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Wie ich auf die Plattform kam, weiß ich nicht zu sagen. Vielleicht hatte mich der Canadier hinauf getragen. Aber ich athmete, schlürfte die belebende Seeluft. Meine beiden Gefährten an meiner Seite tranken in vollen Zügen die Erfrischung. Die Unglücklichen, welche lange Zeit die Nahrung entbehrten, dürfen nicht unbesonnen über die erste Nahrung, welche sich darbietet, herfallen. Wir dagegen brauchten uns nicht zurückzuhalten, konnten unseren Lungen die volle Erquickung des Einathmens gönnen, und der Seewind selbst übergoß uns mit dieser Wonne der Trunkenheit.
»Ach!« sagte Conseil, »wie erquickend ist der Sauerstoff! Jetzt braucht mein Herr nicht mehr mit Angst zu athmen. Es ist genug da für Jedermann!«
Ned-Land sprach nichts, aber er sperrte die Kinnladen auf, daß ein Haifisch erschrecken konnte. Und was für kräftige Athemzüge!
Allmälig kamen uns wieder die Kräfte, und als ich um mich blickte, sah ich, daß wir uns allein auf der Plattform befanden. Von der Bemannung nicht ein Einziger; auch der Kapitän Nemo nicht. Sonderbar genug begnügten sich die Seeleute mit der innen befindlichen Luft.
Meine ersten Worte waren Worte des Dankes und der Erkenntlichkeit gegen meine beiden Gefährten. Ned und Conseil hatten während der letzten Stunden dieses Todeskampfes mein Dasein verlängert. Ich konnte ihnen für diese Hingebung nicht genug Dankbarkeit zollen.
»Lassen Sie das, Herr Professor,« erwiderte Ned-Land, »es ist nicht der Mühe werth davon zu reden! Wir hatten kein Verdienst dabei. Es war nur ein Rechenexempel. Ihr Dasein ist mehr werth als das unsrige. Darum mußte es erhalten werden.«
»Nein, Ned,« versetzte ich, »es war nicht mehr werth. Ueber einen edlen und guten Menschen geht nichts, und das seid Ihr!«
»Gut! Gut!« wiederholte der Canadier in Verlegenheit.
»Und Du, lieber Conseil, hast recht zu leiden gehabt.«
»Doch nicht allzusehr, offen gesagt. Es fehlten mir zwar einige Schluck Luft, aber ich glaube, ich würde mich schon darein gefunden haben.«
Conseil war verlegen, daß er unpassend gesprochen, und brach ab.
»Meine Freunde,« sprach ich tief gerührt, »wir sind auf ewig mit einander verbunden und Sie haben Ansprüche auf mich . . .«
»Ich werde diese mißbrauchen,« versetzte der Canadier.
»Wie?« sagte Conseil.
»Ja,« fuhr Ned-Land fort, »das Recht, Sie mit mir zu nehmen, wann ich diesen höllischen Nautilus verlassen werde.«
»Zur Sache,« sagte Conseil, »fahren wir in guter Richtung?«
»Ja,« erwiderte ich, »weil wir der Sonne zufahren, und hier ist die Sonne im Norden.«
»Allerdings,« fuhr Ned-Land fort, »aber ich möchte wissen, ob wir wieder in's Stille oder Atlantische Meer fahren, d. h. in besuchte oder verlassene Meere.«
Hierauf wußte ich nicht zu antworten, und ich fürchtete, der Kapitän Nemo werde uns eher vielmehr in den ungeheuren Ocean führen, welcher Asien und Amerika zugleich bespült, um seine unterseeische Rundreise zu vollenden und dort seine Unabhängigkeit vollständiger zu finden. Aber was wurde dann aus Ned-Land's Plänen?
Wir mußten über diesen wichtigen Punkt bald im Reinen sein. Der Nautilus fuhr reißend schnell. Bald war man über den Polarkreis hinaus, und nun ging es nach dem Cap Horn zu. Am 31. März, um sieben Uhr Abends, befanden wir uns der Spitze Amerika's gegenüber.
Nun waren alle überstandenen Leiden vergessen, unsere Gedanken waren nur auf die Zukunft gerichtet. Der Kapitän Nemo zeigte sich nicht mehr, weder im Salon, noch auf der Plattform. Da der Lieutenant jeden Tag die Lage feststellte, und auf die Karte eintrug, so war ich im Stande, die Richtung des Nautilus genau aufzunehmen. Diesen Abend nun war es zu meiner großen Befriedigung klar, daß wir durch das Atlantische Meer wieder nach Norden fuhren.
Ich theilte dem Canadier und Conseil das Ergebniß meiner Beobachtungen mit.
»Gute Neuigkeit,« erwiderte der Canadier, »aber wohin fährt der Nautilus?«
»Das kann ich nicht sagen, Ned.«
»Will sein Kapitän nach dem Südpol auch dem Nordpol Trotz bieten, und durch die berufene nordwestliche Durchfahrt in das Stille Meer kommen?«
»Man sollte ihn nicht dazu herausfordern,« erwiderte Conseil.
»Dann,« sagte der Canadier, »werden wir zuvor uns davon machen.«
»Jedenfalls,« fügte Conseil bei, »ist dieser Kapitän Nemo ein ganzer Mann, und wir werden nicht bedauern, seine Bekanntschaft gemacht zu haben.«
»Besonders wann wir von ihm fort sind!« versetzte Ned-Land.
Am folgenden Tage, den 1. April, als der Nautilus auf der Oberfläche fuhr, bekamen wir um Mittag westlich eine Küste in Sicht. Es waren die Feuerlande, ein Haufen Inseln, die sich zwischen 53 und 56° südlicher Breite und 67° 50' und 77° 15' westlicher Länge, dreißig französische Meilen lang und achtzig breit, erstrecken. Die Küste schien mir niedrig, aber in der Entfernung ragten hohe Berge empor. Ich glaubte sogar den Sarmiento zu sehen, der sich zweitausendundsiebenzig Meter hoch über dem Meeresspiegel erhebt, ein pyramidaler Schieferblock, mit sehr spitzigem Gipfel, der, je nachdem er mit Dünsten umgeben oder davon frei ist, »gutes oder schlechtes Wetter anzeigt«, wie Ned-Land sagte.
»Ein merkwürdiges Barometer, mein lieber Freund.«
»Ja, mein Herr, ein natürliches Barometer, das mich noch nie getäuscht hat, wenn ich in der Magelhaenischen Straße fuhr.«
So eben zeigte sich diese Spitze in klarer Zeichnung von dem Hintergrund des Himmels. Ein Wahrzeichen guten Wetters.
Der Nautilus tauchte wieder unter und näherte sich der Küste, an welcher er nur einige Meilen weit vorüber fuhr. Durch die Fenster des Salons sah ich lange Lianen und Riesentang, das birntragende Meergras, wovon wir im freien Polarmeer einige Musterproben gesehen hatten; mit ihren glatten und klebrigen Fasern waren sie bis zu dreihundert Meter lang; wahre Taue, über einen Zoll dick und sehr zähe, dienen sie oft zum Festbinden der Schiffe. Ein anderes Kraut, unter dem Namen Velp bekannt, mit vier Fuß großen Blättern, die zwischen den korallenartigen Versteinerungen staken, bedeckte den Meeresgrund. Es diente Myriaden von Schal- und Weichthieren zum Lager und zur Nahrung; bot namentlich den Robben und Ottern ein prächtiges Mahl.
Ueber diesen fetten und üppigen Grund fuhr der Nautilus mit äußerster Schnelligkeit. Gegen Abend näherte er sich dem Archipel der Falklands-Inseln, deren steile Gipfel ich am folgenden Morgen erkennen konnte. Die Meerestiefe war mäßig. Ich dachte daher, nicht ohne Grund, daß diese beiden Inseln, umgeben von einer Menge Eilande, ehemals zu den Magelhaenischen Ländern gehörten.
Die Falklands-Inseln, welche jetzt den Engländern gehören, hießen früher, als sie französisch waren, Malouinen.
In diesen Gegenden brachten unsere Garne schöne Sorten von Algen herauf, und besonders eins Art Tang, an dessen Wurzeln die schönsten Muscheln hingen. Gänse und Enten ließen sich zu Dutzenden auf der Plattform nieder, und fanden bald ihren Platz in der Küche. Von Fischen beobachtete ich besonders eine Art Trichterfische, die zwei Decimeter lang und ganz mit weißlichen und gelben Flecken besäet waren.
Desgleichen hatte ich zahlreiche Quallen zu bewundern, die schönsten der Gattung, wie sie jenen Meeren eigenthümlich sind. Bald hatten sie die Gestalt eines halbrunden, sehr feinen Schirmchens, das mit rothbraunen Streifen geschmückt war und in zwölf regelmäßige Blumengehänge endigte; bald bildeten sie ein umgekehrtes Körbchen, woraus reiche Blätter und lange rothe Zweige herabhingen. Sie bewegten schwimmend ihre vier blattartigen Arme, und ließen ihren reichen Hauptschmuck von Fühlhörnern herabhängend in den Fluthen treiben. Ich hätte gerne einige Proben dieser zarten Zoophyten aufgehoben; aber es sind nur Wolken, Schatten und Schein; sie schmelzen und verdunsten, wenn sie aus ihrem Element heraus kommen.
Als die letzten Höhen der Falklands-Inseln unter'm Horizont verschwunden waren, tauchte der Nautilus zwanzig bis fünfundzwanzig Meter tief unter, und fuhr längs der amerikanischen Küste. Der Kapitän Nemo ließ sich nicht sehen.
Bis zum 3. April fuhren wir an den Küsten von Patagonien, bald unter'm Ocean, bald an der Oberfläche. Der Nautilus passirte die weite, von der Mündung des La Plata gebildete Untiefe, und befand sich am 4. April Uruguay gegenüber, aber fünfzig Meilen auf hoher See. Seine Richtung war immer nördlich längs den Krümmungen der südamerikanischen Küsten. Wir hatten damals sechzehntausend Lieues seit unserer Abreise aus den Japanischen Meeren zurückgelegt.
Gegen elf Uhr Vormittags wurde der Wendekreis des Steinbocks unter'm siebenunddreißigsten Meridian durchschnitten, und wir fuhren auf hohem Meere beim Cap Frio vorüber. Der Kapitän Nemo war, zum Aerger Ned-Land's, nicht gerne in der Nähe dieser bewohnten Küsten Brasiliens, denn er eilte mit schwindelhafter Schnelligkeit. Kein Fisch, noch Vogel, so flink sie auch sein mochten, konnten uns begleiten, und die Naturmerkwürdigkeiten dieser Meere entzogen sich aller Beobachtung.
Diese reißende Eile dauerte einige Tage, und am 4. April Abends bekamen wir die östlichste Spitze Südamerikas, das Cap San Roque, in Sicht. Aber damals entfernte sich der Nautilus abermals, und suchte in größeren Tiefen ein unterseeisches Thal auf zwischen diesem Cap und Sierra Leona an der afrikanischen Küste. Dieses Thal theilt sich auf der Höhe der Antillen in zwei Richtungen, und endigt nördlich in eine enorme, neuntausend Meter tiefe Einsenkung. An dieser Stelle bildet der geologische Aufriß des Oceans bis zu den kleinen Antillen einen steilen senkrechten Abhang von sechs Kilometer, und auf der Höhe der Capverdischen Inseln eine andere, ebenso beträchtliche Wand. Diese beiden umschließen also die ganze versunkene Atlantis. Der Grund dieses ungeheuren Thales ist hier und da mit einigen Bergen besetzt, welche malerische Ansichten darbieten. Ich berichte dieses hauptsächlich nach den Karten im Manuskript, welche offenbar von der Hand des Kapitäns Nemo auf Grund seiner persönlichen Beobachtungen herrühren.
Zwei Tags lang wurden diese öden und tiefen Gewässer vermittelst der geneigten Ebenen besucht. Doch am 11. April stieg der Nautilus plötzlich wieder zur Oberfläche und wir bekamen das Land an der Mündung des Amazonenstromes zu sehen, dessen Wasser so weit hin und so beträchtlich ausströmt, daß das Meer auf einige Meilen seinen Salzgehalt verliert.
Wir hatten den Aequator durchschnitten, und ließen zwanzig Meilen westlich das französische Cayenne, wo wir leicht eine Zufluchtstätte gefunden hätten. Aber der Wind wehte zu stark und die wüthend aufgeregten Wellen hätten einem einfachen Boot nicht gestattet, ihnen zu trotzen. Ned-Land sah dies wohl selbst ein, denn er sprach kein Wort mit mir. Ich meinerseits spielte nicht mit einem Wort auf seine Fluchtprojecte an, denn ich wollte ihn nicht zu einem Versuch veranlassen, welcher unfehlbar gescheitert wäre.
Ich entschädigte mich leicht für diese Verzögerung durch interessante Studien. Während dieser beiden Tage, am 11. und 12. April, blieb der Nautilus auf der Oberfläche, und sein Sacknetz that einen wundervollen Fang an Zoophyten, Fischen und Reptilien.
Die Zoophyten waren zum großen Theil schöne Phyctalinen, zu den Strahlenthieren gehörig, unter anderem eine in diesem Ocean einheimische Gattung mit kleinem cylindrischen Stamm, der mit vertikalen Linien und rothen Punkten verziert, und mit einem wundervollen Strauß von Fühlfäden gekrönt war. Mollusken waren es von den bereits beschriebenen, Thurmschnecken, durchsichtige Hyalen, Argonauten, vortreffliche eßbare Tintenfische, einige Arten Calmar u. s. w.
Von Fischen, die ich noch nicht zu studiren Gelegenheit hatte, bemerkte ich einige Arten. Unter den Knorpelfischen eine Aalart, fünfzehn Zoll lang, mit grünlichem Kopf, violetten Flossen, bläulich grauem Rücken, braun silberfarbenem, lebhaft geflecktem Bauch, einem goldenen Ring um die Iris, merkwürdige Thiere, die im Süßwasser leben, und vermuthlich vom Amazonenstrom hierher getrieben wurden; kleine, einen Meter lange Haie, unter dem Namen Pantoffelfisch bekannt, grau und weißlich, deren in mehrere Reihen stehende Zähne rückwärts gekrümmt sind; Fledermaus-Seeteufel, eine Art gleichschenkeliger Triangel, röthlich, einen halben Meter groß, mit einer fleischigen Verlängerung der Brustflossen, wodurch sie das Aussehen von Fledermäusen bekommen, und mit einem hornartigen Ansatz neben den Nasenlöchern, weshalb man sie See-Einhorn benannte; einige Sorten Hornfische u. a. m.
Von Knochenfischen beobachtete ich eine große Menge, deren Aufzählung zu langweilig sein würde. Ich hebe daraus hervor: Goldflosser, auf denen Silber- und Goldglanz mit Rubin und Topasen sich mischen; phosphorescirende Goldschwanzbrassen; hellrothe Lippfische; drei Decimeter lange Sardinen mit lebhaftem Silberglanz. Besonders aber muß ich noch einen Fisch nennen, dessen Conseil noch lange Zeit gedenken wird.
Unser Garn brachte einen sehr flachen Rochen, der vollkommen wie eine kreisrunde Scheibe geformt war und zwanzig Kilogramm wog. Er war oben weiß, unten röthlich mit großen tiefblauen, schwarz gerandeten Flecken, hatte eine sehr glatte Haut und eine zweilappige Flosse. Er zappelte auf der Plattform, versuchte durch krampfhafte Bewegungen wieder in's Meer zu kommen, und war im Begriff, mit einem letzten Satze diesen Zweck zu erreichen. Da stürzte sich Conseil auf ihn, und faßte ihn, ehe ich ihn noch abhalten konnte, mit beiden Händen.
Aber plötzlich lag er zu Boden geworfen und streckte die Beine in die Luft; an der Hälfte seines Körpers gelähmt, schrie er:
»Ach! mein Herr! mein Herr! zu Hilfe!«
Unterstützt vom Canadier hob ich ihn auf, und wir rieben ihn aus Leibeskräften. Als er wieder zum Bewußtsein kam, murmelte er mit gebrochener Stimme:
»Classe der Knorpelfische, Ordnung der Knorpelflosser, mit festen Kiemen, Unterordnung der phosphorescirenden, Familie der Rochen, Gattung der Zitterfische!«
»Ja wohl, Lieber,« erwiderte ich, »ein Zitterfisch hat Dich in den jämmerlichen Zustand versetzt.«
»Ach, mein Herr kann mir's wohl glauben,« versetzte Conseil, »aber ich werde mich an diesem Thiere rächen.«
»Und wie?«
»Ich werde es aufzehren.«
Dies that er noch denselben Abend, aber nur zur Revanche, denn offen gestanden, er war zähe wie Leder.
Es war ein Zitterfisch der schlimmsten Art, la Cumana, von dem Conseil getroffen wurde. Das seltsame Thier ist fähig, in einer so leitungsfähigen Umgebung, wie das Wasser ist, mehrere Meter weit die Fische mit seinem Blitz zu treffen, so stark ist die Kraft seines elektrischen Organes, dessen beide Hauptoberflächen nicht weniger als siebenundzwanzig Quadratfuß messen.
Am folgenden Tage, der 12. April, kam der Nautilus in der Nähe der Holländischen Küste, bei der Mündung des Maroni, vorbei. Daselbst lebten einige Trupp Seekühe beisammen. Es waren Manati, welche gleich dem Dugong zur Ordnung der Sirenen gehören. Diese schönen, friedlichen und unschädlichen Thiere, sechs bis sieben Meter groß, mußten wenigstens viertausend Kilogramm wiegen. Ich belehrte Ned-Land und Conseil, daß die Sorge der Natur diesen Säugethieren eine wichtige Rolle zugewiesen habe. Sie haben in der That, gleich den Robben, die Obliegenheit, die unterseeischen Wiesen zu beweiden, und also die Anhäufung von Kräutern zu zerstören, welche die Mündung der tropischen Flüsse versperren.
»Und wissen Sie,« fügte ich bei, »was erfolgt ist, seit die Menschen diese nützlichen Racen fast ganz vernichtet haben? Die verfaulten Gewächse haben die Luft verpestet und das gelbe Fieber erzeugt, wodurch diese herrlichen Gegenden verödet werden. Die Giftpflanzen sind unter diesen Meeren der heißen Zone zahlreicher geworden, und das Uebel hat sich von der Mündung des Rio de la Plata bis nach Florida unwiderstehlich entwickelt!
»Und darf man Toussenel glauben, so ist diese Plage noch unbedeutend gegen die, welche unsere Nachkommen treffen wird, wann die Wallfische und Robben in diesen Meeren vertilgt worden sind. Dann werden sie, voll Polypen, Quallen, Kalmar, ungeheure Heerde der Verpestung, weil es nicht mehr die weiten Magen giebt, welche von Gott beauftragt sind, die Oberfläche des Meeres abzuschäumen.«
Die Mannschaft des Nautilus, ohne jedoch diese Theorien zu verachten, erlegte ein halbes Dutzend dieser Manati. Es handelte sich in der That darum, die Vorrathskammer mit einem vortrefflichen Fleisch, welches noch vorzüglicher ist als Ochsen- und Kalbfleisch, zu versorgen. Diese Jagd bot kein Interesse dar. Die Manati ließen sich ohne Widerstand erlegen. Einige tausend Kilo Fleisch, zum Trocknen bestimmt, wurden an Bord gebracht. Eben so wurden durch einen reichen Fischfang die Vorräthe vermehrt.
Als der Fischzug vollendet war, näherte sich der Nautilus der Küste. Hier schliefen eine Anzahl See-Schildkröten auf der Oberfläche des Wassers. Es würde schwer gehalten haben sich ihrer zu bemächtigen, da das geringste Geräusch sie aufweckt, und ihr Schild sie gegen jede Harpune schützt. Aber mit Hilfe von See-Igeln, deren man einige im Garn gefangen hatte, gelang die Operation mit großer Sicherheit, denn dieses Thier ist wie eine Angel zu gebrauchen.
Die Bootsleute des Nautilus befestigten an den Schwanz dieser Fische einen Ring, der weit genug war, um ihre Bewegungen nicht zu hindern, und an diesen Ring ein langes Tau, das mit dem andern Ende an Bord fest war. Als die Thiere in's Meer geworfen wurden, fingen sie sogleich ihre Rolle an, schwammen hin, und hingen sich an das Bauchschild der Schildkröten, und hielten da mit solcher Zähigkeit fest, daß sie nicht mehr los zu machen waren. Man zog sie dann sammt den Schildkröten an Bord.
Auf diese Weise fing man einige Cacuanen, die einen Meter lang waren und zweihundert Kilo wogen. Ihre Schilddecken, die mit großen, feinen, durchsichtigen, braun und weiß oder gelb gesprenkelten Horndecken bedeckt sind, haben einen hohen Preis. Zudem sind sie eßbar und von ausgezeichnetem Geschmack.
Nach diesem Fang verließen wir den Amazonenstrom und stachen während der Nacht wieder in die hohe See.