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Wenn die Geschichtschreiber die Fürsten nur auf der Bühne des öffentlichen politischen Lebens dem Leser vor Augen führen, so tun sie recht daran; denn zuerst und vor allem gehört der Fürst dem Staate und seinem Volke. Was der Regent in seinem hohen Amte als seines Landes Schirmherr und Beschützer, als Gesetzegeber und oberster Ordner aller bürgerlichen Tätigkeit, als Förderer aller Zweige menschlicher Betriebsamkeit, als Pfleger der Wissenschaft und Kunst schafft und vollendet, das hebt die Geschichte als das wichtigste aus seinem Leben hervor.
Durchläuft man das große Buch der Weltgeschichte im Überblicke, so möchten sich wenige Zeiten finden, in denen die Fürsten mit regerem Eifer das geistige Heil und die innere Gedanken- und Gemüts weit ihrer Völker in bestimmten Richtungen zu leiten bemüht gewesen wären, als dies im Verlaufe des 16. Jahrhunderts in unserem deutschen Vaterlande geschah. Je anziehender aber und gewichtvoller das Leben und Wirken der Fürsten auf der großen Weltbühne des Glaubens- und Gedankenkampfes jener Zeit erscheint, um so lieber befreundet man sich auch mit dem, was in ihrem Leben nicht der Öffentlichkeit, dem Staate und Volke, sondern ihnen allein in ihrem Privatleben und ihrem Hause zugehört. Für ihr großes Bild im öffentlichen Leben sind auch die häuslichen Ergötzlichkeiten, die Lieblingsbeschäftigungen, die geselligen Vergnügungen, die Erheiterungen bei freundschaftlichem Zusammensein, die Moden und Sitten ihres stillen Hoflebens freundliche lichte Farben, die dem ernsten Charakter jenes Bildes eine heitere Milde geben; aber auch an sich betrachtet sind Sitten und Moden älterer Zeiten keineswegs altertümliche abgemachte Zustände, hinter denen die Türe der Zeit geschlossen ist, sondern wir haben sie anzusehen als aufgestellte lebende Bilder auf der Schaubühne des Völkerdaseins, als Bildungsstufen späterer sittlicher Zustände.
Noch sind wir nicht imstande, Ansprüche auf ein vollendetes Sittengemälde dieser Zeit geltend werden zu lassen. Mag daher auch das Dargebotene vorerst nur als eine Reihe von Vorstudien zu einem einstigen vollständigeren Bilde betrachtet werden. Wir geben, nicht ohne Absicht, manches einzelne in der Farbe und im Gewande jener Zeit; denn selbst die Sprache einer Zeit über ihre Mode und Sitte gehört der Mode selbst wieder an. Wir beschränken uns jedoch, um dem ganzen eine gewisse Einheit zu geben, nur auf die Sitten und Bräuche der deutschen Fürstenhöfe des sechzehnten Jahrhunderts.
Fassen wir das Leben des Fürsten von der Wiege auf, so war es an Fürstenhöfen schon damals nicht immer Brauch, den jungen Prinzen alsbald, wenige Tage nach der Geburt, durch die Taufe in die christliche Kirchengemeinschaft einzuführen. Man schob nicht selten das Tauffest längere Zeit auf, besonders, wenn fremde Fürsten zu Gevatter gebeten und als Taufzeugen eingeladen waren. Meist erschienen die Eingeladenen in Person, um dem Feste beizuwohnen; nur wenn die Entfernung zu groß, die Reise zu beschwerlich war, oder wichtige Geschäfte und andere Hindernisse das persönliche Erscheinen nicht zuließen, sandte der zu Gevatter gebetene Fürst einen seiner vornehmsten Beamten oder Hofleute, um seine Stelle vertreten und zugleich das oft kostbare Patengeschenk, das bei einer fürstlichen Gevatterschaft nie fehlte, durch ihn überbringen zu lassen. Ebenso war es Brauch bei der Taufe der Prinzessinnen. Als dem Herzog Albrecht VI. oder dem Schönen von Mecklenburg im Jahre 1533 seine Tochter Anna geboren wurde, lud er den Herzog Albrecht von Preußen zu Gevatter. Der Gevatterbrief kam jedoch bei diesem zu spät an, als daß er selbst hätte erscheinen können. Ein Abgesandter mußte seine Stelle vertreten, das stattliche Patengeschenk und ein Entschuldigungsschreiben des Herzogs wegen seines Nichterscheinens überreichen. Der Herzog von Mecklenburg erwiderte darauf dem von Preußen: »Wir haben aus Euer Liebden Schreiben vermerkt, daß Euer Liebden mit sonderlich erfreutem Gemüte und hoher Frohlockung verstanden, daß Gott der Allmächtige die hochgeborene Fürstin Frau Anna, geborene Markgräfin zu Brandenburg und Herzogin zu Mecklenburg, unsere freundliche liebe Gemahl, mit Gesundheit und glücklicher Wohlfahrt mit einer jungen Tochter und Fräulein begabt, und wären Euere Liebden uns nicht allein in diesem göttlichen christlichen Werke willfährig und bei uns zu erscheinen hoch begierig gewesen; aber dieweil unser Bote etwas zu spät ankommen, also daß es Euer Liebden in solcher Eil zu kommen hoch beschwerlich gewesen und insonderheit des Postierens nunmehr zu schwer und zu viel sein will, aber Euer Liebden nichts desto weniger einen Geschickten an Euer Liebden Statt, solch göttliches Werk zu vollbringen, abgefertigt, so wollen wir Euer Liebden derselben Glückwünschung und des Gesandten wegen uns gar höchliches Fleißes gegen Euer Liebden bedankt haben, und wiewohl nun solche stattliche und tapfere Verehrung und Geschenk, so durch Euer Liebden Geschickten überreicht und überantwortet worden, nicht Not gewesen wäre, – denn daß wir Euer Liebden neben anderen unseren Herren und Freunden unsere junge Tochter zum Sakrament der heiligen Taufe bestätigen zu helfen freundlich ersucht und gebeten haben, ist aus sonderlicher, alter, freundlicher und brüderlicher Liebe und Freundschaft, die wir je und allwege zu Euch getragen und noch haben, geschehen –, so wollen wir doch nichtsdestoweniger dieselbigen Geschenke und Verehrungen von Euer Liebden als unserem freundlichen lieben Oheim, Schwager und Bruder mit hoher und freundlicher Danksagung in die Gevatterschaft empfangen und genommen haben.« Treuherzig und naiv bedankt sich beim Herzog Albrecht auch die Herzogin Anna selbst, wie sie sagt: »mit freundlicher Erbietung, womit wir solches um Euer Liebden freundlich zu verschulden wüßten, sollte dieselbe uns also spüren und finden, Gott den Allmächtigen bittend, daß seine Allgewaltigkeit Euer Liebden Gemahl, unsere freundliche liebe Muhme und Schwester, in Jahresfrist mit einem jungen Herrn und Erben uns darnach auch mit einem, damit es verglichen würde, gnädiglich begaben wolle.« Der Herzog Albrecht von Preußen wünschte sich allerdings mit aller Sehnsucht einen Prinzen; seine Gemahlin Dorothea spricht selbst von dem Eifer, womit er einen solchen erzielte; denn als ihr im Jahre 1532 ihre jüngere Tochter gestorben war, schreibt sie darüber einer befreundeten Fürstin: »Als auch Euere Liebden mit uns des tötlichen Abganges halber unserer jüngsten Tochter ein herzliches Mitleid tragen, tun wir uns gegen Euer Liebden freundlich bedanken und sind zu Gott getroster Hoffnung, er werde uns nach solcher Betrübnis mit einem jungen Erben wiederum gnädiglich erfreuen und begnadigen, denn wir unserem lieben Herrn und Gemahl, der sein Werkzeug als der Zimmermann, wie ihn Euer Liebden in ihrem Schreiben nennen, weidlich braucht und nicht feiert, gar keine Schuld zu geben wissen.« Allein des Herzogs Wunsch wurde nicht erfüllt; er konnte noch lange nicht zur Taufe eines Prinzen bitten und mußte deshalb von manchem Fürsten in vertraulichen Briefen allerlei Neckereien hören. So schrieb ihm einst der Markgraf Georg von Brandenburg: »Dieweil sich jetzt ein glückliches Neujahr anhebt, welches, wie wir zu Gott hoffen, auch ein gutes Ende nehmen soll, so erinnern wir Euere Liebden freundlich, sie wollen sich dermaßen in die Arbeit schicken, daß sie einen jungen Sohn erobern möchten und hinfüro nicht so faul sein, wie Euere Liebden bisher gewesen ist.«
Graf Wilhelm von Henneberg, ein alter, vertrauter Freund des Herzogs, meldet ihm einst, daß er noch neun lebendige Kinder, fünf Söhne und vier Töchter, um sich habe; es seien ihm aber schon sechs Kinder gestorben; »also,« fügt er hinzu, »daß meine Hausehre mir fünfzehn Kinder gebracht hat, wobei ihr wohl merken könnt, was für ein köstlicher Mann ich bin.« Neckend fragt er dann beim Herzog an: »Euere Liebden wollen uns doch verständigen, ob der allmächtige Gott Euch auch einen jungen Fürsten oder zwei zu Erben beschert habe; denn wo solches nicht geschehen wäre, müßten wir es Eurer Liebden Faulheit und daß der gute Zwirn hievor in die bösen Säcke vernähet worden, Schuld geben.«
War der junge Prinz zum Alter des Unterrichts herangereift, so wurde ein Lehrer an den fürstlichen Hof gerufen, der ihn mit jenen Gegenständen des menschlichen Wissens, die man damals für einen jungen Fürsten notwendig und zweckdienlich fand, bekannt machte. Man hielt darauf, daß gewöhnlich Männern von Ruf und Gelehrsamkeit die Erziehung der Fürstensöhne anvertraut wurde. So waren es bekanntlich Wilhelm von Croy, Herr von Chievres, und Hadrian von Utrecht, der nachmals bis zur Papstwürde emporstieg, die Kaiser Maximilian zu Lehrern und Erziehern des jungen Prinzen Karl, des nachmaligen Kaisers, ernannte. Der Kurfürst von Sachsen, Johann der Standhafte, zog den berühmten und gelehrten Georg Spalatin als Lehrer seines Kurprinzen Johann Friedrich und der beiden braunschweig-lüneburgischen Prinzen, Otto und Ernst, an seinen Hof. Johann der Große, Kurfürst von Brandenburg, ließ seinen Prinzen Joachim durch den gründlich gelehrten kurfürstlichen Rat Dieterich von Bülow, der sich zu Bologna die Würde eines Doktors der Rechte erworben hatte, erziehen, und neben ihm erteilte der bekannte Historiker Johann Cario dem jungen Fürsten so trefflichen Unterricht in fremden Sprachen, daß dieser nachmals als Kurfürst den bei ihm erscheinenden Gesandten gewöhnlich in ihren eigenen Sprachen zu antworten verstand.
Durch solchen Unterricht im fürstlichen Hause vorbereitet, besuchten die jungen Prinzen häufig auch die deutschen Universitäten, meist in Begleitung ihrer früheren Lehrer, die hier ihre Bildung fortleiteten. So führte Spalatin seine drei fürstlichen Zöglinge im Jahre 1511 auf die hohe Schule zu Wittenberg. Der junge Prinz Ernst von Braunschweig saß in Luthers theologischen Vorlesungen mitten unter dessen Zuhörern; um sich Kenntnisse in der Rechtsgelehrsamkeit zu erwerben, besuchte er zugleich auch die juristischen Vorträge mehrerer Professoren und eignete sich dabei ganz ausgezeichnete Kenntnisse in der Geschichte an. Ebenso besuchte der junge Fürst Wolfgang von Anhalt zuerst die Universität Leipzig und dann auch Wittenberg, wo er, noch vor der Reformation, das Rektorat dieser Hochschule verwaltete. Auch der junge Prinz Georg von Sachsen hatte sich auf derselben hohen Schule so gute gelehrte Kenntnisse gesammelt, daß er, nicht ohne Geschmack und Geschick, seines Vaters, Albrecht des Beherzten, Leben und Taten in lateinischer Sprache beschreiben konnte. Man rühmte von dem pommerischen Prinzen Barnim, dem Sohne des Herzogs Bogislaw X. von Pommern, der seit dem Jahre 1518 zu Wittenberg studierte, bald dort Rektor wurde und Luther im Jahre 1519 nach Leipzig begleitete, daß er in theologischen Dingen weit gründlichere Kenntnisse besessen habe als alle papistischen Theologen bei dem damaligen Colloquium.
Häufig hielten sich junge Prinzen auch eine Zeitlang an fremden Höfen auf, um Weltkenntnis, Erfahrung und überhaupt innere geistige Reife zu gewinnen oder die Sprache eines anderen Volkes durch tägliche Übung zu erlernen. Schon im Mittelalter besuchten nicht selten königliche Prinzen vorzüglich den französischen Hof. So begab sich im sechzehnten Jahrhundert der Prinz Ludwig, Sohn des Kurfürsten Philipp I. von der Pfalz, an den Hof Ludwigs XII. von Frankreich, wo sich im Jahre 1518, zur Zeit Franz' I., auch der herzogliche Prinz Ernst von Braunschweig ein Jahr lang aufhielt, um sich in der französischen Sprache gründlich zu vervollkommnen. Der Kurfürst von Sachsen, Johann der Beständige, hatte als Kurprinz seine Bildung vorzüglich am Hofe Kaiser Friedrichs III. erhalten. Der junge Kurprinz Friedrich von der Pfalz ward an den Hof Philipps von Spanien gesandt, um sich dort auszubilden, lernte freilich in wissenschaftlicher Beziehung bei der engherzigen Pedanterei seiner Lehrmeister nur wenig; es wurde dort überdies weit mehr Wert auf Übung und Ausbildung in ritterlichen Künsten gelegt, worin Friedrich auch eine große Gewandtheit erlangte. Ungleich mehr an feiner und wissenschaftlicher Bildung gewann der Kurprinz Joachim von Brandenburg am Hofe des Kaisers Maximilian. Mitunter brachte man die Prinzen schon sehr jung an fremde Fürstenhöfe. So war der dänische Prinz Adolf, der nachmalige Stammvater des Hauses Holstein-Gottorp, erst zwölf Jahre alt, als ihn sein Bruder, König Christian III. von Dänemark, an den Hof des Landgrafen von Hessen zu schicken beschloß, und seine Schwester, die Herzogin Dorothea von Preußen, billigt dieses sehr, indem sie ihm darüber schreibt: »Daß Euere Königliche Würde unseren freundlichen lieben Bruder Herzog Adolf mit sich genommen, in Willens, ihn zu dem Landgrafen von Hessen zu tun, haben wir ganz gerne gehört, wiewohl es vorlängst Zeit gewesen und wir es auch gerne eher gesehen hätten, freundlichen und schwesterlichen Fleißes bittend, Euere Königliche Würde wollen daran sein und es befördern helfen, daß auch Herzog Friedrich – der Bruder Adolfs – nicht zu lange daheim verhalten, sondern an eines Fürsten Hof, wo er in Gottesfurcht, Zucht und guten Lehren, auch anderen fürstlichen Tugenden auferzogen werde, zum allerersten möge gebracht werden.«
Hatte sich der junge Prinz teils auf diese Weise, teils auch durch Reisen die nötige Bildung und Weltkenntnis erworben, war er durch Teilnahme am Verwaltungswesen oder durch Anwesenheit auf Reichsversammlungen und Fürstentagen, wohin die Söhne den fürstlichen Vater bisweilen begleiteten, auch mehr und mehr in die Staatsverhältnisse mit eingeweiht und die Körperkräfte in ritterlichen Übungen durch Rossetummeln und Lanzenstechen hinreichend gestärkt und ausgebildet, so trat dann wohl der Wunsch nach einem selbständigen und unabhängigen Leben ein. Der Gegenstand der Liebe war auf des Prinzen Reisen oder beim Aufenthalt an fremden Fürstenhöfen bereits gefunden. Die fürstlichen Väter verständigten sich; es folgte die Verlobung und bald darauf die Vermählung oder das fürstliche Beilager. Kein Fest wurde im sechzehnten Jahrhundert an Fürstenhöfen mit so großem Aufwand und Prachtgepränge, mit so mannigfaltigen Belustigungen und Vergnügungen und meist mit so zahlreich eingeladenen Gästen begangen als eine fürstliche Hochzeitsfeier. Sollte an einem Hofe eine Hochzeit ausgerichtet werden, so wurden die Gäste, Fürsten, Grafen und der übrige Adel, den man zum Feste hinzuziehen wollte, durch Hochzeitsbriefe eingeladen. In dem Einladungsschreiben des Herzogs Moritz von Sachsen an den Herzog Albrecht von Preußen zur Vermählungsfeier des Herzogs August von Sachsen mit der dänischen Prinzessin Anna im Jahre 1548 heißt es: »Da sein Lieb – Herzog August – aus freundlicher Vereinigung, so beiderseits geschehen und verglichen worden, vermittelst göttlicher Verleihung entschlossen, bedacht und im Vorhaben sein, zu endlicher Vollziehung solcher ehelichen Vertrauung auf den Sonntag nach Francisci, den siebenten Tag des Monats Oktober, die Heimfahrt und ehelich Beilager mit seiner Liebden Vertrauten allhier zu Torgau zu haben und zu halten, darzu auch sein Lieb und wir etliche, so uns mit Freundschaft verwandt, freundlich erfordert und geladen, weil wir denn Euer Lieb auch zum liebsten bei solchen christlichen Ehren haben und wissen wollten, so gelangt an Euer Lieb unsere freundliche Bitte, dieselbe wollen Seiner Lieb und uns auch allerseits Freundschaft zu freundlichem Gefallen in dem freundlich willfahren und auf angezeigtem Tage allhier zu Torgau einkommen und folgends das christliche Fürhaben neben anderen Herren und Freunden in Freuden vollbringen helfen und Euer Lieb daran nichts, wie wir uns freundlich zu Euer Lieb versehen, verhindern lassen.«
So oder ähnlich lauteten gewöhnlich die Hochzeitsbriefe. Konnte der Eingeladene nicht selbst erscheinen, so war es Brauch, einen Stellvertreter zu senden, der dann am Feste alle dem Fürsten gebührliche Ehre genoß. Gewöhnlich ward ein Sonntag zur eigentlichen Vermählung fürstlicher Personen gewählt. Waren die geladenen Gäste, deren Zahl sieh häufig auf zwei- bis dreihundert belief, teils selbst, teils ihre Stellvertreter oder Botschafter am festlichen Tage versammelt, so begann die Feier mit einem glänzenden Aufritt oder der sogenannten Auffahrt, oder die fürstliche Braut wurde durch einen stattlichen Ausritt in Schmuck und Harnisch bei ihrer Ankunft feierlich eingeholt und mit großen Ehrenbezeigungen empfangen. Den Zug eröffnet dann gewöhnlich der eingeladene Landadel mit seinen Rossen, die Landjunker mit ihren und der Hofleute Dienern; ihnen folgt das Hofgesinde in Gliedern von drei und drei, die fürstlichen Stallmeister mit Knaben auf den fürstlichen Leibrossen, meist alle in schwarzen Samt gekleidet. An sie schließt sich eine Schar von einigen zwanzig welschen und deutschen Trompetern an, um durch schmetterndes Getön den festlichen Aufzug zu verkünden. Darauf ziehen etliche vornehme Hofleute in schwarzen Samtkleidern oder fürstliche Kammerjunker vor den Fürsten her; zuerst folgt der fürstliche Bräutigam selbst, entweder von den beiden anwesenden vornehmsten Fürsten als Bräutigamsführern oder von den Botschaftern des Kaisers und römischen Königs geführt, wenn solche, wie häufig geschah, gesandt waren; nach ihnen die übrigen Fürsten, die Bischöfe, Herzöge, Markgrafen, Landgrafen und die Stellvertreter fremder Fürsten nach ihrem Range, dann die Grafen, Herren und Ritter. Jetzt erscheint die fürstliche Braut im glänzendsten Gewande vom kostbarsten Goldstoffe auf einem weißen Zelter mit carmesinroter Samtdecke, ihr zur einen Seite ein Herzog oder Markgraf und zur anderen eine Königin oder sonst vornehme Fürstin, hinter ihr ihre Hofmeisterin und die ersten ihrer Hofjungfrauen, alle in schwarzen Samtkleidern auf weißen Zeltern mit schwarzsamtnen Decken, dann ihr übriges Hofgesinde in Kammerwagen, jeder von vier Hengsten gezogen. An dieses endlich schließen sich die Marschälle der eingeladenen Fürsten nebst der übrigen Dienerschaft an, deren Zahl sich meist auf mehrere Hunderte belief, ein buntgeordneter Haufe in Reihe und Glied, mitunter auf türkische Weise oder nach Husarenart gekleidet, alle zu Pferde.
Führten die kaiserlichen und königlichen Botschafter den Bräutigam, so wurden die beiden vornehmsten Fürsten zu Brautführern während des ganzen Festes erkoren. Zuerst traten diese zur Seite, wenn durch Trompeten und Heerpauken das Zeichen zum Kirchgang gegeben ward. Alles ordnete sich jetzt nach vorgeschriebener Regel. Den feierlichen Zug eröffnete der Bräutigam selbst, entweder von zwei Fürsten oder von den Botschaftern des Kaisers und des römischen Königs geführt; ihm folgten dann zuerst die angesehensten der Grafen, Herren und Ritter, hierauf die Fürsten und die Botschafter fremder Höfe; oder es zogen voran die Grafen, Herren und Ritter, nach ihnen die Fürsten und Botschafter, und dann erst der fürstliche Bräutigam, vor ihm her ein Herold. Jetzt schloß sich eine Zahl reich geschmückter Edelknaben oder zwölf bis fünfzehn Grafen und Ritter an, die hellflammende Windlichter oder Kerzen vortrugen. Ihnen folgte die Braut im weißglänzenden Brautgewande, den Kopf mit einem kostbaren Kranze von Perlen und prächtigen Kleinodien geschmückt, von Fürstinnen und anderen edlen Frauen begleitet und von den fürstlichen Brautführern bis zum Traualtar geführt. Nach vollendeter Trauung geschah der Auszug aus der Kirche wieder in gleicher Ordnung.
Wenige Stunden nach der Trauung versammelten sich die Gäste zur fürstlichen Abendtafel. Es war an manchen Höfen Brauch, daß die Fürstinnen, die Braut und alle edlen Frauen während der ganzen Hochzeitsfeier in einem Saale besonders speisten, und ebenso der Bräutigam, die Fürsten und alle übrigen Gäste in getrennten Gemächern. So ließ Herzog Friedrich von Bayern während seines Vermählungsfestes täglich an fünfzig Tafeln decken, an denen nur Fürsten, Grafen, Ritter und fremde Botschafter speisten. Gewöhnlich indeß saßen an Hochzeitsfesten die Gäste in gemischter Gesellschaft. Zuvor ward jeder Zeit eine sogenannte Dienstbestellung entworfen, worin die Grafen und Ritter genannt waren, welche die Setzung an den Tafeln besorgen, als Truchsesse und Tischdiener gewisse Geschäfte verrichten, das Essen oder die Teller reichen, das Wasser aufstellen und die Handquehlen halten mußten; denn jeder der fürstlichen Tafeln waren aus dem Adel des Landes oder aus den Oberhaupt- und Amtleuten der verschiedenen Kreise des Landes eine bestimmte Anzahl Truchsesse, Speise- und Trinkmarschälle oder Schenke zugewiesen, die den fürstlichen Gästen die Speisen und Getränke vorzusetzen hatten. Ihnen waren Laufbuben zugeordnet, welche die Speisen und Getränke herbeitragen mußten.
Nach aufgehobener Tafel begann der Fackeltanz, eine alte Fürstensitte, worüber gleichfalls eine bestimmte Dienstbestellung vorgeschrieben war. Zwei Grafen hatten dabei die Anordnung; sie gaben zuerst den Fürsten die Tänze aus; dann tanzten vier Grafen dem Bräutigam und der Braut vor und zwei andere Grafen tanzten diesen nach. War die bestimmte Reihe von Tänzen der Fürsten, Grafen und Edelleute vollendet, so führte einer der Brautführer die fürstliche Braut zum sogenannten Beilager. Von einer Fürstin oder Gräfin begleitet, wurde sie auf ein kostbar zugerichtetes Bett gelegt; der Bräutigam, von einem Fürsten geführt, ward zu ihr hingewiesen und dann die Decke über ihnen zusammengeschlagen. Dann wurden beide aus dem Bette wieder aufgerichtet und so mit dem Beilager der Ehebund völlig geschlossen, womit der erste Freudentag sich endigte.
Am anderen Morgen erfolgte zuerst die sogenannte Morgengabe. Nachdem sich alle Hochzeitsgäste in einem großen Versammlungssaale des fürstlichen Schlosses eingefunden und die Braut auf einem erhöhten Sitz sich niedergelassen, überreichte ihr zuerst der Bräutigam kostbare Brautgeschenke als Morgengabe; ihm folgen dann mit ihren Ehrengeschenken die Fürsten, Grafen und Botschafter, hierauf auch die Fürstinnen, und selbst die Landesstädte sandten oftmals Abgeordnete, die der Braut Ehrengaben entgegenbringen mußten. Von solchen, die im Namen ihrer Herren Geschenke überreichten, wurden Anreden an die Braut gehalten; denn auch die Fürsten, die, zum Feste eingeladen, nicht hatten erscheinen können, ließen entweder durch ihre gesandten Stellvertreter die Braut beschenken oder schickten wenigstens Geschenke ein, welche ihr überreicht wurden. So rühmt der Herzog von Preußen bei seiner zweiten Vermählung mit Anna Maria, des Herzogs Erich von Braunschweig Tochter: der Kurfürst Moritz und Herzog August von Sachsen hätten sich wegen ihres Nichterscheinens bei seinem Hochzeitsfeste entschuldigt; ersterer aber durch einen Diener eine goldene Kette geschickt und durch des Herzogs Marschall der Braut übergeben lassen, und sein Vetter, Markgraf Albrecht der Jüngere, habe diese ebenfalls mit »einem tapferen Geschenke einer goldenen Kette mit Edelsteinen« beehrt. War nun die Brautbeschenkung geschehen, so trat ein Graf oder hoher fürstlicher Beamter in des Bräutigams und der Braut Namen auf, um für die gespendeten Ehrengaben in wohlgesetzter Rede den gebührenden Dank zu sagen.
Darauf folgten, wie an diesem, so an den folgenden Festtagen Vergnügungen, Belustigungen und Ergötzlichkeiten von allerlei Art. Regelmäßig wurden Turniere gehalten, an denen die Fürsten und meist selbst auch der Bräutigam teilnahmen. Zuweilen begann das Lanzenrennen unter den Rittern schon am ersten Hochzeitstage, und am zweiten und den folgenden Tagen setzten es Fürsten und Ritter unter einander fort; man sah dann den Kurfürsten gegen einen Ritter, den Herzog gegen den Grafen die Lanze versuchen. Wer am meisten traf und am wenigsten fiel, galt für den ausgezeichnetsten Kämpfer. Statt mit der Lanze wurden auch oft Turniere mit dem Schwerte gehalten, wobei vorher bestimmt ward, wie viele Streiche jeder mit dem Schwerte zu tun habe. Abends beim Tanze erhielten die besten Kämpfer aus den Händen der vornehmsten Fürstinnen die im Turniere verdienten Belohnungen, oder, wie es hieß, es wurden die Danke an sie ausgeteilt. So erwarb sich am fürstlichen Vermählungsfeste des Herzogs Johann Albert von Mecklenburg mit der Prinzessin Anna Sophia von Brandenburg im Jahre 1555 in einem Turniere, in dem 28 Kämpfer erschienen, Herzog Heinrich von Münsterberg als ersten Dank einen Kranz mit einem Fürsprang, einer Art Schmuckzierde, Herzog Friedrich der Jüngere von Liegnitz den zweiten, einen Kranz mit einem Ringe; der Ritter Hans von Oppersdorf den dritten, ebenfalls einen Kranz mit einem Ringe; der vierte Dank endlich, ein Kranz mit einem kleinen Ringe, fiel Frieddrich von Rödern zu. Am Hochzeitsfeste des Herzogs Friedrich von Bayern zu Heidelberg im Jahre 1535 errang sich im Turniere der junge Rheingraf Philipp Franz den ersten und besten Dank, einen goldenen Spieß; den zweiten, ein goldenes Schwert, ein Herr von Verwegk von des Herzogs Hofgesinde; den dritten, eine goldene Schwebscheube, erhielt der Ritter Wilhelm Georg von Leenrode; den vierten, einen goldenen Handschuh, Herr Johann von Heideck.
Wer am Turniere nicht teilnahm, versuchte sich im Gesellenstechen, einem gewöhnlichen Waffenspiele vorzüglich des jüngeren Adels, wobei zur Aufrechthaltung der Ordnung bestimmte Gesetze vorgeschrieben waren, an die sich jeder, der sich zum Kampfe verstand, pünktlich halten mußte. In einer solchen Vorschrift des Gesellenstechens vom Jahre 1545 heißt es: »Nachdem es alter löblicher Brauch und Gewohnheit ist, daß man auf fürstlichen und königlichen Hochzeiten und Freudenfesten allerlei Ritterspiel mit Rennen, Stechen und Turnieren zu üben pflegt, so wollen wir neben anderen Ritterspielen auch ein Gesellenstechen halten lassen und haben darauf nachfolgende Artikel gestellt, wollend und gnädiglich begehrend, daß sich ein jeder, der sich zu solchem Gesellenstechen gebrauchen lassen will, denselben gemäß verhalte bei festgesetzter Buße: Wer sich zum Gesellenstechen gebrauchen lassen will, er sei, wer er wolle, soll ein Rittermäßiger von Adel sein und seinen Namen anzeigen mit Vermeidung, wer und von wannen er sei, damit man ihn nachmals erkenne. Alle, die sich zum Gesellenstechen gebrauchen lassen wollen, sollen zu Mittwoch an dem ihnen bezeichneten Orte zusammenkommen, allda mit Zeug und Roß sich vergleichen und einander auch mit Hand und Mund zusagen, daß einer gegen den anderen keinen falschen und betrüglichen Vorteil gebrauchen wolle, außer den ihm seine Stärke gibt. Ein jeder soll den Zeug, Sattel, Sack und Stange, wie ihm solches gegeben und gezeichnet wird, behalten und nichts daran ändern oder verwandeln bei bestimmter Buße. Ein jeder soll sich befleißigen, daß er seinen Mann wohl treffe, aber nicht mit Willen und vorsätzlich dem anderen nach den Fäusten oder dem Pferde nach dem Kopfe stechen. Bleibt einer, wenn er getroffen ist, noch am Pferde hängen, so soll ihm niemand aufhelfen; geschieht dieses, so soll es für einen Fall gerechnet werden. Niemand soll auf die Bahn reiten außer die Stecher und die Personen, welche dazu beschieden und verordnet sind. Kein Stecher darf von der Bahn abziehen und sich austun, es wäre denn wegen solches Mangels an seinem Zeuge, den man nicht alsbald verbessern kann; er muß es aber den Verordneten stets zuvor anzeigen. Jeder soll sich zur bestimmten Stunde auf der Stechbahn in seiner Rüstung völlig fertig einfinden. Nie sollen zwei zugleich auf einen anderen einreiten.« Weil aber während des Stechens selbst, bei geschlossenem Visire, die Kämpfer nicht immer zu erkennen waren, so wurden gewöhnlich vor Anfang des Kampfspieles ihre Helme mit den verschiedenen Helmzeichen und Farben mit Angabe ihrer Namen verzeichnet und den Ordnern übergeben, die während des Kampfes, rechts und links, zu beiden Seiten des Helmes, Gewinn und Verlust vermerkten. Auch hier errang den Siegespreis, wer am wenigsten fiel und am meisten traf. So gewann am Hochzeitsfeste des Herzogs Friedrich von Bayern im Gesellenstechen der Edle Hans Jakob von Thurn durch zehn Gewinne den ersten und besten Dank beim Tanze; den zweiten erwarb sich Sittich von Berlepsch und den dritten Heinrich von Riedesel.
Im Wechsel mit solchen Ritterspielen wurden häufig auch lustige Mummereien aufgeführt, dramatische Aufzüge mit allerlei schnurrigen Possen, wobei die Fürsten oft selbst die ersten Rollen spielten. Am Hochzeitsfeste des Herzogs August von Sachsen ergötzte der Bräutigam selbst mit den Herzogen Ernst von Braunschweig, Franz von Lüneburg, Hans von Holstein, zwei jungen Prinzen von Braunschweig, dem Markgrafen Albrecht von Kulmbach, dem Landgrafen von Leuchtenberg und Markgrafen Hans von Küstrin, alle als Husaren in roten Sendel oder Taft gekleidet, durch eine lustige Mummerei die ganze versammelte Hochzeitsgesellschaft; sie fand solchen Beifall, daß am folgenden Tage eine andere wiederholt wurde und der Markgraf Albrecht von Kulmbach mit schneeweißgekleideten Hofjunkern endlich noch eine dritte zum Besten gab.
Dabei wechselten täglich noch allerlei andere Vergnügungen und Ergötzlichkeiten ab, wie Witz und Laune sie nur irgend erdenken konnten. So wurde auf Herzog August von Sachsens Hochzeit zu Torgau ein Haus auf einem freien Platze mit vier Rotten zur Verteidigung besetzt. Die erste bildeten der Kurfürst von Sachsen und drei Edelleute in roter Husarenkleidung; die zweite, aus blauen Husaren bestehend, Herzog August selbst und fünf Edelleute; die dritte, in gelber Husarenuniform, Herzog Georg von Mecklenburg und unter ihm vier Edelleute; die vierte endlich, in grüner Husarenkleidung, Johann von der Asseburg, Amtmann zu Kolditz, mit noch vier Edelleuten. Im Kampfe mit dieser Besatzung des Hauses sollte es mit Sturm erobert werden. Als Feinde lagen vor ihm drei angreifende Streithaufen; der eine, angeführt von Hans von Dießkau, hatte unter seinem Fähnlein fünf Grafen und neunzehn Edelleute; der andere, unter Ulrich von Miltitz, zählte dreiundzwanzig edle Kämpfer; den dritten sogenannten Gewalthaufen mit einem Leutnant, einem Hauptmann, zwei Fähnrichen, bildeten zwei Herzoge von Braunschweig und fünfundsechzig Edelleute zu Roß und zu Fuß. Jetzt begann ein heftiger Kampf. Die Besatzung wagte einen Ausfall und kam mit dem Feind ins handgemeine Gefecht. Da ward hin und her gerungen und gestritten; der Sieg schien sich bald hierhin, bald dorthin zu wenden, bis es endlich den Angreifenden gelang, die Burgbesatzung in das Haus zurückzuwerfen. Nun donnerten aus dem Hause Feldgeschütze und Falkonette; der Feind prallte auf einen Augenblick aus Schrecken zurück, griff aber, sich schnell ermannend, zum Sturm, und obgleich fünfzehn Hakenschützen mit der ganzen Besatzung sich tapfer wehrten, so ward die Veste, unter Kampf und Donner, zur Ergötzlichkeit der Zuschauer endlich doch erobert.
Noch mehr belustigte, bei dem damaligen Interesse für den Türkenkrieg, ein anderes Freudenspiel zur Abendzeit. Auf des Kurfürsten Befehl hatte Herzog Moritz von Sachsen ein schwimmendes Türkenschloß von Holz auf der Elbe erbaut. Das mittlere Haus, 20 Ellen im Quadrat, war zwei Gemache hoch, jedes 4 Ellen in der Höhe; in der Mitte des Hauses ein Turm, 3 Ellen weit und 5 Ellen hoch; darin befanden sich 300 Geschosse, auf dem mittleren und unteren Boden 200 Haken- und 4 Kammerbüchsen. Auf der Ecke des Hauses stand ein gevierter, 6 Ellen breiter Turm, zwei Gemache hoch, und in der Mitte des Turmes obenaus ein kleines geviertes Türmlein, 2 Ellen weit und 3 hoch, in jedem eine ziemliche Anzahl Geschosse und Doppelhaken, sodaß überhaupt im ganzen Hause an 2100 Geschosse waren. Als Besatzung lagen im Türkenschlosse 40 Kriegsleute, alle auf Türkisch rot gekleidet mit weißen Binden, jeder mit einer rot, blau und weiß gefärbten Tartsche und einem Spieße mit blauen und weißen Fähnlein und einem roten Kreuze obenan versehen. Als abends gegen neun Uhr die Trommeten das Zeichen gaben, daß das Türkenschloß erstürmt werden solle, hatte sich die gesamte Mannschaft oben auf der Wehre aufgestellt. Im nämlichen Augenblick standen drei hochaufgetürmle Holzhaufen in hellem Feuer und 40 mit Pech und Teer versehene Bierfässer wurden in Brand gesteckt, um weit und breit die ganze Gegend zu beleuchten. Jetzt ward das Schloß mit grobem Geschütz, drei ganzen und vier halben Schlangengeschossen, nebst 25 Hakenschützen angegriffen; es segelten alsbald auch drei Nassutenschiffe, jedes mit einem Kapitän, acht Ruderknechten, vier Hakenschützen und einem Büchsenmeister, alle weiß gekleidet, mit Tartschen und Spießen bewaffnet, und neben ihnen sechs Kähne, jeder mit vier Kriegsleuten von gleicher Bewaffnung und einem Hakenschützen besetzt, gegen dasselbe heran. Mit gewaltigem Geschrei begann der Sturm. Während des Ringens und Kämpfens am Schloß und mitten unter dem Donner des großen und kleinen Geschützes, das aller Augen fesselte, ließen plötzlich Büchsenmeister hier Feuerkugeln und hundert fliegende Feuer in die Luft emporsteigen, dort löste sich mitten im Wasser ein laufendes Feuerrad mit 25 Schüssen ab, und hier wieder schwärmten aus zwölf Röhren im Wasser Raketen mit hundert Schlägen auf. Mittlerweile waren die kämpfenden Fahrzeuge vom Türkenschlosse zurückgetrieben; aber sie stürmten von neuem an. Der Kampf entbrennt jetzt hitziger; vier von den Schiffsleuten werden ins Wasser gestürzt, von den Türken im Schlosse aufgefangen und als Feinde zur Strafe über die Mauer gehenkt. Während abermals leuchtende Feuerkugeln, schwärmende Raketen und hunderte von springenden und fliegenden Feuern emporsteigen, wird der Sturm vom Schlosse nochmals abgeschlagen. Jetzt donnert das grobe und kleine Geschütz zum dritten Male gegen die Türkenburg, und die Schiffe und Kähne greifen sie nun mit gesamter Macht und aller Hitze des Sturmes an. Es beginnt ein Kampf wie auf Leben und Tod. Hier will man die Burg ersteigen, dort werden fünf von den Stürmenden, gleich als von den Türken erschossen, ins Wasser gestürzt und als Tote von ihren Gesellen aufs Land gebracht. Ein ganzes Schiff mit 54 Kämpfern wird von den verzweifelten Türken umgeworfen; alle sinken in die Wellen hinab. Während aber die ihrigen sie reiten und die anderen fort und fort mit aller Macht stürmen, glückt es einem geschickten Büchsenmeister, eine Feuerkugel und zwanzig andere Lauffeuer ins feindliche Schloß hineinzuschleudern. Es zündet zugleich an allen Orten und Enden, und während die Türken eiligst den Flammen zu entfliehen suchen, brennt das ganze Gebäu bis auf den Grund nieder und – die Christen haben über die Ungläubigen ruhmvoll gesiegt.
Aber auch bei anderen festlichen Gelegenheiten wurden an Fürstenhöfen solche Vergnügungen angeordnet. Als Kaiser Karl V. im Jahre 1522 den König Heinrich VIII. von England besuchte, schrieb von dorther Markgraf Johann von Brandenburg, der ihn begleitete: »Unser Herr Kaiser ist in England zu dem Könige angekommen und allda mehr denn einen Monat im Königreiche hin und wieder gezogen, und der König hat unserem Herrn Kaiser viel große Ehre mit Banketten, Mummereien, Stechen, Turnieren, vielen schönen Frauen, Jungfrauen, feinen Maiden und sehr große Köstlichkeit bewiesen und erzeigt, also daß sich beide Herren ihrer Person ganz freundlich gegen einander halten.«
Die Ausstattung der fürstlichen Braut und der gesamte Hochzeitsschmuck war in der Regel äußerst glänzend und kostbar. Die alte Zeit ist auch in dieser Hinsicht nicht immer die gerühmte einfach-schlichte Zeit; das zeigte zieh an solchen Festfeiern. Als im Jahre 1594 die Prinzessin Anna mit dem Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg vermählt ward, betrugen die Kosten der eingekauften Kleinodien allein 14 138 Mark. Ein Halsband mit 32 Diamanten, Perlen und güldenen Rosen wurde mit 1487 Mark bezahlt; ein anderes mit 3000 Mark; ein drittes mit 18 Rosen, worunter 5 Rubinrosen, vier Diamantrosen und neun Perlenstücken, ließ man aus Nürnberg für 3750 Mark kommen; ein viertes goldenes Halsband kostete 3115 Mark. Für 1745 Mark wurden Perlen zu anderem Schmucke gekauft; 4132 Mark gab man für 36 Ringe, worunter 24 mit Diamanten waren; für 60 andere Ringe mit Rubinen 360 Mark. Man bestellte in Augsburg 48 Kreuzringe mit fünf Diamanten für 396 Mark. Die Braut erhielt eine goldene Kette für 265 Mark. Zur stattlichen Bekleidung und Ausstattung wurden in Deutschland eingekauft 16 Stück glatter Samt von schwarzer, karmesinroter und Pomeranzen-Farbe, drei Stück geblümter Samt, Samt auf Samt, Samt auf Atlasboden und Samt-Caffa, 6 Stück Atlas von mancherlei Farben, 80 Ellen glattgoldene Stücke silberweiß, gelb, violenbraun und grün, 50 Ellen Taletha mit Gold und Silber gestreift, 500 Ellen Silber-Posament, 350 Ellen Silber- und Gold-Steilwerk und allerlei schöne goldene und silberne Borten.
Überhaupt glänzten die Fürsten und Fürstinnen wie auf Hochzeiten, so bei anderen Festlichkeiten gern in kostbarer Pracht. Samt und Atlas, Damast und Sendel, Silber- und Goldstoffe, so kostbar man sie haben konnte, gehörten zum fürstlichen Staate. Man hing an der Mode des Auslandes und ließ aus weiten Landen her fremde Modelle zu Kopfputz und Kleidern bringen; man rief selbst ausländische Putz- und Kleidermacher ins Land. So schrieb die Herzogin Dorothea von Preußen im Jahre 1533 an den herzoglichen Geschäftsträger in Rom: »Nachdem Ihr Euch, uns zu dienen, mit allem Fleiße angeboten, so ist unser gnädiges Begehren, Ihr wollet uns etliche säuberliche Formen und Modelle auf die welsche Art, da die Leinwand ausgestochen und durch sonderliche Kunst mit Rosen und Blumenwerk wieder mit weißem Zwirn eingezogen ist, bestellen und mitbringen, und sonderlich geschähe uns zu gnädigem Gefallen, wenn Ihr uns irgend ein feines, tugendsames Weib oder eine Jungfrau, die nicht leichtfertiger Art wäre, oder aber, wo diese nicht zu erlangen ist, eine Mannsperson, die solche Formen und Modelle, desgleichen auch die goldenen Borten, die man jetzt herausbringt, machen könnte, von dort zufertigen möchtet.« Solche neue Kleider- und Haubenmodelle sandten sich einander die Fürstinnen als angenehme Geschenke zu. So schickt die Herzogin von Münsterberg der Herzogin von Preußen ein ganz neues Haubenmodell und diese beeilt sich, solches mit einer Haube, die danach verfertigt ist, durch einen eigenen Boten der Königin von Dänemark zukommen zu lassen.
Es gab um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts in einigen deutschen Handelsstädten mehrere große Handelshäuser, welche die meisten ihrer kostbaren Waren aus Italien zogen und fast alle Fürstenhöfe in Deutschland mit ihren Bedürfnissen versahen. Zwei der vornehmsten und reichsten Häuser dieser Art waren Lorenz de Villani aus Florenz zu Leipzig und Thomas Lapi in Nürnberg. Sie standen gewöhnlich mit den Fürsten und Fürstinnen selbst in unmittelbarer Verbindung; man bestellte, und sie sandten, was man nur irgend bedurfte. So schreibt Villani im Jahre 1545 an den Herzog Albrecht von Preußen: »Ich habe in dem an mich verfertigten Schreiben zwei Verzeichnisse von etlichen goldenen und silbernen Tuchen, dazu auch andere Seidenwaren, so Euere Gnaden förderlich zu übersenden begehren, gefunden. Soviel erstlich die 22 Ellen silberner Stücke Silber über Silber, dazu 109 Ellen roten, goldenen Samt betrifft, mag Eurer Fürstlichen Gnaden ich untertänigst nicht verhalten, daß solche beiden Stücke fürwahr nirgends zu bekommen sind, denn ich in der Wahrheit sagen darf, daß ich in zehn Jahren kein silbernes Stück Silber über Silber gesehen habe. So ist der rote goldene Samt dieser Zeit auch gar seltsam und wüßte derwegen an keinem Orte darum anzusuchen, denn wo ich dessen in neulichen Tagen gehabt oder anderswo zu überkommen gewußt, hätte ich der durchlauchtigen Fürstin und Frau Elisabeth, geborenen Markgräfin von Brandenburg, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg Witwe auch ein ziemlich Anteil Ellen desselben (an dessen Statt sie doch, dieweil nirgends keiner aufzubringen gewesen, soviel roten goldenen Atlas genommen hat) auf Ihrer Fürstlichen Gnaden Sohn Herzog Erichs Hochzeit überschicken müssen.«
Ein drittes großes Handelshaus dieser Art, welches besonders sehr viele Fürstenhöfe Süddeutschlands mit solchen kostbaren Waren versah, war das des Florentiners Laux Endres Durisani und Compagnie zu Nürnberg. Da es auch Handelsverbindungen in Norddeutschland suchte, so bat es bei einem Geschäftsträger des Herzogs von Preußen auch um eine Empfehlung bei diesem Fürsten und schrieb ihm deshalb: »Möget uns doch auch behülflich sein, mit unserm gnädigen Herrn Herzog in Preußen zu handeln, wenn er etwas von seidenen Gewanden und goldenen Stücken von allerlei Gattungen bedürfen würde, daß er solche von uns nehmen wolle, denn Ihr wißt, daß wir schier alle Kurfürsten, Fürsten und Herren, die hieländisch sind, sonderlich auch selbst die Welschen, die von uns kaufen, mit solcher Ware versehen. Wir wollen dem Herzoge einen Kauf geben, darob er ein Wohlgefallen haben würde, und wie er ihn bei anderen solchermaßen nicht bekommen könnte, als mit allerlei Gattungen von reichen goldenen und silbernen Stücken mit Gold überguldet und mit Sammet, die Elle um 8, 9, 10 bis auf 18 Gulden, ferner goldenen Sammet und goldene Stücke die Elle um 5 oder 6 Gulden, allerlei Carmesin, roten und braunen Sammet und sonst allerlei Damast und Atlas von allen Farben.« Außer diesen waren damals auch schwarz und weiß oder grau und schwarz schillernde Kleiderstoffe, roter und schwarzer Sendel oder Zindel, eine Art leichter und dünner Taffet, goldgelber Damast mit roten Blumen und lichtgelber Damast mit grauen Blumen an fürstlichen Höfen sehr beliebt. Viele dieser Waren kamen aus Italien, wo sie in Florenz. Mailand, Venedig und einigen anderen Städten am vorzüglichsten verfertigt wurden. Indessen hatten die vornehmsten deutschen Handelshäuser auch eigene Fabriken und Manufakturen, welche die prächtigsten und kostbarsten Gold- und Silberstoffe lieferten. Überhaupt standen diese Waren in sehr hohen Preisen, zumal wenn man den Stand des damaligen Geldwertes in Anschlag bringt. Wir ersehen aus einer Rechnung des Thomas Lapi vom Jahre 1535, daß ein Stück roter goldener Atlas von 29 Ellen 313 Floren, ein goldenes Stück Atlas von gezogenem Golde von zwölf Ellen 120 Floren, ein silbernes Stück Atlas von gezogenem Silber von zwölf Ellen 108 Floren kosteten. Derselbe Kaufmann sandte im Jahr 1536 dem Herzog von Preußen zwei ganz goldene und silberne Stücke von gezogenem Gold und Silber, wovon das goldene von 38 Nürnberger Ellen 380 Gulden, das silberne von 40 Nürnberger Ellen 360 Gulden kosten sollte. Zwei Stücke Damast von roter und aschgrauer Farbe zu einem Preise von 170 Gulden fand der Herzog für seine und seiner Gemahlin Kleidung zu schlecht. Man trieb außerdem an Fürstenhöfen großen Staat in kostbaren goldenen und silbernen Borten, die man aus Italien und Holland kommen ließ und womit die Kleidung besetzt wurde; dazu noch das kostbare Pelzwerk von Hermelin und Zobel, das an keinem Staatskleide fehlen durfte. Als Graf Heinrich von Schwarzburg sich im Jahr 1515 zu Brüssel befand, schrieb er dem Herzog von Preußen: man gehe dort in so kostbarer und prachtvoller Kleidung, daß er sich schäme, sein bloßes Samtkleid zu tragen und den Herzog bitten müsse, ihm etwas kostbares Pelzwerk dahin zu senden, um sein Kleid damit schmücken zu lassen.
Sehr bedeutende Summen wurden an den Fürstenhöfen auch auf sogenannte Kleinodien verwandt, die nicht bloß die Fürstinnen, sondern häufig die Fürsten selbst zu tragen pflegten. Sie bestanden in allerlei Schmucksachen, Halsbändern, Medaillen, goldenen Ketten und Gehängen, Kreuzen, Halsgehängen von mancherlei Gattungen, Kopfschmuck, Armbändern und vorzüglich kostbaren Ringen. Die schönsten und kunstreichsten Kleinodien wurden zu Nürnberg verfertigt, wo Arnold Wenck, Rüdiger von der Burg und Georg Schultheß die ausgezeichnetsten Künstler in diesem Fache waren. Man schmückte alles möglichst reich mit Edelsteinen, Diamanten, Rubinen und Saphiren. Am kostbarsten waren die Halsbänder, die man gewöhnlich mit aller möglichen Künstlichkeit und Pracht verzieren ließ. Im Jahre 1529 ließ Herzog Albrecht von Preußen beim Meister Arnold Wenck in Nürnberg ein Halsband verfertigen, in welches acht große und kleine Saphire, 11 Rubinrosen, 38 größere und kleinere Rubinkörner, ein großer Diamant, 29 größere und kleinere Diamant-Tafelstücke und sechs Stücke Smaragd, damals Smarallen genannt, eingesetzt wurden. Einige Jahre zuvor hatte der Herzog bei demselben Künstler ein diamantenes Halsband bestellt, wozu die Steine aus Venedig verschrieben wurden und vom Fürsten mit 2000 Gulden bezahlt werden mußten. Die Fürstinnen trugen Armbänder, von denen ein Paar 160 bis 200 Taler kostete. Die Fürsten schmückten sich bei festlichen Gelegenheiten mit goldenen Ketten, goldenen Adlern, goldenen Kreuzen mit Edelsteinen, Medaillen oder Medaillons und sonstigen kostbaren Schmucksachen am Halse. Die Medaillen, damals Medayen oder Maydiglen und Medaglien genannt, waren gewöhnlich von durchbrochenem Golde gearbeitet, mit Schmelzfiguren und allerlei Edelsteinen verziert. Im Jahre 1544 ließ sich der Herzog Albrecht von Preußen zu Nürnberg eine solche Medaille verfertigen, welche oben eine Krone hatte, die zwei in Gold weiß geschmelzte Löwen hielten; unter der Krone ein großes Rubinherz, das 180 Gulden kostete, und unter diesem der Buchstabe A in Diamanten. Über der Krone stiegen drei Diamantlilien auf, die einen Wert von 120 Gulden hatten; überdies war das Ganze mit orientalischen Perlen besetzt, sodaß es, ohne den Arbeitslohn, auf 682 Gulden geschätzt wurde. Der Künstler schrieb darüber dem Fürsten: »Ich schicke hiermit den Buchstaben A und hoffe, er soll gefallen. Ich hätte ihn wohl von lauter Diamanten gemacht, wenn es an Bedeutung der Farben als Smaragd und Rubin gewesen wäre. Der Smaragd oben bedeutet die Keuschheit zwischen dem Rubin in feuriger Liebe auf den beiden Füßen des A in Diamant, welches die Beständigkeit in steter Liebe und Leid ist, mit einem Hängeperlein, welches die Tugend bedeutet, hinten mit geschmelzten Blümlein Vergißmeinnicht mit Jelängerjelieber. Es steht solcher Buchstabe zu 300 Taler.« Schon im nächsten Jahre 1545 ließ sich der Herzog von Georg Schultheß aus Nürnberg eine neue bedeutende Sendung von allerlei kostbaren Kleinodien kommen, die den Wert von 4796 Gulden hatte und mit 4600 Gulden bezahlt werden mußte, weil ihm der Meister das übrige nachließ.
An den Höfen trieb man auch mit Fingerringen großen Staat. Wie schon im Mittelalter, so dienten sie auch jetzt noch unter fürstlichen Personen häufig zu Geschenken, oder Fürsten bezeigten auch vielfältig anderen Personen durch Schenkung eines Ringes ihre Gunst und Erkenntlichkeit. Man ließ sie daher nicht selten in großer Anzahl und zu sehr verschiedenen Preisen verfertigen. Man trug Smaragdringe von 50 Talern, die kostbarsten, mit Diamanten und Rubinen besetzt, von 130, 170 und 180 Talern, andere von 400 bis 500 Gulden.
Der beste Markt für Goldarbeiter und Schmuckhändler waren stets die fürstlichen Hochzeiten, weil in der Regel die fürstlichen Hochzeitsgäste die Braut und das Brautgesinde mit solchen Kleinodien und Schmucksachen stattlich zu beschenken pflegten. Sie wandten sich daher auch bei solchen Gelegenheiten häufig an die Fürsten selbst, empfahlen sich mit ihren Kunstsachen und sandten diese auch wohl selbst zur Auswahl ein. Als Georg Schultheß in Nürnberg Nachricht von der bevorstehenden Vermählung des Herzogs von Preußen mit der braunschweigischen Prinzessin Anna Maria erfährt, bittet er den Fürsten: er wolle doch von niemand die Schenkringe und Kleinodien kaufen und ihn, den alten Diener, in Gnaden mit dem Kaufe bedenken; und als sich in Nürnberg das Gerücht verbreitet, Herzog Adolf von Holstein werde sich bald vermählen, richtet er an den Herzog von Preußen die neue Bitte, ihn bei diesem Fürsten »zu promovieren, so seine fürstliche Gnade etwas von goldenen Ringen oder Kleinodien bedürfe, ihn vor anderen zu begnaden.« Bei der Vermählung des Königs Sigismund August von Polen mit Katharina, der Witwe des Herzogs Franz von Mantua, schenkte der Herzog von Preußen der königlichen Braut ein von Georg Schultheß verfertigtes Kleinod von 900 Gulden an Wert, ein Diamantkreuz von 200 Gulden einem Bischof und dann an andere Personen am königlichen Hofe Ringe und andere Kleinodien an Wert von 327 Gulden, also überhaupt Geschenke von mehr als 1400 Gulden an Wert. Ebenso war es Brauch, daß Königinnen, wenn sie gekrönt wurden, von den zum Krönungsfeste eingeladenen Fürsten kostbare Kleinodien als Geschenke erhielten. Als daher im Jahre 1550 von der Krönung der polnischen Königin Barbara von Radziwill die Rede ging, wandte sich Georg Schultheß an den Herzog Albrecht mit den Worten: »Ich bin in Erfahrung kommen, daß die Königin von Polen schwanger ist und auf zukünftigen St. Barbara-Tag gekrönt werden soll, wie man denn hier zu Nürnberg etliche Waren bestellt und Arbeit auf solche Krönung machen läßt. Ich habe nicht unterlassen können, Eure fürstliche Gnaden zu ersuchen mit untertänigster Bitte, dieweil ich weiß, daß Eure fürstliche Gnaden die Königin auf solcher ihrer Krönung nicht unbeschenkt lassen wird, so Dieselben etwas von guten Kleinodien bedürfen würden, mir das Geld vor anderen zu gönnen, denn ich bin mit guten Kleinodien versehen, die ich nicht in Preußen auf vergangene Eurer Fürstlichen Gnaden Hochzeit mit mir gehabt habe, eines um 800, eines um 1600, eines um 2400 Gulden, auch geringere zu 400 und 500 Gulden, die des Geldes wert sind. So Euere Fürstliche Gnaden auf solche Krönung fahren würden, wollte ich, was Dieselben an Kleinodien bedürfen, nach Krakau schicken.«
So häuften sich in einzelnen Fürstenhäusern mitunter sehr ansehnliche Schätze solcher Kleinodien an, und wie bedeutend oft der in ihnen befindliche Reichtum war, beweist das Beispiel des Markgrafen Johann von Brandenburg, den der Kaiser Karl zu seinem Statthalter in Valentia ernannt hatte. Als es diesem im Jahre 1524 bei der neuen Rüstung gegen Franz von Frankreich an den nötigen Geldmitteln gebrach, um die aufgestellten Heere besolden und unterhalten zu können, erließ er an den Markgrafen, dem er überhaupt großes Vertrauen schenkte, das Gesuch, ihm alle seine und seiner Gemahlin Kleinodien, Gold- und Silbergeschirre zu leihen und zu erlauben, daß er sie zu einer Anleihe als Pfand versetzen dürfe. Der Markgraf bedachte zwar die Gefahr, daß bei dieser Gelegenheit sein ganzer köstlicher Schatz verloren gehen könne; »allein Ihre Majestät,« schreibt er selbst, »hat uns auch daneben mit eigener Hand geschrieben und zu erkennen gegeben, da sie jetzt in großen Nöten sei, so wolle sie sehen, was wir von Ihrer Majestät wegen tun und wie wir uns jetzt verhalten würden; und dieweil wir nun auch berichtet sind, daß Ihre Majestät hievor schon alle ihre, dazu auch der Königin von Portugal, Ihrer Majestät Schwester, Kleinodien versetzt hat, und daß sie das jetzige Begehren nicht allein an uns, sondern auch an mehrere andere getan hat, so haben wir besorgt, nachdem alle unsere Renten und Einkommen unter Ihrer Majestät liegen, es möchte uns, wenn wir dem Kaiser einen Abschlag täten, noch mehr in dieselben eingegriffen werden. Wir haben also, auch in Betracht dessen, daß wir und unsere Brüder in desto größerer Gnade und gutem Willen bleiben würden, Ihrer Majestät die zwölf besten unserer und unserer Gemahlin Kleinodien, welche von den geschworenen Kleinodienschätzern auf 24 100 Dukaten geschätzt sind, zu verpfänden dargestreckt auf briefliche Versicherung, sie uns in einem Jahr wieder zuzustellen.«
Im kostbarsten Staatskleide und mit dem schönsten Schmuck angetan erschien der Fürst auf wichtigen Hof- und Reichstagen, wo man alles, was Pracht und Glanz hieß, zur Verherrlichung des festlichen Auf- und Einzuges aufzubieten pflegte. Wie groß der fürstliche Pomp war, wenn Fürsten auf Reichsversammlungen erschienen, zeigte sich niemals mehr als bei dem Einzuge des Kaisers in Augsburg zu dem wichtigen Reichstag im Jahre 1530, wovon uns eine für die fürstlichen Sitten der Zeit nicht uninteressante Schilderung eines Augenzeugen überliefert ist. Es war am 15. Juni dieses Jahres, als der Kaiser seinen Einzug in Augsburg halten wollte. Da kam zuerst um Mittag der Kardinal von Lüttich mit hundert Pferden; er selbst ward in einer Roßsänfte getragen. Alsbald zogen die in Augsburg bereits versammelten Kurfürsten und Fürsten, geistliche und weltliche, nebst den Vornehmsten aus Augsburg dem Kaiser zu Roß und Fuß entgegen; mit ihnen ihr gesamtes Hofgesinde. Nicht weit vom Lech bei einer kleinen Brücke angekommen, warteten sie dort einige Stunden auf des Kaisers Ankunft, und als dieser hierauf mit seinem Bruder, dem König Ferdinand, den Herzögen Wilhelm und Ludwig von Bayern, dem Pfalzgrafen Friedrich, dem Herzog Otto Heinrich, den zwei Kardinälen von Salzburg und Trident, dem Erzbischof von Bremen und vielen anderen Fürsten, Bischöfen und hohen Geistlichen aus Deutschland, Spanien und Italien, alle im prachtvollstem Schmucke, über den Lech herübergekommen waren, stiegen Kurfürsten und Fürsten, Jung und Alt von ihren Rossen, dem Kaiser entgegengehend. Da dieser sie wahrnahm, wollte er ebenfalls vom Rosse steigen, wäre aber beinahe heruntergefallen. Die Fürsten, dieses sehend, liefen eiligst hinzu. Allein der Kaiser war behend vom Pferde, ebenso König Ferdinand, und beide reichten mit freundlicher Huld allen Kurfürsten und Fürsten die Hand. Darauf empfing der Erzbischof von Mainz, als Reichserzkanzler, den Kaiser mit einer Rede, ihm Glück und Heil zu seiner Krone wünschend, und als dann dieser mit seinem Bruder Ferdinand und dem Pfalzgrafen Friedrich sich einige Augenblicke unterredet, ließ er durch diesen den Fürsten in »einer tapferen und höflichen Antwort« Dank sagen. Bei diesem Empfang blieben die beiden Erzbischöfe von Salzburg und Trident auf ihren Pferden sitzen; der päpstliche Legat, Kardinal Campeggio, aber war vor dem Empfang zur Seite geritten und nicht zugegen, weil er vielleicht besorgte, es werde ihm seine gebührliche Ehre nicht genug erwiesen werden. Als darauf der Kaiser wieder auf das Roß steigen wollte, griffen die jungen Fürsten von Sachsen, Hessen, Lüneburg, Mecklenburg, Brandenburg und Anhalt an den Zaum, Sattel und Steigbügel und halfen ihm empor.
Nahe bei der Stadt angelangt, wurde der Kaiser vom Bürgermeister und sechs Ratsherren empfangen; dreimal fielen sie vor ihm zu Fuß, zogen über des Kaisers Haupt einen kostbaren Traghimmel und bildeten dann mit ihren Bürgern, Kaufleuten, Söldnern und Volk, über zweitausend, zum Teil im Harnisch, zum Teil in Samt und Seide gekleidet, zu Roß und Fuß eine lange Schlachtordnung, während das Geschütz von den Mauern des Kaisers Ankunft verkündete. Jetzt erfolgte der Einzug in folgender Weise: Voran zogen um sechs Uhr abends zwei Fähnlein Knechte, die der Kaiser zu Memmingen angenommen und gemustert, in die Stadt ein, je sieben in einem Glied, etwa tausend an Zahl, an ihrer Spitze ihr Oberster Maximilian von Eberstein; etwas später folgten im Vorzuge des Kaisers und des Kurfürsten von Sachsen Hofgesinde und Diener, je drei im Gliede, dann die des Kurfürsten von Brandenburg 29 Glieder, je drei im Glied, darauf die der Kurfürsten von Trier, Mainz und Köln, deren nur wenige waren, alle ungerüstet. Diesen schloß sich an der Herzöge Wilhelm und Ludwig von Bayern reisige Zeug von 94 Gliedern, je fünf im Glied, auf 500 Pferde, mit Spießen, lichtem Harnisch und hohen Federbüschen, auf's trefflichste gerüstet; hierauf des Herzogs Heinrich von Braunschweig Rosse in 14 Gliedern, je drei im Glied, dann des Landgrafen von Hessen Reiter in 26 Gliedern und sieben Glieder Pommern, je drei im Glied; nach diesen des Deutschmeisters Walther von Kronberg Rosse, mit denen auch etliche Spanier ohne Ordnung ritten. Endlich eine große Schar von Grafen, Herren und viele vom Adel, kaiserliche und königliche Räte, Spanier und Deutsche. Hierauf verzog sich eine Weile, bis der andere Zug mit dem Kaiser kam. Ihn eröffnen 20 spanische Rosse des kaiserlichen Großhofmeisters Herrn von Roys, auf denen kaiserliche wohlgekleidete Edelknaben; ihnen folgen in 29 Gliedern des Königs von Ungarn Reiter, fünf im Glied, darauf ebenfalls Edelknaben, schön in rot gekleidet; darnach des Kaisers Stall, 23 der schönsten Rosse, darunter polnische Hengste, türkische, genueser und andere leichte Pferde, auf welchen Edelknaben in gelben Samtröcken, in einem Ärmel eine Farbe von aschgrau und braun; dann folgen noch 200 kaiserliche Pferde und des römischen Königs Hofgesinde, viele in goldenen Stücken und Samtkleidern. Nun erscheinen etlicher großen Potentaten Botschafter, mehrerer Fürsten, des Kaisers und des römischen Königs Räte, Herren des kaiserlichen Regiments, Spanier und andere, alle in schwarzen Samt gekleidet, auch etliche Herren aus Böhmen, auf prächtigen Hengsten köstlich gekleidet, mit großen goldenen Ketten geziert. Jetzt die kaiserlichen und königlichen Trompeter und Heerpauker, sechzehn an Zahl, nebst drei Trommelschlägern; darauf neun Herolde in ihren Habiten, ihnen voran ein langer schwarzer Pfaffe mit einem langen Kreuze in der Hand, die Staffiere und Palafreniere des päpstlichen Legaten mit Säulen und Kolben. Nun folgen die Fürsten, weltliche und geistliche, die Bischöfe, dann die Kurfürsten; der von Sachsen als Erzmarschall in der Mitte, trägt das bloße Schwert voran; neben ihm zur Rechten der von Brandenburg, zur Linken des Pfalzgrafen und Kurfürsten Ludwigs Botschafter, dann die von Mainz und Köln. Darauf der Kaiser, allein reitend auf einem weißen polnischen Hengste mit goldenem Zeuge behängt, in einem goldenen spanischen Waffenrock, auf dem Haupte ein kleines spanisches, seidenes Hütlein; über dem Kaiser ein Himmel von rotem Damast, in dessen Mitte ein schwarzer Adler, von denen des Rats von Augsburg getragen. Vor, neben und hinter dem Kaiser laufen dreihundert Trabanten, Deutsche, Niederländer und Spanier, gelb, braun und aschgrau gekleidet. Nach dem Kaiser folgt König Ferdinand zur Rechten und der päpstliche Legat Campeggio, jener in einem goldenen Kleide, daneben hundert Trabanten in Rot gekleidet, dann die beiden Erzbischöfe von Salzburg und Trident, viele andere Erzbischöfe, Bischöfe und hohe Geistliche ohne Zahl, hierauf hundert kaiserliche Harschiere, zu Pferde und gerüstet, das Hofgesinde der Bischöfe und anderer Herren in 99 Gliedern, je drei und vier im Gliede, darunter auch zwölf Stradioten und zwei Türken. An diese schließt sich der reisige Zeug von Augsburg, an 1700 bis 1800 Fußknechte unter vier Fähnlein mit Spieß und Harnisch, etliche als Kürassiere, etliche in schwarzen barchentenen Paltröcken, und mit zwei weißen Atlasstrichen um die Ärmel, andere in Aschfarbe, welches der Fugger Farbe war; zuletzt die Bürger von Augsburg, zu Fuß unter vier Fähnlein, an Zahl gegen 2000, alle wohlgerüstet, mit Federbüschen und vielem Schmuck. Vor ihnen her zogen zwölf Halbschlangen, die man mit hinausgenommen und dem Kaiser zu Ehren abgeschossen. Als der Kaiser sich dem Stadttore näherte, ertönten alle Glocken der Stadt, und auf den Mauern und Türmen ward mit dem Geschütz so gewaltiglich gefeuert, daß fast niemand sein eigenes Wort hören konnte. Inmitten der Stadt kam dem Kaiser der Bischof von Augsburg mit der gesamten Priesterschaft in Prozession entgegen. Bei ihm angelangt, wollten sie ihn unter einen anderen Himmel nehmen; »allein ihrer Majestät Hengst hat ob solchem Himmel sich sehr verscheut und wollte mit nichten in und unter der Pfaffen Himmel.« Unter Gesang und Glockengeläute ging der Zug zur Domkirche. Vor ihr angelangt, fiel der Kaiser auf die Knie nieder, erhob die Hände und betete mit Andacht. Nach dem Gottesdienste begleiteten ihn alle Fürsten in die Pfalz auf seine Herberge und hielten da ein Gespräch mit ihm. Es haben sich aber bei diesem Einzuge unter den Fürsten mancherlei Irrungen und Streitigkeiten zugetragen wegen des Vor- und Nachzuges. So wollten auch, als am Tore der Stadt der päpstliche Legat, an einem Lusthaus haltend, sich anschickte, dem Kaiser zur Seite zu reiten, die Kurfürsten und Fürsten dies nicht gestatten. »Wie aber Kaiser und König, wie auch Kurfürsten und Fürsten, geistliche und weltliche, samt ihrem Hofgesinde mit goldenen und silbernen Tüchern, Perlenschmuck, Sammet, Seide, Federbüschen und allerlei Zierat bekleidet und geschmückt gewesen, ist nicht zu beschreiben, denn dessen war in allem ein unglaublicher Überfluß.«
Mit nicht minderem Glanze erschien der Fürst auf Reichstagen, wenn ihm vom Kaiser die Belehnung mit seinen Landen erteilt wurde. So erhielt sie der neue Kurfürst Moritz von Sachsen im Jahre 1548 auf dem Reichstage zu Augsburg mit großer Feierlichkeit. Noch glanzvoller und zugleich noch wichtiger, weil es die letzte war, die unter freiem Himmel geschah, war die Belehnung des Kurfürsten August von Sachsen auf dem Reichstag zu Augsburg im Jahre 1566. Lernen wir auch dieses fürstliche Fest in seinem eigentümlichen Charakter etwas genauer kennen. Kaiser Maximilian II. hatte dem Kurfürsten den 23. April zur Belehnung mit dem Erzmarschall-Amte und den kurfürstlichen Landen bestimmt, erklärend, daß er sie ihm »in gewöhnlicher Solennität« öffentlich unter freiem Himmel erteilen werde. Nach kaiserlichem Bescheid ward alsbald, vor des Kaisers Palast nächst dem Tanzhause, auf dem Weinmarkte zu Augsburg eine ansehnliche und stattliche Tribüne (Gestühl) aufgerichtet, die an dem bestimmten Tage ringsum mit herrlichen Tapezierungen und goldenen Stoffen geziert und bekleidet war. Darüber, hinter des Kaisers Sitz, aus dem Tanzhause war ein Gang gebaut, ebenfalls mit Tapezierungen behängt. Dort standen des Kaisers Trompeter und Heerpauker. Vom Palaste bis auf das Pflaster hinab war eine Brücke mit Geländer in ziemlicher Breite gelegt und verschränkt, um in breiter Ordnung auf den Palast hinaufgehen zu können.
Als nun Tag und Stunde kam, ritt der Kurfürst um zwölf Uhr im prachtvollen Kleide mit seinen gefreundeten und verwandten Fürsten, Grafen, Herren vom Adel und anderem reisigen Hofgesinde bis auf den Platz bei St. Ulrichs Kirche, wo sich alles versammelte, wo man die Renn- oder Blutfahne bestellte und besetzte und der gewaltige Haufe geordnet ward. Die Rennfahne wurde in der St. Ulrichsgasse gegen der Fugger Häuser geführt und wegen Enge der Gassen, durch die man um den Palast rennen mußte, die Glieder nur zu je fünf gestellt. Führer des Haufens waren Wolf von Schönberg, kurfürstlicher Hauptmann über das Erzgebirg, Joachim Röbel zur Schweinz und Heinrich von Gleissental, Amtleute zu Hainichen. Die Blutfahne ward Christophen von Rogwitz anvertraut, der sie schon bei Kurfürst Moritzens Belehnung und auch sonst zuvor im Felde geführt. Unter ihr standen 75 Glied, worunter 16 Glied Vornehmer von Adel, die übrigen gute reisige Knechte, alles wohlerfahrene und geübte Kriegsleute; es waren ihrer insgesamt 375 Pferde, die von Adel alle mit schwarzen Samtkleidern geschmückt, ihre ausgezeichnet schönen Rosse mit gelben Federn und samtenen Zeugen musterlich geziert, jeder auf seinem Haupte und vorne auf dem Pferde mit einem Fendel in schwarzer und gelber sächsischer Farbe geteilt, worauf auf einer Seite die zwei Kurschwerter, auf der anderen der Rautenkranz gemalt waren, nebst einer schönen gelben Feder, »welches dem Haufen eine lustige Zier und Ansehen gemacht«. Vor dem Haufen her ritten zwei Feldtrompeter und drei Vorreiter.
Den zweiten gewaltigen Haufen bildeten die anderen Grafen, Herren, Räte, Kämmerlinge, die von der Ritterschaft und die reisigen Hofleute des Kurfürsten; seine Führung ward dem kurfürstlichen Hofmarschall Heinrich von Schönberg, Jakob von der Schulenburg und Hans von Wolf, Amtleuten zu Gemern und Quedlinburg, anvertraut, die, wie gebührlich, voranritten, mit schwarzsamtenen Kleidern, goldenen Ketten und gelben Federn aufs herrlichste und prächtigste geschmückt. Ihnen folgten 25 Trompeter mit einem Heerpauker, dann die Grafen und Herren, die dem Kurfürsten die Lehensfahnen vortrugen, je zwei nebeneinander reitend, nämlich Philipp Graf von Hanau mit der Kurfahne, oben schwarz und unten weiß geteilt, darin zwei rote Schwerter überschränkt, zur Rechten; Graf Ludwig von Königsstein mit des Herzogtums Sachsen Wappen, einer gelben Fahne, worin fünf schwarze Balken, darüber ein grüner gewundener Rautenkranz, zwerch über die Ecke, zur Linken; darauf Graf Ludwig von Eberstein mit dem Wappen des Landgraftums Thüringen, einer blauen Fahne, worin ein aufgerichteter bunter Löwe mit vier weißen und roten Strichen und einer goldenen Krone, zur Rechten; Graf Albrecht Georg zu Stolberg mit dem Wappen des Markgraftums Meißen, einer gelben Fahne, worin ein schwarzer aufgerichteter Löwe, zur Linken; dann Graf Wilhelm zu Schwarzburg mit der Fahne Pfalz-Sachsens, worin ein gelber Adler mit ausgebreiteten Flügeln und einer goldenen Krone auf dem Kopfe, zur Rechten; Graf Bruno von Mansfeld mit dem Wappen der Grafschaft Orlamünde, einem schwarzen Löwen im gelben Felde und roten Rosenblättern mit einer roten Krone, zur Linken; alsdann Graf Wolf von Eberstein mit des Burggrafentums Magdeburg Fahne, einem halben weißen Adler im roten Felde mit goldener Krone nebst vier roten Balken im weißen Felde, zur Rechten; Graf Wolf zu Barby mit der Fahne der Pfalz Thüringen, worin ein gelber Adler im schwarzen Felde mit ausgebreiteten Flügeln, zur Linken; darauf Graf Burkard von Barby mit der Fahne der Herrschaft Landsberg, zwei blaue Balken von oben herab die Länge im gelben Felde, zur Rechten, und Graf Wolf von Hohenlohe mit dem Wappen der Grafschaft an der Pleiße, einer blauen Fahne, worin ein aufgerichteter Löwe, halb geteilt, der obere Teil gelb, der untere weiß, zur Linken; endlich Georg Freiherr von Schönburg mit dem Wappen der Grafschaft Altenburg, einer weißen Fahne, worin eine rote Rose, inwendig mit gelben Samenknospen und vorstehenden Spitzen zwischen den Blättern, zur Rechten, und Wolf Freiherr von Schönburg mit dem Wappen der Grafschaft Brena, drei rote Herzen, auf denen drei weiße Kleeblätter im weißen Felde, zur Linken. Diese zwölf Grafen und Herren hatten sich, wie ihrem Stande geziemt, in schwarzen Samt gekleidet, sich und ihre Rosse mit gelben Federn, goldenen Ketten und schönem Zeug gar herrlich und köstlich geschmückt; über ihnen flatternd die Lehensfahnen von gutem Taffent, jede nach ihres Wappens Farbe »gar werklich« gemacht und gemalt; »war alles ganz manierlich, lustig und prächtig anzusehen.«
Den Fahnen zunächst ritt vor dem Kurfürsten auf stattlichem Rosse Graf Ludwig Kasimir von Hohenlohe, dem Fürsten ein großes Schwert in einer schönen silbernen Scheide vortragend, gleich wie die übrigen Grafen prächtig gekleidet; nach ihm der Kurfürst im Kurkleide von rotem Karmesin-Samt mit weißem Hermelin unterfüttert, auf einem sehr schönen weißen Rosse mit rotem Samtzeug und Roßdecke; hinter ihm sechs Fürsten, die dem Kurfürsten zu Ehren zu diesem Lehensempfange dienten, nämlich Pfalzgraf Wolfgang Herzog von Bayern, Markgraf Georg Friedrich zu Brandenburg, Herzog Christoph von Württemberg, Herzog Johann der Jüngere von Holstein, Fürst Joachim Ernst von Anhalt und Herzog Heinrich von Liegnitz, ihrer fürstlichen Hoheit nach schwarz gekleidet, auf prächtig gezierten Rossen. Nach ihnen ritten die abgesandten Räte des Vetters des Kurfürsten, des Herzogs Emanuel Philibert von Savoyen; diesen folgten des Kurfürsten Räte und Kämmerlinge, darauf eine Reiterschar von 37 Glied, an Zahl 777 Pferde, darunter in den ersten zwei Gliedern meist Grafen, Herren und Vornehme vom Adel, in 15 Gliedern Junker und Edelleute, in den übrigen aber gute Reisige und wohlgeübte Knechte.
Während man diese zwei Haufen ordnete, ließ der Kaiser »die Session« auf dem Palaste für sich und die Kurfürsten prächtig zurichten, seinen Stuhl mit köstlichen goldenen Stücken bekleiden und mit einem schwebenden Himmel von goldenem Tuch überziehen, desgleichen auch die Session und Bänke der Kurfürsten mit Polstern und Decken von goldenem Tuch aufs herrlichste verzieren. Darauf gebot er den Offizieren und Wardeinen, das Volk, welches den Platz und die Gassen in unmäßiger Zahl eingenommen, abzutreiben und Raum zu machen; denn es wäre bei der unzähligen Volksmenge nicht möglich gewesen, ohne Beschädigung vieler Menschen das Rennen und den Empfang der Lehensfahnen auszuführen.
Als nun alles vorbereitet war, begab sich der Kaiser mit den anwesenden geistlichen und weltlichen Kurfürsten und Fürsten, die ihm aufwarteten, nebst den kaiserlichen Räten, dem Hofgesinde und den vorausgehenden Herolden der Krone Böhmens und des Römischen Reiches aus seiner Behausung auf das Tanzhaus, worin für ihn und die Kurfürsten verschiedene Gemache mit schönen Teppichen lustig geschmückt waren. »Da ist beim Auszuge von den kaiserlichen Trompetern tapfer geblasen und die Heertrommel weidlich gerührt worden.« Auf des Kaisers Dienst warteten außer den Kurfürsten Herzog Albrecht von Bayern, Herzog Wilhelm zu Jülich, des Kurfürsten Pfalzgrafen zwei Söhne, Markgraf Hans Georg der Jüngere von Brandenburg und Herzog Johann Friedrich von Pommern nebst vielen Grafen und Herren. Die Kaiserin nebst den kaiserlichen Fräuleins und Frauenzimmern sah aus der Behausung der Fugger zu. Auf ihren Dienst warteten die Kurfürstin von Sachsen, des Herzogs Albrecht von Bayern, des Pfalzgrafen Wolfgang, des Herzogs Christoph von Württemberg Gemahlinnen, die verwitwete Markgräfin von Ansbach und die Gemahlin des Herzogs Heinrich von Liegnitz, nebst den bei diesen Fürstinnen befindlichen Fräulein und Frauenzimmern in großer Zahl. Alle Häuser und Fenster um den großen Platz und in den Straßen, so weit man auf jenen sehen konnte, waren bis unter die Dächer mit Menschen angefüllt, darunter auch vieler geistlichen und weltlichen Potentaten und Fürsten Botschafter und Gesandten und eine große Zahl schöner Frauenzimmer vom Herrenstande, Adel und der Bürgerschaft.
Nachdem der Kaiser auf dem Tanzhause mit dem kaiserlichen Ornate, den die Kaiser in ihrer Majestät zu tragen pflegen, und die Kurfürsten mit ihren Kurkleidern geschmückt waren, zog ersterer aus dem Zimmer wieder auf den Palast; voran trug der Reichserbmarschall Heinrich von Pappenheim, wie gebräuchlich, das bloße Schwert; die vier anwesenden Kurfürsten folgten dem Kaiser nach, wobei die Trompeter abermals prächtig aufbliesen und der Kesselschläger die Trommel rührte. Jetzt nahm der Kaiser seinen Sitz auf dem Stuhle ein; rechts neben ihm, etwas niedriger, ließ sich der Erzbischof von Mainz nieder, in der Hand das Neue Testament haltend, und neben diesem der Pfalzgraf und Kurfürst Friedrich, dem der Reichsapfel vorgehalten wurde; zur Linken des Kaisers der Erzbischof von Köln und neben ihm, an Stelle des Kurfürsten von Brandenburg, Graf Wilhelm von Hohenstein. Der Erzbischof von Trier hatte seinen Sitz gerade dem Kaiser gegenüber. Als denen, welche die Rennfahnen führten, kundgegeben war, daß sich der Kaiser niedergelassen habe, rückten sie unverzüglich aus der Straße hervor, fingen an zu rennen und umrannten in guter Ordnung, je fünf in einem Gliede, den Palast, dreimal in vollem Laufe der Rosse; die Blutfahne, wie auch sonst im Felde gebräuchlich, in der Mitte des Geschwaders, von drei Gliedern Edelleuten umschart und von Christoph von Rogwitz musterhaft geführt. Das Reitergeschwader, worunter viele tapfere, wohlgeübte Kriegsleute von Adel mit trefflichen Rossen, erregte allgemeines Wohlgefallen.
Nach dem Rennen kehrten die Fahnen in die Straße zurück. Christoph von Rogwitz aber rückte mit der Blutfahne, »wodurch die Religion bedeutet wird«, aus dem Geschwader vor die anderen Lehensfahnen des Kurfürsten vor. Darauf sandte dieser aus dem Haupthaufen folgende Fürsten und Gesandten nach dem Palast, um vom Kaiser in seinem Namen um die Belehnung zu bitten, nämlich Pfalzgraf Wolfgang, Herzog von Bayern, Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg, Herzog Christoph von Württemberg, Herzog Johann den Jüngern von Holstein, den Fürsten Joachim Ernst von Anhalt, Herzog Heinrich von Liegnitz, die beiden Gesandten des Herzogs von Savoyen und den Rheingrafen Hans Philipp. Je drei und drei nebeneinander reitend, von kurfürstlichen Trabanten begleitet, kamen sie unter Trompetenschall vor dem Palaste an und stiegen hinauf. Als sie den Kaiser sehen konnten, taten sie dreimal einen Fußfall, und also kniend begann der Pfalzgraf Wolfgang in des Kurfürsten Namen in untertänigster Rede die Bitte: »Daß Ihre kaiserliche Majestät dem Kurfürsten von Sachsen mit allen Regalien, dem Kurfürstentum und den Landen, die seine kurfürstliche Gnade von Ihrer kaiserlichen Majestät am heiligen Reiche hätten, allergnädigst beleihen wollten; dagegen wäre seiner kurfürstlichen Gnade untertäniges Erbieten, Ihrer kaiserlichen Majestät nicht allein gewöhnliche Pflicht und schuldigen Gehorsam zu leisten, sondern solches auch untertänigst zu verdienen.« Als darauf der Kaiser den Fürsten befohlen aufzustehen, und auch die Kurfürsten sich von ihren Sitzen erhoben, traten diese dem Kaiser zu einer kurzen Unterredung näher, und nachdem sich jeder Kurfürst dann wieder an seinen Platz gesetzt, ließ er den Abgesandten durch den Erzbischof von Mainz, als Reichserzkanzler die Antwort geben: Da der Kurfürst von Sachsen vor Ihrer kaiserlichen Majestät persönlich erschienen sei, die Lehen selbst anzusuchen und zu erbitten, und er seinem Erbieten nachkommen werde, so wollten Ihre kaiserliche Majestät ihn gnädigst beleihen. Für diese Antwort dankend, ritten die Fürsten nach bezeigter Reverenz unter Trompeten- und Heerpaukenschall zum Kurfürsten zurück, ihm den Bescheid anzuzeigen.
Jetzt rückten die drei Führer des Haupthaufens und das Renngeschwader aus ihren Straßen zugleich auf den Platz, der, als beide Haufen mit ihren vordersten Gliedern sich berührten, ganz mit Reitern bedeckt war. So geordnet, rannte man bis vor den kaiserlichen Palast, und als der Kurfürst, durch sein rotes Kurkleid und sein weißes Roß im ganzen Haufen vor allen kenntlich, bis an den Palast gekommen war, stieg er mit allen Fürsten, Herren und Räten vom Rosse; die Lehensfahnen wurden ihm vorgetragen; voran ganz allein Christoph von Rogwitz mit der Blutfahne, die anderen je zwei hinter ihm. Dem Palaste näher teilten sie sich, so daß sechs Fahnen zur Rechten und sechs zur Linken standen, die Blutfahne in der Mitte, gerade hinter dem Kurfürsten von Trier. Nach den Fahnenträgern folgte der Graf von Hohenlohe, dem Kurfürsten das Schwert in der vergoldeten Scheide vortragend; nach ihm der Kurfürst selbst und hinter ihm die erwähnten sechs Fürsten, die savoyischen Gesandten, seine Räte und Kämmerlinge. Beim Hinaufsteigen bezeigte der Kurfürst mit dem ganzen Gefolge dem Kaiser durch zweimaligen Fußfall seine Reverenz und dann vor dem Kaiser zum dritten Mal. Knieend bat er jetzt selbst in wenigen Worten um die Belehnung, und auf die Zusage des Kaisers verlas zuvor der Erzbischof von Mainz den gewöhnlichen Eid und ließ den Kurfürsten durch Auflegung der Hände auf das Evangelium schwören.
Hierauf forderte der Kaiser zuerst vom Reichserbmarschall von Pappenheim das bloße Schwert und gab es dem Kurfürsten, wodurch er ihn mit dem Reichserzmarschall-Amte belehnte; der Kurfürst überreichte es dem von Pappenheim wieder als seinem belehnten Untermarschall. Darauf belehnte der Kaiser durch Überreichung der Blutfahne den Kurfürsten mit den hohen Regalien und Herrlichkeiten der hohen königlichen Lehen über alle seine Lande und das Kurfürstentum, dann durch die Kurfahne mit dem Kurfürstentum Sachsen, durch eine andere mit dem Herzogtum Sachsen, und so weiter, bis der Kurfürst mit allem belehnt war. Sobald eine Lehensfahne verliehen war, wurde sie durch kaiserliche Herolde in das umstehende Volk geworfen, welches sich immer in solchen Haufen darum riß, daß keine Fahne noch Spieß ganz blieb, außer der Fahne des Herzogtums Sachsen mit dem Rautenkranze auf fünf schwarzen Balken im gelben Felde. Diese erwischte ein Reiterjunge auf einem Rosse und hielt sie davonsprengend so empor, daß niemand sie ihm entreißen konnte, wofür er, als er sie dann dem Kurfürsten unverletzt wieder überreichte, mit einem stattlichen Ehrengeschenke begnadigt ward. Und weil diese Lehensfahne über das Herzogtum Sachsen auch schon früher, als der Kurfürst die Belehnung vom Kaiser Ferdinand im Jahre 1558 zu Frankfurt empfing, ebenfalls unverletzt erhalten und gerettet worden war, so achtete man es für ein sonderlich gutes Vorzeichen, »daß das löbliche Haus Sachsen beständig unverletzt werde erhalten werden und die edle Raute alle Zeiten grünen.« Nachdem nun der Kurfürst dem Kaiser mit gebührender Reverenz gedankt und nochmals schuldigen Gehorsam und getreuen Dienst zugesagt, stieg er mit seinem Gefolge wieder zu Roß und begab sich in seine Behausung unter dem Schalle der Trompeten zurück, desgleichen der Kaiser, nachdem er im nahen Gemache den kaiserlichen Schmuck abgelegt, von den Kurfürsten und Fürsten begleitet.
So der Fürst im Glanz und Prunk auf feierlichen Reichstagen. Außer den Hochzeitstagen aber hören wir im sechzehnten Jahrhundert viel weniger von so glänzenden und kostbaren Schmausen und Trinkgelagen, wie sie in früherer Zeit an den meisten Höfen stattgefunden und großen Aufwand erfordert hatten. Es war dieses die Folge des Ernstes der Zeit, aber auch insbesondere einer Übereinkunft einer bedeutenden Anzahl deutscher Fürsten. Als nämlich im Jahre 1524 die Fürsten Richard, Erzbischof von Trier, Pfalzgraf Ludwig vom Rhein, Herzog von Bayern, Pfalzgraf Friedrich, Herzog von Bayern, Pfalzgraf Wilhelm, Herzog in Ober- und Niederbayern, die Bischöfe Konrad von Würzburg, Wilhelm von Straßburg, Philipp von Freisingen, Georg von Speyer, Markgraf Kasimir von Brandenburg, Otto Heinrich, Pfalzgraf und Herzog von Bayern, Philipp, Landgraf von Hessen und andere sich zu Heidelberg zu einem sogenannten Gesellenschießen mit der Armbrust versammelt hatten und manche Stimme über die sittlichen Gebrechen und Mängel der Zeit unter ihnen laut wurde, vereinigten sie sich zur Besserung der Sitten an den fürstlichen Höfen und unter den höheren Ständen in folgenden Bestimmungen: Jeder von ihnen, Kurfürst oder Fürst, geistlich oder weltlich, solle in eigener Person sich alles Gotteslästerns und alles Zutrinkens, zu ganz oder halb, völlig enthalten, jeder es auch seinen Amtleuten, Hofgesinde, Dienern und Untertanen bei namhafter Strafe, desgleichen auch der Ritterschaft und den Landgesessenen, in jedem Fürstentum verbieten; wer sich diesem Gebote nicht füge, solle mit Ausrichtung seines Lohnes vom Amte entlassen und vom Hofe entfernt werden und kein Fürst ihn je wieder zu Amt und Hof zulassen. Wenn aber einer der Fürsten in die Niederlande, nach Sachsen, in die Mark, nach Mecklenburg, Pommern oder andere Lande käme, wo zu trinken Gewohnheit ist, und sich dort, bei aller Weigerung, des Trinkens nicht erwehren möchte, so solle er dann mit seinem Hofgesinde und seinen Dienern an diese Ordnung nicht gebunden sein. Da ferner bisher, wenn ein Fürst in eigener Person zu dem anderen an seinen Hof oder anderswo zum Besuche kam oder seine Botschafter und Räte sandte, durch Gastauslösung, mit Prassen und Auftischen viele Kosten aufgingen, da man desgleichen an den fürstlichen Höfen von den Trompetern, Boten, Schalksnarren, Sängern und anderen Spielleuten häufig mit Bitten um Gaben und Geschenke angelaufen wurde, so hat man sich dahin vereint, daß kein Fürst den anderen oder des anderen Botschafter und Räte, wenn sie an fremde Höfe kommen, forthin mehr aus der Herberge lösen oder etwas weiter als Futter und Mahl geben solle; es solle auch kein Kurfürst oder Fürst beim geselligen und freundlichen Zusammenkommen dem anderen über acht Essen zu einer Mahlzeit geben, es wäre denn bei einer Hochzeit oder dergleichen, wo sich jeder nach Gebühr zu verhalten weiß. Man solle auch keinem Trompeter, Boten, Schalksnarren, Sänger oder dergleichen Spielleuten fernerhin mehr Schildgeld oder etwas anderes geben, sondern sie abweisen. Bei Kurfürsten und Fürsten, die Frauenzimmer am Hofe haben, solle man nicht mehr, wie bisher geschehen, Ringe an sie vergeben. Jeder Fürst solle seine Trompeter, Boten, Schalksnarren mit so viel Besoldung versorgen, daß sie sich daran genügen lassen müssen. So beschlossen zu Heidelberg am Sonntag Erasmi des Jahres 1524.
Häufig erheiterten sich an fürstlichen Höfen die Gäste bei mancherlei Gesellschaftsspielen. Sehr gewöhnlich war eines dem ähnlich, das heutigen Tages »Namen und Unterschrift« heißt. Selbst der Kaiser trieb zuweilen Kurzweil damit; natürlich nahm es unter den drängenden Verhältnissen der Zeit mitunter politischen Charakter an. Als er sich einst zu Linz befand und eine bedeutende Zahl von Fürsten sich um ihn versammelte, ergötzte er sie eines Tages dadurch, daß er in einem Saale zwei Gefäße aufstellen ließ, in deren eins eine gewisse Anzahl Namen, in das andere eine gleiche Zahl von Versen oder Sprüchen geworfen wurden. Darauf ließ er den Hofnarren des Erzherzogs Ferdinand von Österreich rufen, der sich zwischen beide Gefäße setzen und mit beiden Händen zugleich aus dem einen einen Namen und aus dem andern einen Vers oder Spruch herausgreifen und vorlesen mußte. Es traf sich dabei oft manche interessante Zusammenstellung, die bei den damaligen Zeitverhältnissen und der Bekanntschaft mit den genannten Personen vieles Vergnügen machte. So griff der Hofnarr zusammen:
Der Cardinal von Trident.
Judas, du hast des Menschen Sohn mit einem Kusse verraten.
Die geistlichen Kurfürsten.
Bist du nicht auch ein Galiläer? denn deine Sprache verrät dich.
Das Haus Österreich.
Sie haben meine Wege nicht erkannt, denen habe ich meinen Zorn geschworen, wo sie in mein Haus kommen.
Der König von England.
Ein Aufrührer macht Zank und ein Zänkischer verhetzt die Fürsten.
Die Äbte und die Mönche.
Haben wir denn nicht recht gesagt, daß du ein Samariter bist und hast den Teufel?
Der König von Frankreich.
Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.
Der Herzog von Lothringen.
Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und über mein Gewand haben sie das Los geworfen.
Das Reichsland.
Mein Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt's zur Mördergrube gemacht.
Der König von Spanien.
Erlöse mich, Herr, von den bösen Lefzen und falschen Zungen.
Der Papst.
Dies Volk ehret mich allein mit dem Munde, aber ihr Herz ist weit von mir.
Herzog August, Kurfürst von Sachsen.
Ich habe meine Augen zum Herrn gewendet, und er hat mich erhört.
Der Landgraf von Hessen.
Seine Söhne sind gleich den jungen Gezweigen, so um seinen Kopf herum sind.
Frankreich.
Sein Blut über uns und unsere Kinder.
Die Edelleute.
Über ein kleines werdet ihr mich sehen, und aber über ein kleines werdet ihr mich nicht sehen.
Die Lutherischen.
Ein guter Hirt läßt seine Seele für seine Schafe, aber ein Fremdling läuft davon.
Die Kämmerlinge.
Mein Reich ist nicht von dieser Welt.
Stiller und geräuschloser verflossen dem Fürsten die Tage des Vergnügens und der Erholung zu Hause und in seinem eigenen Lande. Dort nahm einen großen Teil der Zeit, welche ihm die Geschäfte der Landesverwaltung übrig ließen, das Jagdvergnügen in Anspruch. Die Jagd war damals bei fast allen Fürsten eine besondere Lieblingssache; wie sehr preist sie nicht der Landgraf Philipp von Hessen selbst in seinem Testamente an! »Die Wildfuhr«, sagt er, »ist gut, daß sie unsere Söhne hegen; denn hätte Gott kein Wildpret haben wollen, so hätte es seine Allmächtigkeit nicht in die Arche Noah's nehmen lassen. So ist's auch gut, daß sich die Herren zu Zeiten verlustieren, die sonsten mit schweren Geschäften beladen sind. Die Herren vernehmen auch viel mehr, wenn sie auf der Jagd und in Jagdhäusern sind, als wenn sie stets am Hoflager wären, können auch dadurch ihre Grenzen selbst wissen, was ihr ist; kann auch sonst mancher arme Mann vorkommen, der sonst nicht zugelassen würde«. Man sieht, wie sich in dieser Anpreisung des Nutzens die Lust zur Jagd ausspricht. Selbst Fürstinnen betrieben sie mitunter mit großem Eifer; wir wissen, daß die Königin Maria von Ungarn, Karls V. Schwester, eine leidenschaftliche Jägerin war, daß die Kurfürstin Anna, Witwe des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg, noch in ziemlich hohem Alter das Weidwerk unter ihre schönsten Vergnügungen zählte; daß die Königinnen Maria und Elisabeth von England sich zur Erholung gern mit der Jagd beschäftigten, und so, ihnen gleich, manche andere. Man hielt daher an Fürstenhöfen auch viel auf eine Anzahl guter Jagdpferde. Die besten wurden um diese Zeit in Preußen gezogen, weshalb sich die deutschen Fürsten, wenn sie daran Mangel litten, häufig an den Herzog von Preußen mit der Bitte um ein gutes Jagdpferd oder einen Jagdklepper, wie sie es nannten, wandten. So schrieb ihm Graf Georg Ernst von Henneberg, ein großer Freund der Jagd: »Es ist meine ganz fleißige und freundliche Bitte an Euere Liebden, sie wollen mir aus väterlicher freundlicher Meinung mit einem guten Jagdklepper zu Steuer kommen, da er recht frisch und gut sein möchte; auch wollte ich gerne, daß er eine gute Stärke hätte, damit ich zur Not meinen Harnisch darauf tragen könnte, denn hieraußen kann ich weder um gute Worte, noch um Geld einen bekommen;« und im Jahre 1559 wiederholte er eine gleiche Bitte: »Wir bedanken uns gegen Euer Liebden ihres freundlichen und willfährigen Erbietens, daß dieselben sich nach einem Jagdklepper umtun und uns denselben, so förderlich sie ihn bekommen, zuschicken wollen; nochmals freundlich bittend, dieweil wir jetzt dieser Landesart, wenn wir auch doppelt Geld darum geben wollten, doch nichts rechtschaffenes und tüchtiges von Pferden zuwege zu bringen zu wissen, Euer Liebden wollen Fleiß anwenden und uns einen gängen, feststehenden Jagdklepper verschaffen, denn wir haben jetzt nicht mehr denn einen Klepper, der wohl in die sechzehn Jahre alt und uns jetzt auch schadhaft geworden ist, in unserem Stalle. Wir sind dagegen erbötig, dieweil Euer Liebden, wie sie in ihrem Schreiben selbst anzeigen, mehrenteils auf einem Wägelein zu reisen pflegen, Euer Liebden mit einer ungarischen Kutsche, wenn anders derselben damit gedient wäre, wie wir sie zu Wege bringen können, zu versehen.« Ebenso wandte sich der Markgraf Johann von Brandenburg an den Herzog mit der Bitte: »Da wir eines guten Rittlings, eines Wallachen, zu unseren Lüsten zur Jagd und zum Weidwerk für unseren Leib zu gebrauchen nötig haben und hier solche nicht wohl anzutreffen sind, bitten wir demnach Euer Liebden mit allem freundlichen Fleiße, wo Euer Liebden mit guten Wallachen versehen wären, sie wolle uns mit dergleichen Pferden einem, der gewisser Beine, tauglich und gut sein möchte, versehen.« So klagte im Jahre 1537 auch Herzog Ulrich von Württemberg, daß in seinem ganzen Lande nichts taugliches von Jagdpferden zu bekommen sei; überhaupt kamen solcher Gesuche jährlich eine große Zahl an den Herzog von Preußen; denn bei den fortwährenden Kriegshändeln war oft weit und breit kein tüchtiges Jagdroß aufzutreiben. »Auch für Geld,« schrieb Herzog Johann von Jülich und Berg, »selbst um hundert Goldgulden, kann ich hier zu Lande kein Jagdpferd aufbringen.« Als sich daher Herzog Albrecht von Preußen an den Pfalzgrafen Otto Heinrich vom Rhein im Jahre 1539 wegen eines guten Hengstes wandte, gab ihm dieser die Antwort: »Wir sind, was Euer Liebden uns wahrlich glauben soll, dieser Zeit mit Hengsten dermaßen nicht versehen; so wissen wir auch, wie gerne wir es tun wollten, in unserer Landesart gar keinen solchen Hengst zuwege zu bringen, denn es ereignen und erzeigen sich jetzo die Läufe um uns so seltsam und geschwind, daß sich jedermann in trefflicher Rüstung hält, sich auch schon etliche Fürsten um Reiter und Gäule zum höchsten beworben haben, also daß niemand weiß, wo es hinauslaufen will.« Selbst in Mecklenburg war damals großer Mangel an guten Pferden, sodaß auch Herzog Heinrich der Friedfertige von Mecklenburg, obgleich er schon ein alter Herr war, aber dennoch große Lust zur Jagd hatte, sich wegen eines guten Jagdrosses an den Herzog von Preußen wenden mußte.
Bei dieser unter den Fürsten vorherrschenden Jagdlust legte man natürlich auch großen Wert auf gute Jagdhunde, weshalb sie auch häufig Gegenstand fürstlicher Geschenke waren. So sah es der Herzog Boguslav von Stettin im Jahre 1502 als ein sehr freundliches und wertvolles Geschenk an, als ihm der Hochmeister in Preußen, Herzog Friedrich von Sachsen, acht gut abgerichtete Jagdhunde zu seinem Vergnügen übersandte. An denselben Hochmeister wandte sich einige Jahre nachher auch sein Bruder, Herzog Heinrich der Fromme von Sachsen, indem er ihm schrieb: »Lieber Bruder! wir haben Euer Lieb in kurzverschienenen Tagen gebeten, uns ein Seil oder drei gute Jagdhunde zu schicken. Nun ist abermals unsere freundliche Bitte, Euer Liebden wollen uns mit drei oder vier Seilen Hunde, die da gut wären, bedenken und uns damit auf diesmal nicht verlassen, weil wir jetzt gar nichts von tauglichen Hunden haben, damit, wir wiederum jagen und Kurzweil haben mögen.« Der eifrige Weidmann Graf Georg Ernst von Henneberg verwandte wie auf alles, was das edle Weidwerk betraf, so auch auf das Abrichten guter Jagdhunde großen Eifer und Fleiß und versah daher auch viele Fürsten in Deutschland mit solchen Geschenken. So erfreute er im Jahre 1550 mit einigen auch den Herzog von Preußen und schrieb dabei: »Nachdem wir Euer Liebden hiervon etlicher Birschhunde, die den Schweiß jechen, Zusage getan, demzufolge überschicken wir Euer Liebden hiemit drei und wollen sonderlich Euer Liebden Merk zu geben befehlen lassen, daß, wo man verwundetes Wildpret hetzet, das weiße Hündlein mit den stumpfen Ohren, sobald es zu Fährten kommt, von Stund an laut jagt. So man aber haben will, daß das Wildpret nicht eher gejagt wird, bis es zu Gesicht gebracht ist, muß man die schwarze verschnittene Hündin hetzen. Was aber der dritte Birschhund, den uns unser lieber Herr und Oheim Herzog Johann Ernst zu Sachsen allererst zugeschickt, wiewohl er uns auch gelobt wird, für Tugenden an sich hat, können wir, weil er von uns unversucht geblieben ist, nicht schreiben. Wir achten aber dafür, genannten unseres Herrn und Oheims Anzeigen nach, sollte er nicht untauglich sein.« Am beliebtesten waren die englischen Hunde, die oft mit hohen Preisen bezahlt wurden; daher nahm es Herzog Albrecht von Preußen sehr hoch auf, als ihn einst der Graf Wilhelm von Nuenar mit einem Paar englischen Jagdhunden beschenkte, und noch mehr erfreute ihn der Herzog Georg von Liegnitz durch drei englische Hunde von ganz ausgezeichneter Schönheit. Häufig sandten auch englische Große deutschen Fürsten sogenannte englische Rüden zum Geschenk, die wegen ihrer Größe zur Jagd auf wilde Schweine und Bären abgerichtet waren. Selbst Fürstinnen machten sich mitunter das Vergnügen, jagdlustige Könige und Fürsten mit solchen Geschenken zu überraschen. So überschickt die Herzogin Dorothea von Preußen dem Könige von Polen einmal zwei schöne Leithunde, die sie zu diesem Zwecke aus Dänemark hatte kommen lassen. Bei einer schicklichen Gelegenheit läßt sie ferner dem Könige Christian von Dänemark drei Windhunde als Geschenk zuführen und schreibt ihm darüber: »Wir schicken Euerer königlichen Würde, damit dieselbe spüren, daß wir Ihrer nicht vergessen, zu Ihrer Ergötzlichkeit, nachdem dieselbe gute Lust zur Jagd hat, drei Windhunde, die uns von dem hochwürdigen hochgeborenen Oheim, Schwager und Bruder, Herrn Markgrafen Wilhelm, aus freundlichem Bedenken übersendet worden, welche, so lange sie bei uns gewesen und wir selbst angesehen, freudig sind, ganz freundlich bittend, Euer Kurfürstliche Würde wolle dieselben annehmen.«
Ganz besonders wurde die heutzutage ganz vergessene, im Mittelalter so allgemein beliebte Falkenjagd im sechzehnten Jahrhundert noch mit großem Eifer betrieben, und nicht blos bei Königen und Fürsten blieb sie um diese Zeit noch ein Lieblingsvergnügen, sondern auch Königinnen und Fürstinnen verkürzten sich gern ihre Stunden mit dem edlen Federspiel. Preußen hatte von jeher für die eigentliche Pflanzschule gut abgerichteter Jagdfalken gegolten und galt als solche in ganz Europa auch noch um diese Zeit; denn es gab nicht nur in Deutschland kaum einen einzigen Fürsten von einiger Bedeutung, den der Herzog von Preußen von Zeit zu Zeit nicht mit einem Geschenke von Jagdfalken erfreute, oder der sich solche von Preußen her nicht auf seine Kosten kommen ließ, sondern auch England, Frankreich und selbst Spanien wurden von da aus damit versorgt, und die zahlreichen verbindlichen Dankschreiben der Könige Heinrich VIII., Eduard VI., der Königinnen Maria und Elisabeth von England, der Herzöge von Somerset, Suffolk, Northumberland, der Könige Heinrich II., Franz II. und Karl IX. von Frankreich und mehrerer französischer Herzöge und Reichsgroßen, des Königs Philipp II. von Spanien bezeugen, wie erfreulich und angenehm es diesen Monarchen war, daß der Herzog von Preußen sie bisweilen mit den nötigen Jagdfalken versorgte; überall erwarb sich Albrecht durch solche Geschenke Gönner und Freunde; denn in allen diesen Briefen sprach sich der freudigste Dank, und die huldvollste Gesinnung aus, welche der Herzog dadurch erntete. Selbst Philipp von Spanien, der sonst nicht leicht einem ketzerischen Fürsten, wie Herzog Albrecht in seinen Augen war, ein freundliches Wort bot, schien sich zu freuen, wenn ihm dieser durch Übersendung einer Anzahl solcher Falken eine freundschaftliche Aufmerksamkeit bewies. Es ging kein Jahr vorüber, in dem Albrecht nicht einer Anzahl von Fürsten in und außerhalb Deutschland seine gewisse Zahl dieser Jagdvögel als Geschenk zusandte. Die ausgezeichnetsten und besten erhielten natürlich der Kaiser, der römische König und die vornehmsten Fürsten Deutschlands. Welchen Wert man darauf legte, beweist ein Schreiben des römischen Königs Ferdinand an den Herzog, worin jener sagt: »Da uns Deine Liebden die verschiedenen Jahre her zu unserer Ergötzlichkeit Falken verehrt, so sagen wir darum Deiner Liebden freundlichen und gnädiglichen Dank. Aber wiewohl uns Deine Liebden ohne Zweifel immer die schönsten und besten, die sie gehaben mochte, hat ausklauben lassen, so wollen wir doch nicht bergen, daß uns dieselben nicht fast (sehr) dienstlich gewesen, darum daß ihnen durch diejenigen, bei welchen dieselben uns zugeschickt wurden, nicht wohl gewartet worden ist; derhalb wir denn jetzo unserer eigenen Falkendiener einen zu Deiner Liebden abgefertigt haben, die Falken, die ihm Deine Liebden zustellenlassen wird, mit fleißiger, guter Wartung herauszubringen, an Deine Liebden gnädiglich und freundlich gesinnend, sie wolle ihm nicht allein zur Bekommung guter Falken verhelfen lassen, sondern auch Verordnung tun, wo etliche gute Geierfalken zu bekommen sind, daß ihm dieselben auch mitgeteilt werden. Daran tut uns Deine Liebden ein besonders angenehmes Wohlgefallen, welches wir gegen Deine Liebden mit Gnade und Freundschaft erkennen wollen, und sind derselben jederzeit gnädiglich und freundlich wohlgeneigt.« Auf diese Bitte des Königs sandte ihm der Herzog 28 der ausgezeichnetsten und schönsten Falken zu. Ferdinand bekam nachmals auch als Kaiser regelmäßig jedes Jahr zu seinem Jagdvergnügen zehn bis zwölf solcher Vögel zugeschickt, und als ihm einmal eine Sendung nicht ganz glücklich überliefert wurde, schrieb er dem Herzog: »Wiewohl wir von den zehn uns übersandten Falken nicht mehr als sechs empfangen (denn die übrigen des Boten Anzeige nach unterwegs verreckt sein sollen, welchem wir auch in Betracht der Unbeständigkeit des Wetters gnädiglich Glauben geben), so nehmen wir doch dieselben anstatt der völligen Anzahl zu besonderem gnädigen und freundlichen Wohlgefallen an und wollen sie zu unserer Lust und Ergötzlichkeit gebrauchen.« Auch Ferdinands Nachfolger, Kaiser Maximilian II. und Rudolf II. fanden am Federspiel großes Vergnügen und wurden ebenso von Preußen aus jedes Jahr mit den nötigen Jagdfalken versorgt. Unter den übrigen Fürsten in Deutschland mochten wenige der Jagd mit solcher Leidenschaftlichkeit ergeben sein wie Philipp der Großmütige von Hessen; denn er widmete ihr nicht nur die meisten Stunden seiner Erholung, sondern es fand bei ihm auch kein Hofvergnügen statt, das nicht mit einer Jagdpartie verbunden gewesen wäre, wobei es sich traf, daß man bei einer einzigen Hetze binnen einigen Tagen über tausend wilde Säue oder bei einem Treibjagen 150 Hirsche fing. Wie Philipp für sein Weidwerk von anderen Fürsten häufig mit den trefflichsten Jagdhunden beschenkt wurde, so versorgte ihn der Herzog von Preußen sehr oft auch mit den besten Jagdfalken; »denn da wir bisher gemerkt,« schrieb er ihm im Jahr 1539, »daß Euerer Liebden mit Zuschickung von Falken von uns angenehme und behagliche Willfahrung geschehen, solches auch von uns gegen Euere Liebden nicht anders denn freundlich, brüderlich und wohlgemeint ist, so sind wir hinfür Euerer Liebden in dem und viel mehren willfährige Dienste zu erzeigen ganz freundlich geneigt und begierig.« Philipp konnte daher tagelang in die übelste Stimmung versetzt werden, wenn einem seiner Falken durch den Träger ein Flügel zerbrochen oder sonst ein Unglück widerfahren war. Besonders waren es die rötlichen Jagdfalken, die er sehr liebte und um die er häufig bat. Mit nicht minderem Eifer betrieb die Falkenbeize auch der Erzherzog Karl von Österreich, des Kaisers Ferdinand I. jüngster Sohn; er sagt selbst in einem Dankschreiben an den Herzog von Preußen: »Wiewohl wir nicht wenig zu dergleichen Weidwerk mit Falken, als Euer Lieb zuvor wissen, besondere Lust und Neigung haben, und uns mit denen, welche uns Euer Lieb jetzt verschienenes Jahr geschickt, nicht wenige Zeit in Kurzweil hingebracht haben, so konnten wir hierin noch viel mehr Euer Lieb freundlichen geneigten guten Willen gegen uns spüren und vermerken.«
Bei dieser Liebhaberei an der Falkenbeize fand man an sehr vielen Höfen in Deutschland besondere Falkner angestellt, welche die Abrichtung und Wartung der Vögel zu besorgen hatten. Allein in Deutschland selbst waren gute Jagdfalken immer eine Seltenheit; denn die deutschen Falkner verstanden auch selten die nötige Pflege und zweckmäßige Abrichtung. Die Fürsten baten daher häufig den Herzog von Preußen entweder um Lehrmeister in diesem Fache oder sie sandten ihre Falkner nach Preußen, um Falken aufzubringen und deren Behandlung kennen zu lernen. Graf Georg Ernst von Henneberg schrieb daher einst dem Herzog: »Die weil bei Euer Liebden die Falken im Striche, der unseres Versehens bald angehen wird, leichter als hieraußen zu bekommen sind und wir täglich von vielen unseren guten Freunden und Herren um Falken angesprochen werden, denen wir viel Freundschaft damit erzeigen könnten und dieselben auch für uns selbst zu gebrauchen hätten, so ist unsere ganz freundliche Bitte, Euer Liebden wollen uns bei diesem Boten einen Reif oder eine Casel mit Falken, und wenn es nicht lauter Falken sein könnten, zum Teil mit Falken und zum Teil mit Blaufüßen zuschicken und diesen unseren Boten berichten lassen, wie dieselben gewartet werden, oder aber dem Boten einen, der damit umzugehen weiß, zuordnen, damit sie unverwahrlost uns zukommen möchten;« und in einem anderen Schreiben des Grafen heißt es: »Euer Liebden wissen ohne Zweifel wohl, daß unser gnädiger lieber Herr und Vater bisher allwege und noch zur Zeit gute Lust und sein bestes Kurzweil mit Jagen und mit allem Weidwerk, auch unsere junge Gemahlin und wir ganz große Lust und Wohlgefallen zum Weidwerk haben. Da wir nun jetzund kurzverrückter Zeit einen Falkner bekommen haben, dem noch etliche Falken mangeln, hieraußen aber sehr schwerlich solche zu erhalten sind, so ist unsere freundliche Bitte, Euer Liebden wollen uns zu Gefallen sein und uns alle Jahr einen Reif Falken herausschicken.« Unter den brandenburgischen Fürsten war besonders der Markgraf Georg der Fromme zu Ansbach ein großer Jagdfreund, namentlich auch mit der Falkenbeize, weshalb ihn sein Bruder, der Herzog von Preußen, auch jedes Jahr mit den besten Jagdvögeln erfreute. Selbst geistliche Fürsten, wie der Erzbischof Albrecht von Mainz, der Administrator des Stiftes zu Worms und Heinrich, Propst zu Ellwangen, ließen sich häufig Jagdvögel aus Preußen bringen und verkürzten sich die Zeit mit dem Federspiel, und endlich vergnügten sich häufig auch Fürstinnen, wie die Königin Maria von Ungarn, die Landgräfin Anna von Hessen, Wilhelms II. Gemahlin, die verwitwete Markgräfin Anna von Brandenburg und mehrere Gräfinnen von Henneberg mit der Falkenjagd.
Natürlich waren bei dieser Jagdliebe der Fürsten auch die Jagdgeräte Gegenstände, auf die man großen Wert legte und mitunter bedeutende Kosten verwandte, weil man sie immer so künstlich und gut als möglich zu erhalten suchte. Man bediente sich zwar schon der Büchsen zur Jagd, wovon die besten in Augsburg verfertigt wurden; allein teils war man mit diesen Jagdgewehren nicht recht geübt, teils ihr Gebrauch beschwerlich, teils konnte man selten eine gute Jagdbüchse oder nur unter so großen Kosten erhalten, daß man sich auf der Jagd immer noch gern der Armbrust bediente. Da diese »Birsch-Armbrüste« häufig Gegenstände der Beschenkung unter Fürsten waren, so wurde auf ihre Anfertigung großer Fleiß verwandt. So erhielt der Herzog von Preußen vom Grafen Wilhelm von Henneberg und dessen Tochter, der Gräfin von Schwarzburg, zwei Birsch-Armbrüste als Geschenke, die, mit dem gräflichen Namenszug ausgeschmückt, von ganz besonderer Schönheit waren. Ein gleiches Geschenk übersandte bald darauf auch des Grafen Wilhelm Sohn, der jagdlustige Graf Georg Ernst, der dem Herzog schrieb: »Nachdem wir uns hin und wieder besonnen, was doch Eurer Liebden wir aus unserer Herrschaft, darob dieselben ein freundliches Wohlgefallen haben möchten, zuschicken sollten, aber bei uns dergleichen nicht erdenken konnten, hat sich zugetragen, daß der hochwürdige Herr Hermann, weiland Erzbischof und Kurfürst zu Köln, uns eine Armbrust mit ihrem Geschosse und Zubehörungen zugeschickt. Als wir denn von Eurer Liebden erfahren, daß in derselben Landesart solche Geschosse seltsam sind und Euer Liebden zu Armbrüsten eine sonderliche Lust haben sollen, überschicken wir hiermit solche Armbrust mit Winden samt einem Köcher mit Straelen zum hohen Wildpret, auch einer Lade mit Meißeln, die zu Kranichen, Gänsen, Trappen, Schwänen, Entvögeln, Birk- und Auerhähnen, auch zu Rehen und zur Notdurft zum hohen Wildpret zu gebrauchen sind; schicken auch daneben eine unterstützende Gabel, welch obgenannter Herr Hermann, damit wir seiner Liebden ganz geneigten Willen desto besser spüreten, mit eigener Hand gemacht hat. Dieselbe mögen Eure Liebden, so sie birschen wollen, an den Hals über den Leib herabhängen. Sie wird Eurer Liebden zum Stätschießen und Halten hoch dienstlich sein, und wollen Eure Liebden einen Diener schicken, der wird, wie die Gabel zu gebrauchen sei, genügsamen mündlichen Bericht tun; und dieweil Eure Liebden zu solchem Lust haben, erbieten wir uns, da sie eines Armbrustmachers und Geschoßdrehers bedürftig wären, wollten wir möglichen Fleiß fürwenden, daß wir etwa einen jungen, dieses Handwerks erfahrenen Gesellen Eurer Liebden austreten.« Einen solchen Armbrustierer oder Geschoßdreher hatte in der Regel jeder Fürst, der sich mit der Jagd beschäftigte, an seinem Hof. Die besten Birsch-Armbrüste aber wurden in Nürnberg verfertigt und von dort an die Fürstenhöfe zum Verkauf versandt. Auch mit Weidmessern, Hirschspießen, Schweinspießen, Werfeisen und anderen zur Jagd dienlichen Geräten erfreuten sie einander oft durch gegenseitige Geschenke, und auch diese wurden so säuberlich wie möglich gemacht und schön verziert. Graf Wilhelm von Henneberg, der einst den Herzog von Preußen mit einem solchen Jagdgerät beehrte, schrieb darüber: »Unser Sohn Graf Ernst hat uns berichtet, daß Eure Liebden gern ein gutes Weidmesser haben wollten; so wollen wir derselben zwei auf nächstkünftige Neujahrsmesse gen Leipzig schicken, deren eins uns Herr Konrad von Beymelburg, der kleine Hesse genannt, gesandt hat; das mögen Eure Liebden auf das Weidwerk gebrauchen und hat unten ein kleines silbernes Öhrband. Das andere ist für einer rittermäßigen Mann, wie Eure Liebden ist, mit Silber zugerichtet. Dazu hat auch unser Sohn gebeten, Eurer Liebden ein Hirschspießlein, das auch zum Werfen an die Auerochsen tauglich sein möchte, zu bestellen, welches wir jetzund auch gern mitgeschickt hätten, hat aber solches Eisen wegen großer Kälte und Frost, da kein Hammer und Schleifwerk bei uns geht, nicht gemacht werden können.«
Zum fürstlichen Vergnügen gehörte auch ein Tiergarten. Allein man begnügte sich nicht damit, einheimische Tiere zusammenbringen und einhegen zu lassen, sondern trieb eine Art von Luxus, indem man ausländische Tiere von weither kommen und in die Tiergärten einpferchen ließ. Man erbat sich von anderen Fürsten Tiere von allerlei Gattungen, um den Tiergarten damit anzufüllen, und Preußen galt für das Land, welches die meisten seltenen Tierarten liefern konnte. Schon im Jahre 1518 ließ sich der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg vom Hochmeister in Preußen einen Auerochsen zusenden, um ihn als seltenes Schaustück in seinem Tiergarten aufzunehmen; an ihn wandte sich auch der Graf Wolfgang von Eberstein mit einer Bitte. »Ich habe,« schrieb er ihm, »vor etlichen Jahren ein Tiergärtlein angerichtet, darin mir von allerlei Wildpret von königlichen, kurfürstlichen und fürstlichen Potentaten allerlei gnädigste Beförderung geschehen, und worin ich auch gerne Elende haben möchte. Weil denn die in Deutschland nirgends als im Lande Preußen zu bekommen sind, so bitte ich um ein paar Elende in berührten Garten.« Auch der Erzherzog Ferdinand von Österreich, Kaiser Ferdinands I. Sohn, fand an fremdem Wilde und ausländischen Tieren großes Wohlgefallen. Um seinen Tiergarten in Prag, wo er sich viel aufhielt, mit einigen seltenen Gattungen zu bereichern, wandte er sich im Jahre 1558 ebenfalls an den Herzog von Preußen. Er schrieb ihm: »Nachdem sonder Zweifel in Euer Liebden Landen Elend und wilde Rosse zu bekommen sind, und dieweil denn nach dergleichen Tieren, die man in diesen Landen nicht hat, von Seltsamkeit wegen zu halten unser Verlangen steht, so gesinnen wir an Euer Liebden freundlich, sie wolle ihr unbeschwerlich sein lassen, uns in diesem Falle freundlich zu dienen und beiderlei derselben Geschlecht, Weiblein und Männlein, etliche Paare zu bekommen Fleiß gebrauchen, auch uns alsdann dieselben etwa mit einer vertrauten Person, die mit ihnen in der Wartung und in andere Wege umzugehen wisse, hierher zu schicken. An dem werden uns Euer Liebden einen besonderen annehmlichen und freundlichen Gefallen erweisen; und wo Euer Liebden uns hinwiederum um dergleichen Sachen, so bei Euer Liebden seltsam und in dieser Landesart zu bekommen sind, ansprechen und wir damit werden dienen können, wollen wir uns gegen dieselben alles freundlichen und dienstlichen Willens Gefallen erzeigen.«
Außer diesen Elendtieren, die man auch gern zu zähmen suchte, waren es vorzüglich wilde Pferde und Auerochsen, die man sich vom Herzog Albrecht zur Ausstattung der fürstlichen Tiergärten erbat oder die jener auch als Geschenke fremden Fürsten zusandte. So verdiente er sich vom Kaiser Ferdinand I. einst großen Dank, als er diesem zwei sehr schöne wilde Rosse, einen Beschäler und eine Stute, überbringen ließ. Indessen fingen die wilden Pferde in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts auch in Preußen an, immer seltener zu werden, und es war daher im Jahre 1566 dem Herzog nicht möglich, des Erzherzogs Ferdinand Bitte um ein neues wildes Roß zu erfüllen. Dagegen erneuerte dieser das Gesuch an Albrecht: »Wofern es Euer Liebden unbeschwerlich und mit derselben Gelegenheit geschehen möchte, sie wollen uns sechs junge Aueröchsle, darunter zwei Stierle und vier Kälber, lebendig auffahen und zuwege bringen lassen; denn dieser Briefzeiger sich gegen uns erboten hat, daß er Wege und Mittel wohl wissen und anstellen wolle, uns dieselben Aueröchsle also lebendig und ohne Schaden, auch wohl in unsere oberösterreichischen Lande zu bringen.« Da diese Tiere jung eingefangen werden mußten, so mißglückte oft ihre Pflege, ehe ihr Transport geschehen konnte. So hatte im Jahre 1541 Herzog Wilhelm IV. von Bayern den Herzog von Preußen um einen Auerochsen, eine Auerkuh, ein Elend und eine Elendkuh gebeten. Dieser erwiderte ihm indes: »Wir haben nach solchen Auern und Elenden viel getrachtet und zum Teil dieselben auch vor die Hand bekommen; aber wir haben das Glück, unseren geneigten Willen zu vollbringen, noch zur Zeit niemals bekommen können, denn sie allwege wieder, ehe es mit ihnen so weit gekommen, daß man sie hätte wegschicken können, gestorben sind.« Es kamen ferner auch nicht selten Fälle vor, daß die Tiere auf dem weiten Transport nach Deutschland zu Grunde gingen. Otto Heinrich, Pfalzgraf vom Rhein, der ein ganz besonderes Wohlgefallen an solchen seltenen Tieren fand, meldete dem Herzog von Preußen im Jahre 1533 nicht ohne Trauer, daß von den beiden ihm zugeschickten jungen Elenden leider »das Männle«, als es bis auf vierundsechzig Meilen Wegs von Königsberg gekommen und »das Fräule« bis achtundzwanzig Meilen, von hinnen gestorben sei. »Dieweil wir denn,« fährt er fort, »dergleichen Vieh und Tiere je gern ein Paar haben wollten, so haben wir dem Hauptmann zu Preußisch-Eylau, unserem lieben besonderen Fabian von Lehendorf, um zwei junge Mann und Weible geschrieben;« und in einem anderen Schreiben dieses Fürsten heißt es: »Nachdem wir zu seltsamen Dingen eine besondere Lust, Begierde und Neigung haben, so ist an Euer Liebden unsere freundliche Bitte, sie geruhe, uns zu schwägerlichem Gefallen Fleiß führkehren zu lassen, uns einen Auerochsen und eine Kuh, ferner ein wildes Roß und eine Stute zuwege zu bringen, und wiewohl uns hievor durch Euer Liebden Förderung ein Paar Elende zugeschickt worden, so sind sie doch, ehe uns dieselben zugekommen, auf dem Wege gestorben, und ist demnach, abermals unser schwägerliches Gesinnen, Euer Liebden wolle uns ein ander Paar Elende erobern lassen, und wenn das alles bei einander, es uns auf unsere Kosten gen Neuburg zuschicken.« Wie der Pfalzgraf Otto Heinrich, so erhielten von Zeit zu Zeit auch der Markgraf Joachim I. von Brandenburg, der gleichfalls solche »Seltsamkeiten« sehr liebte, der Herzog Wilhelm von Bayern, der Herzog Georg von Liegnitz oder der Landgraf Philipp von Hessen bald Auerochsen und wilde Pferde, bald einige Elendtiere für ihre Tiergärten zugesandt. Andere Fürsten wie Herzog Adolf von Holstein, der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, ließen sich von Preußen Hirschkälber für ihre Wildbahn kommen. So wandte sich des letzteren Gemahlin, die Herzogin Anna Sophia, eine geborene Markgräfin von Brandenburg, einmal selbst an den Herzog Albrecht, indem sie ihm schrieb: »So viel wir durch den Hochgeborenen Fürsten, unseren freundlichen und herzliebsten Herrn und Gemahl, Herzog Johannes Albrecht, erinnert sind, bei Euer Gnaden von seiner Liebden wegen um etliche Hirschkälber freundlich anzulangen, so können wir auf hochgedachtes unseres geliebten Herrn und Gemahls Anzeigen Euer Gnaden kindlich und freundlich nicht verhalten, daß derselbe zur Besetzung seiner Wildbahn etliche Hirschkälber gern haben möchte. Derwegen bitten seine Liebden ganz freundlich und wir für unsere Person auch kindlich mit Fleiß, Euer Gnaden wollen aus väterlichem guten Willen unseren geliebten Herrn und Gemahl mit etlichen Hirschkälbern väterlich und freundlich versehen, dieselben zu rechter Zeit auffangen und seiner Liebden hereinschicken lassen. Desgleichen bitten wir für unsere Person auch freundlich, wo Euer Gnaden gegen die Zeit einige Elendskälber bekommen, sie wollen uns den väterlichen Willen bezeigen, damit wir von denselben als unser eigen Wildwerk väterlich mögen versehen werden. Für unsere freundliche liebe Schwester, das Fräulein, aber bitten wir freundlich, wo das Auerkalb, welches vor einem Jahr in Euer Gnaden Wildnis gefangen, noch bei Leben ist, daß es ihrer Liebden auch überschickt werde.« Albrecht sandte dem Herzog von Mecklenburg zwölf Stück junges Wild zum Geschenk. Auch geistliche Fürsten ersuchten den Herzog von Preußen häufig bald um diese, bald um jene Wildgattung; so bat der Bischof Martin von Kamin um einige junge Elendtiere, weil er, wie er sagt, oft von großgünstigen Herren und vertrauten Freunden besonders um solche, die zur Zucht dienlich seien, ersucht werde, und der Erzbischof Albrecht von Mainz freute sich ungemein, als ihm der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg im Namen des Herzogs von Preußen einen großen und prächtigen Auerochsen zusandte, der, wo er gesehen wurde, Gegenstand der Bewunderung war.
Fürsten, die in ihren Landen keine Tiergärten hatten, suchten ihre Schaulust an solchen seltenen Tiergattungen auf andere Weise zu befriedigen; sie ließen ihre Schlösser und Jagdhäuser oder wenigstens einige Zimmer mit den Geweihen und Hörnern fremder Tiergattungen ausschmücken, da diese damals als ein kostbarer und schöner Zimmerschmuck galten; je kolossaler sie waren, je zahlreicher und breiter die Enden oder Stangen und Scheiden an den Hirschgeweihen, desto höher wurden sie geschätzt. Auch diesen Jagdschmuck suchte man vorzüglich aus Preußen zu erhalten. So wandte sich im Jahre 1537 der Markgraf Georg von Brandenburg, Herzog von Jägerndorf, an den Herzog Albrecht mit den Worten: »Wir geben Euer Liebden freundlicher Meinung zu erkennen, daß wir jetzt in einer unserer Städte ein neues Haus aus dem Grunde von unserem Einkommen aus den schlesischen Fürstentümern zum Teil erbaut und mit Gottes Hilfe vollends erbauen wollen, das wir inwendig gern mit hübschen Hirsch- und anderen Gehörnen, wie wir die bekommen mögen, zieren lassen wollten. Da wir nun wissen, daß Euer Liebden sehr schöne und große Elendsgehörne zuwege bringen mögen und vielleicht haben, so ist an Euer Liebden unsere ganz freundliche Bitte, sie wolle uns auch zu einer Steuer in solches neue Schloß mit einem Paar hübscher Elendsgehörne von vier Stangen zu Hilfe kommen; die wollen wir von Euer Liebden wegen aufmachen lassen und es dazu gegen Euer Liebden ganz freundlich verdienen.« Ebenso wandte sich der Pfalzgraf Georg Hans vom Rhein an den Herzog um einige schöne Hirsch- und Elendsgeweihe zum Schmuck seines Schlosses, und Herzog Johann Wilhelm von Weimar schrieb im Jahre 1555 an ihn: »Nachdem wir in Erfahrung gekommen, daß Euer Liebden vor anderen Kurfürsten und Fürsten mit schönen und großen Hirschgehörnen, so in Euer Liebden Wildbahnen und Wildnissen gefangen, versehen sein sollen, und weiland unser gnädiger, lieber Herr und Vater im verlaufenen Kriege und der erbärmlichen Niederlage um alle große Hirschgehörne, die seiner Gnaden von Herren und Freunden geschenkt worden oder sonst gehabt, gekommen ist, so gelangt an Euer Liebden von uns und unserer freundlichen lieben Brüder wegen unsere freundliche Bitte, Euer Liebden wolle uns mit etlichen schönen und großen Hirschgehörnen freundlich bedenken und beehren.« Als sich im Jahre 1569 der Kurfürst August von Sachsen ein neues Jagdhaus erbaute, ersuchte er, um dieses mit allerlei schönen Gehörnen zieren zu lassen, den Herzog Albrecht ebenfalls um eine Anzahl großer Elends- und Hirschgeweihe, mit der Zusicherung, was der Herzog ihm zuschicken werde, solle zu dessen Ehre und dankbarem Gedächtnis in dem Haus angebracht werden. Ebenso bat der Graf Franz von Thurn aus Prag: weil er von allen christlichen Potentaten allerlei Wildgestämm zusammenbringe, um eines seiner Schlösser damit zu zieren, so möge auch er ihm mit einem Elends- oder Hirschgestämm zu Steuer kommen. Die Elendsgeweihe wurden häufig an Köpfen angebracht, die man dazu aus Holz schneiden ließ; ein solches Geschenk erhielt auch der Erzherzog Ferdinand von Österreich für sein Schloß in Prag. Man ließ ferner auch die Schlösser oder doch einige Zimmer nicht selten mit Darstellungen solcher fremden und seltenen Tiergattungen ausschmücken und die Zeichnungen oder Gemälde dazu – Konterfeiungen oder Konterfecte, wie man es nannte – aus Preußen kommen. Um aber diese bildlichen Darstellungen der Natur so getreu als möglich zu machen, wurden die Köpfe der Tiere mit den natürlichen Geweihen geschmückt, oder auch ganze Tierköpfe, die man ausgetrocknet, an die Gemälde angesetzt. So sandte der Herzog von Preußen dem Grafen Wilhelm von Henneberg im Jahre 1533 einige Abbildungen oder Konterfecte von Auerochsen und Elendtieren zu, und im Jahre 1544 schrieb ihm derselbe Graf: »Dieweil wir Euer Liebden schon angezeigt, daß wir unser Schloß zu Schleusingen schier gar von neuem gebaut haben, darein wir gern viel seltsamer Tiere wollten malen lassen, haben wir Euer Liebden gebeten, daß sie uns mit zwei Paar großen Auerochsenhörnern, die mit den Hirnschalen ausgehauen wären und bei einander blieben, beehrten; wir haben auch noch Kinnbacken, die Euer Liebden unserem Sohn, Graf Georg Ernst, von Auerochsen geschickt haben; die wollten wir in unser neues Gemach also malen lassen und die Gehörne dazu gebrauchen. Bitten Euer Liebden auch ganz freundlich, nachdem sie uns hiebevor Abconterfeiung von Elend und Auerochsen zugeschickt, dieselbe wolle sich um unseretwillen unbeschwert lassen finden und der wilden Pferde ein Hengstlein und Mütterlein abmalen lassen, daneben, wo es möglich sein kann, ein Auerochsengehörn mit dem Schädel wie ein Hirschgehörn aushauen lassen und mit gedachter Abconterfeiung zufertigen.« Einige Jahre später erhielt Graf Georg Ernst von Henneberg auch ein Konterfei von einer wilden Koppel, worüber er eine große Freude hatte. So bat sich der Pfalzgraf Otto Heinrich vom Rhein zwei große Elendsfüße aus, die, wie er sagt, dermaßen gestaltet sein möchten, daß sie zu einer Schönheit und Zierde in einen Saal gehängt werden könnten. Auch Lusthäuser in Gärten wurden mit solchen Hörnern und Geweihen vielfältig ausgeschmückt; als im Jahre 1563 ein solches Herzog Johann Wilhelm von Weimar erbaute, ließ er sich dazu die schönsten Hirsch- und Elendsgeweihe aus Preußen kommen.
Vorzüglich gern hielten sich die Fürsten in ihren Tiergärten und auf ihren Jagdschlössern zur Zeit der Hirschbrunst auf und luden dann dahin gewöhnlich auch mehrere der benachbarten Fürsten ein. Man verkürzte sich die Zeit durch allerlei Ergötzlichkeiten und Weidmannsvergnügungen, so daß diese fürstlichen Zusammenkünfte immer als eine angenehme Freudenzeit geschildert werden.
Neben dem Jagdvergnügen gehörte auch die Pferdeliebhaberei zu den Ergötzlichkeiten des fürstlichen Lebens. Jeder Fürst hatte seinen oft nicht unansehnlichen Marstall, mancher auch noch ein besonderes Pferdegestüt. Dennoch klagten die meisten deutschen Fürsten über nichts häufiger als über den Mangel an guten und brauchbaren Reitpferden, selbst in Gegenden, wo man solchen kaum erwarten sollte, wie in Mecklenburg. Man mußte daher die besten Reitpferde aus dem Auslande kommen lassen; noch im Jahre 1580 mußte sich der Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg an die Königin von England wenden, um einige ganz gute Reitpferde zu erhalten. Außer England galt Preußen für das Land, woher man die besten Pferde ziehen konnte. Der Herzog Albrecht erhielt daher auch jedes Jahr eine Menge von Bittschreiben teils von Fürsten, teils von anderen Personen, die seine Güte und Gefälligkeit in Anspruch nahmen; und während er selbst seine besten Zuchthengste aus Deutschland zog oder sie häufig von deutschen Fürsten, bald vom Landgrafen Philipp von Hessen, vom Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, bald von anderen zum Geschenk bekam, versorgte er diese wieder mit hübschen Wallachen, tauglichen Jagdrossen oder sanften Zeltern. Im Jahre 1532 wandte sich der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen an Albrecht mit der Bitte um ein türkisches Pferd; diesem indes war es nicht möglich, den Wunsch des Fürsten zu erfüllen; er schickte ihm statt dessen einen sehr schönen »Wettläufer«. Und als er nach einigen Jahren vom Markgrafen Georg von Brandenburg ein schönes türkisches Roß, daß dieser aus dem Türkenkriege mitgebracht, zum Geschenk erhalten hatte, besaß er es kaum zwei Jahre, indem er es auf dringende Bitten dem Landgrafen Georg von Leuchtenberg als Leibpferd schenkte. Am häufigsten ersuchten ihn die deutschen Fürsten um Wallache, hochtrabende Zelter, podolische und polnische Rosse. So schrieb unter anderen Herzog Franz I. von Sachsen-Lauenburg im Jahre 1532: »Euer Liebden tragen für sich selbst gut Wissen, daß der jungen Reiter Notdurft erfordert, sie mit gewissen und wohltrabenden Pferden zu versorgen, bis sie in Übung und Reitererfahrung kommen. Dieweil wir denn jetzund unser Hofwerk erst anschlagen und mit solchen Pferden nicht genugsam versorgt sind, sie auch dieses Orts nicht füglich zu bekommen wissen, aber von den Wallachen Bericht empfangen, daß dieselben vor anderen Pferden geschickt sein sollen, so bitten wir gar freundlich: Euer Liebden wolle uns zu solchem unsern angefangenen und ersten Hofwerk mit einem guten Wallachen freundlich bedenken«. Der Pfalzgraf vom Rhein, Friedrich III., bat um einen podolischen zeltenden Klepper, weil er nur zeltende Rosse reiten konnte. Wie schwer es hielt, gute Reitpferde aufzubringen, bezeugt ein Bittschreiben des Herzogs Johann Friedrich des Mittleren von Sachsen-Weimar, wo dieser sagt: »Wir geben Euer Liebden freundlicher Meinung zu erkennen, daß wir eine Zeit her an guten, tauglichen Pferden für unseren Leib großen Mangel gehabt und noch haben, können auch bei aller gehabten Nachforschung und angewandtem Fleiße deren keine, da wir gleich dieselben teuer genugsam bezahlen wollten, erlangen, noch zu Wege bringen«. Die Landgräfin Anna von Hessen, an die sich der Hochmeister Albrecht im Jahre 1517 wegen eines guten Hengstes gewandt hatte, schrieb diesen Mangel an guten Pferden den kriegerischen Zeitereignissen zu, indem sie ihm erwidert: »Ich wäre wohl geneigt und ganz begierig, Euer Liebden mit einem guten währlichen Hengst zu versehen, darauf dieselbe sonderlich Glück und Sieg haben möge. So ereignen sich die Kriegsläufte in diesen Landen dermaßen, daß ich auf diesmal, als ich gerne tun wollte, keinen bekommen mag. Aber damit doch Euer Liebden meinen geneigten guten Willen spüren möge, so schicke ich derselben einen jungen Hengst von fünf Jahren, den ich selbst gezogen, gliedganz und von der besten Art, so in diesen Landen ist, genannt der Zappenburger, den ihres Gefallens zurichten zu lassen, versehe ich mich auch gänzlich, er solle rechtschaffen werden, weil ich ihn unter vielen ausgezogen habe, und wollte gar gerne, daß er Euer Liebden dermaßen gefallen und geraten möchte, wie ich ihn derselben gönne.«
Während der Fürst sich bald auf der Jagd, bald mit seinen Pferden oder auf andere Art vergnügte, beschäftigte sich die Fürstin gern mit den Dingen der Hauswirtschaft. So besorgt die Herzogin von Preußen – und ihr Beispiel mag für manches andere gelten – selbst ihren Flachs und Leinwand aus Littauen; sie selbst bestellt bei dem Burggrafen von Tilsit fünfzehn Schock Garn zu ihren Bedürfnissen; sie selbst verschreibt ihre gute venetianische Seife aus Polen, ihre Nesselleinwand, ihr Gold und Silber, das sie einnähen will, aus Nürnberg; sie bestellt es beim Kaufmann selbst, wenn sie etliche Schleier, Samt oder Borten bedarf, und wenn sie nicht das nötige Geld hat, läßt sie sich mit dem Verkäufer wohl auch in einen Honigtausch ein. Sie besorgt es, wenn in die Küche trockener Lachs und Fische geliefert werden sollen, nimmt von der Frau von Heideck zwei ihr als Geschenk angebotene fette Schweine an, schreibt an den Amtmann zu Ragnit um eine Tonne Butter. Sie bestellt es selbst bei Georg Schultheß in Nürnberg, daß er ihr aus Frankfurt Weintrauben, frische Kastanien, Mispeln und Quitten schicken möge. Daneben vergnügt sie sich gern mit ihrem spanischen Hündchen, das sie aus Kopenhagen hat kommen lassen, oder amüsiert sich mit ihrem Papagei, sucht einen anderen abzurichten und einige Worte plaudern zu lehren; aber das Tier ist oft so böse, daß sie zuweilen alle Geduld verliert.
Einen großen Teil der Zeit, welche die Fürsten nicht entweder auf politische Verhandlungen, auf ihre Landesverwaltung oder ihre Vergnügungen und Festlichkeiten verwandten, nahm die unter ihnen stattfindende Korrespondenz hin. So schwierig und kostbar es damals auch war, Briefe an entfernte Orte zu befördern, da man sich beim Mangel einer Posteinrichtung meist besonderer Briefboten bedienen mußte, so bestand unter den meisten Fürsten dieser Zeit doch in der Regel eine ziemlich lebendige briefliche Mitteilung. Selten indes faßten die Fürsten ihre Briefe selbst ab, weil sie gewöhnlich eine sehr schlechte Hand schrieben und das Schreiben ihnen überhaupt nicht leicht vonstatten ging. Sie diktierten sie meistens ihren Sekretären, und unterzeichneten dann nur ihre Namen und Titel, bisweilen auch diese nur mit den Anfangsbuchstaben. Nur hie und da fügten sie eigenhändig einige Zeilen bei. Bei Kaisern und Königen wurde die eigenhändige Unterschrift erst mit dem Anfange des sechzehnten Jahrhunderts gebräuchlich. Der Kaiser Maximilian indes unterschrieb noch seinen Namen nicht immer, sondern häufig bloß die Worte: p. regem p. m. Öfter schon findet man die eigenhändige Namensunterschrift unter Karls V. Schreiben, und unter den nachfolgenden Kaisern Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II. war sie ganz gewöhnlich. Fremde Könige fügten ihrem Namen häufig noch einen freundschaftlichen Ausdruck bei. Fürsten aber, die sich einander näher standen, schrieben einander bisweilen eigenhändig, oder entschuldigten sich wenigstens, daß sie nicht mit eigener Hand geschrieben hätten. So heißt es in einem Briefe des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen an den Herzog von Preußen: »Wiewohl wir willens gewesen, Euer Liebden wiederum mit eigener Hand zu antworten, so sind wir doch diesmal mit vielen Sachen beladen gewesen, daß wir dazu nicht haben kommen mögen. Zudem so sind wir an der Handschrift nicht ein so guter Schreiber als Euer Lieb, darum wir besorgt haben, Euer Liebden möchten vielleicht dasselbe nicht lesen können, freundlich bittend, Euer Liebden wolle solches von uns nicht unfreundlich vermerken, sondern uns darin entschuldigt haben«.
Im Briefstil herrschte unter den Fürsten, selbst auch unter den befreundetsten, große Steifheit und ungeschickte Künstlichkeit, viel schwerfällige Ziererei und manieriertes Wesen, besonders wenn die Abfassung der Briefe den an steifen Kurialstil gewöhnten Sekretären überlassen war. Des traulichen »Du« bedienten sich in Briefen nicht einmal Brüder und Eheleute gegen einander; man findet die Anrede »Du« nur in kaiserlichen und königlichen Schreiben, wo es auch selbst gegen Herzöge gebräuchlich war oder in die Anrede »Deine Lieb« oder »Deine Liebden« verwandelt wurde. Kaiser Maximilian I. und Karl V. reden die Herzöge fast nie anders als mit »Du« an, Ferdinand I. dagegen, Maximilian II. und Rudolf II. bedienen sich in der Regel der Anrede »Deine Lieb«. Königinnen aber schreiben gewöhnlich an fürstliche Personen »Euere Lieb« oder »Euere Liebden«. Diese Anrede, meist bloß durch die Buchstaben E. L. ausgedrückt, war unter Fürsten, selbst wenn solche niederen Ranges an höhere schrieben, die gebräuchlichste; sogar Brüder und Ehegatten redeten sich in Briefen auf diese Weise an und bedienten sich der Worte »Seine Liebden« oder »Ihre Lieb« auch, wenn sie von einander zu einem dritten sprachen. Schon diese immer wiederkehrende Anrede gab der brieflichen Unterhaltung etwas Schleppendes und Gedehntes. Man hielt aber auch viel auf Titulaturen und konventionelle Benennungen. Kaiser, Könige und Königinnen setzten jederzeit ihre Namen und Titel in Briefen obenan und redeten dann den Fürsten, an den sie schrieben, in konventionellen Titeln und Benennungen an; so nennt der Kaiser Maximilian I. nach seinem vorangesetzten Titel den Herzog Boguslav von Pommern: Hochgeborener lieber Oheim und Fürst. Das Prädikat »Hochgeboren« gaben sich damals gegenseitig überhaupt alle Fürsten, und mit den Verwandschaftsbenennungen »Oheim, Schwager und Bruder« begrüßten sich häufig auch solche, die entweder garnicht oder doch bei weitem nicht so nahe verwandt waren. So nennt, der römische König Ferdinand den Herzog von Preußen: Hochgeborener lieber Schwager und Fürst, zuweilen auch Oheim; Maximilian II. und Rudolf II. nennen ihn bald bloß Oheim, bald Oheim und Schwager, aber ebenso titulieren ihn der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, die Herzöge Johann Ernst von Koburg, Erich von Braunschweig, Ulrich von Württemberg oder Friedrich von Liegnitz. Die konventionellen Benennungen wurden meistens neben dem vollständigen Titel des Fürsten auch auf der Adresse des Briefes mit angebracht, so daß auf den Briefen Philipp's von Hessen an Herzog Albrecht von Preußen die Aufschrift also lautet: »Dem Hochgeborenen Fürsten Herrn Albrechten Markgrafen zu Brandenburg, in Preußen, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden Herzogen, Burggrafen zu Nürnberg und Fürsten zu Rügen, unserem freundlichen lieben Oheimen, Schwager und Bruder.«
Was den Inhalt dieser brieflichen Mitteilungen betrifft, so war er natürlich sehr verschiedenartig, je nach den mannigfaltigen Verhältnissen, in denen die Fürsten zueinander standen und nach den Zeiten, in denen sie einander schrieben, indessen läßt er sich doch unter gewisse Gesichtspunkte zusammenfassen. Zuweilen nämlich waren es bloß sogenannte Muster Worte, die man sich gegenseitig schrieb. Man verstand darunter freundschaftliche Begrüßungen und Erbietungen zu allerlei Gefälligkeiten, Erkundigungen über Gesundheit und das Wohlergehen der Familienangehörigen, Mitteilungen von Familienverhältnissen, Bezeigungen von Teilnahme an Familienereignissen, freundliche Wünsche für das Wohlbefinden des fürstlichen Hauses, also mit einem Worte, freundschaftliche Mitteilungen, die das nächste persönliche Interesse der Fürsten und ihrer Angehörigen betrafen.
Hierher gehört auch die damalige Sitte der Fürsten, in ihren Briefen sich gegenseitig ein freundschaftliches Prosit, oder einen guten Trunk, wie sie es nannten, entgegenzubringen, worauf man sich dann Bescheid tat, was Anlaß zu vielen Danksagungen gab. So schreibt einst Heinrich, Administrator des Stifts zu Worms, Pfalzgraf vom Rhein, an Herzog Albrecht von Preußen: »Daß Euer Liebden uns wiederum auf unseren hievorgebrachten guten Trunk einen guten, freundlichen starken Trunk ganz freundlich und brüderlich entgegengebracht, sind wir um Euer Liebden herwiederum zu verdienen mit freundlichem Willen begierig. Wiewohl wir aber Euer Liebden in Gegenwärtigkeit Ihres Falkners je gern Bescheid getan und zu freundlicher Dankbarkeit Euer Liebden einen freundlichen Trunk herwiederum gerne gebracht hätten, so sind wir doch Blödigkeit halber unseres Leibes diesmal daran verhindert, wollen aber damit Euer Liebden zum ehesten, und sobald wir es Leibes halber können, freundlichen guten Bescheid zu tun nicht unterlassen.« Ein großer Teil der fürstlichen Briefe sind Mitteilungen über die Ereignisse der Zeit. Da es damals noch nichts der Art gab, was unseren Zeitungen zu vergleichen wäre, so konnten die Fürsten die politischen Begebenheiten in anderen Ländern nur auf dem Wege brieflicher Mitteilungen in Erfahrung bringen. Zwar hatten die meisten Fürsten gewöhnlich in den wichtigsten Städten Deutschlands Männer, bald Gelehrte, bald Staatsbeamte, Kaufleute und Künstler oder sonst angesehene Privatpersonen durch ein Jahrgehalt oder Gratifikationen und Geschenke dazu engagiert, ihnen alles, was von Wichtigkeit irgendwo vorging und zu ihrer Kenntnis kam, zu berichten oder ihnen, wie sie es nannten, Zeitungen zuzufertigen; außerdem aber teilten sich häufig die Fürsten auch gegenseitig selbst solche politische Berichte teils in ihren eigenen Staats- und kirchlichen Angelegenheiten, teils über Welthändel und Zeitereignisse überhaupt mit. So bestand ein sehr lebendiger Briefwechsel zwischen dem Kurfürsten von Sachsen, dem Landgrafen Philipp von Hessen und dem Herzog von Preußen, indem jene diesem über ihre Verhältnisse zum Kaiser, über die Ereignisse im Fortgang der Reformation, über das glückliche Gedeihen und die Hindernisse in ihren wichtigen Unternehmungen, über die Erscheinungen auf den Fürsten- und Reichstagen und über die kriegerischen Begegnisse der Zeit Bericht gaben. Wie begreiflich, haben diese Fürstenbriefe für die Zeitgeschichte eine außerordentliche Wichtigkeit; als vertrauliche Mitteilungen der Teilnehmer an den Ereignissen sind sie als geschichtliche Quellen zu betrachten; denn in ihnen spricht sich der Freund zum Freunde ohne Rückhalt aus und es fällt von ihnen auf manches Ereignis und manche Tat ein ganz anderes Licht, als wenn darüber durch einen fremden Mund berichtet wird.
Außerdem gab zu einer Anzahl fürstlicher Briefe auch der Gebrauch Anlaß, sich gegenseitig durch Geschenke zu erfreuen, durch Zusendung von Ehrengaben freundschaftliche Gesinnung zu betätigen oder wohl auch, was man irgend zur Bequemlichkeit und Lust, zum Genuß und Vergnügen zu besitzen wünschte, sich von einem befreundeten Fürsten als Geschenk zu erbitten. Man nahm keinen Anstand, einen Fürsten um irgend etwas zu bitten oder ihn auch mit Gaben zu beschenken, die heute als lächerlich gelten würden. Wenn Graf Wilhelm von Henneberg einige Elendshäute braucht, so schreibt er dem Herzog von Preußen: »Ich habe Euch schon gebeten, mir drei Elendshäute zu schicken, weiß nicht, ob Euch der Brief geworden ist; so bitte ich Euch nochmals darum, denn ich wollte mir gern ein Kleid daraus machen lassen, wenn ich auf kleinen Klepperleinen reite oder sonst faul wäre, daß ich den Harnisch nicht führen möchte, daß ich dennoch gegen einen gemeinen Stich oder Hieb versagt wäre, und wo man das Leder darinnen nicht nach Notdurft bereiten könnte, so bitte ich Euch, wollet mir die Häute schicken, so will ich's hieraußen bereiten lassen.« Der Erzherzog Ferdinand von Österreich hat Appetit nach einem Auerochsen- und Elendsbraten und bittet sofort den Herzog, ihm damit zu Steuer zu kommen; dieser sendet ihm zwei Fässer mit eingesalzenem Auer- und Elendswildpret, auch zugleich die Köpfe vom Auer und Elend dazu, und erwirbt sich freundlichen Dank. Herzog Adolf von Holstein will im Jahre 1561 mit »Fräulein« Christine, des Landgrafen Philipp von Hessen Tochter, Hochzeit machen, kann aber wegen der in Hessen und besonders in Kassel herrschenden Pest dort das Fest nicht feiern und muß sich entschließen, das Beilager in seiner Hofburg Gottorp zu halten. Weil es ihm hier aber an Wein fehlt, so wendet er sich an den Herzog Albrecht, den er selbst zu Gast geladen: »Fällt uns etwas beschwerlich,« schreibt er, »in solcher Eile mit aller Notdurft und fürnehmlich mit fremden Getränken uns zu versorgen; da nun bei Euer Liebden zu erheben, daß uns dieselbe mit ein paar Faß altem Kaiser, auch ungerischem Weine bedenken möchten, geschähe uns an dem ein großer danknehmlicher Wille; wollten auch solches um Euer Liebden hinwieder gerne beschulden.« Der Herzog schickt und Adolf antwortet: »Wir haben Euer Liebden Schreiben nebst dem ungerischen Wein und altem Kaiser, damit uns Euer Liebden freundlich beehrt, empfangen und daraus derselben freundliche schwägerliche Zuneigung vermerkt, und sind gegen Euer Liebden des ungerischen Weins, wie nicht weniger des alten Kaisers freundlichst dankbar.« Der Herzog Barnim von Pommern erfährt, sein Nachbar Herzog Albrecht von Preußen sei ein Freund von Moränen, und schickt ihm durch seinen Hofdiener Georg von Putkammer eine ganze Tonne trockener und geräucherter Moränen zu, mit dem Wunsche, sie möchten ihm wohl schmecken, und Albrecht erwidert das Geschenk mit Übersendung eines Wolfspelzes und eines jungen Hundes.
So war es auch unter Fürstinnen Sitte. Die Herzogin von Liegnitz hört, eine Fürstin liebe am Tische allerlei eingemachte Leckerbissen, und schickt ihr ein Fäßchen mit in Honig eingemachten Quitten und ein anderes mit Quitten und Latwergen in Zucker eingemacht; »Bitte,« schreibt sie dabei, »Euer Liebden wollen es mit Euer Liebden Gemahl von meinetwegen essen, und daß sie Euer Liebden wohl schmeckten, das hörte ich gerne.« Bei einer anderen Sendung sagt sie: »Ich habe aus meines freundlichen lieben Sohnes Schreiben vernommen, daß Euer Liebden sonderliche Lust zu gutem, gerechten Küttensaft habe, und daß seines Erachtens Euer Liebden ich gehorsamlich dienen könnte, wenn ich Euer Liebden dessen zuschickete. Weil denn jetzt Gelegenheit ist, schicke ich Euer Liebden achtzehn Schächtelchen mit Küttensaft, Schnittlein, Latwergen und Nüssen, freundlich bittend, Euer Liebden wolle die gnädiglich versuchen und mich wissen lassen, was derselben davon beliebe, so will ich auf nächstkünftigen Herbst, wenn die Kütten wieder hervorkommen, durch Verleihung göttlicher Gnaden solche mit höchstem Fleiße wieder einmachen und zurichten.« Auch mit gutem Bier machten sich Fürsten mitunter Geschenke. Hamburgisches und Mecklenburgisches galten damals für die vorzüglichsten; der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg macht sich daher öfter das Vergnügen, den Herzog von Preußen mit etlichen Tonnen zu erfreuen; selbst die Herzogin Anna Sophia von Mecklenburg nimmt sich einigemal die Freiheit, ihm einige Tonnen güstrowisches Bier zuzusenden, einmal mit dem Bemerken: »Wir haben diese zehn Tonnen güstrowisches Bier allhier im Lande für Euer Liebden mit sonderlichem Fleiße brauen lassen, wollen dieselben auch diesmal für gut ansehen und zu freundlichem willfährigen Willen und Gefallen annehmen.« Dazu kam um die nämliche Zeit aus Thüringen auch das nötige Trinkgefäß, welches ihm der Graf Georg Ernst von Henneberg mit den freundlichen Worten sandte: »Wir haben nicht unterlassen können, nachdem uns ein treffliches, schönes, herrliches Trinkgeschirre durch einen kunstreichen Meister vom thüringer Walde zugefertigt, daß es Schade dafür wäre, wenn es verliegen und nicht unter die Leute kommen sollte, Euer Liebden damit zu versehen, und schicken Euer Liebden solches hiermit zum Neujahre, freundlich bittend, Euer Liebden wollen dasselbe freundlich annehmen und daraus je bisweilen fröhliche Trünke tun. Euer Liebden aber wollen auch unbeschwert unser Grußbote sein, derselben Gemahlin, unserer lieben freundlichen Geschweyen, viel Ehren, Liebes und Gutes vermelden, und Ihrer Liebden diese hiermit geschickten schönen Pantoffel, welche auch nicht mit weniger Subtilität zugerichtet sind, von unsertwegen zum Neujahr überantworten und freundlich bitten, Ihre Liebden wollen es damit also für gut und den Willen für die Tat nehmen.«
Wie der Graf von Henneberg, so ließen auch andere Fürsten selten ein Neujahr vorübergehen, ohne ihre Freunde mit einem Neujahrsgeschenke zu erfreuen. So überschickt ein Diener des Herzogs von Mecklenburg in dessen Namen der Herzogin von Preußen drei Paar wohlriechende Handschuhe, die er aus Frankreich erhalten hatte. Die Gemahlin des Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg, Sabine, läßt dem Herzog von Preußen zum Neujahr 1564 ein noch sonderbareres Geschenk überbringen, es war – ein Hemd, welches sie ihm mit den Worten einhändigen ließ: »Nachdem uns Euer Liebden nicht allein einmal, sondern zum öfteren vielfältige Willfahrung erzeigt, die von uns bishero unvergolten worden, als tun wir Euer Liebden hiermit ein Hemde zum Neuen Jahre freundlich übersenden, mit freundlicher Bitte, Euer Liebden wollen solches von uns als eine geringe Verehrung annehmen und dabei unsern guten Willen freundlich vermerken.«
Auch die Kunst beschäftigte manche Fürsten und gab vielfach Anlaß zu gegenseitiger schriftlicher Mitteilung. In der Malerei waren es vorzüglich Porträte, Kontrafakturen oder Konterfeiungen, wie man es damals nannte, auf welche die Fürsten zum Andenken ihrer Freunde großen Wert legten. Sie baten sich daher ihre Porträte aus, um die Erinnerung an die Entfernten immer gegenwärtig und lebendig zu erhalten. So schrieb der Herzog von Preußen an den Grafen Georg Ernst von Henneberg, um sein, seines Vaters, seines Bruders, des Grafen Poppo, und ihrer beiden Gemahlinnen Bildnisse zu erhalten. Der Graf sandte ihm im Jahre 1547 vorerst das Porträt seines Vaters mit den Worten zu: »Wir schicken Euer Liebden unseres Herrn und Vaters Abkonterfaktur, wie seine Gnade noch heutiges Tages sehen und weben; das haben Euer Liebden zu einer Ergötzlichkeit zu besehen.« So erfreut auch der Markgraf Georg von Brandenburg den Herzog von Preußen mit dem Bildnisse seines jungen Vetters, des Markgrafen Albrecht, das er auf dessen Bitte in Lebensgröße hatte malen lassen. Zur Verfertigung solcher Porträts und anderer Gemälde hielten sich die Fürsten ihre Hofmaler. So nahm im Jahre 1529 auch der Herzog von Preußen den Maler Crispin Herranth, einen Schüler von Lucas Cranach, als Hofmaler in seinen Dienst und legte um diese Zeit, nach dem Beispiel anderer Fürsten, eine Gemäldesammlung aller damals lebenden deutschen Fürsten an. Um sie möglichst zu vervollständigen, wandte er sich an seine Freunde und Diener in Deutschland mit dem Auftrage, mit allem Fleiß solche Gemälde aufzusuchen und anzukaufen; er schrieb an den bereits erwähnten Georg Schultheß in Nürnberg: »Wir geben Dir gnädiglich zu erkennen, daß wir gerne alle hohen Potentaten und fürstliche Personen mit ihren Gemahlen und Geschlechtern so viel möglich zusammenbringen möchten. Da wir aber die pfalzgräfischen, bayrischen und da umher gesessenen Fürsten allhie nicht wohl zu Wege bringen können, so ist an Dich unser gnädiges Begehren, Du wollest Fleiß verwenden, ob Du derselben der Orten gesessenen Fürsten Konterfeiungen zu Wege bringen und uns bestellen möchtest, doch daß allwege so viel möglich eines Jeden Alter dazu geschrieben werde. Was Du also bestellen kannst, das wollest Du uns mit derselben Namen mit erstem verzeichnet zusenden.« Zu dem nämlichen Zwecke ließ er sich auch den damaligen Hofmaler des Königs von Dänemark, Jakob Binck, nach Königsberg kommen, und da dieser hier ziemlich lange für den Herzog beschäftigt war, so entschuldigte die Herzogin sein Wegbleiben bei ihrem Bruder, dem Könige, indem sie schrieb: »Sintemal Eure Königliche Würde hochgemeldetem unserem freundlichen vielgeliebten Herrn und Gemahl zu freundlichem Gefallen ihren Conterfacter Jakob Bincken bis anhero überlassen, damit nun Eure Königliche Würde spüren, daß er allhie nicht gefeiert, so tun wir derselben zween Schaupfennige, die er, den einen auf unseres Herrn und Gemahls Conterfact gemacht, den anderen, als den wir aus kindlicher schuldiger Treue auf unseres Herrn und Vaters seliges Gedächtnisses Bildnis zu seiner Gnaden löblichem Andenken verfertigen zulassen nicht haben nachlassen können, überschicken, versehentlich, sie sollen Eurer Königlichen Würde nicht übel gefallen. Dieweil aber Jakob Binck über seinen Willen bisher von hinnen nicht kommen können und jetzund noch etliche Arbeit unter Händen hat, so bitten wir abermals schwesterlichen Fleißes, Eure Königliche Würde wollen ihn seines Ausbleibens entschuldigen.« Im Jahre 1549 sandte der Herzog diesen Meister nach den Niederlanden, um sich dort durch ihn verschiedene Gemälde bestellen und machen zu lassen, wofür er ihm die Summe von fünfhundert Karlsgulden auszuzahlen befahl. Auch ein Meister in Leipzig, der Maler Hans Krell, arbeitete lange Zeit mit großem Fleiße zur Vervollständigung der herzoglichen Gemäldesammlung. Schon im Jahre 1545 hatte sie von ihm die Porträts mehrerer europäischen Könige und deutschen Fürsten erhalten, die beim Herzoge solchen Beifall fanden, daß er sich im nächsten Jahre noch um mehrere andere an ihn wandte. Der Künstler bot ihm die Bildnisse des Kaisers Sigismund, des Königs Christian von Dänemark, des Herzogs Georg von Sachsen mit zwei Söhnen, des Herzogs Heinrich von Sachsen, des Königs von Frankreich, des Herzogs Erich von Braunschweig und dessen Gemahlin, des Herzogs Ulrich von Württemberg, des Herzogs Franz von Lüneburg und Johann Hussens an und erklärte sich auch bereit, noch die Porträts anderer Könige und Fürsten, welche gut gelungen seien, dem Herzog auf dessen Verlangen zuzusenden. Selbst mit dem berühmten Meister Lucas Cranach stand der Herzog in Verbindung; er richtete an ihn im Jahre 1546 die Bitte: »Unser gnädiges Begehren ist, Ihr wollet die Conterfeien des hochgeborenen Fürsten, unseres freundlichen Oheims und Schwagers, des Kurfürsten von Sachsen samt seiner Liebden Gemahl und derselben drei Söhne, auch des Herzogs Ernst von Braunschweig, wie wir mit Euch verlassen, auf Tücher fertigen und uns fürderlich übersenden; auch daneben was dafür billig zu tun anzeigen, soll Euch dankbarliche Bezahlung widerfahren und daneben in Gnaden erkannt werden.« Schon früher hatte sich der Herzog die Bildnisse von Luther und Melanchthon von Cranach kommen lassen, wie er denn überhaupt Porträts der berühmtesten Gelehrten zu erhalten suchte. So hatte er bei der Witwe des berühmten Theologen Veit Dieterich in Nürnberg dessen Bild bestellt und sie hatte es bei Lucas Cranach auch malen lassen. Statt es aber zu senden, schrieb sie dem Herzog: »Ich habe mich, dieweil Eure Fürstlichen Gnaden die Verfertigung des Contrafects begehrt haben, neben Überschickung des abgegossenen Bildnisses bei Meister Lucas Cranacher zu Wittenberg um solche Contrafactur beworben, welcher vor wenig Tagen mir eine zugeschickt, doch solcher Unform, daß sie weiter zu schicken nicht würdig ist; will mich befleißigen, Eurer Fürstlichen Gnaden eine wahrhafte Contrafactur meines geliebten seligen Ehewirts zu verschaffen.«
Auch die Musik war an vielen Fürstenhöfen Gegenstand großer Liebhaberei; jedoch stand diese Kunst noch in dem Alter kindlicher Einfachheit. Das Ohr, noch an keine höheren Ansprüche gewöhnt, begnügte sich mit kunstlosen Kompositionen. Was die Instrumentalmusik betrifft, so war die Zahl der Instrumente noch sehr gering. Wir hörten, daß bei Hochzeitsfesten und fürstlichen pomphaften Aufzügen meist immer nur welsche und deutsche Trompeten geblasen und die Heerpauken gerührt wurden. Dies waren an Fürstenhöfen die vornehmsten Festinstrumente, wozu auch verschiedene Arten von Posaunen, die Mittelposaune oder Quartposaune gehörten. Außerdem gab es Pfeifen oder Flöten von größerer und kleinerer Form, manche über die Länge eines Menschen groß, mit einem Rohre versehen, Diskantflöten von Elfenbein und eine Art von Zwergpfeifen, schön beschlagen und vergoldet. Krummhörner, wahrscheinlich unseren Waldhörnern ähnlich, wurden auf messingenen Röhren geblasen. Die meisten dieser Instrumente, besonders die Trompeten, pflegte man gern mit Fahnen und Schnüren bunt auszuschmücken, wobei man auf die Nationalfarben Rücksicht nahm. Auch die Zinken wurden gern gehört; sie waren zum Teil von Elfenbein und am meisten geschätzt die welschen krummen Zinken. Die besten dieser Instrumente verfertigte man in Nürnberg, wo besonders der Instrumentenmacher Georg Neuschel in großem Rufe stand. Er war freilich auch vom Werte seiner Instrumente nicht wenig eingenommen; denn er schrieb einst dem Herzog von Preußen über die welschen Trompeten, welche dieser bei ihm bestellt hatte: »Ich weiß, daß mir's, ob Gott will, keiner in Deutschland oder Welschland nachmachen soll mit dem Stimmen und mit der Arbeit.«
Nächstdem vergnügte man sich an fürstlichen Höfen vorzüglich durch Vokalmusik, und zwar scheint diese bei vielen am beliebtesten zu sein, sowohl als Kirchenmusik wie im gesellschaftlichen Liedergesange. In vielen Städten Deutschlands lebten Komponisten, die für Fürsten teils geistliche, teils weltliche Lieder in Musik setzten und mitunter großen Ruf erlangten. Einer der berühmtesten war am Hofe zu München der fürstliche Komponist Ludwig Senffl, genannt der Schweizer; denn man hörte seine Motetten fast an allen deutschen Fürstenhöfen. Überhaupt waren es ernste, geistliche Lieder, »vier- oder sechsstimmige Tenores«, wie man sie nannte, die er mit vielem Glücke komponierte, oder mehrstimmigen Psalmen; denn diese waren an fürstlichen Höfen allgemein beliebt. Teils lag es in der religiösen Richtung der Zeit, teils auch in dem Umstände, weil Musik vorzüglich eine Lieblingsbeschäftigung der Geistlichen war, daß besonders der Geschmack an geistlichen Liedern und Psalmen an Fürstenhöfen herrschend wurde. Es ist bekannt, welchen Einfluß Luther auf Musikliebhaberei bei den Fürsten hatte; schon im Jahre 1526 komponierte auf Befehl der Königin Maria von Ungarn ihr Kaplan Thomas Stoltzer den von Luther übersetzten Psalm: »Noli emulari«, »den,« wie er selbst sagt, »vorhin noch keiner dermaßen auf motetisch also gesetzt hat.«
Aber neben geistlichen Liedern erheiterte man sich an Fürstenhöfen auch gern an allerlei lustigen Gesängen. So gab es Lieder »auf die Hofweise« komponiert, die zu Fröhlichkeit ermunterten und von jungen adeligen Pagen am Hofe gesungen wurden. Sehr bekannt war damals ein sogenanntes Nasenlied, welches Ludwig Senffl dem Herzoge von Preußen mit den Worten zuschickte: »Wie ich mich besonnen habe, so dünkt es mir fast schimpflich, seiner fürstlichen Gnade ein solches rotziges Nasenlied zu schicken.« Manche Komponisten wußten sich dadurch ansehnliche Geschenke zu erwerben, daß sie auf Fürsten gedichtete Lieder in Musik setzten und sie diesen zusandten. Auch Gesänge von italienischen und niederländischen Meistern fanden großen Beifall. Zu fürstlichen Hochzeiten wurden nicht selten von geschickten Tonkünstlern Messen, Motetten oder heitere Gesangstücke verfertigt und zur Ergötzung der Hochzeitsgäste aufgeführt. Als eigentliche Konzertstücke waren besonders die Fugen sehr beliebt, weshalb im Jahre 1539 von einem großen Musikkenner in Augsburg, Silvester Raid, eine bedeutende Sammlung solcher Fugen von französischen, deutschen, italienischen und niederländischen Komponisten gedruckt und an Fürstenhöfe, wo man der Musik vorzüglich huldigte, versandt wurde.
Wie die Musik manche heitere Stunde herbeiführte, so verkürzten sich einzelne Fürsten ihre Zeit auch gern mit vergnüglichen Beschäftigungen, mit allerlei Kunstwerken oder mit Verfertigung von mancherlei mechanischen Arbeiten und Instrumenten. So nahm der römische König Ferdinand großes Interesse an den Kunstbeschäftigungen, Horologien, Quadranten und Astrolabien des Vikars der St. Sebalduskirche zu Nürnberg, Georg Hartmann, und beschäftigte sich gern mit magnetischen Versuchen, mit dem Kompaß, Horologien und Astrolabien. Es ist bekannt, daß Kaiser Karl V. am Abend seines Lebens, als er der Kaiserkrone entsagt hatte, seine müßigen Stunden mit der Uhrmacherkunst und anderen mechanischen Übungen hinbrachte, und der Mechaniker Turriano ihm in seiner Einsamkeit einer seiner geschätztesten Gesellschafter war. So war eine Lieblingsbeschäftigung des Kurfürsten August von Sachsen in seinen Mußestunden Drechseln und Punktieren; der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Herzog Albrecht von Preußen übten sich häufig mit allerlei Kampfstücken, fertigten Zeichnungen darüber an und unterrichteten einander in ihren Briefen, wie die Kampfstücke am besten geübt, vervollkommnet und am schönsten ausgeführt werden könnten. Wie der Erzbischof und Kurfürst Hermann von Köln für sich und seine Freunde die Armbrust mit eigener Hand zuschnitzte, so beschäftigte sich auch der Landgraf Philipp von Hessen bisweilen gern mit allerlei Jagdgerät, und so ähnlich andere Fürsten. Vorzüglich war auch die Alchemie oder die angebliche Kunst, unedle und rohe Metalle in edle umzuschaffen und in Gold und Silber zu verwandeln, eine Lieblingsbeschäftigung vieler Fürsten Deutschlands. Alchemisten gehörten zum fürstlichen Hofstaate, weshalb man schon im fünfzehnten, zumal aber im sechzehnten Jahrhundert wenig Höfe fand, die nicht ihre besonderen Alchemisten gehalten hätten. Wie in England die Könige Heinrich VI. und Eduard IV. die Betreibung alchemistischer Künste vielfach befördert hatten, indem jener förmliche Privilegien über die Kunst, Gold zu machen und das Lebenselixir zu bereiten oder den Stein der Weisen zu finden, ausstellte, so begünstigten auch in Deutschland im sechzehnten Jahrhundert manche Fürsten die Alchemistenkünste mit ganz besonderer Vorliebe und außerordentlichem Eifer; denn je spärlicher in damaliger Zeit die regelmäßigen Staatseinkünfte in den fürstlichen Schatz flossen, je ärmer durch die Verheerungen der Kriegsvölker die Untertanen und je größer dagegen bei den fortwährenden Kriegsunruhen und dem Aufwande der Höfe die Ausgaben der Fürsten wurden, um so eifriger suchte man durch Alchemisten und Goldköche das Geheimnis zu entdecken, aus rohen Metallen Gold zu schaffen, die Masse des Geldes nach Belieben zu vermehren. Es trieben sich daher in Deutschland, eine Menge solcher Goldlaboranten umher, und so oft auch die Fürsten, von ihnen getäuscht, die dargebotenen Geldsummen unnütz verschwendet sahen, so fanden jene Menschen durch ihre Prahlereien von großen Reisen in fremden Ländern, von neu erlernten Künsten und Geheimnissen bei vielen Höfen immer wieder Zutritt und Gehör. Neue Versprechungen lockten immer von neuem zu Versuchen in der Goldkocherei, bis neue große Summen ohne Nutzen verschleudert und der Goldkoch selbst entflohen war. So war es jahrelang ein Lieblingsgeschäft des Kurfürsten August von Sachsen, mit seinem Alchemisten im Laboratorium zu arbeiten, obgleich er sich häufig von den Betrügern hintergangen sah. Ebenso legte nicht selten auch Kaiser Rudolf II., ein großer Gönner der Alchemisten, in seinem Laboratorium selbst Hand ans Werk, und wie kostbar die Zutat zu seinen Prozessen gewesen sein muß, kann man daraus beurteilen, daß man nach seinem Tode siebzehn Tonnen Goldes in seinem chemischen Kabinett gefunden haben will. Beinahe alle Fürsten Deutschlands übertraf im Eifer der Goldmacherei der Kurfürst Joachim II. von Brandenburg; denn in einem Zeitraume von kaum zehn Jahren zählte man nicht weniger als elf Alchemisten, die sich an seinem Hofe aufhielten und ansehnliche Summen verschwendeten. Welche Künste und Lockungen diese Menschen aufboten, um an Fürstenhöfen mit ihrer Kunst Eingang zu finden, mag nur an einem Beispiel gezeigt werden. Der Alchemist Dominicus von Blankfeld, der schon beim Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg manche ansehnliche Geldsumme in seinem Laboratorium vergeudet hatte, wollte bald nach dem Tode des Fürsten sein Heil bei dem Herzoge von Preußen versuchen, und ließ sich daher durch seinen Vetter Lorenz Waldau aus Berlin bei diesem auf folgende Weise empfehlen: »Nachdem mein Vetter Dominicus von Blankfeld bei meinem gnädigsten Herrn, dem Kurfürsten von Brandenburg, hochlöblicher und milder Gedächtnis, wohl und ehrlich von seiner Kurfürstlichen Gnade gehalten worden und viele Jahre gewesen ist bis an seinen Tod, dem ganz viele subtile Künste bewußt und eigentlich meines Erachtens Eurer Fürstlichen Gnaden in vielen Anstößen und Schwachheiten durch und mit guten Stärkungen und edeln Kraftwassern groß nützlich und dienstlich sein kann, so wünscht er jetzt zu Eurer Fürstlichen Gnaden zu kommen, denn er weiß auch das aurum potabile – wovon das Lot damals mit sechzehn Talern bezahlt wurde – zu machen mit schönem Gewächse des Goldes und Silbers, ohne was er sonst in vielen edeln und heimlichen Künsten der Philosophia und sonderlicher Hocherfahrung aller Metalle, welches ich in der Eile nicht alles schreiben kann, erfahren ist, die Eurer Fürstlichen Gnaden tauglich, tröstlich und hülflich sein möchten, und ist auch nicht ohne, daß er gar viel von Fürsten und Herren verschrieben worden. Auch vor zwei Jahren hat der Durchlauchtige und Hochgeborene Fürst und Herr, Herr Karl Herzog von Geldern geschrieben, daß er zu ihm kommen wolle, da seine Fürstliche Gnaden von seiner Kunst viel gehört, und auf seiner Gnaden Anfordern hat mein Vetter Blankfeld seine Kurfürstliche Gnade ansuchend gebeten; darauf Kurfürstliche Gnade (nachdem er zu der Zeit in deren Diensten verhaftet) zum Herzog zu ziehen ihm erlaubt, dahin er mit etlichen Pferden und Dienern geritten, und da er in Geldernland gekommenen, haben seine Fürstliche Gnade ihn und die er bei sich gehabt, gar ehrlich gehalten und dann mit gar reicher ehrlicher Beschenkung als Pferden und Gold beschenkt, verehrt und abgefertigt, wiewohl ihn seine Fürstliche Gnaden gerne bei sich in einem ehrlichen jährlichen Stipendio behalten hätte, wenn er mit kurfürstlichen Diensten nicht verhaftet gewesen, und wäre hierin mein getreuer, einfältiger, geringer Rat, daß Eure Fürstliche Gnaden ihn verschrieben, denn ich weiß, so Eure Fürstliche Gnaden ihn von seiner Kunst, die er mit der Tat beweiset, reden hört, Eure Fürstliche Gnaden werden des gnädigen Wohlgefallen haben und tragen; derhalben ich das Eurer Fürstlichen Gnaden nicht habe bergen wollen, meines Bedünkens, daß er Eurer Fürstlichen Gnaden, deren Gemahlin, ganzem Hofgesinde und andern groß nützlich und frommlich sein möchte, denn ich einen solchen Mann bei keinem Fürsten lieber wissen wollte in der ganzen Welt als bei Eurer Fürstlichen Gnaden um seiner reichlichen hohen Kunst willen, die ihm Gott der Allmächtige verliehen, denn dieser Mann ist still und verborgen in allen seinen Händeln.«
Herzog Albrecht indes antwortete auf jenes Anerbieten: »Nachdem unser lieber, getreuer, besonderer Dominicus von Blankfeld dem Hochgeborenen Fürsten, unserm freundlichen lieben Vetter und Bruder, Herrn Joachim Markgrafen von Brandenburg, als desselben Untertan noch mit Diensten verhaftet, zweifeln wir nicht, seine Liebden werden ihn (dieweil dieselbe solcher und dergleichen geschickter, erfahrener, kunstreicher Leute in ihrem Kurfürstentum selbst bedürfen) schwerlich von sich kommen lassen, denn wo wir nach solchen Personen stünden, besorgen wir, es möchte uns von seiner Liebden zur Unfreundschaft gedeutet werden. Wir haben aber noch zur Zeit wenig Nutz und Frommen, auch daß es mit der Tat ins Werk kommen, von solchen und dergleichen Künsten, wie sich berührter Blankfeld dargibt, erfahren. Wollte jedoch Blankfeld für sich selber an derer Sachen halber sich zu uns begeben, so wollten wir uns gerne mit ihm unterreden«. Noch aber gab der Goldkoch seine Hoffnung nicht auf; er wiederholte nach mehreren Jahren von Danzig aus sein Anerbieten an den Herzog, indem er ihm schrieb: »Ich stelle in keinen Zweifel, Eure Fürstlichen Gnaden tragen gut Wissen, daß ich Eurer Fürstlichen Gnaden Vetter, Kurfürstlicher Gnaden zu Brandenburg selig meinem gnädigsten Herrn, viele Jahre und lange Zeit gedient habe in sonderlichen heimlichen Kunstsachen, in denen Ihre Kurfürstliche Gnade mich oftmals gebraucht hat in vielen Örtern; solche und dergleichen Künste Ihrer Kurfürstlichen Gnade insgeheim ich habe müssen zu Wege bringen. Ich will Eurer Fürstlichen Gnaden auch nicht verhalten, daß ich in kurzverrückter Zeit in Ungarn und in Italien und anderen Örtern mehr der Kunst halben umhergereist und gezogen bin, da ich demnach mit der Hülfe Gottes was sonderliches Gutes erfahren habe, welches ich Eurer Fürstlichen Gnaden in aller Untertänigkeit insgeheim und im Vertrauen ganz untertäniglich anzeigen wollte. Dieweil ich denn so nahe zu Eurer Fürstlichen Gnaden habe und jedoch eine kurze Zeit allhie verharren muß, wäre ich nicht übel bei mir bedacht, so es Eurer Fürstlichen Gnaden gnädiger Wille wäre und mich Eure Fürstliche Gnaden schriftlich kürzlich fordern ließ, mich in aller Untertänigkeit auf das förderlichste zu Eurer Fürstlichen Gnaden zu verfügen und alles, wie oben gemeldet, und anderes viel mehr in eigner Person Eurer Fürstlichen Gnaden mündlich ganz untertäniglich zu erzählen, da Eure Fürstliche Gnaden ohne allen Zweifel gnädigliches Wohlgefallen daran haben und tragen wird.« Allein der Herzog antwortete: »Wir haben aus Euerem Schreiben das dienstliche Erbieten, belangend die Mitteilung etlicher heimlicher Künste, die Ihr durch viele und weite Reisen zu Wege gebracht, verstanden und tun uns desselben in Gnaden bedanken, und wiewohl wir Eure Gelegenheit nicht wissen, dennoch da ihr Euch ohne sondern Nachteil und Schaden zu uns begeben könntet, wären wir nicht ungewogen, von solchen Heimlichkeiten Euch Euerem Erbieten nach gnädiglich anzuhören. Daß ihr aber von unsertwegen einige Unkosten oder Beschwer auf Euch laden oder sonst Euch Unbequemlichkeit machen solltet, das wollten wir Euch nicht gerne verursachen.«
Wie Alchemisten, so gehörten auch Astrologen, Nativitätensteller oder, wie sie sich gewöhnlich nannten, Astronomen und Mathematiker zum fürstlichen Hofstaate. Man war vom Einflusse und den Wirkungen der Gestirne auf die irdische Welt so allgemein überzeugt, daß nicht nur Fürsten, sondern selbst viele Gelehrte wie Melanchthon, Johann Carion, Sabinus, Erasmus Reinhold und Martin Chemnitz der Astrologie unbedingt huldigten. Agrippa von Nettesheim ging darin so weit, daß er sogar behauptete, jeder Teil und jedes Glied des Körpers korrespondiere mit einer himmlischen Intelligenz oder einem Gestirne. Die Fürsten hatten natürlich das nächste Interesse, den mächtigen Einfluß und die geheimen Wirkungen der Gestirne in ihren Konjunktionen verstehen zu lernen. Wie daher der Kurfürst Joachim I. von Brandenburg sich in der Astrologie von dem Abte Trithemius zu Sponheim Unterricht erteilen ließ, so beschäftigte sich auch mancher andere Fürst mit Sterndeutereien, und wenngleich hie und da auch schon Gelehrte auftraten, die das Grundlose und Irrige der astrologischen Grübeleien aufzudecken bemüht waren, so blieb ihre Zahl doch immer noch zu gering, die Vernunft war gegen sterndeuterischen Aberglauben noch zu ohnmächtig und die Sprache der Verteidiger astrologischer Studien noch viel zu eindringlich, – denn das Nativitätstellen war eine sehr einträgliche Quelle des Erwerbs – als daß die sogenannte Wissenschaft der Revolutionen der Gestirne und die Nativitätstellung an den meisten Fürstenhöfen nicht Anklang hätte finden sollen. So gab es im brandenburgischen Hause kaum einen einzigen Fürsten, der nicht von dem Werte der Sterndeuterei durchdrungen gewesen wäre. Daher schrieb im Jahre 1557 Magister Jacob Cuno, kurfürstlicher brandenburgischer Astronom, wie er sich nannte, an einen Fürsten dieses Hauses: »Gnädiger Herr! Wiewohl man jetzt in dieser monschlechtigen (!) Zeit viele findet, welche die Kunst von der Wirkung und Bedeutung des Gestirns verachten und als gottlos verdammen, so sind doch etliche noch, welche sie für eine sonderliche Gabe Gottes, dem menschlichen Geschlecht zu gute geoffenbart, erkennen und halten, unter welche Eure Fürstliche Gnade nebst dem ganzen Hause Brandenburg billig zu zählen ist, denn gottlob jedermann bewußt, daß diese Kunst von Eurer Fürstlichen Gnaden und dem Hause Brandenburg alle Zeit aufs höchste befördert wird. Deshalb habe ich aus rechtschaffenem Fundament der Kunst jetzigen Jahres Prognostikon und vieler Herren und Potentaten Revolutionen gerechnet und mit besonderem Fleiß gestellt, meinem gnädigsten Herrn, dem Kurfürsten, nebst Ihrer Kurfürstlichen Gnaden Herren Brüdern und Söhnen dedicieren und zuschreiben wollen, welches sich ihre Kurfürstliche und Fürstliche Gnade auch haben gefallen lassen. Dieweil aber Eure Fürstliche Gnaden aus dem löblichen Hause Brandenburg, welchem ich mit Dienst verhaftet, entsprungen und neben dieser Kunst alle guten Künste nicht allein liebt und fördert, sondern auch zum mehreren Teil selbst weiß und versteht, habe ich Eurer Fürstlichen Gnaden Revolution in diesem meinem Büchlein auf zwei Jahre expliciert mit solchem Fleiße, als ich, wie Eure Fürstliche Gnaden sehen kann, keine andere gestellt habe.«
Die unbedingte Zuversicht, womit die Astrologen und Nativitätsteller die Resultate ihrer Forschungen und Berechnungen aus den Positionskreisen, Positionsbogen und Horoskopen aussprachen, ging beinahe ins Unglaubliche; es gab nichts von einiger Wichtigkeit in den Welterscheinungen, worüber sie in den Sternen nicht Antwort und Aufklärung fanden. Wie der berühmte Astrolog Cardanus, Professor der Mathematik zu Mailand, aus der Konstellation seines Geburtstages oder dem Thema natalitium, wie man es nannte, seinen ganzen Charakter gleichsam anatomisch zu zerlegen wußte, aus der Konstellation der Venus, des Merkur und Jupiter bei seiner Geburt alle seine Fehler und Laster demonstrierte, von dem Zusammenwirken und den Einflüssen dieser Planeten seine Unbeständigkeit, Hinterlist, Geilheit, Mißgunst, Verleumdungssucht und Plauderhaftigkeit herleitete; wie ferner dieser Sternseher selbst Christo die Nativität gestellt hatte und aus der Konstellation bei Christi Geburt alle dessen Tugenden und Wundertaten deduzierte, so wußten andere aus den zwölf Häusern des Himmels, in deren eines die Geburt eines Menschen fallen mußte, aus der Stellung der Planeten in einem dieser Häuser und aus den Aspekten oder den fünf verschiedenen Stellungen der Sonne, des Mondes und der Planeten im Tierkreise die Schicksale aller Fürsten zu deuten und als notwendige Folgen des Sternenregimentes darzustellen. Wir wollen als Beispiel die Sprache eines dieser Astrologen über das Schicksal eines Königs hören. Bekanntlich war König Christian II. von Dänemark wegen seiner willkürlichen und ordnungslosen Herrschaft vom Adel und der hohen Geistlichkeit aus seinem Reiche vertrieben worden und mit Frau und Kindern nach den Niederlanden entflohen. Albrecht von Preußen, damals noch Hochmeister, nahm am Schicksale des Königs lebendigen Anteil und wandte sich im Jahre 1523 an den Astronomen Leonhard Reymann mit dem Gesuche, ihm aus den Sternen zu sagen, wie sich das Schicksal Dänemarks und des vertriebenen Monarchen in der Zukunft gestalten werde. Darauf erhielt er die Antwort: »Auf Eurer Fürstlichen Gnaden Question und Ansinnen, aus der Kunst der Astrologie zu indizieren, ob der ausgetriebene König von Dänemark wiederum zu seinem Reiche kommen oder eingesetzt werden möge, habe ich die inliegende Figur des Himmels, wie sich gebührt, aufgerichtet und darüber mit großem Fleiße wohl viel Schriften der erfahrenen Astrologen durchgelesen und finde gar lauter, daß das Volk des Reiches Dacien demselben vertriebenen König ganz entgegen und Feind ist und sich über ihn erhoben hat; deshalb sie ihm gar ungerne oder nimmer, soviel ihr Vermögen Leibes und Gutes verhüten mag, einkommen lassen noch wieder aufnehmen werden, sie würden denn dazu gezwungen, was ganz schwerlich oder gar nicht geschehen möchte; und wenn er wohl wiederum mit Gewalt eingesetzt wird, so würde es doch in der Länge keinen Bestand haben. Aber nach Anzeigung und Figur des Himmels ist zu glauben und möglich, wenn das Volk des Reiches Dacien gewiß und versichert sein möchte, so Eure Fürstliche Gnade das Reich erobern, daß sie dasselbe dem vertriebenen Könige nicht wieder übergeben, sondern für sich selbst behalten und ihr König bleiben wollte, so werden sie sich schicken und dermaßen halten, dadurch Eure Fürstliche Gnaden zu dem Reiche kommen möchten aus nachfolgenden Zeugnissen des Gestirns, nämlich darum, daß das Teil des Reiches in dieser Question oder Figur gestanden ist in dem Angel Ascendentis, welcher Angel Eurer Fürstlichen Gnaden als dem Frager zugehört; zum andern darum, daß die Sonne, die eine Bedeuterin des Volkes Daciens, auch gestanden ist in dem Angel Ascendentis, zeigt an, daß dasselbe Volk Eure Fürstliche Gnaden zu einem Könige begehrt und gerne haben würde; zum Dritten, daß die Figur mit den Fixsternen, die Eurer Fürstlichen Gnaden in der Geburt ein Reich oder mehrere verheißen haben, derselben Eurer Fürstlichen Gnaden Nativität gleicht; zum Vierten, daß Eurer Fürstlichen Gnaden Applicationes der Radix, auch die Revolutiones in diesem und dem nächstkünftigen Jahre eine große Erhöhung eines Reiches oder andere hohe Dignität anzeigen. Zudem finde ich auch in dieser Figur, daß beide Bedeuter des entsetzten Königs und Eure Fürstliche Gnaden einander auf das allerfreundlichste ansehen, mit einer zwiefachen Rezeption, also wo der König das Reich selbst nicht bekommen möchte, daß er das Eurer Fürstlichen Gnaden vor allen anderen gönnen würde. Dem allen mögen Eure Fürstliche Gnaden nachdenken.«
Wie auf solche Weise Leonhard Reymann das Schicksal Dänemarks und seines vertriebenen Königs voraussagte, so konnte man durch astrologische Forschungen leicht die wichtigsten Lebensereignisse aller Fürsten erfahren. Man durfte den Astrologen nur den Geburtstag eines Fürsten anzeigen; sie suchten dann das Horoskop oder den Punkt der Ekliptik, der im Augenblicke seiner Geburt aufgegangen war, und wußten sofort aus dem Thema natalitium irgend ein bestimmtes Resultat herauszudeuten. Die Fürsten bestellten daher bei den Astrologen gern und häufig die Nativitätstellungen anderer Fürsten und hoher Potentaten, oder jene sandten sie den Fürstenhöfen oft unaufgefordert zu, weil sie in der Regel ansehnliche Geschenke dafür zu erwarten hatten. Nun trafen allerdings sehr oft die Deutungen der Sternseher nicht wirklich ein; als im Jahre 1551 in Deutschland sich das Gerücht vom Tode des Kaisers Karl verbreitete, schrieb Erasmus Reinhold: man dürfe diese Nachricht wohl immer für wahr halten; sie werde durch viele Gründe bestätigt; denn ganz sicher hätten schon im vorigen Jahre die Sterne ihm das Ende seines Lebens gedroht, und er selbst erinnere sich auch ähnlicher Beispiele von Fürsten, bei denen der von den Sternen angedeutete Erfolg in den Anfang des kommenden Jahres hingezogen worden sei. Wenn indessen auch, wie in diesem Falle, die Weisheit der Astrologen durch die Wirklichkeit zuschanden ging, so wußte man doch immer teils den Deutungen eine andere Wendung zu geben und den Worten einen anderen Sinn unterzulegen, teils war der Himmel weit und breit genug und seine Sternenschar auch hinlänglich zahlreich, um eine Veränderung in die Konstellation hineinzubringen. Daher wurden auch gewöhnlich die Sterndeutungen ziemlich dunkel, doppelsinnig und verwirrt abgefaßt, selbst zuweilen mit griechischen und hebräischen Wörtern ausstaffiert, sodaß es eben nicht schwer fiel, späterhin herauszudeuten, was man für passend fand; denn wenn auch keineswegs die Astrologen immer auf Täuschung und Betrügerei ausgingen, so wurden die Fürsten doch getäuscht, weil sie getäuscht sein wollten. Schrieb doch selbst der Herzog Albrecht von Preußen, kein abergläubischer und geistesbeschränkter Fürst, an den Sternseher Balthasar Klein, der im Jahre 1544 ihm ein Prognostikon zusandte: »Wir haben aus diesem neuen Prognostikon erstlich dies verstanden, daß wir in Ehezeiten und vor alten Jahren (wiewohl wir der Älteste doch nicht sind) von den älteren Astrologis nicht viel erfahren; sagen demnach dem ewigen Gott Lob und Dank, daß seine Allmächtigkeit in diesen fährlichen Zeiten bei unserem Leben solche Leute herfür an den Tag bringt, die da wissen und verstehen, wozu die löblichen freien Künste von dem lieben Gott erschaffen sind, was sie nützen und welchermaßen sie gebraucht werden sollten. Dieweil wir denn solches aus Euerem Briefe und Prognostikon ersehen, so ist uns dieses desto lieber und angenehmer, achten auch gewiß und eigentlich nicht für unnütz, daß Ihr und andere, so dazu geschickt sind, in solchen löblichen Künsten allen möglichen Fleiß für wendet und durch Euere Schriften nicht allein die Regenten und Obersten, sondern auch den gemeinen Mann und alle Welt der künftigen Strafe und Betrübnis vermahnen tut.« Daß auf Könige und Fürsten der Einfluß der Gestirne besonders mächtig sei, war allgemeiner Glaube; daher scheint es gekommen zu sein, daß man noch im 16. Jahrhundert den Königen von Frankreich und England die ihnen vom Himmel verliehene Wunderkraft zuschrieb, unter der Einwirkung der Gestirne gewisse Krankheiten, besonders den Kropf, durch bloßes Berühren mit den Händen heilen zu können.
Viele Fürsten beschäftigten sich überdies gern mit Medikamenten und allerlei arkanen Heilmitteln und schickten einander Rezepte und allerlei Arzneimittel zu, die sie nicht selten selbst in ihren Laboratorien präparierten. Als Herzog Friedrich von Liegnitz im Jahre 1568 erfuhr, daß der Herzog von Preußen vom Schlage gerührt sei, schrieb er ihm: er sei vor einiger Zeit mit derselben Krankheit des Schlags behaftet gewesen, sodaß er einige Tage völlig sprachlos gelegen habe. Auf sein Ersuchen habe ihm damals der Kurfürst von Sachsen ein Rezept und »die Arznei etlicher Küchlein« übersandt, die ihn von der Krankheit befreit; er teile ihm beides jetzt ebenfalls mit, müsse jedoch die Anwendung dieser Küchlein dem Gutbefinden der Ärzte anheimstellen.
Unter die geschätztesten Arzneimitteln, die sich die Fürsten zu verschaffen suchten, gehörten Klauen von Elendtieren, Einhorn, Bibergeil, besonders Bernstein, zumal der von weißer Farbe; denn weiß nannte man damals eine Gattung von Bernstein, obgleich man in neueren Zeiten geleugnet hat, daß man je weißen Bernstein gefunden habe. Man trug häufig irgend etwas von Bernstein oder Elendsklauen am Körper, weil man ihnen die Kraft zuschrieb, Krankheitsstoffe abzuleiten. Vorzüglich wurden weißer Bernstein und Elendsklauen als kräftiges und heilsames Mittel gegen Schlagflüsse gebraucht. Beides wurde nach einem Rezept, das Herzog Albrecht von Preußen häufig den Fürsten zuschickte, zu einer Arznei von diesen präpariert und an Kranke verteilt. Graf Wilhelm von Henneberg ersuchte daher den Herzog in einem seiner Briefe: »Wir bitten noch um etliche rechte Elendsklauen; denn die große Krankheit ist dieses vergangene Jahr hieraußen sehr umgegangen, damit, ob es heuer auch also geschehen sollte, wir den Leuten desto besser damit helfen könnten, denn wir können der Elendsklauen nicht also viel bekommen, als wir Bittens darum haben, weil die Leute erfahren, daß Euer Liebden uns je zu Zeiten derselben zuschicken. Auch ist unsere freundliche Bitte, dieweil uns Euer Liebden ein Rezept für den Schlag zugeschickt haben, ob uns Euer Liebden auch ein Rezept oder Kunst schicken oder zuwege bringen könnte, die dazu wäre, dem Schlage vorzukommen, ehe er einen rührt, denn wir haben etliche Freunde, denen wir damit zu Hilfe kommen könnten; da täten uns Euer Liebden auch einen freundlichen Gefallen daran.« Die Wertschätzung des weißen Bernsteins und der Elendsklauen als Schutz- und Heilmittel gegen Krankheiten war auch der Grund, daß Fürsten damit gern gegenseitig Geschenke machten. Als im Jahre 1529 der Markgraf Johann Albrecht von Brandenburg sich nach Italien zum Kaiser begeben wollte, bat er zuvor den Herzog Albrecht um Elendsklauen, weil er sich am Hofe des Kaisers, wo zu der Zeit viele an Krankheiten litten, mit solchen Geschenken große Freundschaft erwerben könne.
Im Jahre 1545 machte der ebenso berühmte als wegen mancher wunderlichen Eigentümlichkeiten allbekannte und an vielen Fürstenhöfen sehr gesuchte Arzt Doktor Johann Meckebach (Megabachus), ein sehr gelehrter Mann, eine Erfindung, die allgemeines Aufsehen erregte. Es war ihm nämlich das Experiment geglückt, »aus Bernstein Wasser und Öl zu brennen« oder Bernsteinöl zu gewinnen, das bald überall als Wundermittel gegen Krankheiten gebraucht wurde. Der Herzog von Preußen hatte von dieser Erfindung und von der außerordentlichen Wirksamkeit des Bernsteinöles kaum gehört, als er den Doktor mit einer Zusendung von Bernstein erfreute und darauf von ihm ein Gläschen mit dem köstlichen Bernsteinöl, ein anderes mit Bernsteinwasser und ein Schächtelchen mit »manus Christi«, ebenfalls aus Bernstein bereitet, zugesandt erhielt. Die Erfindung gehörte zwar nicht ihm selbst an; aber es ist interessant, ihn über die Wichtigkeit der Sache mit ruhmrediger Selbstgefälligkeit sprechen zu hören, indem er einem Freunde des Herzogs von Preußen schreibt: »Ich hätte gern noch mehr solches Öl aus Bernstein gemacht; aber es will großen Fleiß haben. So bin ich, wie ihr wisset, unmüßig, und dieweil ich abermals gen München zu Herzog Ludwig habe reiten müssen, habe ich Euch zuvor soviel ich gemacht, wollen zuschicken. Insonderheit habe ich ein Schächtelchen voll »manus Christi« von gedachtem Öle gemacht, das bisher nie gedacht und gemacht worden ist, sind überaus kräftig und nützlich zu gebrauchen für den Schwindel und alle des Haupts zufällige Krankheiten, so man derselben eines in den Mund nimmt und gemachsam darin zergehen läßt. Die alten Medici haben viel von des Electri Tugend, Kraft und Wirkung geschrieben, noch viel mehr nützliche Tugenden habe ich erfahren, die ich Unmuße halber auf diesmal nicht erzählen kann. Es hat mir der hochgelehrte Valerius Cordus aus Italia des Electri Tugend und Kraft also gelobt und insonderheit vom Öl soviel geschrieben, nämlich daß man dieses Bernsteinöl brauchen möge anstatt des Ambra, das denn köstlicher und teurer ist als Gold, daß ich eine besondere Lust und Liebe dazu gehabt und deshalb damit mehr erfahren habe als andere Doctores. So das gemeine Volk einen besonderen Nutzen und Kraft allein vom Rauche befindet, was für eine größere Kraft gibt das Öl, so man es allein schmecket oder aber ein Tröpflein in Wein oder destilliertem Cordial oder Hauptwasser eingenommen würde, wiewohl die »manus Christi« einzunehmen am nützlichsten sind. Solches habe ich Euch wollen anzeigen, damit Ihr einen kurzen Bericht meinem gnädigsten Fürsten schreiben könnt.«
Dieses Krankheitsmittel war aber kaum bekannt, als es bald Gegenstand des Verlangens wurde. Seiner Kostbarkeit wegen, – denn ein Lot mußte mit fünf Talern bezahlt werden –, konnte es nur an Höfen Anwendung finden. Die Fürsten in Deutschland hatten aber kaum gehört, daß der Herzog Albrecht ebenfalls in den Besitz des Mittels gekommen sei, um Bernsteinöl bereiten zu können, als von allen Seiten her Bitten auf Bitten um diese kostbare Essenz bei ihm einliefen. Der Erzherzog Ferdinand von Österreich sandte in einem Jahre zweimal eigene Boten den weiten Weg nach Preußen, um sich vom Herzog einige Fläschchen dieses Öles zu erbitten.
Außerdem waren an den Fürstenhöfen noch Arzneimittel im Gebrauch, deren wesentlichste Ingredienzien in Gold, Edelsteinen und Perlen bestanden; denn so häufig auch schon von vielen Ärzten des sechzehnten Jahrhunderts die Zweckmäßigkeit dieser Mittel, namentlich der Edelsteine, bestritten wurde, so hielt sich der Glaube an ihre Heilkraft immer noch aufrecht. Man gebrauchte Tinkturen, von denen das Lot mit zehn, zwölf bis sechzehn Talern bezahlt werden mußte. Der berühmte Hofmedikus Thurneisser schickte häufig an die Fürstenhöfe Gläschen mit Goldtropfen, Perlentinktur, Amethystenwasser oder anderen köstlichen Mixturen, für die er fünfzig bis sechzig Taler nahm. Das merkwürdigste Beispiel von ärztlicher Verschwendung liefert die Krankheitsgeschichte des Papstes Clemens VII.; denn als dieser im Jahre 1534 so schwer erkrankte, daß die Ärzte schon alle Hoffnung aufgaben, wandten sie Pulver von Einhorn, Edelsteinen und Perlen, besonders ein kostbares Diamantpulver an und dennoch war keine Hilfe; »denn,« heißt es in einem Bericht über seine Krankheit, »die Medici sagen, Gott müsse ein besonderes Mirakel tun, sonst sei es nicht möglich, daß er aufkomme; sie haben schon alle ihre Künste an ihm verbraucht, so Galenus, Avicenna und die Wurzelgraber je beschrieben haben. Sie sagen, er habe innerhalb vierzehn Tagen wohl für vierzigtausend Dukaten Perlen, Edelgestein und Einhorn gegessen, oft in einer Medizin dreitausend Dukaten an Wert. Aber der Diamant, den er zu Marsilia gegessen hat, übertrifft sie alle.« Man glaubte nämlich, der Papst sei in dieser Stadt vergiftet worden. Clemens starb trotz aller dieser kostbaren Mittel ...
Dies ist die Reihe der Skizzen zu einem Sittengemälde des sechzehnten Jahrhunderts, die hier zu geben versprochen ward. Es sind, oft die Zeichnungen im alten Stil, in alter Farbenpracht hingestellt; man hat hie und da die Zeit in ihrer eigenen Weise reden lassen, weil zugleich auch gezeigt werden sollte, wie es der Fürsten Sitte war, über Sitte und Brauch ihres Lebens zu einander zu sprechen. Mag immerhin der alten Fürsten Art und Brauch vielen erstorben und vermodert erscheinen, – auch sie sind nicht umsonst gewesen.