicht; der Antisemitismus des Ariers ergibt eine nicht minder bedeutungsvolle Einsicht: daß man das Juden tum nicht verwechseln darf mit den Juden. Es gibt Arier, die jüdischer sind als mancher Jude, und es gibt wirklich Juden, die arischer sind als gewisse Arier. Ich will von jenen Nicht-Semiten, welche viel Judentum in sich hatten, die kleineren (wie den bekannten Friedrich Nicolai des XVIII. Jahrhunderts) und die mittelgroßen (hier dürfte Friedrich Schiller kaum außer acht bleiben) nicht aufzählen, und nicht auf ihr Judentum analysieren. Aber auch Richard Wagner – der tiefste Antisemit – ist von einem Beisatz von Judentum, selbst in seiner Kunst, nicht freizusprechen, so wenig auch das Gefühl trügen kann, welches in ihm den größten Künstler innerhalb der historischen Menschheit sieht; und so zweifellos sein Siegfried das Unjüdischeste ist, was erdacht werden konnte. Aber niemand ist umsonst Antisemit. Wie Wagners Abneigung gegen die große Oper und das Theater zurückgeht auf den starken Zug, den er selbst zu ihnen empfand, einen Zug, der noch im »Lohengrin« deutlich erkennbar bleibt: so ist auch seine Musik, in ihren motivischen Einzelgedanken die gewaltigste der Welt, nicht gänzlich freizusprechen von etwas Aufdringlichem, Lautem, Unvornehmem; womit die Bemühungen Wagners um die äußere Instrumentation seiner Werke im Zusammenhang stehen. Es läßt sich auch nicht verkennen, daß Wagners Musik sowohl auf den jüdischen Antisemiten, welcher vom Judentum nie gänzlich loskommen kann, als auf den antisemitischen Indogermanen, der ihm zu verfallen fürchtet, den stärksten Eindruck hervorbringt. Von der Parsifal-Musik, die dem völlig echten Juden in Ewigkeit fast ebenso unzugänglich bleibt wie die Parsifal-Dichtung, vom »Pilgerchor« und der Romfahrt im »Tannhäuser« und sicher noch von manchem anderen ist hiebei gänzlich abzusehen. Auch könnte zweifellos, wer nur ein Deutscher wäre, das Wesen des Deutschtums nie so klar sich zum Bewußtsein bringen, als Wagner in den »Meistersingern von Nürnberg« dies vermocht hat. Vgl. S. 134 f. Man denke endlich an jene Seite in Wagner, die zu Feuerbach, statt zu Schopenhauer, sich hingezogen fühlte.

Hier ist keine kleinpsychologische Heruntersetzung des großen Mannes geplant. Ihm war das Judentum die große Hilfe, um zur klaren Erkenntnis und Bejahung des anderen Poles in sich zu gelangen, zum Siegfried und zum Parsifal sich durchzuringen, und dem Germanentum den höchsten Ausdruck zu geben, den es wohl in der Geschichte gefunden hat. Noch ein Größerer als Wagner mußte erst das Judentum in sich überwinden, ehe er die eigene Mission fand; und es ist, vorläufig gesprochen, vielleicht die welthistorische Bedeutung und das ungeheure Verdienst des Judentums kein anderes, als den Arier immerfort zum Bewußtsein seines Selbst zu bringen, ihn an sich zu mahnen. Dies ist es, was der Arier dem Juden zu danken hat; durch ihn weiß er, wovor er sich hüte: vor dem Judentum als Möglichkeit in ihm selber.

Dieses Beispiel wird hinlänglich verdeutlicht haben, was nach meinem Ermessen unter dem Judentum zu verstehen ist. Keine Nation und keine Rasse, keine Konfession und kein Schrifttum. Wenn ich fürder vom Juden spreche, so meine ich nie den einzelnen und nie eine Gesamtheit, sondern den Menschen überhaupt, sofern er Anteil hat an der platonischen Idee des Judentums. Und nur die Bedeutung dieser Idee gilt es mir zu ergründen.

Daß aber diese Untersuchung gerade in einer Psychologie der Geschlechter geführt werden muß, ist unerläßlich aus Gründen einer Abgrenzung. Es bereitet jedem, der über beide, über das Weib und über den Juden, nachgedacht hat, eine eigentümliche Überraschung, wenn er wahrnimmt, in welchem Maße gerade das Judentum durchtränkt scheint von jener Weiblichkeit, deren Wesen einstweilen nur im Gegensatze zu allem Männlichen ohne Unterschied zu erforschen getrachtet wurde. Er könnte hier überaus leicht geneigt sein, dem Juden einen größeren Anteil an der Weiblichkeit zuzuschreiben als dem Arier, ja am Ende eine platonische μέϑεξις auch des männlichsten Juden am Weibe anzunehmen sich bewogen fühlen.

Diese Meinung wäre irrig. Da indes eine Anzahl der wichtigsten Punkte, solcher Punkte, in denen das tiefste Wesen der Weiblichkeit zum Ausdruck zu kommen schien, beim Juden sich in einer merkwürdigen Weise ebenfalls und wie zum zweiten Male finden, ist es unerläßlich, Übereinstimmung und Abweichung hier genau festzustellen.

Die Konformität will dem ersten Blicke überall sich darbieten, worauf er sich auch richte; ja die Analogien sehen aus, als wären sie außergewöhnlich weit verfolgbar: so daß man Bestätigungen früherer Ergebnisse wie auch manch interessanten neuen Beitrag zum Hauptthema anzutreffen gewärtig sein darf. Und es scheint ganz beliebig, womit man hiebei den Anfang macht.

So ist es, um gleich eine Analogie zum Weibe anzuführen, höchst merkwürdig, wie sehr die Juden die beweglichen Güter bevorzugen – auch heutzutage, da ihnen der Erwerb anderer freisteht –, und wie sie eigentlich, trotz allem Erwerbssinn, kein Bedürfnis nach dem Eigentume, am wenigsten in seiner festesten Form, dem Grundbesitze haben. Das Eigen tum steht in einem unauflöslichen Zusammenhang mit der Eigen art, mit der Individualität. Hiemit hängt also zusammen, daß die Juden dem Kommunismus so scharenweise sich zuwenden. Den Kommunismus als Tendenz zur Gemeinschaft sollte man stets unterscheiden vom Sozialismus als Bestrebung zu gesellschaftlicher Kooperation und zur Anerkennung der Menschheit in jedem Gliede derselben. Der Sozialismus ist arisch ( Owen, Carlyle, Ruskin, Fichte), der Kommunismus jüdisch Und russisch. Die Russen aber sind bezeichnend wenig sozial veranlagt und haben unter allen europäischen Völkern das geringste Verständnis für den Staat. Hiemit stimmt es nach dem vorigen nur überein, daß sie durchweg Antisemiten sind. ( Marx). Die moderne Sozialdemokratie hat sich in ihrem Gedankenkreise darum vom christlichen, präraphaelitischen Sozialismus so weit entfernt, weil die Juden in ihr eine so große Rolle spielen. Trotz ihren vergesellschaftenden Neigungen hat die marxistische Form der Arbeiterbewegung (im Gegensatze zu Rodbertus) gar kein Verhältnis zur Idee des Staates, und dies ist sicherlich nur auf das völlige Unverständnis der Juden für den Staatsgedanken zurückzuführen. Dieser ist zu wenig ein Greifbares, die Abstraktion, die in ihm liegt, allen konkreten Zwecken zu weit entrückt, als daß der Jude sich mit ihm inniger befreunden könnte. Der Staat ist das Ganze aller Zwecke, die nur durch eine Verbindung vernünftiger Wesen als vernünftiger verwirklicht werden können. Diese kantische Vernunft aber, der Geist ist es, woran es dem Juden wie dem Weibe vor allem zu gebrechen scheint.

Aus jenem Grunde ist aller Zionismus so aussichtslos, obwohl er die edelsten Regungen unter den Juden gesammelt hat: denn der Zionismus ist die Negation des Judentums, in welchem, seiner Idee nach, die Ausbreitung über die ganze Erde liegt. Der Begriff des Bürgers ist dem Juden vollständig transzendent; darum hat es nie im eigentlichen Sinne des Wortes einen jüdischen Staat gegeben, und kann nie einen solchen geben. In der Staatsidee liegt eine Position, die Hypostasierung der interindividuellen Zwecke, der Entschluß, einer selbst gegebenen Rechtsordnung, deren Symbol (und nichts anderes) das Staatsoberhaupt ist, aus freier Wahl beizutreten. Infolgedessen ist das Gegenteil des Staates die Anarchie, mit der gerade der Kommunismus auch heute noch, eben durch sein Unverständnis für den Staat, verschwistert ist; so sehr auch hievon die meisten anderen Elemente in der sozialistischen Bewegung abstechen. Wenn der Staatsgedanke in keiner historischen Form auch nur annähernd verwirklicht ist, so liegt doch in jedem geschichtlichen Versuche zur Staatenbildung etwas, vielleicht nur jenes Minimum von ihm, das ein Gebilde über eine bloße Assoziation zu Geschäfts- und Machtzwecken erhebt. Die historische Untersuchung, wie ein bestimmter Staat entstanden sei, sagt nichts über die Idee, die in ihm liegt, soweit er eben Staat und nicht Kaserne ist. Um jene zu erfassen, wird man sich bequemen müssen, der vielgeschmähten Rousseauschen Vertragstheorie wieder mehr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Nur das Zusammentreten ethischer Persönlichkeiten zu gemeinsamen Aufgaben kommt im Staate, sofern er Staat ist, zum Ausdruck.

Daß der Jude, nicht erst seit gestern, sondern mehr oder weniger von jeher, staatfremd ist, deutet bereits darauf hin, daß dem Juden wie dem Weibe die Persönlichkeit fehlt; was sich allmählich in der Tat herausstellen wird. Denn nur aus dem Mangel des intelligiblen Ich kann, wie alle weibliche, so auch die jüdische Unsoziabilität abzuleiten sein. Die Juden stecken gern beieinander wie die Weiber, aber sie verkehren nicht miteinander als selbständige, voneinander geschiedene Wesen, unter dem Zeichen einer überindividuellen Idee.

So wenig wie es in der Wirklichkeit eine »Würde der Frauen« gibt, so unmöglich ist die Vorstellung eines jüdischen »gentleman«. Dem echten Juden gebricht es an jener inneren Vornehmheit, welche Würde des eigenen und Achtung des fremden Ich zur Folge hat. Es gibt keinen jüdischen Adel; und dies ist um so bemerkenswerter, als doch unter den Juden jahrtausendelange Inzucht besteht.

So erklärt sich denn auch weiter, was man jüdische Arroganz nennt: aus dem Mangel an Bewußtsein eines Selbst und dem gewaltsamen Bedürfnis nach Steigerung des Wertes der Person durch Erniedrigung des Nebenmenschen; denn der echte Jude hat wie das Weib kein Ich und darum auch keinen Eigenwert. Daher, trotz seiner Inkommensurabilität mit allem Aristokratischen, seine weibische Titelsucht, die nur auf einer Linie steht mit seiner Protzerei, deren Objekte die Loge im Theater oder die modernen Gemälde in seinem Salon, seine christliche Bekanntschaft oder sein Wissen sein können. Aber zugleich ist die jüdische Verständnislosigkeit für alles Aristokratische erst hierin eigentlich begründet. Der Arier hat ein Bedürfnis, zu wissen, wer seine Ahnen waren; er achtet sie und interessiert sich für sie, weil sie seine Ahnen waren; und er schätzt sie, weil er die eigene Vergangenheit immer höher hält als der schnell sich verwandelnde Jude, der pietätlos ist, weil er dem Leben keinen Wert spenden kann. Ihm fehlt jener Ahnenstolz vollständig, den selbst der ärmste, plebejischeste Arier noch in einem gewissen Grade besitzt; er ehrt nicht, wie dieser, seine Vorfahren, weil sie seine Vorfahren sind, er ehrt nicht in ihnen sich selbst. Der Einwand ginge fehl, der sich auf den außerordentlichen Umfang und die Kraft der jüdischen Tradition beriefe. Die Geschichte seines Volkes ist hier dem Nachfahren, auch demjenigen, welchem sie viel zu bedeuten scheint, nicht die Summe des Einstmaligen, Gewesenen, sondern stets nur der Quell, aus dem er neue Hoffnungsträume saugt: die Vergangenheit des Juden ist nicht wirklich seine Vergangenheit, sie ist immer nur seine Zukunft. – –

Man hat die Mängel des Judentums oft genug, nicht allein jüdischerseits, auf die brutale Unterdrückung und Knechtung zurückführen wollen, welche die Juden im ganzen Mittelalter bis ins XIX. Jahrhundert erfahren hätten. Den Sklavensinn habe im Juden erst der Arier gezüchtet; und es gibt nicht wenige Christen, welche den Juden in dieser Weise ernsthaft als ihre Schuld empfinden. Doch diese Gesinnung geht zu weit im Selbstvorwurf: es ist unzulässig, von Veränderungen zu sprechen, welche durch Einflüsse von außen im Laufe der Generationen im Menschen bewirkt worden seien, ohne daß in diesem selber der äußeren Gelegenheit etwas entgegengekommen sei und ihr willig die Hand gereicht habe. Noch ist nicht bewiesen, daß es eine Vererbung erworbener Eigenschaften gibt, und sicherer als bei den anderen Lebewesen bleibt, trotz aller Scheinanpassungen, beim Menschen der Charakter des einzelnen wie der Rasse konstant. Nur die seichteste Oberflächlichkeit kann glauben, daß der Mensch durch seine Umgebung gebildet werde, ja es ist beschämend, an die Bekämpfung einer solchen, jeder freien Einsicht den Atem raubenden Anschauung auch nur eine Zeile wenden zu sollen. Wenn sich der Mensch ändert, so kann es nur von innen nach außen geschehen; oder es ist, wie beim Weibe, nie ein Wirkliches da, also das Nichts-Sein, das ewig Gleichbleibende. Wie mag man übrigens an eine historische Erzeugung des Juden denken, da doch bereits das Alte Testament sichtlich zustimmend davon spricht, wie Jakob, der Patriarch, seinen sterbenden Vater Isaak belogen, seinen Bruder Esau hinters Licht geführt und seinen Schwieger Laban übervorteilt hat?

Mit Recht aber wird von den Verteidigern der Juden geltend gemacht, daß diese, auch dem Prozentsatze nach, seltener schwere Verbrechen begehen als die Arier. Der Jude ist nicht eigentlich antimoralisch. Aber es müßte wohl hinzugefügt werden, daß er auch nicht den höchsten ethischen Typus vorstellt. Er ist vielmehr relativ amoralisch, nie sehr gut, noch je sehr böse, im Grunde keines von beiden, und eher gemein. Daher fehlt dem Judentum, wie die Konzeption der Engel, auch der Begriff des Teufels, die Personifikation des Guten nicht minder als die des Bösen. Durch den Hinweis auf das Buch Hiob, die Belialgestalt und den Eden-Mythus wird diese Behauptung nicht entkräftet. Zwar liegen jene modernen quellenkritischen Streitfragen, die Echtes und Entlehntes hier zu scheiden beflissen sind, auf einem Wege, den zu betreten ich mich nicht berufen fühle; was ich aber wohl weiß, ist dies, daß im psychischen Leben des heutigen Juden, sei er nun »aufgeklärt« oder sei er »orthodox«, weder ein teuflisches noch irgend ein engelhaftes Prinzip, weder Himmel noch Hölle auch nur die geringste religiöse Rolle spielen. – Wenn also der Jude nie die höchste sittliche Höhe erreicht, so wird doch auch sicherlich Mord und Gewalttat von ihm viel seltener verübt als vom Arier; und hieraus wird eben das Fehlen jeder Furcht vor einem diabolischen Prinzipe erst völlig verständlich.

Kaum minder oft als die Fürsprecher der Juden berufen sich die Anwälte der Frauen auf deren geringere Kriminalität als auf den Beweis ihrer vollendeteren Sittlichkeit. Die Homologie zwischen beiden scheint immer vollständiger zu werden. Es gibt keinen weiblichen Teufel, so wenig es einen weiblichen Engel gibt: nur die Liebe, jene trotzige Verneinung der Wirklichkeit, kann den Mann im Weibe ein himmlisches Wesen erblicken lassen, nur blinder Haß es für verderbt und schurkenhaft erklären. Was dem Weibe wie dem Juden vielmehr durchaus abgeht, das ist Größe, Größe in irgend welcher Hinsicht, überragende Sieger im Moralischen, großzügige Diener des Antimoralischen. Im arischen Manne sind das gute und das böse Prinzip der kantischen Religionsphilosophie beide beisammen und doch am weitesten auseinandergetreten, um ihn streiten sein guter und sein böser Dämon. Im Juden sind, fast wie im Weibe, Gut und Böse noch nicht voneinander differenziert; es gibt zwar keinen jüdischen Mörder, doch es gibt auch keinen jüdischen Heiligen. Und so wird es wohl richtig sein, daß die wenigen Elemente des Teufelsglaubens in der jüdischen Überlieferung aus dem Parsismus und aus Babylon stammen.

Die Juden leben sonach nicht als freie, selbstherrliche, zwischen Tugend und Laster wählende Individualitäten wie die Arier. Diese stellt sich ein jeder ganz unwillkürlich vor wie eine Schar einzelner Männer, jene wie ein, über eine weite Fläche ausgebreitetes, zusammenhängendes Plasmodium. Der Antisemitismus hat daraus oft fälschlich ein hartnäckiges bewußtes Zusammenhalten gemacht, und von der »jüdischen Solidarität« gesprochen. Das ist eine leicht begreifliche Verwechslung verschiedener Dinge. Wenn gegen irgend einen Unbekannten, welcher dem Judentum angehört, eine Beschuldigung erhoben wird, und nun alle Juden innerlich für den Betreffenden sich einsetzen, seine Unschuld wünschen, hoffen, und zu erweisen suchen: so glaube man nur ja nicht, daß der betreffende Mensch als einzelner Jude sie irgendwie interessiere, sein individuelles Schicksal, weil es das eines Juden ist, mehr Mitleid bei ihnen wecke als das eines ungerecht verfolgten Ariers. Dies ist keineswegs der Fall. Nur das gefährdete Judentum, die Befürchtung, es könnte auf die Gesamtheit der Judenschaft, besser: auf das Jüdische überhaupt, auf die Idee des Judentums ein schädlicher Schatten fallen, führt zu jenen Erscheinungen unwillkürlicher Parteinahme. Es ist ganz so, wie wenn die Weiber jede einzelne Angehörige ihres Geschlechtes mit Wonne heruntersetzen hören, und selbst erniedrigen helfen, falls nur auf das Weib kein schlechtes Licht hiedurch geworfen werde: wenn nur kein Mann sich hiedurch abschrecken läßt, überhaupt nach Frauen zu verlangen, wofern nur niemand an der »Liebe« irre, sondern weiter geheiratet wird, und nicht die alten Junggesellen sich vermehren. Nur die Gattung wird verteidigt, nicht die Person, nur das Geschlecht, beziehungsweise die Rasse geschützt, nicht das Individuum; dieses kommt nur insofern in Betracht, als es Angehöriger der Gruppe ist. Der echte Jude wie das echte Weib, sie leben beide nur in der Gattung, nicht als Individualitäten. Der Glaube an Jehovah und die Lehre Mosis ist nur ein Glaube an diese jüdische Gattung und ihre Lebenskraft; Jehovah ist die personifizierte Idee des Juden tums.

Hieraus erklärt es sich, daß die Familie (als biologischer, nicht als rechtlicher Komplex) bei keinem Volk der Welt eine so große Rolle spielt, wie bei den Juden; nächstdem bei den mit ihnen, wie sich zeigen wird, entfernt verwandten Engländern. Die Familie in diesem Sinne ist eben weiblichen, mütterlichen Ursprungs, und hat mit dem Staate, mit der Gesellschaftsbildung, nichts zu tun. Die Zusammengehörigkeit der Familienmitglieder, nur als eine Folge des gemeinsamen Dunstkreises, ist am engsten bei den Juden. Jedem indogermanischen Manne, dem begabteren stets mehr als dem mittelmäßigen, aber auch dem gewöhnlichsten noch, ist dies eigen, daß er sich mit seinem Vater nie völlig verträgt: weil ein jeder einen, wenn auch noch so leisen, unbewußten oder bewußt gewordenen Zorn auf denjenigen Menschen empfindet, der ihn, ohne ihn zu fragen, zum Leben genötigt und ihm den Namen gegeben hat, der ihm bei der Geburt gutdünkte; von dem er zumindest hierin abhängig gewesen ist, und der, auch nach jeder tieferen metaphysischen Anschauung, doch immer als in einem Zusammenhange damit stehend betrachtet werden muß, daß der Sohn selbst in das Erdenleben wollte. Nur unter Juden kommt es vor, daß der Sohn ganz tief in der Familie darinnensteckt, und mit dem Vater in gemeiner Gemeinschaft sich wohl fühlt; fast nur unter Christen, daß Vater und Sohn wie Freund und Freund miteinander verkehren. Ja sogar die Töchter der Arier stehen noch immer eher außerhalb der Familie als die Jüdinnen, und öfter als diese ergreifen sie einen Beruf, der sie von Verwandten und Eltern entfernt und unabhängig macht.

Auch ist hier die Probe auf die Ausführungen des vorigen Kapitels zu machen, welche das unindividuelle, vom anderen Menschen nicht durch die Grenzen des Einsamen geschiedene Leben als eine unerläßliche Voraussetzung der Kuppelei ansahen (S. 380). Männer, die kuppeln, haben immer Judentum in sich; und damit ist der Punkt der stärksten Übereinstimmung zwischen Weiblichkeit und Judentum erreicht. Der Jude ist stets lüsterner, geiler, wenn auch merkwürdigerweise, vielleicht im Zusammenhange mit seiner nicht eigentlich antimoralischen Natur, sexuell weniger potent, und sicherlich aller großen Lust weniger fähig als der arische Mann. Nur Juden sind echte Heiratsvermittler, und nirgends erfreut sich Ehevermittlung durch Männer einer so ausgedehnten Verbreitung wie unter den Juden. Freilich ist eine Tätigkeit nach dieser Richtung hier dringender als sonst vonnöten; denn es gibt, wessen schon einmal gedacht wurde (Teil I, S. 49), kein Volk der Welt, in dem so wenig aus Liebe geheiratet würde wie unter ihnen: ein Beweis mehr für die Seelenlosigkeit des absoluten Juden.

Daß die Kuppelei eine organische Veranlagung im Juden ist, wird auch durch das Unverständnis des Juden für alle Askese nahegelegt; aber erhärtet dadurch, daß die jüdischen Rabbiner es lieben, besonders eingehend über das Fortpflanzungsgeschäft zu spekulieren, und eine mündliche Tradition im Zusammenhange mit der Kinderzeugung pflegen; wie dies von den Obersten eines Volkes, dessen sittliche Hauptaufgabe, nach seiner Überlieferung wenigstens, es sein muß, »sich zu mehren«, kaum anders erwartet werden kann.

Kuppelei ist schließlich Grenzverwischung: und der Jude ist der Grenzverwischer ϰατ' ἐξοχήν. Er ist der Gegenpol des Aristokraten; das Prinzip alles Aristokratismus ist strengste Wahrung aller Grenzen zwischen den Menschen. Der Jude ist geborner Kommunist, und immer will er die Gemeinschaft. Die Formlosigkeit des Juden im Verkehr, sein Mangel an gesellschaftlichem Takte gehen hierauf zurück. Alle Umgangsformen sind nur die feinen Mittel, um die Grenzen der persönlichen Monaden zu betonen und zu schützen; der Jude aber ist nicht Monadologe.

Ich betone nochmals, obwohl es selbstverständlich sein sollte: trotz der abträglichen Wertung des echten Juden kann nichts mir weniger in den Sinn kommen, als durch diese oder die noch folgenden Bemerkungen einer theoretischen oder gar einer praktischen Judenverfolgung in die Hände arbeiten zu wollen. Ich spreche über das Judentum als platonische Idee – es gibt einen absoluten Juden so wenig, als es einen absoluten Christen gibt –, ich spreche nicht von den einzelnen Juden, von denen ich so vielen nur höchst ungern wehe getan haben wollte, und deren manchem bitteres Unrecht geschehen würde, wenn das Gesagte auf ihn sollte angewendet werden. Losungen wie »Kauft nur bei Christen« sind jüdisch, denn sie betrachten und werten das Individuum nur als Gattungsangehörigen; ähnlich wie der jüdische Begriff des »Goy« jeden Christen einfach als solchen bezeichnet und auch schon subsumiert.

Nicht also der Boykott, und nicht etwa die Austreibung der Juden oder ihre Fernhaltung von Amt und Würde ist hier befürwortet. Durch solche Mittel ist die Judenfrage nicht lösbar, denn sie liegen nicht auf dem Wege der Sittlichkeit. Aber auch der »Zionismus« ist ihr nicht gewachsen. Er will die Juden sammeln, die, wie H. S.  Chamberlain nachweist, längst vor der Zerstörung des jerusalemitischen Tempels zum Teil die Diaspora als ihr natürliches Leben, das Leben des über die ganze Erde fortkriechenden, die Individuation ewig hintertreibenden Wurzelstockes gewählt hatten, er will etwas Unjüdisches. Die Juden müßten erst das Judentum überwunden haben, ehe sie für den Zionismus reif würden.

Zu diesem Behuf aber wäre vor allem geboten, daß die Juden sich selbst verstehen, daß sie sich kennenlernen und gegen sich kämpfen, innerlich das Judentum in sich besiegen wollten. Bis heute aber kennen sich die Juden nur so weit, daß sie Witze über sich machen und verständnisvoll goutieren – nicht weiter. Unbewußt nur achtet jeder Jude den Arier höher als sich selbst. Erst die feste und unerschütterliche Entschlossenheit, die höchste Selbstachtung sich zu ermöglichen, könnte den Juden vom Judentume befreien. Dieser Entschluß ist aber nur vom Individuum, nicht von einer Gruppe, und sei sie noch so stark, noch so ehrenhaft, zu fassen und auszuführen. Darum kann die Judenfrage nur individuell gelöst werden, jeder einzelne Jude muß sie für seine Person zu beantworten suchen.

Es gibt keine andere Lösung der Frage und kann keine andere geben; dem Zionismus wird sie nie gelingen.

Der Jude freilich, der überwunden hätte, der Jude, der Christ geworden wäre, besäße dann allerdings auch das volle Recht, vom Arier als einzelner genommen und nicht nach einer Rassenangehörigkeit mehr beurteilt zu werden, über die ihn sein moralisches Streben längst hinausgehoben hätte. Er mag unbesorgt sein: seinem gegründeten Anspruch wird niemand sich widersetzen wollen. Der höher stehende Arier hat immer das Bedürfnis, den Juden zu achten, sein Antisemitismus ist ihm keine Freude und kein Zeitvertreib. Darum liebt er es nicht, wenn der Jude über den Juden Bekenntnisse ablegt; und wer es dennoch tut, kann, von seiner Seite fast noch weniger als von der stets so überaus empfindlichen Judenschaft, irgend Dank sich erhoffen. Zuallerletzt wünscht gerade der Arier, daß der Jude dem Antisemitismus durch die Taufe recht gebe. Aber auch diese Gefahr der äußersten Verkennung seines ehrlichsten Strebens darf den Juden, der die innerliche Befreiung will, nicht bekümmern. Er wird darauf verzichten müssen, das Unmögliche zu leisten, sich als Jude zu schätzen, wie es der Arier von ihm haben will, und danach trachten, sich als Mensch ehren zu dürfen. Er wird die seelische Taufe des Geistes zu erreichen verlangen, welcher die äußerliche des Körpers symbolisch nur immer dann folgen mag.

Die dem Juden so wichtige und so nötige Erkenntnis dessen, was das Jüdische und das Judentum eigentlich ist, wäre die Lösung eines der schwierigsten Probleme; das Judentum ist ein viel tieferes Rätsel, als wohl mancher Antisemiten-Katechismus glaubt, und im letzten Grunde wird es einer gewissen Dunkelheit wohl nie weit entzogen werden. Auch die Parallele mit dem Weibe wird uns nun bald verlassen; einstweilen vermag sie noch weiterzuhelfen.

Im Christen liegen Stolz und Demut, im Juden Hochmut und Kriecherei miteinander im Kampf; in jenem Selbstbewußtsein und Zerknirschung, in diesem Arroganz und Devotion. Mit dem völligen Mangel des Juden an Demut hängt sein Unverständnis für die Idee der Gnade zusammen. Aus seiner knechtischen Veranlagung entspringt seine heteronome Ethik, der Dekalog, das unmoralischeste Gesetzbuch der Welt, welches für die gehorsame Befolgung eines mächtigen fremden Willens das Wohlergehen auf Erden in Aussicht stellt und die Eroberung der Welt verheißt. Das Verhältnis zum Jehovah, dem abstrakten Götzen, vor dem er die Angst des Sklaven hat, dessen Namen er nicht einmal auszusprechen wagt, charakterisiert den Juden analog dem Weibe als einer fremden Herrschaft über sich bedürftig. Schopenhauer definiert einmal: »Das Wort Gott bedeutet einen Menschen, der die Welt gemacht hat.« Für den Gott der Juden trifft dies allerdings zu. Von dem Göttlichen im Menschen, dem »Gott, der mir im Busen wohnt«, weiß der echte Jude nichts; dem, was Christus und Plato, Eckhard und Paulus, Goethe und Kant, was von den vedischen Priestern bis auf Fechners herrliche Schlußverse aus den »Drei Motiven und Gründen des Glaubens« jeder Arier unter dem Göttlichen gemeint hat, dem Worte »Ich werde bei euch sein alle Tage bis an der Welt Ende«: all dem steht er verständnislos gegenüber. Denn was im Menschen von Gott ist, das ist des Menschen Seele; der absolute Jude aber ist seelenlos.

So kann es denn gar nicht anders sein, als daß dem Alten Testamente der Unsterblichkeitsglaube fehlt. Wer keine Seele hat, wie sollte der nach ihrer Unsterblichkeit ein Bedürfnis haben? Ebenso wie den Frauen fehlt den Juden, und zwar ganz allgemein, das Unsterblichkeitsbedürfnis: »Anima naturaliter christiana« – so sagt Tertullian.

Aus dem nämlichen Grunde aber gibt es unter den Juden – H. S.  Chamberlain hat das richtig erkannt – auch keine eigentliche Mystik, außer einer wüsten Superstitio und Interpretationsmagie, »die Kabbâla« genannt. Der jüdische Monotheismus hat mit echtem Glauben an Gott nichts, gar nichts zu tun, er ist vielmehr seine Negation, der »Afterdienst« des wahren Dienstes unter dem guten Prinzipe, die Homonymität des Judengottes und des Christengottes die ärgste Verhöhnung des letzteren. Hier ist keine Religion aus reiner Vernunft; eher ein Altweiberglaube aus schmutziger Angst.

Warum wird aber aus dem orthodoxen Jehovah-Knecht so rasch und leicht ein Materialist, ein »Freigeist«? Warum ist das Lessingsche Wort vom »Aufkläricht«, trotz der Einrede des wohl nicht ohne guten Grund antisemitischen Dühring, wie auf das Judentum gemünzt? Hier ist der Sklavensinn gewichen und hat seiner steten Kehrseite, der Frechheit, Platz gemacht: beide sind wechselnde Phasen eines und desselben Wollens im nämlichen Menschen. Die Arroganz den Dingen gegenüber, die nicht als Symbole eines Tieferen empfunden oder auch nur dunkel geahnt werden, der Mangel an » verecundia« auch vor dem Naturgeschehen, das führt zur jüdischen, materialistischen Form der Wissenschaft, wie sie leider heute eine gewisse Herrschaft erlangt hat, und intolerant gegen alle Philosophie geworden ist. Wenn man, wie es notwendig und allein richtig ist, das Judentum als eine Idee betrachtet, an der auch der Arier mehr oder weniger Anteil haben kann, dann wird wenig dagegen einzuwenden sein, wenn man an die Stelle der » Geschichte des Materialismus« lieber ein » Wesen des Judentums« gesetzt wissen will. »Das Judentum in der Musik« hat Wagner besprochen; vom Judentum in der Wissenschaft ist hier noch einiges zu sagen.

Judentum im weitesten Sinne ist jene Richtung in der Wissenschaft, welcher diese vor allem Mittel zum Zweck ist, alles Transzendente auszuschließen. Der Arier empfindet das Bestreben, alles begreifen und ableiten zu wollen, als eine Entwertung der Welt, denn er fühlt, daß gerade das Unerforschliche es ist, das dem Dasein seinen Wert verleiht. Der Jude hat keine Scheu vor Geheimnissen, weil er nirgends welche ahnt. Sein Bestreben ist es, die Welt möglichst platt und gewöhnlich zu sehen, nicht um durch Klarheit dem ewig Dunklen sein ewiges Recht erst zu sichern, sondern um eine öde Selbstverständlichkeit des Alls zu erzeugen und die Dinge aus dem Wege zu räumen, welche einer freien Bewegung seiner Ellbogen auch im Geistigen entgegenstehen. Die antiphilosophische (nicht die aphilosophische) Wissenschaft ist im Grunde jüdisch.

Auch sind die Juden stets, eben weil ihre Gottesverehrung mit wahrer Religion gar keine Verwandtschaft hat, der mechanistisch-materialistischen Anschauung der Welt am wenigsten abhold gewesen; wie sie am eifrigsten den Darwinismus und die lächerliche Theorie von der Affenabstammung des Menschen aufgriffen, so wurden sie beinahe schöpferisch als Begründer jener ökonomischen Auffassung der menschlichen Geschichte, welche den Geist aus der Entwicklung des Menschengeschlechtes am vollständigsten streicht. Früher die enragiertesten Anhänger Büchners, sind sie jetzt die begeistertsten Vorkämpfer Ostwalds.

Es ist auch kein Zufall, daß die Chemie heutzutage in so weitem Umfang in den Händen der Juden sich befindet, wie einst in den Händen der stammesverwandten Araber. Das Aufgehen in der Materie, das Bedürfnis, alles in ihr aufgehen zu lassen, setzt den Mangel eines intelligiblen Ich voraus, ist also wesentlich jüdisch.

» O curas Chymicorum! o quantum in pulvere inane

Dieser Hexameter ist freilich von dem deutschesten Forscher aller Zeiten: der ihn gedichtet hat, heißt Johannes Kepler. Hier kam es mir darauf an, den Drang der Juden zur Chemie einzuordnen. Der anderen Chemie, der Wissenschaft eines Berzelius, Liebig, van t'Hoff soll hiemit nicht nahegetreten sein.

Es hängt mit dem Einflusse jüdischen Geistes auch sicherlich zusammen, daß die Medizin, welcher die Juden so scharenweise sich zuwenden, ihre heutige Entwicklung genommen hat. Stets, von den Wilden bis zur heutigen Naturheilbewegung, von der sich die Juden bezeichnenderweise gänzlich ferngehalten haben, hatte alle Heilkunst etwas Religiöses, war der Medizinmann der Priester. Die bloß chemische Richtung in der Heilkunde – das ist das Judentum. Sicherlich aber wird niemals das Organische aus dem Unorganischen, sondern höchstens dieses aus jenem zu erklären sein. Es ist kein Zweifel, daß Fechner und Preyer recht haben, die das Tote aus dem Lebenden, und nicht umgekehrt, entstanden sein lassen. Was wir täglich im individuellen Leben vor sich gehen sehen: daß Organisches zu Anorganischem wird (schon durch die Verknöcherung und Verkalkung im Alter, die senile Arteriosklerose und Atheromathose, wird der Tod vorbereitet); indes noch niemand aus Totem Lebendes hat erstehen sehen – das sollte, im Sinne des »biogenetischen« Parallelismus zwischen Ontogenie und Phylogenie, auch auf die Gesamtheit der anorganischen Materie angewendet werden. Hat die Lehre von der Urzeugung von Swammerdam bis Pasteur so viele Posten nacheinander aufgellen müssen, so wird sie auch ihren letzten Halt, den sie im monistischen Bedürfnis so vieler zu haben scheint, fahren lassen, wenn dieses anders und besser wird befriedigt werden können. Die Gleichungen für das tote Geschehen werden sich vielleicht einmal durch Einsetzung bestimmter Zeitwerte als Grenzfälle der Gleichungen des lebendigen Geschehens ergeben, nie umgekehrt das Lebende durch das Tote darstellbar sein. Die Homunkulus-Bestrebungen sind Faust fremd, Goethe hat sie nicht ohne Grund für Wagner, den Famulus, reserviert. Mit der Chemie ist wahrhaftig nur den Exkrementen des Lebendigen beizukommen; ist doch das Tote selbst nur ein Exkret des Lebens. Die chemische Anschauungsweise setzt den Organismus auf eine Stufe mit seinen Auswürfen und Abscheidungen. Wie anders sollten Erscheinungen zu erklären sein gleich dem Glauben eines Menschen, durch Ernährung mit mehr oder weniger Zucker das Geschlecht des werdenden Kindes beeinflussen zu können? Das unkeusche Anpacken jener Dinge, die der Arier im Grunde seiner Seele immer als Schickung empfindet, ist erst durch den Juden in die Naturwissenschaft gekommen. Die Zeit jener tiefreligiösen Forscher, für die ihr Objekt stets an einer übersinnlichen Dignität einen, wenn auch noch so geringen, Anteil hatte, für die es Geheimnisse gab, die vom Staunen kaum je sich erholten über das, was sie zu entdecken sich begnadet fühlten, die Zeit eines Kopernikus und Galilei, eines Kepler und Euler, Newton und Linné, Lamarck und Faraday, Konrad Sprengel und Cuvier scheint vorüber. Die heutigen Freigeister, die, weil sie vom Geiste frei sind, an keine immanente Offenbarung eines Höheren im Naturganzen mehr zu glauben vermögen, sind, vielleicht eben darum, auch in ihrem besonderen wissenschaftlichen Fache nicht imstande, jene Männer wirklich zu ersetzen und zu erreichen.

Aus diesem Mangel an Tiefe wird auch klar, weshalb die Juden keine ganz großen Männer hervorbringen können, weshalb dem Judentum, wie dem Weibe, die höchste Genialität versagt ist. Der hervorragendste Jude der letzten neunzehn Jahrhunderte, an dessen rein semitischer Abkunft zu zweifeln kein Grund vorliegt, und der sicherlich viel mehr Bedeutung besitzt als der, fast jeder Größe entbehrende, Dichter Heine oder der originelle, aber keineswegs tiefe Maler Israels, ist der Philosoph Spinoza. Die allgemein übliche ungeheure Überschätzung auch des letzteren geht weniger auf Vertiefung in seine Werke und ein Studium derselben, als auf den zufälligen Umstand zurück, daß er der einzige Denker ist, den Goethe eingehender gelesen hat.

Für Spinoza selbst gab es eigentlich keine Probleme: darin zeigt er sich als echter Jude; sonst hätte er nicht jene »mathematische Methode« wählen können, die wie darauf berechnet ist, alles selbstverständlich erscheinen zu lassen. Spinozas System war sein Schutzbau, in den er sich darum zurückzog, weil niemand so sehr wie er gemieden hat, über sich selbst nachzudenken; darum konnte es für denjenigen Menschen, der wohl am meisten, und schmerzvoller als alle anderen, über sich nachgedacht hat, darum konnte es für Goethe eine Beruhigung und Erholung werden. Denn der wahrhaft bedeutende Mensch denkt, über was immer er denke, im Grunde doch immer nur über sich selbst nach. Und so gewiß Hegel im Unrecht war, die logische Opposition wie eine reale Repugnanz zu behandeln, so gewiß geht doch auch das trockenste logische Problem beim tieferen Denker psychologisch auf einen mächtigen inneren Konflikt zurück. Spinozas System, in seinem voraussetzungslosen Monismus und Optimismus, in seiner vollkommenen Harmonie, die Goethe so hygienisch empfand, ist unleugbar keine Philosophie eines Gewaltigen: es ist die Absperrung eines die Idylle suchenden, und ihrer doch nicht wirklich fähigen, weil gänzlich humorlosen Unglücklichen.

Die Echtheit seines Judentums erweist Spinoza mehrfach, und läßt deutlich die Grenzen sichtbar werden, welche rein jüdischem Geiste immer gezogen sind: ich meine hier nicht so sehr sein Unverständnis für den Staatsgedanken und seine Anhängerschaft an den Hobbesschen »Krieg aller gegen alle« als angeblichen Urzustand der Menschheit. Was den relativen Tiefstand seiner philosophischen Anschauungen bezeugt, ist viel mehr sein völliges Unverständnis für die Willensfreiheit – der Jude ist stets Sklave und also Determinist –, und am meisten dies, daß für ihn, als echten Juden, die Individuen nur Akzidenzen, nicht Substanzen, nur nicht-wirkliche Modi einer allein wirklichen, aller Individuation fremden unendlichen Substanz sind. Der Jude ist nicht Monadologe. Darum gibt es keinen tieferen Gegensatz als den zwischen Spinoza und seinem weit bedeutenderen und universelleren Zeitgenossen Leibniz, dem Vertreter der Monaden-Lehre, und deren noch weit größerem Schöpfer Bruno, dessen Ähnlichkeit mit Spinoza eine oberflächliche Anschauung in einer ans Groteske streifenden Weise übertrieben hat. Ein Genie ist Spinoza nicht gewesen. Es gibt keinen gedankenärmeren und keinen phantasieloseren Philosophen unter allen singulären Gestalten der Philosophiegeschichte. Und man mißversteht den Spinozismus – durch den Gedanken an Goethe getäuscht – völlig, wenn man in ihm vielleicht den schamhaften Ausdruck eines tiefsten Verhältnisses zur Natur erblickt. Wer das All umfassen will, der kann nicht mit Definitionen beginnen. Spinozas Verhältnis zur Natur war vielmehr ein ausnehmend loses. Damit stimmt es überein, daß er auf seinem ganzen Lebenswege nirgends der Kunst begegnet ist (vgl. Kapitel 11, S. 319 f.).

Wie das »Radikal-Gute« und das »Radikal-Böse«, so fehlt aber dem Juden ( und dem Weibe) mit dem Genie auch das Radikal-Dumme in der menschlichen, männlichen Natur. Die spezifische Art der Intelligenz, die dem Juden wie dem Weibe nachgerühmt wird, ist freilich einerseits nur größere Wachsamkeit ihres größeren Egoismus; anderseits beruht sie auf der unendlichen Anpassungsfähigkeit beider an alle beliebigen äußeren Zwecke ohne Unterschied: weil sie keinen urwüchsigen Maßstab des Wertes, kein Reich der Zwecke in der eigenen Brust tragen. Dafür haben sie ungetrübtere natürliche Instinkte, welche dem arischen Manne nicht in gleicher Weise zurückkehren, um ihm weiterzuhelfen, wenn ihn das Übersinnliche in seiner Intelligenz verlassen hat.

Hier ist auch der Ort, der seit Richard Wagner oft hervorgehobenen Ähnlichkeit des Engländers mit dem Juden zu gedenken. Denn sicherlich haben unter allen Germanen sie am ehesten eine gewisse Verwandtschaft mit den Semiten. Ihre Orthodoxie, ihre streng wörtliche Auslegung der Sabbatruhe weist darauf hin. Es ist in der Religiosität der Engländer nicht selten Scheinheiligkeit, in ihrer Askese nicht wenig Prüderie gelegen. Auch sind sie, wie die Frauen, weder durch Musik, noch durch Religion je produktiv gewesen: es mag irreligiöse Dichter geben – sehr große Künstler können es nicht sein –, aber es gibt keinen irreligiösen Musiker. Und es hängt hiemit auch zusammen, warum die Engländer keinen bedeutenden Architekten und nie einen hervorragenden Philosophen hervorgebracht haben. Berkeley ist wie Swift und Sterne ein Ire, Erigena, Carlyle und Hamilton, ebenso wie Burns, sind Schotten. Shakespeare und Shelley, die zwei größten Engländer, bezeichnen noch lange nicht die Gipfel der Menschheit, sie reichen auch nicht entfernt hinan an Michel Angelo oder an Beethoven. Und wenn wir nun die englischen »Philosophen« betrachten, so sehen wir, wie von ihnen seit dem Mittelalter stets die Reaktion gegen alle Tiefe ausgegangen ist: von Wilhelm von Occam und Duns Scotus angefangen, über Roger Baco und seinen Namensvetter den Kanzler, den Spinoza so geistesverwandten Hobbes und den seichten Locke, bis zu Hartley, Priestley, Bentham, den beiden Mill, Lewes, Huxley, Spencer. Damit sind aber aus der Geschichte der englischen Philosophie die wichtigsten Namen auch schon aufgezählt; denn Adam Smith und David Hume waren Schotten. Vergessen wir niemals, daß uns aus England die seelenlose Psychologie gekommen ist! Der Engländer hat dem Deutschen als tüchtiger Empiriker, als Realpolitiker im Praktischen wie im Theoretischen, imponiert, aber damit ist seine Wichtigkeit für die Philosophie auch erschöpft. Es hat noch nie einen tieferen Denker gegeben, der beim Empirismus stehengeblieben ist; und noch nie einen Engländer, der über ihn selbständig hinausgekommen wäre.

Dennoch darf man den Engländer nicht mit dem Juden verwechseln. Im Engländer ist viel mehr Transzendentes als im Juden, nur ist sein Sinn mehr vom Transzendenten aufs Empirische, als vom Empirischen aufs Transzendente gerichtet. Sonst wäre er nicht so humorvoll, wie er es ist, indes dem Juden der Humor fehlt, indem dieser vielmehr selbst, nach der Sexualität, das ergiebigste Objekt alles Witzes ist.

Ich weiß wohl, ein wie schwieriges Problem das Lachen und der Humor ist; so schwierig wie alles, was nur menschlich und nicht auch tierisch ist, so schwierig, daß Schopenhauer gar nichts Rechtes, und selbst Jean Paul nichts ganz Befriedigendes über den Gegenstand zu sagen weiß. Im Humor liegt zunächst vielerlei: für manche Menschen scheint er eine feinere Form des Mitleids mit anderen oder mit sich selbst zu bedeuten; aber damit ist nichts ausgesprochen, was gerade für den Humor ausschließlich charakteristisch wäre. In ihm mag bewußtes »Pathos der Distanz« zum Ausdruck kommen – beim gänzlich unpathetischen Menschen; aber auch hiemit ist nichts gerade für ihn Entscheidendes gewonnen.

Das Wesentlichste im Humor scheint mir eine übermäßige Betonung des Empirischen, um dessen Unwichtigkeit eben hiedurch klarer darzustellen. Lächerlich ist im Grunde alles, was verwirklicht ist; und hierauf gründet sich der Humor, so ist er das Widerspiel der Erotik.

Diese faßt Mensch und Welt zusammen und richtet alles in ihnen auf das Ziel; der Humor läßt sie die entgegengesetzte Bewegung nehmen, er läßt alle Synthesen auf, um zu zeigen, was die Welt ohne Töne ist. Wie unpolarisiertes und polarisiertes Licht, so könnte man etwa sagen, verhalten sich Humor und Erotik. Man kann, um sich das zu erläutern, an den Unterschied zwischen Shakespeare und Beethoven denken, einen der größten Gegensätze innerhalb der Psychologie.

Will diese aus dem Begrenzten ins Unbegrenzte, so läßt der Humor auf das Begrenzte sich nieder, schiebt es allein in den Vordergrund der Bühne, und stellt es bloß, indem er es von allen Seiten betrachtet. Der Humorist ist nicht reisebedürftig Vgl. Seite 309.; nur er hat den Sinn für das Kleine und den Zug zum Kleinen; sein Reich ist weder Meer noch Gebirge, sein Gebiet ist das Flachland. Darum sucht er mit Vorliebe das Idyll auf und vertieft sich in jedwedes Einzelding: aber immer nur, um sein Mißverhältnis zum Ding an sich zu enthüllen. Er blamiert die Immanenz, indem er sie von der Transzendenz gänzlich loslöst, ja nicht einmal den Namen der letzteren mehr nennt. Der Witz sucht den Widerspruch innerhalb der Erscheinung auf, der Humor tut ihr den größeren Tort an, sie wie ein in sich geschlossenes Ganzes hinzustellen; beide zeigen, was alles möglich ist, und kompromittieren hiedurch am gründlichsten die Erfahrungswelt. Die Tragik hingegen tut dar, was in alle Ewigkeit unmöglich ist, und so verneinen Komik und Tragik, jede auf ihre Weise, die Empirie; obwohl sie eine das Gegenteil der anderen zu sein scheinen.

Der Jude, der nicht vom Übersinnlichen kommt, wie der Humorist, und nicht zum Übersinnlichen will, wie der Erotiker, hat kein Interesse, das Gegebene geringer zu werten: darum wird ihm das Leben nie zum Gaukelspiel, nie zum Tollhaus. Weil der Humor höhere Werte kennt, als alle konkreten Dinge, und sie nur listig verschweigt, ist er seinem Wesen nach tolerant; die Satire, sein Gegenteil, ist ihrem Wesen nach intolerant und entspricht darum besser der eigentlichen Natur des Juden wie der des Weibes. Juden und Weiber sind humorlos, aber spottlustig. In Rom hat es sogar eine Verfasserin von Satiren, Su1picia mit Namen, gegeben. Weil die Satire unduldsam ist, macht sie den Menschen in der Gesellschaft am leichtesten unmöglich. Der Humorist, der es zu verhindern weiß, daß die Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten der Welt ihn und die anderen Menschen ernstlich zu bekümmern anfangen, ist der am liebsten gesehene Gast in jeder Gesellschaft. Denn der Humor räumt wie die Liebe Berge aus dem Wege; er ist eine Verhaltungsweise, die ein soziales Leben, d. h. eine Gemeinsamkeit unter einer höherenIdee, sehr begünstigt. Der Jude ist denn auch nicht, der Engländer in hohem Maße sozial veranlagt.

Der Vergleich des Juden mit dem Engländer versagt also noch viel früher als sein Vergleich mit dem Weibe. Der Grund, aus welchem dennoch hier wie dort Ausführlichkeit geboten schien, liegt in der Hitze des Kampfes, welcher um Wert und Wesen des Judentums seit längster Zeit geführt wird. Auch darf ich hier wohl auf Wagner mich berufen, den das Problem des Judentums am intensivsten, von Anfang bis zuletzt, beschäftigt hat, und der nicht nur im Engländer einen Juden hat wiederentdecken wollen: auch über seiner Kundry, der tiefsten Frauengestalt der Kunst, schwebt unverkennbar der Schatten des Ahasverus.

Noch mehr scheint es im Sinne der Parallele mit dem Weibe gelegen, und noch stärker verleitet zu ihrer voreiligen Annahme, daß – nicht bloß für die Augen des Juden – keine Frau der Welt die Idee des Weibes so völlig repräsentiert wie die Jüdin. Selbst vom Arier wird sie ähnlich empfunden: man denke an Grillparzers »Jüdin von Toledo«. Dieser Schein wird darum so leicht erregt, weil die Arierin vom Arier auch das Metaphysische als einen Sexualcharakter fordert, und von seinen religiösen Überzeugungen ebenso zu durchdringen ist wie von seinen anderen Qualitäten (vgl. Kapitel 9 gegen Ende und Kapitel 12). In Wirklichkeit gibt es freilich dennoch nur Christen und nicht Christinnen. Die Jüdin aber kann, sowohl als kinderreiche Hausmutter wie als wollüstige Odaliske, die Weiblichkeit in ihren beiden Polen, als Kypris und als Kybele, darum vollständiger zu repräsentieren scheinen, weil der Mann, der sie sexuell ergänzt und geistig imprägniert, der Mann, der sie für sich geschaffen hat, selber so wenig Transzendentes in sich birgt.

Die Kongruenz zwischen Judentum und Weiblichkeit scheint eine völlige zu werden, sobald auf die unendliche Veränderungsfähigkeit des Juden zu reflektieren begonnen wird. Das große Talent der Juden für den Journalismus, die »Beweglichkeit« des jüdischen Geistes, der Mangel an einer wurzelhaften und ursprünglichen Gesinnung – lassen sie nicht von den Juden wie von den Frauen es gelten: sie sind nichts, und können eben darum alles werden? Der Jude ist Individuum, aber nicht Individualität; dem niederen Leben ganz zugewandt, hat er kein Bedürfnis nach der persönlichen Fortexistenz: es fehlt ihm das wahre, unveränderliche, das metaphysische Sein, er hat keinen Teil am höheren, ewigen Leben.

Und doch gehen gerade hier Judentum und Weiblichkeit in entscheidender Weise auseinander; das Nicht-Sein und Alles-Werden-Können ist im Juden ein anderes als in der Frau. Die Frau ist die Materie, die passiv jede Form annimmt. Im Juden liegt zunächst unleugbar eine gewisse Aggressivität: nicht durch den großen Eindruck, den andere auf ihn hervorbringen, wird er rezeptiv, er ist nicht suggestibler als der Arier; sondern er paßt sich den verschiedenen Umständen und Erfordernissen, jeder Umgebung und jeder Rasse selbsttätig an; wie der Parasit, der in jedem Wirte ein anderer wird, und so völlig ein verschiedenes Aussehen gewinnt, daß man ein neues Tier vor sich zu haben glaubt, während er doch immer derselbe geblieben ist. Er assimiliert sich allem und assimiliert es so sich; und er wird hiebei nicht vom anderen unterworfen, sondern unterwirft sich so ihm.

Das Weib ist ferner gar nicht, der Jude eminent begrifflich veranlagt, womit auch seine Neigung für die Jurisprudenz zusammenhängt, welcher die Frau nie Geschmack abgewinnen wird; und auch in dieser begrifflichen Natur des Juden kommt seine Aktivität zum Ausdruck, eine Aktivität freilich von ganz eigentümlicher Art, keine Aktivität der selbstschöpferischen Freiheit des höheren Lebens.

Der Jude ist ewig wie das Weib, ewig nicht als Persönlichkeit, sondern als Gattung. Er ist nicht unmittelbar wie der arische Mann, aber seine Mittelbarkeit ist trotzdem eine andere als die des Weibes.

Am tiefsten wird die Erkenntnis des eigentlich-jüdischen Wesens erschlossen durch die Irreligiosität des Juden. Es ist hier nicht der Ort für eine Untersuchung des Religionsbegriffes, und es sei denn unter Religion, ohne eine Begründung, die notgedrungen langatmig werden und vom Thema weit abführen müßte, zunächst die Bejahung alles ewigen, aus den Daten des niederen nie abzuleitenden, nie zu erweisenden ewigen Lebens im Menschen durch den Menschen verstanden. Der Jude ist der ungläubige Mensch. Glaubeist jene Handlung des Menschen, durch welche er in Verhältnis zu einem Sein tritt. Der religiöse Glaube richtet sich nur speziell auf das zeitlose, das absolute Sein, das ewige Leben, wie es in der Sprache der Religion heißt. Und der Jude ist nichts, im tiefsten Grunde darum, weil er nichts glaubt.

Glaube aber ist alles. Mag ein Mensch an Gott glauben oder nicht, es kommt nicht alles darauf an: wenn er nur wenigstens an den Atheismus glaubt. Das aber ist es eben: der Jude glaubt gar nichts, er glaubt nicht an seinen Glauben, er zweifelt an seinem Zweifel. Er ist nie ganz durchdrungen von seinem Jubel, aber ebensowenig fähig, völlig von seinem Unglück erfüllt zu werden. Er nimmt sich nie ernst, und darum nimmt er auch keinen anderen Menschen, keine andere Sache wahrhaft ernst. Es ist innerlich bequem, Jude zu sein; und einige äußere Unbequemlichkeit wird hiefür schon müssen in den Kauf genommen werden.

Hiemit ist die wesentliche Differenz zwischen dem Juden und dem Weibe endlich bezeichnet. Ihre Ähnlichkeit beruht zu allertiefst darauf, daß er, so wenig wie sie, an sich selbst glaubt. Aber sie glaubt an den anderen, an den Mann, an das Kind, an »die Liebe«; sie hat einen Schwerpunkt, nur liegt er außerhalb ihrer. Der Jude aber glaubt nichts, weder in sich noch außer sich; auch im Fremden hat er keinen Halt, auch in ihm schlägt er keine Wurzeln gleich dem Weibe. Und nur gleichsam symbolisch erscheint sein Mangel an irgend welcher Bodenständigkeit in seinem so tiefen Unverständnis für allen Grundbesitz und seiner Vorliebe für das mobile Kapital. Und auch sein Mangel an einer tiefen und unveräußerlichen Empfindung für die Natur hängt hiemit zusammen.

Die Frau glaubt an den Mann, an den Mann außer sich oder an den Mann in sich, an den Mann, von dem sie geistig imprägniert worden ist, und kann auf diese Weise sogar sich selbst ernst nehmen. Vgl. Kapitel 12, S. 349, 356. Der Jude hält nie wirklich etwas für echt und unumstößlich, für heilig und unverletzbar. Darum ist er überall frivol, und alles bewitzelnd; er glaubt keinem Christen sein Christentum, geschweige denn einem Juden die Ehrlichkeit seiner Taufe. Aber er ist auch nicht wirklich realistisch und keineswegs ein echter Empiriker. Hier ist an den früheren Aufstellungen, die, zum Teil, an H. S. Chamberlain sich anschlossen, die wichtigste Einschränkung vorzunehmen. Der Jude ist nicht eigentlich immanent wie der englische Erfahrungsphilosoph; denn der Positivismus des bloßen Empiristen glaubt an einen Abschluß alles menschenmöglichen Wissens im Bereiche der Sinnfälligkeit, er hofft auf die Vollendung des Systems exakter Wissenschaft. Der Jude aber glaubt auch an das Wissen nicht; und doch ist er darum keineswegs Skeptiker, denn ebensowenig ist er vom Skeptizismus überzeugt. Dagegen waltet noch über einem gänzlich ametaphysischen Systeme wie dem des Avenarius eine weihevolle Sorgfalt, ja selbst über die relativistischen Anschauungen von Ernst Mach ist eine vertrauensvolle Frömmigkeit ausgebreitet. Der Empirismus mag nicht tief sein; jüdisch ist er darum nicht zu nennen.

Der Jude ist der unfromme Mensch im weitesten Sinne. Frömmigkeit aber ist nicht etwas neben anderen Dingen oder außer anderen Dingen: Frömmigkeit ist der Grund von allem, und die Basis, auf der alles andere erst sich erhebt. Man hält den Juden schon für prosaisch, weil er nicht schwungvoll ist, und nach keinem Urquell des Seins sich sehnt; mit Unrecht. Alle echte innere Kultur, und was immer ein Mensch für Wahrheit halte, daß es für ihn Kultur, daß es für ihn Wahrheit, daß es für ihn Werte gibt, das ruht auf dem Grunde des Glaubens, es bedarf der Frömmigkeit. Und Frömmigkeit ist nicht etwas, das bloß in der Mystik und in der Religion sich offenbart; auch aller Wissenschaft und aller Skepsis, allem, womit der Mensch es innerlich ernst meint, liegt sie am tiefsten zugrunde. Daß sie auf verschiedene Weise sich äußern mag, ist bestimmt: Begeisterung und Sachlichkeit, hoher Enthusiasmus und tiefer Ernst, das sind die zwei vornehmsten Arten, in welchen sie zur Erscheinung gelangt. Der Jude ist nie schwärmerisch, aber er ist auch nicht eigentlich nüchtern; er ist nicht ekstatisch, aber er ist auch nicht trocken. Fehlt ihm der niedere wie der geistige Rausch, ist er so wenig Alkoholiker, als höherer Verzückung fähig, so ist er darum noch nicht kühl, und noch in weiter Ferne von der Ruhe überzeugender Argumentation: seine Wärme schwitzt, und seine Kälte dampft. Seine Beschränkung wird immer Magerkeit, seine Fülle immer Schwulst. Kommt er, wenn er zur schrankenlosen Begeisterung des Gefühles den Aufflug wagt, nie weit über das Pathetische hinaus, so unterläßt er, auch wenn er in den engsten Fesseln des Gedankens sich zu bewegen unternimmt, doch nicht, geräuschvoll mit seinen Ketten zu rasseln. Und drängt es ihn auch kaum zum Kuß der ganzen Welt, er bleibt gegen sie darum nicht minder zudringlich.

Alle Sonderung und alle Umschlingung, alle Strenge und alle Liebe, alle Sachlichkeit und alles Hymnische, jede wahre, unverlogene Regung im Menschenherzen, sei sie ernst oder freudig, ruht zuletzt auf der Frömmigkeit. Der Glaube muß nicht, wie im Genius, das ist im frömmsten Menschen, auf eine metaphysische Entität sich beziehen – Religion ist Setzung seiner selbst und der Welt mit sich selbst –, er mag auch auf ein empirisches Sein sich erstrecken, und hierin gleichsam völlig aufzugehen scheinen: es ist doch nur ein und derselbe Glaube an ein Sein, an einen Wert, eine Wahrheit, an ein Absolutes, an einen Gott.

Dem hier entwickelten umfassendsten Begriff von Religion und Frömmigkeit könnten mannigfache Mißdeutungen leicht begegnen. Darum möchte ich zu seiner Erläuterung noch einiges bemerken. Frömmigkeit liegt nicht bloß im Besitz, sondern auch im Kampfe, um Besitz zu erringen: nicht bloß der überzeugte Gottverkünder (wie Händel, oder wie Fechner) ist fromm, sondern auch der irrende, zweifelnde Gottsucher (wie Lenau, oder wie Dürer) Der Jude ist nicht der noch nicht erleuchtete, noch nicht sehende Thomas des Verrocchio (an der Kirche Or San Michele in Florenz), der gar nichts anderes möchte, als glauben, und es nur noch nicht kann; vielmehr empfindet der Jude seinen Unglauben als seine Überlegenheit, als den Witz, um den nur er weiß. Frömmigkeit braucht nicht in ewiger Betrachtung vor dem Weltganzen zu stehen (so wie Bach vor ihm steht); sie mag (wie bei Mozart) als eine alle Einzeldinge begleitende Religiosität sich offenbaren. Sie ist endlich nicht an das Auftreten eines Stifters gebunden: das frömmste Volk der Welt sind die Griechen gewesen und nur darum war ihre Kultur die höchste unter allen bisherigen; unter ihnen aber hat es sicher nie einen überragenden Religionsstifter gegeben (dessen sie nicht bedurften; vgl. S. 440).

Religion ist Schöpfung des Alls; und alles, was im Menschen ist, ist nur durch Religion. Der Jude ist demnach nicht der religiöse Mensch, wofür man ihn so oft ausgegeben hat, sondern der irreligiöse Mensch ϰατ' ἐξοχήν.

Soll ich dies nun noch begründen? Soll ich lange ausführen, wie der Jude ohne Eifer im Glauben ist, und darum die jüdische Konfession die einzige, die um keinen Proselyten wirbt, der zum Judentum Übergetretene dessen Bekennern selbst das größte Rätsel und das verlegenste Gelächter? Hiegegen kann die jüdische Unduldsamkeit keinen Einwand bilden. Wahre Religion ist immer eifrig, aber nie zelotisch. Intoleranz ist vielmehr identisch mit Ungläubigkeit; wie die Macht das täuschendste Surrogat der Freiheit ist, so entsteht Intoleranz nur aus dem Mangel an individueller Sicherheit des Glaubens. Soll ich über das Wesen des jüdischen Gebetes hier mich verbreiten und seine Formelhaftigkeit, seinen Mangel an jener Inbrunst, die nur der Augenblick geben kann, betonen? Soll ich endlich wiederholen, was die jüdische Religion ist: keine Lehre vom Sinn und Zweck des Lebens, sondern eine historische Tradition, zusammenzufassen in dem einen Übergang durchs Rote Meer, gipfelnd also in dem Danke des flüchtenden Feigen an den mächtigen Erretter? Es wäre wohl auch sonst klar: der Jude ist der irreligiöse Mensch, und von jedem Glauben am allerweitesten entfernt. Er setzt nicht sich selbst und mit sich die Welt, worin das Wesentliche in der Religion besteht. Aller Glaube ist heroisch: der Jude aber kennt weder den Mut noch das Fürchten, als das Gefühl des bedrohten Glaubens; er ist weder sonnenhaft noch dämonisch.

Nicht also, wie Chamberlain glaubt, Mystik, sondern Frömmigkeit ist das, was dem Juden zuallerletzt mangelt. Wäre er nur ehrlicher Materialist, wäre er nur bornierter Entwicklungsanbeter! Aber er ist nicht Kritiker, sondern nur Kritikaster, er ist nicht Skeptiker nach dem Bilde des Cartesius, nicht Zweifler, um aus dem größten Mißtrauen zur größten Sicherheit zu gelangen; sondern absoluter Ironiker wie – hier kann ich eben nur einen Juden nennen – Heinrich Heine. Auch der Verbrecher ist unfromm und hat keinen Halt in Gott; aber er sinkt damit ins Bodenlose, denn er kann nicht neben Gott stehen. Das aber ist der eigentümliche Kniff alles Jüdischen. Der Verbrecher ist daher stets verzweifelt; der Jude nie. Er ist gar nicht echter Revolutionär (denn woher käme ihm die Kraft und der innere Elan der Empörung?), und unterscheidet sich eben hiedurch vom Franzosen: er ist nur zersetzend, und gar nie wirklich zerstörend.

Und was ist er nun. selbst, der Jude, wenn er nichts von alledem ist, was sonst ein Mensch sein kann? Was geht in ihm wahrhaft vor, wenn er ohne irgend welches Letzte ist, ohne einen Grund, auf den das Senkblei des Psychologen am Ende doch hart und vernehmlich stieße?

Des Juden psychische Inhalte sind sämtlich mit einer gewissen Zweiheit oder Mehrheit behaftet; über diese Ambiguität, diese Duplizität, ja Multiplizität kommt er nie hinaus. Er hat immer noch eine Möglichkeit, noch viele Möglichkeiten, wo der Arier, ohne ärmer im Blicke zu sein, unbedingt sich entscheidet und wählt. Diese innere Vieldeutigkeit, diesen Mangel an unmittelbarer innerer Realität irgend eines psychischen Geschehens, die Armut an jenem An- und Fürsich-Sein, aus welchem allein höchste Schöpferkraft fließen kann, glaube ich als die Definition dessen betrachten zu müssen, was ich das Jüdische als Idee genannt habe. Hieraus erst ist wirklich die Genielosigkeit des Juden erklärbar (vgl. S. 229): nur Glaube ist schöpferisch. Und vielleicht spiegeln die geringere geschlechtliche Potenz des Juden und die größere Schwäche seiner Muskeln, seines Körpers nur diese selbe Tatsache in der niederen Sphäre wider. Es ist wie ein Zustand vor dem Sein, ein ewiges Irren draußen vor dem Tore der Realität. Mit nichts kann der Jude sich wahrhaft identifizieren, für keine Sache sein Leben ganz und gar einsetzen. Der Mann erst schafft das Weib. Darum besitzen die Jüdinnen bekanntermaßen jene Einfachheit der Christinnen nicht, die sich ohne weiteres an das sexuelle Komplement hingibt. Nicht der Eiferer, sondern der Eifer fehlt dem Juden: weil ihm alles Ungeteilte, alles Ganze fremd ist. Es ist die Einfalt des Glaubens, die ihm abgeht, und weil er diese Einfalt nicht hat, und keine wie immer geartete letzte Position bedeutet, darum scheint er gescheiter als der Arier, und entwindet sich elastisch jeder Unterdrückung. Dies darf man aber nicht, wie Schopenhauer, und nach ihm, unter Benützung seiner mangelhaften psychologischen Distinktion, H. S.  Chamberlain, als ein Überwiegen des Willens und ein abnormes Zurücktreten des Intellektes deuten. Der Jude ist gar nicht wirklich willensstark, und seine innere Unentschiedenheit könnte sogar leicht zu einer irrigen Verwechslung mit psychischem »Masochismus«, das ist Schwere und Hilflosigkeit im Augenblicke des Entschlusses, Anlaß geben. Innerliche Vieldeutigkeit, ich möchte es wiederholen, ist das absolut Jüdische, Einfalt das absolut Unjüdische. Die Frage des Juden ist die Frage, die Elsa an Lohengrin richtet: die Unfähigkeit, irgend einer Verkündigung, sei es auch der inneren Offenbarung, die Unmöglichkeit, irgend einem Sein schlechthin zu glauben.

Man wird vielleicht einwenden, jenes zwiespältige Sein finde sich nur bei den zivilisierten Juden, in welchen die alte Orthodoxie neben der modernen Gesittung noch fortwirke. Aber das wäre weit gefehlt. Seine Bildung läßt das Wesen des Juden nur darum stets noch klarer zum Vorschein kommen, weil es so an Dingen sich betätigt, die mit tieferem Ernst erwogen sein wollen als materielle Geldgeschäfte. Der Beweis, daß der Jude an sich nicht eindeutig ist, läßt sich erbringen: der Jude singt nicht. Nicht aus Schamhaftigkeit, sondern weil er sich seinen Gesang nicht glaubt. So wenig die Vieldeutigkeit des Juden mit eigentlicher, realer Differenziertheit oder Genialität, so wenig hat seine eigentümliche Scheu vor dem Gesang, oder auch nur vor dem lauten hellen Worte, mit echter Zurückhaltung etwas zu tun. Alle Scham ist stolz; jene Abneigung des Juden ist aber ein Zeichen seiner inneren Würdelosigkeit: denn das unmittelbare Sein versteht er nicht, und er würde sich schon lächerlich finden und kompromittiert fühlen, wenn er nur sänge. Schamhaftigkeit umfaßt alle Inhalte, die mit dem Ich des Menschen durch eine innige Kontinuität fester verknüpft sind; die fragliche Gene des Juden aber erstreckt sich auch auf Dinge, die ihm keineswegs heilig sein können, die er also nicht zu profanieren fürchten müßte, wenn er öffentlich die Stimme würde erheben sollen. Und abermals trifft dies mit der Unfrömmigkeit des Juden zusammen: denn alle Musik ist absolut, und besteht wie losgelöst von jedweder Unterlage; nur darum hat sie unter allen Künsten die engste Beziehung zur Religion, und ist der einfache Gesang, der eine einzelne Melodie mit ganzer Seele erfüllt, unjüdisch wie jene. Man sieht, wie schwierig es ist, das Judentum zu definieren. Dem Juden fehlt die Härte, aber auch die Sanftmut – eher ist er zäh und weich; er ist weder roh noch fein, weder grob noch höflich. Er ist nicht König, nicht Führer, aber auch nicht Lehnsmann, nicht Vasall. Was er nicht kennt, ist Erschütterung; doch es mangelt ihm ebensosehr der Gleichmut. Ihm ist nie etwas selbstverständlich, aber ebenso fremd ist ihm alles wahre Staunen. Er hat nichts vom Lohengrin, aber beinahe noch weniger vom Telramund (der mit seiner Ehre steht und fällt). Er ist lächerlich als Korpsstudent, und gibt doch keinen guten Philister ab. Er ist nie schwerblütig, aber auch nie vom Herzen leichtsinnig. Weil er nichts glaubt, flüchtet er ins Materielle; nur daher stammt seine Geldgier: er sucht hier eine Realität und will durchs »Geschäft« von einem Seienden überzeugt werden – der einzige Wert, den er als tatsächlich anerkennt, wird so das »verdiente« Geld. Aber dennoch ist er nicht einmal eigentlich Geschäftsmann: denn das »Unreelle«, »Unsolide« im Gebaren des jüdischen Händlers ist nur die konkrete Erscheinung des der inneren Identität baren jüdischen Wesens auch auf diesem Gebiete. » Jüdisch« ist also eine Kategorie und psychologisch nicht weiter zurückzuführen und zu bestimmen; metaphysisch mag man es als Zustand vor dem Sein fassen; introspektiv kommt man nicht weiter als bis zur inneren Vieldeutigkeit, dem Mangel an irgend welcher Überzeugtheit der Unfähigkeit zu irgend welcher Liebe, das ist ungeteilten Hingabe und zum Opfer.

Die Erotik des Juden ist sentimental, sein Humor Satire; jeder Satiriker aber ist sentimental, wie jeder Humorist nur ein umgekehrter Erotiker. In der Satire und in der Sentimentalität ist jene Duplizität, die das Jüdische eigentlich ausmacht (denn die Satire verschweigt zu wenig und fälscht darum den Humor); und jenes Lächeln ist beiden gemeinsam, welches das jüdische Gesicht kennzeichnet: kein seliges, kein schmerzvolles, kein stolzes, kein verzerrtes Lächeln, sondern jener unbestimmte Gesichtsausdruck (das physiognomische Korrelat innerer Vieldeutigkeit), welcher Bereitschaft verrät, auf alles einzugehen, und alle Ehrfurcht des Menschen vor sich selbst vermissen läßt; jene Ehrfurcht, die allein alle andere » verecundia« erst begründet.

Ich glaube nun gerade deutlich genug gewesen zu sein, um nicht darüber schlecht verstanden zu werden, was ich mit dem eigentlichen Wesen des Judentums meine. Ibsens König Hakon in den »Kronprätendenten«, sein Dr.  Stockmann im »Volksfeind« mögen es, wenn es dessen bedürfen sollte, noch klarer machen, was dem echten Juden in alle Ewigkeit unzugänglich ist: das unmittelbare Sein, das Gottesgnadentum, der Eichbaum, die Trompete, das Siegfriedmotiv, die Schöpfung seiner selbst, das Wort: ich bin. Der Jude ist wahrhaftig das »Stiefkind Gottes auf Erden«; und es gibt denn auch keinen (männlichen) Juden, der nicht, wenn auch noch so dumpf, an seinem Judentum, das ist, im tiefsten Grunde, an seinem Unglauben, litte.

Judentum und Christentum, jenes das zerrissenste, der inneren Identität barste, dieses das glaubenskräftigste, gottvertrauendste Sein, sie bilden so den weitesten, unermeßlichsten Gegensatz. Christentum ist höchstes Heldentum; der Jude aber ist nie einheitlich und ganz. Darum eben ist der Jude feige, und der Heros sein äußerster Gegenpol.

H. S. Chamberlain hat von dem furchtbaren, unheimlichen Unverständnis des echten Juden für die Gestalt und die Lehre Jesu, für den Krieger wie für den Dulder in ihm, für sein Leben wie für sein Sterben, viel Wahres und Treffendes gesagt. Aber es wäre irrig, zu glauben, der Jude hasse Christum; der Jude ist nicht der Antichrist, er hat zu Jesus nur eigentlich gar keine Beziehung; es gibt streng genommen nur Arier – Verbrecher –, die Jesum hassen. Der Jude fühlt sich durch ihn nur, als ein seinem Witze nicht recht Angreifbares, weil seinem Verständnis Entrücktes, gestört und unangenehm geärgert.

Dennoch ist die Sage vom Neuen Testament als reifster Blüte und höchster Vollendung des Alten, und die künstliche Vermittlung, welche das letztere den messianischen Verheißungen des ersteren angepaßt hat, den Juden sehr zustatten gekommen; sie ist ihr stärkster äußerer Schutz gewesen. Daß nun trotz dieses polaren Verhältnisses gerade aus dem Judentum das Christentum hervorgegangen ist, bildet eines der tiefsten psychologischen Rätsel: es ist kein anderes Problem als die Psychologie des Religionsstifters, um das es sich hier handelt. Hier gelangt zur Erledigung, was aus den Erörterungen des vierten bis achten Kapitels mit Absicht ferngehalten werden mußte.

Wodurch unterscheidet sich der geniale Religionsstifter von allem übrigen Genie? Welche innere Notwendigkeit treibt ihn, Religion zu stiften?

Es kann keine andere sein, als daß er selbst nicht immer an den Gott geglaubt hat, den er verkündet. Die Überlieferung erzählt von Buddha wie von Christus, welchen Versuchungen sie ausgesetzt waren, viel stärkeren als alle anderen Menschen. Zwei weitere, Mohammed und Luther, sind epileptisch gewesen. Die Epilepsie aber ist die Krankheit des Verbrechers: Cäsar, Narses, Napoleon, die »großen« Verbrecher, haben sämtlich an der Fallsucht gelitten, und Flaubert und Dostojewskij, welche zu ihr wenigstens tendierten, hatten beide außerordentlich viel vom Verbrecher in sich, ohne natürlich Verbrecher zu sein.

Der Religionsstifter ist jener Mensch, der ganz gottlos gelebt und dennoch zum höchsten Glauben sich durchgerungen hat. »Wie es möglich sei, daß ein natürlicherweise böser Mensch sich selbst zum guten Menschen mache, das übersteigt alle unsere Begriffe; denn wie kann ein böser Baum gute Früchte bringen?« so fragt Kant in seiner Religionsphilosophie, und bejaht dennoch prinzipiell diese Möglichkeit: »Denn, ungeachtet jenes Abfalles erschallt doch das Gebot: wir sollen bessere Menschen werden, unvermindert in unserer Seele; folglich müssen wir es auch können ...« Jene unbegreifliche Möglichkeit der vollständigen Wiedergeburt eines Menschen, der alle Jahre und Tage seines früheren Lebens als böser Mensch gelebt hat, dieses hohe Mysterium ist in jenen sechs oder sieben Menschen verwirklicht, welche die großen Religionen der Menschheit begründet haben. Hiedurch scheiden sie sich vom eigentlichen Genie: in diesem überwiegt von Geburt an die Anlage zum Guten.

Das andere Genie erfährt die Gnade noch vor der Geburt; der Religionsstifter im Laufe seines Lebens. In ihm stirbt ein älteres Wesen am vollständigsten und tritt vor einem gänzlich neuen zurück. Je größer ein Mensch werden will, desto mehr ist in ihm, dessen Tod er beschließen muß. Ich glaube, daß auch Sokrates hier dem Religionsstifter (als der einzige unter allen Griechen) Nietzsche hatte auch wohl recht, als er in ihm keinen echten Hellenen erblickte; indes Plato wieder ganz und gar Grieche ist. sich nähert; vielleicht hat er den entscheidenden Kampf mit dem Bösen an jenem Tage gekämpft, da er bei Potidaea vierundzwanzig Stunden allein an einem und demselben Orte aufrecht stand.

Der Religionsstifter ist derjenige Mensch, für den bei seiner Geburt kein einziges Problem gelöst ist. Er ist der Mensch mit den geringsten individuellen Sicherheiten; in ihm ist alles gefährdet und in Frage gestellt, und alles, nicht dies oder jenes, hat er erst im Leben selbst sich zu erobern. Denn während dieser mit der Krankheit zu kämpfen hat und an der physischen Schwäche leidet, zittert ein anderer vor dem Verbrechen, weil es als eine Möglichkeit in ihm liegt; ein jeder hat irgendwie bei der Geburt danebengegriffen, sich mit irgend welcher Sünde beladen. Nur formal ist die Erbsünde für alle die gleiche, material ist sie für einen jeden eine verschiedene. Hier hat dieser, dort jener Nichtiges, Wertloses erwählt, als er aufhörte zu wollen, als sein Wille mit einem Male Trieb, seine Individualität Individuum, seine Liebe Lust wurde, als er geboren ward; und diese seine individuelle Erbsünde, das Nichts in der eigenen Person ist es, was er im Leben als Schuld und Makel und Unvollkommenheit empfindet und was ihm als Denkendem Problem, Rätsel und Aufgabe wird. Nur der Religionsstifter allein hat die Erbsünde ganz begangen, und sein Beruf wird es, sie ganz zu sühnen: in ihm ist alles, ist das All problematisch, aber er löst auch alles, er erlöst sich zum All. Er beantwortet jedes Problem und befreit sich ganz von der Schuld. Er faßt den festesten Fuß über dem tiefsten Abgrund, er überwindet das Nichts an sich und ergreift das Ding an sich, das Sein an sich. Und insofern kann man allerdings sagen, er sei von der Erbsünde befreit, in ihm Gott ganz Mensch, aber Mensch auch ganz Gott geworden; denn in ihm war alles Schuld und alles Problem, und in ihm wird alles Sühne und alles Lösung.

Alle Genialität aber ist nur höchste Freiheit vom Naturgesetz.

»Von der Gewalt, die alle Wesen bindet,
Befreit der Mensch sich, der sich überwindet.«

Wenn dies so sich verhält, dann ist der Religionsstifter der genialste Mensch. Denn er hat am meisten überwunden. Er ist der Mensch, dem das gelungen ist, was die tiefsten Denker der Menschheit nur zaghaft, nur um ihre ethische Weltanschauung, um die Freiheit der Wahl nicht preisgeben zu müssen, als möglich hingestellt haben: die völlige Neugeburt des Menschen, seine »Regeneration«, die gänzliche Umkehr des Willens. Die anderen großen Geister haben zwar auch den Kampf mit dem Bösen zu führen, aber bei ihnen neigt die Wagschale von vornherein entschieden zum Guten. Nicht so beim Religionsgründer. In ihm ist so viel Böses, so viel Machtwille, so viel irdische Leidenschaft, daß er 40 Tage in der Wüste, ununterbrochen, ohne Nahrung, ohne Schlaf, mit dem Feind in sich kämpfen muß. Erst dann hat er gesiegt: nicht zum Tode ist er eingegangen, sondern das höchste Leben hat er in sich befreit. Wäre das anders, so fehlte jeder Impuls zur Glaubensstiftung. Der Religionsstifter ist hier ganz der Gegenpol des Imperators, der Kaiser das Gegenteil des Galiläers: auch in Napoleon ist in einem bestimmten Zeitpunkte seines Lebens eine Umkehr vor sich gegangen, aber eine Wendung nicht vom Erdenleben weg, sondern eine endgültige Entscheidung für dessen Schätze und Macht und Herrlichkeiten. Napoleon ist groß durch die kolossale Intensität, mit welcher er die Idee hinter sich wirft, durch die gewaltige Spannung seiner Abkehr vom Absoluten, durch den Umfang der ungesühnten Schuld. Der Religionsgründer aber will und muß nichts anderes den Menschen bringen, als was ihm, dem belastetsten von allen, gelungen ist: den Bund mit der Gottheit zu schließen. Er weiß, daß er der schuldbeladenste Mensch ist; und er sühnt die größte Schuldsumme durch den Tod am Kreuze.

Im Judentum waren zwei Möglichkeiten. Vor Christi Geburt lagen sie noch beisammen, und es war noch nicht gewählt worden. Es war eine Diaspora da, und zugleich wenigstens eine Art Staat: Negation und Position, beide waren nebeneinander vorhanden. Christus ist der Mensch, der die stärkste Negation, das Judentum, in sich überwindet, und so die stärkste Position, das Christentum, als das dem Judentum Entgegengesetzteste, schafft. Aus dem Zustand vor dem Sein trennen sich Sein und Nicht-Sein. Jetzt sind die Lose gefallen: das alte Israel scheidet sich in Juden und in Christen, der Jude, wie wir ihn kennen, wie ich ihn beschrieben habe, entsteht zugleich mit dem Christen. Die Diaspora wird nun vollständig, und aus dem Judentum verschwindet die Möglichkeit zur Größe: Männer wie Simson und Josua, die unjüdischesten im alten Israel, hat das Judentum seither nicht wieder hervorbringen können. Christentum und Judentum bedingen sich welthistorisch wie Position und Negation. In Israel waren die höchsten Möglichkeiten, die je einem Volke beschieden waren: die Möglichkeit Christi. Die andere Möglichkeit ist der Jude.

Ich hoffe, nicht mißverstanden zu werden: ich will dem Judentum nicht eine Beziehung zum Christentum andichten, die ihm fremd ist. Das Christentum ist die absolute Negation des Judentums; aber es hat zu diesem dasselbe Verhältnis, welches alle Dinge mit ihren Gegenteilen, jede Position mit der Negation verbindet, welche durch sie überwunden ist. Man erinnert sich hier vielleicht des S. 134 f. über die psychologische Bedeutung der Gegensatzpaare und S. 95 f. über die Polarität in der Charakterologie Bemerkten. Noch mehr als Frömmigkeit und Judentum, sind Christentum und Judentum nur aneinander, und durch ihre wechselseitige Ausschließung, zu definieren. Nichts ist leichter, als Jude, nichts schwerer, als Christ zu sein. Das Judentum ist der Abgrund, über dem das Christentum aufgerichtet ist, und darum der Jude die stärkste Furcht und die tiefste Abneigung des Ariers. Hierin liegt auch der Unterschied und die Grenze zwischen dem Antisemitismus des Juden und dem Antisemitismus des Indogermanen begründet. Dem jüdischen Antisemiten ist der Jude nur antipathisch (obwohl er dennoch immer wieder jüdische Gesellschaft aufsucht und sich in einer anderen Mitte nie vollkommen behaglich fühlt), der antisemitische Arier hingegen ist, wenn er auch noch so mutig den Kampf gegen das Judentum führt, im Grunde seines Herzens doch immer, was der Jude nie ist: Judäophobe.

Ich vermag nicht mit Chamberlain zu glauben, daß die Geburt des Heilands in Palästina ein bloßer Zufall könne gewesen sein. Christus war ein Jude, aber nur, um das Judentum in sich am vollständigsten zu überwinden; denn wer über den mächtigsten Zweifel gesiegt hat, der ist der gläubigste, wer über die ödeste Negation sich erhoben hat, der positivste Bejaher. Das Judentum war die besondere Erbsünde Christi; sein Sieg über das Judentum, das, worum er reicher ist, als Buddha und Confucius und alle andern. Christus ist der größte Mensch, weil er am größten Gegner sich gemessen hat. Vielleicht ist er der einzige Jude und wird es bleiben, dem dieser Sieg über das Judentum gelungen: der erste Jude wäre der letzte, der ganz und gar Christ geworden ist; vielleicht aber liegt auch heute noch im Judentum die Möglichkeit, den Christ hervorzubringen, vielleicht sogar muß auch der nächste Religionsstifter abermals erst durch das Judentum hindurchgehen.

So allein nämlich wird die Langlebigkeit des Judentums begreiflich, welches alle anderen Völker und Rassen überdauert. Ganz ohne einen Glauben hätten auch die Juden nicht bestehen und sich erhalten können; und dieser eine Glaube ist das dunkle, dumpfe und doch verzweifelt sichere Gefühl, daß doch etwas, eines am Judentume, im Judentume sein müsse. Dieses Eine ist eben der Messias, der Erlöser. Der Erlöser des Judentums ist der Erlöser vom Judentume. Ein jedes Volk sonst verwirklicht einen bestimmten Gedanken, eine einzelne Sonder-Idee; und darum geht auch jede andere Nation zuletzt zugrunde. Nur der Jude verwirklicht gar keine Sonder-Idee; denn wenn er etwas zu verwirklichen vermöchte, so könnte er nur die Idee an sich verwirklichen: aus der Mitte Judäas muß der Gottmensch hervorgehen. Damit hängt die Lebenskraft des Judentums zusammen: das Judentum lebt vom Christentum noch in einem ganz anderen Sinne als in dem Sinne materieller Ausbeutung. Das jüdische Wesen hat metaphysisch gar keine andere Bestimmung, als dem Religionsstifter als der Sockel zu dienen. Daraus wird auch die merkwürdigste Erscheinung in der Weise der Juden klar, die besondere Art, in der sie ihrem Gotte dienen: nie als einzelne Menschen, sondern stets nur in einer Menge. Nur zu mehren sind sie »fromm«, sie brauchen den »Mitbeter«: weil die Hoffnung der Juden identisch ist mit der permanenten Möglichkeit, aus ihrer Gattung den größten Überwinder, den Religionsstifter hervorgehen zu sehen. Das ist die unbewußte Bedeutung aller messianischen Hoffnungen in der jüdischen Überlieferung: der Christ ist der Sinn der Juden.

Wenn also im Juden vielleicht noch immer die höchsten Möglichkeiten, so liegen doch in ihm die geringsten Wirklichkeiten; er ist wohl der zum Meisten veranlagte und doch zugleich der innerlich des Wenigsten mächtige Mensch.

*

Unsere heutige Zeit läßt das Judentum auf der höchsten Höhe erblicken, die es seit den Tagen des Herodes erklommen hat. Jüdisch ist der Geist der Modernität, von wo man ihn betrachte. Die Sexualität wird bejaht, und die heutige Gattungsethik singt zum Koitus den Hymenaios. Der unglückliche Nietzsche ist wahrhaftig nicht verantwortlich für die große Vereinigung von natürlicher Zuchtwahl und natürlicher Unzuchtwahl, deren schmählicher Apostel sich Wilhelm Bö1sche nennt. Er hat Verständnis gehabt für die Askese, und nur unter der eigenen zu sehr gelitten, um nicht ihr Gegenteil oft wünschenswerter zu finden. Aber Weiber und Juden kuppeln, ihr Ziel ist es: den Menschen schuldig werden lassen.

Unsere Zeit, die nicht nur die jüdischeste, sondern auch die weibischeste aller Zeiten ist; die Zeit, für welche die Kunst nur ein Schweißtuch ihrer Stimmungen abgibt, die den künstlerischen Drang aus den Spielen der Tiere abgeleitet hat; die Zeit des leichtgläubigsten Anarchismus, die Zeit ohne Sinn für Staat und Recht, die Zeit der Gattungs-Ethik, die Zeit der seichtesten unter allen denkbaren Geschichtsauffassungen (des historischen Materialismus), die Zeit des Kapitalismus und des Marxismus, die Zeit, der Geschichte, Leben, Wissenschaft, alles nur mehr Ökonomie und Technik ist; die Zeit, die das Genie für eine Form des Irrsinns erklärt hat, die aber auch keinen einzigen großen Künstler, keinen einzigen großen Philosophen mehr besitzt, die Zeit der geringsten Originalität und der größten Originalitätshascherei; die Zeit, die an die Stelle des Ideals der Jungfräulichkeit den Kultus der Demi-Vierge gesetzt hat: diese Zeit hat auch den Ruhm, die erste zu sein, welche den Koitus nicht nur bejaht und angebetet, sondern wie zur Pflicht erhoben hat: nicht um sich zu vergessen, wie der Römer, der Grieche im Bacchanal, sondern um sich zu finden und der eigenen Ödigkeit erst einen Inhalt zu geben.

Aber dem neuen Judentum entgegen drängt ein neues Christentum zum Lichte; die Menschheit harrt des neuen Religionsstifters, und der Kampf drängt zur Entscheidung wie im Jahre eins. Zwischen Judentum und Christentum, zwischen Geschäft und Kultur, zwischen Weib und Mann, zwischen Gattung und Persönlichkeit, zwischen Unwert und Wert, zwischen irdischem und höherem Leben, zwischen dem Nichts und der Gottheit hat abermals die Menschheit die Wahl. Das sind die beiden Pole: es gibt kein drittes Reich.


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