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Aus den Böhmischen Wäldern II

                Geehrter Herr Schriftleiter!
                                  Ich ergreife die Feder
Und schreibe Ihnen unter dem Heut'gen entweder
Wieder ein neues politisches Gedicht,
Oder ich schreibe dasselbe nicht.

Es bleibt mir nämlich mit dem besten Willen
Keine dritte Möglichkeit zu erfüllen;
Daher das eine oder das andere zu tun
Kann ich leider nicht umhuhn.

Während man in Berlin Delbrücken in den Karzer
Schickt, erteilt man in Wien den Grillparzer-
Preis zum zweitenmal dem Dichter Hauptmann.
Was ist denn Überraschendes daran?

In Berlin wird auf den Dichter Hauptmann verzichtet,
Denn man hat einen wirklichen Hauptmann, der dichtet;
Während der mit dem Vornamen Gerhart
Zum Militärdienst nicht zugelassen ward.

Das zeigt sich in seiner poetischen Gestaltung:
Seinen Helden fehlt jede schneidige Haltung;
Weder Kollega Crampton noch der junge Vockerat
Legen die Hand an die Hosennaht.

Was soll aber bei so respektwidrigen Gebärden
Aus unserer deutschen Dichtung werden?
Dasselbe was vor hundert Jahren ward;
Damals sang zum Beispiel ein gewisser Schubart:

»Es ist die Hand herabgefault zum Knochen,
    Die einst mit starrem Federzug
Den Weisen, der am Thron zu laut gesprochen,
    In eherne Fesseln schlug!«

Gott möge nun unsere fürstlichen Hände
Gnädigst behüten vor einem ähnlichen Ende.
Was aber ein richtiger Weiser ist, der schnauft
Im Kerker besser, als wenn er frei herumlauft. –

Ich hatte die Ehre, geehrter Herr Schriftleiter,
Ihnen als Ihr politischer Mitarbeiter
Mitzuteilen in meinem letzten Brief,
Daß ich eine Räuberbande ins Leben rief.

Ich habe mich nun mit meinen Genossen beraten
Zur Gründung einer Hochschule für Diplomaten,
In welcher sich fachmännischer Unterricht
Mit praktischen Übungen verflicht.

Es rechnet dabei unsere geschätzte Bande
Auf einen starken Zuspruch aus dem Auslande,
Wogegen für Zöglinge deutscher Nationalität
Enorme Preisermäßigung besteht.

Der Unterricht in Militär- und Marinevorlagen
Wird von einem ehemaligen Bankdirektor vorgetragen,
Bei dem die Phantasie dermaßen überwog,
Daß er sich aus dem Geschäftsleben zurückzog.

Nicht besser erging es unserem Dozenten
Für Verfassungsbrüche und Kronprätendenten;
Er war in der Friedrichstraße in Berlin
So gut wie verlobt, aber seine Braut betrog ihn.

Hingegen wird das Kolleg über Gesandtschaftswesen
Von einem pensionierten Lockspitzel gelesen;
Der Mann ist allerdings noch jung,
Hat aber große Welterfahrung.

Einen phänomenalen Säufer und Fresser
Mästen wir für Agrikultur als Professor,
Weil dieser Gelehrte vorzüglich düngt,
Wie denn auch seine Rede schon stinkt.

Über Zollpolitik und soziale Fragen
Wagen wir allesamt etwas vorzutragen,
Weil hierin der Räuber von Beruf
Wahre Musterinstitutionen schuf.

Ganz ohne Zweifel ist aber die Perle
In dieser Gesellschaft kreuzbraver Kerle
Unser Professor für geistige Angelegenheit,
Geradezu ein Unikum von Borniertheit,

Trefflich bewandert in höfischen Sitten
Und in Disziplinarverfahren beritten;
Wie ein Rhinozeros reitet er prompt
Nieder, was ihm geistig in den Weg kommt.

Gott möge ihm sein schönes Leben auf Erden
Gütigst erhalten, damit er kann werden,
Wenn unser lieber Herr von Bosse geht,
Minister der deutschen Intellektualität.

Ich habe Ihnen, geehrter Herr Schriftleiter,
Unter dem heutigen Datum weiter
Nichts mitzuteilen und verbleibe dann
Ihr ergebener

Hieronymo Jobsio, Räuberhauptmann.

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