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Als ich wieder zum Bewußtsein kam, war es heller Tag. Gedämpft drang das Licht durch das dicke Glas des Fensterchens einer kleinen Kabine, worin man mich niedergelegt hatte. Seit wieviel Stunden, hätte ich nicht sagen können; den schräg herabfallenden Strahlen der Sonne nach konnte diese aber nicht hoch über dem Horizonte stehen.
Ein Lager, wie ein solches auf Schiffen gebräuchlich ist, diente mir als Bett und über mir lag eine Decke ausgebreitet. Meine Kleidungsstücke, die getrocknet worden waren, hingen in einer Ecke. Mein von der Ankerschaufel zerrissener Gürtel lag auf dem Boden.
Übrigens fühlte ich keine Verletzung, nur eine gewisse Steifigkeit in den Gliedern. Hatte ich das Bewußtsein verloren, so sagte ich mir doch, daß das keine Folge von Schwäche gewesen sein könnte. Da mein Kopf wiederholt unter das Wasser kam, als das Haltetau mich auf dem See hinschleppte, wäre ich gewiß erstickt, wenn man mich nicht noch rechtzeitig aufs Verdeck hinaufgezogen hätte.
Befand ich mich nun mit dem Kapitän und seinen beiden Leuten allein an Bord der »Epouvante«?
Das war wahrscheinlich, um nicht zu sagen sicher. Ich hatte den ganzen Vorfall noch einmal vor Augen, wie Hart von einer Kugel getroffen, auf den Strand niedersank, wie Wells von einem Revolverschusse gestreift wurde, und wie Walker zur Erde stürzte, als sich der Anker in meinem Gürtel verfing. Mußten nun anderseits meine Begleiter nicht glauben, daß ich im Eriesee elend umgekommen wäre?
Unter welchen Verhältnissen bewegte sich die »Epouvante« jetzt aber weiter? Durcheilte der Kapitän nach deren Umwandlung zum Automobil etwa die Straßen der Grenzländer des Sees? ... Wenn das der Fall war und ich längere Zeit bewußtlos dagelegen hatte, mußte der Apparat bei seiner außerordentlichen Schnelligkeit schon eine sehr große Strecke zurückgelegt haben. Oder war er zum Taucherboote geworden, das jetzt unter der Oberfläche des Sees hinglitt?
Nein, die »Epouvante« bewegte sich augenblicklich über einen ausgedehnten Wasserspiegel hin. Das in meine Kabine einströmende Licht ließ erkennen, daß der Apparat nicht untergetaucht war. Auf der anderen Seite bemerkte ich auch keinen von den Stößen und keine Erschütterung, die ein Automobil hätte auf jeder Landstraße erleiden müssen. Nein, die »Epouvante« befand sich jetzt nicht auf dem Lande.
Freilich, zu entscheiden, ob sie noch auf dem Becken des Eriesees schwömme, das war eine andere Frage. Der Kapitän hätte ja den Detroitfluß hinabfahren und inmitten dieser wasserreichen Gegend in den Huron- oder den Oberen See einlenken können. Das zu erkennen, wäre mir so gut wie unmöglich gewesen.
Ich beschloß indes, nach dem Verdeck hinaufzugehen, da oben würde ich ja das weitere sehen. Nachdem ich mich auf dem Lager erhoben hatte, nahm ich meine Kleidungsstücke herunter und zog mich an, unbekümmert darum, ob ich in der Kabine eingeschlossen wäre oder nicht.
Nun suchte ich den Lukendeckel über meinem Kopfe hinaufzuheben.
Der Deckel gab nach und ich konnte mich nun etwas mehr aufrichten.
Zunächst drängte es mich, nach vorne, nach rückwärts und nach beiden Seiten sowie über das Vorderkastell der »Epouvante« hinaus Umschau zu halten.
Überall die freie Wasserfläche! ... Keine Ufer in Sicht! Nichts als ein Horizont, den die Linie des Himmelsgewölbes abschloß! ... Ob das das Meer war oder nur ein Binnensee, darüber mußte ich doch bald aufgeklärt sein. Da wir mit größter Geschwindigkeit dahinfuhren, spritzte das vom Steven geteilte Wasser aufs Verdeck, selbst bis zu dessen Hinterteile, und schlug mir als Sprühregen ins Gesicht.
Es war Süßwasser und höchstwahrscheinlich solches aus dem Eriesee.
Jetzt konnten wohl nicht mehr als sieben bis acht Stunden seit der Zeit verflossen sein, wo die »Epouvante« die Bucht von Black-Rock verlassen hatte, denn die Sonne stand augenblicklich ziemlich in der Mittagshöhe; danach mußte dieser Morgen der des 31. Juli sein.
Bei der beträchtlichen Länge des Eriesees, die auf dreihundertfünfundachtzig Kilometer angegeben wird, und bei dessen reichlich achtzig Kilometer erreichenden Breite brauchte es mich nicht zu verwundern, daß keine Ufer sichtbar waren, weder im Osten die des Staates New York, noch im Westen die des kanadischen Gebietes.
Augenblicklich befanden sich zwei Mann auf dem Verdeck, einer, der den Lauf des Fahrzeuges beobachtete, ganz vorn, und einer hinten, der am Steuer stand und der, wie ich nach der Stellung der Sonne urteilte, jetzt einen Kurs nach Nordosten einhielt. Der erste war der, den ich als einen der Spione aus der Long-Street erkannt hatte, als er über das Vorland von Black-Rock hinaufging.
Der zweite war der, der bei dem Besuche des Gehölzes die Laterne getragen hatte.
Vergeblich aber sah ich mich nach dem dritten um, den die beiden bei ihrer Rückkehr an Bord »Kapitän« genannt hatten. Diesen sah ich nirgends.
Man wird begreifen, wie lebhaft es mich verlangte, gerade ihm, dem Schöpfer dieses wunderbaren Apparates, dem Kommandanten der »Epouvante«, der außerordentlichen Persönlichkeit gegenüber zu stehen, mit der sich die ganze Welt beschäftigte, diesem kühnen Erfinder, der sich nicht fürchtete, den Kampf mit der gesamten Menschheit aufzunehmen, und der sich als den »Herrn der Welt« bezeichnete.
Ich ging auf den Mann am Vorderteile zu.
»Wo ist der Kapitän?« fragte ich nach einer Minute des Schweigens.
Der Mann sah mich mit halbgeschlossenen Augen an. Er schien mich nicht zu verstehen, und ich wußte doch, da ich ihn am Vorabend reden gehört hatte, daß er englisch sprach.
Im übrigen – das sah ich aus seiner Haltung – schien es ihm gar nicht aufzufallen, daß er mich hier außerhalb der Kabine sah. Er drehte mir einfach den Rücken zu und sah wieder nach dem Horizont hinaus.
Das veranlaßte mich, nach dem Hinterdeck zu gehen, um dort dieselbe Frage, bezüglich des Kapitäns, zu wiederholen. Als ich aber dem Steuermann gegenüber stand, wies mich dieser mit der Hand zur Seite und ich erhielt keine Antwort.
Es blieb mir also nichts anderes übrig, als geduldig das Erscheinen dessen abzuwarten, der uns mit Revolverschüssen begrüßt hatte, als wir die »Epouvante« am Ankertau festzuhalten suchten.
Ich hatte jetzt Muße, wenigstens von außen die Einrichtung des Apparates zu betrachten, der mich – wohin aber? – davontrug.
Das Verdeck und das Oberwerk war aus einer Art Metall hergestellt, dessen Natur ich nicht erkannte. Etwa in der Mitte überdeckte eine halb emporgehobene Lukenkappe den Raum, worin die Maschinen mit größter Regelmäßigkeit und fast ganz geräuschlos arbeiteten. Wie schon gesagt, waren weder Maste noch Takelage, am Achter nicht einmal eine Fahnenstange vorhanden. Ziemlich vorn ragte der Oberteil eines Periskops hervor, das es der »Epouvante« ermöglichte, unter dem Wasser den richtigen Kurs einzuhalten.
An den Seiten tauchten zwei sogenannte Schwerte ins Wasser, wie man solche häufig an holländischen Galioten findet, deren Nutzen ich mir hier aber nicht erklären konnte.
Auf dem Vorderteile zeigte sich noch eine dritte Lukenkappe, die jedenfalls das Logis der beiden Leute überdeckte, wenn die »Epouvante« nicht in Fahrt war.
Eine ebensolche Kappe auf dem Hinterdecke vermittelte wahrscheinlich den Zugang zu der Kabine des Kapitäns, der sich noch immer nicht zeigte.
Waren die verschiedenen Lukendeckel auf ihren mit Kautschuk bezogenen Rahmen gelegt, so schmiegten sie sich diesem so hermetisch dicht an, daß bei der Fahrt unter Wasser kein Tropfen davon ins Innere eindringen konnte.
Von dem Motor, der dem Apparate die wahrhaft wunderbare Geschwindigkeit verlieh, konnte ich nichts sehen, ebensowenig, ob dieser auf einen Propeller oder eine Turbine wirkte. Alles was ich beobachten konnte, bestand darin, daß das Fahrzeug ein sehr langes, und infolge seiner feinen Schwimmlinien, sehr flaches Kielwasser hinter sich herzog. Seine vortrefflichen Formen ermöglichten es ihm auch, selbst bei schlechtem Wetter leicht über die Wellen hinzugleiten.
Endlich sei hier ein- für allemal erwähnt, daß die Kraftquelle, die die Maschine in Bewegung setzte, weder Wasserdampf war noch zerstäubtes Petroleum, Benzin oder ähnliches, was sich doch durch den Geruch verraten hätte, wie alle die Kraftquellen, mit denen man die Automobile und die Unterseeboote auszustatten pflegt. Es konnte sich hier also nur um Elektrizität handeln, die an Bord unter ungeheurer Spannung aufgespeichert war.
Das legte nun wieder die Frage nahe: Woher stammte diese Elektrizität? Aus galvanischen Säulen (Batterien) oder aus Akkumulatoren? Doch wie wurden diese Akkumulatoren geladen, womit diese Säulen beschickt? ... Aus welch unerschöpflicher Quelle entnahm man die nötige Kraft? ... Wo war die Werkstätte, die das alles lieferte? ... Die Kraft müßte denn durch ein bisher unbekanntes Verfahren unmittelbar aus der Luft oder dem Wasser der Umgebung gewonnen werden. Da fragte ich mich freilich, ob es mir unter den vorliegenden Verhältnissen je möglich sein werde, diese Geheimnisse zu entschleiern.
Dann dachte ich an meine Gefährten, die da unten auf dem Strande von Black-Rock zurückgeblieben waren, der eine von ihnen verwundet, die andern, Wells und Nab Walker, vielleicht ebenfalls! Konnten sie denn, als sie mich von dem Haltetau mit dem Anker fortgerissen sahen, auch nur ahnen, daß ich an Bord der »Epouvante« aufgenommen worden wäre? Nein, gewiß nicht. Herr Ward mochte wohl jetzt schon durch ein Telegramm von Toledo aus die Nachricht von meinem Tode erhalten haben. Wer würde sich jetzt aber unterfangen, aufs neue gegen den »Herrn der Welt« zu Felde zu ziehen?
Mancherlei Gedanken dieser Art schwirrten mir durch den Kopf, während ich darauf wartete, daß der Kapitän auf dem Verdeck erscheinen sollte.
Dieser erschien jedoch nicht.
Jetzt fing ich auch an, einen tüchtigen Hunger zu spüren, gewiß kein Wunder nach einer Fastenzeit beinahe von vierundzwanzig Stunden, denn seit unserer letzten Mahlzeit – immer angenommen, daß diese erst gestern stattgefunden hatte – hatte ich gar nichts gegessen. Wenn ich nach dem Knurren meines Magens urteilte, mußte ich zu dem Glauben kommen, schon vor zwei vollen Tagen und vielleicht noch eher an Bord der »Epouvante« aufgefischt worden zu sein.
Zum Glück sollte die Frage, ob und wie man mich hier zu ernähren gedächte, sofort ihre Lösung finden.
Der Mann vom Vorderdeck, der einmal nach dem Schiffsinnern hinuntergegangen war, kam eben wieder zum Vorschein.
Ohne ein Wort zu äußern, setzte er verschiedene Speisen vor mich hin und zog sich sogleich wieder nach seinem Platze zurück.
Fleischkonserven, geräucherter Fisch, Schiffszwieback und ein Gefäß mit so starkem Ale, daß ich ihn mit Wasser verdünnen mußte, daraus bestand das Frühstück, dem ich alle Ehre antat. Die Mannschaft hatte jedenfalls schon gegessen, bevor ich meine Kabine verließ, wenigstens leistete mir keiner davon Gesellschaft.
Aus den Leuten war nichts herauszulocken, und ich verfiel wieder in mein früheres Nachsinnen.
Wie wird dieses Abenteuer enden? fragte ich mich. Werde ich den unsichtbaren Kapitän wohl einmal zu sehen bekommen, und wird er mir die Freiheit wiedergeben? Oder sollte es gelingen, sie mir gegen seinen Willen zu verschaffen? ... Das würde von den Umständen abhängen. Doch wenn sich die »Epouvante« immer in großer Entfernung von jedem Ufer hält oder wenn sie gar untertaucht, wie wäre es da möglich, sie zu verlassen? Mußte ich denn auf jeden Fluchtversuch verzichten, wenn sie sich nicht gelegentlich zum Automobil umwandelte?
Und doch – warum sollte ich's nicht gestehen – von hier zu entweichen, ohne etwas von den Geheimnissen der »Epouvante« durchschaut zu haben, mit dem Gedanken konnte ich mich nicht befreunden! ... Denn hatte ich mich bisher wegen meiner neuen Lage zu beglückwünschen – hätte ich dabei doch bald das Leben eingebüßt – und bot die Zukunft eigentlich auch mehr schlechte als gute Aussichten ... jedenfalls war die ganze Angelegenheit jetzt schon um einen Schritt vorwärts gekommen. Freilich, wenn ich mit meinesgleichen nicht wieder in Verbindung treten konnte, wenn ich wie der in Acht und Bann erklärte »Herr der Welt« gleichsam außerhalb der Menschheit stand ...
Die »Epouvante« fuhr immer nach Nordosten, d. h. in der Längsrichtung des Eriesees weiter. Sie bewegte sich jetzt nur mit mittlerer Geschwindigkeit, denn wäre diese soweit gesteigert worden, wie das möglich war, so hätte es nur weniger Stunden bedurft, das nordöstliche Ende des Sees zu erreichen.
Hier hat der Eriesee aber keinen andern Ausgang als den Niagarastrom, der ihn mit dem Ontariosee verbindet. Etwa fünfzehn Meilen unterhalb Buffalo, einer bedeutenden Stadt des Staates New York, ist dieser jedoch durch die berühmten Wasserfälle gesperrt. Steuerte die »Epouvante« nicht den Detroitfluß hinauf, so konnte sie dieses Gebiet nicht verlassen, ohne einen Weg über Land einzuschlagen.
Die Sonne war vor kurzem durch den Meridian gegangen. Das Wetter war schön, die Hitze zwar ziemlich stark, doch erträglich infolge der Brise, die über das Wasser strich. Die Ufer des Sees blieben, auf der kanadischen wie auf der amerikanischen Seite, noch immer unsichtbar.
Geschah es vom Kapitän wohl mit Absicht, sich mir nicht zu zeigen? ... Hatte er so besondere Gründe, sich nicht sehen zu lassen? ... Deutete diese Vorsicht vielleicht darauf hin, daß er beschlossen hatte, am Abend, wenn die »Epouvante« an einem Ufer angelegt hätte, mich wieder in Freiheit zu setzen? Nein, wahrscheinlich nicht.
Gegen zwei Uhr Nachmittag entstand ein leichtes Geräusch, der Deckel der mittleren Luke hob sich, und die so ungeduldig erwartete Persönlichkeit erschien auf dem Deck.
Ich muß freilich sagen: er wendete mir nicht mehr Aufmerksamkeit zu als seine Leute, sondern ging nach dem Steuermann hin und nahm auf dem Hinterdeck Platz. Nach wenigen, gedämpften Tones gewechselten Worten verschwand der Steuermann im Maschinenraume.
Der Kapitän ließ den Blick über den Horizont hin schweifen, warf auch einmal ein Auge auf den vor dem Steuer stehenden Kompaß und veränderte dann ein wenig den Kurs, während die Geschwindigkeit der »Epouvante« zunahm.
Der Mann schien die Fünfzig um einige Jahre überschritten zu haben. Er war mittelgroß, hatte breite Schultern und eine recht aufrechte Haltung, einen mächtigen Kopf, kurze, mehr graue als weiße Haare und weder Schnurr- noch Backenbart, nur einen dichten Kinnbart, wie die Amerikaner ihn tragen. Seine Arme und Beine waren muskulös, Ober- und Unterkiefer stark entwickelt, die Brust war breit und – ein charakteristisches Zeichen großer Willenskraft – der Stirn- und Brauenmuskel immer zusammengezogen. Sicherlich hatte er eine eiserne Konstitution, eine unerschütterliche Gesundheit und – wie soll ich sagen? – schon mehr glühende Blutkörperchen unter der derben Haut.
Gleich seinen Gefährten trug der Kapitän die gewöhnliche Seemannskleidung mit einem Wachstuchrock darüber und auf dem Kopfe eine wollene, schirmlose Mütze.
Ich sah ihn an. Er schien meinen Blicken nicht auszuweichen, wenigstens verriet er eine eigentümliche Gleichgültigkeit, als ob er keinen Fremden an Bord hätte.
Brauche ich hier noch hinzuzufügen, daß der Kapitän der »Epouvante« einer von den beiden Männern war, die mir seinerzeit vor meinem Hause in der Long-Street auflauerten?
Und wenn ich ihn wiedererkannte, so erkannte er in mir ohne Zweifel den Oberinspektor Strock, dem früher der Auftrag erteilt worden war, in den Great-Eyry einzudringen.
Als ich ihn so betrachtete, fiel mir plötzlich ein – was mir in Washington merkwürdigerweise entgangen war – daß ich sein etwas auffälliges Gesicht wohl schon früher gesehen hätte ... doch wo? ... auf einer Tafel im polizeilichen Informationsbureau oder nur in dem Schaukasten irgendeines Photographen?
Diese Erinnerung war nur sehr schwacher Natur, und ich konnte jetzt recht wohl der Spielball einer Täuschung sein.
Waren seine Gefährten so unhöflich gewesen, mir nicht zu antworten, so tat er vielleicht meinen Fragen mehr Ehre an ... Wir sprachen ja beide dieselbe Sprache obgleich ich es nicht hätte beschwören wollen, daß er ein eingeborner Amerikaner wie ich wäre. Er mußte denn entweder den Entschluß gefaßt haben, mir nicht zu antworten oder tatsächlich nichts zu antworten haben.
Was wollte der Mann mit mir beginnen? ... Gedachte er sich meiner ohne weitere Umstände zu entledigen? ... Wartete er nur die Nacht ab, um mich dann ins Meer zu werfen? ... Das Wenige, was ich von ihm wußte, konnte ihm ja hinreichend erscheinen, mich als einen gefährlichen Zeugen zu betrachten. Da wäre es freilich besser gewesen, mich gleich am Ende des Haltetaues hängen und umkommen zu lassen. Das hätte ihm die Mühe erspart, mich auf den Grund zu versenken.
Ich erhob mich, ging nach dem Hinterteile und blieb unbefangen vor ihm stehen.
Da richtete er den scharfen, wie eine Flamme lodernden Blick gerade auf mein Gesicht.
»Sind Sie der Kapitän?« fragte ich.
Mein Gegenüber schwieg.
»Dieses Fahrzeug ... das ist doch die ›Epouvante‹?«
Auf meine Frage keine Antwort.
Jetzt trat ich näher auf ihn zu und wollte ihn am Arme fassen ...
Er drängte mich ohne Gewaltsamkeit, doch mit einer Bewegung zurück, die eine ungewöhnliche Körperkraft erkennen ließ.
Noch einmal näherte ich mich ihm.
»Was wollen Sie mit mir anfangen?« fragte ich jetzt mit mehr Nachdruck.
Ich glaubte, jetzt würden endlich ein paar Worte über seine Lippen kommen, die er in sichtbarer Erregung zusammengekniffen hatte. Doch wie um dem zu entgehen, wandte er den Kopf ab. Dann legte er eine Hand auf den Regulator an seiner Seite.
Sofort arbeitete die Maschine schneller.
Mich übermannte der Zorn, ich konnte mich nicht mehr bezähmen.
»Wie Sie wollen! rief ich ihm zu. Beharren Sie in Ihrem Schweigen! ... Ich ... ich weiß dennoch, wer Sie sind, so wie ich weiß, welcher dieser Apparat ist, über den man von Boston, von Madison und vom Kirdallsee berichtet hat. Ja, es ist derselbe, der über die Landstraßen hinrollt, der die Meere und Seen durchfurcht und auch unter dem Wasser hingleitet. Dieses Fahrzeug aber, das ist die ›Epouvante‹ und Sie ... Sie sind der, der es befehligt ... Sie, der sich stark genug glaubt, gegen die ganze Welt anzukämpfen ... Sie, der ›Herr der Welt‹?«
Wie hätte er noch leugnen wollen? ... Ich sah ja die drei Anfangsbuchstaben auf dem Helmstock des Steuers.
Zum Glück gelang es mir noch, mich zu bezähmen, und überzeugt, auf meine Fragen ohne Antwort zu bleiben, setzte ich mich neben dem Lukendeckel meiner Kabine nieder. Lange Stunden hindurch schaute ich hinaus aufs Wasser in der Hoffnung, am Horizont eine Küste aufsteigen zu sehen ...
Nichts ... warten, hier hieß es warten, mir blieb nichts anderes übrig. Der Tag konnte doch unmöglich zu Ende gehen, ohne daß die »Epouvante« in Sicht der Küste des Eriesees kam, da das Fahrzeug unabänderlich die Richtung nach Nordosten einhielt.